Titel:
Asyl: Erfolgloser Eilantrag gegen ablehnenden Bescheid ohne erneute Abschiebungsandrohung nach Folgeantrag wegen depressiver Episoden
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5, § 86, § 123
§ 71 Abs. 5
§ 60a Abs. 2c
Leitsatz:
Der Gesetzgeber geht mit Inkrafttreten des Rückführungsverbesserungsgesetzes davon aus, dass wenn der Asylfolgeantrag als unzulässig abgelehnt und nach § 71 Abs. 5 S. 1 AsylG keine erneute Abschiebungsandrohung erlassen wird, außer in Fällen des § 71 Abs. 5 S. 2 AsylG, Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren ist. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nigeria, Eilrechtsschutz, Folgeverfahren, keine erneute Abschiebungsandrohung, statthafter Antrag, Rückführungsverbesserungsgesetz, keine ernstlichen Zweifel an der Unzulässigkeitsentscheidung, Nicht den Anforderungen des § 60a Abs. 2c AufenthG entsprechendes Attest, Psychische Erkrankung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 17412
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragssteller hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Ablehnung seines Asylfolgeantrags als unzulässig.
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1. Der Kläger, nach eigenen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger sowie Ibo mit christlicher Religionszugehörigkeit, reiste über Griechenland auf dem Luftweg am 28. Februar 2020 in die Bundesrepublik ein und stellte am 2. April 2020 einen Asylantrag.
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Dieser Asylantrag wurde mit Bescheid vom 7. August 2020 unanfechtbar abgelehnt und ihm die Abschiebung nach Nigeria angedroht, nachdem die hiergegen gerichtete Klage mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 28. Januar 2022, Az.: B 4 K 20.30965 abgewiesen wurde und der dagegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung durch Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. April 2022, Az.: 3 ZB 22.30346 abgelehnt wurde.
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Am 26. März 2024 stellte er einen Folgeantrag. Zur Begründung trug er vor, er leide unter depressiven Episoden, die sich verschlechtern und chronifizieren könnten, wenn eine Abschiebung stattfände. Darüber hinaus habe er eine penetrierende Thoraxverletzung erlitten, die eine Operation erfordert habe und deren Heilungsprozess noch fortdauere. Er habe aufgrund dessen störende Drathcerclagen. Neue Beweise, die belegen würden, dass er in seinem Heimatstaat gefährdet sei, habe er nicht.
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Mit auf 7. Februar 2024 datierten Schreiben ließ er darüber hinaus vortragen, er befinde sich in medizinisch notwendiger Behandlung und könne aufgrund seines gesundheitlichen Zustands nicht zurück nach Nigeria. Er ließ hierzu einen, auf den 31. Oktober 2023 datierten, vorläufigen Arztbrief des Universitätsklinikums W* … vorlegen, laut dem er sich, nachdem er im April 2022 eine penetrierende Thoraxverletzung erlitten habe, mit thorakaler Schmerzsymptomatik bei störenden Drathcerclagen in der Klinik vorgestellt habe. Am 30. Oktober 2023 seien die störenden Drathcerclagen entfernt worden und er sei am 2. November 2023 in gutem Allgemeinzustand, frei von Dyspnoe und gut schmerzkompensiert, wieder nach Hause entlassen worden. Darüber hinaus wurde ein fachärztliches Attest des MVZ für Neurologie, Psychologie und Schmerztherapie W* … vom 20. Oktober 2023 vorgelegt, nach dem bei dem Antragsteller eine mittelschwere depressive Episode mit ICD F32.1, sowie der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung mit ICD F43.1 vorliege. In der Symptomatik finde sich psychopathologisch eine depressive Stimmung, Ängste, Albträume, negative Kognitionen, eine Antriebsminderung, sozialer Rückzug und Schlafstörungen mit Albträumen. Akute Suizidalität oder psychotisches Erleben liege nicht vor. Die Schilderung der lebensgefährlichen Attacke mit dem Schraubendreher erfolge mit wenig affektiver Beteiligung, wohingegen die Vorstellung nach Nigeria zurückzumüssen erhebliche Ängste auslöse, insbesondere Angst vor dem Täter und dessen Komplizen. Es fänden sich Einschränkungen auf psychischer Ebene mit sozialem Rückzug und reduzierter psychischer Belastbarkeit. Es sei eine medikamentöse Behandlung mit Amitriptylin 50 mg erfolgt, was eine teilweise Besserung erbracht habe. Es wurde festgestellt, dass wenn die die empfohlene medizinische Behandlung mit einer ambulanten Psychotherapie ausbleiben würde, das Risiko einer Chronifizierung der ängstlich-depressiven Symptomatik bestehe. Es bestehe mit der Abschiebung das Risiko einer Chronifizierung und Verschlechterung der ängstlich-depressiven Symptomatik. Es würde eine erhebliche Zunahme der Ängste, insbesondere bzgl. eines erneuten Angriffes auf ihn und sein Leben, geben. Dies würde möglicherweise die Chronifizierung einer posttraumatischen Belastungsstörung durchaus fördern können. Für eine lebensbedrohliche Gesundheitsverschlechterung finde sich kein sicherer Anhalt. Aufgrund der Traumatisierung seien Zwangsmaßnahmen zu vermeiden, da darunter eine Retraumatisierung zu erwarten sei, die zu einer wesentlichen Gesundheitsverschlechterung führen könne.
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Mit Bescheid vom 23. April 2024 wurde der Antrag als unzulässig abgelehnt (Nr. 1) und der Antrag auf Abänderung des Bescheids vom 7. August 2020 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG abgelehnt (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag sei unzulässig, da die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nicht vorlägen. Der Antragsteller habe zwar neue Elemente vorgetragen, der Vortrag hinsichtlich seiner gesundheitlichen Beschwerden könne jedoch nicht mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer für ihn günstigeren Entscheidung hinsichtlich des beantragten internationalen Schutzes führen. Der Antragsteller habe zu etwaigen Gründen, welche eine Zuerkennung internationalen Schutzes gem. § 3 AsylG oder § 4 AsylG für den Antragsteller erheblich wahrscheinlich erscheinen ließen, nicht vorgetragen. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG seien ebenfalls nicht gegeben. Es sei aus dem Vortrag des Antragstellers nichts ersichtlich, was rechtfertigen würde, dass eine anderslautende Entscheidung als die bisherige hinsichtlich der Entscheidung zu § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 ergehe. Ein Wiederaufgreifen im weiteren Sinne sei insbesondere begründet, wenn beim Antragsteller eine im Herkunftsland nicht behandelbare Krankheit oder vorläge oder zur behaupteten Traumatisierung führen würde. Zwar sei im Attest vom 20. Oktober 2023 die Rede davon, dass sich die Erkrankungen des Antragstellers bei einer Abschiebung ins Herkunftsland chronifizieren könnten, jedoch sei gleichzeitig die Rede davon, dass es keinen sicheren Anhalt für eine lebensbedrohliche Gesundheitsverschlechterung bei Rückkehr gebe. Darüber hinaus sei der Wirkstoff Amitriptylin in Nigeria vorhanden und verfügbar sowie auch die Behandlung durch Psychologen in Nigeria durchaus möglich. Darüber hinaus würden die humanitären Bedingungen in Nigeria keine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen, insbesondere bei Rückkehr in familiäre Kreise. Der Antragsteller könne insbesondere auf seine, wie er im Erstverfahren angegeben habe, in Nigeria lebende Familie und deren Hilfe und Unterstützung verwiesen werden, insofern er nicht sofort nach seiner Rückkehr in der Lage sein sollte, seinen Lebensunterhalt selbstständig sicherzustellen. Einer erneuten Abschiebungsandrohung bedürfe es gemäß § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG nicht. Die erlassene Abschiebungsandrohung sei weiter gültig und vollziehbar.
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2. Am 10. Mai 2024 ließ der Antragsteller Klage gegen diesen Bescheid erheben und beantragte im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom heutigen Tage gegen die Abschiebungsandrohung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23.04.2024 anzuordnen.
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Zur Begründung wurde sich mit Schriftsatz vom 28. Mai 2024 im Wesentlichen auf die Angaben, die der Antragsteller bei der Antragsgegnerin zu Protokoll gegeben hatte bezogen und weiter vorgetragen, er habe eine Überweisung für eine Psychotherapie erhalten. Er leide unter PTSD und Depression, welche fachärztlich behandelt werden müsse. Er leide unter tagtäglichen psychischen Episoden und Schwierigkeiten. Zudem sei der Heilungsprozess bezüglich seiner Thoraxverletzung noch nicht abgeschlossen. Sobald aktuelle Arztberichte vorlägen, würden diese dem Gericht weitergeleitet werden.
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Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 14. Mai 2024, den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung bezog sie sich auf die angefochtene Entscheidung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Hauptsacheverfahren (W 8 K 24.30714) sowie auf den Inhalt der Behördenakte Bezug genommen.
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Der Antrag, der, insbesondere da der streitgegenständliche Bescheid vom 23. April 2024 bereits keine Abschiebungsandrohung beinhaltet, sachgerecht dahingehend auszulegen ist (§ 88 VwGO, § 122 Abs. 1 VwGO), dass er vorrangig auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Unzulässigkeitsentscheidung im Bescheid vom 23. April 2024 nach § 80 Abs. 5 VwGO und hilfsweise – im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO – auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin, der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass die Abschiebung des Antragstellers bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht vollzogen werden darf, gerichtet ist, ist unbegründet.
1. Gegen die Ablehnung des Asylfolgeantrags des Antragstellers als unzulässig ist Eilrechtschutz nach dem Willen des Gesetzgebers im Wege eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Unzulässigkeitsentscheidung (Nr. 1 des Bescheids) nachzusuchen (§ 71 Abs. 5 AsylG in der Fassung, die er durch das Gesetz zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz) vom 21. Februar 2024 (BGBl I Nr. 54) erhalten hat).
Die Antragsgegnerin hat nach § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG davon abgesehen, im streitgegenständlichen Bescheid vom 23. April 2024 eine erneute Abschiebungsandrohung zu erlassen. Grundlage einer etwaigen Abschiebung des Antragstellers nach Nigeria ist daher die bestandskräftige Abschiebungsandrohung im Bescheid des Erstverfahrens vom 7. August 2020. Eine Suspendierung der Vollziehbarkeit dieses bestandskräftigen Verwaltungsakts kommt im vorliegenden Verfahren jedoch nicht in Betracht.
Soweit nach überwiegender und überzeugender Auffassung bis zum Inkrafttreten des Rückführungsverbesserungsgesetzes davon ausgegangen wurde, dass in der vorliegenden Konstellation einstweiliger Rechtsschutz im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO mit dem Inhalt, der Antragsgegnerin aufzugeben, der Ausländerbehörde mitzuteilen, dass eine Abschiebung einstweilen nicht erfolgen darf, zu erlangen war (vgl. hierzu etwa BayVGH, B.v. 3.8.2023 – 19 CE 23.1290 – juris Rn. 8; HessVGH, B.v. 13.9.2018 – 3 B 1712/18.A – juris Rn. 3 ff.; ebenso Dickten in BeckOK, AuslR, § 71 AsylG, Rn. 33 ff.), so kann hieran vor dem Hintergrund der Neufassung des § 71 Abs. 5 AsylG nicht mehr festgehalten werden.
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass wenn der Asylfolgeantrag als unzulässig abgelehnt und nach § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG keine erneute Abschiebungsandrohung erlassen wird, außer in Fällen des § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG, Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren ist (vgl. hierzu ausführlich: VG Ansbach, B.v. 15.4.2024 – AN 1 S 24.30737 – juris Rn. 24 ff.; sowie auch: VG Hamburg, B.v. 8.5.2024 – 12 AE 1859/24 – juris Rn. 18 ff.; VG Düsseldorf, B.v. 25.4.2024 – 28 L 714/24.A – juris Rn. 8 ff.; VG Regensburg, B.v. 8.4.2024 – RN 13 E 24.30666 – juris Rn. 27 ff.; a.A. VG Karlsruhe, B.v. 25.3.2024 – A 8 K 1026/24 – juris Rn. 10 ff.).
Denn die Abschiebung darf in Fällen, in denen der Folgeantrag nur zur Verzögerung oder Behinderung der Abschiebung oder nach unanfechtbarer Ablehnung eines Folgeantrags ein erneuter Folgeantrag gestellt wird, bereits vollzogen werden, wenn das Bundesamt mitteilt, dass die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG nicht vorliegen (§ 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG). Im Übrigen darf die Abschiebung erst nach Ablauf der Frist nach § 74 Absatz 1 zweiter Halbsatz und im Fall eines innerhalb der Frist gestellten Antrags nach § 80 Absatz 5 VwGO erst nach der gerichtlichen Ablehnung dieses Antrags vollzogen werden. Insoweit unterscheidet sich der Wortlaut der Vorschrift von dem des § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG a.F., wonach generell eine Abschiebung nach Mitteilung des Bundesamtes über das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vollzogen werden konnte.
Aus dem klaren Wortlaut der Vorschrift ergibt sich wiederum, dass – wenn die gesetzliche Regelung nicht sinnlos sein soll – ein entsprechender Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft sein muss, wenngleich insoweit anzumerken ist, dass die Unzulässigkeitsentscheidung für sich genommen keinen vollziehbaren Inhalt hat.
Da hier kein Fall des § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG vorliegt, ist ausgehend von obigen Ausführungen grundsätzlich ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft.
Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen Nr. 1 des Bescheids vom 23. April 2024 ist jedoch unbegründet. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der unter Nr. 1 des Bescheids getroffenen Ablehnungsentscheidung (vgl. § 36 Abs. 4 AsylG i.V.m. § 71 Abs. 4 AsylG). Die angegriffene Ablehnung des Folgeantrags als unzulässig (§ 29 Abs. 1 Nr. 5 Alt. 1 AsylG) ist nach summarischer Prüfung bei der gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG maßgeblichen Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt zu Recht erfolgt.
Die Antragsgegnerin ist zu Recht von einem Folgeantragsverfahren ausgegangen. Rechtsgrundlage für eine erneute Sachprüfung des Asylbegehrens durch die Antragsgegnerin im Folgeantragsverfahren ist § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG. Danach ist für den Fall, dass der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag stellt, ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn neue Elemente oder Erkenntnisse zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu einer für den Antragsteller günstigeren Entscheidung beitragen, oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind und der Antragsteller ohne eigenes Verschulden außerstande war, die Gründe für den Folgeantrag im früheren Asylverfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt.
Das Bundesamt ist nach summarischer Prüfung zu Recht davon ausgegangen, dass die besonderen Zulässigkeitsanforderungen der § 71 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen und der Folgeantrag damit gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG unzulässig ist.
Das Bundesamt geht im verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 23. April 2024 insbesondere zutreffend davon aus, dass der Antragsteller im Rahmen des Folgeantrags keine Gründe vorgetragen oder Beweismittel vorgelegt hat, die hinsichtlich seines Asylbegehrens (im Sinne des § 13 Abs. 2 AsylG) zu einer günstigeren Entscheidung führen könnten. Solche wurden auch im gerichtlichen Verfahren nicht ergänzt. Vielmehr ließ der Antragsteller ausschließlich gesundheitliche Gründe vorbringen, die seiner Rückkehr nach Nigeria entgegenstünden. Solche begründen jedoch keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG oder des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Der Asyl- und Flüchtlingsschutz eröffnet nicht jedem, der in seiner Heimat in materieller oder existenzieller Not leben muss, die Möglichkeit, seine Heimat zu verlassen, um in der Bundesrepublik Deutschland seine Lebenssituation zu verbessern (BVerfG, B.v. 10.7.1989 – 2 BvR 502, 1000, 961/86 – NVwZ 1990, 151).
2. Soweit sich der Antragsteller mit seiner Klage hilfsweise gegen die Ablehnung der Abänderung des Bescheids bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides wendet und die Verpflichtung des Bundesamtes, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Blick auf Nigeria vorliegen, begehrt, ist im vorliegenden Eilverfahren ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO statthaft, da es sich bei dem Hauptsacherechtsbehelf um eine Verpflichtungsgegenklage handelt. Insoweit ist erforderlich, aber auch ausreichend, dem Bundesamt aufzugeben der zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass die Abschiebungsandrohung aus dem Ausgangsbescheid vom 7. August 2020 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Hauptsacheverfahren nicht vollzogen werden darf (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 25.4.204 – 28 L 714/24.A -juris Rn.33 ff.).
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Der zulässige Antrag ist jedoch unbegründet.
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Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen.
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Ein Anordnungsgrund ist gegeben, da die Abschiebungsandrohung aus dem Bescheid vom 7. August 2020 bestandskräftig ist und der Antragsteller nach Ablauf der Ausreisefrist gemäß § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG jederzeit mit seiner Abschiebung rechnen muss. Mangels einer entsprechenden Erklärung der zuständigen Ausländerbehörde kann zudem nicht davon ausgegangen werden, dass die Abschiebung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht vollzogen wird.
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Es ist jedoch kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht worden (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 ZPO). Denn es bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 71 Abs. 4 AsylG i.V.m. § 36 Abs. 4 AsylG an der Rechtmäßigkeit von Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids. Es liegen – bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung – in der Person des Antragstellers keine Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vor.
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2.1. Das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK wurde nicht glaubhaft gemacht. Dem Antragsteller droht bei einer Rückkehr keine Behandlung, die gegen die Garantien des Art. 3 EMRK verstößt. Es wird auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid vom 23. April 2024 verwiesen und von einer weiteren Darstellung abgesehen (§ 77 Abs. 3 AsylG). Zudem wurde bereits im Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 28. Januar 2022 – B 4 K 20.30965 (UA S. 11 ff.) dargelegt, dass der Antragsteller angesichts seiner Bildung und Berufserfahrung die Möglichkeit hat, sich in Nigeria eine Existenzgrundlage aufzubauen um so jedenfalls seine elementaren Grundbedürfnisse zu befriedigen. Darüber hinaus hat er in Nigeria Familie, auf deren Hilfe er verwiesen werden kann. Auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen. Eine abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aufgrund der vorgetragenen gesundheitlichen Problemen des Antragstellers. Dass er in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkt wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich und insbesondere in keinem der vorgelegten Atteste ausgeführt. Doch selbst wenn er in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkt wäre, kann der Antragsteller auf die Unterstützung seiner Familie verwiesen werden.
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Gegenteiliges folgt auch nicht aus der wirtschaftlichen und sozialen Lage Nigerias. Auch wenn sich die wirtschaftliche Situation in Nigeria aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zwischenzeitlich verschlechtert hat (vgl. BFA, Länderinformation der Staatendokumentation vom 22.11.2023, S. 58; Bundesamt, Länderinformation COVID-19-Pandemie vom Juni 2020, S. 28 f.; BFA, Kurzinformation zu COVID-19 vom 9.7.2020, S. 6 sowie vom 10.6.2020, S. 3, 8 f.; EASO Special Report: Asylum Trends and COVID-19 vom 11.6.2020, S. 15), hält es das Gericht zum jetzigen maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt nicht für hinreichend beachtlich wahrscheinlich, dass sich die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse derart negativ entwickelt haben bzw. entwickeln werden, dass von einer grundsätzlich abweichenden Beurteilung ausgegangen werden kann. Für den Eintritt einer dahingehenden Verschlechterung der humanitären Verhältnisse in Nigeria fehlen dem Gericht zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) greifbare Anhaltspunkte. Vielmehr wird für den Zeitraum von 2023 bis 2025 ein durchschnittliches jährliches Wirtschaftswachstum von 3,4 Prozent prognostiziert (vgl. BFA Länderinformation der Staatendokumentation vom 22.11.2023, S. 58). Eine landesweite Hungersnot ist nicht ersichtlich. Insoweit die Lebensmittelpreise steigen (vgl. National Bureau of Statistics Nigeria: Selected Food Prices Watch Report October 2023, Report Date: November 2023, https://nigerianstat.gov.ng/elibrary/read/1241416; BFA Länderinformation der Staatendokumentation vom 22.11.2023, S. 1, 60), ist es nicht erkennbar, dass dies dazu führen würde, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr eine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Verelendung droht, insbesondere da die Lebensmittelpreise regional stark differieren (vgl. National Bureau of Statistics Nigeria: Selected Food Prices Watch Report October 2023, Report Date: November 2023, https://nigerianstat.gov.ng/elibrary/read/1241416) und die Regierung sofortige, mittelfristige und langfristige Interventionen zur Bekämpfung der steigenden Lebensmittelpreise und Lebensmittelknappheit konzipiert hat, von der Bereitstellung von Düngemitteln und Getreide, der Übertragung der Verantwortung für Nahrung und Wasser an den National Security Council bis hin zu finanziellen Zuwendungen für ärmere Haushalte (vgl. BAMF, Briefing Notes Gruppe 62 – Informationszentrum Asyl und Migration, 17.7.2023, S. 8; BFA, Länderinformation der Staatendokumentation vom 22.11.2023, S. 60).
20
Das Gericht verkennt nicht die mitunter schwierigen Lebensverhältnisse in Nigeria. Diese betreffen jedoch nigerianische Staatsangehörige in vergleichbarer Lage in gleicher Weise. Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr nach Nigeria keine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung droht.
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2.2. Das Vorliegen der Voraussetzungen eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz AufenthG aufgrund der gesundheitlichen Situation des Antragstellers wurde ebenfalls nicht glaubhaft gemacht.
22
Auch diesbezüglich ist zunächst auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid zu verweisen (§ 77 Abs. 3 AsylG).
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Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:
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Von der Abschiebung in einen anderen Staat soll gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgesehen werden, wenn dort für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
25
Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt gem. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vor.
26
Dabei sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können, in die Beurteilung der Gefahrenlage mit einzubeziehen. Solche Umstände können darin liegen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Zielstaat wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich trotz grundsätzlich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.2002 – 1 C 1.02 – juris Rn. 9). Dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig oder überall gewährleistet ist, ist nicht erforderlich, vgl. § 60 Abs. 7 Satze 4 AufenthG.
27
Eine derartige individuelle Gefahr i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist mit Blick auf die gesundheitliche Situation des Antragstellers nicht ausreichend nachgewiesen.
28
Um ein entsprechendes Abschiebungshindernis feststellen zu können, ist eine hinreichend konkrete Darlegung der gesundheitlichen Situation erforderlich. Der Ausländer muss eine Erkrankung, welche die Abschiebung beeinträchtigen kann gem. § 60 Abs. 7 i. V. m. § 60a Abs. 2c AufenthG durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen, die insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthält.
29
Im Falle einer behaupteten psychischen Erkrankung ist angesichts der Unschärfe des Krankheitsbildes sowie der vielfältigen Symptome regelmäßig ein an gewissen Mindestanforderungen genügendes fachärztliches Attest vorzulegen, aus dem sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Arzt zu seiner Diagnose gelangt ist und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren soll das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie dem bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben (vgl. BVerwG, U.v. 11.9.2007 – 10 C 8.07 -BVerwGE 129, 251 ff.; OVG MW, B.v. 21.3.2017 – 19 A 2461/14.A – juris).
30
Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden und behandlungsbedürftigen Erkrankung im Sinne des § 60 Abs. 7 i. V. m. § 60a Abs. 2c AufenthG nicht ausreichend dargelegt.
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Abgesehen davon, dass es sich bei dem aktuellsten Attest des Universitätsklinikums W* … vom 31. Oktober 2023 schon nicht um ein qualifiziertes, ärztliches Attest im Sinne des § 60a Abs. 2c AufenthG handelt, da es lediglich durch einen Physician Assistant, B.sc. und mithin nicht wie zwingend notwendig durch einen approbierten Arzt (vgl. BT-Drs. 18/7538, 19) ausgestellt wurde, ist diesem nicht zu entnehmen, dass sich die erlittenen Thoraxverletzung sowie deren gesundheitliche Folgen im Falle einer Rückkehr nach Nigeria unmittelbar wesentlich verschlechtern würden – falls die Verletzung, entgegen der unsubstantiierten Angabe des Antragstellers, angesichts dessen, dass sie aus April 2022 stammt und das aktuellste Attest, laut dem die zur Behandlung der Verletzung verwendeten Drahtcerclagen entfernt wurden, auf Oktober 2023 datiert ist, inzwischen nicht ohnehin verheilt ist. Dem Attest ist zu entnehmen, dass die Drahtcerclagen, da sie den Antragsteller störten und er an thorakalen Schmerzen litt, am 31. Oktober 2023 entfernt wurden und der Antragsteller am 2. November 2023 in gutem Allgemeinzustand, frei von Dysponoe und gut schmerzkompensiert entlassen wurde. Abgesehen von dem für den 13. November 2023 vereinbarten Termin zur postoperativen Verlaufskontrolle und Entfernung des nicht absorbierten Nahtmaterials geht aus dem Attest keine Notwendigkeit einer weiteren Behandlung vor. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Verletzung und ihre Folgen durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden finden sich in dem Attest nicht und sind auch sonst nicht ersichtlich.
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Auch die vorgetragenen psychischen Erkrankungen sind nicht ausreichend dargelegt, da die hierzu vorgelegten Nachweise, das fachärztliches Attest vom 20. Oktober 2023 des MVZ für Neurologie, Psychologie und Schmerztherapie W* … sowie der Überweisungsschein vom 15. April 2024, nicht die Anforderungen des § 60a Abs. 2c AufenthG erfüllen.
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Zwar wurde dem Kläger in dem fachärztlichen Attest vom 20. Oktober 2023 des MVZ für Neurologie, Psychologie und Schmerztherapie W* … eine mittelschwere depressive Episode nach ICD F 32.1. sowie der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung nach ICD F 43.1 diagnostiziert. Da eine Verdachtsdiagnose jedoch keine gesicherte Diagnose darstellt, kann hierdurch keine Erkrankung an einer posttraumatischen Belastungsstörung nachgewiesen werden. Soweit darüber hinaus eine mittelschwere depressive Episode diagnostiziert wurde, fehlen die für eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung erforderlichen Angaben auf welcher Grundlage der Arzt zu der Diagnose gelangt ist sowie, ob die von dem Antragsteller geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt wurden. Eine nachvollziehbare Darstellung der Methode der Tatsachenerhebung lässt sich dem Attest nicht entnehmen. Darüber hinaus wurde nicht dargelegt, dass sich die mittelschwere depressive Episode des Antragstellers bei seiner Rückkehr nach Nigeria derart verschlechtern könnte, dass er alsbald gleichsam sehenden Auges mit erheblichen Gefahren für Leib oder Leben bedroht wäre. Dass die dem Kläger attestierten Erkrankungen möglicherweise eine ungünstige Entwicklung nehmen könnten, etwa aufgrund eines niedrigeren Behandlungsniveaus im Heimatland, reicht für ein nationales Abschiebungsverbot nicht aus. Vielmehr geht aus dem Attest hervor, dass sich für eine lebensbedrohliche Gesundheitsverschlechterung kein sicherer Anhalt finde und keine akute Suizidalität vorliege. Soweit ausgeführt wird, bei einem Behandlungsabbruch bestünde das Risiko einer Chronifizierung der ängstlich-depressiven Symptomatik, ist weder ersichtlich, ob sich dies auf die Behandlung der mittelschweren depressiven Episode oder der lediglich vermuteten PTBS bezieht, noch kann dem die notwendige beachtliche Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib und Leben des Antragstellers entnommen werden. Gleiches gilt für die Ausführungen, mit der Abschiebung bestünde das Risiko einer Chronifizierung und Verschlechterung der ängstlich, depressiven Symptomatik, wobei hierbei ferner unklar ist, ob sich der Arzt auf die spezifischen Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung bezieht oder auf Gegebenheiten im Zusammenhang mit der Abschiebung als solcher, welche nicht vom Prüfungsumfang des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG umfasst sind. Ebenso undifferenziert, lediglich auf einer Verdachtsdiagnose beruhend und nicht dem notwendigen Wahrscheinlichkeitsmaßstab entsprechend sind die Ausführungen, dass es eine erhebliche Zunahme der Ängste, insbesondere bzgl. eines erneute Angriffs auf ihn und sein Leben geben werde, was möglicherweise die Chronifizierung einer PTBS durchaus fördern könnte. Soweit in dem Attest darüber hinaus davon ausgegangen wird, dass im Falle von Zwangsmaßnahmen eine Retraumatisierung zu erwarten sei, die zu einer wesentlichen Gesundheitsverschlechterung führen könne, bezieht sich dies einerseits abermals lediglich auf die Verdachtsdiagnose der PTBS, andererseits adressieren die ärztlichen Ausführungen hier erkennbar die Frage der Reisefähigkeit des Antragstellers im weiteren Sinne, die als inlandsbezogenes Abschiebungshindernis nicht der Prüfung der Beklagten im Asylverfahren obliegt und die nicht zu einem zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen kann.
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Durch das fachärztliche Attest vom 20. Oktober 2023 des MVZ für Neurologie, Psychologie und Schmerztherapie W* … wurden die vorgetragenen Erkrankungen des Antragstellers daher nicht ausreichend nachgewiesen.
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Gleiches gilt für den Überweisungsschein vom 15. April 2024. Er stellt bereits keine qualifizierte ärztliche Bescheinigung i. S. d. § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG dar. Ihm ist weder zu entnehmen, ob die aufgeführten Krankheiten diagnostiziert wurden oder lediglich ein Verdacht auf diese besteht, noch enthält er Angaben zum Schweregrad der Erkrankung sowie zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben (§ 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG).
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Nach alldem ist die Vermutung des § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, nicht widerlegt. Es ist keine schwerwiegende oder lebensbedrohliche Erkrankung nachgewiesen, die sich durch die Abschiebung des Klägers nach Nigeria unmittelbar wesentlich verschlechtern würde.
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Ungeachtet des fehlenden qualifizierten Nachweises einer erheblichen Erkrankung i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG weist das Gericht darauf hin, dass sich die medizinische Versorgung in den Haupt- und größeren Städten in Nigeria sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor verbessert hat und zur Behandlung von psychischen Erkrankungen in Nigeria zwar kein mit deutschen Standards vergleichbares Psychiatriewesen besteht, die Behandlung von psychischen Erkrankungen aber grundsätzlich möglich ist, wenn auch die Kostentragung problematisch sein kann (Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Stand 21.12.2023, S. 19; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Nigeria: Behandlung von psychischen Erkrankungen, Auskunft der Länderanalyse, 10.11.2017, S. 2ff.; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Nigeria: Behandlung von Schizophrenie, Asthma bronchiale und Hepatitis B, 18. Januar 2010, S. 2 f.; vgl. VG Augsburg, U.v. 1.7.2022 – Au 9 K 22.30507 – juris Rn. 42; VG München, U.v. 7.3.2024 – M 1 K 22.32268 – juris Rn. 30). Eine Behandlung des Antragstellers in Nigeria erscheint damit im Fall der Bestätigung einer psychischen Erkrankung, insbesondere da nicht ersichtlich ist, dass der Antragsteller arbeitsunfähig wäre und er von seiner Familie unterstützt werden könnte, nicht unerreichbar.
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Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG abzulehnen.