Titel:
sicherheitsrechtliche Anordnung, Haltung gefährlicher Tiere (hier: Tiger), Tiere im Wanderzirkus, Notwendigkeit einer Erlaubnis
Normenketten:
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3
LStVG Art. 37 Abs. 1
Schlagworte:
sicherheitsrechtliche Anordnung, Haltung gefährlicher Tiere (hier: Tiger), Tiere im Wanderzirkus, Notwendigkeit einer Erlaubnis
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 22.11.2022 – Au 8 K 22.377
Fundstelle:
BeckRS 2024, 16938
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung wendet sich die Beklagte gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 22. November 2022, mit dem dieses ihren Bescheid vom 18. Januar 2022 aufgehoben hat. Mit diesem Bescheid hatte die Beklagte gegen den Kläger, einen Zirkus-Dompteur, ein unbefristetes Haltungsverbot für die fünf von ihm gehaltenen Tiger ausgesprochen und ihn verpflichtet, die Tiger bis 21. Januar 2022 an einen geeigneten Halter abzugeben und hierüber einen Nachweis vorzulegen; ferner wurden Zwangsmittel (Zwangsgelder, Ersatzvornahme) angedroht.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich nicht die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) noch besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (2.) und auch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (3.).
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestünden nur dann, wenn die Beklagte im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – juris Rn. 17; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16; B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33). Die von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geforderte Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert eine konkret fallbezogene und hinreichend substantiierte Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung; es muss dargelegt werden, dass und weshalb das Verwaltungsgericht entscheidungstragende Rechts- und Tatsachenfragen unrichtig entschieden hat (siehe dazu Roth in Posser/Wolff/Decker, BeckOK VwGO, Stand 1.4.2024, § 124a Rn. 72 f.; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 62 ff.).
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Ernstliche Zweifel in diesem Sinn liegen im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs nicht vor.
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Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung zum einen darauf gestützt, dass der Kläger während seines vorübergehenden Aufenthalts in Bayern keiner Erlaubnis nach Art. 37 LStVG bedurft habe, so dass sich Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 LStVG mangels einer Ordnungswidrigkeit, die zu verhindern oder zu unterbinden sei, nicht als taugliche Rechtsgrundlage für die Haltungsuntersagung und Abgabeanordnung erweise. Eine Erlaubnispflicht nach Art. 37 Abs. 1 LStVG bestehe erst, wenn die Haltung einen als vorübergehend zu bezeichnenden Zeitraum überschreite und eine gewisse Verfestigung vorliege. Im vorliegenden Fall sei aufgrund einer Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls davon auszugehen, dass der gewöhnliche Aufenthalt des Klägers und seiner Tiger außerhalb der Landesgrenzen Bayerns bestehe, so dass keine finale Haltung im Sinn von Art. 37 Abs. 1 LStVG („halten will“) stattfinde.
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Soweit die Beklagte ihre Anordnungen weiter auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 LStVG stütze, habe die Beklagte eine sich aus der behaupteten fehlenden Zuverlässigkeit des Klägers bzw. eine sich den behördlichen Feststellungen ergebende konkrete Gefahr im Sinn von Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG für die Schutzgüter des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, nicht hinreichend dargelegt; eine solche sei auch im Rahmen einer gerichtlichen Gefahrenprognose nicht ersichtlich.
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Letztlich erwiesen sich die verfügten Maßnahmen der Haltungsuntersagung, die Abgabeverfügung und die Nachweispflicht auch als ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig.
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Diese ausführlich und im Hinblick auf alle Umstände des Einzelfalls eingehend begründeten Erwägungen des Verwaltungsgerichts kann die Begründung des Zulassungsantrags nicht durchgreifend in Frage stellen.
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a) Die Beklagte ist zunächst der Meinung, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Erlaubnispflicht der Tigerhaltung durch den Kläger nach Art. 37 LStVG im Stadtgebiet der Beklagten verneint. Es erscheine doch sehr zweifelhaft, dass allein wegen der häufigen Ortswechsel eines Zirkuses keine Verfestigung und damit keine dauerhafte Haltung der wildlebenden Tiere vorliegen solle und damit im Ergebnis die Haltung von Tigern in einem Zirkus keiner Erlaubnis nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG bedürfe, obwohl Tiger dem allgemeinen Kenntnisstand entsprechend eine weitaus höhere Gefährlichkeit für die Allgemeinheit darstellten als etwa die ebenfalls von Art. 37 Abs. 1 LStVG erfassten Hunde. Die in der Kommentarliteratur vertretene Meinung beziehe sich auf Hunde und könne auf andere Tiere wie Tiger nicht übertragen werden, da hier eine dem Art. 18 Abs. 2 LStVG entsprechende Regelung fehle. Demgemäß gehe auch das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern (IMS) vom 24. Februar 2012 (Az. IC2-2531-0) davon aus, dass bei einer Zurschaustellung von gefährlichen Tieren im Zirkus, bei Ausstellungen und bei Vorführungen eine Erlaubnis nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG bei der Gemeinde einzuholen sei, „in der der Tierhalter die gefährlichen Tiere erstmals (wenn auch nur vorübergehend) hält“; die Erlaubnis gelte dann bayernweit.
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Der Beklagten ist dabei zunächst zuzugestehen, dass dieses – für sie als Sicherheitsbehörde, aber nicht für die Gerichte bindende – IMS offenbar generell die Notwendigkeit einer Haltungserlaubnis feststellt, wenn und sobald sich etwa ein Wanderzirkus mit entsprechenden Tieren erstmals in Bayern aufhält. Allerdings definiert auch dieses IMS nicht das „Halten“ eines gefährlichen Tieres, sondern setzt diesen Begriff voraus. Das Verwaltungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass der Begriff der „Haltung“ gesetzlich nicht definiert und sicherheitsrechtlich zu bestimmen ist. Die Kommentarliteratur, auf die ebenfalls bereits das Verwaltungsgericht verwiesen hat, geht davon aus, dass eine Erlaubnispflicht nicht bereits bei einem nur vorübergehenden Aufenthalt eines gefährlichen Tiers besteht. Art. 37 LStVG schütze vor Gefahren, die aus einer dauerhaften Haltung eines gefährlichen Tiers vor Ort resultieren; eine Erlaubnispflicht bestehe erst dann, wenn die Haltung einen als vorübergehend zu bezeichnenden Zeitraum überschreite (Luderschmid in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG-Komm., Stand August 2018, Art. 37 Rn. 42). Die Anwendung des Art. 37 LStVG sei abhängig von der Absicht eines verfestigten Aufenthalts des Tieres im Hoheitsgebiet des Freistaats Bayern (Schwabenbauer in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand 1.3.2024, LStVG Art. 37 Rn. 64c). In diesem Sinn wird ein Zeitraum von vier bis sechs Wochen als noch vorübergehend angesehen (Luderschmid, a.a.O., Rn. 42; Schwabenbauer, a.a.O., Rn. 64d). Dieser Ansicht folgt nunmehr auch, für die Beklagte als Sicherheitsbehörde bindend, das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration in seinem Schreiben (IMS) vom 17. Februar 2023 (Az. C2-2116-4-26) betreffend die „Zurschaustellung von gefährlichen Tieren im Zirkus, bei Ausstellungen und bei Vorführungen“, das das IMS vom 24. Februar 2012 ersetzt hat. Hier ist ausgeführt, dass es einer Erlaubnis nach Art. 37 LStVG nicht für kurzfristige und vorübergehende Aufenthalte bedürfe. Zielrichtung des Art. 37 LStVG sei der Schutz vor den Gefahren, die aus der dauerhaften Haltung eines gefährlichen Tieres vor Ort resultierten. Von einem Halten der Tiere sei dann auszugehen, wenn sich ein Tier für einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum in Bayern aufhalte. Entscheidend seien dabei die Umstände des Einzelfalls und die Zielsetzung des Aufenthalts; ein Aufenthalt von vier bis sechs Wochen sei hier noch als vorübergehend anzusehen. Ebendiese Rechtsauffassung hat auch das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vertreten.
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Die Beklagte kann hier nicht einwenden, dass diese Auslegung des Haltens nur im Fall von Kampfhunden gerechtfertigt sei, nicht aber bei sonstigen gefährlichen Tieren, weil für letztere eine dem Art. 18 Abs. 2 LStVG entsprechende Regelung fehle. Unabhängig von einer Haltungserlaubnis besteht nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG jederzeit die Möglichkeit, durch eine entsprechende sicherheitsrechtliche Anordnung auf eine kurzfristig auftretende Gefahrensituation zu reagieren (so auch IMS vom 17.2.2023; wohl auch Schwabenbauer, a.a.O., Rn. 64b).
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Der (vorgesehene) Aufenthalt des Klägers war auch „vorübergehend“ in diesem Sinn. Maßgeblich sind dabei nicht die „gezählten“ tatsächlichen Aufenthaltstage und die Berechnung, ob diese eine Grenze von sechs Wochen überschreiten, wie es die Beklagte vorträgt. Entscheidend sind – wie bereits erwähnt – die Umstände des Einzelfalls und die Zielsetzung des Aufenthalts des Klägers. Auch nach dem Vorbringen der Beklagten war der Aufenthalt des Klägers mit seinen Tigern während der Vorstellungen des Wanderzirkus vom 6. Dezember 2021 bis zum 9. Januar 2022 vorgesehen. Dass der Kläger sich im Anschluss noch bis zum 21. Januar 2022 im Gebiet der Beklagten aufhielt, ergab sich daraus, dass ein Anschluss-Engagement gescheitert war, und nicht etwa daraus, dass er sich dort für längere Zeit „niederlassen“ wollte. Der Aufenthalt blieb daher „vorübergehend“.
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Die Auffassung der Beklagten, die Zuverlässigkeit der Halter von wildlebenden Tieren überprüfen zu müssen, was eine generelle Erlaubnispflicht nach Art. 37 LStVG erfordere, findet in den Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift keine Stütze.
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Insgesamt setzt die Beklagte mit ihren ausführlichen Darlegungen ihre Rechtsauffassung der gegenteiligen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entgegen, ohne aber überzeugend darlegen zu können, dass dessen Rechtsauffassung falsch sei.
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b) Weiter wendet sich die Beklagte mit umfangreichen Darlegungen gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichts, sie habe das Vorliegen einer konkreten Gefahr im Sinn des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 1 LStVG nicht hinreichend dargelegt. Sie stellt dabei maßgeblich auf das „unkooperative Verhalten“ des Klägers ab; er habe Anweisungen der Sicherheitsbehörde in Bezug auf Maßnahmen der Unterbringung der Tiger nur mangelhaft umgesetzt. Es sei zwar richtig, dass sicherheitsrechtliche Vorfälle im Zusammenhang mit der Haltung der Tiger durch den Kläger bisher nicht aktenkundig geworden seien. Es sei jedoch im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu befürchten gewesen, dass der Kläger nötige Sicherheitsvorkehrungen von sich aus auch weiterhin nicht oder nur unzureichend treffen würde.
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Auch hier legt die Beklagte letztlich nur ihre eigene Ansicht zum Verhalten des Klägers und der sich hieraus nach ihrer Ansicht ergebenden Unzuverlässigkeit dar, ohne die eingehenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts durchgreifend in Frage stellen zu können. Dieses hat sich in seinem Urteil im Einzelnen mit den dem Kläger gemachen Vorwürfen befasst und festgestellt, dass – auch bei Anlegung strenger Maßstäbe wegen des hohen Gefährdungspotentials durch gefährliche Tiere – keine wiederholten oder gröblichen Verstöße des Klägers zu erkennen seien, die den Verlust der Zuverlässigkeit des Klägers zur Folge hätten und deswegen im Rahmen einer Gefahrenprognose eine konkrete Gefahr für die betroffenen Rechtsgüter ergeben würden.
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c) Ferner trägt die Beklagte vor, das Verwaltungsgericht habe die getroffenen Maßnahmen – Haltungsuntersagung und Abgabeverpflichtung – zu Unrecht als ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig angesehen. Der Erlass von zwangsgeldbeehrten Anordnungen bezüglich der Art und Weise der Unterbringung der Tiger sei nicht in Betracht gekommen. Vielmehr habe gegen die Haltung der Tiere ohne die erforderliche Erlaubnis eingeschritten werden müssen; dies sei aber nur durch die getroffenen Maßnahmen möglich gewesen.
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Dabei setzt die Beklagte jedoch voraus, dass der Kläger die Tiger ohne die notwendige Erlaubnis nach Art. 37 LStVG gehalten hat, was aber – wie gezeigt – nicht der Fall war. Hätte die Beklagte sich dagegen nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG wegen von dem Aufenthalt der Tiger ausgehender konkreter Gefahren zum Einschreiten veranlasst gesehen, hätte sie – wie das Verwaltungsgericht zu Recht annimmt – zunächst den Erlass einzelner (zwangsmittelbewehrter) Anordnungen zur Beseitigung der Gefahren prüfen müssen und erst als letztes Mittel eine Haltungsuntersagung bzw. Verpflichtung zur Abgabe der Tiger aussprechen dürfen. Dass solche zwangsmittelbewehrten Anordnungen wegen eines uneinsichtigen und unkooperativen Verhaltens des Klägers nicht erfolgversprechend gewesen wären, ist eine nicht weiter substantiierte Behauptung der Beklagten.
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d) Unabhängig von alledem zieht das Zulassungsvorbringen die Ergebnisrichtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, auf die es im Rahmen des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO allein ankommt (vgl. zur Maßgeblichkeit der Ergebnisrichtigkeit Roth in BeckOK VwGO, Stand 1.1.2024, § 124 Rn. 25 m.w.N. zur stRspr), aber schon deswegen nicht Zweifel, weil es sich zu einer selbständig tragenden Erwägung des Erstgerichts nicht verhält. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass die Haltungsuntersagung und Abgabeanordnung sowie die Nachweispflicht sich auch deshalb als unverhältnismäßig erwiesen, weil die dort angegebenen Fristen unverhältnismäßig kurz seien (S. 20 Rn. 57 des UA). Diese Erwägung betrifft ausweislich der Urteilsgründe den gesamten Streitgegenstand, das Verwaltungsgericht verweist ausdrücklich auf „Ziffern 1.1, 1.2 und 1.3 des Bescheids vom 18. Januar 2022“. Das Zulassungsvorbringen verhält sich hierzu nicht. Die Ausführungen der Beklagten im Zulassungsverfahren zu Fristbestimmungen betreffen ausschließlich die Fristen für die sonstigen Anordnungen zur Gefahrenabwehr (S. 9 f. der Begründung des Zulassungsantrags) und gehen damit an dieser selbständig tragenden Erwägung („auch deshalb … unverhältnismäßig“) des Verwaltungsgerichts vorbei.
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2. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegen vor, wenn der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von normalen verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten deutlich abgehoben ist, d.h. wenn er sich im Schwierigkeitsgrad von den in anderen Verfahren zu entscheidenden Fragen signifikant unterscheidet. Die Schwierigkeit des Falles ist aus Sicht des Oberverwaltungsgerichts und im Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung zu beurteilen (BayVGH, B.v. 4.3.2019 – 10 ZB 18.2195 – juris Rn. 17; B.v. 10.12.2018 – 10 ZB 16.1511 – juris Rn. 22; B.v. 27.9.2017 – 10 ZB 16.832 – juris Rn. 24; Roth in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.4.2024, § 124 Rn. 43, 51, jew. m.w.N.; Happ in Eyermann, 16. Auflage 2022, § 124 Rn. 27 ff.). Die tatsächliche oder rechtliche Frage, die solche Schwierigkeiten aufwirft, muss dabei entscheidungserheblich sein (BayVGH, B.v. 13.1.2023 – 10 ZB 22.1408 – juris Rn. 17).
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Die in der Zulassungsbegründung vorgebrachten tatsächlichen und rechtlichen Fragestellungen weisen keine besonderen, von anderen verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten deutlich abgehobenen Schwierigkeiten auf. Weder die Frage nach der Notwendigkeit einer Haltungserlaubnis (siehe oben) noch die Würdigung der örtlichen Gegebenheiten im Rahmen der Unterbringung der Tiger, woraus die Beklagte die Unzuverlässigkeit des Klägers ableiten möchte, unterscheidet sich von den Anforderungen im Rahmen eines üblichen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Im Übrigen wären diese Fragen auch nicht mehr entscheidungserheblich, weil die streitgegenständlichen Verfügungen schon wegen der zu kurzen Fristsetzungen unverhältnismäßig sind (siehe oben 1.d).
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3. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Klärungsbedürftig sind solche Rechts- oder Tatsachenfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend ober- oder höchstgerichtlich geklärt sind (vgl. BVerfG, B.v. 28.4.2011 – 1 BvR 3007/07 – juris Rn. 21; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 38). Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden Rechtsprechung mithilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann (stRspr, BVerwG, B.v. 9.4.2014 – 2 B 107.13 – juris Rn. 9 m.w.N.; BVerfG, B.v. 29.7.2010 – 1 BvR 1634/04 – juris Rn. 64). Dementsprechend verlangt die Darlegung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2020 – 10 ZB 19.2235 – Rn. 4; B.v. 14.2.2019 – 10 ZB 18.1967 – juris Rn. 10; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 72).
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Diese Anforderungen sind hier nicht erfüllt. Die Beklagte benennt keine konkrete klärungsbedürftige Frage, doch kann aus ihrem Vortrag geschlossen werden, dass wohl die oben bereits erörterte Auslegung des Begriffes „halten“ bzw. „Haltung“ als Voraussetzung einer Erlaubnisbedürftigkeit nach Art. 37 LStVG als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehen wird. Diese kann aber – wie oben bereits dargelegt – mithilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden. Im Übrigen wäre diese Frage auch nicht mehr entscheidungserheblich, weil die streitgegenständlichen Verfügungen schon wegen der zu kurzen Fristsetzungen unverhältnismäßig sind (siehe oben 1.d).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).