Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 14.05.2024 – Au 2 K 23.320
Titel:

zur Erhebung von Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen bei einer Betriebsstätte innerhalb einer Gemeinde

Normenketten:
BayKAG Art. 6 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. b
AO § 12 S. 2 Nr. 8
kommunale FBS § 2
Leitsätze:
1. Eine Betriebsstätte in der Gemeinde unterhält auch, wer zwar seinen Sitz außerhalb des Gemeindegebiets hat, innerhalb der Gemeinde jedoch Bauausführungen tätigt, die länger als sechs Monate dauern. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Bauausführung von mehr als sechs Monaten liegt vor, wenn ein zusammenhängender Zeitraum von mehr als sechs Monaten gegeben ist; eine Unterbrechung ist ohne Bedeutung, wenn die Unterbrechung im Betriebsablauf der Bauausführung, mithin im Arbeitsablauf des Unternehmens oder seiner Subunternehmer, begründet ist. (Rn. 26 – 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Kommunalabgabenrecht, Fremdenverkehrsbeitrag, Vorliegen einer Betriebstätte, kommunale Satzung für die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags (FBS), Betriebsstätte, örtlicher Unternehmer, mittelbarer Vorteil, Bauausführung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 15827

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.  

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Fremdenverkehrsbeiträgen für die Jahre 2017 bis 2019.
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Die Klägerin betreibt ein Unternehmen für Gebäudetechnik, insbesondere Elektro, Blitzschutz, Heizung und Sanitär, mit Sitz in * *. Sie war Auftragnehmerin und Ausführende der Elektroarbeiten bei der Generalsanierung der * . Im Jahr 2016 wurde die Klägerin vom 1. August bis 30. Dezember und im Einzelnen an folgenden Kalendertagen tätig (siehe Nummer 12 der Behördenakte und Blatt 5 bis 7 der Gerichtsakte): 1. bis 5., 15. bis 19., 22. bis 26., 29. bis 31. August; 1., 2., 12. bis 16., 19. bis 23. September; 3., 4., 10. bis 14., 17. bis 21., 24. bis 28. Oktober; 1. bis 4., 7. bis 12., 14. bis 18., 21. bis 25., 28. bis 30. November; 1., 2., 5. bis 9., 12. bis 16., 19. bis 23., 26. bis 30. Dezember. Im Jahr 2017 wurde die Klägerin vom 2. Januar bis 15. Dezember mit vier über zwei Wochen hinausgehenden Unterbrechungen (11. März bis 3. Juni, 16. August bis 2. September, 30. September bis 15. Oktober, 21. Oktober bis 5. November) und im Einzelnen an folgenden Kalendertagen tätig: 2. bis 5., 9. bis 13., 16. bis 20., 23. bis 27., 30., 31. Januar; 1. bis 4., 13. bis 18., 20. bis 24. Februar; 6. bis 10. März; 5. bis 9., 12. bis 16., 19. bis 23., 26. bis 30. Juni; 10. bis 14., 17. bis 21. Juli; 1. bis 4., 7. bis 15. August; 4. bis 8., 11. bis 15., 25. bis 29. September; 16. bis 20. Oktober; 6. bis 9., 13. bis 17., 20. bis 24., 27. bis 30. November; 4. bis 8., 11. bis 15. Dezember.
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Auf der Grundlage der Satzung für die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags vom 20. Februar 2018 (FBS) erhebt der Beklagte von allen selbständig tätigen natürlichen und juristischen Personen, denen durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet Vorteile erwachsen, einen Fremdenverkehrsbeitrag. Durch den Beitrag wird der Vorteil, der dem Beitragsschuldner innerhalb eines Jahres durch den Fremdenverkehr mittelbar oder unmittelbar erwächst, abgegolten (§ 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 FBS).
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Mit Schreiben vom 2. Dezember 2021 forderte der Beklagte die Klägerin zur Erklärung der für die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags maßgeblichen Berechnungsgrundlagen (Gewinn/Verlust bzw. Umsatz aus dem Gewerbe) auf. In diesem Zusammenhang gab die Klägerin unter anderem an, bei den Elektroarbeiten an der * einen steuerbaren Umsatz für das Jahr 2017 in Höhe von netto 352.246,00 EUR, für das Jahr 2018 in Höhe von netto 258.683,00 EUR und für das Jahr 2019 in Höhe von netto 2.449,00 EUR zu haben.
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Mit Bescheid vom 4. August 2022 setzte der Beklagte Fremdenverkehrsbeiträge in Höhe von 2.324,82 EUR für das Jahr 2017, 1.707,31 EUR für das Jahr 2018 und 16,16 EUR für das Jahr 2019 fest. Der Beitragsermittlung zugrunde gelegt wurden jeweils der erklärte Umsatz, ein Vorteilssatz von 75% und ein Beitragssatz von 0,88%.
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Gegen diesen Bescheid ließ die Klägerin mit Schreiben vom 18. August 2022 Widerspruch einlegen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid des Landratsamts * vom 9. Februar 2022 zurückgewiesen.
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Dagegen ließ die Klägerin am 2. März 2012 Klage erheben. Für sie ist beantragt,
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Der Fremdenverkehrsbeitragsbescheid des Beklagten vom 04.08.2022 wird aufgehoben.
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Die Klägerin sei in der Zeit vom 1. August 2016 bis zum 15. Dezember 2017 Auftragnehmerin und Ausführende der Elektroarbeiten bei der Generalsanierung der * gewesen. Bei dieser * handele es sich um eine reine Sportstätte. Diese sei für Touristen nur zur Besichtigung zugänglich, nicht zur Nutzung. Diese Generalsanierung sei durch den Bund, das Land Bayern, den Deutschen Skiverband und das Olympische Komitee gefördert und finanziert worden. Für die Ausführung der Arbeiten habe es im Leistungsverzeichnis einen allgemeinen Zeitraum gegeben, der durch Verzögerungen und Änderungen erheblich überschritten wurde. Hauptursache seien Änderungen der Ausführung, hauptsächlich aber auch verzögerte Ausführungen der Vorgewerke gewesen. Die Klägerin habe teilweise wochenlang nicht arbeiten gekonnt, da die Vorgewerke keine Anschlussarbeiten zugelassen haben. Die Klägerin habe an den Beklagten mehrere Behinderungsanzeigen wegen fehlender Fertigstellung der Vorgewerke geschrieben. Die Klägerin lege dem Gericht eine datumsgenaue Aufstellung der an der Baustelle tätigen Mitarbeiter der Klägerin vor, in die auch die Zeitpunkte der Behinderungsanzeigen eingetragen seien. Daraus ergebe sich, dass die Mitarbeiter der Klägerin von Anfang an teilweise wochenlang, teilweise mehrere Tage lang nicht tätig werden haben können. In diesen Leerlaufzeiten seien die Mitarbeiter der Klägerin an anderen Baustellen der Klägerin oder im Betrieb im Bay. Wald eingesetzt worden. Beispielhaft sei der Zeitraum Februar 2017 herausgegriffen. Vom 4. bis 13. Februar haben die Leute der Klägerin nicht arbeiten können, dasselbe gelte vom 24. Februar bis 6. März 2017. Gehe man die übrigen Datumsangaben durch, dann ergebe sich Gleiches über den gesamten Zeitraum der Bauausführung. Diese tagelangen und teilweise auch über Wochen gehenden Fehlzeiten habe die Klägerin hinnehmen müssen. Es gebe keinen zusammenhängenden Zeitraum von sechs Monaten, also keine ununterbrochene Tätigkeit. Die Heranziehung der Klägerin zum Fremdenverkehrsbeitrag sei unbegründet. Außer Streit sei, dass die Klägerin keinen festen Betriebssitz im Gebiet des Beklagten habe. Die Klägerin habe auch keinen Vorteil aus den touristischen und fremdenverkehrsspezifischen Einrichtungen des Beklagten. Keiner ihrer Mitarbeiter nutze irgendwelche Anlagen. Auch erwachse der Klägerin aus dem Fremdenverkehr des Beklagten kein wirtschaftlicher Vorteil. Über die Bestimmung der Betriebsstätte in § 12 AO Satz 2 Nr. 8, dort auch als Montage bezeichnet, und dem sechs Monatszeitraum sei der Beklagte der Meinung, den Fremdenverkehrsbeitrag erheben zu können. Diese Rechtsanwendung sei aus mehreren Gründen unrichtig: Bereits vom Wortlaut her fordere § 12 Satz 2 Nr.8 c AO eine Tätigkeit ohne Unterbrechung mit aufeinander folgenden Bauausführungen und Montagen. Gehe man die vorgelegte Liste durch, dann seien erhebliche Unterbrechungen der Montagen gegeben, so dass bereits aus diesem Grund die Anwendbarkeit dieser Bestimmung scheitere. § 12 Satz 2 Nr. 8 c AO erweitere zudem den Anwendungsbereich der kommunalen Beitragsatzung nicht auf alle Montageunternehmen, nur weil sich Unternehmen über die sechsmonatige Tätigkeit im Gemeindegebiet erfassen lassen haben. Allein die Sechsmonatsfrist führe nicht zu Vorteilen.
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Der Beklagte ließ mit Schriftsatz vom 12. April 2023 beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin sei als so genannte „örtliche Unternehmerin“ nach § 1 Abs. 1 FBS fremdenverkehrsbeitragspflichtig. Auch Ortsfremde können nach ständiger Rechtsprechung der Beitragspflicht unterfallen, sofern sie sich in die Abgabenhoheit der Selbstverwaltungskörperschaft begeben haben, indem sie in eine nicht nur vorübergehende, objektiv verfestigte Beziehung zu ihr getreten seien. Das sei nach Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs jedenfalls anzunehmen, wenn derjenige, der zum Fremdenverkehrsbeitrag herangezogen werden solle, in der Gemeinde eine Betriebsstätte im Sinne von § 12 AO unterhalte. Es handele sich um eine Betriebstätte nach § 12 Satz 1 und Satz 2 Nr. 8 AO i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KAG. Werden die Montagearbeiten vor dem Abschluss der Montage unterbrochen, so sei dies ohne Bedeutung, wenn – wie hier – die Unterbrechung im Betriebsablauf der Montage begründet sei. Das gelte grundsätzlich unabhängig von der Dauer der Arbeitsunterbrechung. Schließlich sei zu beachten, dass eine „ohne Unterbrechung“ anschließende Montage schon dann vorliegen kann, wenn zwischen den beiden Montagen ein nur geringfügiger zeitlicher Zwischenraum liege; hierbei sei eine Zeitspanne von bis zu zwei Wochen im Allgemeinen als geringfügig anzusehen. Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten – datumsgenauen – Aufstellung der Bauausführung liege keine Unterbrechung der Bautätigkeit von länger als zwei Wochen vor, so dass etwaige erfolgte Unterbrechungen die Annahme einer Betriebsstätte der Klägerin nicht in Zweifel ziehen können. Selbst wenn die Unterbrechung der Arbeiten nicht nur ganz kurzfristig ausfalle und die mit dem Montagevorgang betrauten Personen von der Montagestelle abgezogen werden, sei die für die Entstehung einer Betriebstätte maßgebliche Frist jedenfalls nur gehemmt. In dieser Situation bestehe mithin zwar die Montagestelle als solche fort, solange nicht die Arbeiten endgültig eingestellt werden. Die Unterbrechungszeit sei hier jedoch nicht in die Fristberechnung einzubeziehen; vielmehr laufe erst bei einer Wiederaufnahme der Arbeiten die ursprüngliche Frist weiter. Der Klägerin seien durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet der Beklagten auch Vorteile im Sinne von § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 FBS erwachsen. In diesem Zusammenhang werde zunächst darauf hingewiesen, dass es nicht auf den Vorteil im Hinblick auf eine etwaige Nutzung fremdenverkehrsspezifischer Einrichtungen des Beklagten durch Mitarbeiter der Klägerin ankomme. Durch den Beitrag abgegolten seien gemäß § 2 Abs. 1 FBS sowohl der unmittelbare, d.h. der aus direktem Geschäftsverkehr mit Fremden resultierende Vorteil als auch der mittelbare. Letzterer ergebe sich daraus, dass jemand aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit zwar nicht mit den Ortsfremden selbst, wohl aber im Rahmen der Bedarfsdeckung für den Fremdenverkehr mit den unmittelbar daran beteiligten Ortsansässigen Geschäfte tätige. Die Klägerin habe Baumaßnahmen beim Umbau der * sowie dem Neubau des Schrägaufzugs durchgeführt. Diese Einrichtung diene dem Erholungs- und Sporttourismus. Betreiber der * samt Schrägaufzug seien die „Sportstätten *“. Dies sei ein im Tourismus tätiger Ortsansässiger im beitragsrechtlichen Sinne.
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Die Klägerin lies hierauf mit Schriftsatz vom 20. Juni 2023 ergänzen, dass aus Sicht der Klagepartei der Sachverhalt unstreitig sei, über den zu befinden sei. Die Baustellenverzögerungen, die während der Ausführung eingetreten seien, seien nicht von der Klägerin zu vertreten, sondern teilweise witterungsbedingt, teilweise gehen sie auf andere Unternehmen zurück, deren Vorleistung erforderlich gewesen sei, damit die Klägerin mit ihren Leistungen nacharbeiten habe können.
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Der Beklagtenbevollmächtigte verzichtete mit Schriftsatz vom 12. April 2024 auf mündliche Verhandlung. Der Klägerbevollmächtigte verzichtete mit Schriftsatz vom 18. April 2024 auf mündliche Verhandlung.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakt und der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Über die Klage konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden, da die Parteien hierauf übereinstimmend verzichtet haben gemäß § 101 Abs. 2 VwGO.
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Die Klage ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da der Fremdenverkehrsbeitragsbescheid des Beklagten vom 4. August 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts * vom 9. Februar 2022 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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1. Die Erhebung der Fremdenverkehrsbeiträge beruht auf der rückwirkend zum 16. Dezember 2001 in Kraft getretenen „Satzung für die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags vom 20. Februar 2018“ des Beklagten (FBS) in Verbindung mit Art. 6 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl S. 264), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. Dezember 2021 (GVBl S. 638). Einwände hiergegen sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
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2. Der Beklagte hat für die Klägerin zu Recht Fremdenverkehrsbeiträge in Höhe von 2.324,82 EUR für das Jahr 2017, 1.707,31 EUR für das Jahr 2018 und 16,16 EUR für das Jahr 2019 festgesetzt. Die Klägerin ist Beitragsschuldnerin gemäß § 1 FBS, da ihr als selbständig tätige juristische Person durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet (nachfolgend b) Vorteile erwachsen (nachfolgend a).
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a) Der Klägerin sind Vorteile durch den Fremdenverkehr erwachsen indem sie bei der Generalsanierung der * Elektroarbeiten ausgeführt hat. Ein unmittelbarer Vorteil aus dem Fremdenverkehr ist der Klägerin durch die Elektroarbeiten nicht erwachsen, jedoch reicht gemäß § 2 FBS auch ein mittelbarer Vorteil.
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aa) Nach ständiger Rechtsprechung muss der mittelbare Vorteil im Sinne des Art. 6 Abs. 1 KAG, in Abgrenzung zu der nicht beitragsbegründenden allgemeinen wirtschaftlichen Prosperität durch die Fremdenverkehrsentwicklung eines Ortes, durch einen typischen und offensichtlichen Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr geprägt sein (vgl. BayVGH B.v. 7.7.2005 – 4 ZB 05.521 – juris Rn. 12; BayVGH U.v. 29.1.2020 – 4 B 18.2285 – juris Rn. 23). Das ist dann gegeben, wenn eine Person mit den am Fremdenverkehr unmittelbar partizipierenden Kreisen im Rahmen der für den Fremdenverkehr notwendigen Bedarfsdeckung Geschäfte tätigt oder Dienstleistungen erbringt und dadurch mittelbar vom Fremdenverkehr profitiert (vgl. BayVGH U.v. 18.3.1998 – 4 B 95.3470 – juris Rn. 17; BayVGH B.v. 7.7.2005 – 4 ZB 05.521 – juris Rn. 12). Es besteht bei denjenigen, die Geschäfte nur mit den am Fremdenverkehr mittelbar Beteiligten tätigen (dritte oder noch weiter entfernte Glieder in der Vertragskette), dieser Zusammenhang dann wegen fehlender oder zu schwacher Beziehung zum Fremdenverkehr in der Regel nicht mehr (vgl. BayVGH U.v. 18.3.1998 – 4 B 95.3470 – juris Rn. 18; BayVGH U.v. 14.1.2016 – 4 B 14.2227 – juris Rn. 27). Ausnahmsweise sind auch dritte (oder weitere) Glieder in einer Vertragskette dann zum Beitrag heranzuziehen, wenn ihre wirtschaftliche Betätigung gleichwohl noch in direktem Zusammenhang zum Fremdenverkehr steht, also aus diesem noch einen entsprechenden erkennbaren Sondervorteil ziehen (vgl. BayVGH U.v. 14.1.2016 – 4 B 14.2227 – juris Rn. 28). Es kommt dabei nicht darauf an, ob dem Beitragsschuldner Vorteile durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme bestimmter gemeindlicher Fremdenverkehrseinrichtungen oder speziell durch die Fremdenverkehrsförderung der Gemeinde entstehen, sondern es wird an die besonderen Vorteile aus dem Fremdenverkehr ganz allgemein angeknüpft (vgl. BayVGH U.v. 17.4.1985 – 4 B 83 A. 263, BeckRS 1985, 111368 Rn. 21).
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bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen entstand der Klägerin ein mittelbarer Vorteil. Die Klägerin tätigte hier Geschäfte mit den Sportstätten, welche am Fremdenverkehr unmittelbar beteiligt sind. Die Elektroarbeiten bei dem Umbau der * sowie dem Neubau des Schrägaufzugs wurden hier auch im Rahmen der für den Fremdenverkehr notwendigen Bedarfsdeckung erbracht. Die * dient dem Fremdenverkehr. Es handelt sich nicht um eine reine Sportstätte. Das touristische Angebot umfasst nicht nur geführte Touren und *besichtigungen, sondern auch ein Virtual Reality * Erlebnis, das Restaurant „* *“, einen Kiosk im Turm und einen Erlebnisweg. Der Panorama-Schrägaufzug bietet zudem einen einfachen Aufstieg zum * und ist damit Startpunkt für mehrere Wanderrouten. Der von der Klägerin vorgebrachte Einwand, dass die Generalsanierung durch den Bund, das Land Bayern, den Deutschen Skiverband und das Olympische Komitee gefördert und finanziert worden sei, kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Es kommt auf den Geschäftspartner, und damit hier die Sportstätten, an und diese partizipieren unmittelbar am Fremdenverkehr. Auch, dass keiner der Mitarbeiter der Klägerin irgendwelche Anlagen nutze, ist nicht relevant, da an die besonderen Vorteile aus dem Fremdenverkehr ganz allgemein angeknüpft wird.
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b) Die Vorteile sind der Klägerin auch im Gemeindegebiet erwachsen. Zwar hat diese ihren Sitz i.S.d. § 11 AO i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KAG in * *. Jedoch unterhielt sie eine Betriebstätte i.S.d. § 12 Satz 2 Nr. 8 Buchst. a AO i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KAG im Gemeindegebiet des Beklagten.
24
aa) Ortsfremde Unternehmen können von einer Gemeinde zum Fremdenverkehrsbeitrag nur dann herangezogen werden, wenn sie sich in die Abgabenhoheit der Gemeinde begeben, das heißt zu der Gemeinde in einer nicht nur vorübergehenden, objektiv verfestigten Beziehung stehen. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn sie in der Gemeinde eine Betriebsstätte unterhalten (vgl. BayVGH U.v. 23.3.1998 – 4 B 86.02555 – juris). Als Betriebstätten gemäß § 12 Satz 2 Nr. 8 Buchst. a AO sind insbesondere Bauausführungen anzusehen, wenn sie länger als sechs Monate dauern. Dieser ist über Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KAG auch im Kommunalabgabenrecht anwendbar.
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bb) Es liegt trotz einzelner Unterbrechungen eine Bauausführung von mehr als sechs Monaten vor. Unterbrechungen von weniger als zwei Wochen sind unberücksichtigt zu lassen (nachfolgend cc). Darüber hinaus wäre auch aufgrund der Hemmung der Frist durch die Unterbrechungen ein ausreichender Zeitraum gegeben (nachfolgend dd).
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cc) Es liegt eine Bauausführung von mehr als sechs Monaten vor, da trotz der vier längeren Unterbrechungen im Jahr 2017 (11. März bis 3. Juni, 16. August bis 2. September, 30. September bis 15. Oktober, 21. Oktober bis 5. November) ein zusammenhängender Zeitraum von mehr als sechs Monaten gegeben ist. Unterbrechungen von weniger als zwei Wochen berühren den Fortgang der Sechsmonatsfrist bei einer einheitlichen Bauausführung nicht (vgl. BFH, U.v. 22.11.1977 – IV R 51/72 –, BFHE 123, 356-360, BStBl II 1978, 140-141, Rn. 14; BFH, U.v. 21.10.1981 – I R 21/78 –, BFHE 134, 562, BStBl II 1982, 241-242, Rn. 21). Eine einheitliche Bauausführung liegt bei einem einzelnen Bauauftrag vor. Sie liegt jedoch selbst bei mehreren Aufträgen desselben Bauherrn vor, wenn die Arbeiten auf derselben Baustelle in zeitlichem Zusammenhang ausgeführt wurden (vgl. BFH, U.v. 21.10.1981 a.a.O. Rn. 23). Dabei kann sich der Zeitraum von sechs Monaten über mehrere Erhebungszeiträume erstrecken (vgl. BFH, U.v. 22.11.1977 a.a.O. Rn. 14; BFH, U.v. 21.10.1981 a.a.O. Rn. 20). Ausgehend von diesen Grundsätzen kann hier jedenfalls vom 1. August 2016 bis zum 28. Februar 2017 ein zusammenhängender Zeitraum von mehr als sechs Monaten angenommen werden. Eine einheitliche Bauausführung lag hier schon aufgrund des einheitlichen Auftrags vor.
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dd) Eine Unterbrechung ist ohne Bedeutung, wenn die Unterbrechung im Betriebsablauf der Bauausführung begründet ist. Deshalb sind sowohl technisch bedingte (z. B. Trocknungsfristen) als auch durch Materialmangel oder Störungen des Arbeitsfriedens verursachte sowie witterungsbedingte Unterbrechungszeiten regelmäßig in die Frist einzubeziehen (vgl. BFH, U.v. 21.4.1999 – I R 99/97 –, BFHE 189, 292, BStBl II 1999, 694, Rn. 23; Lampert in: Mössner/Lampert u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 6. Auflage 2023, e) Aufzählung von Betriebsstätten, Rn. 2_134). Diese fallen in die dem Unternehmer zuzurechnende betriebsbedingte Sphäre. Das gilt grundsätzlich unabhängig von der Dauer der Arbeitsunterbrechung (vgl. BFH, U.v. 21.4.1999 a.a.O. Rn. 23). Dagegen sind Unterbrechungen erheblich, die nicht im Arbeitsablauf des Unternehmens oder seiner Subunternehmer, sondern in anderen Umständen begründet sind. Dazu kann namentlich der Fall gehören, dass der Besteller eine erforderliche Mitwirkung an der Abnahme des fertiggestellten Werkes verweigert (vgl. BFH, U.v. 21.4.1999 a.a.O. Rn. 24). Auch politischer Umsturz und Insolvenz fallen in die Bestellersphäre (Lampert in: Mössner/Lampert u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 6. Auflage 2023, e) Aufzählung von Betriebsstätten, Rn. 2_134). Die Gründe aus der Bestellersphäre führen dann jedoch zu einer Hemmung der sechs Monatsfrist (vgl. BFH, U.v. 21.4.1999 – I R 99/97 –, BFHE 189, 292, BStBl II 1999, 694, Rn. 24; Lampert in: Mössner/Lampert u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 6. Auflage 2023, e) Aufzählung von Betriebsstätten, Rn. 2_134). Dabei kann sich der Zeitraum von sechs Monaten über mehrere Erhebungszeiträume erstrecken (vgl. BFH, U.v. 22.11.1977 – IV R 51/72 –, BFHE 123, 356-360, BStBl II 1978, 140-141, Rn. 14; BFH, U.v. 21.10.1981 – I R 21/78 –, BFHE 134, 562, BStBl II 1982, 241-242, Rn. 20).
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Aufgrund mangelnder tatsächlicher Feststellungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die vier länger als zwei Wochen dauernden Unterbrechungen im Jahr 2017 (11. März bis 3. Juni, 16. August bis 2. September, 30. September bis 15. Oktober, 21. Oktober bis 5. November) nicht von Bedeutung sind. Es kann anhand des von der Klägerin vorgelegten Aufstellung der Arbeitszeiten (siehe Blatt 5 bis 7 der Gerichtsakte) nicht genau festgestellt werden, welcher Unterbrechungszeitraum auf welchem Grund beruhte. Nach Klägervortrag beruhten die Unterbrechungen auf den Witterungsverhältnissen, sowie auf der verzögerten Vorleistung anderer Gewerke. Witterungsbedingte Unterbrechungen sind der betriebsbedingten Sphäre zuzuordnen. Fehlende Vorleistungen anderer Gewerke sind jedoch der Bestellersphäre zuzuordnen, da der Besteller hier bewusst keinen Generalunternehmer, sondern einzelne Unternehmer beauftragt hat. Damit ist ihm dieses Risiko zuzuordnen.
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Jedoch ist selbst wenn man von beachtlichen Unterbrechungen ausgeht und lediglich eine Hemmung durch die einzelnen Unterbrechungen annimmt, ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten gegeben. Die Mitarbeiter der Klägerin waren nach ihrer eigenen Aufstellung in den Jahren 2016 und 2017 insgesamt an 224 Tagen im Gemeindegebiet des Beklagten an der * tätig (siehe Nummer 12 der Behördenakte und Blatt 5 bis 7 der Gerichtsakte) und damit mehr als sechs Monate.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.