Inhalt

VGH München, Beschluss v. 17.06.2024 – 1 ZB 22.1780
Titel:

Treuwidriges Geltendmachen der Unwirksamkeit eines Bebauungsplans

Normenketten:
BGB § 242
BauGB § 31 Abs. 2
Leitsätze:
1. Die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) können die Befugnis zur Geltendmachung der Unwirksamkeit eines Bebauungsplans beschränken und einem gestellten Normenkontrollantrag oder einer erhobenen Klage damit das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Das kann etwa der Fall sein, wenn der Rechtsschutzsuchende zunächst die ihm günstigen Festsetzungen eines Bebauungsplans ausnützt und sich erst später gegen die für ihn ungünstigen Festsetzungen wendet. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Was zum planerischen Grundkonzept zählt, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Planungswillen der Gemeinde. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer eine Befreiung in den mit der Planung gefundenen Interessenausgleich eingreift, desto eher liegt es nahe, dass das Planungskonzept in einem Maße berührt wird, das eine (Um-)Planung erforderlich macht. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Treuwidriges Geltendmachen der Unwirksamkeit eines Bebauungsplans, Befreiung von im Bebauungsplan festgesetzter öffentlicher Verkehrsfläche (verneint), Baugenehmigung für Doppelgarage, Treu und Glauben, Unbestimmtheit der Festsetzung des Höhenbezugspunkts, Grundzüge der Planung, Erschließungskonzept
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 07.04.2022 – M 11 K 19.4630
Fundstelle:
BeckRS 2024, 15404

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Doppelgarage auf seinem mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück FlNr. …, Gemarkung L.
2
Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. … „Nördlich der W. Straße“ der Stadt S. Der Bebauungsplan sieht im nordöstlichen Bereich des Grundstücks eine öffentliche Verkehrsfläche vor, die sich nach Norden zu einem Wendehammer ausweitet. Der Kläger hat mit notariellem Vertrag vom 17. April 2015 dem Freistaat Bayern eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit mit dem Inhalt bestellt, dass die näher bezeichnete Fläche, die sich mit der als Verkehrsfläche im Bebauungsplan ausgewiesenen Fläche deckt, als Feuerwehraufstellfläche und als Wendemöglichkeit von Versorgungs- und Rettungsfahrzeugen aller Art genutzt werden kann. Weiter verpflichtete er sich, die Wendefläche nicht zu überbauen. Schuldrechtlich wurde vereinbart, dass der jeweilige Eigentümer die Kosten der erstmaligen Herstellung der Wendefläche trägt. Im Anschluss an die Bestellung der Dienstbarkeit erteilte das Landratsamt dem Kläger am 22. April 2015 eine Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit der Auflage, dass der „durch Grunddienstbarkeit herzustellende Wendehammer bis zur Aufnahme der Nutzung des Gebäudes zu errichten und auf Dauer instand zu halten ist“. In der Folge kam es während der Bauarbeiten für das Vorhaben des Klägers zu Meinungsverschiedenheiten mit dem Landratsamt über die Höhenlage des Gebäudes, die in mit dem Landratsamt abgestimmten neuen Eingabeplänen mündeten. Die mit Baugenehmigung vom 4. September 2018 genehmigten Eingabepläne vom 5. Juni 2018 sehen im nordöstlichen Bereich des Vorhabengrundstücks eine Fläche vor, die dem im Bebauungsplan vorgesehenen Wendehammer entspricht. Die Baugenehmigung enthält eine Auflage zur Herstellung und Instandhaltung des Wendehammers, die mit der in der Genehmigung vom 22. April 2015 enthaltenen Nebenbestimmung identisch ist. Mit Bauantrag vom 2. April 2019 beantragte der Kläger eine Baugenehmigung für den Bau einer Doppelgarage, die größtenteils im Bereich des im Bebauungsplans festgesetzten Wendehammers errichtet werden soll. Er beantragte insoweit eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans. Die Beigeladene hat hierzu ihr Einvernehmen verweigert, da eine Befreiung für die Überbauung der öffentlichen Verkehrsfläche (Eigentümerweg) einen Grundzug der Planung berühre. Das Landratsamt lehnte die Erteilung der Baugenehmigung ab.
3
Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Es könne offenbleiben, ob der Bebauungsplan wegen mangelnder Bestimmtheit der Höhenfestsetzung unwirksam sei, da sich der Kläger nicht auf eine Unwirksamkeit des Bebauungsplans berufen könne. Das Berufen auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans sei treuwidrig, da der Kläger die für ihn günstigen Festsetzungen des Bebauungsplans ausgenutzt habe. Ohne den Bebauungsplan hätte sich sein Grundstück im Außenbereich befunden und das Gesamtvorhaben wäre nicht genehmigungsfähig gewesen. Auf eine etwaige Unbestimmtheit des Bezugspunkts für die Höhe der baulichen Anlagen im Bebauungsplan könne er sich auch deshalb nicht berufen, da er sich mit dem Landratsamt auf einen neuen Höhenbezugspunkt geeinigt habe und diesen seinen Eingabeplänen zu Grunde gelegt habe. Eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans berühre das Erschließungskonzept der Beigeladenen, das einen Grundzug der Planung darstelle.
4
Mit dem Zulassungsantrag verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren auf Erteilung der Baugenehmigung weiter. Die gegen die Auflage zur Herstellung des Wendehammers in der Baugenehmigung vom 4. September 2018 gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen (M 11 K 18.4921). Den hiergegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tag im Verfahren 1 ZB 22.1781 abgelehnt.
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Ergänzend wird auf die Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
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Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sowie der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegen nicht vor bzw. sind nicht dargelegt.
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838). Das ist hier nicht der Fall.
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Das Vorbringen des Klägers zeigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts auf, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans der Erteilung der Baugenehmigung entgegenstehen und eine Befreiung von den Festsetzungen nicht in Betracht kommt, da die Grundzüge der Planung berührt werden.
9
Es kann offenbleiben, ob die Höhenfestsetzung des Bebauungsplans im Hinblick auf den unteren Bezugspunkt hinreichend bestimmt ist. Denn dem Kläger ist es nach Treu und Glauben verwehrt, sich zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans auf diesen etwaigen Festsetzungsmangel zu berufen. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) die Befugnis zur Geltendmachung der Unwirksamkeit eines Bebauungsplans beschränken und einem gestellten Normenkontrollantrag oder einer erhobenen Klage damit das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlen. So wurde entschieden, dass in die Prüfung eines Normenkontrollantrags nicht mehr eingetreten werden kann, wenn der Antragsteller dadurch, dass er zur Durchsetzung eines geltend gemachten Rechts das Gericht anruft, sich zu seinem eigenen früheren Verhalten in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch setzt. Das kann etwa der Fall sein, wenn der Rechtsschutzsuchende zunächst die ihm günstigen Festsetzungen eines Bebauungsplans ausnützt und sich erst später gegen die für ihn ungünstigen Festsetzungen wendet. Diese Rechtsprechung gilt nicht nur für Normenkontrollanträge, sondern auch für vergleichbare prozessuale Lagen und unabhängig davon, ob es sich um einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan handelt oder um einen Angebotsplan (vgl. BVerwG, B.v. 14.11.2000 – 4 BN 54.00 – juris Rn. 4, dem ebenfalls ein Angebotsbebauungsplan zu Grunde lag). Ob der Tatbestand der Treuwidrigkeit erfüllt ist, richtet sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalls (vgl. BVerwG, B.v. 11.2.2019 – 4 B 28.18 – juris Rn. 6 ff.; B.v. 19.12.2018 – 4 B 6.18 – ZfBR 2019, 275; B.v. 14.11.2000 – 4 BN 54.00 – juris Rn. 4; B.v. 23.1.1992 – 4 NB 2.90 – NVwZ 1992, 974).
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Die hiernach erforderliche Einzelfallprüfung hat das Verwaltungsgericht vorgenommen und kam insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Höhenlage des Wohngebäudes und damit die Festsetzung des Bebauungsplans Ausgangspunkt der Meinungsverschiedenheiten zwischen Bauaufsichtsbehörde und dem Kläger war, die nach umfangreicher Korrespondenz einvernehmlich beigelegt wurden, in nicht zu beanstandender Weise zu der Einschätzung, dass sich der Kläger nicht auf eine aus einer etwaigen Unbestimmtheit der Festsetzung des Höhenbezugspunkt ergebende Unwirksamkeit des Bebauungsplans berufen kann. Der Kläger handelt insoweit widersprüchlich, wenn er sich nunmehr auf einen etwaigen Mangel des Bebauungsplans beruft, der im Genehmigungsverfahren einvernehmlich geklärt wurde mit der Folge, dass dem Kläger eine Baugenehmigung erteilt wurde. Bei Annahme der Unwirksamkeit des Bebauungsplans wäre der Standort des Wohngebäudes im Außenbereich gelegen mit der Folge, dass es nicht genehmigungsfähig gewesen wäre. Jedenfalls wenn dem Kläger – so wie hier – der vermeintliche Mangel eines Bebauungsplans bewusst war, das Problem im Rahmen des Genehmigungsverfahrens einer Lösung zugeführt werden konnte und das Vorhaben letztlich genehmigt wurde, setzt er sich zu seinem eigenen Verhalten in Widerspruch, wenn er sich nunmehr in einem anderen Kontext auf diesen Mangel zur Begründung der Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans beruft. Ein solches Verhalten ist treuwidrig. Weitere Mängel des Bebauungsplans, die zur Gesamtumwirksamkeit führen würden, zeigt das Zulassungsvorbringen nicht auf. Mit den Ausführungen, wonach die Festsetzungen im Bebauungsplan zur Dachneigung sowie zur Größe der Nebenanlagen an der Realität des Bestands vorbeigingen und damit das Planungskonzept insgesamt in Frage gestellt werde, macht er allenfalls Abwägungsmängel geltend, die aufgrund fehlender rechtzeitiger Rüge unbeachtlich geworden sind. Fehler im Abwägungsergebnis werden nicht aufgezeigt. Soweit mit dem Schriftsatz vom 4. April 2023 außerhalb der Begründungsfrist die Unwirksamkeit der Festsetzung des Wendehammers aufgrund fehlender städtebaulicher Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB) geltend gemacht wird, fehlt zum einen jegliche Auseinandersetzung mit den Ausführungen in der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (Rn. 32 ff), zum anderen wird bezüglich eines treuwidrigen Verhaltens auf die Entscheidung im Parallelverfahren (1 ZB 22.1781) vom heutigen Tag verwiesen.
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Hinsichtlich der weiteren Annahme des Verwaltungsgerichts, dass dem Kläger kein Anspruch auf Erteilung der Befreiung zusteht, werden ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils aufgezeigt. Eine Befreiung von der im Bebauungsplan festgesetzten öffentlichen Verkehrsfläche am Vorhabenstandort kommt nicht in Betracht, da die Tatbestandsvoraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt sind. Ob eine Befreiung von den Festsetzungen eines Bebauungsplans möglich ist, weil die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Was zum planerischen Grundkonzept zählt, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden Planungswillen der Gemeinde. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwiderläuft. Je tiefer die Befreiung in den mit der Planung gefundenen Interessenausgleich eingreift, desto eher liegt es nahe, dass das Planungskonzept in einem Maße berührt wird, das eine (Um-)Planung erforderlich macht (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2010 – 4 C 10.09 – BVerwGE 138, 166; B.v. 19.5.2004 – 4 B 35.04 – juris Rn. 3; B.v. 5.3.1999 – B 5.99 – NVwZ 1999, 1110). Die Festsetzung der öffentlichen Verkehrsfläche (Eigentümerweg) nebst Wendehammer auf dem Grundstück des Klägers ist Bestandteil des Erschließungskonzepts, das von der Gemeinde bei der Planaufstellung zu Grunde gelegt wurde. Der Planung der Erschließungsstraße nebst Wendehammer zielt darauf, am Ende der relativ steil ansteigenden Stichstraße, die zum Anwesen des Klägers führt, am topografisch höchst gelegenen Punkt eine Wendemöglichkeit zu schaffen. Ob eine bauplanungsrechtliche Erschließung auch bei einer geringeren räumlichen Dimensionierung der Flächen sichergestellt wäre, ist nicht entscheidungserheblich, da die Gemeinde im Rahmen der Bauleitplanung nicht auf die Festsetzung des rechtlich erforderlichen Minimums beschränkt ist. Die Frage, ob der Wendehammer bauordnungsrechtlich oder aus brandschutzfachlicher Sicht erforderlich ist, ist für die Frage, ob das Vorhaben die planerische Grundkonzeption der Beigeladenen betrifft, nicht entscheidend. Die festgesetzten Verkehrsflächen stellen sich für die Beigeladene als tragendes Konzept dar, ohne die sie die Überplanung nicht oder nicht so vorgenommen hätte, sodass hier eine Befreiung nicht in Betracht kommt (vgl. zu festgesetzter Verkehrsfläche als Grundzug der Planung: OVG NW, U.v. 8.5.2009 – 7 A 3366/07 – juris Rn. 57; U.v. 20.2.2004 – 10 A 4840/01 – NVwZ-RR 2005, 388). Soweit der Kläger außerhalb der Zulassungsbegründungsfrist ausführt, dass auch die Verwirklichung von Garagen auf seinem Grundstück ein Grundzug der Planung sei und ohne die Befreiung eine Situierung von Garagen auf seinem Grundstück wegen der bedingt durch den Baumbestand erfolgten Verlegung des Bauraums nicht möglich sei, fehlt es an einer ausreichenden Darlegung eines Grundzugs der Planung, sowie vor dem Hintergrund der großflächigen Grundstücksituation an einem hinreichend substantiierten Vortrag.
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Ohne Erfolg macht der Kläger weiter geltend, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht nachträgliche Veränderungen der tatsächlichen Situation im Hinblick auf die Erschließung als unbeachtlich angesehen habe. Eine Veränderung der Erschließungssituation sei insoweit eingetreten, als zwischenzeitlich auf dem Anwesen W. Straße …, dessen besserer Erreichbarkeit der im Bebauungsplan festgesetzte Wendehammer im Wesentlichen diene, ausreichend Abstell- und Wendemöglichkeiten sowie eine ausreichend breite Zufahrt errichtet worden sei. Dies rechtfertigt keine andere Beurteilung, denn die Grundzüge der Planung stützen sich auf die Festsetzungen des Bebauungsplans als Ergebnis der Abwägung (§ 1 Abs. 7 BauGB) im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB), sodass nachträgliche Veränderungen für die Beurteilung, ob die Grundzüge der Planung berührt sind, unerheblich sind. Im Übrigen dient der Wendehammer nicht nur als Schleppkurve zur Anfahrt des Anwesens W. Str. …, sondern er stellt sich als einzige Wendemöglichkeit auf öffentlicher Verkehrsfläche der rund 110 m langen, stark ansteigenden und nur ca. 3,50 m breiten Stichstrasse dar. Dass auf Privatgrundstücken Wendemöglichkeiten bestehen, ist insoweit rechtlich ohne Belang. Es liegen daher keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die begehrte Befreiung noch im Bereich dessen liegt, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes für die Befreiung gekannt hätte (vgl. BVerwG, 4.8.2009 – 4 CN 4.08 – BVerwGE 134, 264).
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Ob für die Erteilung der Baugenehmigung zudem das Sachbescheidungsinteresse fehlt, da der Kläger aufgrund der zugunsten der Bauaufsichtsbehörde eingeräumten beschränkt persönlichen Dienstbarkeit an der Bebaubarkeit im Bereich des Wendehammers ohnehin rechtlich gehindert ist, kann hier offenbleiben, da aus den oben dargestellten Gründen bereits kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung besteht.
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2. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass die Streitsache keine besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufweist, die eine Zulassung der Berufung erforderlich machen würden.
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3. Ein Verfahrensfehler, auf dem die verwaltungsgerichtliche Entscheidung beruht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), liegt nicht vor. Soweit der Kläger einen Gehörsverstoß darin sieht, dass das Verwaltungsgericht im Tatbestand der Entscheidung den in der mündlichen Verhandlung gestellten Verpflichtungsantrag nicht wiedergegeben hat, vermag dies einen Gehörsverstoß nicht zu begründen. Sowohl aus dem Tatbestand als auch den Entscheidungsgründen ergibt sich unzweifelhaft, dass das Verwaltungsgericht sich nicht auf die Prüfung der isolierten Aufhebung der Ablehnungsentscheidung beschränkt hat, sondern den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung dem Urteil zu Grunde gelegt hat (vgl. Rn. 1 der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung „Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung […].“ sowie Rn. 22 „Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung, […].“.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1 und 3‚ § 52 Abs. 1 GKG und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag.
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).