Inhalt

FG München, Urteil v. 05.06.2024 – 9 K 1510/22
Titel:

Einkünfte aus der Vermietung und Veräußerung von Containern

Normenketten:
EStG § 10d Abs. 4
AO § 164 Abs. 2, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
HGB § 252 Abs. 1 Nr. 4
Leitsätze:
1. Einkünfte aus der Vermietung und Veräußerung von Containern können nach der Verklammerungsrechtsprechung des BFH, Urteil v. 8.6.2017, IV R 30/14, den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschreiten und damit gewerbliche Einkünfte sein (so z. B. auch FG Düsseldorf, Urteil v. 21.12.2021, 13 K 2760/20 E, Revision eingelegt, Az. beim BFH X R 4/23; FG Düsseldorf, Urteil v. 21.12.2021, 13 K 2755/20 E, Revision eingelegt Az. beim BFH III R 35/22).
2. Die Einkunftsart – hier sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG, § 22 Nr. 2 EStG, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG oder gemäß § 15 EStG – ist nach der Sichtweise des Steuerpflichtigen bei Vertragsschluss zu bestimmen (BFH, Urteil v. 7.2.2018, X R 10/16).
3. Bleibt die geschuldete Übertragung des Eigentums an den Containern aus, sind Vorauszahlungen als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abziehbar, sobald und soweit eine Rückzahlung nicht zu erwarten ist (BFH, Beschluss v. 4.7.1990, GrS 1/89; BFH, Urteil v. 9.5.2017, IX R 24/16).
4. Die Vorauszahlungen sind nicht um in den Vorjahren zu Unrecht abgezogene AfA auf Container zu vermindern. Denn maßgeblich ist der Wert des Wirtschaftsguts bei von Anfang an richtiger steuerlicher Behandlung (vgl. für Bilanzierung BFH, Urteil v. 26.11.2008, X R 23/05).
5. Hat der Steuerpflichtige – ausgehend von Tätigkeiten im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung – nicht die Einnahmen-Überschuss-Rechnung gewählt, sind die gewerblichen Einkünfte durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln (BFH, Urteil v. 21.7.2009, X R 28/06; BFH, Urteil v. 8.3.1989, X R 9/86).
6. Im Wesentlichen inhaltsgleich mit FG München, Urteil v. 5.6.2024, 9 K 1510/22 – vorläufig nicht rechtskräftig.
Schlagworte:
Einkünfte aus der Vermietung und Veräußerung von Containern, Bestimmung der Einkunftsart, Abzug von Betriebsausgaben bei nicht erfüllter Forderung auf Eigentumsverschaffung, Bilanzierung bei nicht erkanntem Gewerbebetrieb, Vermietung
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstellen:
EFG 2024, 1909
LSK 2024, 16175
BeckRS 2024, 16175

Tenor

1. Unter Änderung der Einkommensteuerbescheide vom 14. Februar 2024 (für 2018) und 14. März 2024 (für 2019) werden die Einkommensteuer 2018 und 2019 nach Maßgabe der Urteilsgründe herabgesetzt. Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

I.
1
Streitig ist die steuerliche Behandlung von Geschäften über Erwerb, Vermietung und Veräußerung von Seefrachtcontainern.
2
Die Klägerin schloss mit A-GmbH und B-GmbH jeweils mehrere Kauf- und Verwaltungsverträge. Danach sollte der Vertragspartner der Klägerin gegen Zahlung eines Kaufpreises das Eigentum an einer bestimmten Zahl von Containern bestimmter Art übertragen. Der Erwerber sollte in die vom Vertragspartner abgeschlossenen Mietverträge eintreten und den Vertragspartner mit der Verwaltung der Mietverhältnisse beauftragen. Der Vertragspartner hatte monatlich eine Garantiemiete an die Klägerin zu zahlen. Die Vertragsdauer betrug jeweils fünf Jahre, bei deren Ablauf der Vertragspartner zu einem Kauf der Container bereit sei und hierzu ein Kaufangebot unterbreiten werde. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgelegten Kauf- und Verwaltungsverträge C, D und E samt zugehöriger Angebote verwiesen.
3
Garantiemieten wurden ab 2018 weder abgerechnet noch gezahlt.
4
Am … 2018 wurden Insolvenzverfahren über die Vermögen der A-GmbH und B-GmbH eröffnet.
5
Nachdem der Insolvenzverwalter die Nichterfüllung gegenüber der Klägerin erklärt hatte, meldete diese im xx 2018 Forderungen wegen Nichterfüllung und Schadensersatz in Höhe von 174.807,26 € gegenüber der A-GmbH und 40.223,28 € gegenüber der B-GmbH zur Insolvenztabelle an.
6
Nach zwischen dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der A-GmbH bzw. B-GmbH und der Klägerin geschlossenen Vergleichsvereinbarungen vom xx 2019, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, waren sich die Parteien einig, dass mit der Feststellung der Insolvenzforderung in jeweils bestimmter Höhe zur Insolvenztabelle die Ansprüche der Klägerin gegen die jeweilige Gesellschaft wegen Nichterfüllung des Kauf- und Verwaltungsvertrags und auf Schadensersatz wegen mangelnder Aufklärung (mit bestimmten Ausnahmen) erledigt seien. Die den Vergleichsbetrag übersteigende Forderungsanmeldung nahm der Gläubiger zurück. Der Gläubiger verzichtete darauf, Aus- und Absonderungsrechte geltend zu machen.
7
Im xx 2019 wurden Vergleichsforderungen der Klägerin in Höhe von 160.583,87 € gegenüber A-GmbH und 37.333,20 € gegenüber B-GmbH in die Insolvenztabelle eingetragen.
8
Nach einer Pressemitteilung des Insolvenzverwalters vom … 2019 ging dieser für die derzeit angemeldeten Forderungen der Anleger von einem feststellbaren Forderungsvolumen von insgesamt etwas über drei Milliarden € in allen vier Insolvenzverfahren über das Vermögen der betroffenen Gruppen-Gesellschaften, darunter A-GmbH und B-GmbH aus. Ziel sei, aus der Verwertung der vorhandenen Container Erlöse von über einer Milliarde € zu erwirtschaften.
9
Ab 2021 erfolgten Abschlagszahlungen aus den Insolvenzmassen der A-GmbH und B-GmbH an die Klägerin.
10
Mit Bescheid vom 23. April 2019 stellte das beklagte Finanzamt (FA) den verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) für die Einkünfte aus Leistungen zum 31. Dezember 2017 auf 73.704 € fest.
11
Mit gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid vom 2. Oktober 2020 setzte das FA – unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung – die Einkommensteuer 2018 auf xx € fest.
12
Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein.
13
Mit weiterem gem. § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid vom 2. Oktober 2020 stellte das FA – unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung – den verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG zum 31. Dezember 2018 für Einkünfte aus Leistungen auf 84.601 € fest.
14
Mit Bescheid vom 18. Februar 2021 setzte das FA die Einkommensteuer 2019 auf xx € fest.
15
Mit weiterem Bescheid vom 18. Februar 2021 stellte das FA den verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG zum 31. Dezember 2019 für Einkünfte aus Leistungen auf 84.601 € fest.
16
Gegen die Bescheide vom 18. Februar 2021 legte die Klägerin Einsprüche ein.
17
Ihre Einsprüche begründete die Klägerin damit, dass Verluste aus sonstigen Leistungen Containervermietung in Höhe von 19.094 € in 2018 und 15.698 € in 2019 sowie Verluste aus den privaten Veräußerungsgeschäften Containerveräußerung wegen Auslaufens des Vertrags D in Höhe von 18.475 € in 2018, die mit dem erklärten Veräußerungsgewinn für den Vertrag C in Höhe von 14.262 € zu verrechnen seien, und 74.285 € in 2019 anzuerkennen seien. Bei dem vorliegenden Container-Direktinvestment (Kauf und Vermietung von Containern) seien konkrete Rücknahmepreise und Rücknahmezeitpunkte vereinbart. Es handele sich daher nicht um den Ausfall einer privaten Darlehensforderung, sondern um ein klassisches privates Veräußerungsgeschäft. Nachträgliche Aufwendungen oder die nachträgliche Vereinnahmung von Veräußerungserlösen seien als rückwirkendes Ereignis über § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO in 2018 zu berücksichtigen.
18
Mit gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheiden vom 9. Dezember 2021 setzte das FA aus nicht streitgegenständlichen Gründen die Einkommensteuer auf xx € für 2018 und xx € für 2019 herab.
19
Die Einsprüche blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2022). Zur Begründung führte das FA aus, dass A-GmbH und B-GmbH in einer Vielzahl von Fällen Container, die es gar nicht gegeben habe, an Anleger verkauft habe. Die Beträge für Neuanlagen seien entgegen den vertraglichen Vereinbarungen dazu verwendet worden, die fälligen Mieten und Rückkäufe der Bestandsanleger zu bedienen.
20
Verluste aus Containerveräußerung könnten in den Streitjahren nicht berücksichtigt werden. Die Anleger hätten keine abschreibbaren Container erworben und auch kein wirtschaftliches Eigentum an Containern erlangt, da die Container entweder nicht existierten oder dem Anleger nicht zugerechnet werden könnten. Werde nach geleisteter Zahlung die erwartete Lieferung nicht erbracht, entstehe ein Rückforderungsanspruch. Müsse die Forderung wegen der Insolvenz des Vertragspartners verloren gegeben werden, könnten die vergeblichen Aufwendungen aus dem Erwerb der Container als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften berücksichtigt werden, jedoch erst in dem Zeitpunkt, in dem feststehe, dass sie ohne Gegenleistung bleiben und eine Rückzahlung nicht zu erlangen sein werde. Dies sei erst mit Abschluss der bei der Gruppe noch laufenden Insolvenzverfahren der Fall.
21
Bei den Einkünften aus Containervermietung gem. § 22 Nr. 3 EStG könnten unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG Abschreibungen als Werbungskosten geltend gemacht werden. Dies gelte bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Insolvenzverwalter gegenüber den Anlegern erklärt habe, die bestehenden Containerverträge nicht mehr zu erfüllen. Dies sei im August 2018 erfolgt, so dass die Abschreibung nur bis August 2018 anerkannt worden sei.
22
Dagegen erhob die Klägerin Klage.
23
Mit gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheiden vom 14. Februar 2024 (für 2018) und 14. März 2024 (für 2019) hat das FA aus nicht streitgegenständlichen Gründen die Einkommensteuer auf xx € für 2018 und xx € für 2019 herabgesetzt.
24
In der mündlichen Verhandlung am 5. Juni 2024 hat der Senat das Verfahren wegen gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum 31. Dezember 2019 abgetrennt.
25
Ihre Klage begründet die Klägerin im Wesentlichen wie folgt:
„Bei der Erklärung sonstiger Einkünfte aus den Container-Verträgen gem. § 22 Nr. 3 EStG sei nicht beachtet worden, dass A-GmbH und B-GmbH die Festmieten bei Verträgen ab einem nicht genau bekannten Zeitpunkt in 2013 abgesenkt habe, so dass in der fünfjährigen Festmietzeit keine Überschüsse mehr hätten erzielt werden können. Ein Totalgewinn werde daher erst durch den Verkauf der Container erzielt. Nach der sog. Verklammerungsrechtsprechung des Bundesfinanzhofs (- BFH –; vgl. Urteil vom 8. Juni 2017 IV R 30/14, BFHE 258, 403, BStBl II 2017, 1061) handele es sich daher um gewerbliche Einkünfte. Für die Bestimmung der Einkunftsart komme es nicht darauf an, dass es zu Rückkäufen nicht mehr gekommen sei. Denn hierzu sei auf eine ex ante-Prognose abzustellen (BFH-Urteil vom 7. Februar 2018 X R 10/16, BFHE 260, 490, BStBl II 2018, 630). Auch bedürfe es keiner verpflichtenden Kaufoption. Es genüge, dass der Rückverkauf an A-GmbH bzw. B-GmbH nach fünf Jahren planmäßig vorgesehen gewesen sei.“
26
Auch für die Absetzungen für Abnutzung (AfA) der Container und die Abschlagszahlungen habe die vertragsbezogene, subjektive Beurteilung des Sachverhalts Bedeutung. Daher komme es nicht darauf an, ob die Klägerin tatsächlich Eigentum erworben habe, was das FA bei seiner unzulässigen objektiv-rückbezogenen Betrachtung verneine. AfA auf die Container sei weiterhin abzuziehen. Denn der Insolvenzverwalter führe das Vermietungsgeschäft fort und habe 2021 eine erste Abschlagszahlung auf die rückständigen Mieten an die Gläubiger ausgezahlt.
27
Die gewerblichen Einkünfte seien bilanziell zu ermitteln. Das Wahlrecht zwischen bilanzieller Gewinnermittlung und Einnahmenüberschussrechnung bestehe nur, wenn dem Steuerpflichtigen bei Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit bewusst sei, dass er gewerblich tätig werde. Daran habe es hier gefehlt.
28
Die Zahlung für das vierte Quartal 2017 in Höhe von 8.251 € (inkl. Vertrag C) sei nicht im Zuflussjahr 2018 zu versteuern, sondern als bereits 2017 realisiert zu behandeln. 2018 und 2019 seien auch keine Mietforderungen zu aktivieren. Denn es sei unklar gewesen, ob, in welcher Höhe und wann mit der Nachzahlung der Mieten gerechnet werden konnte. Die erste Abschlagszahlung sei in 2021 erfolgt.
29
Die lineare AfA sei hingegen fortzuführen. Sie seien ab 2018 nachzuholen, indem der Restbuchwert (hier die vollen Anschaffungskosten) über die neu zu schätzende Nutzungsdauer abzuschreiben sei; im Fall der Nachholung sei keine Umqualifizierung der Verlustvorträge erforderlich. Da sich die AfA bereits im Rahmen der sonstigen Einkünfte ausgewirkt habe, sei zu entscheiden, ob der Restbuchwert um die zugeflossenen Einnahmen zu kürzen sei. Somit hätten sich für 2018 und 2019 negative gewerbliche Einkünfte in Höhe von 24.584 € ergeben. Diese Verluste würden durch andere positive Einkünfte vollständig ausgeglichen.
30
Am 29. November 2018 sei die fünfjährige Festmietzeit für die 2013 erworbenen Gebrauchtcontainer abgelaufen. Da der Insolvenzverwalter kein Rückkaufangebot gemacht habe, sei im Einspruchsverfahren für 2018 der Restbuchwert von 17.419 € als Verlust nach § 23 EStG erklärt worden. Da es sich um Betriebsvermögen handele, sei eine Teilwertabschreibung des Restbuchwertes erfolgt, da der in Aussicht gestellte Rückkaufpreis von 34.560 € nicht bezahlt worden und auch nicht absehbar gewesen sei, ob, wann und in welcher Höhe dieser nachgezahlt würde. Dadurch reduzierten sich die Abschreibungen in 2019 auf 15.739 €.
31
Am 9. Oktober 2019 habe die fünfjährige Festmietzeit für den Containervertrag E aus 2014 geendet. Der Restbuchwert in Höhe von 74.261 € sei ausgebucht worden.
32
Zum 31. Dezember 2017 habe sich der Verlustvortrag gem. § 22 Nr. 3 Satz 4 EStG auf 73.704 € belaufen. Dieser Betrag sei in einen gewerblichen Verlust umzuqualifizieren und in 2018 mit positiven Einkünften zu verrechnen. Denn 2013 bis 2017 seien gewerbliche Verluste erzielt worden.
33
Bis zur Insolvenz seien die Verträge wie vereinbart durchgeführt worden. Noch im Februar 2018 sei an die Klägerin der Veräußerungserlös der 2012 abgeschlossenen Verträge C ausbezahlt worden. Durch die Nichterfüllungserklärung des Insolvenzverwalters gem. § 103 Insolvenzordnung (- InsO –; Pressemitteilung vom xx 2018) sei die Containervermietung nicht eingestellt worden. Somit sei die Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin nicht entfallen. Die Nichterfüllungserklärung habe insolvenzrechtliche Gründe. Nur die Mietverlängerungs- und Rückkaufangebote seien nicht mehr erfüllt worden. Die Containerflotte sei vom Insolvenzverwalter weitervermietet worden. Es könne daher keine Rede davon sein, dass die Container nicht existierten. Nur der Verwalter sei ausgetauscht worden. Zudem sei die als Inkassostelle zuständige Gruppen-Gesellschaft nicht insolvent. Denn die Containermieten seien von den Mietern weiterbezahlt worden. Nur die Weiterleitung an die insolventen Verwaltungsgesellschaften sei zunächst gestoppt worden. Die letzte Ausschüttung für das IV. Quartal 2017 sei planmäßig Anfang 2018 erfolgt.
34
Das FA berufe sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung zu vergeblichen Erwerbsaufwendungen, bei denen die geplante Einkunftserzielung verhindert worden sei und keine Abschreibungen in Betracht kommen könnten. Darum gehe es hier nicht, da bis zur Insolvenz Vermietungseinkünfte erzielt und besteuert worden seien und die Einkunftserzielung bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens fortgeführt werde. Bis heute sei nicht bewiesen, weshalb und wie häufig Kaufpreise nicht zum Kauf von Containern verwandt worden seien. Nach § 41 AO komme es nicht auf eine eventuelle rechtliche Unwirksamkeit der Verträge an, da diese jahrelang tatsächlich durchgeführt worden seien.
35
Wegen der Fortführung des Vermietungsgeschäfts durch den Insolvenzverwalter im Interesse aller Gläubiger sei keine Betriebsaufgabe anzunehmen. Über den Gläubigerausschuss bestünden Mitwirkungsrechte.
36
Eine Berücksichtigung der Restbuchwerte erst bei Abschluss des Insolvenzverfahrens verstoße gegen das Nettoprinzip. Bei Aussetzung der AfA könnten Ausschüttungen aus der Insolvenzmasse, die aus Containermieten stammten, nicht mit AfA verrechnet werden. Zinserträge würden die Gläubiger nicht erzielen, weil es der Insolvenzmasse dafür an freier Liquidität fehle. Die Abschlagszahlungen 2021 und 2022 seien daher nicht in Zins und Tilgung aufzuspalten, sondern ausschließlich als Nachzahlung der aufgelaufenen Mieteinnahmen 2018 bis 2020 zu behandeln.
37
Das FA nehme an, dass die vermieteten Container durch eine Schadensersatzforderung ersetzt worden seien. Eine Rechtsgrundlage werde nicht genannt. I. R. d. gewerblichen Einkünfte wäre ein solcher Tausch erfolgswirksam.
38
Die Gläubiger hätten Anspruch auf Schadensersatz aus Nichterfüllung (positives Interesse) oder aus Rückabwicklung (negatives Interesse), der zur Insolvenztabelle angemeldet und nach Prüfung durch den Insolvenzverwalter festgestellt werde. Ein einklagbarer Anspruch auf Auszahlung ergebe sich dadurch nicht.
39
Die Container seien dem Anlagevermögen, nicht dem Umlaufvermögen zuzuordnen. Sie seien nicht zur sofortigen Veräußerung bestimmt gewesen, sondern für die Hälfte bzw. (bei den Gebrauchtcontainern) 62,5% der Nutzungsdauer vermietet gewesen.
40
Die Zahl der vorhandenen Container sei geringer gewesen als erforderlich, was der Klägerin mit der Insolvenzeröffnung der A-GmbH und B-GmbH Anfang 2018 bekannt geworden sei, somit sei absehbar gewesen, dass die Mieten und Rückkaufpreise nicht mehr wie vertraglich vereinbart erfüllt würden. Bei A-GmbH und B-GmbH wäre eine personelle Zuordnung der Container theoretisch möglich gewesen. Der erforderliche Ermittlungsaufwand sei aber an der großen Anzahl der vorhandenen Container und Anleger gescheitert. Der Insolvenzverwalter habe daher entschieden, alle Anleger als Vermieter der Container zu behandeln.
41
Bei Annahme von gewerblichen Einkünften würden Teilwertabschreibungen in Höhe der bisher erklärten Abschreibungsbeträge beantragt.
42
In den Jahren bis 2017 sei, soweit für die Verträge Gewerblichkeit anzunehmen sei, AfA irrtümlich unterlassen worden und in 2018 nachzuholen. Der Verlustvortrag aus sonstigen Einkünften sei entsprechend zu reduzieren.
43
Die Klägerin beantragt,
die Einkommensteuerbescheide vom 14. Februar 2024 für 2018 und 14. März 2024 für 2019 dahingehend zu ändern, dass
a) weitere Einkünfte aus Gewerbebetrieb Containervermietung und -veräußerung in Höhe von -42.053 € in 2018 und -90.054 € in 2019 berücksichtigt werden sowie
b) die bisher berücksichtigten sonstigen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 14.262 € in 2018 und
c) die bisher berücksichtigten sonstigen Einkünfte aus Leistungen in Höhe von -10.897 € in 2018 gestrichen werden.
44
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
45
Zur Klageerwiderung verweist das FA auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend im Wesentlichen Folgendes vor:
46
Das BFH-Urteil vom 7. Februar 2018 X R 10/16, BFHE 260, 490, BStBl II 2018, 630, beziehe sich auf die Qualifikation der Einkunftsart, der die verlorenen Aufwendungen zuzuordnen seien. Maßgeblich sei die Sichtweise des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge. Die für jeden Vertrag gesondert durchzuführende Prüfung habe für die i. R. des Klageverfahrens vorgelegten Verträge D und E ergeben, dass gewerbliche Einkünfte gegeben seien. Der BFH habe die Berechnung des Verlusts durch die Vorinstanz, die mangels Anschaffung des Wirtschaftsguts keine AfA berücksichtigt gehabt habe, nicht beanstandet. Stattdessen seien die von der Klägerin geleisteten Zahlungen in dem Zeitpunkt abziehbar, in dem deutlich geworden sei, dass die Gegenleistung ausbleiben werde und keine Rückzahlung zu erlangen sei. Das sei erst mit Abschluss der Insolvenzverfahren der Fall.
47
Mangels Eigentumserwerbs an den Containern (vgl. LG Stuttgart, Urteil vom 8. Oktober 2020 27 O 34/20) seien keine Mieteinkünfte erzielt worden. Durch die Insolvenz sei somit keine Einstellung der bisherigen Tätigkeit erfolgt. Da vergebliche Aufwendungen vorlägen, seien die von A-GmbH und B-GmbH vorgenommenen Auszahlungen entsprechend dem BFH-Urteil vom 7. Februar 2018 X R 10/16, BFHE 260, 490, BStBl II 2018, 630, als „Scheinrenditen“ der Besteuerung zu unterwerfen.
48
Das Wahlrecht zur Gewinnermittlung könne nur zu Beginn des Gewinnermittlungszeitraums ausgeübt werden, z. B. durch Einrichtung einer ordnungsgemäßen kaufmännischen Buchführung. Hierfür sei im Streitfall nichts ersichtlich, so dass von einer Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung auszugehen sei. Bei Bilanzierung bemesse sich der erste Bilanzansatz eines zuvor nicht bilanzierten Wirtschaftsguts des notwenigen Betriebsvermögens nach dem Wert, mit dem es bei von Beginn an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde (kein Ansatz der Container, Ansatz der Anzahlung in Höhe der Anschaffungskosten). Bei der Einnahmenüberschussrechnung sei eine Teilwertabschreibung nicht zulässig. Sofern eine Teilwertabschreibung gewährt werden könne, könne es zumindest teilweise zu einer Doppelberücksichtigung der Anschaffungskosten kommen (AfA bei den sonstigen Einkünften, Teilwertabschreibungen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb).
49
Das FA nehme nicht an, dass die Container durch eine Schadensersatzforderung ersetzt worden seien. Vielmehr seien von Anfang an keine Container erworben worden. Die steuerliche Behandlung der 2021 und 2022 ausbezahlten Abschlagszahlungen sei nicht Gegenstand der Streitjahre.
50
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die ausgetauschten Schriftsätze, die vorgelegten Akten und das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 5. Juni 2024 verwiesen.

Entscheidungsgründe

II.
51
Die Klage hat Erfolg.
52
1. Hinsichtlich des Vertrags C hat das FA unzutreffend im Einkommensteuerbescheid für 2018 vom 9. Dezember 2021 Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften gem. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG in Höhe von 14.262 € berücksichtigt. Für diesen Vertrag sind nach der Verklammerungsrechtsprechung Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzunehmen. Wegen Gewerblichkeit nach der Verklammerungsrechtsprechung sind auch keine sonstigen Einkünfte aus Leistungen gem. § 22 Nr. 3 EStG aus den Verträgen C, D und E anzusetzen.
53
Die gewerblichen Einkünfte aus Containervermietung und -veräußerung belaufen sich auf - 42.053 € in 2018 und -83.318 € in 2019.
54
a) Gewerbebetrieb ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG jede selbständige und nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird, sich als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und nicht als Ausübung von Land- oder Forstwirtschaft oder selbständiger Arbeit anzusehen ist; darüber hinaus darf es sich bei der Tätigkeit nicht um private Vermögensverwaltung handeln.
55
Ob ein Steuerpflichtiger gewerblich tätig wird, bestimmt sich danach, ob die zu beurteilende Tätigkeit nach Art und Umfang dem Bild einer unternehmerischen Marktteilnahme entspricht. Maßgebend hierfür ist neben der Verkehrsanschauung nicht der einzelne Betätigungsakt, sondern das jeweilige, vom Tatsachengericht umfassend zu würdigende Gesamtbild der Verhältnisse. Zu diesem Gesamtbild gehören auch die der jeweiligen Tätigkeit zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarungen (BFH-Urteil vom 7. Februar 2018 X R 10/16, BFHE 260, 490, BStBl II 2018, 630; m. w. N.).
56
Dabei ist die Qualifizierung der Einkunftsart nicht objektiv rückblickend nach den tatsächlichen Verhältnissen vorzunehmen, sondern nach der Sichtweise des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge (BFH-Urteil vom 7. Februar 2018 X R 10/16, BFHE 260, 490, BStBl II 2018, 630; m. w. N.).
57
Die Vermietung einzelner beweglicher Gegenstände erfüllt zwar grundsätzlich die in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG positiv formulierten Voraussetzungen, geht jedoch in der Regel nicht über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinaus. Dazu gehören auch der Erwerb und die Veräußerung beweglicher Sachen, wenn diese Vorgänge den Beginn und das Ende einer in erster Linie auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit darstellen. Eine gewerbliche Tätigkeit kann daher – ausnahmsweise – erst in Betracht gezogen werden, wenn im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, die der Vermietungsleistung als Ganzes das Gepräge einer selbständigen nachhaltigen, von Gewinnstreben getragenen Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr geben, hinter der die eigentliche Gebrauchsüberlassung des Gegenstandes in den Hintergrund tritt (BFH-Urteil vom 8. Juni 2017 IV R 30/14, BFHE 258, 403, BStBl II 2017, 1061, m. w. N.).
58
b) Nach diesen Maßgaben fallen die Einkünfte aus den Verträgen C, D und E unter § 15 EStG. Die beabsichtigte Tätigkeit überschreitet den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung (so auch Finanzgericht – FG – Düsseldorf, Urteile vom 21. Dezember 2021 13 K 2760/20 E, EFG 2023, 1624, Revision anhängig beim BFH X R 4/23, und vom 21. Dezember 2021 13 K 2755/20 E, juris, Revision anhängig beim BFH III R 35/22; a. A. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. November 2023 8 K 2173/21, EFG 2024, 384).
59
Zwar beinhalteten die Kauf- und Verwaltungsverträge den Erwerb von Containern und deren Vermietung, was grundsätzlich in den Bereich der privaten Vermögensverwaltung fällt. Jedoch lässt sich den Vertragskonditionen (Laufzeit, Garantiemiete) sowie den zugehörigen Angeboten entnehmen, dass die Klägerin unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer von acht Jahren für Gebrauchtcontainer und zehn Jahren für Neucontainer jeweils einen Gesamtgewinn nur unter Einbeziehung eines Veräußerungsgewinns aus den Containern erzielen konnte. Daher sind An- und Verkauf mit der Vermietung aufgrund eines einheitlichen Geschäftskonzepts verklammert.
60
Der Annahme gewerblicher Einkünfte aus den Verträgen C, D und E steht nicht entgegen, dass es nicht zu einem Eigentumserwerb der Klägerin an den einzelnen Containern kam und sie mangels konkret als Vermietungsobjekte zuordenbarer Container auch nicht in die Vermieterstellung einrückte (a. A. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. November 2023 8 K 2173/21, EFG 2024, 384, das aus diesem Grund sowie mangels Absicht des Steuerpflichtigen, Container zu erwerben und zu vermieten, Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG annimmt, allenfalls sonstige Einkünfte aus Leistungen gem. § 22 Nr. 3 EStG).
61
2. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind, da die Klägerin – ausgehend von Tätigkeiten im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung – nicht die Einnahmen-Überschuss-Rechnung gewählt hat, durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln (BFH-Urteile vom 21. Juli 2009 X R 28/06, BFH/NV 2009, 1979; vom 8. März 1989 X R 9/86, BFHE 156, 443, BStBl II 1989, 714).
62
Die Bilanzen zum 31. Dezember 2018 und 2019 wären jeweils spätestens zwölf Monate nach dem Bilanzstichtag aufzustellen gewesen (BFH-Urteil vom 6. Dezember 1983 VIII R 110/79, BFHE 140, 74, BStBl II 1984, 227). Bis zu diesem Aufstellungszeitpunkt bekanntwerdende Umstände dienen der Wertaufhellung (BFH-Beschluss vom 12. Dezember 2012 I B 27/12, BFH/NV 2013, 545).
63
3. Auf den 1. Januar 2018 ist eine Anfangsbilanz aufzustellen.
64
a) Für den Fall eines „nicht erkannten Gewerbebetriebs“, in dem für ein späteres Wirtschaftsjahr nach Eröffnung mit der Bilanzierung begonnen wird, sind bei erstmaliger Bilanzaufstellung mangels einer vorhergehenden Schlussbilanz im ersten noch offenen Jahr die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs unbeachtlich (BFH-Urteil vom 30. Oktober 1997 IV R 76/96, BFH/NV 1998, 578).
65
Für den ersten Bilanzansatz eines Wirtschaftsguts des notwendigen Betriebsvermögens in der erstmals aufzustellenden Anfangsbilanz gelten damit die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs ebenfalls nicht. Der Bilanzansatz für das zuvor nicht bilanzierte Wirtschaftsgut bemisst sich nach dem Wert, mit dem es bei von Anfang an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde. Die nachträgliche Einbuchung des Wirtschaftsguts in die Anfangsbilanz selbst ist eine berichtigende gewinnneutrale Einbuchung über das Kapitalkonto und keine Einlage (BFH-Urteil vom 26. November 2008 X R 23/05, BFHE 224, 61, BStBl II 2009, 407, m. w. N.).
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b) Nach diesen Maßgaben sind im Streitfall in die Anfangsbilanz zum 1. Januar 2018 folgende Positionen erfolgsneutral einzubuchen:
Forderungen auf Garantiemiete IV/2017 für Verträge C, D und E
Umsatzsteuerverbindlichkeiten auf Garantiemiete III und IV/2017 für Verträge C, D und E
Forderung auf Rückkaufpreis für Vertrag C in Höhe von 33.005 €
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c) Erfolgsneutral sind ferner Forderungen auf die Eigentumsverschaffung an den Containern in Höhe der Vorauszahlungen für die Verträge C, D und E in Höhe von insgesamt 233.184 € einzubuchen. Hingegen sind keine Container einzubuchen, da die Klägerin kein Eigentum an Containern erworben hatte.
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aa) Für den Abzug von Anschaffungskosten im Rahmen der AfA kommt es auf den Zeitpunkt der Anschaffung an (BFH-Urteil vom 14. April 2011 IV R 52/09, BFHE 233, 257, BStBl II 2011, 929). Nach § 9a Einkommensteuer-Durchführungsverordnung ist die Anschaffung mit der Lieferung bewirkt. Lieferung bedeutet Verschaffen der Verfügungsmacht. Es kommt somit auf den Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an. Das ist bei der Übertragung eines Wirtschaftsguts in der Regel der Fall, wenn Eigenbesitz, Gefahr, Lasten und Nutzen auf den Erwerber übergehen (BFH-Urteil vom 14. April 2011 IV R 52/09, BFHE 233, 257, BStBl II 2011, 929).
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Mit der Zahlung des Kaufpreises ist jeweils eine entsprechende Forderung (erfolgsneutral) zu aktivieren, die den Anspruch auf die Eigentumsverschaffung widergibt. Erst wenn das Eigentum übertragen worden ist, entstehen Anschaffungskosten, die über die AfA jährlich zu Betriebsausgaben führen. Bleibt die Eigentumsübertragung hingegen aus, entsteht ein Rückzahlungsanspruch; in diesem Fall kommt es erst dann zu Aufwand, wenn der Rückzahlungsanspruch (z. B. infolge von Insolvenz des Verkäufers) wertlos wird ist (BFH-Beschluss vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830).
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bb) Im Streitfall hat die Klägerin einen rechtlichen Eigentumserwerb an bestimmten Containern nicht nachgewiesen. Auch wirtschaftliches Eigentum (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO) kommt vorliegend nicht in Betracht. Daher sind weder Container mit ihren Anschaffungskosten als Vermögensgegenstände einzubuchen noch kann AfA auf die Container abgezogen werden. Die Vorstellung der Klägerin, sie habe Eigentum erworben, genügt hierfür nicht. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Container dem Umlaufvermögen hätten zugehören sollen, so dass die geltend gemachte jährliche lineare AfA schon deshalb ausschiede (Umlaufvermögen nimmt das FG Düsseldorf an mit Urteilen vom 21. Dezember 2021 13 K 2760/20 E, EFG 2023, 1624, Revision anhängig beim BFH X R 4/23, und vom 21. Dezember 2021 13 K 2755/20 E, juris, Revision anhängig beim BFH III R 35/22).
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Die Vorauszahlungen sind in voller Höhe in die Anfangsbilanz zum 1. Januar 2018 einzubuchen. Dass in den Vorjahren bei den sonstigen Einkünften AfA auf Container als Werbungskosten abgezogen wurden, die zu Verlustvorträgen führten, soweit sie die Mieteinnahmen überstiegen, kann nicht wertmindernd berücksichtigt werden.
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4. Nach der Nichterfüllungserklärung des Insolvenzverwalters (§ 103 Abs. 2 InsO) und Anmeldung der Forderungen wegen Nichterfüllung zur Tabelle durch die Klägerin im xx 2018 waren die Vorauszahlungen erfolgsneutral auf sonstige Vermögensgegenstände in Form von Rückzahlungsforderungen umzubuchen. Denn mit der Anmeldung der Forderungen wegen Nichterfüllung zur Insolvenztabelle entfällt der Erfüllungsanspruch (Bundesgerichtshof, Urteil vom 7. Februar 2013 IX ZR 218/11, BGHZ 196, 160).
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5. Der Ansatz der Rückzahlungsforderungen konnte in 2018 um eine Teilwertabschreibung in Höhe von 42.003 € vermindert werden.
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a) Geldforderungen sind in der Steuerbilanz gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG ebenso wie in der Handelsbilanz gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB grundsätzlich mit ihren Anschaffungskosten anzusetzen. Diese entsprechen ihrem Nennwert. Ist der Teilwert einer Forderung niedriger als ihr Nennwert, weil z. B. zweifelhaft ist, ob die Forderung in Höhe des Nennwertes erfüllt werden wird (Ausfallrisiko), so „kann“ statt des Nennwerts der niedrigere Teilwert angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Er entspricht dem Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).
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Sind Forderungen mit einem über das allgemeine Kreditrisiko hinausgehenden Ausfallrisiko behaftet, ist dem im Wege der Einzelwertberichtigung Rechnung zu tragen; der bloße Einbezug in eine Pauschalwertberichtigung eines Gesamtbestandes von Forderungen ist nicht ausreichend. Zweifelhafte Forderungen sind mit ihrem wahrscheinlichen Wert anzusetzen, uneinbringliche Forderungen sind abzuschreiben.
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Ein (wegen Ausfallrisikos) unter ihrem Nennbetrag liegender Teilwert (beizulegender Wert) von Geldforderungen kann im Allgemeinen nur im Wege der Schätzung ermittelt werden. Dabei kommt dem Ermessen des Kaufmanns besondere Bedeutung zu. Maßgebend ist, ob ein vorsichtig bewertender Kaufmann nach der allgemeinen Lebenserfahrung aus den jeweiligen Umständen des Einzelfalles die Annahme eines – teilweisen – Forderungsausfalls herleiten darf. Die Zahlungsfähigkeit und die Zahlungswilligkeit (Bonität) eines Schuldners sind dabei individuell nach dessen Verhältnissen zu ermitteln.
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Allerdings muss die Schätzung eine objektive Grundlage in den am Bilanzstichtag gegebenen Verhältnissen finden. Schließlich sind auch Geldforderungen nach allgemeinen Grundsätzen unter Berücksichtigung wertaufhellender Umstände zu bewerten (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Danach sind bis zum Tag der Bilanzerstellung erlangte Kenntnisse über den Wert von Forderungen zum Bilanzstichtag zu berücksichtigen. Auch der Umstand einer späteren (teilweisen) Erfüllung der Forderung kann deren Wert zum Bilanzstichtag „aufhellen“. Der Wertermittlung zugrunde zu legen ist er jedoch nur, wenn er spätestens am Tag der Bilanzerstellung verwirklicht worden ist. Nach dem Tag der Bilanzerstellung eingetretene Umstände oder erlangte Kenntnisse sind unbeachtlich (BFH-Urteil vom 20. August 2003 I R 49/02, BFHE 203, 319, BStBl II 2003, 941, m. w. N.).
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b) Nach diesen Maßgaben ist die beantragte Teilwertabschreibung auf die Rückzahlungsforderungen in Höhe von 42.003 € in 2018 gerechtfertigt. Denn bereits vor dem Zeitpunkt, in dem die Bilanz zum 31. Dezember 2018 zu erstellen gewesen wäre (31. Dezember 2019), konnte nach der Pressemitteilung des Insolvenzverwalters vom xx 2019 allenfalls eine Verwirklichung der Forderungen in Höhe eines Drittels ihres Nennwerts erwartet werden.
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c) Hinzu kommen 2018 folgende Betriebsausgaben: 50 € sonstige Kosten.
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d) Die auf die Zeit ab dem 1. Januar 2018 bis zur Anmeldung der Forderungen der Klägerin wegen Nichterfüllung zur Insolvenztabelle in 2018 entfallenden Garantiemieten sind zwar mit ihrer Entstehung als Forderung zu aktivieren. Die Klägerin hat aber bei ihrem Klageantrag diese Einkünfte in 2018 gewinnneutral behandelt. Der Senat versteht dies dahin, dass in 2018 eine Teilwertabschreibung in derselben Höhe geltend gemacht wird. Dagegen bestehen vor dem Hintergrund der bis zum Tag der Bilanzaufstellung bekannten Umstände keine Bedenken.
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6. Bei Abschluss der Vergleichsvereinbarung in 2019 wäre zu buchen:
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Vergleichsforderungen (37.333,20 € + 160.583,87 € =) 197.917 € an Rückzahlungsforderungen (Restbuchwert) 191.181 € an außerordentlicher Ertrag 6.736 €.
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Auf die Vergleichsforderungen kann dann wiederum eine Teilwertabschreibung wie beantragt in Höhe von 90.004 € erfolgen.
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Hinzu kommen 2019 folgende Betriebsausgaben: 50 € sonstige Kosten.
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7. Der Einkommensbesteuerung 2018 und 2019 sind somit – statt Einkünften aus Leistungen und Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften – folgende Einkünfte zu Grunde zu legen:
weitere Einkünfte aus Gewerbebetrieb Containervermietung und -veräußerung in Höhe von - 42.053 € in 2018 und -83.318 € in 2019.
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8. Der zum 31. Dezember 2017 festgestellte Verlustvortrag für die Einkünfte aus sonstigen Leistungen kann nicht in einen gewerblichen Verlust umqualifiziert werden. Die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags gem. § 22 Nr. 3 Satz 4 i. V. m. § 10d Abs. 4 EStG hat Bindungswirkung für die Einkommensbesteuerung. Bei der Einkommensbesteuerung dürfen somit nicht abweichend davon Verluste einer anderen Einkunftsart als festgestellt angesehen und mit anderen Einkünften verrechnet werden.
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9. Die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer 2018 und 2019 wird dem FA übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
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10. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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11. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung.
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12. Die Revision wird zugelassen im Hinblick auf die beim BFH anhängigen Verfahren mit den Az. III R 35/22 und X R 4/23 (§ 115 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 FGO).