Inhalt

VGH München, Beschluss v. 28.06.2024 – 4 CE 24.1023
Titel:

Zulassung zu einem Volksfest 

Normenketten:
BayGO Art. 21 Abs. 1 S. 1
GG Art. 3 Abs. 1
Leitsatz:
Bei der Zulassung zu einem Volksfest als öffentlicher Einrichtung nach vorgegebenen Vergabekriterien hat die Gemeinde einen weiten Einschätzungsspielraum, der indes sowohl hinsichtlich der anzuwendenden Auswahlkriterien als auch hinsichtlich des konkreten Auswahlvorgangs hinreichend transparent und objektiv nachvollziehbar sein muss. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Durchsetzung eines Anspruchs eines gastronomischen Betriebs auf Zugang zu einem Volksfest (Betrieb eines Festzelts mit Musik- und Tanzprogramm), gemeindliches Auswahlkriterium betreffend das Kulturkonzept des Bewerbers, Zulassung zu einem Volksfest, Auswahlkriterium, Anmeldebedingungen, Auswahlermessen, Einschätzungsspielraum, Kulturkonzept
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 18.06.2024 – M 7 E 24.2993
Fundstellen:
DVBl 2024, 1498
BeckRS 2024, 15408
LSK 2024, 15408

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Zulassung zu der von der Antragsgegnerin veranstalteten Oidn Wiesn 2024, die parallel zum Oktoberfest in der Zeit vom 21. September bis 6. Oktober 2024 stattfindet.
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Bei der Bewerberauswahl für den Betrieb der Geschäfte auf der Oidn Wiesn wendet die Antragsgegnerin ein vom Stadtrat beschlossenes Bewertungssystem mit 13 Bewertungskriterien an (vgl. „Leitfaden für die Bewerbung“ für das Oktoberfest 2024). Je Kriterium können bis zu 11 Punkte erreicht werden. Bei den einzelnen Bewertungskriterien werden die erreichten Punkte mit Faktor zwei bzw. vier multipliziert. Das Bewertungskriterium Nr. 8 betrifft die Anziehungskraft, die das angebotene Geschäft auf Volksfestbesucher ausübt. Die Bewerber müssen in Bezug auf dieses Kriterium keine Nachweise vorlegen (vgl. a.a.O.).
3
In den „Anmeldebedingungen“ für die Oide Wiesn 2024 (Stand Januar 2024) heißt es im Abschnitt C „Musikantenzelt mit Kulturkonzept“ u.a.:
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„Im Musikantenzelt sollen die aktuellen Strömungen der Volks- und Tanzkultur in München und darüber hinaus in ihrer Vielfalt präsentiert werden. Im Vordergrund steht das Selbstverständnis der lebendigen und genreübergreifenden Volksmusikszene, unterschiedlichste Zielgruppen unabhängig von Alter und Herkunft zu begeistern. Die Auswahl und Qualität des Kulturprogramms richten sich nach der Bekanntheit der Gruppen; der Zusammensetzung in Bezug auf Instrumentierung und Gruppengröße; gegenwärtige Impulse und Nachwuchsströmungen der Volks- und Tanzkultur; regionale Vielfalt (auch über Bayern hinaus). Das Programm im Musikantenzelt muss sich dabei deutlich von dem des Festzelts Tradition und dem Volkssängerzelt (Punkt D) unterscheiden. Die Bewerber.innen legen hierzu einen detaillierten Programmentwurf mit fester Tages- und Zeitstruktur vor.“
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Bewerbungsschluss für die Oide Wiesn 2024 war am 29. Februar 2024. Die Beigeladene reichte am 28. Februar 2024 bei der Antragsgegnerin erstmals eine Bewerbung für das Musikantenzelt auf der Oidn Wiesn 2024 ein. Eine Bewerbung der Antragstellerin für dieses Festzelt, das diese seit 2013 ohne Unterbrechung betrieben hatte, ging am 29. Februar 2024 ein. Weitere Bewerbungen für das Musikantenzelt liegen nicht vor.
6
In einem Vermerk des Kulturreferats der Antragsgegnerin vom 6. März 2024 wurde das von der Antragstellerin vorgelegte Kulturprogramm mit insgesamt 11 Punkten bewertet. Im Einzelnen wurden für die „inhaltliche Ausrichtung des Kulturprogramms“ fünf von fünf möglichen Punkten und für die „Auswahl und Qualität des Programms“ sechs von sechs Punkten vergeben. Die Bewerbung der Beigeladenen erreichte insgesamt sieben Punkte, davon drei Punkte für die „inhaltliche Ausrichtung des Kulturprogramms“ und vier für die „Auswahl und Qualität des Programms“. Diese Punktewerte wurden bei der Gesamtbewertung der beiden Bewerbungen im Rahmen des Bewertungskriteriums „Anziehungskraft“ berücksichtigt.
7
Mit Bescheid vom 31. Mai 2024 lehnte die Antragsgegnerin die Bewerbung der Antragstellerin ab. Es hätten mehr Anträge vorgelegen, als Plätze zur Verfügung stünden. Die Auswahl zwischen den Bewerbern erfolge anhand eines für alle Schausteller einheitlich angewendeten Punktebewertungssystems. Hierbei würden die Bewerber, getrennt nach Sparten, in insgesamt dreizehn Kriterien bewertet, die sowohl die persönliche Erfahrung und Eignung des Schaustellers als auch das Geschäft selbst beleuchteten. Hiernach habe die Antragstellerin 214 Punkte erhalten; die zugelassene Mitbewerberin für das Musikantenzelt habe 242 Punkte erreicht.
8
Am 2. bzw. 7. Juni 2024 erhob die Antragstellerin Klagen zum Verwaltungsgericht gegen den Zulassungsbescheid für die Beigeladene und gegen den Bescheid vom 31. Mai 2024. Am 2. Juni 2024 stellte sie zudem einen Antrag gemäß § 123 VwGO mit dem Ziel, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin entsprechend ihrem Antrag vom 29. Februar 2024 für das Musikantenzelt auf der Oidn Wiesn 2024 zuzulassen, hilfsweise, die Antragsgegnerin zu einer Neuverbescheidung dieses Antrags zu verpflichten. Über die Klagen wurde bisher nicht entschieden.
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Mit Beschluss vom 18. Juni 2024 lehnte das Verwaltungsgericht München den Eilantrag ab. Der zulässige Antrag sei unbegründet. Die Antragstellerin habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Es dürften keine durchgreifenden Bedenken gegen die Berücksichtigung der Bewerbung der Beigeladenen im Auswahlverfahren und deren erfolgte Zulassung bestehen. Die Vorgaben über das Kulturprogramm dürften keine Ausschlusskriterien im Sinne einer Widmungsbeschränkung sein. Es dürfte sich vielmehr um eines von mehreren innerhalb des Auswahlsystems zu berücksichtigenden Kriterien handeln, die eine fachlich wertende Betrachtung erforderten. Die Vorgaben für das Kulturprogramm hätten nach den glaubhaften Darlegungen der Antragsgegnerin bereits seit 2013 nicht die Funktion eines Ausschlusskriteriums. Die vollumfängliche Erfüllung der Vorgaben sei soweit ersichtlich zu keinem Zeitpunkt für die Zulassung zum Auswahlverfahren vorausgesetzt worden. Das vorgelegte Kulturprogramm sei auch in der Vergangenheit unter dem Bewertungskriterium „Anziehungskraft“ bepunktet worden und habe damit Eingang in die Gesamtbewertung gefunden. Das von der Antragsgegnerin durchgeführte konkrete Auswahlverfahren dürfte nicht zu beanstanden sein. Die Bewertung der Beigeladenen und der Abstand in der Bepunktung zur Antragstellerin erschienen nicht unsachlich. Es sei nicht mit der im Eilverfahren erforderlichen Evidenz ersichtlich, dass die Antragsgegnerin im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt den Programmentwurf der Beigeladenen mit null Punkten hätte bewerten müssen. Gerade bei „Qualitätsmerkmalen“ bestehe grundsätzlich ein besonders weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum des Veranstalters, sodass es dem Gericht auch verwehrt sei, hier einer Bewertung der Antragsgegnerin vorzugreifen oder gar eine eigene Beurteilung vorzunehmen.
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Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 19. Juni 2024 eingegangene Beschwerde der Antragstellerin.
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Die Antragsgegnerin und die Beigeladene sind der Beschwerde entgegengetreten.
12
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
13
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 18. Juni 2024, die der Senat anhand der fristgerecht dargelegten Gründe überprüft (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Antragstellerin mit dem Musikantenzelt auf der Oidn Wiesn 2024 zuzulassen, zu Recht mangels eines Anordnungsanspruchs abgelehnt.
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a) Die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin zugunsten der Beigeladenen ist nicht zu beanstanden.
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aa) Die Antragstellerin macht geltend, das bei der Auswahlentscheidung für das Musikantenzelt berücksichtigte Kulturkonzept stelle ein Ausschlusskriterium im Sinne einer Beschränkung der widmungsgemäßen Nutzung dar. Das Kriterium sei nur erfüllt, wenn die im Programmentwurf des jeweiligen Bewerbers genannten Musik- und Tanzbeiträge mit den betreffenden Künstlern zumindest abgesprochen und damit grundsätzlich realisierbar seien. Dieser Auffassung liegt ein unzutreffendes Verständnis von diesem Bewertungskriterium zugrunde.
16
Ein Bewerber für das Musikantenzelt auf der Oidn Wiesn 2024 musste gemäß Buchst. C der „Anmeldebedingungen“ (Stand Januar 2024) einen detaillierten Entwurf für das Kulturprogramm im Musikantenzelt mit fester Tages- und Zeitstruktur vorlegen. Dieser sollte bestimmte Zeitblöcke für eine Tageskapelle, eine zusätzliche musikalische und/oder tänzerische Aktion am Nachmittag und ein allabendliches Highlight beinhalten. Der Programmentwurf ist damit wesentlicher Bestandteil des vom jeweiligen Bewerber vorzuschlagenden Kulturkonzeptes. Das Konzept soll das von der Antragsgegnerin vorgegebene Ziel umsetzen, im Musikantenzelt die aktuellen Strömungen der Volks- und Tanzkultur in München und darüber hinaus in ihrer Vielfalt zu präsentieren. In den „Anmeldebedingungen“ werden auch die an das Kulturkonzept anzulegenden Qualitätskriterien aufgeführt. Danach richten sich die Auswahl und Qualität des Kulturprogramms nach den Kriterien der Bekanntheit der Gruppen, der Zusammensetzung in Bezug auf Instrumentierung und Gruppengröße, gegenwärtiger Impulse und Nachwuchsströmungen der Volks- und Tanzkultur sowie regionale Vielfalt (auch über Bayern hinaus). Das Programm im Musikantenzelt muss sich dabei deutlich von dem des Festzelts Tradition und dem Volkssängerzelt (Buchst. D) unterscheiden.
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Den „Anmeldebedingungen“ ist dagegen nicht zu entnehmen, dass die Musik- und Tanzbeiträge der im Programmentwurf genannten Künstler mit einer bestimmten Verbindlichkeit angeboten werden müssten, wie die Antragstellerin meint. Dabei ist zu beachten, dass die Kriterien für die im Falle einer Kapazitätserschöpfung zu treffende Auswahl unter mehreren Bewerbern u.a. hinreichend transparent und nachvollziehbar sein müssen (vgl. BayVGH, U.v. 11.11.2013 – 4 B 13.1135 – VGH n.F. 66, 196 Rn. 23 m.w.N.). In den „Anmeldebedingungen“ fehlt ein Hinweis auf ein etwaiges Erfordernis von Absichtserklärungen bzw. Absprachen mit den betreffenden Künstlern bereits vor Abgabe der Bewerbung; andernfalls hätte es auch nahegelegen, entsprechende Nachweise zu verlangen. Der Programmentwurf soll der Antragsgegnerin offensichtlich die Beurteilung erlauben, inwieweit mit dem Kulturkonzept des einzelnen Bewerbers die angestrebte Präsentation vielfältiger aktueller Strömungen der regionalen Volks- und Tanzmusik im Musikantenzelt umgesetzt werden könnte. Dazu dienen die genannten Kriterien für ein breites Spektrum aktueller Volks- und Tanzkultur mit unterschiedlichen Musik- und Tanzstilen und Typen von Musik- und Tanzgruppen. Es ist deshalb folgerichtig, dass die Ausschreibung der Antragsgegnerin nicht auf die Festschreibung namentlich benannter Gruppen, sondern auf eine bestimmte Charakteristik des Musikprogramms abzielte; eine Auswahl unter verschiedenen geeigneten Künstlern auch nach Abgabe einer Bewerbung sollte ersichtlich nicht ausgeschlossen werden.
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Diese Auslegung des Auswahlkriteriums entspricht auch der Beschlusslage des Stadtrats der Antragsgegnerin. Bereits für die Oide Wiesn 2013 wurde für das Kulturprogramm im Musikantenzelt festgelegt, dass sich dieses künftig noch deutlicher vom Programm des Festzelts Tradition unterscheiden müsse. Im Musikantenzelt sollten die gegenwärtigen Strömungen der Volks- und Tanzkultur in München und Bayern in ihrer ganzen Vielfalt präsentiert werden. Die Vorlage eines Programmentwurfs im Rahmen der Ausschreibung sollte der Sicherstellung der geforderten hohen Qualität des Musikprogramms dienen. In diesem Zusammenhang wurde auch bestimmt, dass u.a. die kulturelle Programmgestaltung in enger Abstimmung mit dem Kulturreferat zu entwickeln und vom Kulturreferat freizugeben sei (vgl. Sitzungsvorlage Nr. 08-14/V 09948 zur Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Wirtschaft am 16.10.2012). Letztere Festlegung bestätigt den Konzeptcharakter der Programmentwürfe der Bewerber; erst nach der Zulassungsentscheidung der Antragsgegnerin soll ein endgültiges Programm unter ihrer fachlichen Begleitung festgelegt werden. Dabei müssen jedenfalls in Absprache mit dem Kulturreferat auch Programmänderungen möglich sein, die im Übrigen gerade auch im Interesse der Antragsgegnerin liegen mögen.
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Der Vortrag der Antragsgegnerin, bei der groben Beschreibung des Kulturprogramms für das Musikantenzelt durch den Stadtrat im Jahr 2012 handele es sich um eine Konkretisierung der widmungsgemäßen Nutzung der Oidn Wiesn als öffentlicher Einrichtung, ist schlüssig. Damit wurde ein bestimmtes Profil des Musikantenzelts mit einem charakteristischen Musik- und Tanzprogramm festgelegt. Die Anforderungen an die Programmentwürfe der Bewerber modifizieren diesen Widmungsumfang nicht, sondern dienen der Qualitätsprüfung der vorgeschlagenen Kulturkonzepte.
20
Gegen diese objektive Auslegung der Bewertungskriterien spricht nicht, dass bei der Antragstellerin und Dritten möglicherweise ein anderes Verständnis von der Verbindlichkeit des Programmentwurfs vorherrschte.
21
Weiter hat das Verwaltungsgericht (BA Rn. 27 ff.) zutreffend angenommen, es lägen keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Antragsgegnerin die vollumfängliche Einhaltung der Vorgaben über das Kulturprogramm im Sinne eines Ausschlusskriteriums habe vorschreiben wollen. Es verweist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf, dass in den „Anmeldebedingungen“ einzelne, erkennbar als Ausschlusskriterien formulierte Anforderungen enthalten sind, insbesondere die Festlegung zu Form und Frist der Bewerbung; eine entsprechend klare Formulierung zum einzureichenden Kulturkonzept fehlt. Zudem handelt es sich dabei um ein Kriterium, dessen Erfüllung nicht bejaht oder verneint werden kann, sondern das einer graduellen Bewertung im Einzelfall bedarf, nämlich anhand einer bis 11 reichenden Punkteskala. Gleiches gilt für die Frage, ob sich das Programm im Musikantenzelt mehr oder weniger „deutlich“ von dem des Festzelts Tradition und des Volkssängerzelts unterscheidet. Dem steht nicht entgegen, dass in der gutachterlichen Stellungnahme des Kulturreferats der Antragsgegnerin vom 6. März 2024 zum Kulturkonzept der Beigeladenen das Fazit gezogen wird, deren Bewerbung erfülle „die Ausschreibungskriterien nicht vollumfänglich“. Diese Formulierung bestätigt vielmehr die im Einzelfall erfolgende Bewertung, in welchem Maß der jeweilige Programmentwurf die Anforderungen der Antragsgegnerin erfüllt. Der Begriff „Ausschreibungskriterien“ bezieht sich in diesem Zusammenhang offensichtlich auf die in den „Anmeldebedingungen“ genannten Kriterien zur Beurteilung der Auswahl und Qualität des vorgeschlagenen Kulturprogramms (z.B. regionale Vielfalt; feste Tages- und Zeitstruktur). Die unvollständige Erfüllung der Anforderungen an das Kulturprogramm spiegelt die Vergabe von 7 von 11 möglichen Punkten wider. Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend ausgeführt (BA Rn. 29), der fehlenden Eigenschaft als Ausschlusskriterium stehe es nicht entgegen, wenn im Einzelfall seitens der Verwaltung eine abweichende Äußerung getroffen werde; die Antragstellerin hat sich mit der diesbezüglichen Begründung nicht substantiiert auseinandergesetzt.
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Es ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Antragstellerin und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin in ihrer Verwaltungspraxis Bewerber mit Kulturkonzept, die aus ihrer Sicht noch Defizite aufwiesen, ausgeschlossen hätte. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Annahme der Antragstellerin, die Vorlage eines Programmentwurfs, dessen Realisierbarkeit nicht durch Absprachen mit den betreffenden Künstlern abgesichert sei, müsse zum Ausschluss des betreffenden Bewerbers führen. Wie oben ausgeführt handelt es sich um ein Bewertungskriterium, das nicht auf vorab erteilte Zusagen namentlich benannter Künstler abzielt. Denkbar wäre jedoch, dass die Punktevergabe durch die Antragsgegnerin geringer ausfallen könnte, soweit sie die Realisierbarkeit des Kulturkonzepts im Einzelfall als unwahrscheinlich bewerten würde. Dafür könnte z.B. bedeutsam sein, ob bei Wegfall benannter Musik- oder Tanzgruppen voraussichtlich ersatzweise Künstler engagiert werden könnten, mit denen die gegenwärtigen Strömungen der regionalen jungen Volks- und Tanzkultur in vergleichbarer Qualität präsentiert werden könnten.
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bb) Die Bewertungskriterien der Antragsgegnerin für das Kulturkonzept des Musikantenzelts und die Bewertung des Konzepts der Beigeladenen weisen keine rechtlich beachtlichen Mängel auf.
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(1) Bei der Zuteilung eines zu einem Volksfest als öffentlicher Einrichtung gehörenden Veranstaltungszelts sind die Gemeinden an Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 21 GO gebunden. Jeder Bewerber hat danach ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens; er kann verlangen, dass die Entscheidung nach sachlichen Kriterien unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes getroffen wird (vgl. BayVGH, U.v. 11.11.2013 – 4 B 13.1135 – VGH n.F. 66, 196 = BayVBl 2014, 632 Rn. 23 m.w.N.). Werden die eingegangenen Bewerbungen anhand vorgegebener Vergabekriterien bewertet, kann die Auswahlentscheidung wegen des weiten Einschätzungsspielraums des kommunalen Einrichtungsbetreibers von einem Gericht aber nur daraufhin überprüft werden, ob die der konkreten Beurteilung zugrundeliegenden tatsächlichen Annahmen zutreffend sind, ob gegen Denkgesetze oder allgemein gültige Wertmaßstäbe verstoßen worden ist, ob sachwidrige Erwägungen angestellt worden sind oder ob ein Verfahrensfehler vorliegt. Um diese nachträgliche gerichtliche Überprüfbarkeit zu gewährleisten, muss das Verwaltungshandeln sowohl hinsichtlich der anzuwendenden Auswahlkriterien als auch hinsichtlich des konkreten Auswahlvorgangs hinreichend transparent und objektiv nachvollziehbar sein (BayVGH, a.a.O.).
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(2) Die von der Antragsgegnerin definierten Bewertungskriterien für das Kulturkonzept sind hinreichend transparent und objektiv nachvollziehbar. Es liegt grundsätzlich im Ermessen der Antragsgegnerin, inwieweit sie Wert darauf legt, dass das endgültige Programm möglichst dem ursprünglichen Programmentwurf entspricht. Es dürfte allerdings ermessensfehlerhaft sein, in den Auswahlkriterien einen späteren Wechsel auftretender Künstler selbst dann auszuschließen, wenn objektiv nachvollziehbare Gründe einen solchen Wechsel nahelegen. Für ihre Annahme, die Realisierbarkeit eines Programmentwurfs werde gefährdet, wenn die Künstler nicht bereits vor Bewerbungsschluss zumindest ihre Bereitschaft zum Auftritt erklärt hätten, hat die Antragstellerin keine plausiblen Gründe dargelegt. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Schriftsatz an das Verwaltungsgericht vom 17. Juni 2024 schlüssig ausgeführt, bislang seien die Entwürfe weitestgehend im tatsächlichen Programm umgesetzt worden. Zudem habe die endgültige Programmfestlegung des siegreichen Bewerbers in Abstimmung mit dem Kulturreferat zu erfolgen. Die tatsächliche Umsetzung werde durch das Kulturreferat überprüft. Kurzfristige Änderungen hätten bisher keine Auswirkungen auf Ausrichtung und Qualität des Programms gehabt. Damit beruht es auf sachlichen Gründen, wenn die Antragsgegnerin nicht generell auf eine möglichst unveränderte Fortschreibung des Programmentwurfs im endgültigen Entwurf besteht, soweit es die auftretenden Gruppen betrifft. Im Übrigen würden auch bloße Absichtserklärungen letztlich keine Sicherheit dafür bieten, dass es tatsächlich zu den geplanten Auftritten kommen würde. Unstrittig dürfte erst recht sein, dass es Bewerbern nicht zumutbar wäre, bereits im Rahmen der Bewerbungsphase Vorverträge abzuschließen, insbesondere falls sie dabei Kostenrisiken für den Fall übernehmen müssten, dass sie nicht den Zuschlag der Antragsgegnerin erhielten.
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(3) Die Bewertung des Kulturkonzepts der Beigeladenen mit 7 von erreichbaren 11 Punkten ist unter Beachtung des gerichtlichen Prüfungsumfangs nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin hat nicht substantiiert dargelegt, inwieweit die in der Stellungnahme vom 6. März 2024 enthaltenen Bewertungen nicht vertretbar wären. Ihre Rüge, wegen fehlender Realisierbarkeit hätte das Kulturkonzept mit null Punkten bewertet werden müssen, greift nicht durch; wie oben aufgezeigt ergibt sich aus den Bewertungskriterien der Antragsgegnerin insbesondere nicht, dass die im Programmentwurf der Beigeladenen genannten Künstler vor Abgabe der Bewerbung die Bereitschaft zu den angedachten Auftritten erklärt haben müssten. Die Antragstellerin hat auch nicht substantiiert dargelegt und es ist auch sonst nicht ersichtlich, inwieweit aus anderen Gründen Bedenken im Hinblick auf die grundsätzliche Realisierbarkeit des Kulturkonzepts der Beigeladenen bestehen könnten.
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Unabhängig davon spricht die Zahl und Vielfalt der laut Beschwerdeerwiderung der Beigeladenen mittlerweile für Auftritte gewonnenen Künstler grundsätzlich dafür, dass auch nach erfolgter Auswahlentscheidung Künstler für das geplante Programm gewonnen werden können.
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cc) Die Antragstellerin macht geltend, die Beigeladene habe die Antragsgegnerin über den Inhalt ihrer Bewerbung getäuscht, indem sie im Programmentwurf Künstler angegeben habe, ohne sich zuvor deren Bereitschaft zu entsprechenden Auftritten zu versichern. Daraus schließt sie wiederum, es habe keine Bewerbung der Beigeladenen vorgelegen, die zu einer Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin berechtigt hätte. Weiter meint die Antragstellerin, im Hinblick auf die vermeintliche Täuschungshandlung stehe ihr ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Antragsgegnerin über eine Rücknahme der Auswahlentscheidung zu.
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Dieser Vortrag verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Wie oben ausgeführt sind die „Anmeldebedingungen“ der Antragsgegnerin für die Oide Wiesn 2024 in Bezug auf das Musikantenzelt nicht dahin zu verstehen, dass der betreffende Bewerber im Programmentwurf nur Auftritte solcher Künstler aufführen dürfte, von denen vor Bewerbungsschluss eine Bereitschaftserklärung eingeholt wurde. Vom Empfängerhorizont aus kann den Bewerbungsunterlagen der Beigeladenen nicht der Erklärungsinhalt entnommen werden, derartige Erklärungen hätten ihr vorgelegen. In ihren Bewerbungsunterlagen heißt es im Abschnitt Musik- und Unterhaltungsprogramm (Bl. 209) zum nachfolgenden Programmentwurf: „Auf den nächsten Seiten sehen Sie unser geplantes Programm.“ Hinweise darauf, dass es sich dabei entgegen dem von der Antragsgegnerin geforderten bloßen Programmentwurf um ein hinsichtlich der genannten Künstler bereits endgültiges Programm handeln sollte, sind den Bewerbungsunterlagen nicht zu entnehmen.
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Inwiefern Angaben der Beigeladenen in einem Schreiben an die Antragsgegnerin vom 13. Juni 2024 für die bereits im Mai 2024 erfolgte Auswahlentscheidung bedeutsam gewesen sein könnten, wird in der Beschwerdebegründung nicht nachvollziehbar erklärt.
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dd) Da die Bewertung des Kulturprogramms der Beigeladenen durch die Antragsgegnerin aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist, sind die Rügen der Antragstellerin zur Bewertung ihrer eigenen Bewerbung in den Punkten „Vertragserfüllung“ und „Ökologie“ nicht entscheidungserheblich. Nach der Berechnung der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung nimmt sie für sich eine höhere Gesamtpunktzahl als die der Beigeladenen nur für den Fall in Anspruch, dass deren Kulturprogramm mit null Punkten zu bewerten wäre. Die Antragstellerin zeigt nicht substantiiert auf, welchen konkreten Passagen in den Bewerbungsunterlagen die Aussage der Beigeladenen zu entnehmen wäre, dass die im Programmentwurf genannten Musikgruppen „vorbehaltlich kurzfristiger oder nicht vorhergesehener Umstände“ auftreten würden. Anderes ergibt sich auch nicht aus der konkreten Ausarbeitung des Programmentwurfs mit Bildern der Künstler und Programmtexten; dies entspricht vielmehr dem Ziel, ein in Layout und Gestaltung anschauliches Muster vorzulegen.
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b) Die Antragstellerin nimmt an, der Beigeladenen stehe im Hinblick auf deren vermeintliche Täuschungshandlung und ein unzureichendes Kulturkonzept kein Zulassungsanspruch aus Art. 21 GO zu; ihr stehe deshalb ein gebundener Zulassungsanspruch zu. Wie vorstehend ausgeführt fehlt es jedoch bereits an den behaupteten Ausschlussgründen.
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c) Da eine Täuschungshandlung der Beigeladenen im Rahmen ihrer Bewerbung nicht vorliegt (s.o.), kommt ein hierauf gestützter Anspruch der Antragstellerin auf Rücknahme der Auswahlentscheidung bereits aus diesem Grund nicht in Betracht.
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2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Da die anwaltlich vertretene Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass die Antragstellerin ihr die entstandenen außergerichtlichen Kosten erstattet (vgl. § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).
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3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
37
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).