Titel:
Anordnung des Sofortvollzuges – Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe
Normenketten:
BeamtStG § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, § 47 Abs. 1 S. 2
BayDG Art. 14 Abs. 1 S. 1
VwGO § 80 Abs. 3 S. 1
Leitsätze:
1. Das besondere Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehung muss in der nach § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO erforderlichen schriftlichen Begründung zum Ausdruck kommen. An dieses Begründungserfordernis sind inhaltlich keine allzu hohen Anforderungen zu stellen; es genügt vielmehr eine schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das öffentlich-rechtliche Sofortvollzugsinteresse überwiegt bei der Anordnung des Sofortvollzuges bei der Entlassung eines Polizeimeisteranwärters aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen mehrerer vorsätzlicher, außerdienstlich begangener Straftaten (ua Körperverletzungen) dessen Interesse an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. (Rn. 31) (Rn. 3 – 4) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Entlassung von Beamten auf Probe als Disziplinarmaßnahme ist nur zulässig, wenn die Dienstpflichtwidrigkeit so schwerwiegend war, dass gegen einen Beamten auf Lebenszeit mindestens auf Kürzung der Dienstbezüge erkannt worden wäre; es genügt nicht, dass eine solche Disziplinarmaßnahme zulässig gewesen wäre. Notwendig ist vielmehr, dass mit der erforderlichen Sicherheit eine solche Disziplinarmaßnahme die Folge wäre. Bei der Frage, welche Disziplinarmaßnahme gegen einen Beamten auf Lebenszeit verhängt worden wäre, handelt es sich um eine hypothetische Feststellung, für die zu ermitteln ist, wie die zuständige Disziplinarbehörde nach Abschluss der disziplinarrechtlichen Ermittlungen entscheiden würde. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
4. Für die disziplinarrechtliche Ahndung von außerdienstlichen Straftaten mit einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe ist für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist. Weist ein Dienstvergehen hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
5. Bei einer außerdienstlichen Straftat geht es nicht um die strafrechtliche Würdigung der Tat, sondern ob und inwieweit durch das strafrechtlich relevante Verhalten ein allgemeiner Mangel in der Persönlichkeit oder im Charakter des Beamten zu Tage getreten ist, der in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Das außerdienstliche Verhalten muss einen Berufsbezug aufweisen, was bei einer Begehung von Straftaten durch Polizeivollzugsbeamte, zu deren Aufgaben die Verbrechensbekämpfung gehört, in besonderem Maße gegeben ist. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
6. Zwar liegt eine Körperverletzung, die lediglich den Grundtatbestand des § 223 StGB, jedoch keinen qualifizierten Straftatbestand erfüllt, in der Regel unter der Ebene des Dienstvergehens. Es liegt aber davon abweichend ein Ausnahmefall vor, wenn die Geschädigten Strafantrag gestellt haben und insbesondere die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung von Amts wegen bejaht hat. (Rn. 55) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe, Außerdienstlich begangene Straftat (Körperverletzung), Hypothetische Feststellung einer Disziplinarmaßnahme, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte, Anordnung des Sofortvollzuges
Fundstelle:
BeckRS 2024, 15713
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 10.149,89 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzuges der mit Bescheid vom … Januar 2024 verfügten Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe.
2
Der 1999 geborene Antragsteller wurde am ... März 2019 als Polizeimeisteranwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf bei der Bayerischen Polizei eingestellt. Am ... März 2020 wurde er zum Polizeioberwachtmeister ernannt und in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen. Am ... Oktober 2022 wurde er zum Polizeiobermeister ernannt.
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Mit Verfügung vom … Februar 2023 wurde ein Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller eingeleitet. Ihm wurde zur Last gelegt, am … November 2022 außerdienstlich eine Beleidigung sowie eine Körperverletzung begangen zu haben. Das Disziplinarverfahren wurde zunächst bis zum Abschluss des Ermittlung- bzw. Strafverfahrens ausgesetzt. Mit Strafbefehl vom … Mai 2023 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 70 Tagessätzen zu je 50 € gegen den Antragsteller verhängt, wobei dem Antragsteller zwei tateinheitliche Fälle der vorsätzlichen Körperverletzung gemäß §§ 223 Abs. 1, 230 Abs. 1, 52 des Strafgesetzbuchs (StGB) zur Last gelegt wurden. Der Strafbefehl ist seit … August 2023 rechtskräftig.
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Mit Schreiben vom … Oktober 2023 fragte der Antragsgegner beim Antragsteller nach, ob er sich für eine Entlassung auf eigenen Antrag entschieden habe, nachdem diese Möglichkeit bereits zuvor mit dem Bevollmächtigten des Antragstellers telefonisch erörtert wurde. Mit Schreiben vom ... November 2023 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihn wegen zweier Dienstvergehen mit Ablauf des 31. Dezember 2023 gem. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz/BeamtStG) aus dem Beamtenverhältnis auf Probe zu entlassen. Zur Begründung wurde zum einen auf den mit Strafbefehl vom … Mai 2023 geahndeten Sachverhalt abgestellt. Darüber hinaus wurde die beabsichtigte Entlassung damit begründet, dass gegen den Antragsteller mit Verfügung vom … Oktober 2022 bereits ein Verweis aufgrund des Vorwurfs der Begehung von (außerdienstlichen) Verkehrsordnungswidrigkeiten sowie des Vorwurfs des Missbrauchs von Notrufen verhängt worden sei.
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Mit Schreiben vom ... Dezember 2023 nahm die Antragstellerpartei zur beabsichtigten Entlassung Stellung, rügte die Vollständigkeit des Aktenvorganges und beantragte die Mitwirkung der Personalvertretung.
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Mit Schreiben vom … Dezember 2023 erfolgte die Beteiligung des Personalrats des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord. Mit Schreiben vom … Januar 2024 zeigte sich der Personalrat mit der Maßnahme einverstanden.
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Mit Bescheid vom … Januar 2024 verfügte der Antragsgegner die Entlassung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit Ablauf des … Februar 2024 und ordnete die sofortige Vollziehung des Bescheides an.
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Die Entlassung, die auf§ 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG gestützt ist, wirddamit begründet, dass bei einem Lebenszeitbeamten für eine Ahndung des im Raum stehenden Sachverhalts eine Kürzung der Dienstbezüge nach Art. 9 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG) in Betracht komme und angemessen sei. Zur Begründung der sofortigen Vollziehung wurde insbesondere ausgeführt, dass die Begehung einer Vorsatztat gegen die körperliche Unversehrtheit durch einen Polizeivollzugsbeamten das berufserforderliche Vertrauen in besonderem Maße beeinträchtige. Ebenso werde dadurch auch das Ansehen der bayerischen Polizei in besonderem Maße beeinträchtigt. Sowohl der Allgemeinheit als auch dem Dienstherrn sei es nicht zuzumuten, dass ein Beamter, bei dem ein solch gravierender Eignungsmangel bestehe, weiterhin im Beamtenverhältnis auf Probe verbleibe und Bezüge erhalte, bis ein eventuelles Rechtsmittelverfahren abgeschlossen sei. Deshalb bestehe die besondere Dringlichkeit für die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts.
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Durch seinen Prozessbevollmächtigten ließ der Antragsteller am 2. Februar 2024 gegen diesen Bescheid Widerspruch einlegen, über den – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden ist.
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Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 5. Februar 2024 hat der Antragsteller bei Gericht Eilrechtsschutz eingelegt und beantragt,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Antragsgegners vom … Januar 2024 über die Entlassung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wiederherzustellen, hilfsweise die sofortige Vollziehung aufzuheben.
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Bereits die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entlassungsverfügung sei nicht hinreichend begründet. Diese setze eine Auseinandersetzung mit den Interessen des Beamten und den öffentlichen Interessen im Einzelfall voraus. Dies sei vorliegend nicht erfolgt. Habe der Gesetzgeber – wie hier – nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die aufschiebende Wirkung auszuschließen, könne diese Entscheidung nicht mit der Erwägung dadurch umgangen werden, dass die Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung deckungsgleich mit den tatbestandlichen Gründen für den Erlass des Verwaltungsaktes seien. Die vom Antragsgegner gegebene Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung erschöpfe sich letztendlich in der Behauptung, dass das berufserforderliche Vertrauen an einen Polizeibeamten sowie das Ansehen der bayerischen Polizei durch eine außerdienstlich begangene Körperverletzung derart beeinträchtigt werde, dass es weder der Allgemeinheit, noch dem Dienstherrn zugemutet werden könne, den Beamten bis zum Abschluss eines Rechtsmittelverfahrens zu beschäftigen. Letztendlich seien dies allgemeine Erwägungen. Ein hinreichender Bezug zum konkreten Fall werde nicht hergestellt. Ferner seien die Interessen des Antragstellers an einer Weiterbeschäftigung bis zum Abschluss eines Rechtsbehelfsverfahrens gänzlich unberücksichtigt gelassen worden.
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Die Tatsache, dass der Antragsteller seit mehr als zwei Jahren bei der Polizeiinspektion X seine dienstlichen Verpflichtungen tadellos erfülle und von seinen Dienstvorgesetzten als Leistungsträger der Dienstgruppe angesehen werde, hätte ebenso berücksichtigt werden müssen wie die Tatsache, dass es sich bei der dem Antragsteller zur Last gelegten Körperverletzung um ein rein außerdienstliches Vergehen handele. Auch eine Beeinträchtigung des Ansehens der bayerischen Polizei sei nicht ersichtlich, da weder für die Geschädigten noch für andere Außenstehende erkennbar gewesen sei, dass der Antragsteller Polizeibeamter gewesen sei. Es sei daher nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund hier eine Weiterbeschäftigung des Antragstellers zu einer Beeinträchtigung des Ansehens der bayerischen Polizei führen könnte. In diesem Zusammenhang sei ferner zu berücksichtigen, dass das Ansehen des Dienstherrn in der Öffentlichkeit in Bezug auf den der Entlassung zugrundeliegenden Sachverhalt als Begründung für den Sofortvollzug einer Entlassung im Gesetz keine Stütze finde (VG München B.v. 19.8.2013 – M 21 S 13.3328, BeckRS 2013, 54870).
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Gegen ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung spreche darüber hinaus auch, dass der Antragsteller bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens weiterbeschäftigt worden sei, obgleich die verfahrensgegenständlichen Vorwürfe bereits seit fast einem Jahr im Raum gestanden hätten. Das Disziplinarverfahren sei mit Verfügung vom … Februar 2023 eingeleitet worden. Der Strafbefehl sei am … Mai 2023 ergangen. Von Seiten des Antragsgegners seien in dieser Zeit jedoch keinerlei Maßnahmen ergriffen worden, um eine Dienstausübung durch den Antragsteller (beispielsweise durch die Anordnung eines Verbots zur Führung der Dienstgeschäfte oder eine vorläufige Dienstenthebung) zu verhindern.
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Darüber hinaus seien auch die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegeben, da das Interesse des Antragstellers an der Außervollzugsetzung der Entlassungsverfügung das Vollzugsinteresse des Antragsgegners überwiege.
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Die hypothetische Maßnahmenbemessung anhand des Art. 14. Abs. 1 BayDG sei ebenfalls ermessensfehlerhaft erfolgt. Entscheidende, zugunsten des Antragstellers zu wertende Gesichtspunkte seien – wie bei der Anordnung des Sofortvollzuges auch hier – nicht hinreichend berücksichtigt worden.
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Mit Schreiben vom … Februar 2024 hat das Polizeipräsidium ... Nord für den Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei begründet. Die für die Anordnung des Sofortvollzugs maßgeblichen Gründe seien – wie von § 80 Abs. 3 VwGO gefordert -einzelfallbezogen dargelegt worden.
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An den Inhalt der Begründung seien keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Notwendig sei lediglich, was auch hier erfolgt sei, dass die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben würden, die die Behörde dazu bewogen hätten, den Suspensiveffekt auszuschließen. Entgegen der Ansicht des Antragstellers lasse die Begründung im vorliegenden Fall erkennen, dass der Antragsgegner eine Einzelfallprüfung vorgenommen und die unterschiedlichen, einander widerstreitenden Interessen der Beteiligten gegeneinander abgewogen habe. Insbesondere habe der Antragsgegner nicht nur einseitig auf die Interessenlage der öffentlichen Hand abgestellt, sondern auch die persönlichen Interessen des Antragstellers ausreichend berücksichtigt. Der Dienstherr habe gewertet, dass es eine außerdienstlich begangene Straftat gegen die körperliche Unversehrtheit gewesen sei und dass diese Rückschlüsse auf die dienstliche Vertrauenswürdigkeit von Polizeivollzugsbeamten haben könne. Er habe miteinbezogen, dass es sich im vorliegenden Fall um eine Vorsatztat gehandelt habe. Auch sei das berufserforderliche Vertrauen in besonderem Maße beeinträchtigt, da Polizeivollzugsbeamte wie der Antragsteller in deeskalierenden Verteidigungstechniken besonders geübt sein müssen und die hierfür erforderliche Grundeinstellung benötigten. Der Antragsgegner habe ebenfalls den Umstand gewürdigt, dass es sich beim Antragsteller um einen Probezeitbeamten handle, der durch die verübte Straftat einen Eignungsmangel aufgezeigt habe, der durch die Sanktion im Strafverfahren nicht behoben worden sei. Neben fiskalischen Interessen seien auch die Interessen des Antragstellers und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn berücksichtigt worden und in die Interessenabwägung eingeflossen.
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Auch würde die Anordnung des Sofortvollzugs die materiellen Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO erfüllen, da das öffentliche Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse überwiege. Gem. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG könnten Beamte auf Probe entlassen werden, wenn sie eine Handlung begingen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte. Erfasst seien sowohl Dienstvergehen im innerdienstlichen als auch im außerdienstlichen Bereich. Bei der Frage, welche Disziplinarmaßnahme gegen einen Beamten auf Lebenszeit verhängt worden wäre, handle es sich um eine hypothetische Feststellung. Die Disziplinarmaßnahme sei insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 S. 2 BayDG). Die Disziplinarmaßnahme müsse unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen. Ausgangspunkt sei das Gewicht der schwersten Pflichtverletzung, hier der außerdienstlichen vorsätzlichen Körperverletzung als Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Abs. 1 S. 3 BeamtStG). Erschwerend seien die Vorahndungen des Antragstellers zu werten gewesen. Trotz explizitem Hinweis im Verweis vom ... Oktober 2022, dass bei weiteren dienstrechtlichen Verfehlungen mit schwerwiegenderen Maßnahmen bis hin zur Entlassung zu rechnen sei, habe der Antragsteller weniger als zwei Monate später erneut eine Straftat in Form der Körperverletzung begangen. Erschwerend sei zu berücksichtigen gewesen, dass die jeweiligen Schläge direkt auf den Kopf der Geschädigten abzielten, wozu eine besonders hohe Hemmschwelle überschritten werden müsse.
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Bei einem Lebenszeitbeamten, der dieses Dienstvergehen begangen hätte, wäre mindestens auf eine Kürzung der Dienstbezüge erkannt worden. Es sei auch unerheblich, ob der Beamte bei Begehung der Straftat als Beamter zu erkennen gewesen sei. Entscheidungsmaßstab sei insoweit, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen könne, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden Umstände bekannt werden würde.
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Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 21. Februar 2024 sowie 23. Februar 2024 erwiderte der Antragsteller, dass die Anordnung des Sofortvollzuges pauschal ohne jeglichen Einzelfallbezug erfolgt sei. Die konkreten Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch das Alter, die Persönlichkeitsentwicklung sowie das dienstliche Verhalten des Antragstellers seien im Rahmen der Begründung nicht erwähnt worden. Auch seien in die Abwägung nicht alle Gesichtspunkte, die für einen Aufschub der Vollziehung sprächen, hinreichend berücksichtigt worden. Dies würde insbesondere das Persönlichkeitsbild des Beamten sowie die Tatsache betreffen, dass dieser seit mehr als zwei Jahren ein vorbildliches dienstliches Verhalten an den Tag lege und das dem Antragsteller zu Last gelegte Verhalten einen einmaligen, persönlichkeitsfremden Ausrutscher darstelle. Auch sei zu berücksichtigen gewesen, dass durch die sofortige Vollziehung der Entlassung die Personalsituation an der derzeitigen Dienststelle des Antragstellers noch weiter verschärft würde.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorgelegten Behördenunterlagen sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
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Der zulässige Antrag ist unbegründet.
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1. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen. Bei dieser Entscheidung hat es entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung des Bescheids gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Dabei sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Lässt sich schon bei einer summarischen Prüfung eindeutig feststellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, so dass ein Widerspruch oder eine Klage wohl Erfolg haben werden, kann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts bestehen. Kann im summarischen Verfahren noch keine eindeutige Antwort zur Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts gegeben werden, weil z.B. der der Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt noch weiterer Aufklärung bedarf oder weil sich die Erfolgsaussichten nicht ohne die Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens usw. beurteilen lassen, bedarf es einer Abwägung der öffentlichen Interessen am Sofortvollzug gegenüber den Interessen des Betroffenen an der eigentlich von Gesetzes wegen grundsätzlich vorgesehenen aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs. Erweist sich eine angefochtene Verfügung bereits bei summarischer Überprüfung im Aussetzungsverfahren als offensichtlich rechtmäßig, so überwiegt in der Regel das Interesse an ihrem sofortigen Vollzug.
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2. Die Anordnung des Sofortvollzugs ist formell rechtmäßig und der Bescheid vom … Januar 2024 stellt sich in der vom Gericht anzustellenden summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig dar.
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a) Die Anordnung des Sofortvollzugs ist formell rechtmäßig.
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Zwar verlangt die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ein besonderes öffentliches Interesse‚ das über jenes Interesse hinaus geht‚ das den Erlass des Verwaltungsakts selbst rechtfertigt (vgl. BVerfG‚ B.v. 25.1.1996 – 2 BvR 2718/95 – juris Rn. 19). Dieses besondere Interesse der Behörde an der sofortigen Vollziehung muss in der nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO erforderlichen schriftlichen Begründung zum Ausdruck kommen. Der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Begründungspflicht ist nämlich auch in Bezug auf die inhaltlichen Anforderungen an die Begründung Rechnung zu tragen. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht schon dann Genüge getan‚ wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird; vielmehr bedarf es einer schlüssigen‚ konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen‚ warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Fall ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht‚ demgegenüber das Interesse des Betroffenen am Bestand der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsmittels ausnahmsweise zurückzutreten hat (vgl. BVerwG‚ B.v. 18.9.2001 – 1 DB 26.01 – juris Rn. 6). Diesen Anforderungen genügen pauschale oder formelhafte Wendungen grundsätzlich nicht (vgl. BayVGH‚ B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – juris Rn. 16; B.v. 7.3.2016 – 10 CS 16.301 – juris Rn. 3; B.v. 15.2.2018 – 10 CS 18.98 – juris Rn. 6). Andererseits sind an dieses Begründungserfordernis inhaltlich keine allzu hohen Anforderungen zu stellen; es genügt vielmehr eine schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2019 – 10 CS 19.180 – juris Rn. 10; B.v. 30.1.2019 – 9 CS 18.2533 – juris Rn. 18 m.w.N.; B.v. 30.6.2014 – 10 CS 14.1245 u.a. – juris Rn. 14; Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 55).
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Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheides vom … Januar 2024 begegnet keinen formellen Bedenken. Insbesondere hat der Antragsgegner die Anordnung gemäß den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hinreichend fallbezogen begründet. Der Antragsgegner hat die widerstreitenden Interessen erkannt und seiner konkreten Abwägung und Prüfung zugrunde gelegt. Weiter hat der Antragsgegner zu erkennen gegeben, weswegen er eine Anordnung des Sofortvollzuges des Verwaltungsakts für geboten erachtet. So hat der Antragsgegner das Interesse des Antragstellers an einer Weiterbeschäftigung während der Zeit der Rechtsmittelverfahren gegen den Bescheid vom … Januar 2024 und der Fürsorgepflicht des Dienstherrn mit dem Interesse des Dienstherrn, einen Beamten mit einem gravierenden Eignungsmangel nicht weiter zu beschäftigen, abgewogen. Weiter führt der Antragsgegner aus, dass ein Beamter, der bereits während der Probezeit ein schwerwiegendes Dienstvergehen, hier in Form einer vorsätzlichen Körperverletzung, begeht, für den Dienstherrn nicht mehr tragbar sei. Der durch das schwerwiegende Dienstvergehen zu Tage getretene Eignungsmangel sei auch nicht durch die den gleichen Sachverhalt betreffende Sanktion im Strafverfahren behoben. Bestehe das außerdienstliche Fehlverhalten eines Polizeivollzugsbeamten in der Begehung einer Vorsatztat gegen die körperliche Unversehrtheit, beeinträchtige dies das berufserforderliche Vertrauen der Öffentlichkeit in Polizeivollzugsbeamte in besonderem Maße. Zudem seien Polizeibeamte in einem durch das Gewaltmonopol des Staates geprägten Kernbereich der Verwaltung tätig. Ob diese Aspekte das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO tragen, spielt für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs keine Rolle (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2018 – 20 CS 17.1797 – juris Rn. 2; B.v 30.1.2019 – 9 CS 18.2533 – juris Rn. 16).
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b) Das öffentlich-rechtliche Sofortvollzugsinteresse überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung. Die vom Gericht anzustellende summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache ergibt, dass die auf § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz/BeamtStG) gestützte Entlassung offensichtlich rechtmäßig ist.
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aa) Der Bescheid vom … Januar 2024 begegnet keinen verfahrensrechtlichen Bedenken. Das Polizeipräsidium Oberbayern ist gemäß Art. 56 Abs. 2, Art. 18 Abs. 1 Satz 2 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 3 ZustV-IM (Zuständigkeitsverordnung für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 2.3.2007 – GVBl 2007, 216) für den Erlass der Entlassungsverfügung zuständig.
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Der Antragsteller wurde im Verwaltungsverfahren zu dem der Entlassung zu Grunde liegenden Sachverhalt ordnungsgemäß angehört (Art. 28 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes/BayVwVfG) und die Personalvertretung wurde gemäß Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes (BayPVG) am Verfahren beteiligt, nachdem der Antragsteller ihre Mitwirkung beantragt hatte (Art. 76 Abs. 1 Satz 3 BayPVG). Der Hauptpersonalrat hat sich mit Schreiben vom 16. Januar 2024 mit der Maßnahme der Entlassung einverstanden erklärt. Damit ist den personalvertretungsrechtlichen Mitwirkungsrechten Genüge getan.
34
bb) Materiellrechtlich wird die Entlassungsverfügung vom … Januar 2024 auf § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG gestützt. Die charakterliche Nichteignung des Beamten wird im Bescheid zwar auch in Frage gestellt. Die Entlassung wird aber nicht auf die charakterliche Nichteinigung, sondern ausdrücklich nur auf § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG gestützt. Hiernach kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er eine Handlung begangen hat, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte. Die Entlassung bildet bei Vorliegen eines solchen Grundes die vom Gesetzgeber gewollte Regelfolge.
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(1) Der Antragsteller ist Beamter auf Probe. Aus welchen Gründen eine Ernennung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit noch nicht erfolgt ist, ergibt sich für das Gericht aus den vorgelegten Behördenakten nicht abschließend, ist jedoch unerheblich, da das Gericht am Vortrag der Antragstellerpartei sowie des Antragsgegners, dass der Antragsteller in einem Beamtenverhältnis auf Probe ist, keine Zweifel hat.
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Tatbestandsmäßige Voraussetzung ist weiter, dass der Beamte ein Dienstvergehen im Sinne des § 47 BeamtStG begangen hat. Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Disziplinarmaßnahmen gegen Beamte auf Lebenszeit sind gemäß Art. 6 Abs. 1 des Bayerischen Disziplinargesetzes (BayDG) der Verweis (Art. 7 BayDG), die Geldbuße (Art. 8 BayDG), die Kürzung der Dienstbezüge (Art. 9 BayDG), die Zurückstufung (Art. 10 BayDG) und die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG). Bei Beamten auf Probe besteht zwischen dem Entlassungstatbestand des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG und der Zulässigkeit der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen ein verfahrensrechtlicher Zusammenhang. Denn nach Art. 6 Abs. 5 BayDG können gegen Beamte auf Probe als Disziplinarmaßnahmen nur Verweise oder Geldbußen verhängt werden. Bei schwerwiegenderen Dienstvergehen bildet die beamtenrechtliche Entlassung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG die vom Gesetzgeber vorgesehene Regelfolge. Der Entlassungstatbestand knüpft daher an die Schwere des Dienstvergehens an. Die Entlassung ist nur zulässig, wenn die Dienstpflichtwidrigkeit so schwerwiegend war, dass gegen einen Beamten auf Lebenszeit mindestens auf Kürzung der Dienstbezüge erkannt worden wäre; es genügt nicht, dass eine solche Disziplinarmaßnahme zulässig gewesen wäre. Notwendig ist vielmehr, dass mit der erforderlichen Sicherheit eine solche Disziplinarmaßnahme die Folge wäre. Bei der Frage, welche Disziplinarmaßnahme gegen einen Beamten auf Lebenszeit verhängt worden wäre, handelt es sich um eine hypothetische Feststellung, für die zu ermitteln ist, wie die zuständige Disziplinarbehörde nach Abschluss der disziplinarrechtlichen Ermittlungen entscheiden würde (Baßlsperger in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand November 2023, § 23 BeamtStG Rn. 118 m.w.N.). Es kommt damit nicht darauf an, ob das Verwaltungsgericht die Kürzung der Dienstbezüge für angemessen und gerechtfertigt hält, sondern wie die zuständige Behörde entscheiden würde. Die Entlassungsbehörde hat unter Heranziehung und Anführung disziplinarrechtlicher Grundsätze sowie der in der Rechtsprechungspraxis der Disziplinargerichte erkennbaren Maßstäbe und Tendenzen – nachvollziehbar – eine eigenständige Bewertung des dem Beamten auf Probe zur Last gelegten Verhaltens vorzunehmen. Soweit zu dem konkreten Fall eine einschlägige Rechtsprechung der Disziplinargerichte bzw. Entscheidungen der Disziplinarbehörde nicht bestehen, hat die Entlassungsbehörde ergänzende eigene Würdigungen vorzunehmen (BVerwG, U.v. 9.6.1981 – 2 C 24/79 – BVerwGE 62, 280, juris). Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet gemäß Art. 14 Abs. 1 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten. Im Disziplinarrecht entscheidet zudem die Frage, ob der Beamte vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, in der Regel darüber, ob bzw. welche Disziplinarmaßnahme geboten erscheint (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.2011 – 2 WD 7/10 – juris Rn. 14).
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Zur konkreten Bestimmung der disziplinaren Maßnahmebemessung bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen ist auf einer ersten Stufe auf den Strafrahmen zurückzugreifen, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen gewährleistet eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von außerdienstlich begangenen Straftaten. Mit der Anknüpfung an die (im Tatzeitpunkt geltende) Strafandrohung wird zugleich verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen (BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – ZBR 2015, 422, juris Rn. 31; U.v. 19.8.2010 – 2 C 5.10 – NVwZ 2011, 30, juris Rn. 22; U.v. 24.10.2019 – 2 C 3/18 -BVerwGE 166, 389, juris Rn. 28). Nicht die Vorstellung des jeweiligen Disziplinargerichts, sondern die Einschätzung der Legislative bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.
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Für die disziplinarrechtliche Ahndung von außerdienstlichen Straftaten mit einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe hat das Bundesverwaltungsgericht judiziert, dass für die Maßnahmebemessung grundsätzlich auf einen Orientierungsrahmen bis zur Zurückstufung abzustellen ist (BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – ZBR 2015, 422, juris Rn. 32: dort zum außerdienstlichen Besitz kinderpornographischer Schriften gemäß § 184b Abs. 4 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 27.12.2003). Weist ein Dienstvergehen hinreichenden Bezug zum Amt des Beamten auf, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme auch für mittelschwere Straftaten, für die eine Strafandrohung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren gilt, bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – ZBR 2015, 422, juris Rn. 33 mit weiteren Nachweisen).
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Die Ausschöpfung des maßgeblich in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens kommt nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des vom Beamten konkret begangenen Dienstvergehens entspricht (BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – ZBR 2015, 422, juris Rn. 36 m.w.N.). Delikte, die angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Einzelfallumstände. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und Ausschöpfung des Orientierungsrahmens – nach oben wie nach unten – unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (BVerwG, U.v. 23.7.2013 – 2 C 63.11 – BVerwGE 147, 229, juris Rn. 32). Ein wie auch immer gearteter Schematismus verbietet sich hier in besonderer Weise (BVerwG, B.v 5.3.2014 – 2 B 111.13 – juris Rn. 13; U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – ZBR 2015, 422, juris Rn. 36).
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Zur Bestimmung der Schwere des im Einzelfall begangenen Dienstvergehens kann im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat auf einer zweiten Stufe zunächst indiziell auf die von den Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (vgl. zur Bezugnahme auf eine verhängte Freiheitsstrafe und den „Gleichklang zum Strafrecht“ auch BVerwG, U.v. 25.3. 2010 – 2 C 83.08 – BVerwGE 136, 173, juris Rn. 21 und 26). Dies folgt zunächst aus § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar regelmäßig keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu. Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden (BVerwG, B.v. 14.5.2012 – 2 B 146.11 – NVwZ-RR 2012, 658, juris Rn. 10). Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke des Straf- und Disziplinarrechts kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist (BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – ZBR 2015, 422, juris Rn. 37).
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Des Weiteren sind einerseits die Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, die Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und die Umstände der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale) und zum anderen Form und Gewicht der Schuld und die Beweggründe des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) zu beurteilen. Darüber hinaus sind die unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens maßgeblich (BVerwG, U.v. 19.8.2010 – 2 C 5.10 – NVwZ 2011, 30, juris Rn. 20).
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Es genügt nicht, dass der Beamte lediglich mit einer derartigen Disziplinarmaßnahme zu rechnen oder sie möglicherweise erhalten hätte. Es muss festgestellt werden, wie das zuständige Disziplinargericht entschieden hätte; dabei sind alle Erkenntnisquellen auszuschöpfen, um eine unterschiedliche Bewertung eines gleichartigen Verhaltens bei Beamten auf Lebenszeit und bei Beamten auf Probe zu vermeiden. Es muss von einer mutmaßlichen Verhängung der o. a. Disziplinarmaßnahmen mit Sicherheit auszugehen sein (BVerwG, U.v. 9.6.1981 – 2 C 24/79 – BVerwGE 62, 280, juris Rn. 6).
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(2) Dem Antragsteller werden außerdienstliche (strafbare) Handlungen vorgeworfen. Bei einer außerdienstlichen Straftat geht es nicht um die strafrechtliche Würdigung der Tat, sondern ob und inwieweit durch das strafrechtlich relevante Verhalten ein allgemeiner Mangel in der Persönlichkeit oder im Charakter des Beamten zu Tage getreten ist, der in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für das Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Das außerdienstliche Verhalten muss einen Berufsbezug aufweisen, was bei einer Begehung von Straftaten durch Polizeivollzugsbeamte, zu deren Aufgaben die Verbrechensbekämpfung gehört, in besonderem Maße gegeben ist (vgl. § 34 Satz 3 BeamtStG).
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Der Antragsgegner legt dem Antragsteller Taten zur Last, die den Straftatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung erfüllen, wie mit rechtskräftigen Strafbefehl vom … Mai 2023 festgestellt wurde. Auch legt der Antragsgegner dem Antragsteller eine Tat wegen Gefährdung des Straßenverkehrs zur Last, welche mit Verfügung der Staatsanwaltschaft A... … vom … November 2020 nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt und zur Verfolgung der Ordnungswidrigkeiten an die Verkehrspolizeiinspektion A... … abgegeben wurde. Der Antragsteller sei im Ordnungswidrigkeitenverfahren gebührenpflichtig verwarnt worden. Weiter legt der Antragsgegner dem Antragsteller eine Tat wegen Missbrauchs von Notrufen zur Last. Das in dieser Sache geführte Strafverfahren wurde mit Verfügung vom … Juni 2022 der Staatsanwaltschaft A... … gemäß § 153a Abs. 1 StPO gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt. Mit Verfügung vom ... Oktober 2022 wurde gegen den Antragsteller durch das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei ein Verweis verhängt. In der Verfügung wurde der Antragsteller explizit darauf hingewiesen, dass bei weiteren dienstrechtlichen Verfehlungen mit einer schwerwiegenderen Disziplinarmaßnahme, wenn nicht sogar mit einer Entlassung zu rechnen sei.
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Der Dienstherr hat auf die außerdienstliche vorsätzliche Körperverletzung als Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) als schwerste Pflichtverletzung abgestellt. Der Dienstherr führt im Bescheid vom … Januar 2024 (unter Ziffer III. Nr. 2. a) aus, dass zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten begangene Straftat hervorgerufen wird, zur Orientierung auf den gesetzlichen Strafrahmen zurückzugreifen ist. Ausgehend vom so gebildeten Orientierungsrahmen wären bei einem Strafrahmen von bis zu fünf Jahren – wie er bei § 223 StGB vorgegeben ist – Maßnahmen bis zur Entfernung denkbar. Die Ausschöpfung dieses in Anlehnung an die abstrakte Strafdrohung gebildeten Orientierungsrahmens komme jedoch nur in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des konkret begangenen Dienstvergehens entspreche. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ sei maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür könnten objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kernoder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte bestimmend sein. Im vorliegenden Fall würde eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit und somit eines besonders hochrangigen Schutzgutes im Raum stehen. Ein Polizeivollzugsbeamter schädige in der Regel das in ihn gesetzte Vertrauen und das Ansehen des Berufsbeamtentums besonders schwerwiegend, wenn er solch hochrangige Schutzgüter, zu dessen Verteidigung er berufen ist, verletzt. Hervorzuheben sei zudem, dass die Körperverletzung eigens durch den Antragsteller provoziert worden sei und es sich um eine Vorsatztat handelt.
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Weiter führte der Antragsgegner im Bescheid vom … Januar 2024 (insbesondere unter Ziffer III. Nr. 2. c und e) aus, dass zu befürchten sei, dass ein Beamter, der bereits während seiner Probezeit mehrfach seine beamtenrechtlichen Pflichten verletzt habe und bereits kurze Zeit nach Verhängung einer Disziplinarmaßnahme erneut eine Pflichtverletzung begangen habe, obgleich er auf die Möglichkeit der Entlassung hingewiesen worden sei, zukünftig fortlaufend disziplinarrechtlich in Erscheinung treten werde. Gerade Gewalt vonseiten eines Polizeivollzugsbeamten stehe zudem in der heutigen Zeit im Fokus der Öffentlichkeit. Auch wenn vorliegend die Körperverletzung außerhalb des Dienstes begangen worden sei, werde eine gewisse Gewaltbereitschaft sowie fehlende Impulskontrolle gezeigt. Um einen Lebenszeitbeamten erneut an seine beamtenrechtlichen Pflichten zu erinnern und zu ermahnen, wäre im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung aller belastenden und entlastenden Aspekte eine Kürzung der Dienstbezüge gem. Art. 9 BayDG die angemessene Disziplinarmaßnahme.
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(3) Auch wenn die hypothetische Feststellung, welche Disziplinarmaßnahme gegen einen Beamten auf Lebenszeit verhängt worden wäre, im Bescheid vom … Januar 2024 (unter III. Nr. 2. e) knapp ausfällt, ist diese Prüfung in Verbindung mit den vorherigen Ausführungen des Dienstherrn im Bescheid zu sehen und genügt noch den oben dargestellten Anforderungen. Unter Ziffer III. Nr. 2. e des Bescheids führt der Dienstherr aus, dass unter Berücksichtigung aller belastender und entlastender Aspekte bei einem so schwerwiegenden Dienstvergehen bei einem Beamten auf Lebenszeit eine Kürzung der Dienstbezüge die angemessene Disziplinarmaßnahme sei. Dabei ist das Wort „angemessen“ im Hinblick auf die Ausführungen unter Ziffer III. Nr. 2. c des Bescheides so zu lesen, dass die entsprechend mildeste Maßnahme bei einem Lebenszeitbeamten die Kürzung der Dienstbezüge darstellen würde. Bei einem Lebenszeitbeamten seien als mildeste Maßnahme die Kürzung der Dienstbezüge zu verhängen, da erhebliche Zweifel bestünden, dass ein weiterer Verweis oder eine Geldbuße dem Ziel der Erinnerung zu Pflichteneinhaltung ausreichen würden, da zwei Monate vor Straftatbegehung bereits ein Verweis ausgesprochen und dennoch eine weitere schwerere Straftat begangen worden sei.
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Dies untermauernd hat der Antragsgegner in der Antragserwiderung vom … Februar 2024 ergänzend angeführt, dass bei einem Lebenszeitbeamten, der dieses Dienstvergehen begangen hätte, mindestens auf eine Kürzung der Dienstbezüge erkannt worden wäre, da bei ähnlich gelagerten Fällen – auch bei geringeren Strafen (Strafbefehl in Höhe von 50 Tagessätze für eine außerdienstliche vorsätzliche begangene Körperverletzung und Beleidigung; BayVGH B.v. 11.10.2012 – 3 ZB 10.1470 – juris) auf eine hypothetische Kürzung der Dienstbezüge erkannt worden sei.
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Der Dienstherr geht weiter zurecht davon aus, dass Polizeibeamte die Aufgabe haben, die Rechtsordnung und die Rechtsgüter Einzelner, insbesondere auch die körperliche Integrität anderer zu schützen und Gewalttaten zu verhindern. Begeht ein mit solchen Aufgaben und entsprechenden Befugnissen betrauter Beamter die dem Kläger zur Last gelegten Straftaten, so handelt er seinem Auftrag in grober Weise zuwider. Polizeibeamte sind in einem durch das Gewaltmonopol des Staates geprägten Kernbereich der öffentlichen Verwaltung tätig (vgl. OVG NW, B.v. 30.4.2010 – 6 A 2055/09 – IÖD 2010, 16, juris Rn. 34). Zu ihren Dienstaufgaben gehört einerseits der Gebrauch von Waffen; andererseits müssen sie in deeskalierendem Verhalten besonders geübt sein und über die hierzu benötigte Grundeinstellung verfügen oder sich diese aneignen. Von daher beeinträchtigt es das Ansehen der Polizei in besonderer Weise, wenn ein Polizeivollzugsbeamter, bei dem aufgrund seiner Ausbildung und dem charakterlichen Anforderungsprofil gerade das gegenteilige Verhalten erwartet werden muss, in der Öffentlichkeit ein solches von Unbeherrschtheit und Aggressivität gegen Menschen gekennzeichnetes Verhalten an den Tag legt, wie es der Antragsteller namentlich bei dem Vorfall am … November 2022 getan hat.
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Wie der Dienstherr zutreffend hervorgehoben hat, erhält die Tat vom … November 2022 weiteres Gewicht dadurch, dass gegen den Antragsteller zu diesem Zeitpunkt wegen zweier anderer Vorfälle strafrechtliche Ermittlungsverfahren und ein Disziplinarverfahren durchgeführt bzw. eingeleitet worden waren. Mit Verfügung vom … Oktober 2022 wurde gegen den Antragsteller durch das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei ein Verweis verhängt. In der Verfügung wurde der Antragsteller explizit darauf hingewiesen, dass bei weiteren dienstrechtlichen Verfehlungen mit einer schwerwiegenderen Disziplinarmaßnahme, wenn nicht sogar mit einer Entlassung zu rechnen sei. Der Antragsteller hätte ab diesem Zeitpunkt noch mehr als ohnehin darauf bedacht sein müssen, auch außerdienstlich ein besonnenes und defensives Verhalten an den Tag zu legen. Dessen ungeachtet hat der Beamte zwei Monate später eine vorsätzliche Körperverletzung begangen.
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Der Vortrag, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Tat noch jung gewesen sei und unter Alkoholeinfluss gestanden habe, ist ungeeignet, ihn zu entlasten. Denn dem Antragsteller war klar oder hätte jedenfalls klar sein müssen, dass er unter Alkoholeinfluss zu unüberlegtem Verhalten neigt. Die entsprechende Neigung belegt schon der Umstand, dass sich der Vorfall vom … August 2021, welcher zu der Einleitung eines Disziplinarverfahrens sowie eines Strafverfahrens wegen des Verdachts des Missbrauchs von Notrufen führte, unter Alkoholeinfluss des Beamten ereignete.
52
Auch die Tatsache, dass der Antragsteller bei Begehung der Tat nicht als Polizeibeamter zu erkennen war, ist für die Frage unerheblich, ob der Dienstherr und die Allgemeinheit durch das schwere Dienstvergehen das Vertrauen verloren haben (BVerwG, U.v. 15.3.2006 – 1 D 3/05 – juris Rn. 25).
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Der Dienstherr hat als entlastende Gründe auch das aktuelle Persönlichkeitsbild des Antragstellers sowie dessen positives Leistungsbild (unter Ziffer III. Nr. 2. b) des Bescheids vom …1.2024) gewürdigt.
54
Die von der Antragstellerpartei zitierte Rechtsprechung (VG München, B.v. 11.7.2023 – M 13L DB 22.756), dass bei einer Körperverletzung bei einem Lebenszeitbeamten im Regelfall nur eine Geldbuße verhängt wird, ist nicht einschlägig, da die zitierte Entscheidung eine fahrlässige Körperverletzung durch einen vom Hund eines Beamten begangenen Bissvorfall betraf. Der Antragsteller handelte vorsätzlich in zwei tateinheitlichen Fällen.
55
Die vom Antragsteller begangene vorsätzliche Körperverletzung erfüllt die qualifizierenden Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Zwar liegt eine Körperverletzung, die lediglich den Grundtatbestand des § 223 StGB, jedoch keinen qualifizierten Straftatbestand erfüllt, in der Regel unter der Ebene des Dienstvergehens. Hier liegt indes ein Ausnahmefall vor, weil die Geschädigten Strafantrag gestellt und insbesondere die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung von Amts wegen bejaht hat (vgl. BayVGH, U.v. 16.2.2022 – 16b D 19.316 – juris Rn. 45; U.v. 27.4.2022 – 16a D 20.1604 – juris Rn. 25). Zudem ist zu berücksichtigen, dass das Vertrauen in das Amt eines Polizeivollzugsbeamten durch eine Körperverletzung in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise beeinträchtigt ist.
56
cc) Schließlich sind Ermessensfehler nicht ersichtlich. Das Ermessen der Behörde erstreckt sich im Fall des § 23 Abs. 3 BeamtStG nur darauf, auf welchen Entlassungstatbestand sie bei Vorliegen mehrerer Entlassungsgründe die Entlassung stützt oder ob sie ggf. die Probezeit verlängert (BayVGH, B.v. 28.9.2011 – 3 CS 11.1304 – juris Rn. 46). Der Antragsgegner hat die Entlassung im Fall des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG als Regelfolge angesehen und vorliegend Gründe für ein Abweichen vom Regelfall verneint.
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3. Auch eine isolierte Interessenabwägung des öffentlichen Vollzugsmit dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers ohne Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der – noch einzulegenden – Klage in der Hauptsache fällt zu Ungunsten des Antragstellers aus. Angesichts der wiederholten Begehung von Straftaten ist es dem Antragsgegner nicht zuzumuten, den Antragsteller bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens weiter zu beschäftigen. Dabei wiegt gerade der Umstand, dass der Antragsteller als Polizist deeskalierend tätig sein sollte und zwei Monate vor Begehung der Körperverletzung einen disziplinarrechtlichen Verweis erhalten hat, besonders schwer. Dieser Umstand ist so wesentlich, dass das Interesse des Antragstellers an einer Fortsetzung seiner Tätigkeit während des Rechtsbehelfsverfahrens hinter dem öffentlichen Interesse an seiner sofortigen Entlassung zurücktreten muss. Auch hat der Dienstherr das Verfahren zügig durchgeführt und lediglich das strafrechtliche Ermittlungsverfahren abgewartet, sodass nach wie vor ein Interesse an der Anordnung des Sofortvollzuges geben ist. Auch der Ansehensverlust des Dienstherrn in der Öffentlichkeit kann wohl im Rahmen der Interessenabwägung zu Lasten des Beamten gewürdigt werden (BGH, B.v. 31.1.1994 – AR (Ri) 2/93 – juris Rn. 11 f.; a.A. wohl VG München B.v. 19.8.2013 – M 21 S 13.3328 – juris).
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4. Der Antragsteller hat nach § 154 Abs. 1 VwGO als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen.
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5. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3, § 40 Gerichtskostengesetz (GKG). Die fiktiven Jahresbezüge des Antragstellers im Jahr 2024 hätten sich laut Mitteilung des Antragsgegners auf insgesamt 40.599,54 EUR summiert, hiervon ein Viertel (Halbierung der Summe im Hauptsacheverfahren, da nicht ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zur Prüfung steht, weitere Halbierung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes – Nr. 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit). Das ergibt den als Streitwert festzusetzenden Betrag von 10.149,89 EUR.