Titel:
Beschäftigtendatenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch hinsichtlich der Empfängeridentität
Normenkette:
DSGVO Art. 15 Abs. 1 lit. c
Leitsatz:
Verlangt der nach Art. 15 Abs. 1 lit. c DSGVO Auskunftsberechtigte über die Kategorien der Empfänger hinaus auch eine Auskunft über die Identität der Empfänger, muss der Arbeitgeber diese Auskunft grundsätzlich erteilen, soweit ihm dies möglich ist. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Auskunftsanspruch, Empfängeridentität, Beschäftigtendatenschutz
Vorinstanz:
ArbG München, Beschluss vom 05.02.2024 – 5 Ca 3538/22
Fundstelle:
BeckRS 2024, 16331
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichtes A-Stadt, Az. 5 Ca 3538/22, vom 05.02.2024 wie folgt abgeändert:
2. Gegen die Beklagte wird zur Erzwingung der Verpflichtung zur Auskunftserteilung gemäß Ziff. 4., 4. und 5. Spiegelstrich des Teilurteils des Arbeitsgerichtes A-Stadt vom 05.09.2023 – 5 Ca 3538/22 ein Zwangsgeld i.H.v. 1000 € festgesetzt, sowie ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft im Umfang von zwei Tagen, zu vollstrecken am Geschäftsführer der Beklagten Herrn Z.
3. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
4. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Parteien je die Hälfte.
Gründe
1
Mit der vorliegenden sofortigen Beschwerde vom 20.02.2024 wendet sich der Kläger gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 05.02.2024, ihm zugestellt gemäß Postzustellungsurkunde am 07.02.2024, mit dem das Arbeitsgericht den Antrag des Klägers auf Festsetzung eines Zwangsgeldes zur Vollstreckung der Auskunftsverpflichtung der Beklagten gemäß Ziffer 4. des Teilurteils vom 05.09.2023 – 5 Ca 3538/22 zurückgewiesen hat.
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Es hat dies damit begründet, dass die Verpflichtung aus dem Teilurteil bereits erfüllt sei. Denn der Auskunftsanspruch sei dann erfüllt, wenn die Angaben nach dem erklärten Willen des Schuldners die Auskunft ihm geschuldeten Gesamtumfang darstellen soll. Eine etwaige inhaltliche Unrichtigkeit stehe der Erfüllung nicht entgegen. Der Verdacht, dass die erteilte Auskunft unvollständig oder unrichtig sei, könne einen Anspruch auf Auskunft im weitergehenden Umfang nicht begründen, sondern führe lediglich zu einem Anspruch auf eidesstattliche Versicherung der Vollständigkeit der erteilten Auskunft. Die Beklagte habe erkennbar erklärt, mit ihrer Auskunft den Gegenstand des berechtigten Auskunftsbegehrens vollständig abdecken zu wollen.
3
Die Beklagte befindet sich mittlerweile in der Insolvenz.
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Der Kläger ist im Rahmen der sofortigen Beschwerde der Auffassung, dass eine Erfüllung dann nicht eingetreten ist, wenn die Auskunft nicht ernst gemeint, offenkundig unvollständig oder nach objektiven Maßstäben bemessen von vornherein unglaubhaft ist. In subjektiver Hinsicht ergebe sich dies, wenn die Auskunft bereits erkennen lasse, dass der Auskunftgebende z.B. der Auffassung ist, über bestimmte Aspekte nicht Auskunft geben zu müssen. In objektiver Hinsicht sei dies der Fall, wenn sachliche oder zeitliche Auskunftsteile ganz fehlten, wobei personenbezogene Daten dem Auskunftsberechtigten vollständig und originalgetreu zur Verfügung gestellt werden müssten. Die erteilte Auskunft sei offensichtlich unvollständig, da nur Kategorien von personenbezogenen Daten angegeben seien, nicht genau, welche Stammdaten bzw. Personalausweisdaten, welche Bewerbung. Auch Empfänger von Daten würden nur allgemein benannt, ohne deren Identität klarzustellen. Auch bezüglich Kontaktdaten, Steueridentifikationsnummer, Sozialversicherungsnummer und Rentenversicherungsnummer seien nur die Kategorien und nicht die Daten selbst angegeben. Auch die Verarbeitungszwecke seien mit den jeweiligen personenbezogenen Daten zu verknüpfen. Die Dauer der Datenspeicherung sei zu oberflächlich angegeben. Zudem habe die Beklagte auch nicht ausdrücklich eine Vollständigkeit ihrer Auskunft behauptet oder konkludent zum Ausdruck gebracht. Die Insolvenz hindere die Zwangsvollstreckung nicht. Insoweit käme jedenfalls auch lediglich eine Verhängung einer isolierten Zwangshaft in Betracht.
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Die Beklagte erhielt Gelegenheit zur Stellungnahme. Eine solche erfolgte nicht.
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Auf die sofortige Beschwerde, war der angefochtene Beschluss teilweise aufzuheben und die beantragte Erzwingung durch Verhängung eines Zwangsgeldes, ersatzweise Zwangshaft, auszusprechen.
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Die erteilte Auskunft ist jedenfalls teilweise offensichtlich unvollständig. Insofern kam es auf die Frage, ob die erteilte Auskunft eine umfassende abschließende Erklärung der Beklagten zum Auskunftsverlangen darstellen sollte, nicht an (vgl. BGH 15.06.2021 – VI ZR 576/19; 24.03.1994 – I ZR 42/93).
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Zwar hat die Beklagte gegenüber dem Kläger nicht die einzelnen Daten angegeben, sondern tatsächlich nur allgemeine Kategorien wie etwa „Personalausweisdaten, Postanschrift, klägerische Bewerbung, Bankverbindung und besondere Steuerund Rentenversicherungsnummer“. Dies ist nicht zu beanstanden, da die ausgeurteilte Verpflichtung ausweislich ihrer Begründung dem Wortlaut des Art.15 DS-GVO folgt, in dessen Abs. 1 HS2 d) ebenfalls die Kategorien der personenbezogenen Daten genannt sind. Dies meint die schlagwortartige Beschreibung der Daten und keine detaillierte Auskunft (vgl. Eßer/Kramer/v. Lewinski DSGVO 8.Aufl Art.15 Rnr.15 i.V.m. Art.14 Rnr.16; Bäcker in Kuhling/Buchner DS-GVO 4.Aufl. Art.15 Rnr.14). Gleiches gilt auch für die Verarbeitungszwecke, die nicht konkreten Daten zuzuordnen sind (Eßer/Kramer/v.Lewinski a.a.O. Art. 15 Rnr.14). Datenkopien können vom Kläger im Rahmen der 3. Stufe der Auskunftsklage eingefordert werden (BAG 27.04.2021 – 2 AZR 342/20, Rnr.20). Daher hat die Beschwerde insoweit keinen Erfolg.
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Jedoch hat die Beklagte darüber hinaus auch bei den Empfängern dieser Daten nur allgemein Personen benannt, obwohl nach neuerer Rechtsprechung des EuGH (C-154/21) die Identität der Empfänger der Daten mitzuteilen ist, es sei denn, dass es nicht möglich sei, die Empfänger zu identifizieren oder dass der Verantwortliche nachweise, dass die Anträge auf Auskunft der betroffenen Person offenkundig unbegründet oder exzessiv sind. Entsprechendes hat aber die Beklagte nicht getan, sodass nach dieser Rechtsprechung es nicht ausreicht, lediglich die Kategorien der betreffenden Empfänger mitzuteilen, jedenfalls wenn dies verlangt wird vom Auskunftsbegehrenden (ebenso Eßer/Kramer/v.Lewinski a.a.O. Art.15 Rnr.16). Auch ist die geplante Dauer der Speicherung zu allgemein angegeben, sie wäre jedenfalls einzelnen Kategorien der Daten zuzuordnen. Daher war der angefochtene Beschluss teilweise abzuändern Auch das vorliegende Insolvenzverfahren hindert die Zwangsvollstreckung nicht (vgl. LAG Hamm 08.08.2012 – 7 Ta 173/12; LAG Rheinland-Pfalz 03.08.2012 – 8 Ta 157/11), da das Auskunftsverlangen auch die Insolvenzmasse nicht betrifft.
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Nachdem nicht auszuschließen ist, dass das verhängte Zwangsgeld letztlich sei es aus der Insolvenzmasse oder vom Geschäftsführer persönlich aufgebracht wird, war zunächst noch ein Zwangsgeld zu verhängen, für den Fall der Nichtbeitreibbarkeit die Zwangshaft festzusetzen. Dabei erscheint es jedenfalls ermessensgerecht und ausreichend ein Zwangsgeld i.H.v. 2000 € festzusetzen, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft im Umfang von zwei Tagen.
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Gegen diesen Beschluss ist mangels Zulassungsgrundes kein weiteres Rechtsmittel gegeben.