Inhalt

VGH München, Urteil v. 22.02.2024 – 13a N 23.936
Titel:

Normenkontrollantrag gegen Ausführungsverordnung Düngeverordnung

Normenketten:
RL 91/676/EWG
GG Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Abs. 2, Art. 84 Abs. 2
VwGO § 47
UVPG § 22 Abs. 1, Abs. 2, § 42 Abs. 1, § 43
DüngG § 3 Abs. 4 S. 1, S. 2 Nr. 3, Abs. 5, § 15 Abs. 5 S. 1
DüV § 13a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, Abs. 7
AVVGeA § 7 Abs. 1 S. 2, § 13 Abs. 1 S. 2
BayAVDüV
Leitsätze:
1. Die Einschränkung der Zulässigkeit der Düngung in roten und gelben Gebieten im Interesse des Gewässerschutzes in Umsetzung der Verpflichtungen aus der Nitratrichtlinie stellt grundsätzlich eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums sowie eine zulässige Berufsausübungsregelung dar. (Rn. 51 und 57)
2. Die AVV Gebietsausweisung (AVV GeA) ist keine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift. Der Senat zieht deren Regelungen allerdings als Orientierungsmaßstab zur Überprüfung der Gebietsausweisung heran. (Rn. 94)
3. Die Gebietsausweisung und die damit verbundenen Eingriffe in Grundrechte erfordern einerseits ein geordnetes Verfahren auf der Basis einer möglichst validen Datengrundlage insbesondere in Gestalt aussagekräftiger Messergebnisse. Andererseits gebietet das Interesse der Allgemeinheit an einem effektiven Grundwasserschutz, dass die verfassungs- und unionsrechtlich gebotenen Gebietsfestsetzungen nicht an praktisch unerfüllbaren Anforderungen scheitern, sondern mit angemessenem Verwaltungsaufwand in einem vertretbaren Zeitraum auch faktisch durchführbar sind. (Rn. 94)
4. Die Anwendung des § 7 Abs. 1 bzw. des § 13 Abs. 1 AVV GeA, wonach die Gesamtfläche einer landwirtschaftlichen Referenzparzelle dem belasteten Gebiet zuzurechnen ist, sofern ein Anteil von mindestens 20% dieser landwirtschaftlichen Referenzparzelle in einem belasteten Gebiet liegt, verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. (Rn. 61)
5. Der durch die Ausführungsverordnung Düngeverordnung (AVDüV) vorgenommenen Gebietsausweisung kann eine fehlerhafte Abgrenzung des jeweiligen Grundwasserkörpers nicht entgegengehalten werden. (Rn. 97)
6. Mit „rechtlichen oder tatsächlichen Gründen“ im Sinn von § 15 Abs. 1 AVV GeA musste das Zurückbleiben der Messstellendichte nicht bereits bei der Gebietsausweisung im Jahr 2022 begründet werden, sondern erst bei Ausweisungen ab dem 1. Januar 2025. (Rn. 104)
7. Die Länder „dürfen“ (nicht: „müssen“) weitere Messstellen im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3 AVV GeA in das Ausweisungsmessnetz übernehmen sowie bei der immissionsbasierten Abgrenzung unterstützend Zusatzmessstellen heranziehen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 AVV GeA). Weder aus § 13a DüV noch aus der AVV GeA ergibt sich hingegen eine Pflicht der Länder, weitere oder gar konkrete Zusatzmessstellen zusätzlich in das Messnetz aufzunehmen. Die Grenze dabei ist erreicht, wenn eine nach der Überprüfung als geeignet befundene Messstelle willkürlich ausgeschieden wird oder eine Messstelle auf den ersten Blick offensichtlich fehlerhaft als ungeeignet eingestuft wird (z.B. Übertragungsfehler). (Rn. 107)
8. In das Ausweisungsmessnetz können nur Messstellen aufgenommen werden, die landwirtschaftlich beeinflusst sind. (Rn. 110)
9. Bei bereits im Boden versickertem Wasser, auch soweit es sich noch in der ungesättigten Zone befindet, handelt es sich nicht mehr um „ungefiltertes Oberflächenwasser“, das vom Ausschlusskriterium gemäß Anlage 1 Nr. 4 Buchst. b AVV GeA erfasst wäre. (Rn. 116)
10. Die AVV GeA enthält für Quellmessstellen keine Vorgaben hinsichtlich des Ausbaus und der Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit. Insbesondere die Bestimmungen in Anlage 1 Nr. 2 Buchst. a – c AVV GeA gelten unmittelbar nur für (gebohrte) Grundwassermessstellen, nicht hingegen für Quellmessstellen. (Rn. 120)
11. Eine im Abstrom einer Nitrat-Punktquelle nicht landwirtschaftlichen Ursprungs liegende Messstelle ist für die Ausweisung von mit Nitrat belasteten Gebieten nur dann nach Anlage 1 Nr. 4 Buchst. a AVV GeA ausgeschlossen, wenn es sich um eine Punktquelle handelt, die dominierend ist, zur wesentlichen Veränderung der hydrochemischen Verhältnisse führt und ursächlich dafür ist, dass die Nitratwerte die Schwellenwerte übersteigen. (Rn. 130)
12. Eine Probenahme, die Anteile von Tiefengrundwasser enthält, kann nicht repräsentativ sein. (Rn. 136)
Schlagworte:
Nitratrichtlinie, Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten, Strategische Umweltprüfung, Eigentumsgarantie, Berufsfreiheit, Normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift (für die AVV GeA verneint), 20%-Anteil einer landwirtschaftlichen Referenzparzelle, Bestimmtheitsgebot, Administrativer Vereinfachungsspielraum (bejaht), Auswirkung von Mängeln auf die konkrete Gebietsausweisung, Abgrenzung der Grundwasserkörper, Messstellendichte, Auswahl der Messstellen für das Ausweisungsmessnetz, landwirtschaftliche Beeinflussung der Messstellen, Punktquellen, signifikanter Zufluss von ungefiltertem Oberflächenwasser über Schadstellen, Dränagen oder Fremdwasser, oberflächennächster, wasserwirtschaftlich bedeutsamer Grundwasserleiter, Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit bei Quellmessstellen, Zusatzmessstellen, Einfluss von Tiefengrundwasser
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstelle:
BeckRS 2024, 15393

Tenor

I. Die Bayerische Ausführungsverordnung Düngeverordnung (AVDüV) vom 22. Dezember 2020 in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Ausführungsverordnung Düngeverordnung vom 22. November 2022, zuletzt geändert durch die Änderungsverordnung vom 23. Mai 2023, wird im Gebiet des Grundwasserkörpers 1_G085 „Vorlandmolasse-Thalmassing“ für unwirksam erklärt.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit der Verordnung über besondere Anforderungen an die Düngung und Erleichterungen bei der Düngung (Ausführungsverordnung Düngeverordnung – AVDüV) der Bayerischen Staatsregierung vom 22. Dezember 2020 (BayMBl. Nr. 783; BayRS 7820-1-L) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 22. November 2022 (BayMBl. Nr. 658), zuletzt geändert durch die Änderungsverordnung vom 23. Mai 2023 (BayMBl. Nr. 272), bezogen auf den Grundwasserkörper 1_G085 „Vorlandmolasse – Thalmassing“. Die Antragsteller sind Landwirte, die Flächen im Bereich dieses Grundwasserkörpers bewirtschaften, die überwiegend in nitratbelasteten Gebieten sowie teilweise in eutrophierten Gebieten liegen. In diesem Grundwasserkörper gibt es folgende Messstellen:
2

ObjektKennzahl

BIS ID

Name der Messstelle

Kategorie

1132703900090

7039QU015001

Quelle A1.

Messstelle Dritter; gefasste Quelle

1132693800341

6938QU015013

Vitusbachquelle – Regensburg

Messstelle Dritter; gefasste Quelle

1131713800053

7138BG015163

Dünzling – GWM 1

Zusatzmessstelle Dritter; gebohrte Messstelle

1132703800190

7038QU015023

QuelleWeiherholz, Oberhinkofen

Zusatzmessstelle Dritter; gefasste Quelle

3
Die angegriffene Ausführungsverordnung Düngeverordnung beruht auf § 3 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 und § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 des Düngegesetzes vom 9. Januar 2009 (BGBl. I S. 54, 136, zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.12.2022, BGBl. I S. 2752 – DüngG) in Verbindung mit § 13a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Teils. 3, Abs. 3 und Abs. 7 der Verordnung über die Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis beim Düngen vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305 – Düngeverordnung – DüV), die zuletzt durch Art. 97 des Gesetzes vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3436) geändert worden ist. Zur Vereinheitlichung der Vorgehensweise bei der Ausweisung der Gebiete erließ die Bundesregierung gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 DüV am 3. November 2020 die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV Gebietsausweisung 2020 – AVV GeA 2020; BAnz AT 10.11.2020 B4), die am 10. August 2022 neu gefasst wurde (AVV Gebietsausweisung 2022 – AVV GeA 2022; BAnz AT 16.08.2022 B2 – im Folgenden: AVV GeA).
4
Am 22. Dezember 2020 erließ der Antragsgegner die Verordnung über besondere Anforderungen an die Düngung und Erleichterungen bei der Düngung (Ausführungsverordnung Düngeverordnung – AVDüV 2020), die am 23. Dezember 2020 im Bayerischen Ministerialblatt (BayMBl. Nr. 783) veröffentlicht wurde. In dieser wies er mit Nitrat belastete (rote) Gebiete im Sinn von § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 DüV und eutrophierte (gelbe) Gebiete nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 DüV aus. Grundlage hierfür war die AVV GeA 2020.
5
Am 22. November 2022 erließ der Antragsgegner unter Anwendung der AVV GeA 2022 die Verordnung zur Änderung der Ausführungsverordnung Düngeverordnung (AVDüV 2022). Diese Änderungsverordnung bewirkte unter anderem, dass sich die Kulisse der als mit Nitrat belastet ausgewiesenen Gebiete veränderte. Die AVDüV 2022 wurde am 29. November 2022 im Bayerischen Ministerialblatt (BayMBl. Nr. 658) veröffentlicht.
6
Am 23. Mai 2023 haben die Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Normenkontrollantrag gegen die AVDüV 2022 gestellt, den sie mit Schriftsätzen vom 24. Oktober 2023, 9. Februar und 16. Februar 2024 ergänzend begründet haben.
7
Die Antragsteller machen geltend, die Ausweisung verstoße gegen das umweltrechtliche Verursacherprinzip und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Eigentumsschutz), Nach dem Verursacherprinzip und gemäß Art. 14 Abs. 1 GG sei die Beschränkung der Eigentümerbefugnisse nur dort gerechtfertigt, wo überhaupt eine Verunreinigung von der Fläche zu dem jeweiligen Immissionsort – einem belasteten Teilgebiet – ausgehen könne.
8
Weiter sei die Abgrenzung des streitgegenständlichen Grundwasserkörpers fehlerhaft, weil diese an der nordöstlichen Grenze nicht mit den Grenzen der hydrogeologischen Teilräume übereinstimme und die erheblichen Unterschiede der Verhältnisse keine Berücksichtigung fänden. Die AVV GeA sei der Überprüfung der Gebietsausweisung zu Grunde zu legen, ihr komme nach dem Maßstab des Bundesverwaltungsgerichts als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift Außenwirkung zu, jedenfalls aber sei sie als technische Beurteilungsgrundlage zur Ausfüllung von Erkenntnislücken vollständig Maßstab der gerichtlichen Überprüfung. Das Ausweisungsmessnetz weise nicht die nach dem vorgelegten Gutachten (H. C. GmbH, Fachliche Evaluierung der Ausweisung nitratbelasteter Gebiete nach AVV GeA (2022) im Grundwasserkörper 1_G085 – „Vorlandmolasse – Thalmassing“ im Rahmen der AVDüV (2022) – im Folgenden: H.) als erforderlich angesehene Mindestdichte von 1 zu 20 km² auf, sondern nur 1 zu 92 km². Des Weiteren seien bei der Ausweisung geeignete Grundwassermessstellen nicht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AVV GeA berücksichtigt worden. Im Zusammenhang mit der Anforderung, eine bestimmte Messnetzdichte zu erreichen, verdichte sich das Ermessen zur Einbeziehung von Messstellen Dritter zu einer entsprechenden Pflicht. Die Voraussetzungen der vom Antragsgegner in Anspruch genommenen Übergangsvorschrift des § 15 Abs. 1 AVV GeA, die sich auf die Pflicht nach § 4 Abs. 2 AVV GeA beziehe, könnten nur dann bejaht werden, wenn alle Möglichkeiten zur Einrichtung eines entsprechenden Messnetzes ergriffen worden seien. Die Regelung in § 4 Abs. 2 AVV GeA sei dahin auszulegen, dass die Anforderungen und dementsprechend die Darlegungspflicht zu rechtlichen und tatsächlichen Gründen im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gebietsausweisung 2022 vorliegen müssten. Aufgrund des unzureichenden Messnetzes habe der Antragsgegner auch eine ordnungsgemäße immissionsbasierte Abgrenzung nicht durchführen und die Übergangsvorschrift des § 15 Abs. 2 AVV GeA nicht in Anspruch nehmen können.
9
Zu den Messstellen des Ausweisungsmessnetzes und den Zusatzmessstellen einschließlich der ausgeschlossenen Messstellen nehmen die Antragsteller unter Vorlage einer tabellarischen Übersicht im Einzelnen Stellung, im Wesentlichen zu den Themen landwirtschaftliche Nutzung im Umfeld, Einfluss von Drainagen, Punktquelle nicht landwirtschaftlichen Einflusses (Deponie), Eignungsfeststellungen, Einfluss von Tiefengrundwasser, Dokumentation und Probenahme. Gerügt wird ferner, dass Zusatzmessstellen zwar unterstützend herangezogen werden dürften, sie aber nicht selbst Teilgebiete begründen könnten. Bei den beiden Quellen des Ausweisungsmessnetzes seien neben den Anforderungen der AVV GeA, die Geltung beanspruche, soweit es der Sinn und Zweck gebiete, auch die technischen Regelwerke heranzuziehen, wie etwa die „Richtlinien für Beobachtung und Auswertung, Teil 4 – Quellen, 1995“ (LAWA 1995), das Arbeitsblatt DWA-A 908 (Eignungsprüfung von Grundwassermessstellen) oder das DVGW Arbeitsblatt W 127 (Quellwassergewinnungsanlagen – Planung, Bau, Betrieb, Sanierung und Rückbau).
10
Aufgrund der dargelegten Mängel beruhe die angegriffene Verordnung auf einer tatsächlich und methodisch fehlerhaften Beurteilung der Nitratbelastungen im Grundwasser. Insoweit sei die im Einzelnen genannte Rechtsprechung zu Luftreinhalteplänen, die rechtswidrig seien, wenn die zu Grunde liegenden Prognosen mangelhaft seien, zu übertragen.
11
Die Antragsteller haben zuletzt beantragt,
12
die Verordnung über besondere Anforderungen an die Düngung und Erleichterungen bei der Düngung (Ausführungsverordnung Düngeverordnung – AVDüV) vom 22. Dezember 2020 in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Ausführungsverordnung Düngeverordnung vom 22. November 2022, zuletzt geändert durch die Verordnung zur Änderung der Ausführungsverordnung Düngeverordnung vom 23. Mai 2023, im Gebiet des Grundwasserkörpers 1_G085 „Vorlandmolasse – Thalmassing“ für unwirksam zu erklären.
13
Der Antragsgegner hat beantragt,
14
den Antrag abzulehnen.
15
Zur Begründung seines Antrags hat der Antragsgegner insbesondere mit Schriftsätzen vom 18. Dezember 2023, 20. und 21. Februar 2024 Folgendes vorgetragen:
16
Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das umweltrechtliche Verursacherprinzip liege nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs könne die Ausübung des Eigentumsrechts Beschränkungen unterworfen werden, ohne dass die Mitgliedstaaten zur genauen Bestimmung des Anteils der Nitrate aus landwirtschaftlichen Quellen verpflichtet seien. Die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes werde danach insbesondere durch die Evaluierung im 4-Jahres-Turnus und die Berücksichtigung der Verhältnisse in den verschiedenen Regionen gewährleistet. Die strengeren Düngeregelungen dienten allesamt der Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 21. Juni 2018 (C-543/16 – juris) und der Vermeidung der Fortsetzung des Zweitverfahrens.
17
Beim Erlass der AVDüV habe sich der Antragsgegner neben der internen Handlungsvorschrift (Handbuch tGewA) für die Wasserwirtschaft an die Vorgaben der AVV GeA gehalten. Die allgemein anerkannten Regeln der Technik seien aus wasserwirtschaftlicher Sicht nur relevant, sofern diese eine korrekte Messung des Nitrats sicherstellten.
18
Der Ausweisung seien gemäß § 3 Abs. 1 AVV GeA die bereits im Jahr 2013 festgelegten Grundwasserkörper zu Grunde zu legen. Soweit die geforderte Messnetzdichte von einer Messstelle je 50 km² im Ausweisungsmessnetz nicht erfüllt sei, könne die Übergangsvorschrift des § 15 Abs. 1 AVV GeA herangezogen werden. Rechtliche oder tatsächliche Gründe für dieses Defizit müssten erst für eine Gebietsausweisung zum 31. Dezember 2024 angegeben werden.
19
Für das Ausweisungsmessnetz seien diejenigen Messstellen ausgewählt worden, die die Anforderungen an Grundwassermessstellen nach der AVV GeA erfüllt hätten. Für potentielle Zusatzmessstellen sei die grundsätzliche Eignung anhand im Einzelnen aufgelisteter Kriterien geprüft worden. Soweit die neu hinzugekommenen Ausweisungs- und Zusatzmessstellen eine Nitratkonzentration über 50 mg/l aufgewiesen hätten, hätte eine Ausweisung im Hinblick auf § 6 AVV GeA erfolgen müssen.
20
Bei den Anforderungen der Anlage 1 AVV GeA sei zu unterscheiden zwischen gebohrten Messstellen und (gefassten) Quellen, die fast zwangsläufig oberflächennahes Grundwasser erschlössen. Die LAWA-Richtlinie gehöre nicht zu den technischen Regelwerken, auf die die AVV GeA verweise. Im landwirtschaftlichen Umfeld könne es vorkommen, dass in Einzelfällen Drainagen an Sickerleitungen angeschlossen seien. Solange keine Einleitungen angeschlossen seien, liege kein Mangel vor. Ein zweifelsfreier Nachweis eventueller Auswirkungen auf den Nitratgehalt sei nur über den Chemismus, bzw. die physikochemischen Eigenschaften des Wassers möglich.
21
Zu den jeweiligen Messstellen wird im Einzelnen Stellung genommen. Insbesondere wird ausgeführt, die Vitusbachquelle in Regensburg bilde die Hauptlandnutzung Siedlung ab, erfasse jedoch auch landwirtschaftliche Flächen, da sich das Grundwassereinzugsgebiet nach Süden bis in landwirtschaftliche Flächen erstrecke. Hinsichtlich der Messstelle Dünzling gelte, dass das Ausweisungsmessnetz alle landwirtschaftlich beeinflussten Messstellen, die für die Umsetzung der EG-WRRL genutzt würden, umfassen müsse, und dass jede Zusatzmessstelle, an der eine Überschreitung festgestellt werde, innerhalb eines mit Nitrat belasteten Gebiets liegen müsse (§ 4 Abs. 1 Satz 1, § 6 Satz 1 AVV GeA). An dieser Messstelle gebe es keinerlei Hinweise auf die Einlagerung von Stickstoffemittenten aus der Altdeponie im größeren Ausmaß.
22
Am 22. Juni 2023 hat ein Erörterungstermin stattgefunden.
23
Mit Beweisbeschluss vom 26. Juni 2023 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgegeben, Auskünfte zur Beteiligung von Sachverständigen bei der Erstellung der AVV GeA 2020 und der AVV GeA 2022 zu erteilen. Mit Schreiben vom 28. Juli 2023 hat das BMEL die erbetenen Auskünfte erteilt.
24
Die Akten hat der Antragsgegner überwiegend in elektronischer Form via SecureBox Bayern (vgl. dazu insbesondere zwei Schreiben vom 31.7.2023 sowie die Schreiben vom 7.8.2023, 18.9.2023 und 19.1.2024) sowie ergänzend als Anlagen zu Schriftsätzen (vgl. insbesondere Schreiben vom 31.7.2023, 8.9.2023, 18.12.2023 und 20.2.2024) vorgelegt. Die elektronisch vorgelegten Akten wurden heruntergeladen, gespeichert und gegen Veränderungen gesichert.
25
Die mündliche Verhandlung hat am 22. Februar 2024 stattgefunden.
26
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten, insbesondere die Protokolle über den Erörterungstermin am 22. Juni 2023 und die mündliche Verhandlung am 22. Februar 2024, sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

27
Der Normenkontrollantrag ist zulässig und begründet.
I.
28
Der Antrag ist zulässig.
29
1. Die Ausführungsverordnung Düngeverordnung vom 22. Dezember 2020 (BayMBl. Nr. 783; BayRS 7820-1-L) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 22. November 2022 (BayMBl. Nr. 658), zuletzt geändert durch die Änderungsverordnung vom 23. Mai 2023 (BayMBl. Nr. 272) – AVDüV – ist eine im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift und damit nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. Art 4 AGVwGO statthafter Antragsgegenstand. Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 VwGO ist eingehalten. Die Antragsteller sind im Hinblick auf ihre Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Sie sind Landwirte, die landwirtschaftliche Flächen im Bereich des Grundwasserkörpers 1_G085 „Vorlandmolasse – Thalmassing“ bewirtschaften, die überwiegend als mit Nitrat belastetes Gebiet ausgewiesen wurden sowie teilweise in eutrophierten Gebieten liegen. Sie unterliegen mithin den mit einer solchen Ausweisung verbundenen Beschränkungen nach § 13a DüV und § 1 Abs. 2 bzw. § 2 Abs. 2 AVDüV.
30
2. Die Beschränkung des Normenkontrollantrags auf den Grundwasserkörper 1_G085 ist sachgerecht. Die Düngeverordnung (vgl. § 13a Abs. 1 Satz 1 DüV) und hierauf aufbauend die angefochtene Ausführungsverordnung (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AVDüV) beziehen sich auf Gebiete von Grundwasserkörpern. Ein etwaiger Mangel an einer Messstelle würde sich auch nicht landesweit auswirken. Der Senat geht hierbei nach den Angaben des Antragsgegners entgegen der Argumentation des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt (U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 87) jedenfalls für das Gebiet des Freistaats Bayern davon aus, dass sich auch die Interpolation nicht landesweit auswirkt, sondern sich auf den konkreten Grundwasserkörper beschränkt.
31
3. Dem Antrag fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
32
Die Antragsteller könnten ihre Rechtsstellung durch ein erfolgreiches Normenkontrollverfahren möglicherweise verbessern. Dem steht nicht entgegen, dass sich bei erfolgreichen Rügen mit Blick auf einzelne Messstellen das im streitgegenständlichen Grundwasserkörper ausgewiesene belastete Gebiet im Falle einer Neuausweisung möglicherweise vergrößern würde, weil – so der Antragsgegner – gegebenenfalls keine Gebiete nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Teils. 2 DüV aus der Gebietskulisse herausgenommen werden könnten und damit der gesamte Grundwasserkörper als belastetes Gebiet auszuweisen wäre. Denn die Antragsteller beschränken sich zum einen nicht auf Rügen gegen einzelne Messstellen, so dass sie ihre Rechtsstellung durch ein erfolgreiches Normenkontrollverfahren möglicherweise verbessern könnten. Ein Normenkontrollantrag ist immer dann in der Sache erfolgreich, wenn die angefochtene Norm objektiv mit einem für ihre Gültigkeit bedeutsamen Mangel behaftet ist. Entscheidend ist die inhaltliche Übereinstimmung der Norm mit höherrangigem Recht, das heißt die angegriffene Norm darf nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen und auch die Ermächtigungsgrundlage muss in rechtmäßiger Art und Weise ergangen sein (zum Prüfungsmaßstab vgl. Hoppe in Eyermann, a.a.O., § 47 Rn. 30, 87; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 334 jeweils m.w.N.; zur Inzidentprüfung der Ermächtigungsgrundlage vgl. W.- R. Schenke/R. P. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 47 Rn. 106). Zum anderen ist für den Fall von Rechtsfehlern bei der Gebietsausweisung in dem vorliegenden Grundwasserkörper und einer daraus folgenden Teilunwirksamkeitserklärung der AVDüV davon auszugehen, dass sich der Antragsgegner bei einer Neufestlegung der Gebietskulisse in dem Grundwasserkörper erneut eingehend mit den Verhältnissen vor Ort befassen wird, gegebenenfalls unter Heranziehung anderer Messstellen. Dabei besteht die für das Rechtsschutzbedürfnis ausreichende grundsätzliche Möglichkeit, dass sich die neue Ausweisung für die Antragsteller als vorteilhaft erweisen wird (vgl. VGH BW, U.v. 9.2.2023 – 13 S 3646/21 – juris Rn. 23; OVG LSA, U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 100).
33
Schließlich stünde die Verpflichtung zur Umsetzung der Richtlinie Nr. 91/676/EWG des Rates v. 12.12.1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (ABl EG Nr. L 375/1 v. 31.12.1995 S. 1 – im Folgenden: Nitratrichtlinie) einer Aufhebung der AVDüV etwa wegen Verstößen gegen nationales Recht wie insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht entgegen. Auch ist im vorliegenden Antragsverfahren anders als im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes von vorneherein kein Raum für eine Entscheidung allein aufgrund einer Interessenabwägung.
II.
34
Der Antrag ist auch begründet.
35
Nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO ist der Normenkontrollantrag begründet, wenn die angegriffene Rechtsvorschrift ungültig ist. Das ist hier im Bereich des Gebiets des Grundwasserkörpers 1_G085 „Vorlandmolasse – Thalmassing“ der Fall. Eine darüberhinausgehende Unwirksamkeitserklärung der gesamten Verordnung war nicht veranlasst. Zwar ist im Hinblick auf die Funktion des Normenkontrollverfahrens als eines (auch) objektiven Verfahrens bei einem auf einen bestimmten Teil beschränkten Antrag – hier: der konkrete Grundwasserkörper – eine etwaige Gesamtunwirksamkeit von Amts wegen auszusprechen (Hoppe in Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO, § 47 Rn. 85 mit Verweis auf BayVGH, U.v. 4.8.2017 – 15 N 15.1713 – NVwZ-RR 2017, 953), jedoch ist vorliegend über den Grundwasserkörper 1_G085 hinaus eine Unwirksamkeit nicht zu erkennen.
36
Die AVDüV ist formell rechtmäßig zustande gekommen (unten 1.). Ihre Ermächtigungsgrundlage ist wirksam (unten 2.). Die AVDüV verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht (unten 3.). Bezogen auf den streitgegenständlichen Grundwasserkörper 1_G085 ist die Gebietsfestsetzung in § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 AVDüV allerdings fehlerhaft erfolgt (unten 4.).
37
1. Die AVDüV ist formell rechtmäßig. Die Bayerische Staatsregierung war nach § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 DüngG, § 13a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Teils. 3, Abs. 3 Satz 1, Abs. 7 DüV für den Erlass der Verordnung zuständig. Mit Blick auf das Erlassverfahren sind weder in Bezug auf die Verkündung der AVDüV, noch hinsichtlich sonstiger Verfahrensschritte Fehler vorgetragen oder sonst ersichtlich. Das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG wurde gewahrt.
38
2. Die AVDüV beruht mit § 3 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 und § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 DüngG i.V.m. § 13a DüV auf einer ihrerseits wirksamen Ermächtigungsgrundlage. Insbesondere an der Wirksamkeit der Regelungen in § 13a DüV besteht kein Zweifel. Das gilt sowohl hinsichtlich von Verfahrensfehlern (unten a) als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht (unten b).
39
a) Es liegen keine Verfahrensfehler beim Erlass des § 13a DüV vor, welche die Wirksamkeit dieser Vorschrift in Frage stellen könnten.
40
aa) § 13a DüV ist insbesondere nicht unwirksam, weil die nach dem UVPG durchzuführende strategische Umweltprüfung nicht ordnungsgemäß erfolgt wäre, nachdem der Bundesrat der Verordnung bereits vor Ablauf der Frist zur Stellungnahme im Rahmen der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung zugestimmt hatte.
41
Die Düngeverordnung wurde durch Art. 1 der Verordnung zur Änderung der Düngeverordnung und anderer Vorschriften vom 28. April 2020 (BGBl. I S. 846) mit Wirkung ab dem 1. Mai 2020 geändert. Mit dieser Verordnung wurde § 13a in die DüV eingefügt. In dem Änderungsverfahren wurde eine strategische Umweltprüfung (SUP) gemäß §§ 33 ff. des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) durchgeführt. Der ursprüngliche Verordnungsentwurf wurde nach der Auslegung im Rahmen der SUP hinsichtlich § 5 Abs. 1 DüV (Düngung auf gefrorenem Boden) und hinsichtlich § 13a Abs. 2 Nr. 5 DüV (Zwischenfruchtdüngung) nochmals geändert. Der nach § 40 UVPG zu erstellende Umweltbericht datiert vom 2. Februar 2020. Die entsprechenden Unterlagen, insbesondere die Änderungsverordnung in der Fassung des Referentenentwurfs vom 13. Dezember 2019, wurden nach § 42 UVPG zwischen dem 2. Februar 2020 und dem 2. März 2020 ausgelegt; bis zum 2. April 2020 bestand für Behörden und betroffene Öffentlichkeit die Möglichkeit, Stellung zu nehmen (siehe S. 8 der Zusammenfassenden Umwelterklärung – ZUE – v. 20.7.2020 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft – BMEL). Der Bundesrat stimmte der Änderungsverordnung am 27. März 2020 zu.
42
Damit war indes kein Verstoß gegen § 43 Abs. 1, Abs. 2 UVPG verbunden. Danach überprüft die zuständige Behörde nach Abschluss der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung die Darstellungen und Bewertungen des Umweltberichts unter Berücksichtigung der Stellungnahmen und Äußerungen. Das Ergebnis der Überprüfung ist im Verfahren zur Aufstellung oder Änderung des Plans oder Programms zu berücksichtigen. Das ist vorliegend geschehen. Weitergehende Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Zustimmung des Bundesrats nach Art. 80 Abs. 2 GG, sind in § 43 UVPG nicht vorgesehen. Deshalb ist es unschädlich, dass der Bundesrat seine Zustimmung schon am 27. März 2020 und damit vor Ablauf der Äußerungsfrist gemäß § 42 Abs. 3 UVPG sowie vor der abschließenden Prüfung und Berücksichtigung des Umweltberichts gemäß § 43 Abs. 1 UVPG erteilt hat. Aus §§ 42, 43 UVPG ergibt sich nicht, dass die abschließende Bewertung und Berücksichtigung der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung vor der Entscheidung des Bundesrates durchzuführen gewesen wäre. In Bezug auf den Bundesrat ist allein maßgebend, ob im Zeitpunkt der Zustimmung diesem die letztendlich beschlossene Fassung zugrunde lag. Dies war hier der Fall (vgl. umfassend BayVGH, B.v. 31.1.2022 – 13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 40).
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bb) Auch im Übrigen liegen keine Fehler bei der Durchführung der SUP vor, die zu einer Unwirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage des § 13a DÜV aus formellen Gründen führen würden.
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Wie bereits im Beschluss des Senats vom 31. Januar 2022 (13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 38) ausführlich dargelegt wurde, ist die Änderung betreffend die Zulässigkeit einer Zwischenfruchtdüngung in § 13a Abs. 2 Nr. 5 DüV nicht verfahrensfehlerhaft erfolgt.
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Soweit es das neu in § 5 Abs. 1 DüV aufgenommene generelle Verbot der Ausbringung von stickstoff- oder phosphathaltigen Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln auf gefrorenem Boden betrifft, dürfte zwar eine den Anforderungen des § 42 Abs. 1 i.V. m. § 22 UVPG genügende Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erlass der Verordnung zur Änderung der Düngeverordnung im Jahr 2020 nicht durchgeführt worden sein (vgl. BayVGH, B.v. 31.1.2022, a.a.O., juris Rn. 32 ff). Dies kann aber letztlich ebenso dahin gestellt bleiben wie demzufolge auch die Frage, ob die isolierte Nachholung der Öffentlichkeitsbeteiligung begrenzt auf die Änderung in § 5 Abs. 1 DüV zulässig war und durch die nachgeholte Öffentlichkeitsbeteiligung eine Heilung eingetreten ist. Denn eine mögliche Unwirksamkeit der Änderungen in § 5 Abs. 1 DüV schlägt nicht auf die Wirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage in § 13a DüV durch. Eine etwaige fehlerhafte Öffentlichkeitsbeteiligung führt nicht zur Unwirksamkeit der gesamten DüV, insbesondere nicht zur Unwirksamkeit der Verordnungsermächtigungen für die Landesregierungen in § 13a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Teils. 3, Abs. 3 und Abs. 7 DüV. Schon im Beschluss des Senats vom 31. Januar 2022 (13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 35 ff.) wurde darauf hingewiesen, dass die Vorschriften zur Öffentlichkeitsbeteiligung zwar in besonderem Maße dem Interesse sachrichtiger Entscheidungen dienen, ihnen ein entscheidender Eigenwert zukommt und sie nicht nur eine schlicht dienende Funktion haben (s. auch BVerfG, B.v.11.10.1994 – 1 BvR 337/92 – BVerfGE 91, 148 Rn. 132 zur Evidenz und BVerfG, B.v. 12.10.2010 – 2 BvF 1/07 – BVerfGE 127, 293 – juris Rn. 128 f.; BVerfG, B.v. 8.12.2009 – 2 BvR 758/07 – NVwZ 2010, 634 zur „Wesentlichkeit“ eines Verstoßes gegen Anhörungs- und Beteiligungspflichten). Es ist aber allgemein anerkannt, dass auch (nur) eine Teilunwirksamkeit eintreten kann (BVerwG, B.v. 28.7.2015 – 9 B 17.15 – NVwZ-RR 2015, 906 juris Rn. 9; B.v. 7.3.2002 – 4 BN 60.01 – NVwZ 2002, 869 juris Rn. 27; Hoppe in Eyermann, a.a.O., § 47 Rn. 82 m.w.N.). Es muss sich dann um einen abtrennbaren Teil der Rechtsvorschrift handeln, dem der Fehler anhaftet. Nach ständiger Rechtsprechung ist dies davon abhängig, ob – erstens – die Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare, sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssachverhalts belässt (Grundsatz der Teilbarkeit) und ob – zweitens – hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). Die Ungültigkeit eines Teils einer Norm macht diese also dann nicht insgesamt unwirksam, wenn die Restregelung auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleibt und mit hinreichender Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre.
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Gemessen hieran wäre vorliegend von einer Teilunwirksamkeit auszugehen: Eine Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinn von §§ 42, 43 UVPG ist nicht völlig unterblieben. Sie hat vielmehr zunächst ordnungsgemäß stattgefunden; lediglich nach der Änderung des Entwurfs wurde die Öffentlichkeit nicht erneut beteiligt. Schon deshalb liegt die Annahme nahe, dass sich die Fehlerhaftigkeit nicht auf die gesamte Neuregelung in der Düngeverordnung auswirkt, sondern allein die genannte Änderung des § 5 Abs. 1 DüV betrifft, in der ein generelles Verbot der Ausbringung von stickstoff- oder phosphathaltigen Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln auf gefrorenem Boden neu aufgenommen wurde. Nur insoweit ist nämlich eine (erneute) Beteiligung der Öffentlichkeit im Sinn von § 22 UVPG unterblieben. Dass die Restregelung alleine auch sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) ergibt sich daraus, dass der Verordnungsgeber dieses generelle Verbot ursprünglich nicht vorgesehen hatte. Dies spricht zudem auch dafür, dass er die Norm auch ohne die Änderung erlassen hätte (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). Die Annahme einer bloßen Teilunwirksamkeit legt auch die gesetzliche Regelung des § 22 UVPG nahe, wonach eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit auf die Änderungen zu beschränken ist (§ 22 Abs. 1 Satz 2 UVPG). Es ist schließlich davon auszugehen, dass das BMEL als Verordnungsgeber die übrigen Regelungen der Änderungsverordnung auch ohne den (vermeintlich) verfahrensfehlerhaften Teil aufrechterhalten hätte, weil sie der Umsetzung der Nitratrichtlinie dienten. Mit Urteil vom 21. Juni 2018 hat der Europäische Gerichtshof entschieden (Rechtssache C-543/16), dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus der EU-Nitratrichtlinie verstoßen und bereits ein Defizit der ordnungsgemäßen Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben bestanden hat. Gerade zur Behebung dieses Umsetzungsdefizits wurde die Düngeverordnung mit der hier gegenständlichen Änderung zur Anpassung an die Vorgaben der EU-Nitratrichtlinie und die Vorgaben des Europäische Gerichtshofs zur Vermeidung der Fortführung des von der Europäischen Kommission am 26. Juli 2019 eingeleiteten weiteren Vertragsverletzungsverfahrens (sog. Zweitverfahren, vgl. Art. 260 Abs. 2 AEUV) mit drohenden Strafzahlungen von über 800.000 € täglich angepasst (vgl. dazu Wagner/Rohleder, DVBl. 2021, 8, 10; zur weiteren Entwicklung vgl. Douhaire, ZUR 2022, 1). Hieraus ergibt sich eindeutig, dass der Verordnungsgeber die vom Verfahrensfehler nicht betroffenen Teile, insbesondere die hier maßgebliche Ermächtigungsgrundlage, auf jeden Fall auch eigenständig aufrechterhalten hätte.
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b) Auch materiell-rechtlich bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage. Insbesondere verstoßen die Regelungen des § 13a DüV weder gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG (unten aa) noch gegen die Berufsfreiheit im Sinn des Art. 12 Abs. 1 GG (unten bb).
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aa) (1.) Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 31. Januar 2022 (13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 42 ff.) ausgeführt hat, schützt die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG nach ihrem Schutzbereich die Herrschafts- und Nutzungsbefugnis, das Recht des „Habens“ und „Gebrauchmachens“ an einem konkreten von der Eigentumsgarantie umfassten Gegenstand. Es wird das Recht gewährleistet, eine eigentumsfähige Position zu besitzen, zu nutzen, zu verwalten, zu verbrauchen oder darüber zu verfügen. Die einträglichste Nutzung des Eigentums schützt das Eigentumsgrundrecht indes nicht (vgl. BVerfG, B.v. 15.7.1981 – 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300 – juris Rn. 166; B.v. 9.10.1991 – 1 BvR 227/91 – BVerfGE 84, 382 – juris Rn. 12). Vor dem Hintergrund von Art. 14 Abs. 3, Art. 15 GG ist das Eigentum auch nicht unbedingt garantiert. Vorliegend handelt es sich bei den auf der Grundlage des Düngegesetzes durch die Vorgaben in § 13a DüV und deren Aktualisierung auf der Grundlage der Ausweisung der roten und gelben Gebiete in der Ausführungsverordnung Düngeverordnung bewirkten Einschränkungen des Einsatzes von Düngemitteln ersichtlich nicht um den zielgerichteten Entzug einer konkreten Eigentumsposition zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben (vgl. BVerfG, B.v. 16.2.2000 – 1 BvR 242/91 – BVerfGE 102, 1 – juris Rn. 41; B.v. 22.5.2001 – 1 BvR 1512/97 – BVerfGE 104, 1 – juris Rn. 30), sondern um die abstrakt-generelle Regelung der Nutzungsmöglichkeiten der betroffenen Grundstücke für die Zukunft und damit um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GG.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (s. nur z.B. BVerfG, U.v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11 – NJW 2017, 217 – juris Rn. 268; B.v. 21.7.2010 – 1 BvL 8/07 – BVerfGE 126, 331 – juris Rn. 88) hat der Normgeber, der Inhalt und Schranken der als Eigentum grundrechtlich geschützten Rechtspositionen bestimmt, dabei sowohl der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG Rechnung zu tragen. Dabei sind die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Insbesondere muss jede Inhalts- und Schrankenbestimmung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung ist umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht. Das Übermaßverbot verlangt einen verfassungslegitimen Grund für den Eingriff, die Eignung des gewählten Eingriffsmittels, seine Erforderlichkeit im Sinne der Wahl des schonendsten Mittels sowie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Eingriffsschwere und dem Eingriffsnutzen (Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand August 2023, Art. 14 Rn. 429 m.w.N.; Jarass in Jarass/Pieroth, 17. Aufl. 2022, GG, Art. 14 Rn. 36 ff.). Im Einzelnen muss die betreffende Regelung im Hinblick auf das entsprechende Ziel geeignet sein, die Inhalts- und Schrankenbestimmung darf den Eigentümer nicht mehr beeinträchtigen, als es der gesetzgeberische Zweck erfordert und die Belastung des Eigentümers muss in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der Regelung verfolgten Interessen stehen und damit verhältnismäßig im engeren Sinn bzw. zumutbar sein.
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Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung stellen insbesondere der Schutz der Natur ebenso wie der Schutz von und vor Wasser eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang dar, die einschränkende Regelungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG rechtfertigen können (vgl. BVerfG, B.v. 15.7.1981 – 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300 – juris Rn. 153: „Wasser ist eine der wichtigsten Grundlagen allen menschlichen, tierischen und pflanzlichen Lebens“, Rn. 164: „Dem Grundwasser kommt hiernach für die Allgemeinheit, insbesondere für die öffentliche Wasserversorgung, eine kaum zu überschätzende Bedeutung zu“; zum Hochwasserschutz vgl. BVerwG, U.v. 22.7.2004 – 7 CN 1/04 – BVerwGE 125, 116 – juris Rn. 22). Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentumsgebrauchs und der -nutzbarkeit muss der Eigentümer – anders als die völligen oder teilweisen Substanzentziehungen – grundsätzlich entschädigungslos dulden, soweit sie sich in dem für Art. 14 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 GG geltenden Regelungsrahmen halten, sie also insbesondere das Verhältnismäßigkeitsprinzip, das Gebot sachgerechter und willkürfreier Abwägung sowie die Wesensgehaltsgarantie beachten (siehe zum Ganzen Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand Juli 2021, Art. 14 Rn. 146 f., 529 m.w.N.).
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(2.) Gemessen hieran kann vorliegend nicht von einer Verfassungswidrigkeit der Regelungen des § 13a DüV, die auf der Grundlage des Düngegesetzes und vermittelt durch die landesrechtliche Ausführungsverordnung Inhalt- und Schranken der Nutzbarkeit landwirtschaftlich genutzter Grundstücke in den landesrechtlich ausgewiesenen roten und gelben Gebieten hinsichtlich ihrer Düngung regeln, ausgegangen werden. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Verhältnismäßigkeitsprinzip als Grenze einer zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 16. Aufl. 2020, Art. 14 Rn. 36 m.w.N.) nicht gewahrt sein könnte. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich des Verbots der Nitratdüngung von Zwischenfrüchten (vgl. dazu BayVGH, B.v. 31.1.2022 – 13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 45).
52
Der vom Düngegesetz in Umsetzung der Vorgaben der Nitrat-RL und darauf beruhend von der Düngeverordnung und der landesrechtlichen Ausführungsverordnung verfolgte Zweck des Gewässerschutzes stellt eine höchstrangige Gemeinwohlaufgabe dar (vgl. BVerfG, B.v. 15.7.1981 – 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300 – juris Rn. 153, 164).
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Dass die getroffenen Regelungen und die damit einhergehenden Belastungen für die davon betroffenen Eigentümer oder die die betroffenen Grundstücke bewirtschaftenden Pächter von vornherein ungeeignet wären, diesen Zweck zu fördern, ist nicht erkennbar. Vielmehr ist es plausibel und nachvollziehbar, dass eine Reduzierung und Regulierung der Düngung in den belasteten Gebieten mittelfristig zu einer Reduzierung der Belastung der Gewässer mit Nitrat und Phosphor führt, sie also im Ergebnis ein geeignetes Mittel darstellen. Auch sind zur Reduzierung der Belastung der Gewässer mit Nitrat und Phosphor keine milderen, d.h. anderen, gleich wirksamen, aber das betroffene Grundeigentum weniger einschränkenden Mittel ersichtlich (vgl. BVerfG, U.v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11 – BVerfGE 143, 246 – juris Rn. 289), die der Bundesverordnungsgeber anstelle der Regelungen in § 13a DüV und vermittelt durch die landesrechtliche Ausführungsverordnung hätten ergreifen können, um die Vorgaben der Nitratrichtlinie aus dem Jahr 1991 und allgemein einen im Hinblick auf Art. 20a GG gebotenen nachhaltigen Gewässerschutz gleich wirksam zu erreichen.
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Schließlich sind die Regelungen in der Düngeverordnung und deren Vermittlung durch die landesrechtliche Ausführungsverordnung angesichts des hoch- bzw. höchstrangig einzustufenden Allgemeinwohlbelangs des Grundwasserschutzes auch verhältnismäßig im engeren Sinne, denn die mit den Regelungen verbundenen Belastungen stehen in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihnen verfolgten Zweck des Gewässerschutzes. Die Hauptbeeinträchtigung der betroffenen Betriebe in den ausgewiesenen Gebieten besteht in der Verringerung des zulässigen Düngebedarfs um 20% im (Betriebs-)Durchschnitt der in nitratbelasteten Gebieten bewirtschaften Flächen (vgl. BR-Drs. 98/20, S. 26). Bereits mit der Betriebsbezogenheit der Düngemittelreduzierung erhalten betroffene Betriebe die Möglichkeit, selbstbestimmt die vorgegebene Gesamtreduktion auf die von ihnen bewirtschafteten Grundstücke zu verteilen. Dadurch wird das Gewicht des damit bewirkten Eingriffs erheblich abgemildert, da jeder betroffene Bewirtschafter zwar das Ziel der Reduktion um 20% beachten muss, dies aber an seine jeweilige betriebliche Situation anpassen kann. Zudem ist davon auszugehen, dass die 20%-Reduktion an Düngemitteleinsatz nicht auch zu einer 20%-Reduktion des Ertrags führt, sondern je nach angebauter Kultur unterschiedlich ausfallen wird und nach der Verordnungsbegründung eine durchschnittliche Ertragsreduktion von bis zu 10% zur Folge haben kann (vgl. BR-Drs. 98/20, S. 49). Im Hinblick auf die herausragende Bedeutung und Hochrangigkeit des Gewässerschutzes sowie unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Eigentumsgewährleistung im Hinblick auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums schützt, ist eine Ertragsreduktion um durchschnittlich 10% zumutbar (vgl. dazu a. OVG LSA, U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 158). Ferner enthält die Düngeverordnung zur Vermeidung einer unzumutbaren Belastung Ausnahmeregelungen, wie etwa in § 13a Abs. 2 Nr. 1 DüV. Danach muss der Stickstoffdüngebedarf nicht um 20% verringert werden, wenn die dort genannten Betriebe nicht mehr als 160 Kilogramm Gesamtstickstoff je Hektar und Jahr und davon nicht mehr als 80 Kilogramm Gesamtstickstoff je Hektar und Jahr aus mineralischen Düngemitteln aufbringen; die Landesregierungen können dies unter bestimmten Voraussetzungen auch für Dauergrünlandflächen vorsehen (so auch OVG LSA, U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 158). Außerdem wird der Eingriff dadurch abgemildert, dass die Festsetzung als belastetes Gebiet nicht abschließend festgeschrieben ist. Nach Art. 3 Abs. 4 Nitratrichtlinie sind die Mitgliedstaaten gehalten, ihr Verzeichnis der gefährdeten Gebiete, wenn notwendig, jedoch mindestens alle vier Jahre zu prüfen und gegebenenfalls zu ändern oder zu ergänzen, um Veränderungen und zum Zeitpunkt der vorherigen Einstufung unvorhergesehene Faktoren zu berücksichtigen (so § 13a Abs. 8 Satz 2 DüV). Auch die weiteren Regulierungen der Düngung durch die in § 13a Abs. 2 und 3 DüV genannten Maßnahmen erweisen sich angesichts des hoch- bzw. höchstrangig einzustufenden Allgemeinwohlbelangs des Grundwasserschutzes als zumutbar und damit verhältnismäßig.
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(3.) Wie der Senat ebenfalls bereits in seinem Beschluss vom 31. Januar 2022 (13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 46) ausgeführt hat, bedarf es mangels einer unverhältnismäßigen Belastung somit auch keiner Bildung von Sonderfallgruppen für etwaige Härtefälle bzw. zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit bei sog. ausgleichpflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen und ist auch das Gebot der Folgerichtigkeit nicht verletzt. Nicht jede Schmälerung des nutzungsrechtlichen Status quo stellt einen ausgleichspflichtigen Tatbestand dar. Die Grenzen einer kompensationsfreien Sozialbindung sind an der Eingriffstiefe, also an dem Kriterium orientiert, was nach dem Eingriff vom konkreten Eigentum noch verbleibt. Zur näheren Bestimmung und Präzisierung der Eingriffstiefe sind das Ausmaß der Beschränkung der Privatnützigkeit und der funktionsgerechten Verwendung zu würdigen (Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 14 Rn. 529 m.w.N.). Angesichts der hohen Bedeutung des Schutzguts Wasser haben hierbei die privaten Interessen zurückzustehen.
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Es bedarf im Hinblick auf die Zumutbarkeit des Eingriffs auch keiner Differenzierung zwischen dem Regel- und Sonderfall bzw. Sonderfällen wie etwa einem drohenden Konkurs. Zwar kann der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (etwa U.v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11 – NJW 2017, 217 – juris Rn. 259) eigentumsbeschränkende Inhalts- und Schrankenbestimmungen in Härtefällen nur durchsetzen, wenn er durch kompensatorische Vorkehrungen unverhältnismäßige oder gleichheitswidrige Belastungen des Eigentümers vermeidet und schutzwürdigem Vertrauen angemessen Rechnung trägt. Durch einen solchen Ausgleich könne in bestimmten Fallgruppen die Verfassungsmäßigkeit einer sonst unverhältnismäßigen oder gleichheitswidrigen Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gesichert werden. Allerdings besteht diese Möglichkeit, die Verfassungsmäßigkeit einer sonst unverhältnismäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmung mittels eines durch den Gesetzgeber vorzusehenden finanziellen Ausgleichs zu sichern, nur für die Fälle, in denen der mit der Schrankenbestimmung verfolgte Gemeinwohlgrund den Eingriff grundsätzlich rechtfertigt, aus Verhältnismäßigkeitsgründen allerdings noch zusätzlich einer Ausgleichsregelung bedarf (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 260). Das ist hier nicht der Fall, denn der Eingriff genügt obigen Erläuterungen zufolge dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Dass darüber hinaus im Einzelfall eine unbillige Härte vorliegen könnte, die zu einer unverhältnismäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmung führen würde, ist im Gegensatz zur genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Atomausstieg, der eine solche Härte zugrunde lag, nicht erkennbar. Dort wog die Eigentumsbelastung durch die Nichtverwertbarkeit der konzernintern nicht mehr verstrombaren Reststrommengen dem Bundesverfassungsgericht zufolge schwer, war quantitativ erheblich und betraf aufgrund der besonderen Umstände ihrer Entstehung eine gegen Änderungen in erhöhtem Maße geschützte Eigentumsposition. Zudem benachteilige sie diese Unternehmen im Verhältnis zu konkurrierenden Unternehmen (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 329 ff.). In der Gesamtabwägung mit den für die beschleunigte Abschaltung der Kernkraftwerke streitenden Gemeinwohlbelangen erwiesen sich dem Bundesverfassungsgericht zufolge die Belastungen als unzumutbar (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 364). Eine solche Konstellation ist vorliegend nicht gegeben.
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bb) Ebenso wenig ist ein Verstoß der Ermächtigungsgrundlage gegen die Berufsfreiheit im Sinn des Art. 12 Abs. 1 GG anzunehmen (vgl. a. dazu den Beschluss des Senats vom 31.1.2022 – 13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 47). Da die Beschränkungen des Düngemitteleinsatzes durch die Düngeverordnung und vermittelt durch die Ausführungsverordnung Düngeverordnung in belasteten Gebieten sowohl tätigkeits- bzw. erwerbsbezogen („Bewirtschaftung“) als auch objektbezogen („Flächen in ausgewiesenen Gebieten“) erfolgen, kommen die Grundrechtsgarantien der Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 GG in diesem Fall nebeneinander zur Anwendung (vgl. Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand: 95. EL Juli 2021, Art. 14 Rn. 353). Stellt die zum Schutz des Wassers getroffene Regelung eine verhältnismäßige Bestimmung von Inhalt- und Schranken des Eigentums dar, spricht viel dafür, dass es sich dann auch um eine zulässige Berufsausübungsregelung handelt, zumal die Schrankenregelungen beider Grundrechte in Fällen, in denen sie nebeneinander zur Anwendung kommen, eine weitgehende Identität aufweisen. Danach ist eine zulässige Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit im Allgemeinen auch eine rechtmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 S. 2) und gilt selbiges für den umgekehrten Fall (vgl. Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand: 95. EL Juli 2021, Art. 14 Rn. 353 m.w.N.). Daran gemessen sind vorliegend auch keine unverhältnismäßigen Eingriffe in die Berufsfreiheit im Sinn des Art. 12 Abs. 1 GG zu erkennen.
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3. Auch die Ausführungsverordnung Düngeverordnung selbst verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG (sogleich a), den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Bezug auf die 20%-Regelung in § 7 Abs. 1 und § 13 Abs. 1 AVV GeA (unten b) und den Bestimmtheitsgrundsatz (unten c).
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a) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die AVDüV bestehen im Allgemeinen weder im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, noch die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG.
60
Wie oben zur Wirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage bereits ausführlich dargelegt wurde, sind die mit den Regelungen des § 13a DüV zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten verbundenen Grundrechtseingriffe durch Bewirtschaftungseinschränkungen im Hinblick auf den Schutz der Natur und den Schutz von Gewässern gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig. Dies gilt entsprechend, soweit der bayerische Verordnungsgeber die Vorgaben des § 13a DüV, die wiederum auf dem Düngegesetz und der Nitratrichtlinie beruhen, durch und in der landesrechtlichen Ausführungsverordnung umgesetzt hat. Insbesondere auch die Regelung in § 1 Abs. 2 AVDüV, wonach bei der Bewirtschaftung die in § 13a Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und 3 DüV genannten zusätzlichen Anforderungen einzuhalten sind und durch die der Landesverordnungsgeber dem Regelungsauftrag des § 13a Abs. 3 DüV nachgekommen ist, ist als weitere Maßnahme zur Regulierung der Düngung angesichts des hoch- bzw. höchstrangig einzustufenden Allgemeinwohlbelangs des Grundwasserschutzes verhältnismäßig. Insoweit wird vollumfänglich auf die obigen Ausführungen zu Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG verwiesen.
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b) Ein gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßender Grundrechtseingriff liegt auch nicht darin, dass der Antragsgegner bei der Abgrenzung der mit Nitrat belasteten Gebiete im Randbereich die in der AVV GeA 2022 neu eingeführten Regelung in § 7 Abs. 1 bzw. § 13 Abs. 1 AVV GeA angewandt hat. Danach ist die Gesamtfläche einer landwirtschaftlichen Referenzparzelle nach § 3 der Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems vom 24. Februar 2015 (BGBl I 2015, 166 – InVeKoSV) zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes vom 4. Dezember 2023 (BGBl I 2023, 344), welche in Bayern das Feldstück ist (vgl. § 8 Abs. 1 der Verordnung zur Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik vom 2. Juni 2005, GVBl 2005, 184 – BayGAPV), zuletzt geändert durch § 1 der Verordnung v. 21.12.2022 (BayMBl. Nr. 762), dem belasteten Gebiet zuzurechnen, sofern ein Anteil von mindestens 20 Prozent dieser landwirtschaftlichen Referenzparzelle in einem belasteten Gebiet liegt.
62
aa) Da sich diese 20%-Regelung letztlich aus der AVV GeA ergibt, ist zur Anwendung der AVV GeA im Rahmen dieses Normenkontrollverfahrens zunächst Folgendes festzuhalten:
63
(1.) Als Verwaltungsvorschrift kommt der AVV GeA grundsätzlich keine Außenwirkung gegenüber den Antragstellern zu. Im Beschluss vom 31. Januar 2022 (13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 52 ff.) wurde hierzu bereits ausgeführt, dass es sich um eine allgemeine Verwaltungsvorschrift handelt, die von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats (BR-Drs. 455/20 bzw. BR-Drs. 275/22 Beschluss) auf der Grundlage des Art. 84 Abs. 2 GG erlassen wurde. Diese Ermächtigung ist ein Instrument zur Sicherstellung einer einheitlichen Ausführung der Bundesgesetze. Die dort genannten Verwaltungsvorschriften sind an die Binnenorganisation, also an die Verwaltung, gerichtet und setzen ihr in ihrem Binnenbereich verbindliche Vorgaben (BVerfG, B.v. 2.3.1999 – 2 BvF 1/94 – BVerfGE 100, 249 – juris Rn. 38). Im spezifisch föderalen System wirken die Verwaltungsvorschriften im Sinn des Art. 84 Abs. 2 GG mithin in der Rechtsbeziehung zwischen Bund und Ländern auch nach außen (F. Kirchhof in Dürig/Herzog/Scholz/, a.a.O., Art. 84 Rn. 193 ff.; Dreier, GG, 3. Aufl. 2015, Art. 84 Rn.79 unter Bezugnahme auf BVerfGE 11, 6). Im Bundesstaat beginnt für den Bund das „Außen“ bereits, wenn er auf die teilsouveränen Gliedstaaten, also die Länder als eigenständige Rechtssubjekte, trifft und deren Verhalten bestimmt, denn schon dann verlässt er die staatliche Binnenorganisation des Bundes (s. auch Art. 31 GG). Auf eine Rechtswirkung außerhalb des staatlichen Bereichs sind die Verwaltungsvorschriften aber grundsätzlich nicht gerichtet, sie binden zunächst nur die nachgeordneten Behörden und damit Adressaten innerhalb der Verwaltung und gehören deshalb nicht dem für die Gerichte verbindlichen materiellen Recht an (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1998 – 8 C 16.96 – BVerwGE 107, 338 – NVwZ 1999, 1114 – juris Rn. 15).
64
Die das Ermessen lenkenden Verwaltungsvorschriften können aber eine mittelbare rechtliche Außenwirkung über die Verwaltungspraxis und den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG erlangen, wenn durch ihre ständige Anwendung eine gleichmäßige Verwaltungspraxis begründet wird, von der die Verwaltung in vergleichbaren Fällen wegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht ohne rechtfertigenden sachlichen Grund abweichen darf (sog. Selbstbindung der Verwaltung; vgl. BVerwG, U.v. 28.5.1958 – V C 216.54 – BVerwGE 8, 4 – juris Rn. 40; U.v. 10.12.1969 – VIII C 104.69 – BVerwGE 34, 278 -juris Rn. 12 ff.; U.v. 13.9.1973 – II C 13.73 – BVerwGE 44, 72 – juris Rn. 22; U.v. 19.3.1996 – 1 C 34/93 – BVerwGE 100, 335 – juris Rn. 18; U.v. 8.4.1997 – 3 C 6.95 – BVerwGE 104, 220 – juris Rn. 19). Die AVV GeA stellt allerdings keine derartige ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift dar. Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 DüV haben die Landesregierungen zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat oder Phosphat durch Rechtsverordnung auf Grund des § 3 Absatz 4 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nummer 3 und mit Absatz 5 des Düngegesetzes die roten und gelben Gebiete auszuweisen, ohne dass ihnen hierbei ein Ermessen zustünde. Entsprechend formuliert auch § 13a Abs. 1 Satz 2 DüV als Zweck der AVV GeA die Vereinheitlichung der Vorgehensweise bei der Ausweisung der roten und gelben Gebiete.
65
Eine weitere Fallgruppe der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannten Außenwirksamkeit von Verwaltungsvorschriften stellen die insbesondere im Umwelt- und Technikrecht anzutreffenden normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften dar, die auch für die Verwaltungsgerichte verbindlich und wie eine Rechtsnorm anzuwenden sind (BVerwG, U.v. 28.10.1998 – 8 C 16.96 – BVerwGE 107, 338 – NVwZ 1999, 1114 – juris Rn. 16 f.).
66
Eine derartige Normkonkretisierung wird in ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere bejaht für die nach § 48 BImSchG von der Bundesregierung nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51 BImSchG) mit Zustimmung des Bundesrats erlassene Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft) und die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm; vgl. etwa BVerwG, B.v. 10.1.1995 – 7 B 112.94 – NVwZ 1995, 994) sowie für bestimmte atomrechtliche Verwaltungsvorschriften (vgl. BVerwG, U.v. 19.12.1985 – 7 C 65.82 – BVerwGE 72, 300 – juris Rn. 44). Diese Verwaltungsvorschriften dienen nämlich der Ausfüllung eines der Verwaltung eingeräumten Beurteilungsspielraums. Mit ihnen wird die Ausübung dieses Beurteilungsspielraums von der Einzelentscheidung im jeweiligen Verwaltungsakt in eine abstrakt generalisierende Regelung vorverlagert, um so die Einheitlichkeit des Verwaltungshandelns sicherzustellen. Das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 28.10.1998, a.a.O., juris Rn. 17) hat eine derartige normkonkretisierende Wirkung unter folgenden Voraussetzungen angenommen: 1) Die Vorschrift muss der einheitlichen Auslegung und Anwendung sowie Weiterentwicklung naturwissenschaftlich-technischer Begriffe dienen, 2) die Exekutive hat bei ihrem Erlass höherrangigen Geboten und dem für deren Konkretisierung wesentlichen Erkenntnis- und Erfahrungsstand Rechnung getragen, der auch nicht durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt ist und 3) dem Erlass geht ein umfangreiches Beteiligungsverfahren voran, dessen Zweck es ist, vorhandene Erfahrungen und den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis auszuschöpfen. Letzteres hat das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 28.10.1998, a.a.O., juris Rn. 17) für die Allgemeine Rahmen-Verwaltungsvorschrift über Mindestanforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer vom 8. September 1989 bejaht, weil sie von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats erlassen, im Gemeinsamen Ministerialblatt veröffentlicht wurde und ein umfangreiches Beteiligungsverfahren stattgefunden hatte, das von der Bundesregierung mit den Bundesländern abgestimmt gewesen sei. Einzelheiten seien in Gesprächskreisen bzw. Arbeitsgruppen erarbeitet worden, an denen mehrheitlich Behördenvertreter mitwirkten, die vom Bundesumweltministerium in Abstimmung mit den für Wasserwirtschaft und Wasserrecht zuständigen obersten Landesbehörden berufen worden seien, an denen aber auch Sachverständige beteiligt gewesen seien, die auf Vorschlag einschlägiger Fachvereinigungen berufen worden seien. Auch sei eine Anhörung der zu beteiligenden Kreise unter Einbeziehung insbesondere von Umweltverbänden erfolgt. Unter dieser Prämisse hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass „das Verfahren zum Erlass der Rahmen-Abwasserverwaltungsvorschrift (noch)“ den Anforderungen einer normkonkretisierenden und damit außenrechtswirksamen Verwaltungsvorschrift genügt (U.v. 28.10.1998, a.a.O., juris Rn. 17).
67
(2.) Gemessen hieran kann vorliegend für die AVV GeA eine derartige normkonkretisierende Wirkung nicht angenommen werden. Nach der vom Senat eingeholten Auskunft des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 28. Juli 2023 war Grundlage für das Aufstellungsverfahren der AVV GeA 2020 der Vorschlag einer übergeordneten Bund-Länder-Projektgruppe (Leitung: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz) und von Facharbeitsgruppen (Leitung: Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft Wasser – LAWA), die sich aus Vertretern der Länder und dem Umweltbundesamt (UBA) zusammensetzten. Daneben gab es für die Länder, die nicht in den Facharbeitsgruppen vertreten waren, einen Beirat. Externe Sachverständige wurden nicht in die Erarbeitung der AVV GeA 2020 einbezogen. Im weiteren Verfahren wurden dann betroffene Verbände nach § 47 Abs. 3 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) beteiligt. Zur Überarbeitung der AVV GeA 2020 wurde im November 2021 eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) „Binnendifferenzierung“ einberufen, die ausschließlich aus Behördenvertretern des Bundes und der Bundesländer bestand. Externe Sachverständige wurden auch hier nicht in die Beratungen einbezogen. Aus der vorgelegten Auflistung lässt sich entnehmen, dass bei der Erarbeitung des Vorschlags nur Behördenvertreter beteiligt waren. Im Rahmen der Länder- und Verbändeanhörung wird die Person angegeben, die die Stellungnahme des jeweiligen Verbands eingereicht hat, bezeichnet als „externe Sachverständige“.
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Damit sind vorliegend die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift nicht erfüllt. Zwar wurde die Vorschrift von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats erlassen, es fehlt aber – und das ist unverzichtbar, um die vorhandenen Erfahrungen und den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis auszuschöpfen – an einem umfangreichen Beteiligungsverfahren. Einzelheiten wurden auch hier in Gesprächskreisen bzw. Arbeitsgruppen erarbeitet, an denen mehrheitlich Behördenvertreter mitwirkten. Allerdings waren bei der Erstellung der AVV GeA im Gegensatz zur Fallkonstellation des Bundesverwaltungsgerichts keine (externen) Sachverständigen beteiligt. Stattgefunden hat nur eine Anhörung der zu beteiligenden Kreise nach § 47 Abs. 3 GGO. Auch wenn die in der Auflistung bei der Verbändeanhörung genannten Personen als „externe Sachverständige“ bezeichnet werden, mag dies nichts daran zu ändern, dass zusätzlich über die übliche Verbändeanhörung hinaus kein tatsächlich externer Sachverstand eingeholt und insbesondere nicht bei der Erarbeitung des Entwurfs beteiligt wurde. Das bestätigt auch das BMEL selbst, indem es angibt, externe Sachverständige seien in die Erstellung der AVV GeA nicht einbezogen worden. Selbst das Bundesverwaltungsgericht hat das Verfahren zur Aufstellung der Rahmen-Abwasserverwaltungsvorschrift trotz dortiger Beteiligung externer Sachverständiger neben der Verbändeanhörung gerade „noch“ als ausreichend erachtet (BVerwG a.a.O. Rn. 17). Unter dieser Prämisse kann hier nicht von einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift ausgegangen werden, wenn eine Beteiligung externer Sachverständiger bei der Erstellung vollkommen fehlt.
69
Auch die Tatsache, dass das Umweltbundesamt (UBA) als „selbständige Bundesoberbehörde“ an der Erarbeitung beteiligt gewesen ist und aufgrund seiner rechtlichen Stellung – wie ein privater Sachverständiger – als von den Bundesministerien und Landesbehörden unabhängige Einrichtung handelt, vermag das vorstehende Ergebnis nicht in Frage zu stellen. Mit einer derartigen, im Kern auf den Wortlaut in § 1 Abs. 1 UBAG „selbständige Bundesoberbehörde“ abstellenden Argumentation wird übersehen, dass dies lediglich die wörtliche Übernahme dieses Begriffs aus der staatsorganisationsrechtlichen Bestimmung des Art. 87 Abs. 3 Satz 1 Var. 1 GG ist, wonach für Angelegenheiten, für die dem Bund die Gesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden durch Bundesgesetz errichtet werden können. Dies sind einem Bundesministerium nachgeordnete und damit weisungsunterworfene Stellen der unmittelbaren Bundesverwaltung ohne eigenen Unterbau, die im ganzen Bundesgebiet zuständig sind (vgl. Ibler in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand 102. EL August 2023, Art. 87 Rn. 249, 251 m.w.N.). Der Begriff der „Selbständigkeit“ kennzeichnet die organisatorische Selbständigkeit, das organisatorische Erscheinungsbild im Unterschied zur sonstigen oder schlichten Bundesoberbehörde, und verlangt eine organisatorische Ausgliederung aus einem Bundesministerium und die Wahrnehmung eigener Aufgaben im Unterschied zur bloßen Wahrnehmung von Auftragsangelegenheiten für das Ministerium, dem sie nachgeordnet ist (vgl. Ibler in Dürig/Herzog/Scholz, a.a.O., Art. 87 Rn. 253 m.w.N.). Umstritten ist, ob der Begriff der „Selbstständigkeit“ über die bloße organisatorische Selbständigkeit hinaus auch eine inhaltliche Selbstständigkeit im Sinne einer Weisungsfreiheit oder Unabhängigkeit gegenüber dem übergeordneten Bundesministerium voraussetzt (vgl. Ibler in Dürig/Herzog/Scholz, a.a.O. Art. 87 Rn. 254 m.w.N. zu beiden Ansichten). Aus Sicht des Senats ist kein durchgreifender Grund dafür ersichtlich, warum „selbständige Bundesoberbehörden“ als dem jeweiligen Fachressort nachgeordnete Bundesbehörden inhaltlich von der sich aus dem Hierarchieprinzip und der Ressortverantwortung ergebenden Fachaufsicht in gewissen Umfang freigestellt sein müssten, um sie errichten zu dürfen. Damit ist die Selbständigkeit ausschließlich bezogen auf die organisatorische und funktionelle Abhebung der Bundesoberbehörden von den vorgeordneten obersten Bundesbehörden einerseits und von bundeseigenen Mittel- und Unterbehörden andererseits zu verstehen und es soll nicht zum Ausdruck gebracht werden, diese stünden notwendig oder auch nur regelmäßig außerhalb des Hierarchiegefüges (vgl. Lerche in Maunz/Dürig, GG, 53. Aufl. 2009, Art. 87 Rn. 184). Eine Weisungsfreiheit einer Bundesoberbehörde mag im Einzelfall aufgrund der Besonderheiten der jeweiligen Materie zu rechtfertigen und im jeweiligen Fachgesetz zu normieren sein, stellt aber keine Regelvoraussetzung für die Einrichtung einer „selbständigen Bundesoberbehörde“ nach Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG dar (vgl. Ibler in Dürig/Herzog/Scholz, a.a.O. Art. 87 Rn. 254 m.w.N.). Letztendlich kann diese Frage vorliegend dahingestellt bleiben, da sich dem UBAG keine Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass das UBA bei Wahrnehmung seiner Aufgaben nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UBAG „wissenschaftliche Unterstützung des Bundesministeriums … bei der Erarbeitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften …“ von der aufgrund des Hierarchieverhältnisses bestehenden Fachaufsicht freigestellt sein sollte. Vor diesem Hintergrund kann die Beteiligung des UBA bei der Erarbeitung der AVV GeA, die umfassend der Fachaufsicht des vorgesetzten Ministeriums unterliegt, nicht der Mitwirkung eines unabhängigen Sachverständigen gleichgesetzt werden.
70
(3.) Ungeachtet dessen erfüllt die AVV GeA auch inhaltlich nicht die Voraussetzungen einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift. Denn die AVV GeA dient nicht der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe. Dies gilt auch für den in § 13a Abs. 1 Satz 1 DÜV enthaltenen Begriff „Gebiet“ (so auch OVG LSA, U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 133; a.A. VGH BW, U.v. 9.2.2023 – 13 S 3646/21 – juris Rn. 38 ff.). Die Ermächtigungsgrundlage in § 13a Abs. 1 Satz 1 DüV knüpft selbst an die in der Grundwasserverordnung (GrwV) festgelegten Nitratgrenzwerte von 50 mg/l bzw. von 37,5 mg/l und steigendem Trend von Nitrat an. Deren Festlegung erfolgt damit gerade nicht erst in der AVV GeA. Diese vereinheitlicht entsprechend der Zielsetzung des § 13a Abs. 1 Satz 2 DüV nur die Methodik für die Ermittlung und Abgrenzung der fraglichen Gebiete. Insoweit schließt sich der Senat der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt an (U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 132 ff.).
71
(4.) Die Gerichte sind somit bei ihrer Kontrolltätigkeit gegenüber der Verwaltung an die AVV GeA grundsätzlich nicht gebunden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfen sie ihren Entscheidungen nur materielles Recht, zu dem Verwaltungsvorschriften nicht gehören, zugrunde legen (BVerwG, U.v. 26.6.2002 – 8 C 30.01 – NVwZ 2003, 211 juris Rn. 23). Allerdings sind sie befugt, sich einer Gesetzesauslegung, die in einer Verwaltungsvorschrift vertreten wird, aus eigener Überzeugung anzuschließen. Das bedarf jeweils einer Betrachtung im Einzelfall.
72
Dem steht auch nicht entgegen, dass es sich bei dem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO um ein objektivrechtliches Verfahren handelt, in dem vom Normenkontrollgericht nach Bejahung der Zulässigkeit, insbesondere des Vorliegens der Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, umfassend die inhaltliche Übereinstimmung der Norm mit höherrangigen Recht zu prüfen ist (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 47 Rn. 85, 87). Hieraus kann nicht geschlossen werden, dass die AVV GeA in jedem Fall als höherrangiges Recht als Prüfungsmaßstab heranzuziehen wäre. Die Funktion als objektives Prüfungsverfahren bedeutet nur, dass es im Rahmen der Prüfung der Begründetheit auf eine Verletzung subjektiver Rechte des Antragstellers nicht ankommt, weil die für Anfechtungsklagen geltende Bestimmung des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Normenkontrollverfahren keine Anwendung findet (BVerwG, B.v. 4.6.1991 – 4 NB 35.89 – BVerwGE 88, 268 – juris Rn. 27). Daraus lässt sich aber nichts dafür herleiten, ob der AVV GeA als Verwaltungsvorschrift ausnahmsweise die erforderliche Außenwirkung zukommt, um als höherrangiges materielles Recht als Prüfungsmaßstab im Normenkontrollverfahren herangezogen zu werden.
73
bb) Da der Antragsgegner die 20%-Regelung des § 7 Abs. 1 und § 13 Abs. 1 AVV GeA vorliegend angewandt hat, stellt sich die Frage, ob damit die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Das ist noch zu bejahen, auch wenn Feldstücke, die nur zu einem Anteil von 20% in den belasteten Gebieten liegen, mit ihrer Gesamtfläche in die Gebietskulisse einbezogen werden.
74
Zur Rüge hinsichtlich der angewandten 50%-Grenze bei der ersten Ausweisung im Jahr 2020 wurde im Beschluss des Senats vom 31. Januar 2022 (13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 55) ausgeführt, dass die gewählte Methode im Interesse eines effektiven Gewässerschutzes einerseits und einer nachvollziehbaren Abgrenzung der Feldstücke und des Gebiets andererseits sachgerecht und plausibel erscheint. Trägt ein Feldstück und die in ihm zusammengefassten Grundstücke zu über 50% zu einer Gewässergefährdung bei, ist es nachvollziehbar, dass das gesamte Feldstück den Beschränkungen unterworfen wird. Eine Grenzziehung mitten durch Feldstücke käme zwar dem Gedanken der Verursacherhaftung am nächsten, wäre aber äußerst schwierig zu überwachen und zu vollziehen. Eine Herausnahme aller nur teilweise betroffenen Feldstücke würde die Umsetzung des auch gemeinschaftsrechtlich verbindlich vorgegebenen Gewässerschutzes erheblich beeinträchtigen, zumal bereits sämtliche Feldstücke mit einem Verursachungsanteil unter 50% nicht ausgewiesen wurden, obwohl sie teilweise zur Gewässergefährdung beitragen. Im Ergebnis hat der Senat die 50%-Grenze als verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung und Berufsausübungsregelung eingestuft, zumal die mit diesem Vorgehen verbundene Typisierung und Pauschalierung unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität und der Vollziehbarkeit der landesweit vorzunehmenden Ausweisungen roter und gelber Gebiete gerechtfertigt erscheint.
75
Diese Erwägungen können auf die vorliegende Ausweisung übertragen werden, auch wenn ihr die 20%-Klausel gemäß den Anforderungen der AVV GeA 2022 zugrunde liegt. Eine unverhältnismäßige Belastung der betroffenen Landwirte kann darin nicht gesehen werden, insbesondere ist das Übermaßverbot gewahrt. Im Einzelnen:
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(1.) Im Hinblick auf die Erforderlichkeit des Eingriffs begegnet die Ausweisung mit den damit bewirkten Beschränkungen keinen Bedenken. Angesichts des überirdisch nicht erkennbaren Grundwasserverlaufs ergeben sich bei der Feststellung, mit welchem Anteil ein einzelnes Grundstück heranzuziehen ist, praktische Schwierigkeiten. Für Wasserschutzgebiete, bei denen insoweit vergleichbare Schwierigkeiten bestehen, weist das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1/11 – NVwZ 2013, 227 – juris Rn. 22) darauf hin, dass die Ermittlung der Grenze des Wassereinzugsgebiets aus der Natur der Sache bei Wahrung eines angemessenen Verwaltungsaufwands mit fachlichen Unsicherheiten behaftet sei, weil sich unterirdische Grenzlinien nicht ohne Weiteres auf der Erdoberfläche abbildeten. Die Behörde dürfe sich folglich mit wissenschaftlich abgesicherten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügen. Insoweit sei ein „administrativer Vereinfachungsspielraum“ anzuerkennen, der rechtlich nur beschränkt überprüfbar sei, nämlich auf die Wahl nachvollziehbarer Maßstäbe.
77
Bereits die für die Ausweisung ermittelte „unterirdische“ Grenze der Nitratbelastung des Grundwassers, die in der Gebietskulisse auf der Erdoberfläche abzubilden ist, beruht nicht etwa auf kleinteiligen empirischen Erhebungen vor Ort und damit nicht auf einer naturwissenschaftlichen Ermittlung. Sie ist vielmehr Ergebnis einer durch die AVV GeA vorgegebenen mathematischen Modellierung insbesondere im Rahmen der immissionsbasierten Abgrenzung (§ 5 AVV GeA) mit den an den Messstellen des Ausweisungsmessnetzes und den Zusatzmessstellen vorgefundenen Messwerten als Ausgangspunkt. Der Antragsgegner hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, es könne nur eine Berechnung nach mathematischen Formeln stattfinden, weil sich der Grundwasserkörper unter der Erde befinde. Eine solche Vereinfachung der Ermittlung der unterirdischen Grenzen der mit Nitrat belasteten Gebiete ist mit Blick auf die Handhabbarkeit der Gebietsabgrenzung mit vertretbarem Verwaltungsaufwand auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Umgekehrt könnte ein Verzicht auf derartige mathematische Modelle mit Blick auf den gebotenen Schutz des Grundwassers die vollständige Einbeziehung eines Grundwasserkörpers in die Gebietskulisse erforderlich machen, wenn die genauen Grenzen einer durch entsprechende Werte an einer Messstelle nachgewiesenen Belastung nicht ermittelt werden können. Das schließt zum einen denklogisch eine exakte Grenzziehung vor Ort aus, zum anderen lässt sich nicht sicher ausschließen, dass Feldstücke an der Grenze tatsächlich keinen Beitrag leisten. Ist demnach bereits die „unterirdisch“ ermittelte Grenze Ergebnis einer zulässigen mathematischen Modellierung, bestehen bei deren Übertragung an die Geländeoberfläche keine Bedenken, im Sinne des Vorsorgeprinzips unter Nutzung eines administrativen Vereinfachungsspielraums in die Gebietskulisse alle Feldstücke einzubeziehen, die mit einem Anteil von 20% in dem ermittelten mit Nitrat belasteten Gebiet liegen. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass von diesen Feldstücken Einwirkungen auf das zu schützende, aber bereits belastete Grundwasser ausgehen können. Wenn auf einer Fläche von 20% nach wissenschaftlich abgesicherten Gesichtspunkten eine Belastung ermittelt wurde, ist die Annahme nachvollziehbar, dass sich die tatsächliche Belastung über die rechnerische Abgrenzung hinaus noch fortsetzen kann. Durch das mathematische Abgrenzungsverfahren ist eine gewisse Unschärfe systemimmanent.
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(2.) Ebenfalls in diese Richtung geht das Argument des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt (U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 157), bei einer großräumigen Betrachtungsweise trage letztlich jede Düngebeschränkung zu einer Verbesserung der Nitratbelastung des Grundwassers bei. Die Ermittlung der landwirtschaftlichen Einzelverursachungen könne dabei nur in einer Genauigkeit verlangt werden, die mit einem noch vertretbaren Verwaltungsaufwand erreicht werden könne. Eine feldblockgenaue Emissionsermittlung, wie sie die AVV GeA 2020 vorgesehen habe, sei so aufwendig und gleichzeitig mit so viel Unwägbarkeiten behaftet, dass ihr Nutzen nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der damit erzielbaren Verursachungsgenauigkeit stehe. Auch das Bundesverwaltungsgericht geht in seiner Rechtsprechung zur Abgrenzung von Wasserschutzgebieten (U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1/11 – juris Rn. 21) davon aus, dass die mit der Ausweisung einhergehende Beschränkung der Eigentümerbefugnisse im Wege der Inhalts- und Schrankenbestimmung (nur) zulässig ist, wenn von dem betroffenen Grundstück Einwirkungen auf das zu schützende Grundwasser ausgehen „können“. Das ist auch bei dem verbleibenden 80%-Anteil nicht mit Sicherheit auszuschließen.
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(3.) Für die Verhältnismäßigkeit der unter Anwendung von § 7 Abs. 1 Satz 2, § 13 Abs. 1 Satz 2 AVV GeA vorgenommenen Gebietsausweisung streiten ferner die Grundentscheidung der Nitratrichtlinie, dem Grundwasserschutz als Allgemeingut den Vorrang vor den Individualinteressen der einzelnen Landwirte einzuräumen, und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hierzu.
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In Art. 5 Abs. 4 Nitratrichtlinie wird für die auszuweisenden gefährdeten Gebiete eine (generelle) Düngebeschränkung statuiert, die in Deutschland mit dem Düngegesetz und der Düngeverordnung umgesetzt wurde. In den Erwägungsgründen der Nitratrichtlinie wird ausgeführt, dass der Nitratgehalt der Gewässer in bestimmten Gebieten der Mitgliedstaaten zu hoch sei. Ausgehend hiervon wird festgestellt, dass die Verwendung von stickstoffhaltigen Düngemitteln und Dung für die Landwirtschaft zwar erforderlich sei, die übermäßige Verwendung von Düngemitteln aber eine Gefahr für die Umwelt darstelle. Deshalb müssten gemeinsame Maßnahmen zur Bewältigung der Probleme aufgrund der intensiven Viehwirtschaft ergriffen werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Verschmutzung der Gewässer aus diffusen Quellen hauptsächlich durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen verursacht werde. Zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der lebenden Ressourcen und Ökosysteme der Gewässer sowie zur Sicherung sonstiger rechtmäßiger Nutzungen der Gewässer sei es notwendig, die durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen verursachte oder ausgelöste Gewässerverunreinigung zu reduzieren und einer weiteren Verunreinigung vorzubeugen. Deshalb müssten die Mitgliedstaaten die gefährdeten Gebiete ausweisen und Maßnahmen ergreifen, mit denen das Ausbringen jeglicher Art von stickstoffhaltigen Düngemitteln auf landwirtschaftliche Flächen begrenzt werde. Ausgangspunkt nach der Nitratrichtlinie sind die Gewässer, die von Verunreinigung betroffen sind (Art. 3 Abs. 1). Hierfür müssen die Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 2 Nitratrichtlinie alle in ihrem Gebiet bekannten Flächen, die in solche Gewässer entwässern und die zur Verunreinigung beitragen, als gefährdete Gebiete ausweisen. Dementsprechend bestimmt § 13a Abs. 1 DüV, dass die Landesregierungen zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat oder Phosphat durch Rechtsverordnung auf Grund von § 3 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nummer 3 und mit Abs. 5 DüngG die Gebiete auszuweisen haben. Für den Fall der Nichtausweisung sind in § 13a Abs. 4 und 5 DüV Sonderregelungen vorgesehen.
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Hieraus ergibt sich zunächst, dass nach den europarechtlichen Vorgaben der Schutz des Grundwassers oberstes Ziel ist, und dass wegen dessen Verunreinigung zwingend Maßnahmen zu ergreifen sind, mit denen das Ausbringen jeglicher Art von stickstoffhaltigen Düngemitteln auf landwirtschaftliche Flächen begrenzt wird. Zum anderen wird zugrunde gelegt, dass die landwirtschaftlichen Quellen für die Gewässerverunreinigung die Hauptursache bilden, ohne dass hinsichtlich der konkreten Beteiligung einzelner Grundstücke differenziert würde. Der Nitratrichtlinie lässt sich die Notwendigkeit einer Aufteilung von Flächen nicht entnehmen. Vielmehr verlangt Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie, dass alle Flächen auszuweisen sind, die zur Verunreinigung beitragen. Diese Formulierung entspricht derjenigen etwa der englischsprachigen („contribute to“) und der französischsprachigen Fassung („contribuent à“) und knüpft daran an, dass von der fraglichen Fläche überhaupt Stickstoffverbindungen aus landwirtschaftlichen Quellen in das verunreinigte oder gefährdete Gewässer gelangen (vgl. Art. 2 Buchst. j Nitratrichtlinie) können, ohne dass weitere Anforderungen hinsichtlich des Verursachungsbeitrags gestellt würden. Die Richtlinie stünde somit auch einer Einbeziehung aller Flächen, für die überhaupt ein Beitrag zur Verunreinigung belasteter Gewässer festgestellt wurde, nicht entgegen.
82
Das wird bestätigt durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U.v. 29.4.1999 – C-293/97 – ZUR 1999, 319 – juris Rn. 30 ff.). Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, „Gewässer, die von Verunreinigung betroffen sind“, zu bestimmen und dementsprechend alle bekannten Flächen, die in solche Gewässer entwässern und zur Verunreinigung beitragen, als „gefährdete Gebiete“ auszuweisen. Voraussetzung hierfür sei (lediglich), dass diese Gewässer eine höhere Nitratkonzentration als 50 mg/l enthielten und der betroffene Mitgliedstaat der Auffassung sei, dass die Zuführung von Stickstoffverbindungen aus landwirtschaftlichen Quellen einen „erheblichen Beitrag“ zu dieser insgesamt bestehenden Nitratkonzentration darstelle (Rn. 40). Explizit wird darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten, denen ein weiter Ermessenspielraum zukomme, nicht zur genauen Bestimmung des Anteils der Nitrate aus landwirtschaftlichen Quellen an der Verunreinigung der Gewässer verpflichtet seien und eine solche Verunreinigung nicht ausschließlich durch die Landwirtschaft verursacht sein müsse (Rn. 30 f.). In diesem Zusammenhang führt der Europäische Gerichtshof im Gegenteil aus, dass eine Beschränkung auf Fälle, in denen landwirtschaftliche Quellen eine Nitratkonzentration von mehr als 50 mg/l verursachten, mit der Richtlinie unvereinbar wäre und gegen ihren Sinn und Zweck verstoßen würde. Eine grenzscharfe Ermittlung des konkreten Einzelverursachers wird auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht gefordert. Vielmehr führt er aus, die Nitratrichtlinie diene dazu, den Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen sicherzustellen. Deshalb komme den Mitgliedstaaten – wie bereits erwähnt – für die Bestimmung der Gebiete angesichts der Komplexität der Prüfungen, die sie in diesem Zusammenhang vorzunehmen hätten, ein großer Ermessensspielraum zu (EuGH, U.v. 29.4.1999 a.a.O. Rn. 37 ff.).
83
Soweit die Antragsteller unter Berufung auf diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Verhältnismäßigkeit hinaus rügen, die Ausweisung verstoße auch gegen das umweltrechtliche Verursacherprinzip, greift ihr Einwand ebenfalls nicht durch. Zwar trifft es zu, dass sie nach dieser Rechtsprechung nicht verpflichtet sind, Belastungen für eine Verunreinigung zu tragen, zu der sie nicht beigetragen haben. Allerdings ist hierbei der Kontext zu beachten, in dem der Europäische Gerichtshof die schon erwähnte Frage zu beantworten hatte, ob die Möglichkeit, dass die Nitratkonzentration landwirtschaftlichen Ursprungs allein 50 mg/l nicht überschreitet, gegen das Verursacherprinzip verstößt und damit zur Nichtigkeit der Richtlinie führt (Rn. 41 ff.). Dies hat er verneint und hinsichtlich des Verursacherprinzips festgestellt, dass es den Mitgliedstaaten obliege, die anderen Verunreinigungsquellen zu berücksichtigen. Nur hierauf bezieht sich die Aussage, dass die Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe nach der Richtlinie grundsätzlich nicht verpflichtet seien, Belastungen für eine Verunreinigung zu tragen, zu der sie nicht beigetragen hätten. Hieraus wird deutlich, dass das Urteil nur den Verursachungsbeitrag der Landwirtschaft einerseits und denjenigen von nicht landwirtschaftlichen Verursachungsquellen andrerseits im Blick hat. Wenn feststeht, dass die Nitratbelastung zu einem erheblichen Anteil durch die Landwirtschaft verursacht ist, spielt der „Verursachungsanteil“ der jeweiligen Flächen keine Rolle. Unter dieser Prämisse ist es nicht ausgeschlossen und widerspricht nicht dem Verursacherprinzip, dass die Mitgliedstaaten, wenn sie grundsätzlich vom landwirtschaftlichen Ursprung ausgehen, im Rahmen ihres Ermessensspielraums die Gesamtfläche der landwirtschaftlichen Referenzparzelle ausweisen, auch wenn (nur) ein Anteil von 20% in einem belasteten Gebiet liegt. Dass vorliegend ein grundsätzlicher Verursachungsbeitrag der Landwirtschaft anzunehmen ist, räumen letztendlich auch die Antragsteller ein (SS v. 24.10.2023, S. 77: „… dass die Ausbringung von Düngemitteln potenziell zu Einträgen von Nitrat in das Grundwasser führen kann“). Insoweit fordert die von ihnen zitierte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass der Beitrag der Landwirtschaft neben anderen Verursachungsquellen betrachtet werden muss, nicht aber eine Differenzierung nach „Verursachungsanteilen“ der jeweiligen Flächen. Wenn die Zuführung von Stickstoffverbindungen aus landwirtschaftlichen Quellen gegenüber anderen Quellen einen „erheblichen Beitrag“ zu der insgesamt bestehenden Nitratkonzentration darstellt, sind alle Flächen auszuweisen, die in verunreinigte Gewässer entwässern, selbst wenn sie im konkreten Einzelfall nur zu einem Anteil von 20% entwässern sollten. Eine grenzscharfe Ermittlung des konkreten Einzelverursachers wird – wie dargelegt – auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht gefordert. Weder aus der Nitratrichtlinie noch aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt sich das Erfordernis einer Prüfung, wie weit die an einem Punkt festgestellte Belastung in der Fläche ausgebreitet ist und ob von der im Einzelnen ausgewiesenen Fläche überhaupt ein Beitrag zu der punktuell gemessenen Belastung ausgehen kann, wie die Antragsteller einwenden (SS v. 24.10.2023, S. 75). Der „Beitrag“ im Sinn der genannten Rechtsprechung ist nicht flächenbezogen, sondern meint die Landwirtschaft an sich gegenüber anderen Verursachungsquellen.
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Zusammenfassend ergibt sich damit, dass eine Differenzierung nach flächenbezogenen „Verursachungsanteilen“ in der Nitratrichtlinie nicht vorgesehen ist und auch vom Europäischen Gerichtshof nicht gefordert wird. Insbesondere mit Blick darauf, dass die Landwirtschaft als Hauptursache angesehen wird, ist eine flächenbezogene Aufteilung, wie sie dem Vortrag der Antragsteller zugrunde liegt, nicht geboten.
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(4.) Darüber hinaus ergibt sich aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Oktober 2019 (C-197/18 – NVwZ 2019, 1587 juris Rn. 51), dass auch ein 20%-Anteil als „erheblich“ angesehen werden kann. Der Antragsgegner zieht aus dieser Rechtsprechung den Schluss (vgl. den aus dem Parallelverfahren eingeführten SS v. 26.10.2023), dass schon bei Vorliegen des 20%-Anteils ein erheblicher Verursachungsbeitrag aus der Bewirtschaftung dieser Parzelle für die Gewässerbelastungen angenommen werden könne. Die Annahme des Europäischen Gerichtshofs, dass ein Beitrag erheblich sei, wenn die Landwirtschaft beispielsweise für 17% des Gesamtstickstoffs verantwortlich sei, könne sinngemäß auf die hier in Rede stehende Konstellation übertragen werden. Der Europäische Gerichtshof hat sich dabei auf das Urteil vom 22. September 2005 (C-221/03 – juris Rn. 86) bezogen. Dieses Verfahren betraf Maßnahmen für gefährdete „Gewässer“-Gebiete (Wassergewinnungszonen, Schutzgebiete, subhydrographische Becken für die Trinkwassergewinnung und Gebiete mit nitratempfindlichen Böden). Hierzu wurde entschieden, dass Beiträge in Höhe von 19% bzw. 17% in einem Becken zwar geringfügig seien, jedoch keineswegs unbedeutend. Diese Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Erheblichkeit von landwirtschaftlichen Verursachungsbeiträgen streitet zusätzlich dafür, dass auch im Rahmen der Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten ein 20%-Anteil erheblich ist und in der Folge die Einbeziehung von Feldstücken, die mindestens mit 20% in einem belasteten Gebiet liegen, nicht unverhältnismäßig sein kann.
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(5.) Ferner wird in § 13a Abs. 4 und 5 DüV bestimmt, dass im Falle einer fehlenden Ausweisung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bzw. Nr. 4 DüV die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche im Gebiet des jeweiligen Grundwasserkörpers heranzuziehen ist bzw. die Oberflächenwasserkörper im gesamten Landesgebiet. Auch aus diesen Vorgaben wird deutlich, dass dem Schutz des Grundwassers die absolute Priorität eingeräumt wird. Demgegenüber müssen die privaten Interessen hintanstehen, sobald es denkbar erscheint, dass ein Grundstück zur Verunreinigung beiträgt. Das ist schon dann der Fall, wenn auf einem Feldstück, seien es 20% oder 50% der Fläche, eine Betroffenheit ermittelt wurde.
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(6.) Weiter kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass – wie der Antragsgegner im Rahmen des Schriftsatzes vom 26. Oktober 2023 erläutert hat – das Ausmaß der von der 20%-Klausel betroffenen Grundstücke sehr gering ist. Nur weniger als 2% der von der endgültigen Gebietsausweisung betroffenen Feldstücke sind zu weniger als 50% ihrer Fläche bayernweit in der Ausgangskulisse. Auch mit Blick auf den einzelnen Landwirt ist festzustellen, dass die zusätzliche Einbeziehung von bis zu 80% eines betroffenen Feldstücks nicht automatisch zu einer Vervielfachung der ausgewiesenen mit Nitrat belasteten Fläche führt. Die reale Zusatzbelastung durch die Einbeziehung aller Feldstücke, die zu mindestens 20% im belasteten Gebiet liegen, ergibt sich nämlich nicht allein aus diesen Feldstücken im Randbereich, sondern spiegelt sich erst im Verhältnis zur Fläche aller belasteten Feldstücke des jeweiligen Betroffenen wider.
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(7.) Die zur Grenzziehung bei Wasserschutzgebieten entwickelte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – NVwZ 2013, 227 juris Rn. 19 ff.) und des 8. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 5.10.2021 – 8 N 17.1354 u.a. – juris Rn. 44 f. und Rn. 73 ff.) kann über die hier genannten Grundsätze hinaus nicht vollständig auf die Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten übertragen werden. Die Situation ist nicht in allen Gesichtspunkten vergleichbar, insbesondere nicht hinsichtlich des Erfordernisses eines differenzierten Schutzkonzepts. Die Gesichtspunkte der Erforderlichkeit der räumlichen Ausdehnung einerseits und der Eignung der Ausweisung zum Schutz des Grundwassers andrerseits dürfen nicht vermengt werden. Grundlage dieser Rechtsprechung ist die Regelung in § 51 WHG, wonach die Landesregierung Wasserschutzgebiete festsetzen „kann“, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Damit handelt es sich bei der Ausweisung eines Wasserschutzgebiets um eine Ermessensentscheidung, wohingegen die Landesregierungen nach § 13a Abs. 1 DüV zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung Gebiete auszuweisen „haben“. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 2.8.2012, a.a.O.) bezieht sich in der Folge auch auf das der Verwaltung bei der Schutzgebietsausweisung eingeräumte Ermessen. Es wird hervorgehoben (a.a.O., juris Rn. 23), dass die Behörde nicht verpflichtet sei, ein Grundstück in den Geltungsbereich einer Wasserschutzgebietsverordnung einzubeziehen. Vielmehr komme ihr insoweit Ermessen zu, aufgrund dessen sie zu entscheiden habe, wie sie den gebotenen Schutz des Wasservorkommens letztlich gewährleisten wolle. Diese Ermessensentscheidung müsse sich an einem nachvollziehbaren Schutzkonzept messen lassen. Im Gegensatz zur Prüfung der Erforderlichkeit der räumlichen Ausdehnung des Wasserschutzgebiets gehe es dabei nicht um ein „Zuviel“ an Schutz, sondern um ein „Zuwenig“. Denn bei einer fehlerhaft unterbliebenen Einbeziehung eines Grundstücks könne die Eignung des Wasserschutzgebiets für den verfolgten Zweck infrage stehen. Insoweit kommt eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf die vorliegende Konstellation nicht in Betracht: Weder steht der Landesregierung hier ein Ermessen zu, im Rahmen dessen ein Schutzkonzept zu erarbeiten wäre, noch stellt sich angesichts der Tatsache, dass § 13a Abs. 1 DüV grundsätzlich alle dort genannten Gebiete als belastet ansieht und den Ländern lediglich die Möglichkeit eingeräumt ist, hiervon unbelastete Gebiete auszunehmen, die Frage, ob eine nötige Einbeziehung von Grundstücken unterblieben wäre und damit zu wenig an Schutz für das Grundwasser gewährleistet wurde.
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An der Übertragbarkeit fehlt es ferner deshalb, weil die tatsächlichen Grundlagen für die jeweilige Ausweisung völlig unterschiedlich sind. Ein Wasserschutzgebiet beschränkt sich auf eine im Vergleich relativ geringe Fläche, die nicht annähernd vergleichbar ist mit derjenigen bei Grundwasserkörpern. So beträgt etwa die Gesamtfläche (nur) der ausgewiesenen roten Gebiete bayernweit 933.718 ha, davon 545.892 ha landwirtschaftliche Fläche (s. S. 9 Ministerratsvorlage v. 11.11.2022, elektronische Akten unter USB_Stick_Aktenvorlage/Ministerratsverfahren/RV-15.11.2022-TOP_V_a.pdf). Durch die Hinzurechnung von Feldstücken, die mit 20% und mehr in der Kulisse liegen, war die ausgewiesene Gesamtfläche um 16.291 ha vergrößert worden (S.5 Ministerratsvorlage, a.a.O.). Dabei handelt es sich um etwa 2% der gesamten Gebietskulisse Bayerns, so dass die Erweiterung allein unter diesem Blickwinkel als geringfügig einzustufen wäre. In der Entscheidung des 8. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 5.10.2021 – 8 N 17.1354 u.a. – juris Rn. 2) hingegen hat das gesamte Wasserschutzgebiet nur eine Ausdehnung von rund 2.660 ha, die engere Schutzzone umfasst etwa 275 ha. Zudem ist das Verhältnis zwischen der erforderlichen und der tatsächlichen Einbeziehung dort ein ganz anderes: So weist zum Beispiel die engere Schutzzone für zwei Brunnen eine Größe von 334.835 m² auf, obwohl die Fläche innerhalb der 50-Tage-Linie beider Brunnen nur 158.927 m² beträgt, so dass Flächen außerhalb des aus fachlicher Sicht eigentlich erforderlichen Bereichs in einer Größenordnung von 175.000 m² einbezogen wurden (Rn. 77), das heißt mehr als das Doppelte als erforderlich.
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c) Darüber hinaus genügt die Gebietsausweisung durch die angegriffene AVDüV auch dem Bestimmtheitsgebot.
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Inwieweit ein Grundstückseigentümer von der Ausweisung betroffen ist, kann dieser anhand der Überblickskarten sowie aus Detailkarten im Maßstab 1:5.000, die Bestandteil der Ausführungsverordnung sind, erkennen (s. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 AVDüV). Ob die Nutzung seines Grundeigentums beschränkt und der Verkehrswert bzw. der zu erzielende (Pacht-)Ertrag vermindert wird, ist keine Frage der Bestimmtheit der Regelung, sondern betrifft deren Zumutbarkeit. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 31. Januar 2022 (13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 54) ausgeführt hat, richtet sich die Bewirtschaftungsbeschränkung an den tatsächlichen Bewirtschafter. Die konkrete Zuordnung der mit der Beschränkung belasteten Flächen muss nicht notwendig dem Eigentümer, sondern dem betroffenen landwirtschaftlichen Betrieb möglich sein (s. hierzu die amtliche Begründung zu §§ 10 und 16 AW GeA 2020, BR-Drs. 455/20, S. 33 und 36 und zu §§ 7 und 13 AVV GeA 2022, BR-Drs. 275/22, S. 28 und 31). Allein dieser ist Adressat der Regelung. Als Bewirtschafter kennt er auch die in den Detailkarten hinterlegten FID-Nummern seiner Betriebsgrundstücke aus der Beantragung landwirtschaftlicher Beihilfen.
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In Bayern sind die Feldstücke seit langem die Grundlage für die Abwicklung der Agrarförderung im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (vgl. § 8 Abs. 1 BayGAPV; § 3 Nr. 3 InVeKoSV; Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates v. 29.9.2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. L 270 v. 21.10.2003, S. 1). Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass die Landesregierungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 InVeKoSV auch das Flurstück als Referenzparzelle bestimmen können. Von dieser Möglichkeit wurde in Bayern nicht Gebrauch gemacht, vielmehr stützt sich das System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen gemäß § 8 Abs. 1 BayGAPV auf das Feldstück. Dementsprechend ist in Bayern auch bei der vorliegenden Ausweisung das Feldstück die landwirtschaftliche Referenzparzelle. Für die Bestimmtheit der Ausweisung betroffener Feldstücke bleibt es damit ohne Bedeutung, ob die Flurstücksgrenzen zu erkennen und die Flurstücksnummern lesbar sind. Diesem Ergebnis steht die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U.v. 9.2.2023 – 13 S 3646/21 – NuR 2023, 704 – juris Rn. 39) zu einer flurstücksorientierten Ausweisung nicht entgegen, denn die dortige Ausgangslage ist nicht mit der vorliegenden vergleichbar: In der dortigen Verordnung der (baden-württembergischen) Landesregierung zu Anforderungen an die Düngung in bestimmten Gebieten zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigungen (VODüVGebiete) werden als Referenzparzellen Flurstücke herangezogen, wohingegen sich die vorliegende bayerische AVDüV nach obigen Darlegungen auf das Feldstück als landwirtschaftliche Referenzparzelle bezieht. Damit ist es für die Bestimmtheit der AVDüV auch unschädlich, wenn im Einzelfall in den Kartendarstellungen Flurstücksgrenzen nicht zu erkennen wären.
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4. Die auf Grundlage von § 3 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 und § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 DüngG i.V.m. § 13a Abs. 1 Satz 1 DüV durch § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 AVDüV vorgenommene konkrete Gebietsausweisung ist hinsichtlich des hier streitgegenständlichen Grundwasserkörpers 1_G085 (Vorlandmolasse – Thalmassing) fehlerhaft erfolgt.
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Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Vorgehensweise des Antragsgegners bei der konkreten Gebietsausweisung orientiert sich der Senat grundsätzlich an den Regelungen der AVV GeA. Zwar handelt es sich bei der AVV GeA – wie oben bereits ausgeführt – nicht um eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift, so dass für den Verwaltungsgerichtshof entgegen der Ansicht der Antragsteller keine strikte Bindungswirkung besteht. Der Senat ist allerdings befugt, sich einer Gesetzesauslegung, die in einer Verwaltungsvorschrift vertreten wird, aus eigener Überzeugung anzuschließen (BVerwG, U.v. 26.6.2002 – 8 C 30.01 – NVWZ 2003, 211 – juris Rn. 23 m.w.N.). Hiervon ausgehend zieht der Senat die Regelungen der AVV GeA als Orientierungsmaßstab für die Überprüfung der Gebietsausweisung heran. Die in der AVV GeA mit dem Ziel der Vereinheitlichung der Vorgehensweise der Länder bei der Ausweisung der Gebiete (§ 13a Abs. 1 Satz 2 DüV) enthaltenen und mit deren Zustimmung im Bundesrat erlassenen Vorgaben stellen nach Auffassung des Senats eine sachgerechte Grundlage für die Umsetzung der in § 13a Abs. 1 Satz 1 DüV enthaltenen Pflicht der Landesregierungen zur Gebietsausweisung und somit grundsätzlich einen geeigneten Orientierungsmaßstab für die gerichtliche Überprüfung dar. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die AVV GeA in weiten Teilen letztlich als Zusammenfassung und Ergänzung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zu verstehen ist, die der Antragsgegner für eine sachgerechte Ausweisung der belasteten Gebiete ohnehin zu berücksichtigen hätte. Darüber hinaus erfordern die Gebietsausweisung und die damit verbundenen Eingriffe in Grundrechte der Antragsteller einerseits ein geordnetes Verfahren auf der Basis einer möglichst validen Datengrundlage insbesondere in Gestalt aussagekräftiger Messergebnisse. Andererseits gebietet das Interesse der Allgemeinheit an einem effektiven Grundwasserschutz, dass die verfassungs- und unionsrechtlich gebotenen Gebietsfestsetzungen nicht an praktisch unerfüllbaren Anforderungen scheitern, sondern mit angemessenem Verwaltungsaufwand in einem vertretbaren Zeitraum auch faktisch durchführbar sind. Letzteres stellt die AVV GeA auf Grundlage des § 13a Abs. 1 Satz 2 DüV durch verschiedene Regelungen sicher, etwa dadurch, dass Ausgangspunkt der Gebietsausweisungen die bereits anderweitig festgesetzten Grundwasserkörper sind (§ 3 Abs. 1 AVV GeA), durch typisierende und pauschalierende Regelungen wie die 20%-Grenze (§ 7 Abs. 1 Satz 2 bzw. § 13 Abs. 1 Satz 2 AVV GeA) oder durch diverse Übergangsregelungen (§ 15 AVV GeA). Derartige Regelungen sind Ausdruck des in § 13a Abs. 1 Satz 2 DüV angelegten „administrativen Vereinfachungsspielraums“ (so letztlich auch die Antragsteller im SS v. 24.10.2023, S. 37), der zur Bewältigung der fachlichen Komplexität und der praktischen Schwierigkeiten bei der Gebietsausweisung unabdingbar ist (vgl. zum „administrativen Vereinfachungsspielraum“ bei der Ermittlung der genauen Gebietsgrenze von Wasserschutzgebieten: BVerwG, U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – NVwZ 2013, 227 – juris Rn. 22).
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Da vorliegend die Rechtmäßigkeit der konkreten Gebietsausweisung hinsichtlich eines bestimmten Grundwasserkörpers gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage 1 AVDüV inmitten steht, ist auf Folgendes hinzuweisen: Verstöße des Antragsgegners gegen die AVV GeA können nur insoweit relevant werden, als diese Auswirkungen auf die konkrete Gebietsausweisung im jeweiligen Grundwasserkörper gehabt haben können. Bloße „formale Fehler“ wie etwa lückenhafte Stammdaten oder Fehler in anderen Bereichen wie etwa dem Arbeitsschutz haben deshalb von vornherein keine Bedeutung. Andere Verstöße gegen die AVV GeA sind dann unbeachtlich, wenn keine Auswirkungen auf die konkrete Gebietsausweisung feststellbar sind (zur sog. Messwertrelevanz der Abweichungen von allgemein anerkannten Regeln der Technik vgl. DVWG-Information Wasser Nr. 111, Stand Juni 2022, Seite 5). Ob Auswirkungen auf die konkrete Gebietsausweisung vorliegen, muss zur Überzeugung des Senats feststehen (vgl. § 108 Abs. 1 VwGO). Hierfür sind allerdings keine unerfüllbaren Beweisanforderungen zu stellen und ist keine unumstößliche Gewissheit zu verlangen. Vielmehr genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der den Zweifeln Einhalt gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (Kraft in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 108 Rn. 16 m.w.N.).
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Daran gemessen ist die Gebietsausweisung im streitgegenständlichen Grundwasserkörper 1_G085 zur Überzeugung des Senats zum Teil mit Mängeln behaftet, die Auswirkungen auf die Gebietsausweisung insgesamt haben. Dies gilt zwar nicht hinsichtlich der Abgrenzung des Grundwasserkörpers (unten a) und der Messstellendichte (unten b). Allerdings ist die Auswahl der Messstellen für das Ausweisungsmessnetz nicht gemäß den Anforderungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 bis 3 AVV GeA erfolgt, denn die Vitusbachquelle Regensburg (4120693800333) liegt im Stadtgebiet Regensburg und ist nicht landwirtschaftlich beeinflusst (unten c).
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a) Der durch die AVDüV vorgenommenen Gebietsausweisung kann zunächst eine fehlerhafte Abgrenzung des Grundwasserkörpers 1_G085 nicht entgegengehalten werden, etwa weil – wie die Antragsteller mit dem von ihnen vorgelegten Fachgutachten vom 23. Oktober 2023 (H. S. 23 f., S. 33 ff. – vorgelegt als Anlage ASt 8) vorbringen – diese am Ostrand nicht durchgehend nach hydrogeologischen und hydraulischen Kriterien durchgeführt und weder die Grundwasserströmung noch die Verbreitung der hydrogeologischen Einheiten berücksichtigt worden seien.
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Der Grundwasserkörper 1_G085 (Vorlandmolasse – Thalmassing) ist laut dem maßgeblichen 3. Bewirtschaftungsplan deutsches Donaugebiet des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom Dezember 2021 zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 (Stand: Dezember 2021), siehe dort Karte 4.15 und Anhang 4.2, hinsichtlich der Nitratbelastung zwar in einem guten chemischen Zustand nach der GrwV. Allerdings liegt an der Messstelle A1. eine Überschreitung des Schwellenwerts von 50 Milligramm Nitrat je Liter vor, so dass der Grundwasserkörper gemäß § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 DüV grundsätzlich für die Ausweisung zu betrachten war.
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Der Antragsgegner durfte bei der Gebietsausweisung auf die zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie bereits nach § 3 Nr. 6 WHG, § 2 GrwV, Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BayWG durch das Verzeichnis der Wasserkörper in Bayern (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 25. Januar 2016 – 7535-U – AllMBl. 2016S. 104) festgelegten und nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2, Art. 14 BayWG den Planungseinheiten zugeordneten Grundwasserkörper zurückgreifen (zur Abgrenzung siehe auch 3. Bewirtschaftungsplan für das deutsche Donaugebiet, Bewirtschaftungszeitraum 2022 bis 2027 – Stand: Dez. 2021 – S. 16). Die Abgrenzung der Grundwasserkörper bildet keinen Schritt der Gebietsausweisung selbst. Vielmehr setzen § 13a Abs. 1 DüV und die AVV GeA nach Wortlaut und Regelungszusammenhang die im System der Wasserbewirtschaftung nach der WRRL bestehenden Grundwasserkörper als verwaltungstechnischen Ausgangspunkt der Gebietsausweisung gerade als gegeben voraus. So regelt § 3 Abs. 1 AVV GeA ausdrücklich, dass den Ausgangspunkt für die Ausweisung der mit Nitrat belasteten Gebiete die nach § 2 GrwV beschriebenen und von den zuständigen Stellen der Länder festgelegten Grundwasserkörper bilden (siehe dazu auch BR-Drs. 275/22, S. 26). Nach der gesetzlichen Konzeption in Bayern sind die Grenzen der Grundwasserkörper überdies teilweise durch die Zuordnung zu den Planungseinheiten rechtlich vorgegeben und stünde diese gesetzliche Regelung in Art. 3 Abs. 2, 14 BayWG einer abweichenden Abgrenzung (bloß) für Zwecke der Gebietsausweisung nach § 13a DüV im Verordnungsweg entgegen. Es bedurfte daher für eine rechtmäßige Gebietsausweisung nach § 13a Abs. 1 DüV keiner Überprüfung der Grenzen der Grundwasserkörper oder gar einer Neuabgrenzung. Da der Antragsgegner selbst somit zum Zweck der Gebietsausweisung keine Grenzziehung vorgenommen hat, kommt es auf die Frage nicht an, ob die nordöstliche Grenze möglicherweise losgelöst von den Grenzen der dort natürlicherweise bestehenden Teilräume verläuft, wie die Antragsteller einwenden.
100
b) Das Messnetz, das der Gebietsausweisung im Grundwasserkörper 1_G085 zugrunde lag, weist grundsätzlich eine ausreichende Messstellendichte auf. Zwar wird die in § 4 Abs. 2 AVV GeA geforderte Messstellendichte nicht erreicht. Der Antragsgegner konnte sich allerdings entgegen der Auffassung der Antragsteller (siehe SS v. 24.10.2023, S. 47 ff.; v. 9.2.2024, S. 9 ff.) auf die Übergangsvorschrift des § 15 Abs. 1 AVV GeA berufen.
101
Gemäß § 4 Abs. 2 AVV GeA ist für das Ausweisungsmessnetz sicherzustellen, dass bei stark variierenden hydrogeologischen Einheiten mindestens eine Messstelle je 20 Quadratkilometer und bei großflächig verbreiteten hydrogeologischen Einheiten mindestens eine Messstelle je 50 Quadratkilometer vorhanden ist. Die in § 4 Abs. 2 AVV GeA genannte Messstellendichte für das Ausweisungsmessnetz ist bezogen auf den jeweiligen Grundwasserkörper zu erreichen. Dies ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang und unter Berücksichtigung des grundsätzlich für die immissionsbasierte Abgrenzung vorgesehenen geostatistischen Regionalisierungsverfahrens nach § 5 Abs. 2 AVV i.V.m. Anlage 2 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA, für das die in § 4 Abs. 2 AVV GeA 2022 vorgeschriebenen Messstellendichte „im jeweiligen Grundwasserkörper“ vorhanden sein muss (vgl. OVG LSA, U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 142).
102
Der Grundwasserkörper 1_G085 besitzt eine Gesamtfläche von 183 km². Das Ausweisungsmessnetz bestand für die mit der AVDüV im Jahr 2022 vorgenommene Gebietsausweisung in dem Grundwasserkörper aus zwei Messstellen (vgl. den „Steckbrief“ für den Grundwasserkörper 1_G085 – vorgelegt als Anlage AS 2). Die sich daraus rechnerisch ergebende Messstellendichte von einer Messstelle je 91,5 km² erfüllt die Anforderungen des § 4 Abs. 2 AVV GeA nicht. Dabei kann dahingestellt bleiben, von welcher der in § 4 Abs. 2 AVV GeA genannten hydrogeologischen Einheiten im Bereich des Grundwasserkörpers 1_G085 auszugehen ist, weil die Anforderungen des § 4 Abs. 2 AVV GeA unabhängig davon nicht eingehalten sind. Weder die dort grundsätzlich vorgesehene Messstellendichte von einer Messstelle je 20 km², noch die Dichte von einer Messstelle je 50 km² bei großflächig verbreiteten hydrogeologischen Einheiten ist erfüllt.
103
Die im Grundwasserkörper 1_G085 für die Gebietsausweisung im Jahr 2022 vorhandene Messstellendichte stand dennoch mit der AVV GeA 2022 im Einklang. Der Antragsgegner konnte sich für die Gebietsausweisung auf die Übergangsvorschrift des § 15 Abs. 1 AVV GeA berufen und für die Ausweisung die vorhandenen Messstellen im Sinne des § 4 Abs. 1 AVV GeA zugrunde legen. Dabei musste er keine rechtlichen oder tatsächlichen Gründe nennen, warum die nach § 4 Abs. 2 AVV GeA angestrebte Messstellendichte nicht erreicht werden konnte.
104
Nach der Vorschrift des § 15 Abs. 1 AVV GeA sind, sofern die nach § 4 Abs. 2 AVV GeA angestrebte Messstellendichte bis zum 31. Dezember 2024 aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht erreicht werden kann, die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Messstellen im Sinne des § 4 Abs. 1 AVV GeA zugrunde zu legen. Durch diese Regelung wird die nach § 4 Abs. 2 geforderte Messstellendichte letztlich zu einer Zielvorgabe herabgestuft, die vor dem 31. Dezember 2024 nicht erfüllt sein, sondern nur bis zu diesem Datum angestrebt werden muss. Mit „rechtlichen oder tatsächlichen Gründen“ musste das Zurückbleiben der Messstellendichte hinter den Anforderungen des § 4 Abs. 2 AVV GeA entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht bereits bei der Ausweisung im Jahr 2022 begründet werden, sondern erst bei Ausweisungen ab dem 1. Januar 2025 (so auch OVG LSA, U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 143). Dem entspricht auch die Begründung der AVV GeA (vgl. BR-Drs. 275/22, S. 32 zu § 15 Abs. 1). Dieses Ergebnis wird zudem durch die Regelung zur immissionsbasierten Abgrenzung in § 15 Abs. 2 Satz 1 AVV GeA bestätigt. Danach müssen die Länder bis zum 31. Dezember 2024 die Messstellen entsprechend den Anforderungen des geostatistischen Regionalisierungsverfahrens nach Anlage 2 AVV GeA ausbauen. Dieses Verfahren setzt seinerseits die Einhaltung der in § 4 Abs. 2 AVV GeA 2022 vorgesehenen Messstellendichte in allen Grundwasserkörpern eines Landes voraus (vgl. § 5 Abs. 2 i.V.m. Anlage 2 Nr. 1 Buchst. b AVV GeA). § 15 Abs. 2 Satz 2 AVV GeA würde bei dieser Auslegung auch nicht bis 2028 ins Leere laufen, denn bei einer Ausweisung nach dem 31. Dezember 2024 ist die mangelnde Messstellendichte begründungsbedürftig, nach dem 31. Dezember 2028 ist die Messstellendichte zwingend einzuhalten. Angesichts dessen kommt es auf den von den Antragstellern vorgetragenen Standpunkt, dass sich das Ermessen zur Einbeziehung von Messstellen Dritter zu einer entsprechenden Pflicht verdichtet, nicht mehr entscheidungserheblich an.
105
Die von den Antragstellern angeführten historischen Überlegungen über einen Vergleich mit der früheren Vorschrift des § 18 AVV GeA 2020 führen nicht zu einem anderen Ergebnis. § 18 Abs. 1 Satz 1 AVV GeA 2020 sah im Einzelnen vor, dass, sofern die angestrebte Messstellendichte bis zum 31. Dezember 2024 aus „rechtlichen oder tatsächlichen Gründen“ nicht erreicht werden könne, die zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Messstellen zugrunde zu legen seien. Nach dem 31. Dezember 2024 hingegen war die Rechtfertigung nach § 18 Abs. 1 Satz 2 AVV GeA 2020 auf „rechtliche Gründe“ beschränkt. Daraus kann indes nicht der Schluss gezogen werden, dass die Übergangsregelung des § 15 Abs. 1 AVV GeA 2022 ebenfalls dahingehend auszulegen sei, dass die rechtlichen oder tatsächlichen Gründe bereits vor dem 31. Dezember 2024 anzugeben wären. Denn zum einen bestand bereits ein offensichtlicher Widerspruch zwischen der Regelung in § 18 AVV GeA 2020 und der damaligen Begründung der Verwaltungsvorschrift, die vielmehr das oben skizzierte Verständnis der Übergangsregelung in § 15 Abs. 1 AVV GeA nahe legt (siehe BR-Drs. 455/20, dort S. 36 zu § 18 Abs. 1). Zum anderen lässt sich ein Rückschluss von der AVV GeA 2020 zur überarbeiteten AVV GeA 2022 angesichts des geänderten Verfahrens und neuer Anforderungen an die Länder nicht ziehen. Es ist vielmehr naheliegend, dass die Bundesregierung mit der überarbeiteten Übergangsvorschrift in der Verwaltungsvorschrift, die der Zustimmung der Länder im Bundesrat bedurfte, gerade deren Interessen hinsichtlich des zeitlichen Horizonts des Messstellenausbaus entsprochen hat.
106
c) Allerdings genügt das Ausweisungsnetz im Grundwasserkörper 1_G085 im Hinblick auf die Vitusbachquelle in Regensburg nicht den Anforderungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 bis 3 AVV GeA. Die Ausführungsverordnung Düngeverordnung war deshalb im Gebiet des Grundwasserkörpers 1_G085 „Vorlandmolasse-Thalmassing“ für unwirksam zu erklären.
107
aa) Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AVV GeA umfasst das Ausweisungsmessnetz mindestens alle landwirtschaftlich beeinflussten Messstellen der Ländermessnetze zur Umsetzung der RL 2000/60/EG (WRRL-Messnetz), zur Berichterstattung an die Europäische Umweltagentur (EUA-Messnetz) und zur Umsetzung der RL 91/676/EWG (EU-Nitratmessnetz). Die Länder „dürfen“ (nicht: „müssen“) zudem weitere Messstellen in das Ausweisungsmessnetz übernehmen, und zwar insbesondere Messstellen von Trinkwassergewinnungen nach § 9 Abs. 1 i.V.m. Anlage 4 Nr. 1.3 GrwV (§ 4 Abs. 1 Satz 2 u. 3 AVV GeA). Weder aus § 13a DüV noch aus der AVV GeA ergibt sich eine Pflicht der Länder, weitere oder gar konkrete Messstellen zusätzlich in das Ausweisungsmessnetz aufzunehmen. Die Grenze dabei ist erreicht, wenn eine nach der Überprüfung als geeignet befundene Messstelle willkürlich ausgeschieden wird oder eine Messstelle auf den ersten Blick offensichtlich fehlerhaft als ungeeignet eingestuft wird (z.B. Übertragungsfehler). Dann wäre die konkrete Messstellenauswahl nicht mehr von dem Auswahlermessen des Antragsgegners gedeckt.
108
Dementsprechend ist der Antragsgegner bei der Vorbereitung der Gebietsausweisung allgemein vorgegangen. Er hat zunächst alle Messstellen der genannten Messnetze herangezogen, die die Anforderungen nach der AVV GeA erfüllen (insgesamt 651 Messstellen). Sodann hat er weitere 34 Messstellen von Trinkwassergewinnungen herangezogen, die ebenfalls die Voraussetzungen erfüllten. Insgesamt waren das bayernweit 685 Messstellen (vgl. im Einzelnen die elektronischen Akten unter Daten_bayernweit/Erstellung Gebietskulissen/3_Ausweisungsmessnetz sowie die unter Daten_GWKweise bei den einzelnen Messstellen jeweils unter Anlage1_1_Stammdaten vorgelegte Auflistung 004_Festlegung AVV_Messnetz_Stand_22.07.2022.xlsx). Anhand dieser Unterlagen lässt sich hinreichend nachvollziehen, dass der Antragsgegner die Auswahl der Messstellen grundsätzlich entsprechend den Vorgaben der AVV GeA vorgenommen hat. Dabei musste er entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht jedes Detail der Auswahlentscheidung gesondert dokumentieren.
109
Konkret waren die zwei Messstellen des Ausweisungsmessnetzes im vorliegenden Grundwasserkörper 1_G085 (A1. und Vitusbachquelle) Teil des WRRL-Messnetzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AVV GeA (so auch der Fachgutachter der Antragsteller im H. Fachgutachten S. 31). Bei der Messstelle A1. ist auch das weitere Erfordernis der landwirtschaftlichen Beeinflussung im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 1 AVV GeA unstreitig erfüllt.
110
bb) Anders verhält es sich mit der Vitusbachquelle in Regensburg, weshalb die Ausweisung im vorliegenden Grundwasserkörper für unwirksam erklärt wurde. Der Einwand der Antragsteller, die Vitusbachquelle sei nicht als Messstelle geeignet, weil sie mitten in der Stadt Regensburg liege und im Anstrom zu der Quelle keinerlei landwirtschaftliche Nutzung vorhanden sei (Antragsbegründung SS v. 24.10.2023, S. 55 ff; H., S. 46), greift durch. Zwar wird die Messstelle gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 AVV GeA in Umsetzung der RL 2000/ 60/ EG (WRRL-Messnetz) genutzt, nachdem sie im Jahr 2022 für das Ausweisungsmessnetz und für das EG-Wasserrahmenrichtlinien-Messnetz aufgenommen wurde (Erwiderung v. 18.12.2023, S. 35 f.). Allerdings ist sie nicht landwirtschaftlich beeinflusst im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 AVV GeA. Der Antragsgegner führt selbst aus, dass der Quellaustritt eine gefasste Naturquelle inmitten des bebauten Gebiets von Regensburg ist (Erwiderung v. 18.12.2023, S. 35). Zwar erwähnt der Fachgutachter (H., S. 46) in Übereinstimmung mit dem Antragsgegner auch, dass sich landwirtschaftliche Nutzflächen in einer Distanz von deutlich mehr als einem Kilometer im Umfeld der A3 anschlössen. Ob die Quelle von diesen landwirtschaftlichen Flächen beeinflusst ist, erläutert aber weder der Fachgutachter noch der Antragsgegner. Letztendlich kommt es hierauf auch nicht an, weil der Antragsgegner selbst den Einzugsbereich mit dem reinen Stadtbereich definiert. So wird bei den Stammdaten (vgl. Daten_GWKweise bei der Messstelle Vitusbachquelle 4120693800333 unter Anlage1_1_Stammdaten) die Landnutzung im Einzugs-/Zustromgebiet mit „Hauptlandnutzung Siedlung“, „weitere Landnutzung nicht vorliegend“ angegeben. Im Vermerk vom 6. Oktober 2021 (vgl. Daten_GWKweise bei der Messstelle Vitusbachquelle 4120693800333 unter Anlage1_ Anlage1_2b_Dokument_Eignungsprüf._Kontrolle / Dok_Eignungsprüfung / 2_Vermerk 93_06.10.2021) wird das „Einzugsgebiet/Zustromgebiet (inkl. Hinweis zur Landnutzung, Punktquellen, Uferfiltrat, Überschwemmungsgebiet)“ wie folgt beschrieben: „EZG erstreckt sich nach S (TK25, Höhenlinien BVV) bis ca. K2. Straße. Östliche Begrenzung des EZG ca. Verlauf der U1. straße. Westliche Begrenzung des EZG zwischen V. straße und A. Straße.“, „Sportplatz im EZG“, „Krankenhaus im EZG“. Weiter wird angemerkt, dass sich im „EZG, ca. 550 m vom Quellschacht entfernt, […] ein Sportplatz [befindet], dessen Betrieb ggf. Einfluss (Punktquelle) auf die GwBeschaffenheit haben könnte“. Eine landwirtschaftliche Nutzung wird an keiner Stelle erwähnt. Sie ist auch innerhalb des oben beschriebenen Einzugsgebiets nicht erkennbar. Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es an einer landwirtschaftlichen Beeinflussung vollkommen fehlt. Mit dem Antragsgegner ist zwar davon auszugehen, dass die AVV GeA über die Größenordnung des landwirtschaftlichen Einflusses keine Auskunft gibt, was die Aufnahme von Messstellen mit wenig landwirtschaftlicher Nutzung nicht kategorisch ausschließen würde (Antragserwiderung v. 18.12.2023, S. 36). Allerdings geht aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 1 AVV GeA („alle landwirtschaftlich beeinflussten Messstellen“) eindeutig hervor, dass zumindest „auch“ ein landwirtschaftlicher Einfluss vorhanden sein muss. Ein solcher ergibt sich weder aus den vorgelegten Unterlagen noch hat der Antragsgegner entsprechende Anhaltspunkte vorgetragen, denen sich ein solcher Einfluss entnehmen ließe. Ohne das näher zu belegen oder zu erläutern, wird in offenem Widerspruch zum oben genannten Vermerk vom 6. Oktober 2021 lediglich ausgeführt, dass sich das Grundwassereinzugsgebiet nach Süden bis in landwirtschaftliche Flächen erstrecken soll.
111
Der Einwand des Antragsgegners (Erwiderung v. 18.12.2023, S. 46 ff.), die Ausführungsverordnung Düngeverordnung müsste jedenfalls zunächst weiterhin Anwendung finden, weil die Nichtanwendung zu einem erheblichen Umsetzungsdefizit führen würde, greift nicht durch. Für einen Ausspruch bloßer Unvereinbarkeit der Norm besteht keine Rechtsgrundlage. Nach § 47 Abs. 5 S. 2 VwGO kann der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsvorschrift nur für unwirksam erklären, wenn er zu der Überzeugung kommt, dass sie ungültig ist. Ebensowenig sieht § 47 VwGO im Hauptsacheverfahren eine Interessenabwägung vor, wie sie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfolgt.
112
5. Angesichts einer im Raum stehenden Neuausweisung sollen im Folgenden ergänzend weitere zwischen den Beteiligten streitige, aber nicht mehr entscheidungserhebliche Streitpunkte angesprochen werden:
113
a) Die Rüge der Antragsteller, die Ausweisung umfasse nicht alle landwirtschaftlich beeinflussten Messstellen im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 1 AVV GeA, weil der Brunnen 2 Lichtinger mit der Kennziffer 4110703800162 (Thalmassing) nicht berücksichtigt worden sei, greift nicht durch. Der Brunnen war nur im Zeitraum von 2014 bis 2021 Teil des WRRL-Messstellennetzes, jedoch nicht mehr im Zeitpunkt der Ausweisung 2022 (siehe Erwiderung des Antragsgegners v. 18.12.2023, S. 41). Damit waren die Anforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 AVV GeA nicht erfüllt und der Brunnen nicht in das Ausweisungsmessnetz aufzunehmen. Darin liegt auch begründet, dass er – wie die Antragsteller rügen – in der Excel-Tabelle „004_Festlegung AVV_Messnetz_ Stand_22.07.2022“ nicht enthalten ist, sondern allenfalls als Zusatzmessstelle in Betracht käme (siehe Ausführungen unten d).
114
b) Bei der verbleibenden Ausweisungsmessstelle A1. stehen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 4 AVV GeA i.V.m. Anlage 1 Nummer 1 bis 4 AVV GeA in Streit (signifikanter Zufluss von ungefiltertem Oberflächenwasser).
115
Nach Anlage 1 Nr. 4 Buchst. b AVV GeA sind Messstellen mit signifikantem Zufluss von ungefiltertem Oberflächenwasser über Schadstellen, Dränagen oder Fremdwasser auszuschließen. Der Ausschlussgrund setzt somit voraus, dass es sich um Zufluss von ungefiltertem Oberflächenwasser handeln muss, dieser Zufluss muss über Schadstellen, Dränagen oder Fremdwasser erfolgen und es muss sich um signifikanten Zufluss handeln.
116
Die Verwendung des Begriffs „ungefiltertes Oberflächenwasser“ zeigt, dass bereits im Boden versickertes Wasser, auch soweit es sich noch in der ungesättigten Zone befindet, nicht vom Ausschlusskriterium gemäß Anlage 1 Nr. 4 Buchst. b AVV GeA erfasst ist. Wasser, das von der Oberfläche kommend bereits durch einen (ggf. nur geringen) Teil des Bodens gesickert ist, wird dort automatisch gefiltert. Es kann deshalb nicht mehr als „ungefiltert“ bezeichnet werden. Wasser in der ungesättigten Zone des Bodens ist zwar (noch) kein Grundwasser (vgl. § 3 Nr. 3 WHG: Grundwasser ist das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht), es ist aber auch kein ungefiltertes Oberflächenwasser mehr (und unterfällt deshalb dem Bodenschutzrecht; vgl. Széchényi in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG AbwAG, Stand August 2023, § 3 WHG, Rn. 82 f.; Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, 13. Auflage 2023, § 3 Rn. 45). Daraus folgt, dass landwirtschaftliche Drainageleitungen, die den Boden entwässern, also bereits in den Boden gesickertes Wasser ableiten, von vornherein nicht zum Ausschluss gemäß Anlage 1 Nr. 4 Buchst. b AVV GeA führen können. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Wasser in den landwirtschaftlichen Drainageleitungen aus der gesättigten oder ungesättigten Zone des Bodens stammt. In beiden Fällen liegt kein ungefiltertes Oberflächenwasser vor. Zwar ist den Antragstellern zuzugeben, dass es sich bei Wasser aus landwirtschaftlichen Drainageleitungen auch um Zufluss aus „Drainagen“ handelt und dieses Wasser durch anthropogene Einflüsse beeinflusst sein kann. Dies ändert aber nichts daran, dass der Ausschlussgrund in Anlage 1 Nr. 4 Buchst. b AVV GeA nach seinem eindeutigen Wortlaut nur Messstellen mit Zufluss ungefilterten Oberflächenwassers umfasst.
117
„Signifikant“ meint, dass es sich um einen wesentlichen und erkennbaren Zufluss von Oberflächenwasser handeln muss. Nicht relevant ist demnach etwa ein Zufluss von wenigen Tropfen Oberflächenwasser in eine in eine ergiebig schüttende Quelle schüttende Quelle. Ein signifikanter Zufluss von Oberflächenwasser zeigt sich nach den überzeugenden Ausführungen des Antragsgegners im Chemismus und den physikochemischen Eigenschaften des Wassers (v.a. Temperatur, elektrische Leitfähigkeit, Ionenbilanz im Vergleich mit statistischen Erhebungen). So ist etwa Grundwasser den Temperaturen an der Oberfläche weniger ausgesetzt als Oberflächenwasser. Auch unterscheiden sich die Inhaltsstoffe des Grundwassers, das im Boden über lange Zeit mit dem Gestein in Kontakt war, von jenen des Oberflächenwassers, dem dieser Kontakt fehlt. Dies schlägt sich in der elektrischen Leitfähigkeit und der Konzentration wichtiger Anionen und Kationen nieder (vgl. zum Ganzen: SS des Antragsgegners vom 10.11.2023, S. 20 ff.). Entgegen der Auffassung der Antragsteller kann hingegen aus dem Nitratgehalt an sich kein Hinweis auf signifikanten Zufluss von Oberflächenwasser abgeleitet werden. Denn der Nitratgehalt kann auch allein auf entsprechend hohe Nitratgehalte im Grundwasser zurückzuführen sein, ohne dass ein signifikanter Zufluss von Oberflächenwasser zu verzeichnen ist.
118
Vorliegend hat der Senat den insoweit in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag betreffend einen Zufluss von Fremdwasser und/oder ungefiltertem Oberflächenwasser über landwirtschaftliche Drainagen mit der Begründung abgelehnt, es handle sich um einen Ausforschungsbeweis. Das lag darin begründet, dass es keine Anhaltspunkte für eine Zuleitung von ungefiltertem Oberflächenwasser unmittelbar über Drainagerohre im Bereich der Messstelle gibt. Auch die Antragsteller vermochten in der mündlichen Verhandlung nur anzugeben, dass es sich um ein Gebiet handle, in dem schon seit jeher drainiert worden sei, die genaue Lage der Drainagen sei ihnen aber nicht bekannt. Wie oben ausgeführt führen landwirtschaftliche Drainageleitungen, die bereits in den Boden gesickertes Wasser ableiten, ohnehin nicht zum Ausschluss gemäß Anlage 1 Nr. 4 Buchst. b AVV GeA, weil es sich nicht um ungefiltertes Oberflächenwasser handelt. Ungeachtet dessen ist der Auffassung des Antragsgegners zu folgen, dass sich ein eventueller Einfluss über den Chemismus eindeutig zeigen müsste. Das wird in der Antragserwiderung (v. 18.12.2023, S. 28 f.) unter Verweis insbesondere auf die Temperatur des Grundwassers, die elektrische Leitfähigkeit und den Vergleich mit statistischen Erhebungen eingehend und nachvollziehbar erläutert. Diese Ausführungen stellen auch die Antragsteller selbst inhaltlich nicht in Frage; sie verweisen lediglich darauf, dass es nicht ihre Aufgabe sei, die Untersuchungen durchzuführen (SS v. 9.2.2024, S. 25 ff.). Soweit sie den stark erhöhten Hydrogencarbonatgehalt als Indiz für einen meteorischen Einfluss ansehen, hat der Antragsgegner (Erwiderung v. 18.12.2023, S. 29; v. 20.2.2024, S. 15) nachvollziehbar und aus Sicht des Senats überzeugend ausgeführt, dass sich aus dem vorgelegten GLA-Fachbericht Nr. 21: „Hydrogeochemische Hintergrundwerte der Grundwässer Bayerns; 2003 (Anhang 1-25) Hinweise auf einen signifikanten Zufluss von ungefiltertem Oberflächenwasser ablesen lassen müssten. Im vorliegenden Grundwasserkörper sei nach dem GLA-Fachbericht ein typischer Wertebereich von 3,1 mmol/l bis 6,9 mmol/l (Medianwert von 5,0 mmol/l) zu erwarten, so dass der hier gemessene Wert von 5,9 mmol/l aus dem Jahr 2021 eindeutig innerhalb des Wertebereichs liege. Letztendlich kann die Frage hier aber dahingestellt bleiben, da sich die Unwirksamkeit der Ausweisung für den vorliegenden Grundwasserkörper schon – wie dargelegt – aus der fehlerhaften Hinzuziehung der Vitusbachquelle in Regensburg ergibt.
119
c) Da es sich bei der Ausweisungsmessstelle A1. um eine Quelle handelt, sei hierzu weiter auf Folgendes hingewiesen: Für Quellen regelt § 4 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Anlage 1 Nr. 2 Buchst. d AVV GeA, dass ausgebaute (gefasste) Quellen als Messstelle berücksichtigt werden dürfen. Nicht ausgebaute (ungefasste) Quellen dürfen nach einer Prüfung im Einzelfall als Messstelle berücksichtigt werden, wenn eine definierte Austrittsstelle vorliegt und eine qualitätsgesicherte, repräsentative Probenahme durchgeführt werden kann. Voraussetzung dafür ist grundsätzlich eine dauerhafte Quellschüttung. Ist eine dauerhafte Quellschüttung aufgrund der naturräumlichen Gegebenheiten nicht ganzjährig sichergestellt, kann im Einzelfall von dieser Anforderung abgesehen werden.
120
aa) Für die Verwendung im Ausweisungsmessnetz der mit Nitrat belasteten Gebiete enthält die AVV GeA für Quellmessstellen keine Vorgaben hinsichtlich des Ausbaus und der Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit. Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass die Bestimmungen in Anlage 1 Nr. 2 Buchst. a – c AVV GeA unmittelbar nur für (gebohrte) Grundwassermessstellen gelten, hingegen auf Quellmessstellen sinnvollerweise nicht ohne Weiteres anwendbar sind. So existieren etwa allgemein anerkannte Regeln der Technik für den Ausbau von Quellen nur für die Nutzung von Quellen für die Trinkwassergewinnung (vgl. DVGW W 127 „Quellwassergewinnungsanlagen – Planung, Bau, Betrieb, Sanierung und Rückbau“, S. 5 – vorgelegt als Anlage 4 zur Erwiderung v. 18.12.2023), nicht hingegen für die Verwendung von Quellen als Messstellen. Dass eine Wassergewinnung zum Zweck der Probennahme zur Bestimmung stofflicher Belastungen keine Wassergewinnung im Sinn der Trinkwassergewinnung nach dieser Regelung ist, versteht sich von selbst. Auch das in Anlage 1 Nr. 2 Buchst. b AVV GeA genannte Arbeitsblatt DWA-A 908 „Eignungsprüfung von Grundwassermessstellen“ (inhaltsgleich mit DVGW W 129) ist erkennbar auf die Eignungsprüfung von (gebohrten) Grundwassermessstellen ausgerichtet. So machen insbesondere die dort in Anhang A unter A.1 genannten hydraulischen Tests (Pumptest, Slug- und Bail-Test, Auffülltest) nur bei gebohrten Messstellen Sinn, nicht hingegen bei Quellmessstellen. Daran kann auch nichts ändern, dass dieses Arbeitsblatt normative Verweisungen auf andere Arbeitsblätter enthält, die unter anderem für Brunnen gelten. Auch die Vorgaben für Verfilterungsanlagen in Anlage 1 Nr. 2 Buchst. c AVV GeA beziehen sich offenkundig nur auf (gebohrte) Grundwassermessstellen, denn nur diese haben Filter, nicht aber Quellmessstellen. Die von den Antragstellern im Schriftsatz vom 16. Februar 2024 (S. 1) genannte LAWA-Grundwasserrichtlinie 4/95 (LAWA, Grundwasser Richtlinien für Beobachtung und Auswertung Teil 4 – Quellen, 1995) stellt eine von der Landesarbeitsgemeinschaft Wasser erarbeitete Handlungsempfehlung für die Einrichtung und den Betrieb gewässerkundlicher Messstationen und keine allgemein anerkannte Regel der Technik dar. Es soll dem Vorwort zufolge nur dem besseren Verständnis der Anforderungen an den Messstellenbau, die Messung und die Auswertung von Messdaten dienen, weshalb auf den hydrogeologischen Hintergrund ausführlicher eingegangen wird. Die Richtlinie enthält zwar auch Hinweise zu den verschiedenen Möglichkeiten bei der Einrichtung von Quellmessstellen und der Probenahme, mit der Prüfung und Dokumentation der Funktionstüchtigkeit einer Quellmessstelle befasst sie sich allerdings nicht.
121
bb) Vorliegend tragen die Antragsteller vor (SS v. 9.2.2024, S. 19), Quellen seien gemäß DIN 4049-3 „örtlich begrenzte Grundwasseraustritte“, die schwebendes, oberflächennahes oder tiefes Grundwasser (artesische Quellen) erschließen könnten. Damit werde keineswegs immer der oberflächennächste wasserwirtschaftlich bedeutsame Grundwasserleiter entwässert. Dieser Einwand greift nicht durch.
122
Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass sich die Vorgaben der AVV GeA hinsichtlich des oberflächennächsten, wasserwirtschaftlich bedeutsamen Grundwasserleiters nur auf (gebohrte) Grundwassermessstellen beziehen, hingegen nicht auf Quellmessstellen. Insbesondere die Vorgaben für Verfilterungslagen in Anlage 1 Nr. 2 Buchst. c AVV GeA gelten offenkundig nur für Grundwassermessstellen, denn nur diese haben Filter, nicht aber Quellmessstellen. Auch die Regelung zum „Messstellenausbau“ in Anlage 1 Nr. 1 Buchst. d AVV GeA zielt auf Grundwassermessstellen ab, wie die dort genannten Beispiele (z.B. „Filterlage“) zeigen.
123
Es leuchtet ein, dass für (gebohrte) Grundwassermessstellen anders als für Quellmessstellen ein Bedürfnis nach einer ausdrücklichen Regelung hinsichtlich des aufzuschließenden Grundwasserleiters besteht. Grundwassermessstellen werden künstlich geschaffen und können je nach Bohrtiefe und Verfilterung unterschiedliche Grundwasserleiter aufschließen. Dass sich die von Natur aus bestehenden Quellen demgegenüber in aller Regel aus dem oberflächennächsten Grundwasserleiter speisen, ist entgegen dem Einwand der Antragsteller auch nachvollziehbar. Deren gegenteilige Aussage deckt sich im Übrigen nicht mit dem vorgelegten Fachgutachten (H. S. 6), das keine Unterscheidung zwischen „schwebendem, oberflächennahem oder tiefem Grundwasser“ macht, sondern Quellen allgemein definiert als „Ort eines räumlich eng begrenzten Grundwasseraustritts (DIN 4049-3:1994-10). Das Grundwasser tritt an Quellen natürlich zutage und wird damit zu Oberflächenwasser“. Bezogen auf die streitgegenständlichen beiden Quellen des Ausweisungsmessnetzes wird dort zudem ausgeführt (H., S. 46), dass diese mit dem Braunkohlen-Tertiär den korrekten Zielhorizont in Bezug auf die AVV-GeA erschlössen, also den oberflächennächsten, wasserwirtschaftlich relevanten Grundwasserleiter. Von schwebenden Grundwasservorkommen sei aufgrund der strukturgeologischen Lage der Quellen im Gelände an der Unterkante der Grundwasserleiter nicht auszugehen.
124
cc) Soweit sich die Antragsteller vereinzelt auf eine Eignungsprüfung berufen, ist festzustellen, dass der Antragsgegner unabhängig davon, ob eine solche überhaupt geboten ist, jedenfalls auch für alle Quellmessstellen eine erstmalige Aufnahmeprüfung durchgeführt hat. Genauso wie für Grundwassermessstellen hat er im Rahmen der Festlegung des Ausweisungsnetzes geprüft, ob die einzelnen Quellmessstellen für das Ausweisungsmessnetz für die Festlegung der mit Nitrat belasteten Gebiete geeignet sind (s. die elektronischen Akten unter Daten_bayernweit/Erstellung Gebietskulissen/3_Ausweisungsmessnetz sowie ferner unter Daten_GWKweise bei den einzelnen Messstellen unter Anlage1_2b_Dokument._Eignungsprüf._Kontrolle sowie vor allem unter Daten_GWKweise bei den einzelnen Messstellen jeweils unter Anlage1_1_Stammdaten vorgelegte Auflistung 004_Festlegung AVV_Messnetz_Stand_22.07.2022.xlsx). Insbesondere aus der letztgenannten Auflistung lässt sich entnehmen, dass der Antragsgegner die Eignung sämtlicher Messstellen für deren Verwendung im Ausweisungsmessnetz für die mit Nitrat belasteten Gebiete geprüft und am Ende seiner Prüfung (vgl. Spalten EE und EF) die Eignung oder Nichteignung der Messstelle für das AVV Messnetz festgestellt hat. Dabei ist nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner die Aufnahmeprüfung – entsprechend der für Grundwassermessstellen geltenden Regelung in Arbeitsblatt DVGW W 129 bzw. DWA-A 908 (s. dazu oben) – auch für Quellmessstellen zuvörderst anhand der vorhandenen Unterlagen vorgenommen und auf dieser Basis deren Eignung für die Verwendung im Ausweisungsmessnetz für die mit Nitrat belasteten Gebiete beurteilt hat. Es begegnet deshalb auch keinen Bedenken, wenn der Antragsgegner im Rahmen der Aufnahmeprüfung etwa die Historie des Betriebs einer Quelle für Trinkwasserzwecke oder die zuvor erfolgte Aufnahme einer Quellmessstelle in das WRRL-Messnetz berücksichtigt hat. Der Antragsgegner musste auch nicht jedes Detail der Aufnahmeprüfung gesondert dokumentieren.
125
dd) Auch soweit man entgegen dem Vorstehenden davon ausgehen wollte, der Antragsgegner hätte bei Quellmessstellen eine Prüfung der Funktionstüchtigkeit vornehmen und dokumentieren müssen (so die Antragsteller im SS v. 9.2.2024, S. 19 f.), kommen bei aktiven Quellmessstellen allenfalls eine allgemeine Ortseinsicht sowie ggf. eine Kameraberfahrung in Betracht (s. a. Handbuch tGewA 2022, S. 16). Hingegen sind etwa hydraulische Tests (Pumptest, Slug- und Bail-Test, Auffülltest) bei Quellmessstellen von vornherein nicht denkbar. Zutreffend geht der Antragsgegner ferner davon aus, dass eine „allgemeine Ortseinsicht“ bei jeder Probennahme stattfindet (genauso wie Arbeitsblatt DVGW W 129 für Grundwassermessstellen davon ausgeht, dass bei jeder Probennahme eine „visuelle Bewertung“ möglich ist). Auch der Fachgutachter der Antragsteller vertritt die Auffassung, dass die Entwicklung der Vor-Ort-Parameter im Vergleich mehrerer Probenahmen Rückschlüsse auf Veränderungen der Randbedingungen der Messstelle zulässt (H., S. 40). Eine Kamerabefahrung ist bei Quellmessstellen – so zutreffend der Antragsgegner – offenkundig nur bei solchen Quellen möglich, die mit von Kameras befahrbaren Sickerleitungen ausgestattet sind, nicht hingegen bei reinen Naturquellen.
126
d) Im Rahmen der immissionsbasierten Abgrenzung (§ 5 AVV GeA) wenden sich die Antragsteller gegen die Auswahl der Zusatzmessstellen.
127
aa) Für die immissionsbasierte Abgrenzung von belasteten und unbelasteten Gebieten innerhalb der einzelnen Grundwasserkörper auf Basis der gemessenen Nitratkonzentration „dürfen“ (wiederum nicht: „müssen“) unterstützend Zusatzmessstellen herangezogen werden (§ 5 Abs. 1 Satz 2 AVV GeA; Anlage 1 Nr. 5 AVV GeA). Weder aus § 13a DüV noch aus der AVV GeA ergibt sich hingegen eine Pflicht der Länder, weitere oder gar konkrete Zusatzmessstellen zusätzlich aufzunehmen. Die Grenze dabei ist erreicht, wenn eine nach der Überprüfung als geeignet befundene Messstelle willkürlich ausgeschieden wird oder eine Messstelle auf den ersten Blick offensichtlich fehlerhaft als ungeeignet eingestuft wird (z.B. Übertragungsfehler). Dann wäre die konkrete Messstellenauswahl nicht mehr von dem Auswahlermessen des Antragsgegners gedeckt. Gemäß Anlage 1 Nr. 5 AVV GeA müssen die Zusatzmessstellen die Anforderungen nach Anlage 1 Nr. 2 Buchst. a und c bis f, Nr. 3 und Nr. 4 AVV GeA erfüllen.
128
Dementsprechend ist der Antragsgegner bei der Auswahl der Zusatzmessstellen für die Regionalisierung im Wege der immissionsbasierten Abgrenzung vorgegangen. Er hat mögliche Zusatzmessstellen anhand einer Datenbankrecherche ausgewählt. In den Blick genommen wurden dabei alle in den Datenbanken erfassten Objekte mit Nitratmesswerten aus dem maßgeblichen Zeitraum 2018 – 2021. Die Ergebnisse dieser Überprüfung wurden zusätzlich mit den örtlich zuständigen Wasserwirtschaftsämtern abgestimmt. Im Ergebnis wurden für die Regionalisierung von über 11.000 Objekten 4.397 Zusatzmessstellen berücksichtigt, davon 915 in den 83 zu betrachtenden Grundwasserkörpern (vgl. im Einzelnen die Unterlagen in den elektronischen Akten unter Daten_bayernweit/Erstellung Gebietskulissen/4 Zusatzmessstellen). Aus diesen Unterlagen lässt sich hinreichend entnehmen, dass der Antragsgegner die Auswahl der Zusatzmessstellen entsprechend den Vorgaben der AVV GeA vorgenommen hat. Dabei musste er entgegen der Auffassung der Antragsteller die Details der Auswahlentscheidung nicht gesondert dokumentieren. Auch das Konzept des Antragsgegners, bei der Auswahl von Zusatzmessstellen die Bestandsunterlagen zu prüfen, steht in Einklang mit den Vorgaben der AVV GeA und erscheint vor dem Hintergrund des Aufwands der Überprüfung von mehr als 11.000 Objekten naheliegend und insbesondere nicht willkürlich.
129
bb) Vorliegend steht hinsichtlich der Messstelle Dünzling im Streit, ob sie wegen des Einflusses der stillgelegten Deponie hätte ausgeschlossen werden müssen.
130
Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 AVV GeA dürfen zur immissionsbasierten Abgrenzung unterstützend Zusatzmessstellen herangezogen werden. Sie müssen den Anforderungen nach Anlage 1 Nr. 5 AVV GeA genügen. Auch darf kein Ausschlusskriterium nach Anlage 1 Nr. 4 AVV GeA vorliegen. Mit den dort genannten beiden Ausschlussgründen hat die Bundesregierung mit Zustimmung der Länder im Bundesrat in der AVV GeA zum Ausdruck gebracht, unter welchen besonderen Voraussetzungen eine ansonsten für tauglich befundene Messstelle von der Nutzung für die Gebietsausweisung auszuschließen ist. Vorliegend berufen sich die Antragsteller auf Anlage 1 Nr. 4 Buchst. a AVV GeA, wonach Messstellen im Abstrom von dominierenden Punktquellen anthropogenen, nicht landwirtschaftlichen Ursprungs, die zur wesentlichen Veränderung der hydrochemischen Verhältnisse führen, auszuschließen sind. Die Schwellenwertüberschreitungen bei der Messstelle Dünzling sind aus ihrer Sicht auf die Altdeponie zurückzuführen.
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Demgegenüber ergibt sich aus dem von den Antragstellern als Anlage 6 zum Schriftsatz vom 24. Oktober 2023 vorgelegten Fachgutachten der Dr. Z. U2. vom 14.11.2017 mit dem Titel „Altdeponie BA 2.2 D., Markt Bad Ab.“ (Altgutachten), dass dieses Ausschlusskriterium nicht vorliegt. Das Altgutachten kommt im Rahmen der abschließenden Gefährdungsabschätzung zum Ergebnis, dass der Gefahrenverdacht einer mehr als unerheblichen oder dauernden Grundwasserverunreinigung abschließend ausgeräumt sei; für Nitrat sei eine Provenienz aus landwirtschaftlichem Eintrag anzunehmen, da eine Herkunft aus den Deponieablagerungen aufgrund der in Deponien erfahrungsgemäß stattfindenden Denitrifizierungsvorgänge unplausibel sei (S. 28, 33).
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Ob tatsächlich ein vollständiger Nitratabbau in der Deponie stattfindet, zweifelt der Fachgutachter der Antragsteller zwar an, weil nach den Daten zu Nitrat und Sauerstoff im Grundwasser oxidierende Verhältnisse vorherrschten und Denitrifizierungsvorgänge zumindest innerhalb des Grundwasserleiters unwahrscheinlich seien (H. S. 49). Allerdings beschränkt er sich hierbei auf Vermutungen, ohne seine gegenteilige Einschätzung mit abweichenden Daten untermauern zu können. Vielmehr gibt er an dieser Stelle selbst an, dass eine Plausibilitätsprüfung der Grundwasseranalysen mangels Daten für die Messstelle nicht habe durchgeführt werden können. In diesem Sinn hat er auch in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich des Zustrombereichs erklärt, dass nur eine Abschätzung möglich sei und das Wasser danach nur aus dem Bereich des Deponiegeländes zuströmen könne.
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Zudem bestätigen die im Altgutachten wiedergegebenen Befunde den fehlenden Einfluss der Altdeponie auf den Nitratwert. Schon der Antragsgegner (Erwiderung v. 20.2.2024, S. 18 f.) verweist überzeugend darauf, dass es sich dem Altgutachten zufolge (S. 4) bei der ehemaligen Deponie um eine Altablagerung mit Bauschutt- und Hausmüllanteilen, Schwarzdecken und Brandresten handelt, wie sich aus den festgestellten Konzentrationen von im Einzelnen genannten Stoffen ergibt. Hinweise auf Deponiesickerwasser seien nicht vorhanden, entsprechende Leitparameter für mögliche Grundwasserverunreinigungen träten nicht in Erscheinung. Weiter wird im Altgutachten festgestellt, dass die Unterkante der anthropogenen Ablagerungen zwischen rund 1 m und 7,6 m unter der Geländeoberkante (GOK) und nicht im Grundwasserbereich liegt (Altgutachten S. 4). Wasser wurde bis zur erkundeten Endteufe 10 m unter GOK, ansteigend auf 9,1 m unter GOK angetroffen. Daraus ergibt sich ein Abstand von mindestens 1,5 m zwischen den Ablagerungen und dem Grundwasserbereich. Zudem wurde unterhalb der wasserführenden Schicht ein Stauer (Schluff) angetroffen, der bis 19 m unter GOK nicht durchörtert wurde (S. 11). Die unterhalb der Auffüllungen befindlichen anstehenden Böden (der ungesättigten Bodenzone) bieten großteils ein hohes Retentionspotenzial für Schadstoffe (S. 26). Das zusammenhängende Grundwasservorkommen ist durch einen schluffigen Stauer von rund 4,7 m Mächtigkeit (Schluffe ab 14,3 m unter GOK bis Endteufe bei 19,0 m unter GOK noch nicht durchörtert) überdeckt. Mit diesen Befunden ist es nicht denkbar, dass ein etwaiger Nitrateintrag im Grundwasser aus der Deponie stammt. Außerdem wurden dem Altgutachten zufolge (S. 26) schon im Wasser aus der Grundwasserführenden Schicht über dem genannten Stauer, in den eine Entwässerung des Sickerwassers aus den Deponieablagerungen anzunehmen ist, keine relevanten Schadstoffkonzentrationen festgestellt. Wenn zudem in Rechnung gestellt wird, dass die Deponie im Jahr 1981 (Altgutachten S. 9) und damit vor 43 Jahren stillgelegt wurde, ist es aus Sicht des Senats ohne jeden Zweifel nachvollziehbar, wenn das Altgutachten für Nitrat eine Provenienz aus landwirtschaftlichen Eintrag annimmt.
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Schließlich vermag auch der in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Einwand, die nahe gelegene Messstelle Weinheckgraben weise nur einen Messwert von 34 mg/l Nitrat auf, der Rüge nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn dieser Wert resultiert aus einer bereits am 30. Juni 2016 erfolgten Messung (siehe Altgutachten S. 19), aus der sich für die vorliegende Konstellation keine weiteren Erkenntnisse ableiten lassen (zum Betrachtungszeitraum siehe § 14 AVV GeA). Damit bedarf es auch – unabhängig davon, ob die Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 5 AVV GeA hier überhaupt anwendbar ist – keines „Ausreißertests“, wie vom Bevollmächtigten der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung gefordert. Soweit der Bevollmächtigte der Antragsteller weiter gerügt hat, dass durch die Einbeziehung von Zusatzmessstellen bei der Modellierung keine neuen Teilgebiete begründet werden könnten, geht der Senat im Einklang mit der Landesanwaltschaft davon aus, dass dies der Regelung in § 6 AVV GeA widerspräche.
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cc) Zur Rüge der Antragsteller, dass der (unbelastete) Brunnen 2 Lichtinger mit der Kennziffer 4110703800162 (Thalmassing) zu Unrecht nicht als Zusatzmessstelle herangezogen worden sei, ist auf Folgendes hinzuweisen: Die fehlende Hinzunahme ist darin begründet, dass der Antragsgegner die Messstelle bei der Eignungsprüfung aufgrund des Einflusses von Tiefengrundwasser als ungeeignet eingestuft hat (siehe Aktenvorlage v. 31.7.2023 unter Ausführungsverordnung Düngeverordnung – Musterverfahren > Daten_bayernweit > Erstellung Gebietskulissen > 4_Zusatzmessstellen > Zusatzmessstellen_2022_Eignungsprüfung.xlsx sowie Erwiderung des Antragsgegners v. 18.12.2023, S. 6 f.). Die Gründe für den Ausschluss der Messstelle wegen eines Einflusses von Tiefengrundwasser hat der Antragsgegner in der schriftsätzlichen Erwiderung (Schr. v. 18.12.2023, S. 7; v. 20.2.2024, S. 8 ff.), auf die er sich in der mündlichen Verhandlung bezogen hat, zur Überzeugung des Senats eingehend erläutert. Insbesondere wird darauf verwiesen, dass die Messstelle das Hauptgrundwasserstockwerk des Tertiärhügellands (Tiefengrundwasser) bzw. den Abstrombereich des Tiefengrundwasservorkommens in Richtung Donautal erschließe. Diese hydrogeologischen Verhältnisse seien im Zusammenhang mit schwankenden teilreduzierten Grundwasserverhältnissen (Sauerstoff ca. 4-9 mg/l) typisch für ein Tiefengrundwasser-Mischsystem. Nitratkonzentrationen in einem sog. Tiefengrundwasser-Mischwasser könnten lediglich einen orientierenden Hinweis auf die Einträge in das schnell regenerierende Grundwasser geben, weil die tatsächliche (höhere) Belastung durch die Verdünnung mit unbelastetem Tiefengrundwasser nicht erkannt und belastbar quantifiziert werden könne. Die Tiefengrundwassereinstufung („Tiefengrundwasser-Mischwasser (vermutet)“) sei auf Grundlage der hydrogeologischen Modellvorstellungen für langsam regenerierende Grundwassersysteme in Bayern erfolgt (vgl. LfU-Merkblatt 1.4/6) und durch die hydrogeologische Modellvorstellung sowie die anthropogene Belastung (z. B. Nitrat, Pflanzenschutzmittel) hinreichend sicher abgeleitet. Auf die Rüge der Antragsteller hin (SS v. 9.2.2024, S.22), schon die Formulierung in der Tabelle „Tiefengrundwasser-Mischwasser (vermutet)“ zeige, dass es sich lediglich um eine Vermutung handle und kein Beleg vorliege, wird erklärt (Erwiderung v. 20.2.2024, S. 11), dass der Zusatz in der tabellarischen Auflistung „Tiefengrundwasser (vermutet)“ auf einer hinreichend sicheren Einstufung auf Grundlage der grundsätzlichen hydrogeologischen Modellvorstellung erfolge. Wenn zusätzlich weiterführende Messdaten zum Grundwasseralter vorhanden seien, laute der Zusatz „Tiefengrundwasser (belegt)“. Die Kategorie „derzeit keine Einstufung möglich“ werde dem Objekt zugeordnet, wenn eine hinreichend sichere Tiefengrundwassereinstufung oder Tiefengrundwasser-Mischwasser Einstufung nicht möglich sei.
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Damit hat der Antragsgegner nachvollziehbar dargelegt, weshalb die Messstelle nicht herangezogen werden konnte. Gemessen an diesen fachlich fundierten Darlegungen kann eine Probenahme, die Anteile von Tiefengrundwasser enthält, nach Überzeugung des Senats nicht repräsentativ sein. Dass ein Sauerstoffgehalt von 4 bis 9 mg/l kein „teilreduziertes Grundwasser“ repräsentieren sollte (so SS der ASt v. 9.2.2024, S. 22), wird von den Antragstellern nur in den Raum gestellt, ohne einen Grund hierfür zu nennen. Eine fachlich fundierte Auseinandersetzung mit den Darlegungen des Antragsgegners erfolgt nicht, und auch im Fachgutachten sind hierzu keine weiteren Ausführungen enthalten. Der Einwand vermag deshalb die Überzeugung des Senats nicht in Frage zu stellen, insbesondere bestehen keinerlei Anhaltspunkte für eine willkürliche Aussonderung.
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Soweit die Antragsteller rügen, die AVV GeA kenne das Kriterium der Beeinflussung einer Messstelle durch Tiefengrundwasser nicht, ist ihnen zwar insoweit zuzustimmen, als der Wortlaut eine solche Ausschlussregelung nicht enthält. In Anlage 1 Nr. 4 AVV GeA (Ausschlusskriterien) wird ein Einfluss von Tiefengrundwasser nicht explizit erwähnt. Aus dem Gesamtzusammenhang und dem Sinn und Zweck ergibt sich jedoch, dass eine Beprobung des Tiefengrundwassers nicht zielführend ist und die AVV GeA deshalb nicht hierauf, sondern auf den oberflächennächsten Grundwasserleiter abstellt. Nach Anlage 1 Nr. 2 Buchst. c AVV GeA müssen die Messstellen im oberflächennächsten, wasserwirtschaftlich bedeutsamen Grundwasserleiter verfiltert sein. Unabhängig davon, dass diese Regelung – wie oben bereits näher ausgeführt wurde – nur auf (gebohrte) Grundwassermessstellen Anwendung findet, kommt hiermit jedenfalls hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass eine Probenahme aus Tiefengrundwasser nicht geeignet ist. Wenn eine gebohrte Messstelle so errichtet werden muss, dass sie den oberflächennächsten Grundwasserleiter erschließt, kann für eine Probenahme bei einem Brunnen nichts anderes gelten. Mit dem Antragsgegner (Erwiderung v. 20.2.2024, S. 8 f.) ist im Übrigen davon auszugehen, dass die EG-Nitratrichtlinie 91/676/EWG und die Grundwasserverordnung (GrwV) im Hinblick auf die Zuverlässigkeit der Feststellung und die zeitnahe Erfassung nicht auf Grundwasserleiter mit sehr langen Verweilzeiten, sondern auf schnell regenerierende Grundwässer (geringe Verweilzeiten) abstellen. Darüber hinaus wäre die gemessene Nitratbelastung bei einer Beprobung von Tiefengrundwasser aufgrund der in der Tiefe bereits erfolgten Denitrifikation nicht repräsentativ. Insgesamt betrachtet besteht bei dieser Ausgangslage kein Zweifel, dass die Entscheidung, den (unbelasteten) Brunnen 2 Lichtinger mit der Kennziffer 4110703800162 (Thalmassing) nicht als Messstelle heranzuziehen, vom Auswahlermessen des Antragsgegners gedeckt ist.
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6. Der Einwand der Antragsteller, die Gebietsausweisung entspreche aufgrund der im Einzelnen aufgezeigten Mängel nicht den umweltrechtlichen Anforderungen, die an die Ermittlung und Prognose der Beeinträchtigungen von umweltfachlichen Schutzgütern gestellt würden (SS v. 24.10.2023, S. 64 ff.), greift nicht durch. Sie beziehen sich hierzu auf die Rechtsprechung zum Immissionsschutzrecht (etwa BVerwG, U. v. 27.2.2020 – 7 C 3.19 – NVwZ 2020, 1191), wonach eine Einschränkung der Rechte nur dann rechtmäßig sei, wenn anhand von methodisch einwandfreien, wissenschaftlich fundierten Feststellungen Gewissheit über die dadurch zu beseitigenden Belastungen erlangt worden sei. So seien Luftreinhaltepläne rechtswidrig, wenn die zu Grunde liegenden Prognosen mangelhaft seien. Diese Rechtsprechung lässt sich jedoch nicht auf die vorliegende Konstellation übertragen, denn hier steht keine Prognose im Raum, wie sich Immissionswerte entwickeln werden. Eine Prognose ist immer mit Unwägbarkeiten bei der Abschätzung behaftet. Das ist nicht der Fall, wenn es wie hier darum geht, eine schon bestehende Schadstoffbelastung festzustellen. Für die naturschutzrechtliche Frage, ob ein Projekt ein FFH-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann (so BVerwG, U. v. 28.3.2013 – 9 A 22.11 – NuR 2013, 565), gilt nichts anderes. Auch hier geht es um die Prognose einer zukünftigen Entwicklung, für deren verlässliche Beurteilung das Bundesverwaltungsgericht es als ausreichend erachtet, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten. Eine solche Prognose war vorliegend nicht zu erstellen, sondern der Gesetzgeber war gehalten, auf eine bereits eingetretene Gewässerverunreinigung zu reagieren. Letztendlich räumen dies die Antragsteller selbst ein (SS v. 24.10.2023, S. 70: „… im vorliegenden Kontext nicht um prognostische, zukunftsbezogene Einschätzungen geht, sondern um die Erfassung der tatsächlichen Verhältnisse. Für die Erfassung vorhandener Belastungen bedarf es keiner prognostischen Beurteilung“) und beschränken ihren Vortrag darauf, dass die der Verordnung zu Grunde liegenden Annahmen jedenfalls auf die methodische Richtigkeit, die Belastbarkeit des Datenmaterials und die Plausibilität zu überprüfen seien.
III.
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Nach alledem war dem Normenkontrollantrag im Hinblick auf die fehlende landwirtschaftliche Beeinflussung der Messstelle Regensburg mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
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Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.