Inhalt

VG Würzburg, Gerichtsbescheid v. 25.06.2024 – W 5 K 24.108
Titel:

Erfolglose Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Verlegung des Versammlungsorts (geplante Autobahnblockade bei "Bauernprotesten")

Normenketten:
GG Art. 8
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
BayVersG Art. 15 Abs. 1
Leitsätze:
1. Der Schutz der „öffentlichen Sicherheit“ im Sinne von Art. 15 Abs. 1 BayVersG umfasst die gesamte Rechtsordnung und damit auch straßenverkehrsrechtliche Vorschriften, welche die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs regeln; kollidiert die Versammlungsfreiheit mit dem Schutz der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, ist eine Abwägung der betroffenen Positionen zur Herstellung praktischer Konkordanz erforderlich. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Interesse des Veranstalters und der Versammlungsteilnehmer an der ungehinderten Nutzung einer Bundesfernstraße hat je nach Lage der Dinge hinter die Belange der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zurückzutreten, wobei auch zu berücksichtigen ist, ob es sich nach § 1 Abs. 3 FStrG um eine nur für den Schnellverkehr von Kraftfahrzeugen bestimmte Bundesautobahn handelt oder (nur) um eine Bundesstraße (Anschluss an OVG Münster BeckRS 2017, 103172). (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Gründen für ein Verbot oder eine Beschränkung einer Versammlung liegt grundsätzlich bei der Behörde (Anschluss an BVerfG BeckRS 2013, 46022). (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fortsetzungsfeststellungsklage, besonderes Feststellungsinteresse, Versammlungsrecht, Versammlung auf Autobahn, Autobahnblockade auf beiden Fahrbahnen, Bauernproteste, Verlegung des Versammlungsortes von Autobahn auf Bundesstraße, Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, Gefahrenprognose, Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, Vorrang der Verkehrsbelange, insb. Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer, Ermessensentscheidung, Verhältnismäßigkeit, Versammlungsort, Verlegung, Autobahn, Bundesstraße, Blockade
Fundstelle:
BeckRS 2024, 17475

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

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Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer versammlungsrechtlichen Anordnung.
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1. Mit E-Mail vom 9. Januar 2024 um 08:10 Uhr ging beim Landratsamt Aschaffenburg eine Anzeige für eine Versammlung in Form einer Autobahnblockade ein. Als Veranstalter und verantwortlicher Leiter der Versammlung wurde Herr D* … bezeichnet. Geplant war die Versammlung für Freitag, den … … 2024 auf einem Teilstück der Bundesautobahn (B**) A* zwischen H* … und B* …W* … als Vollblockade auf beiden Fahrbahnen und einer Sperrung des Autobahnabschnitts von 13:30 Uhr bis 18:00 Uhr. Die erwartete Teilnehmerzahl wurde mit ca. 200 Personen angegeben.
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Im Anschluss daran erfolgte am 10. Januar 2024 ein Kooperationsgespräch, an dem Vertreter des Landratsamts Aschaffenburg, der Stadt Aschaffenburg, der PI Aschaffenburg, der PI A* …, der VPI Aschaffenburg-H* … und der Autobahn GmbH sowie Herr D* … als Veranstalter und Verantwortlicher der vorbezeichnet angezeigten Versammlung und dessen Begleitpersonen (einschließlich des Klägers) teilnahmen.
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Dabei führte der Herr D* … zu den Modalitäten der Versammlung aus, dass eine Vollsperrung inklusive Bühne mit Versammlung in der Mitte des Autobahnabschnitts zwischen H* … und B* … stattfinden solle. Insbesondere betreffe die geplante Versammlung verschiedene Themen und jeder sei eingeladen, hieran teilzunehmen. Die Hauptthemen der Versammlungen seien die Bereiche LKW-Maut, CO2-Steuer, Biosphäre, Gastro-Mehrwertsteuer und Agrardiesel. Nur eine solche fünfstündige Sperrung der Autobahn habe eine entsprechende Signalwirkung. Der Autobahnbezug sei dadurch hergestellt, dass es auch um die Mauterhöhung und Spritpreise ginge. Es sei dabei geplant, dass im Bereich der Demonstration die Autobahnabfahrten immer frei blieben und nur die Auffahrten zusätzlich zur Blockade gesperrt würden. Eine fünf Meter breite Rettungsgasse werde für Einsatzfahrzeuge freigehalten. Im Laufe des Gesprächs zeigten das Landratsamt sowie die Autobahn GmbH, die VPI und die PI die durch die Nutzung der B** * als Versammlungsort entstehenden Gefahren und Grundrechtseinschränkungen für eine Vielzahl von Dritten auf. Es handele sich bei dem gewählten Ort um einen der bedeutendsten Verkehrsknotenpunkte in Deutschland und eine Sperrung führe zu einer extremen Belastung des untergeordneten Straßennetzes und schaffe zahlreiche Gefahrenquellen. Auf die Nachfrage, ob zwingend auf der Autobahn demonstriert werden müsse oder nicht auch eine andere Fläche dazu geeignet sei, wurde mitgeteilt, dass aufgrund der nun – abweichend von der Versammlungsanzeige – geschätzten Teilnehmerzahl von 2.000 Teilnehmern eine andere Fläche nicht ausreichend sei. Seitens des Landratsamts wurde insbesondere eine Alternativstrecke auf der B … zwischen dem Kreisel W* … (S* …*) und S* … (H* …*), welche parallel zur gewünschten Strecke auf der Autobahn verläuft und ebenfalls mautpflichtig ist, vorgeschlagen. Dies wurde von dem Kläger abgelehnt und mitgeteilt, dass der ursprüngliche Versammlungsleiter von der geplanten Versammlung Abstand nehme und der Kläger eine neue abgeänderte Versammlung anzeigen werde.
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Mit E-Mail vom 9. Januar 2024 um 13:31 Uhr ging bei dem Landratsamt Aschaffenburg eine erneute abgeänderte Versammlungsanzeige für eine Versammlung mit dem Thema „Maut, Autobahn, Co2-Steuer, Agrardiesel, Gastro-MwSt“ ein. Als Veranstalter und verantwortlicher Leiter der Versammlung wurden zunächst der L** B* … und der Kläger bezeichnet. Mit E-Mail vom 9. Januar 2024 um 14:46 Uhr wurde mitgeteilt, dass der Kläger nun als alleiniger Veranstalter und Leiter der Versammlung auftrete. Angezeigt wurde eine Versammlung am … … 2024 mit beidseitiger Vollsperrung der B** * auf dem Teilstück zwischen H* … und B* …W* … von 13:30 Uhr bis 18:00 Uhr und einer Teilnehmerzahl vom ca. 3.000 Personen. Als Kundgebungsmittel wurden eine mobile Bühne, Lautsprecher und Plakate sowie Lkw, Traktoren und Pkw angegeben.
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Im Rahmen der Fachstellenbeteiligung wurden seitens des Landratsamts Aschaffenburg u.a. Stellungnahmen der PI Aschaffenburg, der VPI Aschaffenburg sowie der Autobahn GmbH eingeholt.
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Die VPI Aschaffenburg-H* … verwies in ihrer Stellungnahme vom 10. Januar 2024 im Wesentlichen darauf, dass die B** * im geplanten Versammlungsbereich eine – insbesondere für Pendler im Großraum F* … – wichtige überregionale Nord-Süd-Verkehrsverbindung darstelle und mit einer durchschnittlichen Verkehrsbelastung im Bereich zwischen der A* H* … und der A* B* …W* … von ca. 90.000 Fahrzeugen zu den am stärksten frequentierten Strecken in Deutschland zähle. Im Hinblick auf die besonderen örtlichen Gegebenheiten sei darauf hinzuweisen, dass unmittelbar nördlich die Lärmschutzeinhausung H* … beginne und sich südlich der Versammlungsörtlichkeit der S* … als M* … mit einer Höhe von max. 596 m NN erstrecke. Auf der Westseite des Höhenzuges befinde sich der Streckenabschnitt zwischen der A* B* …W* … und der A* R* … unmittelbar anschließend an die Versammlungsörtlichkeit, welcher als „K* …“ bezeichnet werde und sehr kurvenreich auf einer Länge von ca. 13 km die Steigung von über 400 m Höhendifferenz überwinde. Der Höhenzug stelle eine Wetterscheide zwischen der „R* …-M* …-E* …“ und der „F* … P* …“ dar, sodass es in diesem Teilbereich der B** * zu schnell wechselnden Wetterverhältnissen und deutlichen Temperaturunterschieden komme. Weiterhin sei am Tag der geplanten Versammlung aufgrund eines mehrtägigen Streiks der Gewerkschaft der Lokführer sowie dem Ende der Weihnachtsferien in dem Bundesland H* … und den Wochenendpendlern mit einem deutlich erhöhten Verkehrsaufkommen zu rechnen, sodass die Unfallgefahr ohnehin bereits erhöht sei. Durch die Vollsperrung sei ein sehr langer, sich permanent aufbauender Stau zu erwarten, welcher aufgrund der offenen Stauenden zu einer gesteigerten Unfallgefahr führe. Mangels geeigneter Sperr- und Begleitfahrzeuge sei auch keine permanente und mobile Stauabsicherung in diesem Umfang möglich. Durch den damit einhergehenden Ausweichverkehr auf das örtliche Streckennetz ergäben sich unverhältnismäßige Verkehrsbehinderungen für die Verkehrsteilnehmer im gesamten Bereich Aschaffenburg und Umgebung. Weiterhin werde die tatsächliche Dauer und Intensität der Sperrung inklusive antizipierter Auf- und Abbauphase sowie Zeitphase zur Auflösung der Verkehrsstauungen auf ca. 8-10 Stunden geschätzt. Durch den sich bildenden Stau entstehe eine deutlich erhöhte Unfallgefahr aufgrund der offenen Stauenden und der erlaubten und gefahrenen Höchstgeschwindigkeiten an der Versammlungsörtlichkeit. Insgesamt lägen ohnehin bereits neun Unfallhäufungsstellen im unmittelbaren und anschließenden Bereich der Versammlungsstrecke. Es bestünden somit aufgrund der zu erwartenden massiven Rückstaubildungen weit über das betroffene Autobahnstück hinaus mit hinreichender Wahrscheinlichkeit konkrete Gefahren für das Leben, die Gesundheit, das Eigentum, die Berufsausübung sowie die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs.
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In ihrer Stellungnahme vom 9. Januar 2024 verwies die PI Aschaffenburg auf die Stellungnahme des VPI Aschaffenburg-H* … und führte darüber hinaus aus, dass eine Vollsperrung beider Fahrtrichtungen der B** A* zu einem Kollaps des nachgeordneten Verkehrsnetzes über den Bereich B* …W* …H* … hinaus führe. Insbesondere sei das Straßennetz im Stadtgebiet Aschaffenburg nicht in der Lage, einen vollständig von der B** * abfließenden Verkehr aufzunehmen. Weiterhin sei ein Rückstau in der Einhausung H* …G* … aus Sicherheitsgründen nicht zu dulden. Auf den hiervon betroffenen Umfahrungsstrecken, deren individuelle Nutzung durch die Polizei faktisch nicht steuerbar sei, befänden sich auch ohne Erhöhung der Verkehrszahlen zahlreiche Unfallhäufungs- und -schwerpunkte. Über die tatsächlichen Auswirkungen im nachgeordneten Straßennetz könne tatsächlich nur spekuliert werden, da kein Fall bekannt sei, in dem beide Fahrtrichtungen der B** * über mehrere Stunden hinweg von einer Vollsperrung betroffen gewesen wären.
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Auch von Seiten der Autobahn GmbH wurde in ihrer Stellungnahme vom 10. Januar 2024 von der Durchführung der Versammlung abgeraten, da die öffentliche Sicherheit und Ordnung unmittelbar und erheblich gefährdet werde. Die geplante Vollsperrung der B** * habe zur Folge, dass es in beiden Fahrtrichtungen zu einem erheblichen Rückstau vor den gesperrten Abschnitten auf der B** * komme, der insbesondere durch die Lage der geplanten Vollsperrung unmittelbar vor der Einhausung Hösbach und aufgrund der örtlichen Situation im Spessart zu einer gefährlichen Überlastung des gesamten Verkehrsnetzes führe. Insbesondere die Einhausung H* … stelle erhöhte Anforderungen an die Verkehrssicherheit, da Fluchtmöglichkeiten und Zuwegungen für Rettungskräfte dort naturgemäß eingeschränkt seien. Daher sei im Fall eines Stauereignisses die Einhausung möglichst von Verkehr freizuhalten, um Zwischenfälle wie Auffahrunfälle, Fahrzeugbrände oder andere Ereignisse mit Gefährdung von Rechtsgütern in einem leicht zugänglichen und für ein Verlassen der Gefahrenzone einfachen Bereich der Autobahn zu halten. Die B** * sei ohnehin schon hoch frequentiert, der geplante Zeitpunkt der Veranstaltung am Freitagnachmittag falle jedoch zudem genau in die Zeitspanne der Woche, in der das höchste Verkehrsaufkommen über die Autobahn abgewickelt werde. Erschwerend komme der Streik der G** hinzu. Aufgrund planmäßig hoher Geschwindigkeiten auf Autobahnen und der damit verbundenen erheblich höheren Unfallschwere verglichen mit dem übrigen Straßennetz seien im Falle von Stauereignissen auf Autobahnen Verkehrsteilnehmer ganz besonders gefährdet. Der durch die geplante Versammlung auf der B** * entstehende Rückstau sowohl auf der B** * selbst als auch im gesamten Verkehrsnetz im Umfeld der geplanten Veranstaltung, stelle damit eine erhebliche und unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar und gefährde Leib und Leben aller Verkehrsteilnehmer. Darüber hinaus führe der Rückstau zudem zu erheblichen Verzögerungen für Einsatzkräfte bei Unfällen oder Einsätzen im örtlichen Umfeld des geplanten Veranstaltungsortes und stelle damit eine Gefahr für die gesamte, im Bereich der Veranstaltung lebende und arbeitende Bevölkerung dar.
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2. Mit Bescheid vom 11. Januar 2024 bestätigte das Landratsamt Aschaffenburg den Eingang der Anmeldung und ordnete u.a folgende Beschränkungen an:
„3. Aufstellörtlichkeit
3.1 Die Aufstellungsörtlichkeit wird abweichend von der Anmeldung festgelegt. Sie befindet sich auf der B* … * … zwischen dem Kreisverkehr W* … und dem H* … S* …, wobei zum Kreisverkehr W* … und zum H* … S* … ein 5 m langer Sicherheitsabstand eingehalten werden muss.
3.2 Die Fahrzeuge, die im Rahmen dieser Versammlung Kundgebungsmittel darstellen, dürfen lediglich auf der südlichen Fahrspur (in Richtung des Kreisverkehrs W* …*) aufgestellt werden. Die restliche Aufstellungsfläche ist für die Versammlungsteilnehmer freizuhalten und darf nur nach ausdrücklicher Anweisung durch die Polizei zur Aufstellung von Fahrzeugen genutzt werden.“
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Zur Begründung führte die Beklagtenseite im Wesentlich aus: Die Verlegung der Versammlung auf eine andere Örtlichkeit stütze sich auf Art. 15 Abs. 1 BayVersG, wonach die zuständige Behörde die Versammlung beschränken könne, sofern nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet sei. Mit den Auflagen zur Aufstellörtlichkeit sei sichergestellt, dass neben der Unversehrtheit der Rechtsordnung unter anderem gerade auch der Schutz der subjektiven Rechte bzw. Rechtsgüter Dritter gewährleistet werden könne. Die Versammlung solle unbeteiligte Dritte nur in den nötigen Maßen beeinträchtigen, behindern oder belästigen. Die Aufstellörtlichkeit sei gewählt worden, um die Sicherheit des Straßenverkehrs nicht weiter einzuschränken und die Teilnehmer der Versammlung vor Gefahren zu schützen. Zwar sei auch die Auswahl des Versammlungsortes grundsätzlich von dem Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters nach Art. 8 Abs. 1 GG umfasst. Dieses sei jedoch zu beschränken, da im vorliegenden Fall Gefahren für die öffentliche Sicherheit bestünden. Betroffen seien zum einen die Schutzgüter Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer wie auch von den unbeteiligten Verkehrsteilnehmern, die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs sowie die öffentliche Sicherheit. Die Beklagtenseite stützte sich dabei im Wesentlichen auf die Ausführungen der fachlichen Stellungnahmen der PI Aschaffenburg, der VPI Aschaffenburg-H* … und der Autobahn GmbH vom 10. Januar 2024. Insbesondere handele es sich bei der B** * im geplanten Versammlungsbereich um eine wichtige überregionale Nord-Süd-Verkehrsverbindung. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sei davon auszugehen, dass das Verkehrsaufkommen aufgrund des mehrtätigen Streiks der G**, dem Ferienende sowie den Wochenendpendlern am Tag der Versammlung deutlich erhöht sein werde. Aufgrund planmäßig hoher Geschwindigkeiten auf Autobahnen und der damit verbundenen erheblich höheren Unfallschwere verglichen mit dem übrigen Straßennetz seien im Falle von Stauereignissen auf Autobahnen Verkehrsteilnehmer ganz besonders gefährdet. Gerade dieser Streckenabschnitt sei für Unfälle jedoch besonders gefährlich, da sich insgesamt neun Unfallhäufungsstellen im unmittelbaren wie auch im anschließenden Bereich der Versammlungsstrecke befänden. Aber auch außerhalb der Autobahn habe die durch die Versammlung veranlasste Vollsperrung negative Auswirkungen, da im Basisnetz auf allen betroffenen Streckenabschnitten eine Überlastung zu erwarten sei. Auch hier sei mit Stauereignissen zu rechnen, die zu Auffahrunfällen führen könnten. Zudem seien starke Verzögerungen für Einsatz- und Rettungskräfte sowie für andere wichtige Transporte zu erwarten und damit eine erhebliche Gefährdung für Leib und Leben von Unbeteiligten. Auch nach Beendigung bestehe weiterhin ein erhöhtes Unfallrisiko an und um die Versammlungsfläche, da zu erwarten sei, dass die Fahrbahn durch Erdreste aus grobstolligen Reifen der land- und forstwirtschaftlichen Fahrzeuge und evtl. austretender Betriebsstoffen verschmutzt werde. Eine solche Verschmutzung stelle gerade auf Autobahnen aufgrund der hier erlaubten und gefahrenen hohen Geschwindigkeiten der Verkehrsteilnehmer eine deutlich höhere Gefahr als auf anderen Straßenklassen dar.
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Eine Verlegung der Aufstellörtlichkeiten der angezeigten Versammlung sei auf Grundlage des Art. 15 Abs. 1 BayVersG unter Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens unumgänglich. Die Maßnahme der Verlegung sei rechtlich und tatsächlich möglich und stelle ein geeignetes Mittel dar, um die zu erwartenden Gefahren für Leben und Gesundheit von Versammlungsteilnehmern und den unbeteiligten Verkehrsteilnehmern entgegenzusteuern. Die Alternativfläche liege in unmittelbarer Nähe zur beantragten Versammlungsfläche, da sie parallel zur Autobahn verlaufe. Ein Sachbezug zu den Demonstrationsthemen, insbesondere der Maut, sei ebenfalls gegeben, da es sich bei der B 26 – wie bei der Autobahn – um eine Lkwmautpflichtige Straße handele. Der Erwartungshaltung des Versammlungsanmelders, den Verkehrsfluss maximal zu stören und „ein Zeichen zu setzen“, werde genauso mit der Sperrung der B 26 Rechnung getragen. Auch hier werde es zu einer negativen Beeinflussung der Leichtigkeit des Verkehrs kommen, jedoch nicht in dem Ausmaß wie bei der Sperrung eines Autobahnabschnittes. Bei der Alternativfläche handele es sich um eine 1,2 km lange und ca. 6,5 m breite Bundesstraße, die aufgrund ihrer Lage (zwischen einem Kreisverkehr und einer Ampelanlage) gut von der Polizei abgesichert werden könne. Die Gefahr von Unfällen in Staufällen sei hier deutlich geringer, da diese Strecke vom fließenden Verkehr umfahren werden könne. Auch stelle sie eine deutlich sicherere Variante für die Teilnehmer selbst dar, da das Risiko von Fahrzeugen, die versehentlich in die Versammlung hineinfahren, oder von Fahrzeugteilen, die aufgrund eines Unfalls umherfliegen, deutlich vermindert werde. Zudem weise die Ausweichfläche genug Platz für eine Vielzahl von Teilnehmern und Fahrzeugen auf. Der sich im Streckenabschnitt befindliche Pendlerparkplatz biete ausreichend Platz für die Aufstellung der Bühne in einem Sattelzug. Auch sei vorliegend kein anderes milderes Mittel ersichtlich, welches gleich effektiv wäre. Das erhebliche Gefahrenrisiko, welches bei der Versammlung auf der B** * bestünde, könne nicht durch Auflagen und Beschränkungen beseitigt werden. Die oben genannten Risiken könnten bei einer entsprechenden Versammlung nicht durch Zutun der Polizei oder weiterer Personen verringert werden. Auch eine Reduzierung der zeitlichen Dauer der Versammlung führe nicht zu einer Gefahrminderung, da auch eine Verkürzung der Versammlung keine geringeren Auswirkungen habe, da die Auflösung des durch die Versammlung einmal entstandenen Rückstaus, ganz erhebliche Zeit in Anspruch nehme, in welcher die Gefährdungslage durchgehend bestehe. Die Prognoseentscheidung könne daher nicht zugunsten des Veranstalters getroffen werden. Die Auflage komme auch keinem faktischen Verbot gleich. Der Veranstalter könne die von ihm geplante Versammlung zur selben Zeit und mit denselben Themen in der von ihm beabsichtigten Art und Weise an einem nicht weit von der ursprünglich vorgesehenen Stelle durchführen. Eine wesentliche Veränderung des Ablaufs oder des Inhalts der Versammlung sei mit der Auflage nicht verbunden.
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Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheids vom 11. Januar 2024 Bezug genommen.
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3. Mit der am 11. Januar 2024 erhobenen Klage begehrte der Kläger zunächst die Aufhebung der versammlungsrechtlichen Anordnung in Ziffer 3 des Bescheids vom 11. Januar 2024. Mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 1. Februar 2024 wurde die Antragstellung dahingehend umgestellt, dass beantragt wurde,
festzustellen, dass der „vorgenannte Auflagenbescheid des Landratsamtes Aschaffenburg rechtswidrig gewesen ist“.
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Zur Begründung nahm der Klägerbevollmächtigte auf die Begründung im zugehörigen Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes (W 5 S 24.109) Bezug und führte ergänzend im Wesentlichen aus: Die eigentlich geplante Demonstration am … … 2024 von 13:30 bis 18:00 Uhr auf der B** * zwischen H* … und B* …W* … beidseitig habe mit einer voraussichtlichen Teilnehmerzahl von 3.000 Personen stattfinden sollen. Die in dem Auflagenbescheid der zuständigen Versammlungsbehörde zugrunde gelegte Gefahrenprognose sei offenkundig unzutreffend gewesen und habe die teilnehmenden Personen in ihrer verfassungsrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit verletzt. Eine Gefahr für Leib, Leben und Eigentum von Privatperson oder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere eine nicht hinzunehmende Gefahr für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, hätten bei der geplanten und natürlich zeitlich begrenzten Sperrung von Autobahnzufahrten und Autobahnabfahrten nicht vorgelegen. Die Gefahrenprognose der Versammlungsbehörde hätte im Wesentlichen nur dazu dienen sollen, eine Sperrung der Bundesautobahn zu vermeiden. Die sich ergebenden, zeitlich begrenzten Einschränkungen bei der Benutzung von Autobahnen für die dortigen Kfz-Fahrer hätten natürlich eine gewisse persönliche Einschränkung dargestellt, welche aber im Rahmen der Ausübung des Versammlungsrechts der teilnehmenden Personen hinzunehmen gewesen wären. Gerade diese Sperrung eines Autobahnabschnitts hätte die Gesellschaft auf Probleme von Bauern aufmerksam machen sollen. Mit dem Verbot des beantragten Versammlungsorts sei der vorgenannte Sinn und Zweck der Versammlung negiert worden. Die behördlichen Auflagen zum Versammlungsort kämen dem Verbot der Versammlung gleich. Bei angehenden Straßensperrungen am vorliegenden Standort möge es zu Störungen und Verspätungen kommen, jedoch sei das Vorliegen von Alternativ- bzw. Ausweichrouten hier immer gegeben. Niemand sei gezwungen gewesen, die Autobahn nach der gesperrten Autobahnzufahrt nicht zu verlassen und niemand sei genötigt gewesen, die Autobahn vor der Sperrung der Autobahn nicht zu verlassen. Für Autobahnbenutzer habe überwiegend die Möglichkeit bestanden, die Autobahn zu verlassen oder die Autobahn erst gar nicht zu benutzen. Von etwaigen Unfällen, die ihre Ursachen in der Sperrung eines Teilabschnitts einer Autobahn gehabt hätten, sei nichts bekannt. Da seitens des Klägers künftig weitere Bauerndemonstrationen mittels der Sperrung oder Bahnabschnitten geplant seien, bestehe auch ein Rechtsschutzinteresse für die rückwirkende Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts, der eine Maßnahme betreffe, die aufgrund Zeitablaufs erledigt sei. Die Verweisung auf einen anderen Demonstrationsort, der auf einer gering befahrenen Landstraße liege, lasse gerade keine öffentlichkeitswirksame Demonstration entstehen. Richtig sei, dass es durch die zeitlich und räumlich begrenzte Sperrung der B** * zu einer Einschränkung der Leichtigkeit des Straßenverkehrs in diesem Bereich gekommen wäre. Wenn für die vorliegende Demonstration ein begrenzter Autobahnabschnitt gesperrt werde, finde auf diesem auch kein öffentlicher Verkehr in dem Demonstrationszeitraum statt. Aus diesem Grunde sei es auch nicht notwendig, Rettungsfahrzeuge, die aufgrund eines Verkehrsunfalls an den Unfallort gelangen wollten, in diesem gesperrten Autobahnabschnitt einzusetzen. Eine zeitweilig begrenzte Sperrung einer Autobahn sei günstiger für die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs als die ausschließlichen Sperrungen von Autobahnzufahrten. Denn dort, wo kein Autobahnverkehr stattfinde, würden auch keine Unfälle passieren. Wenn es wider Erwarten zu Unfällen unter den Demonstrationsteilnehmer komme, wäre es kein Problem gewesen, die Demonstration im Vorfeld dahingehend zu beauflagen, dass Rettungsfahrzeuge an diese Unfallstellen durchzulassen seien. Angesichts der Bedeutung des Grundrechts gemäß Art. 8 Abs. 1 GG wäre es im vorliegenden Sachverhalt also verhältnismäßig gewesen, Auflagen für die geplante Demonstration lediglich dahingehend zu erlassen, die die Demonstrationsteilnehmer verpflichteten, im gesperrten Autobahnabschnitt beidseitig eine Rettungsgasse für Rettungsfahrzeuge freizuhalten.
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4. Das Landratsamt Aschaffenburg stellte für den Beklagten den Antrag,
die Klage abzuweisen.
17
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei bereits unzulässig, da seitens des Klägers das erforderliche besondere Feststellungsinteresse nicht vorgetragen worden sei. Der Kläger werde durch den streitgegenständlichen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt. Rechtsgrundlage für die Verlegung des Versammlungsorts sei Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG. Auf die rechtlichen Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid, in den dem Gericht vorliegenden zahlreichen Stellungnahmen und in den Ausführungen im einstweiligen Rechtsschutz werde verwiesen.
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5. Mit Beschluss vom … … 2024 hat das Verwaltungsgericht Würzburg den Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen Ziffer 3 des Bescheids des Landratsamts Aschaffenburg vom 11. Januar 2024 erhobenen Klage abgelehnt (* * * …*). Auf die Gründe der Entscheidung wird Bezug genommen.
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Mit Beschluss vom … … *024 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die hiergegen erhobene Beschwerde zurückgewiesen (* … … …*). Auf die Gründe der Entscheidung wird verwiesen.
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Mit Schreiben des Gerichts vom 14. Februar 2024 wurde den Beteiligten Gelegenheit gegeben, sich zur Frage einer etwaigen Entscheidung durch Gerichtsbescheid zu äußern.
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6. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (vgl. auch * * * …*) sowie auf die Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage, über die nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entschieden werden konnte (§ 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO) und die sich richtigerweise nicht – wie vom Klägerbevollmächtigten angegeben – gegen das Landratsamt Aschaffenburg, sondern gegen den Freistaat Bayern richtet (vgl. § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), hat keinen Erfolg.
23
1. Die Klage ist zulässig.
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1.1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog statthaft. Gegenstand der Klage ist bei sachgerechter Auslegung die vom Klägerbevollmächtigten zuletzt begehrte Feststellung, dass die Regelung in Ziffer 3 des Auflagenbescheids des Landratsamts Aschaffenburg vom 11. Januar 2024 („Aufstellörtlichkeit“), welche sich infolge der Beendigung des Versammlungsgeschehens durch Zeitablauf erledigt hat, rechtswidrig war. Zwar hat der Klägerbevollmächtigte bei wortgetreuem Verständnis den Klagegegenstand zuletzt weiter gefasst („vorgenannte Auflagenbescheid des Landratsamtes Aschaffenburg rechtswidrig gewesen ist“). Allerdings darf das Gericht nur nicht über das Begehren hinausgehen und ist an die Fassung des Antrags nicht gebunden (§ 88 VwGO). Zu berücksichtigen ist bei der Auslegung des Klagebegehrens insoweit, dass die zunächst erhobene Anfechtungsklage ausdrücklich auf die Aufhebung der Ziffer 3 des Auflagenbescheids des Landratsamts Aschaffenburg vom 11. Januar 2024 beschränkt wurde (vgl. Schriftsatz vom 11. Januar 2024: „und werden beantragen, dass der Bescheid des Landratsamts Aschaffenburg vom 11.1.2024 (…) in seinen Punkt 3. (…) aufgehoben wird.“). Es ist nicht zu ersehen, dass der Klägerbevollmächtigte im Rahmen der mit Schriftsatz vom 1. Februar 2024 erklärten Änderung der Anfechtungsklage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage den Klagegegenstand um andere Nebenbestimmungen des Auflagenbescheids erweitern wollte. Auch die Klagebegründung, die sich ausschließlich gegen die Verlegung des Versammlungsorts richtet, zeigt, dass sich das klägerische Begehren auf eine nachträgliche Rechtmäßigkeitskontrolle zu Ziffer 3 des Auflagenbescheids beschränkt.
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1.2. Der Kläger ist als Versammlungsleiter auch klagebefugt. Zur Vermeidung von Popularklagen ist es bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage wie bei einer Feststellungsklage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog erforderlich, dass der Kläger geltend macht, durch die Maßnahme in eigenen Rechten verletzt worden zu sein (BayVGH, U.v. 22.9.2015 – 10 B 14.2246 – juris; Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 42 Rn. 62 m.w.N.). Dafür genügt es, dass die behauptete Rechtsverletzung möglich erscheint. Dies ist bereits dann anzunehmen, wenn eine Verletzung eigener subjektiver Rechte nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist (vgl. etwa BVerwG, U.v. 23.3.1982 – 1 C 157/79 – juris Rn. 23; U.v. 10.7.2001 – 1 C 35/00 – juris Rn. 15 jeweils m.w.N.). Hier hat der Kläger eine Verletzung seines Grundrechts auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG) geltend gemacht. Es ist zumindest möglich, dass er durch die beanstandete Anordnung in diesem subjektiven Recht verletzt wurde.
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1.3. Der Kläger hat schließlich ein berechtigtes Feststellungsinteresse. Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 14.12 – juris Rn. 30). Ein berechtigtes Interesse i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kann jedes bei vernünftiger Erwägung nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sein, wobei es Sache des Klägers ist, die Umstände darzulegen, aus denen sich das Feststellungsinteresse ergibt (BVerwG, U.v. 15.11.1991 – 3 C 49/87 – NVwZ 1991, 570). In versammlungsrechtlichen Verfahren besteht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – juris Rn. 36; vgl. auch: BayVGH, B.v. 13.1.2023 – 10 ZB 22.1408 – juris; BayVGH, U.v. 10.7.2018 – 10 BV 17.2405 – juris Rn. 26 ff.) ein solches Interesse unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Versammlungsfreiheit dann, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht, die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann. Die Wiederholungsgefahr als ein das Feststellungsinteresse begründendes Element ist anzunehmen, wenn sich aus dem Sachverhalt, der Interessenlage oder den Erklärungen der Beteiligten ergibt, dass die Behörde wahrscheinlich in absehbarer Zukunft einen inhaltsgleichen oder gleichartigen Verwaltungsakt erlassen wird und so ggf. erneuter gerichtlicher Rechtschutz mit vergleichbaren Sach- und Rechtsproblemen erforderlich werden würde. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – juris Rn. 42). Ausreichend ist vielmehr bereits der erkennbare Wille des Klägers, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Hiervon ist – soweit ersichtlich – auszugehen, weil die Klägerseite, ohne dass sich die tatsächlichen oder rechtlichen Rahmenbedingungen zwischenzeitlich wesentlich geändert hätten, künftig weitere, vergleichbare Versammlungen in Form einer Autobahnblockade anmelden möchte und nicht zu ersehen ist, dass die Beklagtenseite für diesen Fall von der beanstandeten Auflage absehen wird. Ob darüber hinaus die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit – wie etwa im Fall eines Versammlungsverbots – schwer beeinträchtigt oder ob aus anderen Gründen ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit anzunehmen ist, muss nicht entschieden werden.
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1.4. Die Klage ist – nachdem weitere Sachentscheidungsvoraussetzungen nicht in Frage stehen – somit als zulässig anzusehen.
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2. Die Klage ist unbegründet.
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Die Anordnung des von der Versammlungsanzeige abweichenden Aufstellungsorts der vom Kläger angezeigten Versammlung in Ziffer 3 des Bescheids des Landratsamts Aschaffenburg vom 11. Januar 2024 („Aufstellörtlichkeit“) war rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, insbesondere nicht in seiner Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).
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2.1. Art. 8 Abs. 1 GG schützt die Freiheit, mit anderen Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammen zu kommen. Als Freiheit zur kollektiven Meinungskundgabe ist die Versammlungsfreiheit für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend. In ihrer idealtypischen Ausformung sind Demonstrationen die gemeinsame körperliche Sichtbarmachung von Überzeugungen, bei der die Teilnehmer in der Gemeinschaft mit anderen eine Vergewisserung dieser Überzeugungen erfahren und andererseits nach außen – schon durch die bloße Anwesenheit, die Art des Auftretens und die Wahl des Ortes – im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen (vgl. BVerfG, B.v. 30.8.2020 – 1 BvQ 94/20 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v 4.6.2021 – 10 CS 21.1590 – juris Rn. 17). Damit die Bürger selbst entscheiden können, wann, wo und unter welchen Modalitäten sie ihr Anliegen am wirksamsten zur Geltung bringen können, gewährleistet Art. 8 Abs. 1 GG nicht nur die Freiheit, an einer öffentlichen Versammlung teilzunehmen oder ihr fern zu bleiben, sondern umfasst zugleich ein Selbstbestimmungsrecht über die Durchführung der Versammlung als Aufzug, die Auswahl des Ortes und die Bestimmung der sonstigen Modalitäten der Versammlung (st. Rspr., vgl. BVerfG, B.v. 12.12.2012 – 1 BvR 2794/10 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v 4.6.2021 – 10 CS 21.1590 – juris Rn. 17).
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Nach Art. 8 Abs. 2 GG kann dieses Recht für Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden. Derartige Beschränkungen sind im Lichte der grundlegenden Bedeutung von Art. 8 Abs. 1 GG auszulegen. Eingriffe in die Versammlungsfreiheit sind nur zum Schutz gleichgewichtiger anderer Rechtsgüter unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zulässig (vgl. BVerfG, B.v. 21.11.2020 – 1 BvQ 135/20 – juris Rn. 6; B.v. 30.8.2020 – 1 BvQ 94/20 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 4.6.2021 – 10 CS 21.1590 – juris Rn. 18). Rechtsgüterkollisionen ist im Rahmen versammlungsrechtlicher Verfügungen durch Auflagen oder Modifikationen der Durchführung der Versammlung, etwa Veränderungen der Route eines Aufzuges, Rechnung zu tragen (BVerfG, B.v. 24.10.2001 – 1 BvR 1190/90 – BVerfGE 104, 92 – juris Rn. 63). Derartige Beschränkungen sind im Lichte der grundlegenden Bedeutung von Art. 8 Abs. 1 GG auszulegen. Insoweit gilt die Regel, dass kollektive Meinungsäußerungen in Form einer Versammlung umso schutzwürdiger sind, je mehr es sich bei ihnen um einen Beitrag zum Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage handelt (st.Rspr. vgl. etwa BVerfG, U.v. 11.11.1986 – 1 BvR 713/83 – BVerfGE 73, 206 – juris Rn. 102). Nur soweit eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegt, kann von dem Veranstalter nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG verlangt werden, dass er den geplanten Ablauf seiner Versammlung ändert, oder kann eine Versammlung gänzlich untersagt werden (BVerfG, B.v. 30.8.2020 – 1 BvQ 94/20 – juris Rn. 14 m.w.N.; SächsOVG, B.v. 11.12.2020 – 6 B 432/20 – juris Rn. 11; B.v. 13.3.2021 – 6 B 96/21 – juris Rn. 6). Mit dem Merkmal der unmittelbaren Gefährdung ist ein hoher Gefahrenmaßstab angesprochen, den nicht schlechterdings jede zu erwartende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit erreicht.
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2.2. Rechtsgrundlage für die Verlegung des Versammlungsorts in Ziffer 3.1 des Auflagenbescheids war Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG. Nach dieser Vorschrift kann die zuständige Behörde eine Versammlung insbesondere beschränken oder verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist.
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2.2.1. Bei der vom Kläger angezeigten ortsfesten Veranstaltung unter freiem Himmel am 12. Januar 2024 handelte es sich um eine Versammlung i.S.v. Art. 8 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 BayVersG. Eine Versammlung i.S.d. Art. 8 Abs. 1 GG ist eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, B.v. 24.10.2001 – 1 BvR 1190/90, 1 BvR 2173/93, 1 BvR 433/96 – juris Rn. 41; BVerwG, U.v. 16.5.2007 – 6 C 23/06 – juris Rn. 15). Weitgehend übereinstimmend definiert Art. 2 Abs. 1 BayVersG Versammlungen im Sinne des Bayerischen Versammlungsgesetzes als Zusammenkünfte von mindestens zwei Personen zur gemeinschaftlichen, überwiegend auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung. Diese Voraussetzungen liegen hier ohne Weiteres vor, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist.
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2.2.2. Die Verlegung der Versammlung war eine Maßnahme i.S.v. Art. 15 Abs. 1 BayVersG. Dabei kann offenbleiben, ob es sich um eine bloße Beschränkung oder um ein faktisches Verbot der angezeigten Versammlung handelte. Unabhängig davon waren die Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 15 Abs. 1 BayVersG erfüllt und die behördliche Ermessensausübung unterlag ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.
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2.2.3. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 BayVersG lagen vor.
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Der Schutz der „öffentlichen Sicherheit“ im Sinne von Art. 15 Abs. 1 BayVersG umfasst die gesamte Rechtsordnung und damit auch straßenverkehrsrechtliche Vorschriften, welche die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs regeln (vgl. BVerwG, U.v. 21.4.1989 – 7 C 50/88 – BVerwGE 82, 34 – juris Rn. 15). Kollidiert die Versammlungsfreiheit mit dem Schutz der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, ist – wie auch sonst – eine Abwägung der betroffenen Positionen zur Herstellung praktischer Konkordanz erforderlich. Wichtige Abwägungselemente sind dabei unter anderem die Dauer und Intensität der Aktion, deren vorherige Bekanntgabe, Ausweichmöglichkeiten, die Dringlichkeit der blockierten Tätigkeit Dritter, aber auch der Sachbezug zwischen den beeinträchtigten Dritten und dem Protestgegenstand. Stehen die äußere Gestaltung und die durch sie ausgelösten Behinderungen in einem Zusammenhang mit dem Versammlungsthema oder betrifft das Anliegen auch die von der Demonstration nachteilig Betroffenen, kann die Beeinträchtigung ihrer Freiheitsrechte unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände möglicherweise eher sozial erträglich und dann in größerem Maße hinzunehmen sein, als wenn dies nicht der Fall ist. Demgemäß ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, ob und wie weit die Wahl des Versammlungsortes und die konkrete Ausgestaltung der Versammlung sowie die von ihr betroffenen Personen einen Bezug zum Versammlungsthema haben (vgl. BayVGH, B.v. 12.5.2023 – 10 CS 23.847 – juris Rn. 11; B.v. 13.11.2020 – 10 CS 20.2655 – juris Rn. 22; HessVGH, B.v. 30.10.2020 – 2 B 2655/20 – juris Rn. 5 unter Verweis auf BVerfG, B.v. 24.10.2001 − 1 BvR 1190/90 − BVerfGE 104, 92 – juris Rn. 64).
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Auch Bundesfernstraßen sind, obwohl sie von ihrem eingeschränkten Widmungszweck her anders als andere öffentliche Verkehrsflächen nicht der Kommunikation dienen, sondern ausschließlich dem Fahrzeugverkehr, nicht generell ein „versammlungsfreier Raum“ (BayVGH, B.v. 12.5.2023 – 10 CS 23.847 – juris Rn. 12; B.v. 24.3.2023 – 10 CS 23.575 – juris Rn. 17; OVG NRW, B.v. 30.1.2017 – 15 A 296/16 – juris Rn. 17, 19; HessVGH, B.v. 30.10.2020 – 2 B 2655/20 – juris Rn. 6; B.v. 9.8.2013 – 2 B1740/13 – juris). Zu berücksichtigen ist aber, dass jedenfalls Verkehrsinteressen im Rahmen von versammlungsrechtlichen Anforderungen nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG erhebliche Bedeutung beigemessen werden darf (HessVGH, B.v. 30.10.2020 – 2 B 2655/20 – juris Rn. 6 für Bundesautobahnen). Das Interesse des Veranstalters und der Versammlungsteilnehmer an der ungehinderten Nutzung einer Bundesfern straße hat je nach Lage der Dinge hinter die Belange der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zurückzutreten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob es sich nach § 1 Abs. 3 FStrG um eine nur für den Schnellverkehr von Kraftfahrzeugen bestimmte Bundesautobahn handelt oder (nur) um eine Bundesstraße (OVG NRW, B.v. 30.1.2017 – 15 A 296/16 – juris Rn. 19). Die Einstufung einer Straße als Bundesautobahn oder Bundesstraße entscheidet mit anderen Worten nicht darüber, ob auf dieser Straße grundsätzlich eine Versammlung stattfinden darf und entbindet Versammlungsbehörden und Gerichte nicht von einer Güterabwägung. Sie entfaltet allenfalls Indizwirkung für das Gewicht der gegen eine Versammlung sprechenden Interessen der Öffentlichkeit oder Dritter (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 7.9.2021 – 10 CS 21.2282 – juris Rn. 33; B.v. 4.6.2021 – 10 CS 21.1590 – juris Rn. 21; B.v. 24.3.2023 – 10 CS 23.575 – juris Rn. 17).
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Das Landratsamt Aschaffenburg hatte die Änderung des Versammlungsorts – weg von der BAB A3 und hin zur B 26 – auf eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gestützt. Betroffen gewesen seien zum einen die Schutzgüter Leben und Gesundheit der Versammlungsteilnehmer wie auch von den unbeteiligten Verkehrsteilnehmern sowie die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs (vgl. ausführlich S. 23 ff. des Bescheids vom 11.1.2024).
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Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit dürfen beim Erlass von versammlungsrechtlichen Beschränkungen oder eines Versammlungsverbots keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose gestellt werden. Sie ist auf konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte zu stützen, die bei verständiger Würdigung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Gefahreneintritts ergeben (vgl. BVerfG, B.v. 6.6.2007 – 1 BvR 1423/07 – juris Rn. 17). Bloße Verdachtsmomente und Vermutungen reichen für sich allein nicht aus (vgl. BVerfG, B. v. 12.5.2010 – 1 BvR 2636/04 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 12.5.2023 – 10 CS 23.847 – juris Rn. 13; B.v. 24.3.2023 – 10 CS 23.575 – juris Rn. 19; B.v. 6.6.2015 – 10 CS 15.1210 – juris Rn. 22; U.v. 10.7.2018 – 10 B 17.1996 – juris Rn. 26; BVerwG, B.v. 24.8.2020 – 6 B 18.20 – juris Rn. 6). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen von Gründen für ein Verbot oder eine Beschränkung liegt grundsätzlich bei der Behörde (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2012 – 1 BvR 2794/10 – juris Rn. 17; B.v. 12.5.2010 – 1 BvR 2636/04 – juris Rn. 19 jeweils m.w.N.; BayVGH, B.v. 12.5.2023 – 10 CS 23.847 – juris Rn. 13; B.v. 24.3.2023 – 10 CS 23.575 – juris Rn. 19; B.v. 19.12.2017 – 10 C 17.2156 – juris Rn. 16 m.w.N.).
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Gemessen an diesen Grundsätzen begegnete die Gefahrenprognose des Landratsamts Aschaffenburg, die der Änderung des Versammlungsorts zugrunde lag, keinerlei Bedenken. Die Gefahrenprognose des Landratsamts Aschaffenburg zeigte hinreichend nachvollziehbar auf, in welchem Ausmaß es aufgrund der von Klägerseite beabsichtigten Vollsperrung der B** * im maßgeblichen Bereich durch die konkrete Versammlung zu unvermeidbaren und nicht maßgeblich minimierbaren konkreten Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung kommen konnte. In den vorgelegten Stellungnahmen der Fachbehörden und Fachstellen, auf die im streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen wird, kam hinreichend zum Ausdruck, dass die Änderung des Versammlungsorts auf eine ansonsten unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gestützt wurde, wobei nachvollziehbar nicht nur hinreichend konkrete Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, sondern auch konkrete Gefahren namentlich für Leben und Gesundheit von Verkehrsteilnehmern aufgezeigt wurden. Insofern wird auf die ausführliche Darlegung im streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO). Darüber hinaus hat die Kammer die behördliche Gefahrenprognose im einstweiligen Rechtschutzverfahren W 5 S 24.109 ausführlich gewürdigt und für tragfähig erachtet (vgl. Beschluss vom 12.1.2024, S. 18 bis 22). Im Weiteren hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den Gründen der Beschwerdeentscheidung vom … … (** … …*) ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats zu auf Bundesfernstraßen bzw. Bundesautobahnen geplanten Versammlungen (vgl. zuletzt z.B. BayVGH, B.v. 24.3.2023 – 10 CS 23.575 – juris) zutreffend festgestellt hat, dass unter den gegebenen Umständen aufgrund der unmittelbaren Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und insbesondere auch die höchstrangigen Schutzgüter Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG) Dritter die Voraussetzungen für eine Beschränkung bzw. ein Verbot der angezeigten Versammlung des Klägers gem. Art. 15 Abs. 1 BayVersG vorliegen (Rn. 8).
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Das Vorbringen des Klägerbevollmächtigten im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Die Annahme der Klägerseite, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung keine tatsächlichen Umstände erkennbar gewesen seien, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei Durchführung der ursprünglich angemeldeten Versammlung unmittelbar gefährden könnten, ist nicht haltbar. Die Klägerseite hat sich nicht ansatzweise substantiell mit den gerichtlichen Entscheidungen im einstweiligen Rechtschutzverfahren auseinandergesetzt. Das mögliche Vorhandensein einer Alternativ- oder Ausweichroute für die Verkehrsteilnehmer vermag nichts an dem Umstand zu ändern, dass im Fall der vorgesehenen fünfstündigen Vollsperrung der B** * unter Einsatz von Traktoren im maßgeblichen Bereich – insbesondere aufgrund einer zu erwartenden Überlastung des Verkehrsnetzes und einer zu erwartenden Staubildung mit der möglichen Folge von erheblichen Verzögerungen und Verkehrsunfällen – eine massive Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs und eine Beeinträchtigung von verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern höchsten Ranges (Leib und Leben von Verkehrsteilnehmern) zu befürchten war. Die Annahme des Klägerbevollmächtigten, die Verkehrsteilnehmer seien bloßen Ärgernissen oder hinzunehmenden persönlichen Einschränkungen ausgesetzt, entbehrt jeglicher Grundlage und blendet die behördlicherseits ausführlich aufgezeigten Gefahren für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer schlechterdings aus. Soweit vom Klägerbevollmächtigten darauf verwiesen wurde, dass eine Gefahr für Leib, Leben und Eigentum oder eine erhebliche Einschränkung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht eingetreten sei, was durch die im Anschluss an die Versammlungsauflage tatsächlich stattgefundenen Sperrungen von Autobahnabschnitten durch demonstrierende Personen belegt worden sei, ist dieses Vorbringen für die Kammer zur Gänze nicht nachvollziehbar. Dass sich – die Schilderungen des Klägerbevollmächtigten zugrunde gelegt – im konkreten Fall keine Gefahren realisiert haben mögen, obwohl Autobahnabschnitte (wohl entgegen der durch die Kammer und durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im einstweiligen Rechtschutzverfahren bestätigten Anordnung des Landratsamts) von demonstrierenden Personen gesperrt worden seien, lässt nicht den Schluss zu, dass die von der Behörde anzustellende Gefahrenprognose hätte negativ ausfallen müssen. Die entsprechende Argumentation der Klägerseite geht von vornherein schon deshalb fehl, weil es im Rahmen der zu treffenden Prognoseentscheidung allein auf die ex ante-Sicht der Behörde ankommen kann. Soweit der Klägerbevollmächtigte weiterhin die Überlegung anstellt, dass auf dem gesperrten Autobahnabschnitt in dem Demonstrationszeitraum kein öffentlicher Verkehr stattfinde, weshalb sich dort auch keine Unfälle ereignen könnten, so dass keine Notwendigkeit des Einsatzes von Rettungsfahrzeugen in dem gesperrten Autobahnabschnitt bestehe bzw. dass es ausreichend sei, die Demonstration dahingehend zu beauflagen, dass Rettungsfahrzeuge an diese Unfallstelle durchzulassen, stellt sich dies für die Kammer ebenfalls schon im Ansatz als verfehlt dar. Die Argumentation verkennt grundlegend, dass die Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs und für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer in erster Linie in dem Bereich des zu erwartenden Rückstaus auf beiden Fahrspuren außerhalb des gesperrten Versammlungsorts auf der B** * liegen und dass dem durch das schlichte Freihalten von Rettungswegen nicht wirkungsvoll begegnet werden kann.
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Infolgedessen lagen in Bezug auf die beanstandete Anordnung des Landratsamts Aschaffenburg die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 BayVersG auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens im Nachgang zu den einstweiligen Rechtschutzverfahren vor.
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2.2.4. Die von der Behörde vorgesehene Verlegung des Versammlungsorts von der Bundesautobahn B** * zwischen den Anschlussstellen H* … und B* …W* … auf die Bundesstraße * … zwischen dem Kreisverkehr W* … und dem H* … S* … beruhte auf einer pflichtgemäßen Ermessensausübung.
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Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG sieht auf der Rechtsfolgenseite ein Ermessen der Versammlungsbehörde vor, das heißt (auch) bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage steht die Anordnung von Beschränkungen der Versammlung im Ermessen der Behörde, das diese im Rahmen des Art. 40 BayVwVfG unter Berücksichtigung der Grundrechte des Klägers und Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auszuüben hat. Insoweit ist die Ermessensausübung der Versammlungsbehörde durch die Gerichte nach § 114 Satz 1 VwGO überprüfbar.
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Hier hat die Versammlungsbehörde in Bezug auf die Verlegung des Versammlungsorts das ihr auf Grundlage von Art. 15 Abs. 1 BayVersG zustehende Ermessen erkannt. In den Gründen des Bescheids vom 11. Januar 2024 hat sie dies ausdrücklich erläutert („Anhand der oben aufgeführten Punkte ist unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens eine Verlegung der Aufstellörtlichkeit der angezeigten Versammlung auf Grundlage des Art. 15 Abs. 1 BayVersG unumgänglich (Art. 40 BayVwVfG)“).
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Der Bescheid leidet hinsichtlich der Verlegung des Versammlungsorts auch nicht an sonstigen Ermessensfehlern. Die versammlungsrechtliche Beschränkung erweist sich aus Sicht der Kammer insbesondere nicht als unverhältnismäßig. Auch hierzu hat die Kammer im einstweiligen Rechtschutzverfahren * * * … umfangreiche Ausführungen getroffen (S. 23 bis 25 des Beschlusses vom …2024), an denen sie auch im hiesigen Verfahren festhält und auf die im Einzelnen verwiesen wird. Ebenfalls hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den Gründen der Beschwerdeentscheidung vom … … (** … …*) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Kammer zu Recht davon ausgegangen ist, dass bei der vorliegenden Kollision der Versammlungsfreiheit des Klägers mit dem Schutz der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs und in diesem Zusammenhang betroffenen Rechten Dritter die erforderliche Abwägung der betroffenen Positionen zur Herstellung praktischer Konkordanz ergibt, dass die Änderung des Versammlungsorts und Verweisung der Versammlung auf die Bundesstraße * … in unmittelbarer Autobahnnähe sich als ermessensfehlerfreier und verhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht der Versammlungsfreiheit des Klägers erweist. Entscheidungserhebliche Defizite bei der behördlichen Gefahrenprognose oder sonstige Ermessensfehler wurden – so führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof weiter aus – vom Kläger im Eilverfahren nicht aufgezeigt. Das Vorbringen der Klägerseite im hiesigen Klageverfahren zeigt keine Gesichtspunkte auf, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten. Die Fragen, ob die Verkehrsteilnehmer von der B** * auf eine alternative Route über Landesstraßen ausweichen konnten, ob die gewählte Versammlungsfläche für die angemeldete Versammlung zu klein war, ob die örtliche Verlegung insgesamt keinen angemessenen Ausgleich zwischen dem Versammlungsgrundrecht des Klägers auf der einen und dem dagegen abzuwägenden Schutzgut des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG auf der anderen Seite darstellte und ob die Öffentlichkeitswirkung als Demonstrationszweck bei Verlegung des Versammlungsorts entfiel, wurden allesamt im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 12. Januar 2024 (W 5 S 24.109) erörtert (S. 23 ff.) und vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in den Gründen der Beschwerdeentscheidung vom … … 2024 (** … …*) nicht beanstandet.
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2.3. Keine rechtlichen Bedenken bestehen seitens der Kammer an der unter Ziffer 3.2 des Auflagenbescheids getroffenen Regelung, wonach die Fahrzeuge, die im Rahmen der Versammlung Kundgebungsmittel darstellen, lediglich auf der südlichen Fahrspur (in Richtung des Kreisverkehrs W* …*) aufgestellt werden dürfen, und wonach die restliche Aufstellungsfläche für die Versammlungsteilnehmer freizuhalten ist und nur nach ausdrücklicher Anweisung durch die Polizei zur Aufstellung von Fahrzeugen genutzt werden darf. Rechtsgrundlage dieser Anordnung war Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG. In der Begründung des Bescheids wird in nachvollziehbarer Weise u.a. darauf abgestellt, dass für die Versammlungsteilnehmer eine ausreichend große Versammlungsfläche, die nicht durch Fahrzeuge versperrt wird, zur Verfügung stehen muss. Gegen ebendiesen Umstand wurde auch von Klägerseite, deren Argumentation sich grundlegend gegen die unter Ziffer 3.1 des Auflagenbescheids verfügte Verlegung des Versammlungsorts richtet, nichts erinnert. Vor diesem Hintergrund bestehen weder Zweifel am Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen von Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayVersG noch an einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung; insbesondere stellt sich die Maßnahme als verhältnismäßig dar.
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2.4. Dementsprechend war die in Ziffer 3 des Auflagenbescheids vom 11. Januar 2024 enthaltene Regelung zur Verlegung des Versammlungsorts rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).
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3. Im Ergebnis war die Klage abzuweisen.
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Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 84 Abs. 1 Satz 3, § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 84 Abs. 1 Satz 3, § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.