Titel:
Widerruf der Fahrlehrererlaubnis wegen Unzuverlässigkeit
Normenkette:
FahrlG § 1 Abs. 4 S. 1, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, S. 2, § 14 Abs. 2 S. 1
Leitsatz:
Für die Unzuverlässigkeit eines Fahrlehrers sprechen das wiederholte Durchführen von Fahrschulunterricht, ohne im Besitz der Fahrschulerlaubnis zu sein oder in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem Inhaber einer Fahrschule zu stehen und das wiederholte Ausstellen von Ausbildungsbescheinigungen, ohne, dass eine den Anforderungen entsprechende praktische Ausbildung durchgeführt wurde. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Widerruf der Fahrlehrererlaubnis wegen Unzuverlässigkeit aufgrund von Verstößen gegen das Fahrlehrergesetz und die Fahrerlaubnis-Verordnung, Allgemeine Pflichten des Fahrlehrers, Fahrlehrererlaubnis, Widerruf, Unzuverlässigkeit, wiederholte Pflichtverstöße, fehlende Fahrschulerlaubnis, unrichtige Ausbildungsbescheinigungen
Fundstelle:
BeckRS 2024, 17280
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf der Fahrlehrererlaubnis.
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Dem Kläger wurden mit Schreiben vom …1986 die Fahr l e h r e r erlaubnis sowie mit Schreiben vom …2009 die Fahr s c h u l erlaubnis erteilt.
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Mit Bescheid vom 11.1.2016 widerrief das Landratsamt ... (nachfolgend: Landratsamt) die Fahrschulerlaubnis des Klägers wegen Unzuverlässigkeit, nachdem das Finanzamt ... Steuerschulden von über 40.000,00 € nebst weiteren steuerrechtlichen Pflichtverletzungen mitgeteilt hatte. Gegen den Bescheid erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg (Az. RO 5 K 16.1293). In der mündlichen Verhandlung am 28.6.2018 sicherten die Vertreter des Landratsamtes zu, den Vollzug des Bescheids bis zum 31.12.2018 auszusetzen, um dem Kläger die Möglichkeit zu geben, die steuerlichen Probleme auszuräumen, woraufhin der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde.
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Am 27.12.2018 beantragte der Kläger die Aussetzung der Vollziehung um weitere sechs Monate. Ihm wurde bis 31.1.2019 nochmals die Möglichkeit eingeräumt, einen Nachweis zu liefern, der auf seine Zuverlässigkeit schließen lasse, insbesondere einen Beleg für die Tilgung der Steuerschulden. Für den Fall, dass er keinen Nachweis vorlegen könne, wurde er aufgefordert, seine Erlaubnisurkunden bis 31.1.2019 zurückzugeben. Der Kläger legte innerhalb dieser Frist weder weitere Nachweise noch die Erlaubnisurkunden beim Landratsamt vor.
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Am 30.1.2019 informierte das Finanzamt das Landratsamt, dass sich die Abgabeschulden des Klägers auf 238.193,57 € erhöht hätten. In einem Telefonat am 4.2.2019 teilte der Landrat des Landkreises ... dem Kläger laut einer E-Mail vom selben Tag mit, dass ein weiteres Entgegenkommen nicht möglich sei. Mit Schreiben vom 8.2.2019 teilte das Landratsamt ... dem Kläger sodann mit, dass der Vollzug des Bescheids vom 11.1.2016 bis zum 31.12.2018, 31.1.2019 und „schlussendlich bis zum 08.02.2019“ ausgesetzt worden sei, um dem Kläger den Nachweis seiner Zuverlässigkeit zu ermöglichen, das Vorbringen des Klägers aber eine weitere Aussetzung nicht trage. Aus einer E-Mail vom 11.2.2019 über ein Telefonat des Sachbearbeiters mit dem Kläger ergibt sich ferner, dass der Kläger das Schreiben vom 8.2.2019 erhalten habe und ihm nochmals erläutert worden sei, dass keine Aussetzung der Vollziehung mehr möglich sei und dass die Erlaubnisse widerrufen seien, sodass zum künftigen Betrieb einer Fahrschule neue Erlaubnisse beantragt werden müssten sowie, dass die Fahrschule zu schließen und der Betrieb einzustellen sei.
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Der Kläger beantragte sodann mit E-Mail vom 11.2.2019, das Verfahren nach § 51 VwVfG wiederaufzunehmen. Mit E-Mail vom 14.2.2019 wurde er vom Landratsamt in Kenntnis gesetzt, dass keine weiteren Zugeständnisse mehr gemacht werden könnten. Er wurde noch-mals belehrt, dass die Erlaubnisse widerrufen seien und ohne Erlaubnis eine Fahrschule nicht betrieben werden dürfe. In den weiteren Tagen nahm der Kläger hierzu noch wiederholt Stellung und bat um weitere Aufschübe, was mit E-Mail vom 15.2.2019 nochmals abgelehnt wurde.
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Am 25.2.2019 gingen beim Landratsamt ... Schreiben des Klägers, datiert auf den 11.2.2019, ein, mit denen er die Erlaubnisse für die Zweigstellen in O. und S. zurückgab sowie die Wiederteilung der Fahrschulerlaubnis für den Standort S1. und die Wiederteilung von Zweigstellenerlaubnissen für O. bzw. F. jeweils ab dem 1.3.2019 beantragte.
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Der Beklagte teilte dem Kläger sodann mit E-Mail vom 26.2.2019 mit, dass noch nicht alle Erlaubnisse zurückgegeben seien. Dem T. sei bereits mitgeteilt worden, dass der Kläger nicht mehr berechtigt sei, Fahrschüler bei der Führerscheinprüfung vorzustellen. Telefonisch teilte der Kläger laut einem Aktenvermerk vom 26.2.2019 an selbigem Tag mit, dass er derzeit weder theoretischen noch praktischen Fahrunterricht erteile und dass er seine Fahrschüler bereits darüber informiert habe, dass es derzeit keine Fahrausbildung gebe.
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Die Fahrschulerlaubnis und die Zweigstellenerlaubnis für den Standort in F1. gab der Kläger sodann mit Schreiben vom 27.2.2019, beim Beklagter eingegangen am 1.3.2019, zurück.
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Telefonisch teilte der Kläger laut einem Aktenvermerk vom 1.3.2019 an selbigem Tag noch-mals mit, dass er derzeit weder theoretischen noch praktischen Fahrunterricht erteile und dass er seine Fahrschüler bereits darüber informiert habe, dass es derzeit keine Fahrausbildung gebe.
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Das Landratsamt informierte mit Schreiben vom 28.2.2019 und 4.3.2019 die aktuellen Fahrschüler des Klägers, dass bei der Fahrschule derzeit keine Fahrschulausbildung- und Prüfung möglich sei und dass dort auch kein theoretischer bzw. praktischer Unterricht durchgeführt werden dürfe.
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Ab diesem Zeitraum gingen wiederholt Meldungen beim Landratsamt ein, u.a. telefonisch und per E-Mail, wonach der Kläger seine Schüler nicht informiert habe, dass kein Unterricht mehr stattfinde sowie weiter theoretischen und praktischen Fahrschulunterricht und Fahrstunden erteile bzw. Schüler nur um kurze Zeiträume vertröstet habe und Ausbildungsverträge abgeschlossen habe. Einzelne Ausbildungsnachweise bzw. Rechnungen, die entsprechende Fahrstunden von Februar 2019 bis einschließlich Juni 2019 bescheinigen, u.a. vom 11.3.2019, 16.7.2019 und 26.6.2019, lagen dem Landratsamt vor. Die Richtigkeit der ausgestellten Bescheinigungen und Rechnungen, soweit er damit konfrontiert wurde, habe der Kläger bei einer persönlichen Vorsprache beim Landratsamt am 8.4.2019 pauschal bestritten. Rechnungen seien vermutlich falsch ausgestellt worden, die Eltern oder Fahrschüler würden wohl lügen. Ferner übermittelte der Inhaber von A. Fahrschule mit E-Mail vom 10.7.2019 Stellungnahmen dreier Fahrlehrer von A. Fahrschule, die jeweils bestätigten, den Kläger im Juni und Juli 2019 bei der Erteilung von Fahrschulunterricht beobachtet zu haben (zu den Einzelheiten bzgl. der Meldungen etc. vgl. Bl. 284 ff. d. im Verfahren RO 5 K 20.2788 vorgelegten Behördenakte).
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Am 8.4.2019 nahm der Kläger seinen Antrag auf Wiedererteilung der Fahrschulerlaubnis vom 11.2.2019 zurück.
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Mit Schreiben sowie E-Mail vom 13.6.2019 beantragte der Kläger erneut die Wiederteilung der Fahrschulerlaubnis für den Standort S1. und der Zweigstellenerlaubnisse für O. und F. In selbiger E-Mail informierte er, dass er alle Unterlagen und Steuererklärungen beim Finanzamt abgeben habe, die Bescheide berichtigt worden seien, er bereits Zahlungen geleistet habe und für die weiteren Zahlungen die Fahrschulerlaubnis benötige.
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Mit E-Mail vom 20.6.2019 teilte ein Mitarbeiter des T. mit, dass am 19.6.2019 ein Bewerber zur theoretischen Führerscheinprüfung erschienen sei, der angegeben habe, bei der Fahrschule des Klägers ausgebildet worden zu sein. Dieser sei aufgrund der Umstände abgewiesen worden.
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Mit Schreiben vom 2.7.2019 teilte das Finanzamt mit, dass der EuGH nunmehr entschieden habe, dass Fahrschultätigkeit nicht von der Umsatzsteuer befreit sei. Daher seien die Rückstände des Klägers i.H.v. 123.096,38 EUR nunmehr endgültig fällig.
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Mit E-Mail vom 4.7.2019 teilte Frau S3. dem Landratsamt mit, dass der Kläger bei ihr einen Fahrschulraum sowie eine Garage gemietet habe. Außerdem habe er am Vortag praktischen Motorradunterricht erteilt.
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Das Landratsamt ... legte dem Kläger mit Schreiben vom 5.7.2019 eine Rücknahme seines Antrags nahe und hörte ihn mit einem weiteren Schreiben vom gleichen Tag zur beabsichtigten Untersagung des Fahrschulbetriebs gemäß Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG an.
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Am 10.7.2019 nahm der Kläger den Antrag auf Wiedererteilung der Fahrschulerlaubnis zurück und erklärte, dass er das Unternehmen und die Fahrschule zum 15.7.2019 schließen und das Gewerbe abmelden werde.
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Mit Schreiben vom 19.7.2019 teilte der Kläger mit, er habe die Fahrschul- und Zweigstellenerlaubnisse am 28.2.2019 zurückgeschickt und sie bis zu diesem Termin innegehabt. Bis zu diesem Zeitpunkt habe er daher auch theoretischen und praktischen Unterricht erteilt. Ab dem 1.3.2019 sei kein Unterricht mehr durchgeführt worden, habe er jedoch alles Erdenkliche getan, um die Dinge mit dem Finanzamt zu klären. Mitte Mai habe er auf Druck von noch verbliebenen Schülern und Eltern mit theoretischem und praktischem Unterricht wieder begonnen. Er wisse, dass er sich dadurch schuldig gemacht habe. Auch finanzielle Gründe hätten ihn zu diesem Schritt bewegt, er habe mittlerweile seine ganzen Ersparnisse und Geldmittel an das Finanzamt gezahlt und es sei ihm durch die Untersagung der Fahrschulerlaubnis ein erheblicher Schaden von ca. 90.000,00 EUR entstanden.
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Das Landratsamt gab den Sachverhalt in der Folge an die Polizeiinspektion N. weiter.
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Am 5.8.2019 meldete sich Frau K. telefonisch beim Landratsamt und teilte mit, dass ihr Sohn, Herr K., Fahrschüler des Klägers sei. Er habe mit dem Kläger praktischen Unterricht für die Daten 5.8.2019, 6.8.2019 und 7.8.2019 vereinbart, der Unterricht am 5.8.2019 habe bereits stattgefunden. Zudem solle am Mittwoch (7.8.2019, Anm. d. Gerichts) theoretischer Unterricht in O. stattfinden. Am 23.9.2019 teilte Frau K. sodann noch mit, dass an den Kläger auch eine Anzahlung geleistet worden sei, die dieser trotz wiederholter Aufforderung bisher nicht zurückbezahlt habe.
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Mit E-Mail vom 5.8.2019 teilte Herr H. von der Fahrschule H. mit, dass er den Kläger auf dem Beifahrersitz und den Herrn K. auf dem Fahrersitz eines Fahrschulfahrzeuges gesehen habe.
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Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 6.11.2019 sowie 27.1.2020 ließ der Kläger nun-mehr erneut die Wiedererteilung der Fahrschulerlaubnis beantragen und stellte im Wesentlichen darauf ab, dass die hohen Steuerschulden, die die Wurzel der ganzen Thematik seien, einzig auf einer Falschauskunft des damaligen Steuerberaters des Klägers sowie Fehlverhaltens des Finanzamtes in Form nicht gewährter Aussetzung der Vollziehung von Steuerbescheiden beruht hätten sowie auf nicht gewährten weiteren Fristverlängerungen durch das Landratsamt. Zu dem später vereinzelt erteilten Unterricht sei es nur auf Bitten von Fahrschülern bzw. deren Eltern sowie aus finanziellen Nöten gekommen. Auch dies sei im Zusammenhang mit der steuerrechtlichen Problematik sowie nicht gewährten Fristverlängerungen durch das Landratsamt zu sehen. Was den grundsätzlichen Betrieb einer Fahrschule angehe, habe es beim Kläger in zahlreichen turnusmäßigen Überprüfungen nie Beanstandungen gegeben. In Stellungnahmen vom 20.12.2019 sowie 9.1.2020 hierzu legte das Landratsamt eine Rücknahme dieses Antrages nahe.
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Das Finanzamt ... informierte mit Schreiben vom 29.1.2020, dass sich die Steuerschulden aktuell auf 164.462,42 € beliefen.
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Mit Bescheid vom 4.2.2020 wurde der Antrag auf Neuerteilung einer Fahrschulerlaubnis ab-gelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger schon wegen der Nichterfüllung seiner steuerlichen Pflichten unzuverlässig sei. Ein etwaiges (Nicht-)Verschulden dieser Tatsachen spiele keine Rolle. Zudem ergebe sich aus den Ermittlungsakten der Polizeiinspektion N., dass der Kläger nach dem 8.2.2019 Fahrausbildungsverträge abgeschlossen sowie Fahrschulunterricht erteilt habe. Diese Vorwürfe seien durch vorliegende Ausbildungsverträge, Kostenrechnungen, Ausbildungsbescheinigungen und Chatverläufe belegbar und stünden zur Überzeugung des Landratsamtes fest. Es könne den Unterlagen auch entnommen werden, dass der Kläger Ausbildungsbescheinigungen i.S.v. § 31 FahrlG verfälscht habe, damit Fahrstunden, die nach dem 8.2.2019 absolviert wurden, trotzdem anerkannt werden könnten. Auch diese Tatsachen belegten die Unzuverlässigkeit des Klägers.
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Mit E-Mail vom 22.7.2020, mit welcher er ein Schreiben seines Rechtsanwalts bzgl. einer Vereinbarung zum Erlass von Säumniszuschlägen bei Begleichung der Steuerschuld im Übrigen vorlegte, erbat der Kläger erneut die Neuerteilung einer Fahrschulerlaubnis. Mit E-Mail vom 27.7.2020 wurde ihm mitgeteilt, dass unabhängig von der steuerrechtlichen Problematik das Landratsamt aufgrund der zahlreichen Verstöße gegen das Fahrlehrergesetz mittlerweile von der Unzuverlässigkeit des Klägers ausgehe.
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Mit Schreiben vom 22.9.2020 sowie E-Mail vom 24.9.2020 beantragte der Kläger ein weiteres Mal die Wiedererteilung der Fahrschulerlaubnis für den Standort S1. und der Zweigstellenerlaubnis für den Standort O. Das Finanzamt ... teilte mit Schreiben vom 28.9.2020 mit, dass keine Steuerforderungen mehr bestünden und alle Rückstände beglichen seien. Der Kläger habe am 1.9.2020 114.168,42 € gezahlt, die darüberhinausgehenden Säumniszuschläge seien erlassen worden.
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Mit Bescheid vom 14.10.2020 wurde der Antrag vom 22.9.2020 auf Erteilung der Fahrschulerlaubnis abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass zwar die Rückstände beim Finanzamt zwischenzeitlich beglichen worden seien, dass jedoch auch die zahlreichen und erheblichen Verstöße gegen das Fahrlehrergesetz die Unzuverlässigkeit des Klägers begründeten. So habe der Kläger auch nach dem 8.2.2019 nachweislich theoretischen und praktischen Fahrschulunterricht erteilt. Zudem habe er Ausbildungsbescheinigungen verfälscht bzw. das Verfälschen dieser angeboten, um diese rückzudatieren und diesen hierdurch Anerkennung zu verschaffen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründung des Bescheids Bezug genommen.
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Gegen den Bescheid des Landratsamtes vom 14.10.2020 ließ der Kläger mit Schriftsatz vom 16.11.2020 Klage erheben (Az. RO 5 K 20.2788). Zugleich ließ er einen Antrag nach § 123 VwGO stellen (Az. RO 5 E 20.2787).
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Im November 2020 wurden laut zweier Aktenvermerke zwei weitere Vorfälle beim Landratsamt angezeigt, wonach der Kläger im Oktober bzw. November 2020 erneut Fahrschulunterricht erteilt bzw. dies angeboten habe.
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Mit Beschluss vom 29.12.2020 lehnte das VG Regensburg den Antrag nach § 123 VwGO auf vorläufige Neuerteilung der Fahrschulerlaubnis ab. Der Kläger habe bereits keinen Anordnungsanspruch glaubhaft machen können, da ganz erhebliche Tatsachen gegen seine Zuverlässigkeit sprächen. Ferner sei auch kein durchgreifender Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden, der eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertige.
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Im April 2021 wurde dem Landratsamt ... ein weiterer Fall angezeigt, in dem der Kläger theoretischen und praktischen Fahrschulunterricht erteilt habe, ohne im Besitz einer Fahrschulerlaubnis gewesen zu sein oder in einem Beschäftigungsverhältnis mit einer lizensierten Fahrschule gestanden zu haben. Ausweislich zweier Ausbildungsnachweise vom 23.3.2020 und 26.3.2020 habe der Kläger im Zeitraum vom 22.1.2020 bis zum 16.3.2020 dem Schüler B1., dem Sohn seiner Nichte, insgesamt 16 Doppelstunden theoretischen sowie 22 Stunden einstündigen praktischen Fahrschulunterricht zur Erlangung der Fahrerlaubnisklasse A1 erteilt. Abgeschlossen worden sei die Fahrschulausbildung bei B2. Fahrschule. Dazu habe der Fahrschüler weitere Fahrstunden bei B2. Fahrschule erhalten und sei dann unter Vorlage u.a. der Ausbildungsnachweise, die vom Kläger unterzeichnet worden seien, zur theoretischen und praktischen Prüfung beim T. in W. vorgestellt worden (vgl. hierzu auch die im Verfahren RO 5 K 21.1756 vorgelegten Behördenakten, Bl. 72 ff.).
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Mit Schreiben vom 24.6.2021 wurde der Kläger vom Landratsamt im Verwaltungsverfahren zu diesem Sachverhalt und zum beabsichtigten Widerruf seiner Fahrlehrererlaubnis angehört. Hierzu nahm er mit Schreiben vom 14.7.2021 Stellung. Der Kläger führte dort im Wesentlichen aus, die Ausbildung sei nach Absprache mit dem Inhaber von B2. Fahrschule, Herrn B3., für diese Fahrschule erfolgt.
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Daraufhin holte das Landratsamt eine schriftliche Stellungnahme des Herrn B3. vom 30.7.2021 ein. Diese wich erheblich von den Schilderungen des Klägers ab. Es habe insbesondere keinerlei Absprache zwischen dem Kläger und Herrn B3. gegeben. Auf die Stellungnahme wird verwiesen.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 13.8.2021 hat der Beklagte sodann auch die Fahrlehrerlaubnis des Klägers widerrufen und die Anordnung für sofort vollziehbar erklärt. Der Bescheid lautet wie folgt:
„1. Die Fahrlehrererlaubnis des Herrn … […] wird mit Wirkung ab Zustellung dieses Bescheides widerrufen.
2. Der Fahrlehrerschein des Herrn … ist dem Landratsamt ... nach Erlöschen der Fahrlehrererlaubnis innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides zurückzugeben.
3. Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 wird angeordnet.
4. Falls Herr … seiner Verpflichtung nach Ziffer 2 dieses Bescheides nicht fristgerecht nachkommt, wird ein Zwangsgeld i.H.v. 500,00 EUR zur Zahlung fällig.
5.1 Herr … hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
5.2 Für diesen Bescheid wird eine Gebühr von 175,00 EUR zur Zahlung fällig.“
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Zur Begründung wird dort ausgeführt, der Kläger besitze nicht die erforderliche Zuverlässigkeit zur Ausübung des Fahrlehrerberufes, weshalb die Fahrlehrererlaubnis gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 FahrlG zu widerrufen gewesen sei. Nach letztgenannter Vorschrift sei Voraussetzung der Erteilung der Fahrlehrererlaubnis unter anderem die Zuverlässigkeit, wobei ein Bewerber insbesondere dann unzuverlässig sei, wenn er wiederholt Pflichten gröblich verletzt habe, die ihm nach dem FahrlG oder den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen oblägen. Fahrlehrer hätten die Fahrschule gewissenhaft auszubilden, § 12 Abs. 1 Satz 1 FahrlG. Der Kläger habe seit dem Entzug seiner Fahrschulerlaubnis bzw. ab dem 9.2.2019 in mehreren Fällen und über einen längeren Zeitraum ohne eigene Fahrschulerlaubnis und ohne Beschäftigungsverhältnis bei einer lizenzierten Fahrschule Fahrschüler auf eigene Rechnung ausgebildet, um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen. Dabei seien mehrere Fahrschüler, die auf die Integrität des Klägers als Fahrlehrer bzw. Fahrschulbetreiber vertraut hätten, in monetärer und zeitlicher Hinsicht geschädigt worden. Besonders schwer wiege der erst im Jahr 2021 bekannt gewordene Fall betreffend Herrn B1. Wohlwissend, dass die Unterrichtsstunden nicht anerkannt werden dürften, sei es Herrn B1. durch verschiedene Täuschungshandlungen ermöglicht worden, die Fahrerlaubnisklasse A1 bei B2. Fahrschule unter Anerkennung der widerrechtlich erteilten Unterrichtstunden abzuschließen. So seien der Fahrschule B4. die von Herrn … ausgestellten Ausbildungsnachweise vorgelegt worden, damit die Fahrstunden seitens der Fahrschule anerkannt würden. Durch sein Vorgehen habe der Kläger mehrere Verstöße gegen § 1 Abs. 4 FahrlG und § 12 Abs. 1 Satz 1 FahrlG begangen. Aufgrund der wiederholten und schweren Pflichtverstöße mit teils weitreichenden Folgen stehe die Unzuverlässigkeit des Klägers zur Überzeugung des Landratsamtes fest. Auch unter Berücksichtigung von Art. 12 Abs. 1 GG sei der Widerruf der Fahrlehrererlaubnis gerechtfertigt. Es handele sich bei der Voraussetzung der Zuverlässigkeit um eine subjektive Voraussetzung der beruflichen Betätigung. Die dadurch an den Fahrlehrer gestellten Anforderungen seien eine zulässige Beschränkung der freien Berufswahl, weil sie durch das große Interesse der Allgemeinheit an der Verkehrssicherheit gerechtfertigt und angesichts dieses Schutzzwecks auch nicht unverhältnismäßig seien.
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Datierend vom 2.9.2021 hat der Kläger gegen diesen Bescheid Klage erheben lassen und einen Antrag im vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Der gegenständliche Bescheid sei rechtsfehlerhaft. Die Begründung, soweit auf die vermeintlich illegale Ausbildung von Fahrschülern seit dem 9.2.2020, das Verfälschen von Ausbildungsbescheinigungen etc. abgestellt werde, sei völlig unsubstantiiert, es würde dem Kläger lediglich pauschalisiert der Inhalt der Ermittlungsakten vorgehalten. Der Kläger sei aber bisher nicht strafrechtlich verurteilt, daher gelte die Unschuldsvermutung. Im Hinblick auf die Ausbildung des Herrn B1. in der Führerscheinklasse A1 sei der Sachverhalt ebenfalls anders, als dargestellt. Herr B1. sei der Sohn der Nichte des Klägers. Diese habe den Kläger gebeten, ihren Sohn auszubilden. Da dem Kläger bekannt gewesen sei, dass er keine Fahrschulerlaubnis mehr besitze und daher Herrn B1. auch nicht selbst ausbilden könne, habe er sich mit der Fahrschule B4. in Verbindung gesetzt und Herrn B3. gefragt, ob dieser Herrn B1. bei B2. Fahrschule anmelden könne und ob er, der Kläger, Herrn B1. bei der Fahrschule B4. als Fahrlehrer ausbilden dürfe. Herr B3. habe sich damit ausdrücklich einverstanden erklärt. Daraufhin sei Herr B1. ganz offiziell bei der Fahrschule B4. angemeldet worden. Der Kläger habe Herrn B1. sodann, wie vereinbart, den erforderlichen Theorie- und Praxisunterricht erteilt. Herr B3. habe noch sechs zusätzliche Praxisstunden mit Herrn B1. absolviert und diesen anschließend persönlich zur Prüfung vorgestellt. Den Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis für Herrn B1. beim Landratsamt ... habe ebenfalls die Fahrschule B4. gestellt. Auch alle erforderlichen Unterlagen für den T. seien von der Fahrschule B4. eingereicht worden. Der Fahrschule B4. sei die Situation des Klägers vollumfänglich bekannt gewesen. Im März 2021 habe Herr B3., in Kenntnis der Situation, vom Kläger gefordert, dass ein Ausbildungsvertrag gemacht werden müsse, sonst könne er Herrn B1. nicht zu Theorieprüfung anmelden. Herr B1. sei dann von der Fahrschule B4. beim T. zur Prüfung vorgestellt worden. Er sei vom Landratsamt zur praktischen Fahrprüfung zugelassen worden und habe diese bestanden. Auch die Ausbildungsbescheinigungen für die theoretische und praktische Prüfung seien nicht vom Kläger ausgestellt worden, sondern von der Fahrschule B4. Die Behauptung, der Kläger habe unter Angabe falscher bzw. unter Verschweigen wesentlicher Tatsachen gegenüber der Fahrschule B4. letztlich gegenüber dem T. veranlasst, dass Herr B1. widerrechtlich zugelassen worden sei, sei falsch. Herr B4. sei vollumfänglich über die Situation informiert gewesen. Auch die Behauptung, Herr B3. habe mehrfach die Beschäftigungsversuche des Klägers abgelehnt, sei unzutreffend. Erst nachdem der Kläger nach Absprache die Theoriestunden sowie die praktischen Fahrstunden durchgeführt habe, habe Herr B3. den Kläger aufgefordert, die von ihm erteilten Unterrichtsstunden zu bescheinigen. Hierbei habe der Kläger Herrn B3. nochmals auf die bestehende Situation aufmerksam gemacht und insoweit seine Bedenken geäußert, ob er selbst überhaupt Unterrichtstunden bestätigen könne. Herr B3. habe dem Kläger geantwortet, dass er dies nur für seine Unterlagen benötige. Daraufhin habe der Kläger die Unterrichtstunden bestätigt. Im Übrigen läge Unzuverlässigkeit auch deshalb nicht vor, weil der Kläger sich während seiner Zeit als Fahrlehrer, beginnend bei der Bundeswehr bereits im Jahr 1983 sowie anschließend als Inhaber einer Fahrlehrererlaubnis im Jahr 1986, im Hinblick auf seine Fahrlehrertätigkeit nichts habe zuschulden kommen lassen. Zu den hiesigen Problemen sei es ausschließlich aufgrund der bekannten Umstände betreffend die Probleme mit dem Finanzamt ... gekommen. Auch unter Berücksichtigung von Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz könne dem Kläger die Fahrlehrererlaubnis nicht entzogen werden. Mit Schreiben vom 8.9.2021 teilte die Klägerseite noch mit, dass sich der Kläger zu keinem Zeitpunkt seit dem 9.2.2019 in einem Angestelltenverhältnis als Fahrlehrer befunden habe.
39
Der Kläger lässt beantragen,
der Bescheid des Beklagten vom 13.8.2021, zugestellt am 17.8.2021, Az. …, wird aufgehoben.
40
Der Beklagte lässt beantragen,
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Über die Begründung im Bescheid hinausgehend trägt das Landratsamt insbesondere vor, dass der Kläger nunmehr selbst eingeräumt habe, seit dem 9.2.2019 niemals in einem Beschäftigungsverhältnis als Fahrlehrer gestanden zu haben. Selbst, wenn es eine Absprache zwischen dem Kläger und Herrn B3. gegeben haben sollte, was lediglich die Klägerseite behaupte, entspreche eine lose Absprache nicht der Qualität eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 1 Abs. 4 FahrlG. Das Beschäftigungsbehältnis diene dazu, dass ein Fahrlehrer von einem zuverlässigen Fahrschulbetreiber überwacht und angeleitet werden könne, um die ordnungsgemäße Ausbildung der Schüler sicherzustellen (§ 29 Abs. 1 FahrlG). Der Beklagte habe ferner erst im Frühjahr 2021 von den Vorfällen betreffend Herrn B1. Kenntnis erlangt. Dem Beklagten sei hierdurch bewusstgeworden, dass der Kläger selbst nach den umfassenden Ermittlungen wegen des Leistungsbetruges weiterhin Unterricht ohne Erlaubnis erteilt habe. Nach alledem bestehe kein Zweifel mehr an dessen Unzuverlässigkeit.
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Der Kläger lässt hierauf erwidern, dass die Ausbildung des Herrn B1., entgegen der Einlassungen der Beklagtenseite und des Herrn B3., gemäß der Absprache erfolgt sei, wie sie bereits im Frühjahr 2020 getroffen worden sei. Bereits nach dem endgültigen Entzug der Fahrschulerlaubnis habe der Kläger dem Herrn B3. im Frühjahr 2019 mitgeteilt, dass ihm die Fahrschulerlaubnis entzogen worden sei. Der Kläger habe sodann bereits im Jahr 2019 mehrere Fahrschüler an Herrn B3. vermittelt. Im Frühjahr 2020 sei dann zwischen dem Kläger und Herrn B3. eine Zusammenarbeit dahingehend vereinbart worden, dass der Kläger im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses bei der Fahrschule des Herrn B3. einigen Fahrschülern Unterricht erteilen würde. Dies ergebe sich letztlich sogar aus den Angaben, welche Herr B3. gegenüber dem Landratsamt gemacht habe. Dort zitiere Herr B3. eine WhatsApp Nachricht des Klägers vom 23.9.2020 wie folgt:
„Servus, ich melde folgende Fahrschüler bei dir zum Führerschein an. S4. geb. …1 zur Aufstiegsklasse A2. B1. geb. …2 zur Klasse A1. B5. …3 zur Klasse B196. Die restlichen Daten sende ich dir per Mail.
Wegen dem Beschäftigungsverhältnis noch mal, ich zahle dir die komplette [sic!] Kosten für die Anmeldung bei der Knappschaft und sonstige anfallenden Kosten. Wenn die 3 fertig sind kannst du mich sofort wieder abmelden.“
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Ferner zitiere er eine Nachricht des Klägers vom 26.11.2020 wie folgt:
„Servus, kannst du mir den Ausbildungsvertrag und den Fahrschulwechsel von B1. an meine Mailadresse schicken, damit Sie ihn unterschreiben können. Mail: …“.
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Hinsichtlich des Beschäftigungsverhältnisses hätten der Kläger und Herr B3. vereinbart, dass sich Herr B3. um die Einzelheiten des Beschäftigungsverhältnisses kümmern werde und er diesbezüglich auch Kontakt mit dem Landratsamt Y. aufnehmen werde. Gemäß den Vereinbarungen mit dem Herrn B3. habe der Kläger sodann am 24.11.2020 Herrn B1. als Prüfling beim T. W. angemeldet. Ferner habe der Kläger am 4.11.2020 den Führerscheinantrag für Herrn B1. bei der Führerscheinstelle ... eingereicht. Bezüglich der Eintragung des Herrn B1. als Prüfling von B2. Fahrschule beim T. W. von 24.11.2020 habe Herr B3. auch eine entsprechende Benachrichtigung durch den T. erhalten, dass Herr B1. bei seiner Fahrschule angemeldet worden sei. Im Übrigen sei nochmals darauf hinzuweisen, dass der Kläger trotz des anhängigen Strafverfahrens als zuverlässig anzusehen sei. Dies ergebe sich auch daraus, dass in der Vergangenheit bei den turnusgemäßen Überprüfungen durch die Regierung der Oberpfalz niemals sein Verhalten als Fahrlehrer beanstandet worden sei. Ferner habe der Kläger sich auch bei den Fällen, in welchen nunmehr wegen Leistungsbezug ermittelt werde, nicht persönlich bereichert. Er habe gegenüber den Fahrschülern in erster Linie Ausbildungsunterlagen abgerechnet. Ferner seien Zuwiderhandlungen nur über wenige Wochen erfolgt. Nach alledem sei der Widerruf nicht gerechtfertigt.
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Den Eilantrag lehnte das VG Regensburg mit Beschluss vom 11.11.2021 ab, einer hiergegen gerichteten Beschwerde gab der BayVGH statt und stellte die aufschiebende Wirkung im Hinblick auf den Widerruf der Erlaubnis mit Beschluss vom 14.2.2022 wieder her, wobei der BayVGH im Wesentlichen auf den Konflikt zwischen der sofortigen Vollziehbarkeit des Widerrufs und Art. 12 Abs. 1 GG abstellte sowie die Tatsache, dass die dem Kläger zur Last gelegten Umstände in erster Linie seine Tätigkeit als Fahrschulinhaber, nicht als Fahrlehrer, beträfen. Ferner führte der BayVGH aus, dass hinsichtlich des Sofortvollzuges abzuwarten sei, ob der Druck des anhängigen Hauptsacheverfahrens nicht für sich genommen ausreichen würde, um weiteres Fehlverhalten für die Dauer des Gerichtsverfahrens zu verhindern. Auf beide Beschlüsse wird verwiesen.
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Mit Schriftsatz vom 2.2.2022 legte die Klägerseite eine mit Bescheid vom 10.1.2022 erteilte Fahrschulerlaubnis für die Fahrschule … GmbH mit verantwortlichem Leiter Herrn …4 vor. Geschäftsführer dieser GmbH seien der Kläger sowie dessen Ehefrau. Da der Kläger zu … % Gesellschafter dieser GmbH sei und, da für ihn als Geschäftsführer grundsätzlich die gleichen Voraussetzungen verlangt würden wie für den Inhaber einer Fahrschule, belege dies, dass sogar das Landratsamt ... offenbar davon ausgehe, dass der Kläger die für die Erteilung der Fahrschulerlaubnis erforderliche Zuverlässigkeit besitze. Auch deshalb sei es nicht nachvollziehbar, wenn das Landratsamt dem Kläger die Fahrlehrererlaubnis nun entziehen wolle. Ohne diese könne der Kläger auch nicht in der Fahrschule … GmbH als Fahrlehrer tätig werden.
47
Mit Anklageschrift vom …2020 wurde gegen den Kläger Anklage zum Amtsgericht ... wegen des Vorwurfs des Betruges in 8 Fällen erhoben wegen des Abschlusses von Fahrschulverträgen, ohne im Besitz einer Fahrschulerlaubnis zu sein. Mit Urteil vom …2022 wurde der Kläger des Betruges in 8 Fällen schuldig gesprochen und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung (Bewährungszeit: 3 Jahre) ausgesetzt wurde. Gegen das Urteil legte der Kläger mit Schriftsatz vom …2022 Berufung ein. Die Berufungshauptverhandlung fand am …2022 statt. In dieser beschränkte der Kläger seine Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch. Mit Urteil vom …2022 wurde sodann das Urteil des Amtsgerichts ... vom …2022 im Rechtsfolgenausspruch dahingehend abgeändert, dass der Kläger zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu jeweils 35,00 EUR verurteilt und im Übrigen die Berufung verworfen wurde. Auf die Strafakten wird wegen der Einzelheiten verwiesen.
48
Mit Beweisbeschluss vom 13.9.2023 hat das Verwaltungsgericht die Vernehmung des Herrn B3., Inhaber B2. Fahrschule, als Zeuge beschlossen.
49
In der mündlichen Verhandlung am 15.11.2023 beantragte der Kläger die Verlegung des Termins, da sein Rechtsanwalt kurzfristig das Mandat niedergelegt habe, er aber auf jeden Fall eine anwaltliche Vertretung in Anspruch nehmen wolle. Diesem Antrag gab das Gericht statt. Ferner erklärte der Kläger in diesem Termin, dass er derzeit als angestellter Fahrlehrer in der Fahrschule … GmbH tätig sei. Dies funktioniere ohne Zwischenfälle, jedoch begehre er weiterhin die Erteilung der persönlichen Erlaubnis, da ihm diese bspw. ermögliche, in mehr Klassen auszubilden. Die Beklagtenseite führte hierzu aus, dass es im Rahmen dieser Tätigkeit keine dem Landratsamt bekannten negativen Vorfälle seit der Entscheidung des BayVGH gegeben habe.
50
Mit Schriftsatz vom 18.12.2023 erläuterte das Landratsamt zudem, dass die Erlaubnis für die Fahrschule … GmbH – mit dem Kläger als Geschäftsführer – deshalb erteilt worden sei, weil der Maßstab hier ein anderer sei, als bei der persönlichen Erlaubnis. Das liege daran, dass die GmbH einen verantwortlichen Leiter habe, der nicht der Kläger sei, der im fahrschulrechtlichen Sinne zuverlässig sei. Vom Kläger als Geschäftsführer sei daher nur eine einfache gewerberechtliche Zuverlässigkeit zu verlangen gewesen. Auf den Schriftsatz wird im Übrigen verwiesen.
51
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten in dem hiesigen Verfahren sowie in den Verfahren RO 5 K 16.16.1293, RO 5 K 20.2788, RO 5 E 20.2787 und RO 5 S 21.1755, die das Gericht beigezogen hat, verwiesen, außerdem auf die beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft A., Az. …, sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten. Verwiesen wird außerdem auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.11.2023 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.1.2024, dort insbesondere bzgl. der Vernehmung des Zeugen B3.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat keinen Erfolgt. Der Widerruf der Fahrlehrererlaubnis in Ziffer 1 des Bescheides nach §§ 14 Abs. 2 Satz 1, 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 FahrlG ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Auch im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig.
53
1. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 FahrlG ist die Fahrlehrererlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich eine der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2, 3 und 4 genannten Voraussetzungen weggefallen ist. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 wird die Fahrerlaubnis dann erteilt, wenn gegen den Bewerber keine Tatsachen vorliegen, die ihn für den Fahrlehrerberuf als unzuverlässig erscheinen lassen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 FahrlG liegt Unzuverlässigkeit i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 FahrlG insbesondere dann vor, wenn der Bewerber bzw. Erlaubnisinhaber wiederholt die Pflichten gröblich verletzt hat, die ihm nach diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen obliegen. Entfällt nach alledem nachträglich die Zuverlässigkeit, so ist die Fahrlehrererlaubnis zu widerrufen.
54
Der Begriff der Unzuverlässigkeit beinhaltet eine Prognoseentscheidung, d. h., dass die Zuverlässigkeit dann nicht mehr gegeben ist, wenn der Betroffene nach dem Gesamtbild seines Verhaltens keine Gewähr für eine künftige ordnungsgemäße Ausübung seiner Tätigkeit und eine gewissenhafte Erfüllung seiner gesetzlichen Pflichten bietet (BayVGH, B. v. 28.1.2013 – 11 CS 12.1965 – BeckRS 2013, 47535, Rn. 19). Dabei ist zu beachten, dass an die Zuverlässigkeit als Fahrlehrer und an die Zuverlässigkeit als Fahrschulinhaber unterschiedliche Voraussetzungen zu stellen sind, die von den konkreten Anforderungen an die jeweilige Tätigkeit abhängen (BayVGH, B. v. 19.10.2021 – 11 CS 21.1967 – BeckRS 2021, 33551, Rn. 26; BayVGH, B. v. 28.1.2013 – 11 CS 12.1965 – BeckRS 2013, 47535, Rn. 21). Der Pflichtenkreis eines Fahrlehrers ist enger zu ziehen als der des Fahrschulinhabers. Ihm fehlen die gewerberechtlichen Bezüge der Pflichten eines Fahrschulinhabers, der Pflichtenkreis ist ausschließlich berufsbezogen. Die Verpflichtungen eines Fahrlehrers betreffen u.a. die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausbildung der Fahrschüler sowie seine Vorbildsfunktion, vgl. § 12 FahrlG (BayVGH, B. v. 28.1.2013 – 11 CS 12.1965 – BeckRS 2013, 47535, Rn. 21; VG München U. v. 10.10.2006 – M 16 K 06.2051 – BeckRS 2006, 32288).
55
2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Klägers hinsichtlich der Fahrlehrererlaubnis ist aufgrund der hier vorliegenden Anfechtungssituation und in Ermangelung einer anderslautenden Regelung im materiellen Recht der Zeitpunkt des Bescheidserlasses (BayVGH, B. v. 28.1.2013 – 11 CS 12.1965 – BeckRS 2013, 47535, Rn. 26; B.v. 14.2.2022 – 11 CS 21.2961 – BeckRS 2022, 3131, Rn. 12), mithin der 13.8.2021.
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3. Zur Überzeugung des Gerichts besitzt der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt nicht die für die Erteilung der Fahrlehrererlaubnis erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 FahrlG.
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Für die Unzuverlässigkeit des Klägers sprechen das wiederholte Durchführen von Fahrschulunterricht, ohne im Besitz der Fahrschulerlaubnis zu sein oder in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem Inhaber einer Fahrschule zu stehen, § 1 Abs. 4 FahrlG, das wiederholte Ausstellen von Ausbildungsbescheinigungen nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) im Rahmen der Mofa-Ausbildung, ohne, dass eine den Anforderungen von § 5 Abs. 2 Satz 3 FeV i.V.m. Anlage 1 FeV entsprechende praktische Ausbildung durchgeführt wurde, die Tatsachen im Zusammenhang mit der Ausbildung des Herrn B1. sowie das allgemeine Verhalten des Klägers gegenüber Behörden, Fahrschülern etc., das er im Rahmen des jahrelang andauernden Verwaltungsverfahrens und Gerichtsverfahrens gezeigt hat.
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a) Nicht zur Last zu legen sind dem Kläger die Steuerschulden sowie die weiteren steuerrechtlichen Verstöße, die im Jahr 2016 zum Entzug der Fahrschulerlaubnis geführt haben und die der Kläger im September 2020 vollständig ausgeräumt hat. Ohnehin spricht vieles dafür, dass diese Tatsachen nur im Rahmen der Beurteilung der Zuverlässigkeit bzgl. der Fahrschulerlaubnis, d.h. der gewerbebezogenen Zuverlässigkeit, überhaupt von Bedeutung sein könnten. Unabhängig davon ist es dem Kläger zugutezuhalten, dass diese Steuerschulden zumindest teilweise auf unglücklichen Umständen aufgrund der damaligen unsicheren Rechtslage bzgl. der Umsatzsteuerpflicht von Fahrschulen beruht haben (vgl. hierzu BFH, Vorlagebeschluss .v. 16.3.2017 – V R 38/16 – BeckRS 2017, 118191; Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 3.10.2018 – C-449/17 – BeckRS 2018, 23684; EuGH, U. v. 14.3.2019 – C-449/17 – curia.europa.eu) und dass er diese Steuerschulden in der Zwischenzeit unter erheblichem finanziellen Einsatz getilgt hat.
59
b) Darüber hinaus ist dem Kläger im Rahmen der Fahrlehrererlaubnis nicht die Verurteilung durch das Amtsgericht ... einschließlich der Berufungsentscheidung durch das Landgericht A. wegen Leistungsbetrugs zur Last zu legen. Die zugrundeliegenden Betrugstaten wurden beim Abschluss von Fahrschulverträgen begangen. Der Abschluss solcher Verträge betrifft ausschließlich die Tätigkeit als Fahrschulbetreiber, nicht die als Fahrlehrer.
60
Selbiges gilt für das Ausstellen von Ausbildungsbescheinigungen, ohne hierzu berechtigt zu sein, nachdem die damit im Zusammenhang stehenden Verpflichtungen den Fahrschulbetreiber treffen (vgl. § 31 Abs. 1 FahrlG), nicht den Fahrlehrer.
61
c) Gegen die Zuverlässigkeit des Klägers spricht zunächst in erheblichem Ausmaß die Durchführung von Fahrschulunterricht und somit das Gebrauch machen von der Fahrlehrererlaubnis, ohne im Besitz der Fahrschulerlaubnis zu sein und ohne in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem Inhaber einer Fahrschule zu stehen, § 1 Abs. 4 Satz 1 FahrlG wobei es sich um gröbliche Pflichtverletzungen i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 FahrlG handelt. Ab Februar 2019 hat der Kläger, wie sich auch aus den umfangreichen Akten des Landratsamtes und der Staatsanwaltschaft eindeutig ergibt, mehrfach theoretischen und praktischen Fahrschulunterricht erteilt, obwohl ihm dies, wie er wusste, ab 9.2.2019 nicht mehr erlaubt war. Der Sachverhalt, der der Verurteilung zugrunde liegt, steht für das Gericht, so wie er im Strafverfahren festgestellt wurde, fest. Hierauf hat das Gericht die Klägerseite in der mündlichen Verhandlung vom 8.1.2024 hingewiesen. Von der Klägerseite wurden insoweit keine Einwände vorgebracht. Auch im Übrigen belegen die umfangreichen Akten eindeutig die Durchführung des Unterrichts.
62
Hierdurch hat der Kläger wiederholt Pflichten gröblich verletzt, die ihm nach dem FahrlG obliegen. So bedarf nach § 17 Abs. 1 Satz 1 FahrlG derjenige, der als selbstständiger Fahrlehrer Fahrschüler ausbildet, der Fahrschulerlaubnis und, korrespondierend dazu, darf von der Fahrlehrererlaubnis nach § 1 Abs. 4 Satz 1 FahrlG nur zusammen mit der Fahrschulerlaubnis oder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem Inhaber einer Fahrschule Gebrauch gemacht werden. Beide Vorschriften dienen im Zusammenspiel der Überwachung der Integrität, Korrektheit etc. der Fahrschulausbildung. So muss derjenige, der von seiner Fahrlehrererlaubnis zum Ausbilden von Schülern Gebrauch macht, entweder selbst die Fahrschulerlaubnis beantragen und hierbei seine Zuverlässigkeit nachweisen und mithin auch den Umstand, dass er keiner weiteren Überwachung, Anleitung etc. durch einen Vorgesetzten mehr bedarf. Tut er dies nicht, so darf er von seiner Fahrlehrererlaubnis nur Gebrauch machen, wenn er in einem Beschäftigungsverhältnis mit dem Inhaber einer Fahrschule steht. Dieser ist dann abschließend verantwortlich dafür, Sorge zu tragen, dass die Fahrschulausbildung korrekt von statten geht. Die einzelnen Pflichten, die der Fahrschulinhaber hier hat, regeln §§ 29 ff. FahrlG, bspw. die Sicherstellung der gewissenhaften Ausbildung der Fahrschüler (§ 29 Abs. 1 Satz 1 FahrlG i.V.m. § 12 FahrlG), die Anleitung und Überwachung der angestellten Fahrlehrer (§ 29 Abs. 1 Satz 2 FahrlG), das Instandhalten der Ausbildungsräume (§ 29 Abs. 1 Satz 3 FahrlG) etc. Ferner hat der Fahrschulinhaber dafür Sorge zu tragen, dass die Ausbildungsnachweise korrekt ausgefüllt werden (§ 31 Abs. 1 Satz 3 FahrlG). Nur durch das Einhalten der oben genannten Regelungen (Innehaben einer eigenen Fahrschulerlaubnis oder Beschäftigung beim Inhaber einer Fahrschulerlaubnis) ist sichergestellt, dass all die genannten und die weiteren gesetzlichen Aufgaben, die der Fahrschulinhaber zu beachten hat, von einer zuverlässigen Person verlässlich durchgeführt werden. Setzt sich eine Person über diese umfangreichen Regelungen hinweg und wird als Fahrlehrer tätig, ohne sich diesem Regelungsregime zu unterwerfen, so spricht dies dafür, dass sie sich auch ansonsten nicht an die ihr obliegenden Regeln und Pflichten halten wird und mithin gegen die Zuverlässigkeit i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 FahrlG. Dass es sich insoweit um Pflichten handelt, die originär auch den Fahrlehrer selbst treffen, folgt aus § 1 Abs. 4 Satz 1 FahrlG. Dies folgt aber auch aus allgemeinen Erwägungen. Die o.g. Vorschriften dienen der Integrität, Qualität etc. der Ausbildung (s.o.), welche auch den Kern der Fahrlehrertätigkeit betreffen.
63
d) Gegen die Zuverlässigkeit des Klägers spricht es ferner auch, dass er ausweislich der Ermittlungsakten der Polizeiinspektion N. wiederholt Ausbildungsbescheinigungen im Rahmen der Ausbildung zum Mofa-Führerschein ausgestellt hat, ohne den hierfür erforderlichen gesetzlichen Mindestunterricht von einer 90-minütigen Doppelstunde erteilt zu haben. Hierbei handelt es sich um Verstöße gegen § 5 Abs. 2 Satz 3 FeV i.V.m. Anlage 1, Ziffer 2.1 FeV. Insoweit handelt es sich nach dem Wortlaut nicht um Pflichten i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 2 FahrlG, jedoch offenkundig um Tatsachen, die geeignet sind, die Zuverlässigkeit i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 FahrlG in Frage zu stellen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 Satz 3 FeV, wo gerade ausdrücklich eine Verpflichtung an den Fahrlehrer gesetzlich festgelegt wird („Der Fahrlehrer darf die Ausbildungsbescheinigung nur ausstellen, wenn er eine Ausbildung durchgeführt hat, die den Mindestanforderungen der Anlage 1 entspricht“).
64
Im Fall des Herrn D. hat der Kläger ausweislich der Zeugenaussage des Vaters, Herrn D., bei der Polizeiinspektion N. dem Fahrschüler zunächst mitgeteilt, die praktischen Doppelstunden seien nicht verpflichtend und nur die theoretische Ausbildung durchgeführt. Die Ausbildung wurde im Anschluss bei einer anderen Fahrstunde beendet. Im Fall der Frau D1. hat der Kläger ausweislich der Zeugenaussage deren Mutter, Frau D1., vor der Polizeiinspektion N. ausgeführt, die praktischen Fahrstunden müssten nicht abgeleistet werden. Es sei uncool, mit dem Mofa durch S1. zu fahren. Bei einer späteren Bitte um Durchführung des praktischen Unterrichts habe er dann ausgeführt, das Wetter sei nun schon zu schlecht. Gleichwohl bescheinigte der Kläger die Durchführung der Ausbildung. Die Tochter, D1., habe sich nach Kauf eines Mofa-Rollers nicht getraut, diesen selbst heimzufahren. Die Mutter habe ihr das Fahren selbst beibringen müssen. Auch im Fall der Z. hat der Kläger laut deren Aussage die Bescheinigung erteilt, ohne den Unterricht erteilt zu haben. Auch auf wiederholte Nachfrage dieser hat er den Unterricht nicht durchgeführt. Frau Z. führte hierzu bei der PI N. aus: „Am Anfang war ich mit dem Mofa-Roller auch ziemlich vorsichtig. Mein Freund ist deshalb bei meiner ersten Fahrt mit seinem Auto vorausgefahren. Ich hatte das erste Mal eine scheiß Angst, denn ich bin ja bis dahin nur immer mit dem Fahrrad gefahren.“ Ferner führte Frau Z. noch aus, dass auch ihre beste Freundin, S5., die gleichen Probleme gehabt habe. Sie habe ebenfalls die Mofa Prüfbescheinigung erhalten, ohne die Fahrstunden erhalten zu haben.
65
Die dargelegten Verstöße stehen zur Überzeugung des Gerichts fest. Zunächst sind die hierzu vorliegenden, voneinander unabhängigen schriftlichen Zeugenaussagen kohärent, schlüssig und geben ein nachvollziehbares Bild ab. Zudem hat der Kläger hierauf unter Nennung der konkreten Namen in der mündlichen Verhandlung angesprochen mit großem Unverständnis reagiert. Es sei gängige Praxis, dass diese Doppelstunden teilweise nicht durchgeführt würden und lächerlich, dass ausgerechnet ihm dies nun vorgeworfen werde. Das machten alle Fahrschulen. Bei Überwachungen durch die Regierung sei er nie beanstandet worden. Durch diese Äußerung hat der Kläger die Nicht-Erteilung des Unterrichts eingeräumt und die Bedeutung der Vorfälle bagatellisiert und herabgespielt.
66
Nach Ansicht des Gerichts sprechen diese Vorfälle erheblich gegen die Zuverlässigkeit des Klägers als Fahrlehrer. Es ist vom Gericht nicht beurteilbar, ob es sich um „gängige Praxis“ handelt, oder nicht. Das spielt auch keine Rolle. Begangenes Fehlverhalten kann nicht damit gerechtfertigt werden, dass auch andere dieses Fehlverhalten zeigen. Die zentrale Aufgabe des Fahrlehrers ist es, seine Fahrschüler ordnungsgemäß und gewissenhaft auszubilden, dafür Sorge zu tragen, dass diese eigenverantwortlich und sicher am Straßenverkehr teilnehmen können und ihnen die hierfür notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Verhaltensweisen zu vermitteln (vgl. § 12 FahrlG). Ausdrücklich legt der Gesetzgeber insoweit Mindeststandards fest (vgl. Anlage 1 Ziffer 2.1 FeV). Dies dient der Sicherheit des Straßenverkehrs und somit dem Schutz von Leben, Gesundheit und Eigentum aller Personen, die an selbigem teilnehmen. Nach Ansicht des Gerichts stellt das Unterlassen dieser Mindestausbildung in jedem Kontext einen erheblichen Verstoß dar. Umso schwerer wiegt der Verstoß aber hier, wo aufgrund zweier schriftlicher Zeugenaussagen belegt ist, dass der Kläger Schülerinnen nicht ausgebildet hat, die explizit hierum gebeten haben, weil sie sich nicht in der Lage sahen, ohne praktische Anleitung mit dem Mofa am Straßenverkehr teilzunehmen. Es ist nicht hinzunehmen, dass die Schülerinnen sich nicht trauten, nach abgeschlossener Ausbildung eigenständig am Straßenverkehr teilzunehmen, von den Eltern weiter ausgebildet werden mussten oder zunächst mit einer „scheiß Angst“ am Straßenverkehr teilnehmen mussten. Diese Tatsachen sprechen nach Ansicht des Gerichts erheblich gegen die Zuverlässigkeit des Klägers, umso mehr, weil er insoweit in der mündlichen Verhandlung keinerlei Einsicht gezeigt hat (s.o.) und weil sie den Kernbereich der Tätigkeit des Fahrlehrers – die korrekte Ausbildung der Schüler – betreffen.
67
e) Darüber hinaus hat der Kläger über die bisherigen Ausführungen hinaus nochmals in außergewöhnlich hohem Maße gegen § 1 Abs. 4 Satz 1 FahrlG verstoßen, indem er von 22.1.2020 bis 16.3.2020 dem Herrn B1. 16 Theoriedoppelstunden und 22 Praxisstunden erteilt hat, obwohl er zu diesem Zeitpunkt weder selbst im Besitz einer Fahrschulerlaubnis war, noch bei einer Fahrschule angestellt war, dies alles ca. 1 Jahr nach endgültigem Verlust seiner Erlaubnis und unter dem Eindruck des bereits seit Sommer 2019 laufenden Ermittlungsverfahrens.
68
Der Kläger hat diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung seinen schriftsätzlichen Vortrag im Wesentlichen wiederholt. Die Ausbildung habe er als Gefallen für seine Nichte übernommen, er habe deren Sohn kostenlos ausbilden wollen. Die Ausbildung sei mit dem Inhaber von B2. Fahrschule, Herrn B3., von Anfang an abgesprochen gewesen. Dieser habe auch lange gewusst, dass der Kläger keine Erlaubnis mehr gehabt habe. Den Führerscheinantrag des Herrn B1., der ausdrücklich B2. Fahrschule bezeichnete, habe er selbst nach Rücksprache mit Herrn B3. beim Landratsamt abgegeben.
69
Die Schilderungen des Herrn B3., wegen derer Einzelheiten nochmals auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen wird, weichen hiervon erheblich ab. Zur Überzeugung des Gerichts hat sich die Ausbildung dabei im Wesentlichen so zugetragen, wie von Herrn B3. in der mündlichen Verhandlung geschildert.
70
Ausweislich der vom Kläger selbst ausgestellten Ausbildungsnachweise vom 23.3.2020 und 26.3.2020 hat dieser im Zeitraum vom 22.1.2020 bis zum 16.3.2020 dem Schüler B1. insgesamt 16 Doppelstunden theoretischen sowie 22 Stunden praktischen Fahrschulunterricht zur Erlangung der Fahrerlaubnisklasse A1 erteilt. Mit Schreiben vom 24.11.2020 hat er für den Herrn B1. beim Landratsamt ... einen Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis in der Klasse A1 gestellt. Am 3.3.2021 hat Herr B1. einen Ausbildungsvertrag bei B2. Fahrschule abgeschlossen und nach einigen weiteren Stunden die Fahrerlaubnisprüfung abgelegt und den Führerschein erhalten. Diese Daten ergeben sich aus den Akten. Darüber hinaus hat der Kläger, hiervon ist das Gericht aufgrund der Aussage des Herrn B3. überzeugt, ab August 2020, d.h. bereits nach Durchführung des Unterrichts, mehrmals versucht, zunächst telefonisch, dann per WhatsApp, die Ausbildung des Herrn B1. durch Mithilfe des Herrn B3. nachträglich durch Schließen einer dahingehenden Absprache zu „legalisieren“. Die telefonische Kontaktaufnahme Anfang August war die erste Kontaktaufnahme des Klägers mit Herrn B3. in dieser Sache, ein vorheriger Kontakt hat zur Überzeugung des Gerichts nicht stattgefunden.
71
Herr B3. hat die Anfragen des Klägers jedoch durchgehend abgelehnt. Es gab für den Kläger zu keinem Zeitpunkt den Anlass dazu, davon auszugehen, dass Herr B3. mit seinem Vorgehen einverstanden war. Ferner gibt es keinerlei Belege dafür, dass der Kläger vor August 2020, d.h. insbesondere vor Beginn der Ausbildung des Herrn B1. im Januar 2020, auf den Herrn B3. auch nur zugegangen ist, oder dass dieser bereits zu diesem Zeitpunkt von den behördlichen Schwierigkeiten des Herrn … wusste. Nach alledem steht es zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger den Herrn B1. zunächst ausgebildet hat und in der Folge versucht hat, dies durch eine Absprache mit Herrn B3. ins Lot zu bringen. Herr B3. hat dies jedoch abgelehnt und stattdessen auf eine förmliche Anmeldung des Herrn B1. in seiner Fahrschule bestanden. Im Rahmen dieser Ausbildung bei seiner Fahrschule hat er sich dann Bescheinigungen für den bisher geleisteten Unterricht vorlegen lassen, nicht wissend, dass dieser Unterricht illegal erteilt worden war. Nach Durchführung einiger weiterer Stunden, die er u. A. durchgeführt hat, um sich selbst von den Fähigkeiten des Herrn B1. zu überzeugen, hat er diesen dann zur Prüfung vorgestellt.
72
All dies steht zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund der Aussage des Herrn B3. Dieser ist für das Gericht zunächst glaubwürdig. Es ist keinerlei Veranlassung erkennbar, aufgrund derer der Herr B3. den Herrn … ohne Grund belasten und sich hierbei selbst dem Risiko einer strafrechtlichen Sanktion aussetzen würde. Ferner hat der Zeuge in der mündlichen Verhandlung einen ruhigen, aufgeräumten und sachlichen Eindruck hinterlassen. Seine Aussage ist ferner glaubhaft. Sie wurde ruhig vorgetragen, es waren keine Widersprüche ersichtlich. Auch erweckte der Zeuge nie den Eindruck, sich zu rechtfertigen, sondern schien stets nur sachlich und nachvollziehbar die tatsächlichen Umstände zu berichten. Seine Aussagen deckten sich auch mit den Angaben der Vertreter des Landratsamts zum allgemeinen Ablauf einer Fahrausbildung. Ferner gab der Zeuge auch an, wenn er sich an bestimmte Umstände oder Inhalte nicht mehr erinnern konnte. Viele seiner Aussagen stützte der Zeuge zudem auf telefonische bzw. WhatsApp-Kontakte mit dem Kläger, wobei er sich hier auch Zeit nahm, um die Informationen in seinem Telefon nachzulesen und dann bspw. Datumsangaben mitzuteilen, die auch mit Daten übereinstimmten, die bereits im schriftlichen Verfahren vorgetragen waren. Zudem räumte der Zeuge ohne jegliche Rechtfertigungen oder Ausflüchte Widersprüche bzw. missverständliche Angaben ein und korrigierte diese, wie bzgl. des erstmaligen Kontaktes mit dem Kläger, der einige Tage vor der WhatsApp-Kontaktaufnahme im August 2020 telefonisch stattgefunden hat.
73
Durch die Ausbildung des Herrn B1. hat der Kläger nach Ansicht des Gerichts in besonderem Maße seine Unzuverlässigkeit dargelegt. So hat er im Zeitraum von Januar bis März 2020, unter dem Eindruck des laufenden Strafverfahrens und in dem Wissen, dass seine berufliche Zukunft auf Messers Schneide stand, den Herrn B1. umfangreich theoretisch und praktisch ausgebildet und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem es keine nachweisliche Korrespondenz mit Herrn B3. gegeben hat. Später hat er dann versucht, diese Ausbildung nachträglich zu „legalisieren“, jedoch keine Einigung mit Herrn B3. erzielen können. Gleichwohl hat er für den Herrn B1. einen Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis gestellt und hierbei B2. Fahrschule als Ausbildungsfahrschule angegeben. Auch hat er trotz all dieser Umstände, anstatt jedenfalls zu diesem Zeitpunkt die Ausbildung einzustellen und gegenüber dem Herrn B3. oder jedenfalls dem Herrn B1. reinen Tisch zu machen, Ausbildungsbescheinigungen für den Fahrschulwechsel für den Herrn B1. ausgestellt und diese dem Herrn B3. übergeben lassen und auf diese Weise in Kauf genommen, dass dessen Ausbildung auf Unterricht basiert, der nicht hätte erteilt werden dürfen. Als Folge dessen ist es im Jahr 2021 dann auch zu einer behördlichen Überprüfung der damals schon erteilten Fahrerlaubnis des Herrn B1. gekommen. Die Fahrerlaubnis wurde in diesem Zusammenhang jedoch nicht aufgehoben.
74
Soweit der Kläger dies mit einer Absprache mit Herrn B3. rechtfertigen will, ist dies (s.o.) nicht überzeugend. Letztlich hat der Kläger auch eingeräumt (so auch bereits schriftsätzlich im Vorfeld der mündlichen Verhandlung), dass nie ein Beschäftigungsverhältnis zu Herrn B3. bestanden habe. Alleine dies stellt vor dem Hintergrund der gesetzlichen Verpflichtung in § 1 Abs. 4 Satz 1 FahrlG einen erheblichen Verstoß dar. Alleine deshalb durfte der Kläger nicht zur Ausbildung des Herrn B1. von seiner Fahrlehrererlaubnis Gebrauch machen, selbst wenn es eine lose Absprache gegeben haben sollte, wovon das Gericht nicht ausgeht (s.o.). Selbst im für den Kläger günstigsten Fall, dass es tatsächlich eine lose Absprache gegeben haben sollte, läge ein Verstoß gegen § 1 Abs. 4 Satz 1 FahrlG vor. Das Gericht geht aber davon aus, dass der Kläger lediglich bemüht war, später eine Vereinbarung mit Herrn B3. herbeizuführen. Anzeichen dafür, dass es eine solche gab, gibt es nicht.
75
Durch diese Vorfälle hat der Kläger erneut im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 FahrlG Pflichten gröblich verletzt, die ihm nach dem Fahrlehrergesetz obliegen, indem er erneut Unterricht in erheblichem Ausmaß erteilt hat, obwohl er dies, wie er sehr genau wusste, nicht mehr durfte (vgl. §§ 1 Abs. 4 Satz 1 FahrlG). Auch insoweit handelt es sich um erhebliche Pflichtverletzungen im Hinblick auf die Berufspflichten des Fahrlehrers (s.o.).
76
f) Zusätzlich kommt für die Annahme einer Unzuverlässigkeit für den Fahrlehrerberuf nach Ansicht des Gerichts die Verletzung sonstiger, sich nicht unmittelbar aus dem FahrlG ergebender Pflichten in Betracht, die den Betroffenen als Fahrlehrer treffen. Der Kläger steht als Fahrlehrer in einem besonderen Vertrauens- und Autoritätsverhältnis zu seinen Fahrschülern. Kraft dieses Verhältnisses müssen sich seine Fahrschüler bei der Ausbildung in seine Obhut begeben. Dieses Verhältnis ist davon geprägt, dass sich die Schüler der fachlichen und persönlichen Autorität des Lehrers soweit unterwerfen muss, als dies zur Erzielung eines Lernerfolges geboten ist. Der Fahrlehrer nimmt dabei auch die Rolle eines Vorbilds ein. Er ist erwachsener Ansprechpartner während der Zeit des Erwerbs der Fahrerlaubnis und befindet sich insbesondere während der praktischen Fahrstunden gemeinsam mit dem Schüler auf engstem Raum, typischerweise ohne die Anwesenheit weiterer Personen.
77
Das Verhalten des Klägers zeigt, dass er nicht in der Lage ist und auch prognostisch zukünftig nicht sein wird, diese Rolle entsprechend auszufüllen. Er hat theoretischen und praktischen Fahrschulunterricht erteilt, obwohl er wusste, dass er dies ohne Fahrschulerlaubnis oder Beschäftigungsverhältnis nicht durfte. Er hat dabei seinen Fahrschülern ebenso wie Behörden gegenüber unwahre Angaben gemacht bzw. Tatsachen verschwiegen. Er hat seine Schüler des Weiteren immer wieder hingehalten und sie so im zeitlichen Ablauf des Führerscheinerwerbs beeinträchtigt. Insbesondere vorzuwerfen ist ihm, dass er in dem Bewusstsein, dass die von ihm ausgestellten Ausbildungsnachweise gegebenenfalls nicht anerkannt werden, Unterricht erteilt hat. Das Gericht hält im Hinblick auf die charakterliche Geeignetheit des Klägers für die Tätigkeit des Fahrlehrers zudem für bedeutsam, dass er Fahrschüler dazu angehalten hat, rückdatierte Rechnungen und Nachweise zur Erlangung der Fahrerlaubnis zu verwenden bzw. anzunehmen. Dies betrifft, anders als das bloße Ausstellen solcher Bescheinigungen (s.o.), nicht nur die Tätigkeit als Fahrschulinhaber, sondern die Gewährleistung der Integrität und Rechtmäßigkeit der Ausbildung, die auch vom Fahrlehrer verlangt werden muss. Der Kläger hat bei seiner Tätigkeit Umgang mit jungen Menschen; hierbei ist es angesichts seiner Vorbildfunktion als Lehrer besonders wichtig, dass er Rechtstreue, Ehrlichkeit und Integrität an diese weitergibt. Durch sein Verhalten hat er außerdem die Vermögensinteressen der ihm anvertrauten Fahrschüler zumindest gefährdet und das in ihn gesetzte Vertrauen gröblich verletzt. Letztlich hat der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung keinen insoweit geläuterten oder einsichtigen Eindruck hinterlassen. Diese Punkte erschweren den Eindruck der Unzuverlässigkeit nochmals.
78
Unter Gesamtabwägung aller aufgezählten Punkte kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht zuverlässig im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 FahrlG ist.
79
Dem Kläger ist dabei zugute zu halten, dass er seine Fahrlehrertätigkeit über viele Jahre ordnungsgemäß ausgeführt hat. Auch erkennt das Gericht an, dass die Verstöße, die sich unmittelbar nach dem 8.2.2019 abspielten, in einer Phase stattfanden, die für den Kläger eine existenzielle Krise darstellte. Ferner hat der Kläger die Vermögensschäden, die im Rahmen der Betrugstaten entstanden sind, zurückgezahlt.
80
Demgegenüber steht jedoch, dass der Kläger bereits im Jahr 2019 mit einer enormen Beharrlichkeit immer und immer wieder gegen das Fahrlehrergesetz verstoßen hat. So hat er von Februar bis August 2019 wiederholt entgegen § 1 Abs. 4 FahrlG Fahrschulunterricht erteilt. In diesem Zusammenhang ist es zu seinen Lasten auch zu berücksichtigen, dass er laufend Behörden aber auch Schüler und deren Eltern vertröstet und immer wieder hingehalten hat, womit er seiner Vorbildrolle nicht gerecht geworden ist und die Integrität der jeweiligen Ausbildung wiederholt gefährdet hat, ferner die Schüler zeitlich und finanziell (wenn dies auch kompensiert wurde) geschädigt hat.
81
Ferner, und das wiegt nach Ansicht des Gerichts besonders schwer, hat er es in mehreren Fällen und trotz ausdrücklicher Bitten unterlassen, den verpflichtenden Mofa-Praxisunterricht zu erteilen und es dadurch in Kauf genommen, dass Personen am Straßenverkehr teilnehmen, die sich hierzu selbst nicht in der Lage sahen und die hierdurch eine erhebliche Gefahr für sich selbst und den übrigen Straßenverkehr darstellten. Höchst verwerflich ist es aus Sicht des Gerichts insbesondere, dass der Kläger nach dem Eindruck, den er in der mündlichen Verhandlung hinterlassen hat, bis heute keinerlei Schuldbewusstsein entwickelt hat, sondern sich vielmehr auf den Standpunkt gestellt hat, dass dies eben gängige Praxis sei und dass dies jeder so mache. Hierdurch hat er belegt, dass seine eigenen Interessen ihm wichtiger sind, als die seiner Fahrschüler und Fahrschülerinnen.
82
Darüber hinaus wiegt äußerst schwer der Vorgang B1. Der Kläger wusste sehr genau, dass er Anfang 2020 unter keinen Umständen mehr Fahrschulunterricht erteilen durfte und dass er unter besonderer Beobachtung stand. Gleichwohl hat er im Januar, Februar und März 2020 dem Herrn B1. 16 Doppelstunden theoretischen sowie 22 Stunden praktischen Fahrunterricht erteilt. Hierdurch hat er mehr als deutlich gemacht, dass er auch zu diesem Zeitpunkt den Ernst der Lage nicht verstanden hatte und auch zu diesem Zeitpunkt der Ansicht war, er könne alles im Nachhinein zurechtbiegen.
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Die Gesamtabwägung all dieser Punkte führt dazu, dass das Gericht dem Kläger keine positive Prognose im Hinblick auf seine Zuverlässigkeit ausstellen kann. Es ist insoweit zunächst noch einmal der hier relevante Maßstab hervorzuheben. Es geht nicht darum, den Kläger für Vergangenes zu sanktionieren. Hierfür sind die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte verantwortlich. Die hier zu treffende Entscheidung hat sich alleine mit der Frage zu beschäftigen, ob der Kläger sich in Zukunft an Recht und Gesetz und insbesondere die ihm als Fahrlehrer obliegenden Pflichten halten wird. Diese Prognose kann nach allen dargelegten Punkten nicht positiv ausgehen. Der Kläger ist daher als unzuverlässig i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 FahrlG anzusehen.
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Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten. Das Gericht ist sich unter Berücksichtigung von Art.12 Abs. 1 GG der einschneidenden Wirkung bewusst, die der Entzug der Fahrlehrererlaubnis für den Kläger hat. Er ist … Jahre alt und war in seinem gesamtem Berufsleben, soweit aus den Akten ersichtlich, fast ausschließlich im Rahmen der Ausbildung von Fahrschülern tätig. Aktuell bestreitet er seinen Lebensunterhalt als angestellter Fahrlehrer für die Fahrschule … GmbH. Ohne die Fahrlehrererlaubnis wird ihm dies nicht mehr möglich sein. Ferner, wie auch der BayVGH im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ausgeführt hat, spielt sich die Lehrtätigkeit im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich unter anderen Bedingungen ab und müsste der Kläger in der Zukunft seine Lehrtätigkeit nicht mehr verbergen. Gleichwohl erachtet das Gericht den Widerruf nicht als unverhältnismäßig. Der Kläger hat in erheblichstem Ausmaß Pflichten verletzt, die ihm als Fahrlehrer obliegen und dabei seine eigenen Interessen über die ordnungsgemäße Ausbildung seiner Schüler und die Sicherheit des Straßenverkehrs gestellt. Dies belegen insbesondere die Vorfälle im Zusammenhang mit der Mofa-Ausbildung. Auch hat er, wie der Sachverhalt B1. belegt, aus den Vorfällen im Jahr 2019 nichts gelernt, sondern weiter unredlich gehandelt und ist auch bis heute nicht in der Lage, insoweit vollständige Einsicht und Reue zu zeigen. Entscheidend kann es dem Kläger hier auch nicht zugutegehalten werden, dass er die begangenen Pflichtverletzungen im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses jedenfalls teilweise nicht wiederholen kann. Dieses Argument greift nach Ansicht des Gerichts schon deshalb nicht durch, weil nach dem bisherigen Verhalten des Klägers bereits nicht feststeht, dass er nur in einem Beschäftigungsverhältnis tätig werden wird. Denn viele der ihm zur Last gelegten Verstöße beruhen gerade darauf, dass er tätig geworden ist, ohne in einem solchen zu stehen. Er hat also das Regelungssystem umgangen, dass nach der zitierten Entscheidung dafür sorgen soll, dass er sich an die Regeln hält. Es mag sein, dass dies aufgrund der nun vorliegenden Verhältnisse (Anstellung in der Fahrschule … GmbH) unwahrscheinlicher geworden ist, auszuschließen ist dies nach Ansicht des Gerichts nach dem bisherigen Verhalten des Klägers aber nicht.
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Vor diesem Hintergrund sieht sich das Gericht auch unter Berücksichtigung von Art. 12 Abs. 1 GG und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht dazu in der Lage, dem Kläger eine positive Prognose auszustellen bzw. den Widerruf der Erlaubnis für rechtswidrig zu erachten. In diesem Zusammenhang ist schließlich noch zu erwähnen, dass § 14 Abs. 2 Satz 1 FahrlG eine gebundene Entscheidung vorsieht, der Gesetzgeber also die Entscheidung getroffen hat, dass dem unzuverlässigen Fahrlehrer in aller Regel die Erlaubnis zu entziehen ist. Im Gewerberecht gilt insoweit der Grundsatz, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende (gebundene) Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen kann (vgl. BVerwG, B.v. 19.1.1994 – 1 B 5.94 – BeckRS 1994, 31221391; BayVGH, B.v. 24.10.2012 – 22 ZB 12.853 – BeckRS 2012, 59757). Dies dürfte jedenfalls entsprechend auch hier gelten. Anhaltspunkte für einen derart extremen Ausnahmefall sind aber nicht ersichtlich.
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4. Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids. Die Verpflichtung zur Rückgabe der Fahrlehrererlaubnis folgt aus § 14 Abs. 4 FahrlG. Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung und der Kosten wird auf den Bescheid verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
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Daher war die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708, 711.