Inhalt

VG München, Urteil v. 11.01.2024 – M 27 K 23.30252
Titel:

Erfolglose Klage gegen die Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unzulässig (Jordanien)

Normenketten:
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
AsylG § 30, § 36 Abs. 1
RückführungsRL Art. 5
Leitsatz:
Eine besondere ausländerrechtliche Relevanz der Offensichtlichkeitsentscheidung, die im Hinblick auf die absolute Titelerteilungssperre nach § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ein berechtigtes Aufhebungsinteresse begründen könnte, liegt nicht vor, wenn die Entscheidung nicht auf § 30 Abs. 3 Nr. 1 bis Nr. 6 AsylG gestützt wird, sondern auf § 30 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG, sodass es an einem Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage isoliert gegen diese Entscheidung fehlt. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylrecht, Herkunftsland: Jordanien, Entlassung aus dem Militär, Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche, Ausreise aufgrund bevorstehendem Strafprozess und entgegen Ausreisesperre (unglaubhaft), Keine isolierte Aufhebung einer Offensichtlichkeitsentscheidung ohne ausländerrechtlich absolute Titelerteilungssperre, Keine Aufhebung einer abgelaufenen verkürzten Ausreisefrist, Offensichtlichkeitsentscheidung, isolierte Anfechtungsklage, Rechtsschutzbedürfnis
Fundstelle:
BeckRS 2024, 1693

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen.
II.    Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.    Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der 30-jährige Kläger, jordanischer Staatsangehöriger arabischer Volks- und islamischer Religionszugehörigkeit, begehrt Rechtsschutz hinsichtlich eines Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), mit dem sein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde.
2
Der Kläger in … … geborene und dort auch zuletzt aufhältige Kläger verließ sein Herkunftsland Jordanien nach eigenen, teils widersprüchlichen Angaben zwischen dem ..., flog mit einem Schengenvisum zur Tourismuszwecken über Istanbul in die Niederlande und reiste zwischen dem ... als Mitfahrer in einem Pkw oder per Zug in das Bundesgebiet ein. Er stellte am … … … einen Asylantrag beim Bundesamt.
3
Bei seiner Anhörung nach § 25 AsylG am … … … gab der Kläger im Wesentlichen an, die Kosten für die Reise, etwa 7.500 Dinar, habe die Mutter als Kredit von einer Bank bekommen. Der Kläger habe die Schule mit Abitur abgeschlossen und sich danach freiwillig für 20 Jahre zum Militärdienst verpflichtet. Er sei ab dem 15. April 2012 drei Jahre lang bei einer Panzereinheit und anschließend zwei Jahre lang bei der Grenzkontrolle gewesen; dann sei ihm im Juni 2016 aufgrund des Vorwurfs, im Dienst während einer Autoexplosion mit Todesopfer unangekündigt seinen Posten verlassen zu haben, gekündigt worden. Auf seinen Antrag hin habe er ab November 2017 bis zu seiner endgültigen Kündigung am 23. Oktober 2018 erneut bei einer Panzereinheit gearbeitet. Anschließend habe er – mangels Ausstellung eines Führungszeugnisses – lediglich noch einen Tag in einer Elektrofirma gearbeitet; anschließend habe er nicht mehr gearbeitet. Gefragt zu seinem Verfolgungsschicksal und seinen Asylgründen gab der Kläger im Wesentlichen an, dass er Jordanien verlassen habe, da bei den Behörden neben seinem Namen ein schwarzer Punkt stehe, der bedeute, dass ihn niemand mehr beschäftige. Auf Nachfragen gab er insbesondere an, dass dies seit seiner Entlassung aus dem Militär so sei. Einen offiziellen Grund für die zweite Kündigung habe es nicht gegeben; es sei ein Verzicht auf seine Dienste gewesen. Man brauche für jede Bewerbung ein Führungszeugnis, eine „Kaftara“. Bis zu seiner Ausreise habe er für 5 Dinar am Tag Gemüse transportiert; das reiche aber nur, um Zigaretten zu kaufen. Ein auslösendes Ereignis für die Ausreise im Februar 2022 habe es nicht gegeben; sein Anwalt, der das Visum besorgt habe, habe ihm nur gesagt, dass der Kläger nur einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung habe. Nur einer seiner Brüder arbeite; er sei Soldat und finanziere die ganze Familie. Die anderen suchten sich täglich Gelegenheitsjobs. Bei einer Rückkehr würde er nach seinem Asylvortrag befragt werden. Nach den letzten Angaben seiner Mutter gehe es seiner Familie finanziell schlecht.
4
Mit Bescheid des Bundesamts vom 23. Januar 2023, zugestellt am 1. Februar 2023, wurde der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf Asylanerkennung und auf subsidiären Schutz als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Nr. 1-3). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurde – unter Aussetzung der Abschiebungsandrohung und des Laufs der Ausreisefrist bis zum Ablauf der Klagefrist bzw. bis zur Bekanntgabe einer ablehnenden gerichtlichen Eilentscheidung – zur Ausreise binnen einer Woche nach Bekanntgabe aufgefordert und ihm wurde die Abschiebung nach Jordanien oder in einen anderen Staat angedroht, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist (Nr. 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde angeordnet und auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger erfülle offensichtlich die Flüchtlingseigenschaft nicht. Der pauschale Verweis auf Diskriminierungen im Herkunftsland sei für den Beleg eines Schutzbedarfs nicht ausreichend. Die Entlassung habe offensichtlich keine Strafsanktionen zur Folge gehabt. Der Vortrag zu Einstellungsproblemen nach der Entlassung und der schlechten finanziellen Lage der Familie sei lediglich als wirtschaftliches Motiv einzustufen. Dem Kläger drohe bei einer Rückkehr nach Jordanien auch keine Zuerkennung des subsidiären Schutzes begründender ernsthafter Schaden. Gleichlaufend scheide auch eine Asylanerkennung offensichtlich aus. Auch ein Abschiebungsverbot aus humanitären oder gesundheitlichen Gründen komme für den jungen, erwerbsfähigen und notfalls freiberuflich oder im Rahmen von Gelegenheits- oder Hilfsarbeiten erwerbstätigen, ledigen und nicht unterhaltspflichtigen Kläger mit familiärem Netzwerk in Jordanien nicht in Betracht. Die Aussetzung des Laufs der Ausreisefrist erfolge zur Herstellung unionsrechtskonformer Anforderungen; die Dauer der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sei angemessen.
5
Dagegen hat der Kläger am 6. Februar 2023 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben. Ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wurde nicht gestellt. Der Kläger beantragt sinngemäß,
6
unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamts vom 23. Januar 2023 die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutz zuzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG hinsichtlich Jordaniens bestehen.
7
Die Beklagte beantragt unter Aktenvorlage
8
Klageabweisung
9
und bezieht sich zur Begründung auf die Bescheidsgründe.
10
Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss der Kammer vom 15. November 2023 zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen worden. In der mündlichen Verhandlung am 10. Januar 2024 machte der Kläger bei einer informatorischen Anhörung im Wesentlichen geltend, dass durch die Ausreise gegen ein gegen ihn aufgrund eines noch laufenden Strafverfahrens wegen „Verrats gegen die Pflicht“ im Dienst verhängtes Ausreiseverbot verstoßen habe. Ihm drohe bei Rückkehr Haft und eine Verurteilung von bis zu vier Jahren Gefängnisstrafe. Die Strafverhandlung habe unmittelbar bevorgestanden. Er habe erst mithilfe seines Anwalts am Flughafen ausreisen können; dieser habe dafür unmittelbar 1.000 Dinar verlangt, sodass der Kläger für die Ausreise insgesamt 9.000 Dinar habe zahlen müssen.
11
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Behördenakte sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10. Januar 2024 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.
12
Die Klage hat keinen Erfolg.
13
1. Sie ist hinsichtlich einer isolierten Aufhebung der Offensichtlichkeitsentscheidung und der einwöchigen Ausreisefrist unzulässig.
14
Aufgrund des Vortrags des Klägers in der mündlichen Verhandlung zu Umständen, die für die Prüfung des internationalen Schutzes jedenfalls von Belang sein können (Art. 31 Abs. 8 Buchst. a RL 2013/32/EU – Asylverfahrensrichtlinie), liegt zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keine offensichtliche Unbegründetheit nach § 30 Abs. 1 und 2 AsylG mehr vor.
15
Insoweit besteht für den Kläger jedoch kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Aufhebung des Offensichtlichkeitsverdikts, da sich dadurch keine Verbesserung seiner Rechtsstellung ergäbe.
16
Die im Antrag auf Bescheidsaufhebung enthaltene Anfechtungsklage isoliert gegen die Offensichtlichkeitsentscheidung ist als solche zwar grundsätzlich statthaft (vgl. BVerwG, U. v. 21.11.2016 – 1 C 10.06 – juris Rn. 15 ff.). Eine besondere ausländerrechtliche Relevanz der Offensichtlichkeitsentscheidung, die im Hinblick auf die absolute Titelerteilungssperre nach § 10 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ein berechtigtes Aufhebungsinteresse begründen könnte (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 21 f.), liegt im Fall des Klägers jedoch nicht vor. Denn die Offensichtlichkeitsentscheidung im Bescheid stützt sich nicht auf § 30 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 AsylG, sondern auf § 30 Abs. 1 und 2 AsylG.
17
Eine Verbesserung der Rechtsstellung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die gesetzte einwöchige Ausreisefrist (§ 36 Abs. 1 AsylG). Denn dem Kläger steht trotz abweichender gerichtlicher Beurteilung zur Offensichtlichkeit (nur) in der Hauptsache eine 30-tägige Ausreisefrist nicht zu (vgl. dazu und zu Folgendem ausführlich BVerwG, U.v. 3.4.2001 – 9 C 22.00 – juris Rn. 11 ff. zum Fall einer Ausreisefrist bei einem nach der Hauptverhandlung zulässigen, aber „einfach“ unbegründeten Folgeantrag).
18
Soll bei einer Ablehnung als offensichtlich unbegründet der Ablauf der Ausreisefrist verhindert und der Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung begegnet werden, muss binnen Wochenfrist gegen die Abschiebungsandrohung vorläufiger Rechtsschutz beantragt werden (§ 36 Abs. 4 Satz 1 und 8 AsylG). Geschieht dies nicht, läuft die Ausreisefrist binnen Wochenfrist – europarechtskonform – nach Ablauf der einwöchigen Antragsfrist ab, sodass die Ausreisefrist nach ihrem Ablauf und insbesondere zum späteren maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt der Hauptsache keine nachteiligen Rechtswirkungen mehr für den Kläger entfaltet (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 12). Die als Ausnahmevorschrift anzusehende Regelung in § 37 Abs. 2 AsylG, wonach bei einer Stattgabe im Eilverfahren wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Offensichtlichkeitsentscheidung kraft Gesetzes die 30-tägige Ausreisefrist ab unanfechtbarem Verfahrensanschluss an die Stelle der einwöchigen Ausreisefrist tritt, kann auf das Hauptsacheverfahren, in dem lediglich die Offensichtlichkeitsentscheidung keinen Bestand hätte, nicht übertragen werden. Denn weder während des Hauptsacheverfahrens noch nach dessen rechtskräftigem Abschluss wird die aufenthaltsrechtliche Stellung des Ausländers durch eine vom Bundesamt abweichende Beurteilung der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylbegehrens geändert (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 19). Da die Ausreisefrist der Vorbereitung einer geordneten, freiwilligen Ausreise sowie der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes dient, der Asylbewerber aber bei erfolglosem oder – wie hier – ohne Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz schon vor der Rechtskraft der Hauptsache ausreisepflichtig ist und deshalb jederzeit mit einer Abschiebung rechnen muss, und mit Rechtskraft der Hauptsache auch seine Rechtsschutzmöglichkeiten ausgeschöpft sind, bedarf es auch aus Rechtsschutzgründen bei einer Abweisung der Klage im Übrigen keiner erneuten, verlängerten Ausreisefrist mehr (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 20).
19
2. Die im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Denn abgesehen von der auf § 30 Abs. 1 und 2 AsylG gestützten Offensichtlichkeitsentscheidung ist der Bescheid im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung rechtmäßig und der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, da für ihn ein Anspruch nicht besteht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) und die Abschiebungsandrohung und das Einreise- und Aufenthaltsverbot nicht rechtswidrig sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) oder des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG). Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG bestehen ebenfalls nicht. Gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung und des Einreise- und Aufenthaltsverbots bestehen keine rechtlichen Bedenken.
21
Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird abgesehen. Das Gericht folgt insoweit den Feststellungen und der Begründung im Bescheid (§ 77 Abs. 3 AsylG). Lediglich ergänzend ist auszuführen:
22
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung eine Ausreise aufgrund eines noch laufendes Strafverfahren sowie eine damit zusammenhängende Ausreisesperre schon nicht glaubhaft machen können, sodass dahinstehen kann, inwiefern sich dadurch überhaupt eine relevante Verfolgung oder ein drohender ernsthafter Schaden verwirklichen würde.
23
Damit die Asylberechtigung bzw. die Flüchtlingseigenschaft geprüft werden kann, hat ein Asylbewerber von sich aus einen stimmigen, der Wahrheit entsprechenden, vollständigen und widerspruchsfreien Sachverhalt zu geben (vgl. stRspr. BVerwG, B.v. 20.5.1992 – 9 B 295.91 – juris Rn. 5; U.v. 20.10.1987 – 9 C 147.86 – juris Rn. 16; U. v. 22.3.1983 – 9 C 68.81 – juris Rn. 5). Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist – unter Berücksichtigung der Herkunft, des Bildungsstands und des Alters des Asylsuchenden sowie sprachlicher Schwierigkeiten – ein geeigneter Vortrag, der die in die eigene Sphäre des Asylsuchenden fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen, lückenlos trägt (vgl. BVerwG, B.v. 20.8.1992 – 9 B 295.91 – juris Rn. 5; U.v. 8.5.1984 – 9 C 141.83 – juris Rn. 11). Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht, sein Vorbringen nicht überzeugend auflösbare Widersprüche enthält oder er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert (vgl. BayVGH, U.v. 19.4.2021 – 11 B 19.30575 – juris Rn. 23 m.w.N.; BVerwG, U.v. 8.2.1989 – 9 C 29.87 – juris Rn. 8).
24
Daran gemessen ist der Vortrag des Klägers in der Verhandlung unglaubhaft. Das Vorbringen zum laufenden Strafverfahren sowie zur Ausreisesperre blieb auch auf Nachfragen detailarm, vage und oberflächlich. Die geltend gemachten Umstände stellen eine eindeutige Steigerung zum früheren Vortrag dar. Laut dem Anhörungsprotokoll des Bundesamts ergeben sich aus dem dortigen Vortrag noch nicht einmal Anhaltspunkte für eine unmittelbar bevorstehende Verhandlung in einem Strafprozess oder für Schwierigkeiten bei der Ausreise. Die explizite Nachfrage nach einem ausreiseauslösenden Ereignis wurde verneint. Zudem spricht für eine asyltaktisch motivierte Intensivierung des Vortrags nach der Antragsablehnung durch das Bundesamt auch der Widerspruch hinsichtlich der Kosten der Reise: Wurde beim Bundesamt noch eine Kostenlast von etwa 7.500 Dinar angegeben, gab der Kläger auf entsprechende Nachfrage in der mündlichen Verhandlung Kosten in Höhe von 9.000 Dinar für die Ausreise an, von denen der Anwalt am Flughafen für die Unterstützung 1.000 Dinar verlangt habe.
25
Dem jungen und erwerbsfähigen Kläger, der zuletzt zumindest im Rahmen von Gelegenheitsjobs in Jordanien tätig war und auf familiäre Unterstützung zurückgreifen kann, droht nicht beachtlich wahrscheinlich eine Gefährdung der Existenzsicherung. Gesundheitliche Gründe im Sinne einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde (§ 60 Abs. 7 Satz 1 und 3 AufenthG), wurden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Damit liegen auch zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nicht vor.
26
Es bestehen auch keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Abschiebungsandrohung und des Einreise- und Aufenthaltsverbots. Die Abschiebungsandrohung ist im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden. Belange im Sinne des Art. 5 RL 2008/115/EG, die bei der Abschiebungsandrohung als Rückkehrentscheidung zu berücksichtigen wären, wurden nicht vorgetragen und sind beim kinderlosen, ledigen und gesunden Kläger auch sonst nicht ersichtlich. Somit ist auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 30 Monate mangels erkennbarer Besonderheiten ermessensfehlerfrei (vgl. BVerwG, U.v. 7.9.2021 – 1 C 47.20 – juris Rn. 18).
II.
27
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
III.
28
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit sowie die Abwendungsbefugnis folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.