Titel:
Coronabedingte Vertragsanpassung bei einem Beförderungsvertrag mit Besetzt-Kilometer-Abrechnung
Normenketten:
BGB § 242, § 275, § 313, § 389, § 812, § 814
GWB § 132
Schlagworte:
Corona-Pandemie, Vertragsanpassung, Wegfall der Geschäftsgrundlage, Zumutbarkeit,, vertragliche Risikoverteilung, unzulässige Rechtsausübung, Bereitstellungskosten, Corona, Beförderungsvertrag, Besetzt-Kilometer-Abrechnung, Zumutbarkeit, Risikoverteilung
Fundstellen:
VergabeR 2024, 789
BeckRS 2024, 16730
LSK 2024, 16730
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 260.531,98 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit der Durchführung eines Beförderungsvertrages während der Corona-Pandemie.
Allgemeine Daten und Vertragsverhältnis:
2
Der Kläger ist ein deutschlandweit karitativ und sozial tätiger Verein. Der Kläger engagiert sich unter anderem in den Bereichen Rettungs- und Sanitätsdienst, Katastrophenschutz sowie Fahrdiensten für Menschen mit eingeschränkter Mobilität.
3
Der Beklagte fördert und unterstützt in seinen Einrichtungen und Diensten Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderungen. Der Beklagte betreibt zu diesem Zweck unter anderem das Z. f. K. (“ZfK“) in W. auf dem H.
4
Die dortigen Schüler müssen von ihren jeweiligen Wohnorten in die Einrichtung gebracht und anschließend wieder nach Hause gefahren werden.
5
Die Parteien schlossen nach einem Ausschreibungsverfahren am 01./09.08.2019 einen zum 02.09.2019 beginnenden Beförderungsvertrag. Dieser endete zum 31.08.2023.
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Danach wurden dem Kläger pro Besetztkilometer 3,69 € an Entgelt bezahlt. Es sollten lediglich die tatsächlich gefahrenen Besetztkilometer vergütet werden. Leerfahrten sollten nicht vergütet werden.
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Die von dem Beklagten ausbezahlten Beförderungsentgelte werden zu 100% vom Freistaat Bayern erstattet.
Vertragsabwicklung während der Corona-Pandemie:
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Im Jahr 2020 kam es aufgrund der Corona-Pandemie vom 16.03.2020 bis 16.05.2020 sowie vom 16.12.2020 bis 18.12.2020 zur Einstellung des Schulbetriebes. Dies entsprach 19,4% der vorgesehenen Schulzeiten (= 36 von 186 Schultagen).
9
Im Jahr 2021 kam es aufgrund der Corona-Pandemie vom 11.01.2021 bis 12.02.2021 sowie vom 19.04.2021 bis 07.05.2021 zu weiteren Schulschließungen. Dies entsprach einem Anteil von 21,6% der vorgesehenen Schulzeit (= 40 von 185 Schultagen).
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Der Freistaat Bayern stellte Vertragsanpassungen im Rahmen einer Änderung der Geschäftsgrundlage bei derartigen Beförderungsverträgen in das Ermessen der kommunalen Aufgabenträger. Sollten die Verträge anzupassen sein, würde der Freistaat Bayern Bereitstellungskosten (abzüglich eines angemessenen Abschlages) im Rahmen des Art. 10a BayFAG als notwendig berücksichtigen.
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Mit einem weiteren Rundschreiben vom 31.03.20 hat das STMUK das Thema vertieft und klargestellt, dass die Anpassung des Vertrags zunächst im Verhältnis zwischen dem Schulträger und dem Beförderungsunternehmen zu prüfen ist. Der Schulträger solle das Anpassungsverlangen dann spätestens bei der Abrechnung seines Schulaufwandes der Regierung vorlegen. Diese soll dann ihrerseits die Anpassung prüfen und die „notwendigen“ Kosten dem Schulträger ersetzen.
12
Der Bezirk Unterfranken übernahm gegenüber der Beklagten während der Schließungstage vom 16.03.20 bis 19.04.20 eine Erstattungsleistung in Höhe von 80% der vertraglich vereinbarten Beförderungskosten. Ab dem 20.04.20 bis zur Wiedereröffnung der Einrichtungen sollte die Erstattung nur noch in Höhe von 60% erfolgen.
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Bei den 60% handelte es sich um einen Vorschuss. Zur Frage des tatsächlichen Wegfalls der Geschäftsgrundlage sollte erst nach Abschluss des Schuljahres eine Entscheidung getroffen werden.
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Auf Basis dieser 60%-Regelung erhielt der Kläger von dem Beklagten Bereitstellungskosten für das Jahr 2020 in Höhe von 156.264,93 € sowie für das Jahr 2021 in Höhe von 190.252,35 €.
15
Sämtliche Leistungen erfolgten ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Vertragsabwicklung nach der Corona-Pandemie:
16
Im Januar 2022 erbrachte der Kläger Fahrtleistungen in Höhe von 148.954,05 €.
17
Der Beklagte überwies lediglich 22.350,92 € und „verrechnete“ den Vergütungsanspruch mit zuvor gezahlten Bereitstellungskosten aus dem Jahr 2020 in Höhe von 126.603,13 €.
18
Hintergrund der von dem Beklagten vorgenommenen Abzügen war, dass die Regierung von Unterfranken für das Haushaltsjahr 2020 lediglich 29.681,80 € an Bereitstellungskosten anerkannt hat.
19
Im September 2022 erbrachte der Kläger Fahrtleistungen in Höhe von 140.122,84 €.
20
Der Beklagte überwies lediglich 6.193,99 € und „verrechnete“ den Vergütungsanspruch mit zuvor gezahlten Bereitstellungskosten aus dem Jahr 2021 in Höhe von 133.928,85 €.
21
Hintergrund der von dem Beklagten vorgenommenen Abzügen war, dass die Regierung von Unterfranken für das Haushaltsjahr 2021 lediglich 56.323,50 € an Bereitstellungskosten anerkannt hat.
22
Gegen den Bescheid betreffend des Haushaltsjahres 2020 legte der Beklagte Widerspruch ein. Dieser wurde später zurückgenommen.
23
Der Kläger ist der Ansicht, dass der Beklagte die streitgegenständlichen Rechnungsbeträge aus dem Jahr 2022 zu Unrecht gekürzt hat.
24
Der Kläger beantragt zuletzt,
- 1.
-
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 126.603,13 € zu zahlen sowie Zinsen hieraus ab dem 04.03.22 in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
- 2.
-
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 133.928,85 € zu zahlen sowie Zinsen hieraus ab dem 13.11.22 in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
- 3.
-
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.874,92 € zu zahlen sowie Zinsen hieraus ab Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.
25
Der Beklagte beantragt zuletzt,
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Der Beklagte ist der Ansicht, dass es an einer Anspruchsgrundlage für die Bereitstellungskosten für die Jahre 2020 und 2021 fehlt. Im Besonderen sind die Voraussetzungen für den Wegfall einer Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB nicht gegeben.
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Hinsichtlich des Parteivorbringens im Übrigen wird Bezug genommen auf den wechselseitigen Schriftverkehr sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.04.2024.
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Nach Schluss der mündlichen Verhandlung ging am 29.04.2024 ein Schriftsatz der Klägerseite und am 14.05.2024 ein Schriftsatz der Beklagtenseite bei Gericht ein.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
30
Die Klage ist unbegründet, weil dem Kläger keine Ansprüche gegen den Beklagten zustehen.
31
I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 260.531,98 €, weil diese Ansprüche durch Aufrechnung erloschen sind (§ 389 BGB).
32
Mit den jeweiligen „Verrechnungen“ erklärte der Beklagte gemäß § 388 S. 1 BGB eine Aufrechnung.
33
Dem Kläger standen gemäß Ziffer 2 des Beförderungsvertrages K1 ursprünglich Vergütungsansprüche in Höhe von 148.954,05 € für Januar 2022 sowie 140.122,84 € für September 2022 zu.
34
Dem Beklagten standen gemäß § 812 Abs. 1 BGB wegen der zu viel geleisteten Bereitstellungskosten Bereicherungsansprüche in Höhe von 126.603,13 € sowie 133.928,85 € zu.
35
Die Bereitstellungskosten wurden vom Beklagten ohne Rechtsgrund geleistet (1.). Eine Rückforderung war nicht gemäß § 814 BGB ausgeschlossen (2.). Der Forderung stand § 242 BGB in Form der dolo-agit-Einrede nicht entgegen (3.).
36
1. Der Beförderungsvertrag K1 stellt keinen Rechtsgrund dar. Nach diesem sollten lediglich die Besetztkilometer vergütet werden. Der Ersatz von Bereitstellungskosten war nicht vereinbart.
37
Es ergibt sich auch kein Rechtsgrund aus einer etwaigen Vertragsanpassung. Diese ist bislang noch nicht erfolgt.
38
Der Beklagte hat sämtliche Zahlungen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Vorbehalt der Nachprüfung geleistet. Es handelte sich um Vorschüsse. Ein Angebot auf eine verbindliche Vertragsanpassung lässt sich dem nicht entnehmen.
39
Ein mögliches Recht auf Vertragsanpassung gemäß § 313 BGB führt ebenfalls zu keinem Rechtsgrund. § 313 BGB führt gerade zu keiner Vertragsanpassung kraft Gesetzes (vgl. Grüneberg/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 82. Aufl. 2023, BGB § 313 Rn. 41).
40
2. § 814 BGB stand einer Rückforderung nicht entgegen, weil diese Vorschrift im Falle einer Leistung unter ausdrücklichem Vorbehalt der Nachprüfung keine Anwendung findet (vgl. Grüneberg/Sprau, aaO, BGB § 814 Rn. 5).
41
Vorliegend ist unstreitig, dass sämtliche Leistungen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt sind.
42
3. Dem Bereicherungsanspruch steht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung in Form des dolo-agit-Einwandes gemäß §§ 390, 242 BGB nicht entgegen.
43
Die Bereicherungsforderung ist und war nicht alsbald zurückzugewähren, weil dem Kläger keine Ansprüche zustehen und auch nicht zustanden.
44
a) Dem Kläger stehen keine Vergütungsansprüche aus dem Vertrag K1 zu. Der Vertrag K1 vergütet weder Bereitstellungskosten noch hypothetische Besetzt-Fahrten.
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Unabhängig davon wären etwaige ausgefallene Besetztfahrten gemäß § 275 Abs. 1 BGB unmöglich, weshalb hypothetische Ansprüche nach § 326 Abs. 1 BGB entfallen wären. Es liegt auch kein Fall von § 326 Abs. 2 BGB vor, weil die Beklagte die Corona-Pandemie unter keinerlei Gesichtspunkten zu verschulden hatte.
46
b) Dem Kläger steht kein Anspruch auf Vertragsanpassung im Wege von § 313 BGB zu.
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aa) § 313 BGB setzt zum einen eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage nach Vertragsschluss und zum anderen einen nicht erfolgten oder inhaltlich anders erfolgten Vertragsschluss voraus.
48
Allein der Wegfall der Geschäftsgrundlage gem. § 313 I BGB berechtigt jedoch noch nicht zu einer Vertragsanpassung. Vielmehr verlangt die Vorschrift als weitere Voraussetzung, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Durch diese Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nicht jede einschneidende Veränderung der bei Vertragsabschluss bestehenden oder gemeinsam erwarteten Verhältnisse eine Vertragsanpassung oder eine Kündigung (§ 313 III BGB) rechtfertigt. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass ein Festhalten an der vereinbarten Regelung für die betroffene Partei zu einem nicht mehr tragbaren Ergebnis führt (Senat NJW 2015, 1014 = NZM 2015, 227 = FamRZ 2015, 393 Rn. 19 mwN; BGH NJW 2012, 1718 Rn. 30 mwN).
(BGH NJW 2022, 1370 Rn. 53, beck-online)
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bb) Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerseite überhaupt hinreichend zu den Voraussetzungen des § 313 BGB vorgetragen hat. Eine Unzumutbarkeit wurde an sich weder behauptet noch ausdrücklich unter Beweis gestellt.
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Dies kann letztlich offen bleiben, weil § 313 BGB im Ergebnis nicht erfüllt ist.
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cc) Zwar stellt die Corona-Pandemie eine schwerwiegende Änderung der Geschäftsgrundlage dar (vgl. BGH NJW 2022, 1370 Rn. 43, beck-online).
52
Allerdings bestehen berechtigte Zweifel daran, ob die Parteien den Vertrag tatsächlich mit einem anderen Inhalt abgeschlossen hätten.
53
Im vorliegenden Fall wurde der Vertrag im Anschluss an ein Vergabeverfahren geschlossen. Aufgrund der Regelungen und Restriktionen des Vergabeverfahrens sind die Parteien wesentlich weniger frei in ihrer Vertragsgestaltung als ohne ein derartiges Verfahren. Gemäß § 132 Abs. 1 S. 1 GWB muss bei wesentlichen Änderungen eines öffentlichen Auftrages ein neues Vergabeverfahren durchgeführt werden. Die Neuregelung in Form eines Ersatzes von Bereitstellungskosten stellt eine solche wesentliche Änderung dar. Selbst wenn man die Corona-Pandemie vorhergesehen hätte, so hätten die Parteien nicht zwingend ohne Weiteres Bereitstellungskosten in den Vertrag aufnehmen können.
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Ob und inwieweit das Vergabeverfahren angepasst worden wäre oder ein neues Vergabeverfahren durchgeführt worden wäre, kann nicht beurteilt werden. Dies ist ausweislich des Gesetzeswortlautes des § 313 BGB auch nicht relevant, da es in dieser Vorschrift um den Vertragsschluss der Parteien geht und nicht um die Gestaltung eines vorgelagerten Vergabeverfahrens.
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Im Ergebnis wird man deshalb davon ausgehen müssen, dass der Vertrag entweder mit demselben Inhalt oder gar nicht geschlossen worden wäre.
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Für den Fall, dass der Vertrag nicht geschlossen worden wäre, kann eine Vertragsanpassung durch Gewährung von Bereitstellungskosten bereits denklogisch nicht verlangt werden.
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cc) Selbst wenn man hier eine hypothetische Vertragsanpassung für möglich halten sollte, besteht trotzdem kein Anspruch auf Vertragsanpassung.
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Nach Berücksichtigung sämtlicher Einzelfallumstände ist ein Festhalten des Klägers am unveränderten Vertrag zumutbar und tragbar.
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(1) Dabei ist ein Festhalten am Vertrag bereits deshalb zumutbar, weil dies für den Kläger keine unmittelbaren Nachteile erzeugt.
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Zunächst unterscheidet sich die vorliegende Konstellation von den üblichen Miet- oder Fitnessstudiofällen dadurch, dass trotz eines Dauerschuldverhältnisses die Regelmäßigkeit der zu erbringenden Leistungen schwanken kann.
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Der Kläger muss nur dann Fahrleistungen erbringen, wenn Schulkinder zu transportieren sind. Der Beklagte hat nur dann eine Vergütung zu zahlen, wenn Fahrten stattfinden.
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Letztlich findet ein Leistungsaustausch nur dann statt, wenn Leistungen konkret erbracht werden.
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Zwar ist es richtig, dass der Kläger außerhalb der Corona-Pandemie mehr Fahrten hätte machen können und dementsprechend mehr Vergütung erhalten hätte.
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Ein entgangener Gewinn an sich führt dennoch nicht ohne Weiteres dazu, dass das Festhalten an einem leistungsabhängigen Vertrag unzumutbar würde.
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Das Gegenteil ist der Fall. Durch das Festhalten am Vertrag, erhält der Kläger weiterhin die Möglichkeit, Fahrten durchzuführen und hierfür eine Vergütung zu erhalten.
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(2) Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Kläger der Sachleistungsschuldner im Sinne des Vertrages K1 ist. Der Sachleistungsschuldner hat grundsätzlich das Risiko von Leistungserschwerungen zu tragen (Grüneberg/Grüneberg, aaO, BGB § 313 Rn. 19, 31 f.).
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Dies zeigt sich auch in der klaren und eindeutig geregelten Risikoverteilung. Gemäß Ziffer 2 des Vertrages K1 werden nur Besetztkilometer vergütet, wohingegen Ausfälle oder Leerfahrten nicht vergütet werden.
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Danach liegt das vertragliche Risiko eines Fahrtausfalles beim Kläger.
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(3) Im Übrigen stellt auch der verzeichnete Umsatzrückgang keine derart einschneidende Veränderung dar, welche eine Vertragsanpassung rechtfertigen würde. Eine „Untragbarkeit“ des unveränderten Vertrages ist nicht gegeben.
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Der streitgegenständliche Umsatzrückgang ist gerade nicht derart gravierend, dass zwingend eine Vertragsanpassung vorzunehmen wäre.
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Insgesamt sind im Jahr 2020 ca. 19% und im Jahr 2021 ca. 20% an Fahrten ausgefallen.
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Der Kläger erhielt im Jahr 2020 für 150 reale Fahrtage 1.096.030,02 € sowie im Jahr 2021 für 145 reale Fahrtage 1.141.112,17 €.
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Hochgerechnet haben die 36 Ausfalltage im Jahr 2020 einen Wert von 260.441,55 € (156.264,93 € : 0,6) und die 40 Ausfalltage im Jahr 2021 einen Wert von 317.087,25 € (190.252,35 € : 0,6).
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Dies entspricht einem entgangenem Gewinn von ca. 26%.
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Im Rahmen der Corona-Pandemie und im Rahmen der allgemeinen Risiken ist ein entgangener Gewinn von 26% innerhalb eines Zwei-Jahres-Zeitraumes zumutbar und im Vergleich zu anderen Betrieben und Branchen als eher gering einzuschätzen.
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(4) Schließlich hat sich der Beklagte – trotz der eindeutigen Risikoverteilung – sogar an den Ausfällen beteiligt, indem für das Jahr 2020 11% (29.681,80 €) und für das Jahr 2021 18% (56.323,50 €) an Bereitstellungskosten verblieben sind.
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Der Ersatz von Bereitstellungskosten in Höhe von 10% bis 20% ist auch angemessen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger das Risiko eines Fahrtenausfalles zu tragen hat. Weiter ist besonders zu berücksichtigen, dass Bereitstellungskosten überhaupt keine vertragliche Grundlage haben und eine an sich komplett neu geschaffene Vertragsregelung darstellen (würden).
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Trotz dessen ist es nicht vollkommen fernliegend, dass sich der Beklagte im Rahmen einer vertraglichen gegenseitigen Rücksichtnahme geringfügig am Verlust des Klägers beteiligt. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass der Kläger trotz der Ungewissheit die Fahrzeuge faktisch vorgehalten hat und jederzeit bereit war, die Kinder kurzfristig zu transportieren.
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Eine derartige Beteiligung darf höchstens 20% betragen, was angesichts der eindeutigen Risikoverteilung und der übrigen obigen Ausführungen bereits als fast schon ungewöhnlicherweise hoch zu bezeichnen wäre.
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c) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadenersatz gemäß § 280 BGB aufgrund der Rücknahme des Widerspruchs gegen den Bescheid der Regierung von Unterfranken.
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Der Beklagte hat bereits keine Pflichtverletzung begangen, weil dem Kläger bereits kein Anspruch auf Bereitstellungskosten zustand.
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Mangels eines derartigen Anspruchs, war der Beklagte zum Widerspruch gegen den Bescheid nicht verpflichtet.
Kostenentscheidung, vorläufige Vollstreckbarkeit, § 156 ZPOB.