Inhalt

VGH München, Urteil v. 22.02.2024 – 13a N 21.183
Titel:

Normenkontrollantrag gegen Ausführungsverordnung Düngeverordnung

Normenketten:
RL 91/676/EWG
GG Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Abs. 2, Art. 84 Abs. 2
VwGO § 47
UVPG § 22 Abs. 1, Abs. 2, § 42 Abs. 1, § 43
DüngG § 3 Abs. 4 S. 1, S. 2 Nr. 3, Abs. 5, § 15 Abs. 5 S. 1
DüV § 13a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, Abs. 7
AVVGeA § 7 Abs. 1 S. 2, § 13 Abs. 1 S. 2
BayAVDüV
Leitsätze:
1. Die Einschränkung der Zulässigkeit der Düngung in roten und gelben Gebieten im Interesse des Gewässerschutzes in Umsetzung der Verpflichtungen aus der Nitratrichtlinie stellt grundsätzlich eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums sowie eine zulässige Berufsausübungsregelung dar. (Rn. 41 und 48)
2. Die AVV Gebietsausweisung (AVV GeA) ist keine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift. Der Senat zieht deren Regelungen allerdings als Orientierungsmaßstab zur Überprüfung der Gebietsausweisung heran. (Rn. 56 und 62)
3. Die Gebietsausweisung und die damit verbundenen Eingriffe in Grundrechte erfordern einerseits ein geordnetes Verfahren auf der Basis einer möglichst validen Datengrundlage insbesondere in Gestalt aussagekräftiger Messergebnisse. Andererseits gebietet das Interesse der Allgemeinheit an einem effektiven Grundwasserschutz, dass die verfassungs- und unionsrechtlich gebotenen Gebietsfestsetzungen nicht an praktisch unerfüllbaren Anforderungen scheitern, sondern mit angemessenem Verwaltungsaufwand in einem vertretbaren Zeitraum auch faktisch durchführbar sind. (Rn. 68 – 70)
4. Die Anwendung des § 7 Abs. 1 und des § 13 Abs. 1 AVV GeA, wonach die Gesamtfläche einer landwirtschaftlichen Referenzparzelle dem belasteten Gebiet zuzurechnen ist, sofern ein Anteil von mindestens 20% dieser landwirtschaftlichen Referenzparzelle in einem belasteten Gebiet liegt, verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. (Rn. 65)
Schlagworte:
Nitratrichtlinie, Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten, Strategische Umweltprüfung, Eigentumsgarantie, Berufsfreiheit, Normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift (für die AVV GeA verneint), 20%-Anteil einer landwirtschaftlichen Referenzparzelle, Bestimmtheitsgebot, Administrativer Vereinfachungsspielraum (bejaht), strategische Umweltprüfung, normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift, administrativer Vereinfachungsspielraum
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstelle:
BeckRS 2024, 15389

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit der Verordnung über besondere Anforderungen an die Düngung und Erleichterungen bei der Düngung (Ausführungsverordnung Düngeverordnung – AVDüV) der Bayerischen Staatsregierung vom 22. Dezember 2020 (BayMBl. Nr. 783; BayRS 7820-1-L) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 22. November 2022 (BayMBl. Nr. 658), zuletzt geändert durch die Änderungsverordnung vom 23. Mai 2023 (BayMBl. Nr. 272), bezogen auf den Grundwasserkörper 2_G027 (Sandsteinkeuper – Höchstadt a. d. Aisch). Der Antragsteller ist Landwirt, der landwirtschaftliche Flächen im Bereich dieses Grundwasserkörpers bewirtschaftet.
2
Die angegriffene Ausführungsverordnung Düngeverordnung beruht auf § 3 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 und § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 des Düngegesetzes vom 9. Januar 2009 (BGBl. I S. 54, 136 – zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.12.2022, BGBl. I S. 2752 – DüngG) in Verbindung mit § 13a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Teils. 3, Abs. 3 und Abs. 7 der Verordnung über die Anwendung von Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis beim Düngen vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305 – Düngeverordnung – DüV), die zuletzt durch Art. 97 des Gesetzes vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3436) geändert worden ist. Zur Vereinheitlichung der Vorgehensweise bei der Ausweisung der Gebiete erließ die Bundesregierung gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 DüV am 3. November 2020 die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV Gebietsausweisung 2020 – AVV GeA 2020; BAnz AT 10.11.2020 B4), die am 10. August 2022 neu gefasst wurde (AVV Gebietsausweisung 2022 – AVV GeA 2022; BAnz AT 16.08.2022 B2 – im Folgenden: AVV GeA).
3
Am 22. Dezember 2020 erließ der Antragsgegner die Verordnung über besondere Anforderungen an die Düngung und Erleichterungen bei der Düngung (Ausführungsverordnung Düngeverordnung – AVDüV 2020), die am 23. Dezember 2020 im Bayerischen Ministerialblatt (BayMBl. Nr. 783) veröffentlicht wurde. In dieser wies er mit Nitrat belastete (rote) Gebiete im Sinn von § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 DüV und eutrophierte (gelbe) Gebiete nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 DüV aus. Grundlage hierfür war die AVV GeA 2020.
4
Am 22. November 2022 erließ der Antragsgegner unter Anwendung der AVV GeA 2022 die Verordnung zur Änderung der Ausführungsverordnung Düngeverordnung (AVDüV 2022). Diese Änderungsverordnung bewirkte unter anderem, dass sich die Kulisse der als mit Nitrat belastet ausgewiesenen Gebiete veränderte. Die AVDüV 2022 wurde am 29. November 2022 im Bayerischen Ministerialblatt (BayMBl. Nr. 658) veröffentlicht.
5
Am 15. Januar 2021 hat der Antragsteller den vorliegenden Normenkontrollantrag gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gegen die Ausführungsverordnung Düngeverordnung erhoben. Seinen am 23. September 2021 erhobenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO lehnte der Senat mit Beschluss vom 31. Januar 2022 ab (Az. 13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914; im Folgenden: Eilverfahren). Im Hinblick auf die Änderungsverordnung vom 22. November 2022 hat der Antragsteller eine Antragsänderung erklärt.
6
Zur Begründung des Normenkontrollantrags hat der Antragsteller insbesondere mit Schriftsätzen vom 15. Januar 2021, 14. September 2023 und 8. Januar 2024 vorgetragen, für die angefochtene Verordnung gebe es keine wirksame Ermächtigungsgrundlage, weil hinsichtlich der Streichung von Ausnahmen vom Verbot der Stickstoffdüngung auf gefrorenem Boden in § 5 Abs. 1 DüV und auch hinsichtlich der Regelung in § 13a Abs. 2 Nr. 5 DüV eine den Anforderungen des § 42 Abs. 1 i.V. m. § 22 UVPG genügende Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erlass der Verordnung zur Änderung der Düngeverordnung im Jahr 2020 nicht durchgeführt worden sei. Ferner habe der Bundesrat seine Zustimmung erteilt, bevor die Auslegungsfrist des § 42 Abs. 3 Satz 2 UVPG abgelaufen gewesen und die nach § 43 Abs. 1 und Abs. 2 UVPG notwendige abschließende Bewertung und Berücksichtigung vorgenommen worden sei. Die Ausweisung genüge mangels ausreichender Möglichkeit der Kenntnisnahme durch betroffene Grundeigentümer nicht den Anforderungen an die Klarheit und Bestimmtheit des Rechts. Unter Bezugnahme auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U.v. 9.2.2023 – 13 S 3646/21 – juris Rn. 39) führt der Antragsteller aus, es sei nicht genau zu erkennen, ob das Grundeigentum innerhalb der ausgewiesenen Gebiete liege, weil eine flurstücksorientierte und -genaue Ausweisung nicht erfolgt sei. Ein Feldstück müsse nicht identisch mit einem Flurstück sein und könne mehrere Flurstücke und eine größere Fläche als ein verpachtetes Flurstück umfassen. Durch die Ausweisung der roten und gelben Gebiete in den Randbereichen liege ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor, insbesondere durch die Anwendung des 20%-Kriteriums nach § 7 Abs. 1 Satz 2 und § 13 Abs. 1 Satz 2 AVV GeA 2022. So seien etwa im vorliegenden Grundwasserkörper eigentlich nicht belastete Teilflächen von Feldstücken mit einer Größe von über 35.000 m² in das Rotgebiet einbezogen worden, die bis zu 150 m bis 200 m über die eigentliche Grenzlinie nach immissionsbasierter Abgrenzung hinausragten. Insoweit könne auf die Rechtsprechung zur Grenzziehung von Wasserschutzgebieten (BVerwG, U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – juris Rn. 19 ff.; BayVGH, U.v. 5.10.2021 – 8 N 17.1354 u.a. – juris Rn. 44 f., 73 ff.) zurückgegriffen werden. Dies zugrunde gelegt sei hier die Ausweisung in den Randgebieten nicht durch einen administrativen Vereinfachungsspielraum gedeckt und liege kein nachvollziehbares und tragbares Schutzkonzept vor. Die Bestimmungen der § 13a DüV und §§ 1 und 2 AVDüV 2022 stellten mangels hinreichender Ausgleichsregelungen unverhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmungen dar. Ebenso wie dies im Naturschutzrecht in zahlreichen Bundesländern der Fall sei, müsse auch vorliegend für eine unzumutbare Belastung eine Ausgleichspflicht normiert werden, weil eine bisher ausgeübte Nutzung oder eine Nutzungsmöglichkeit erheblich bzw. wesentlich eingeschränkt werde. Ausgehend von der vom Verordnungsgeber angenommenen Umsatzreduktion von durchschnittlich 10% und der Annahme einer insoweit zumutbaren Inhalts- und Schrankenbestimmung im Regelfall seien bei einer Unzumutbarkeit in Ausnahmesituationen Ausgleichsregelungen geboten, etwa bei den Fallgruppen einer Umsatzeinbuße im zweistelligen Prozentbereich oder eines drohenden Konkurses. Unter Verweis auf Fachgutachten (Institut für Agrarökonomie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Latacz-Lohmann/Buhk/Schröer/Thiermann, Auswirkungen umweltpolitischer Auflagen auf die nordrhein-westfälische Landwirtschaft: Zustand und Perspektive im internationalen Vergleich, v. 3.5.2021 sowie Latacz-Lohmann/Buhk/Schröer, Betriebswirtschaftliche Bewertung der Betroffenheit landwirtschaftlicher Betriebe durch die Düngeverordnung 2020, v. 25.9.2020) wird vorgetragen, dass eine solche konkrete Abgrenzung von Regel- und Sonderfall nicht erfolgt sei.
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Der Antragsteller hat zuletzt beantragt,
8
die Verordnung über besondere Anforderungen an die Düngung und Erleichterungen bei der Düngung (Ausführungsverordnung Düngeverordnung – AVDüV) vom 22. Dezember 2020 in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Ausführungsverordnung Düngeverordnung vom 22. November 2022, zuletzt geändert durch die Verordnung zur Änderung der Ausführungsverordnung Düngeverordnung vom 23. Mai 2023, für unwirksam zu erklären, hilfsweise bezüglich des Grundwasserkörpers 2_G027, Sandsteinkeuper – Höchstadt a. d. Aisch, für unwirksam zu erklären.
9
Der Antragsgegner hat beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
11
Zur Begründung seines Antrags hat der Antragsgegner insbesondere mit Schriftsätzen vom 22. Juni 2021, 26. Oktober und 20. November 2023 sowie vom 17. Januar und 7. Februar 2024 vor allem Folgendes vorgebracht: Ein Verfahrensfehler bei Durchführung der strategischen Umweltprüfung im Verfahren zum Erlass der Ermächtigungsgrundlage in § 13a Abs. 1 DüV liege nicht vor. Unabhängig davon sei die Öffentlichkeitsbeteiligung – begrenzt auf die Änderung in § 5 Abs. 1 DüV – zwischenzeitlich nachgeholt worden. Jedenfalls hätte ein etwaiger Verfahrensfehler keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage in § 13a Abs. 1 DüV, denn dessen Folgen blieben auf die geänderten Regelungen in § 5 Abs. 1 und § 13a Abs. 2 Nr. 5 DüV beschränkt. In der Ausweisung in Bayern sei das Feldstück als landwirtschaftliche Referenzparzelle nach § 3 der Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (InVeKoS-Verordnung – InVeKoSV) festgelegt (vgl. § 8 Abs. 1 der Verordnung zur Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik – BayGAPV). Ein Feldstück sei in Bayern Referenzparzelle des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems und müsse daher im Rahmen von § 7 Abs. 1 AVV GeA herangezogen werden. Bei einer Abweichung müsste das gesamte Integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem angepasst werden. Ein Grundstückseigentümer könne anhand der Lage seines Grundstücks aus den Detailkarten seine Betroffenheit erkennen. Für jeden betroffenen Grundwasserkörper sei ein ausführlicher „Grundwassersteckbrief“ erstellt und im Internet veröffentlicht worden. Die Ausweisung der Referenzparzellen mithilfe der Feldstücksidentifikatoren (FID) gewährleiste per se den Bezug auf landwirtschaftlich genutzte Feldstücke. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg fordere lediglich deshalb eine „flurstückorientierte“ Abgrenzung, weil die dortige Verordnung nicht Feldstücke, sondern Flurstücke als landwirtschaftliche Referenzparzellen heranziehe. Die Abgrenzung der betroffenen Gebiete ergebe sich aus sachlichen und rechtspraktischen Notwendigkeiten. Derzeit gebe es insgesamt mehr als 26.000 Feldstücke, die in einem Randgebiet lägen, so dass eine genaue Grenzziehung vor Ort nicht unproblematisch möglich sei. Die Vorgabe eines Anteils von 20% sei im Zuge der Neufassung der AVV GeA ergänzt worden zur Sicherstellung, dass die Länder bei der Ausweisung der Gebiete Feldstücke einheitlich behandelten. Bezogen auf alle 282.681 „roten“ Feldstücke seien weniger als 2% der Feldstücke zu weniger als 50% ihrer Fläche in der Ausgangskulisse, mehr als 93% der roten Feldstücke lägen vollständig in der Ausgangskulisse „rot“. Ebenso verhalte es sich bei den gelben Gebieten; mehr als 96% der gelben Feldstücke seien vollständig in der Ausgangskulisse „gelb“. Schon bei Vorliegen des 20 Prozent-Anteils könne ein erheblicher Verursachungsbeitrag angenommen werden. Insoweit könne die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U.v. 3.10.2019 (Rs. C-197/18, juris Rn. 51)), wonach ein Beitrag erheblich sei, wenn die Landwirtschaft beispielsweise für 17% des Gesamtstickstoffs in einem bestimmten Becken verantwortlich sei, sinngemäß auf die hier in Rede stehende Konstellation übertragen werden. Hieraus lasse sich ableiten, dass die Bewirtschaftung eines Feldstücks eben auch dann erhebliche Auswirkungen auf die Nitratbelastung haben könne, wenn es zu einem erheblichen Teil (ab rund 1/5 der Fläche) in den betreffenden Grundwasserkörper entwässere. Hingegen lasse sich die Rechtsprechung zur Grenzziehung von Wasserschutzgebieten nicht auf die vorliegende Konstellation übertragen. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats im Eilverfahren wird ausgeführt, dass eine Ausgleichspflicht nicht bestehe und kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit vorliege. Das vom Antragsteller vorgelegte Fachgutachten gehe zudem nicht von einer durchschnittlichen Ertragsminderung von 10 Prozent, sondern von 2 bis 5 Prozent für Zuckerrübe, Möhre, Stärkekartoffel, Körnermais, Silomais und von 5 bis 10 Prozent für Winterraps, Weizen und Triticale aus. Der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft zufolge sei ein Ertragsrückgang von im Mittel fünf Prozent anzunehmen. Einen deutlich größeren Einfluss auf den Ertrag und die Qualität der Ackerkulturen als die reduzierte Stickstoffdüngung hätten außerdem die Standortfaktoren und die Witterung. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Regelungen des § 13a Abs. 2 DüV befristet seien. Gegen die Annahme einer unverhältnismäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmung spreche ferner, dass die Regelungen der Umsetzung unionsrechtlicher Pflichten der Bundesrepublik dienten. Selbst wenn man hypothetisch eine Verfassungswidrigkeit oder einen beachtlichen Verfahrensfehler annähme, müssten die vom erkennenden Senat im Rahmen der Interessenabwägung im einstweiligen Rechtsschutz aufgestellten Grundsätze auch im Hauptsacheverfahren entsprechend angewendet werden, so dass die hier angegriffenen Normen der DüV und der AVDüV weiterhin anzuwenden seien. Andernfalls würde dies zu einem gravierenden Umsetzungsdefizit hinsichtlich der RL 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen führen.
12
Am 22. Juni 2023 hat ein Erörterungstermin stattgefunden.
13
Mit Beweisbeschluss vom 26. Juni 2023 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgegeben, Auskünfte zur Beteiligung von Sachverständigen bei der Erstellung der AVV GeA 2020 und der AVV GeA 2022 zu erteilen. Mit Schreiben vom 28. Juli 2023 hat das Bundesministerium die erbetenen Auskünfte erteilt.
14
Die Akten hat der Antragsgegner im Eilverfahren und im vorliegenden Hauptsacheverfahren überwiegend in elektronischer Form sowie via SecureBox Bayern (vgl. dazu insbesondere zwei Schreiben vom 31.7.2023 sowie die Schreiben vom 7.8.2023, 6.9.2023, 18.9.2023 und 19.1.2024) sowie ergänzend als Anlagen zu Schriftsätzen (vgl. insbesondere Schreiben vom 31.7.2023, 8.9.2023, 20.11.2023, 21.11.2023 und 17.1.2024) vorgelegt. Die elektronisch vorgelegten Akten wurden heruntergeladen, gespeichert und gegen Veränderungen gesichert.
15
Die mündliche Verhandlung hat am 25. Januar 2024 und am 22. Februar 2024 stattgefunden.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten, insbesondere die Protokolle über den Erörterungstermin am 22. Juni 2023 und die mündlichen Verhandlungen am 25. Januar und 22. Februar 2024, sowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

17
Der zulässige Normenkontrollantrag hat in der Sache im Haupt- und Hilfsantrag keinen Erfolg.
I.
18
Der Antrag ist zulässig.
19
1. Die Ausführungsverordnung Düngeverordnung vom 22. Dezember 2020 (BayMBl. Nr. 783; BayRS 7820-1-L) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 22. November 2022 (BayMBl. Nr. 658), zuletzt geändert durch die Änderungsverordnung vom 23. Mai 2023 (BayMBl. Nr. 272) – AVDüV – ist eine im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift und damit nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. Art 4 AGVwGO statthafter Antragsgegenstand. Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 VwGO ist eingehalten. Der Antragsteller ist im Hinblick auf seine Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Er ist ein Landwirt, der landwirtschaftliche Flächen im Bereich des Grundwasserkörpers 2_G027 (Sandsteinkeuper – Höchstadt a. d. Aisch) bewirtschaftet, die in der AVDüV 2022 als mit Nitrat belastetes Gebiet bzw. als eutrophiertes Gebiet ausgewiesen wurden, und unterliegt mithin den mit einer solchen Ausweisung verbundenen Düngebeschränkungen nach § 13a DüV und § 1 Abs. 2 sowie § 2 Abs. 2 AVDüV.
20
2. Nachdem der Antragsgegner während des bereits anhängigen Normenkontrollverfahrens aufgrund der neu gefassten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten (AVV Gebietsausweisung 2022 – AVV GeA 2022; BAnz AT 16.08.2022 B2 – im Folgenden: AVV GeA) am 22. November 2022 eine Änderungsverordnung (AVDüV 2022) erlassen hatte, konnte der Antragsteller den anfänglich gegen die AVDüV 2020 gerichteten Antrag gemäß § 91 Abs. 1 VwGO auf die Ausführungsverordnung Düngeverordnung in der Fassung der AVDüV 2022 umstellen (Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 91 Rn. 7 m.w.N.). Die Antragsänderung ist sachdienlich, weil der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt und die Einbeziehung der Änderung einen zusätzlichen Normenkontrollantrag vermeidet. Es ist auch keine Erledigung eingetreten, da der Verordnungsgeber mit der Verordnung zur Änderung der Ausführungsverordnung Düngeverordnung vom 22. November 2022 die Ausführungsverordnung Düngeverordnung vom 22. Dezember 2020 nicht aufgehoben, sondern lediglich geändert hat.
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3. Dem Antrag fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
22
Bereits im Eilverfahren wurde ausgeführt, dass der Antragsteller auch die Unwirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage für die angefochtene Verordnung in § 13a Abs. 1 DüV rügt, so dass er seine Rechtsstellung durch ein erfolgreiches Normenkontrollverfahren möglicherweise verbessern könnte. Ein Normenkontrollantrag ist immer dann in der Sache erfolgreich, wenn die angefochtene Norm objektiv mit einem für ihre Gültigkeit bedeutsamen Mangel behaftet ist. Entscheidend ist die inhaltliche Übereinstimmung der Norm mit höherrangigem Recht, das heißt die angegriffene Norm darf nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen und auch die Ermächtigungsgrundlage muss in rechtmäßiger Art und Weise ergangen sein (zum Prüfungsmaßstab vgl. Hoppe in Eyermann, a.a.O., § 47 Rn. 30, 87; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 334 jeweils m.w.N.; zur Inzidentprüfung der Ermächtigungsgrundlage vgl. W.- R. Schenke/R. P. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 29. Aufl. 2023, § 47 Rn. 106).
23
Zudem ist die Anwendbarkeit des vom Antragsgegner angeführten § 13a Abs. 4 DüV auf den vorliegenden Fall zumindest offen. Denn diese Vorschrift bezieht sich nach ihrem Wortlaut ausdrücklich auf den Fall des § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 DüV und damit auf Grundwasserkörper, die sich – anders als der streitgegenständliche GWK 2_G027 – in gutem chemischen Zustand befinden. Die Vorschrift setzt ferner eine fehlende Ausweisung von belasteten Gebieten voraus. Klärungsbedürftig wäre insoweit, ob damit auch die Unwirksamkeitserklärung einer tatsächlich erfolgten Ausweisung durch ein Gericht umfasst wäre. Jedenfalls wäre ein erneuter Rechtsakt zur Umsetzung erforderlich (§ 13a Abs. 4 Satz 2 DüV), so dass die Möglichkeit einer wenigstens vorübergehenden Verbesserung der Rechtsstellung des Antragstellers gegeben wäre.
24
Schließlich stünde die Verpflichtung zur Umsetzung der Richtlinie Nr. 91/676/EWG des Rates v. 12.12.1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (ABl EG Nr. L 375/1 v. 31.12.1995 S. 1 – im Folgenden: Nitratrichtlinie) einer Aufhebung der AVDüV etwa wegen Verstößen gegen nationales Recht wie insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht entgegen. Auch ist im vorliegenden Antragsverfahren anders als im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes von vorneherein kein Raum für eine Entscheidung allein aufgrund einer Interessenabwägung.
II.
25
Der Antrag ist allerdings unbegründet.
26
Nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO ist der Normenkontrollantrag begründet, wenn die angegriffene Rechtsvorschrift ungültig ist. Das ist hier nicht der Fall. Die AVDüV ist formell rechtmäßig zustande gekommen (unten 1.). Ihre Ermächtigungsgrundlage ist wirksam (unten 2.). Die AVDüV verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht (unten 3.). Der Normenkontrollantrag führt auch im Hilfsantrag betreffend den streitgegenständlichen Grundwasserkörper 2_G027 nicht zum Erfolg (unten 4.). Die weiteren Regelungen der AVDüV begegnen ebenfalls keinen Bedenken (unten 5.).
27
1. Die AVDüV ist formell rechtmäßig. Die Bayerische Staatsregierung war nach § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 DüngG, § 13a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Teils. 3, Abs. 3 Satz 1, Abs. 7 DüV für den Erlass der Verordnung zuständig. Mit Blick auf das Erlassverfahren sind weder in Bezug auf die Verkündung der AVDüV, noch hinsichtlich sonstiger Verfahrensschritte Fehler vorgetragen oder sonst ersichtlich. Das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG wurde gewahrt.
28
2. Die AVDüV beruht mit § 3 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 und § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 DüngG i.V.m. § 13a DüV auf einer ihrerseits wirksamen Ermächtigungsgrundlage. Insbesondere an der Wirksamkeit der Regelungen in § 13a DüV besteht kein Zweifel. Das gilt sowohl hinsichtlich von Verfahrensfehlern (unten a) als auch in materiell-rechtlicher Hinsicht (unten b).
29
a) Es liegen keine Verfahrensfehler beim Erlass des § 13a DüV vor, welche die Wirksamkeit dieser Vorschrift in Frage stellen könnten.
30
aa) § 13a DüV ist insbesondere nicht unwirksam, weil die nach dem UVPG durchzuführende strategische Umweltprüfung nicht ordnungsgemäß erfolgt wäre, nachdem der Bundesrat der Verordnung bereits vor Ablauf der Frist zur Stellungnahme im Rahmen der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung zugestimmt hatte.
31
Die Düngeverordnung wurde durch Art. 1 der Verordnung zur Änderung der Düngeverordnung und anderer Vorschriften vom 28. April 2020 (BGBl. I S. 846) mit Wirkung ab dem 1. Mai 2020 geändert. Mit dieser Verordnung wurde § 13a in die DüV eingefügt. In dem Änderungsverfahren wurde eine strategische Umweltprüfung (SUP) gemäß §§ 33 ff. des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) durchgeführt. Der ursprüngliche Verordnungsentwurf wurde nach der Auslegung im Rahmen der SUP hinsichtlich § 5 Abs. 1 DüV (Düngung auf gefrorenem Boden) und hinsichtlich § 13a Abs. 2 Nr. 5 DüV (Zwischenfruchtdüngung) nochmals geändert. Der nach § 40 UVPG zu erstellende Umweltbericht datiert vom 2. Februar 2020. Die entsprechenden Unterlagen, insbesondere die Änderungsverordnung in der Fassung des Referentenentwurfs vom 13. Dezember 2019, wurden nach § 42 UVPG zwischen dem 2. Februar 2020 und dem 2. März 2020 ausgelegt; bis zum 2. April 2020 bestand für Behörden und betroffene Öffentlichkeit die Möglichkeit, Stellung zu nehmen (siehe S. 8 der Zusammenfassenden Umwelterklärung – ZUE – v. 20.7.2020 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft – BMEL). Der Bundesrat stimmte der Änderungsverordnung am 27. März 2020 zu.
32
Damit war indes kein Verstoß gegen § 43 Abs. 1, Abs. 2 UVPG verbunden. Danach überprüft die zuständige Behörde nach Abschluss der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung die Darstellungen und Bewertungen des Umweltberichts unter Berücksichtigung der Stellungnahmen und Äußerungen. Das Ergebnis der Überprüfung ist im Verfahren zur Aufstellung oder Änderung des Plans oder Programms zu berücksichtigen. Das ist vorliegend geschehen. Weitergehende Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Zustimmung des Bundesrats nach Art. 80 Abs. 2 GG, sind in § 43 UVPG nicht vorgesehen. Deshalb ist es unschädlich, dass der Bundesrat seine Zustimmung schon am 27. März 2020 und damit vor Ablauf der Äußerungsfrist gemäß § 42 Abs. 3 UVPG sowie vor der abschließenden Prüfung und Berücksichtigung des Umweltberichts gemäß § 43 Abs. 1 UVPG erteilt hat. Aus §§ 42, 43 UVPG ergibt sich nicht, dass die abschließende Bewertung und Berücksichtigung der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung vor der Entscheidung des Bundesrates durchzuführen gewesen wäre. In Bezug auf den Bundesrat ist allein maßgebend, ob im Zeitpunkt der Zustimmung diesem die letztendlich beschlossene Fassung zugrunde lag. Dies war hier der Fall (vgl. umfassend B.v. 31.1.2022 im Eilverfahren – 13a NE 21.2474 – ZUR 2022, 365 – RdL 2022, 296 – DVBl 2022, 914 – juris Rn. 40).
33
bb) Auch im Übrigen liegen keine Fehler bei der Durchführung der SUP vor, die zu einer Unwirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage des § 13a DÜV aus formellen Gründen führen würden.
34
Wie bereits im Eilverfahren ausführlich dargelegt wurde, ist die Änderung betreffend die Zulässigkeit einer Zwischenfruchtdüngung in § 13a Abs. 2 Nr. 5 DüV nicht verfahrensfehlerhaft erfolgt.
35
Soweit es das neu in § 5 Abs. 1 DüV aufgenommene generelle Verbot der Ausbringung von stickstoff- oder phosphathaltigen Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln auf gefrorenem Boden betrifft, dürfte zwar eine den Anforderungen des § 42 Abs. 1 i.V. m. § 22 UVPG genügende Öffentlichkeitsbeteiligung vor Erlass der Verordnung zur Änderung der Düngeverordnung im Jahr 2020 nicht durchgeführt worden sein (vgl. Eilverfahren Rn. 32 ff). Dies kann aber letztlich ebenso dahin gestellt bleiben wie demzufolge auch die Frage, ob die isolierte Nachholung der Öffentlichkeitsbeteiligung begrenzt auf die Änderung in § 5 Abs. 1 DüV zulässig war und durch die nachgeholte Öffentlichkeitsbeteiligung eine Heilung eingetreten ist. Denn eine mögliche Unwirksamkeit der Änderungen in § 5 Abs. 1 DüV schlägt nicht auf die Wirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage in § 13a DüV durch. Eine etwaige fehlerhafte Öffentlichkeitsbeteiligung führt nicht zur Unwirksamkeit der gesamten DüV, insbesondere nicht zur Unwirksamkeit der Verordnungsermächtigungen für die Landesregierungen in § 13a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 Teils. 3, Abs. 3 und Abs. 7 DüV. Schon im Beschluss des Senats im Eilverfahren (v. 31.1.2022 Rn. 35 ff.) wurde darauf hingewiesen, dass die Vorschriften zur Öffentlichkeitsbeteiligung zwar in besonderem Maße dem Interesse sachrichtiger Entscheidungen dienen, ihnen ein entscheidender Eigenwert zukommt und sie nicht nur eine schlicht dienende Funktion haben (s. auch BVerfG, B.v.11.10.1994 – 1 BvR 337/92 – BVerfGE 91, 148 Rn. 132 zur Evidenz und BVerfG, B.v. 12.10.2010 – 2 BvF 1/07 – BVerfGE 127, 293 – juris Rn. 128 f.; BVerfG, B.v. 8.12.2009 – 2 BvR 758/07 – NVwZ 2010, 634 zur „Wesentlichkeit“ eines Verstoßes gegen Anhörungs- und Beteiligungspflichten). Es ist aber allgemein anerkannt, dass auch (nur) eine Teilunwirksamkeit eintreten kann (BVerwG, B.v. 28.7.2015 – 9 B 17.15 – NVwZ-RR 2015, 906 – juris Rn. 9; B.v. 7.3.2002 – 4 BN 60.01 – NVwZ 2002, 869 – juris Rn. 27; Hoppe in Eyermann, a.a.O., § 47 Rn. 82 m.w.N.). Es muss sich dann um einen abtrennbaren Teil der Rechtsvorschrift handeln, dem der Fehler anhaftet. Nach ständiger Rechtsprechung ist dies davon abhängig, ob – erstens – die Beschränkung der Nichtigkeit eine mit höherrangigem Recht vereinbare, sinnvolle (Rest-) Regelung des Lebenssachverhalts belässt (Grundsatz der Teilbarkeit) und ob – zweitens – hinreichend sicher ein entsprechender hypothetischer Wille des Normgebers angenommen werden kann (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). Die Ungültigkeit eines Teils einer Norm macht diese also dann nicht insgesamt unwirksam, wenn die Restregelung auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleibt und mit hinreichender Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre.
36
Gemessen hieran wäre vorliegend von einer Teilunwirksamkeit auszugehen: Eine Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinn von §§ 42, 43 UVPG ist nicht völlig unterblieben. Sie hat vielmehr zunächst ordnungsgemäß stattgefunden; lediglich nach der Änderung des Entwurfs wurde die Öffentlichkeit nicht erneut beteiligt. Schon deshalb liegt die Annahme nahe, dass sich die Fehlerhaftigkeit nicht auf die gesamte Neuregelung in der Düngeverordnung auswirkt, sondern allein die genannte Änderung des § 5 Abs. 1 DüV betrifft, in der ein generelles Verbot der Ausbringung von stickstoff- oder phosphathaltigen Düngemitteln, Bodenhilfsstoffen, Kultursubstraten und Pflanzenhilfsmitteln auf gefrorenem Boden neu aufgenommen wurde. Nur insoweit ist nämlich eine (erneute) Beteiligung der Öffentlichkeit im Sinn von § 22 UVPG unterblieben. Dass die Restregelung alleine auch sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) ergibt sich daraus, dass der Verordnungsgeber dieses generelle Verbot ursprünglich nicht vorgesehen hatte. Dies spricht zudem auch dafür, dass er die Norm auch ohne die Änderung erlassen hätte (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). Die Annahme einer bloßen Teilunwirksamkeit legt auch die gesetzliche Regelung des § 22 UVPG nahe, wonach eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit auf die Änderungen zu beschränken ist (§ 22 Abs. 1 Satz 2 UVPG). Es ist schließlich davon auszugehen, dass das BMEL als Verordnungsgeber die übrigen Regelungen der Änderungsverordnung auch ohne den (vermeintlich) verfahrensfehlerhaften Teil aufrechterhalten hätte, weil sie der Umsetzung der Nitratrichtlinie dienten. Mit Urteil vom 21. Juni 2018 hat der Europäische Gerichtshof entschieden (Rechtssache C-543/16), dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus der EUNitratrichtlinie verstoßen und bereits ein Defizit der ordnungsgemäßen Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben bestanden hat. Gerade zur Behebung dieses Umsetzungsdefizits wurde die Düngeverordnung mit der hier gegenständlichen Änderung zur Anpassung an die Vorgaben der EUNitratrichtlinie und die Vorgaben des Europäische Gerichtshofs zur Vermeidung der Fortführung des von der Europäischen Kommission am 26. Juli 2019 eingeleiteten weiteren Vertragsverletzungsverfahrens (sog. Zweitverfahren, vgl. Art. 260 Abs. 2 AEUV) mit drohenden Strafzahlungen von über 800.000 € täglich angepasst (vgl. dazu Wagner/Rohleder, DVBl. 2021, 8, 10; zur weiteren Entwicklung vgl. Douhaire, ZUR 2022, 1). Hieraus ergibt sich eindeutig, dass der Verordnungsgeber die vom Verfahrensfehler nicht betroffenen Teile, insbesondere die hier maßgebliche Ermächtigungsgrundlage, auf jeden Fall auch eigenständig aufrechterhalten hätte.
37
b) Auch materiell-rechtlich bestehen keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage. Insbesondere verstoßen die Regelungen des § 13a DüV weder gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG (unten aa) noch gegen die Berufsfreiheit im Sinn des Art. 12 Abs. 1 GG (unten bb).
38
aa) (1.) Wie der Senat bereits im Eilverfahren (Rn. 42 ff.) ausgeführt hat, schützt die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG nach ihrem Schutzbereich die Herrschafts- und Nutzungsbefugnis, das Recht des „Habens“ und „Gebrauchmachens“ an einem konkreten von der Eigentumsgarantie umfassten Gegenstand. Es wird das Recht gewährleistet, eine eigentumsfähige Position zu besitzen, zu nutzen, zu verwalten, zu verbrauchen oder darüber zu verfügen. Die einträglichste Nutzung des Eigentums schützt das Eigentumsgrundrecht indes nicht (vgl. BVerfG, B.v. 15.7.1981 – 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300 – juris Rn. 166; B.v. 9.10.1991 – 1 BvR 227/91 – BVerfGE 84, 382 – juris Rn. 12). Vor dem Hintergrund von Art. 14 Abs. 3, Art. 15 GG ist das Eigentum auch nicht unbedingt garantiert. Vorliegend handelt es sich bei den auf der Grundlage des Düngegesetzes durch die Vorgaben in § 13a DüV und deren Aktualisierung auf der Grundlage der Ausweisung der roten und gelben Gebiete in der Ausführungsverordnung Düngeverordnung bewirkten Einschränkungen des Einsatzes von Düngemitteln ersichtlich nicht um den zielgerichteten Entzug einer konkreten Eigentumsposition zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben (vgl. BVerfG, B.v. 16.2.2000 – 1 BvR 242/91 – BVerfGE 102, 1 – juris Rn. 41; B.v. 22.5.2001 – 1 BvR 1512/97 – BVerfGE 104, 1 – juris Rn. 30), sondern um die abstrakt-generelle Regelung der Nutzungsmöglichkeiten der betroffenen Grundstücke für die Zukunft und damit um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GG.
39
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (s. nur z.B. BVerfG, U.v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11 – NJW 2017, 217 – juris Rn. 268; B.v. 21.7.2010 – 1 BvL 8/07 – BVerfGE 126, 331 – juris Rn. 88) hat der Normgeber, der Inhalt und Schranken der als Eigentum grundrechtlich geschützten Rechtspositionen bestimmt, dabei sowohl der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG Rechnung zu tragen. Dabei sind die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Insbesondere muss jede Inhalts- und Schrankenbestimmung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung ist umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht. Das Übermaßverbot verlangt einen verfassungslegitimen Grund für den Eingriff, die Eignung des gewählten Eingriffsmittels, seine Erforderlichkeit im Sinne der Wahl des schonendsten Mittels sowie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Eingriffsschwere und dem Eingriffsnutzen (Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand August 2023, Art. 14 Rn. 429 m.w.N.; Jarass in Jarass/Pieroth, 17. Aufl. 2022, GG, Art. 14 Rn. 36 ff.). Im Einzelnen muss die betreffende Regelung im Hinblick auf das entsprechende Ziel geeignet sein, die Inhalts- und Schrankenbestimmung darf den Eigentümer nicht mehr beeinträchtigen, als es der gesetzgeberische Zweck erfordert und die Belastung des Eigentümers muss in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der Regelung verfolgten Interessen stehen und damit verhältnismäßig im engeren Sinn bzw. zumutbar sein.
40
Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung stellen insbesondere der Schutz der Natur ebenso wie der Schutz von und vor Wasser eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang dar, die einschränkende Regelungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG rechtfertigen können (vgl. BVerfG, B.v. 15.7.1981 – 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300 – juris Rn. 153: „Wasser ist eine der wichtigsten Grundlagen allen menschlichen, tierischen und pflanzlichen Lebens“, Rn. 164: „Dem Grundwasser kommt hiernach für die Allgemeinheit, insbesondere für die öffentliche Wasserversorgung, eine kaum zu überschätzende Bedeutung zu“; zum Hochwasserschutz vgl. BVerwG, U.v. 22.7.2004 – 7 CN 1/04 – BVerwGE 125, 116 – juris Rn. 22). Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentumsgebrauchs und der -nutzbarkeit muss der Eigentümer – anders als die völligen oder teilweisen Substanzentziehungen – grundsätzlich entschädigungslos dulden, soweit sie sich in dem für Art. 14 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 GG geltenden Regelungsrahmen halten, sie also insbesondere das Verhältnismäßigkeitsprinzip, das Gebot sachgerechter und willkürfreier Abwägung sowie die Wesensgehaltsgarantie beachten (siehe zum Ganzen Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand Juli 2021, Art. 14 Rn. 146 f., 529 m.w.N.).
41
(2.) Gemessen hieran kann vorliegend nicht von einer Verfassungswidrigkeit der Regelungen des § 13a DüV, die auf der Grundlage des Düngegesetzes und vermittelt durch die landesrechtliche Ausführungsverordnung Inhalt- und Schranken der Nutzbarkeit landwirtschaftlich genutzter Grundstücke in den landesrechtlich ausgewiesenen roten und gelben Gebieten hinsichtlich ihrer Düngung regeln, ausgegangen werden. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Verhältnismäßigkeitsprinzip als Grenze einer zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 16. Aufl. 2020, Art. 14 Rn. 36 m.w.N.) nicht gewahrt sein könnte. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich des Verbots der Nitratdüngung von Zwischenfrüchten (vgl. dazu Eilverfahren Rn. 45).
42
Der vom Düngegesetz in Umsetzung der Vorgaben der Nitratrichtlinie und darauf beruhend von der Düngeverordnung und der landesrechtlichen Ausführungsverordnung verfolgte Zweck des Gewässerschutzes stellt eine höchstrangige Gemeinwohlaufgabe dar (vgl. BVerfG, B.v. 15.7.1981 – 1 BvL 77/78 – BVerfGE 58, 300 – juris Rn. 153, 164).
43
Dass die getroffenen Regelungen und die damit einhergehenden Belastungen für die davon betroffenen Eigentümer oder die die betroffenen Grundstücke bewirtschaftenden Pächter von vornherein ungeeignet wären, diesen Zweck zu fördern, ist nicht erkennbar. Vielmehr ist es plausibel und nachvollziehbar, dass eine Reduzierung und Regulierung der Düngung in den belasteten Gebieten mittelfristig zu einer Reduzierung der Belastung der Gewässer mit Nitrat und Phosphor führt, sie also im Ergebnis ein geeignetes Mittel darstellen. Auch sind zur Reduzierung der Belastung der Gewässer mit Nitrat und Phosphor keine milderen, d.h. anderen, gleich wirksamen, aber das betroffene Grundeigentum weniger einschränkenden Mittel ersichtlich (vgl. BVerfG, U.v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11 – BVerfGE 143, 246 – juris Rn. 289), die der Bundesverordnungsgeber anstelle der Regelungen in § 13a DüV und vermittelt durch die landesrechtliche Ausführungsverordnung hätten ergreifen können, um die Vorgaben der Nitratrichtlinie aus dem Jahr 1991 und allgemein einen im Hinblick auf Art. 20a GG gebotenen nachhaltigen Gewässerschutz gleich wirksam zu erreichen.
44
Schließlich sind die Regelungen in der Düngeverordnung und deren Vermittlung durch die landesrechtliche Ausführungsverordnung angesichts des hoch- bzw. höchstrangig einzustufenden Allgemeinwohlbelangs des Grundwasserschutzes auch verhältnismäßig im engeren Sinne, denn die mit den Regelungen verbundenen Belastungen stehen in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihnen verfolgten Zweck des Gewässerschutzes. Die Hauptbeeinträchtigung der betroffenen Betriebe in den ausgewiesenen Gebieten besteht in der Verringerung des zulässigen Düngebedarfs um 20% im (Betriebs-)Durchschnitt der in nitratbelasteten Gebieten bewirtschaften Flächen (vgl. BR-Drs. 98/20, S. 26). Bereits mit der Betriebsbezogenheit der Düngemittelreduzierung erhalten betroffene Betriebe die Möglichkeit, selbstbestimmt die vorgegebene Gesamtreduktion auf die von ihnen bewirtschafteten Grundstücke zu verteilen. Dadurch wird das Gewicht des damit bewirkten Eingriffs erheblich abgemildert, da jeder betroffene Bewirtschafter zwar das Ziel der Reduktion um 20% beachten muss, dies aber an seine jeweilige betriebliche Situation anpassen kann. Zudem ist davon auszugehen, dass die 20%-Reduktion an Düngemitteleinsatz nicht auch zu einer 20%-Reduktion des Ertrags führt, sondern je nach angebauter Kultur unterschiedlich ausfallen wird und nach der Verordnungsbegründung eine durchschnittliche Ertragsreduktion von bis zu 10% zur Folge haben kann (vgl. BR-Drs. 98/20, S. 49). Im Hinblick auf die herausragende Bedeutung und Hochrangigkeit des Gewässerschutzes sowie unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Eigentumsgewährleistung im Hinblick auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums schützt, ist eine Ertragsreduktion um durchschnittlich 10% zumutbar (vgl. dazu a. OVG LSA, U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 158). Ferner enthält die Düngeverordnung zur Vermeidung einer unzumutbaren Belastung Ausnahmeregelungen, wie etwa in § 13a Abs. 2 Nr. 1 DüV. Danach muss der Stickstoffdüngebedarf nicht um 20% verringert werden, wenn die dort genannten Betriebe nicht mehr als 160 Kilogramm Gesamtstickstoff je Hektar und Jahr und davon nicht mehr als 80 Kilogramm Gesamtstickstoff je Hektar und Jahr aus mineralischen Düngemitteln aufbringen; die Landesregierungen können dies unter bestimmten Voraussetzungen auch für Dauergrünlandflächen vorsehen (so auch OVG LSA, U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 158). Außerdem wird der Eingriff dadurch abgemildert, dass die Festsetzung als belastetes Gebiet nicht abschließend festgeschrieben ist. Nach Art. 3 Abs. 4 Nitratrichtlinie sind die Mitgliedstaaten gehalten, ihr Verzeichnis der gefährdeten Gebiete, wenn notwendig, jedoch mindestens alle vier Jahre zu prüfen und gegebenenfalls zu ändern oder zu ergänzen, um Veränderungen und zum Zeitpunkt der vorherigen Einstufung unvorhergesehene Faktoren zu berücksichtigen (so § 13a Abs. 8 Satz 2 DüV). Auch die weiteren Regulierungen der Düngung durch die in § 13a Abs. 2 und 3 DüV genannten Maßnahmen erweisen sich angesichts des hoch- bzw. höchstrangig einzustufenden Allgemeinwohlbelangs des Grundwasserschutzes als zumutbar und damit verhältnismäßig.
45
(3.) Wie der Senat ebenfalls bereits im Eilbeschluss (Rn. 46) ausgeführt hat, bedarf es mangels einer unverhältnismäßigen Belastung somit auch keiner Bildung von Sonderfallgruppen für etwaige Härtefälle bzw. zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit bei sog. ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen und ist auch das Gebot der Folgerichtigkeit nicht verletzt. Nicht jede Schmälerung des nutzungsrechtlichen Status quo stellt einen ausgleichspflichtigen Tatbestand dar. Die Grenzen einer kompensationsfreien Sozialbindung sind an der Eingriffstiefe, also an dem Kriterium orientiert, was nach dem Eingriff vom konkreten Eigentum noch verbleibt. Zur näheren Bestimmung und Präzisierung der Eingriffstiefe sind das Ausmaß der Beschränkung der Privatnützigkeit und der funktionsgerechten Verwendung zu würdigen (Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art. 14 Rn. 529 m.w.N.). Angesichts der hohen Bedeutung des Schutzguts Wasser haben hierbei die privaten Interessen im Hinblick auf die auch vom Antragsteller eingeräumte minimale Beeinträchtigung zurückzustehen.
46
Es bedarf im Hinblick auf die Zumutbarkeit des Eingriffs auch keiner Differenzierung zwischen dem Regel- und Sonderfall bzw. Sonderfällen wie etwa einem drohenden Konkurs. Zwar kann der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (etwa U.v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11 – NJW 2017, 217 – juris Rn. 259) eigentumsbeschränkende Inhalts- und Schrankenbestimmungen in Härtefällen nur durchsetzen, wenn er durch kompensatorische Vorkehrungen unverhältnismäßige oder gleichheitswidrige Belastungen des Eigentümers vermeidet und schutzwürdigem Vertrauen angemessen Rechnung trägt. Durch einen solchen Ausgleich könne in bestimmten Fallgruppen die Verfassungsmäßigkeit einer sonst unverhältnismäßigen oder gleichheitswidrigen Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gesichert werden. Allerdings besteht diese Möglichkeit, die Verfassungsmäßigkeit einer sonst unverhältnismäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmung mittels eines durch den Gesetzgeber vorzusehenden finanziellen Ausgleichs zu sichern, nur für die Fälle, in denen der mit der Schrankenbestimmung verfolgte Gemeinwohlgrund den Eingriff grundsätzlich rechtfertigt, aus Verhältnismäßigkeitsgründen allerdings noch zusätzlich einer Ausgleichsregelung bedarf (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 260). Das ist hier nicht der Fall, denn der Eingriff genügt obigen Erläuterungen zufolge dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Dass darüber hinaus im Einzelfall eine unbillige Härte vorliegen könnte, die zu einer unverhältnismäßigen Inhalts- und Schrankenbestimmung führen würde, ist im Gegensatz zur genannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Atomausstieg, der eine solche Härte zugrunde lag, nicht erkennbar. Dort wog die Eigentumsbelastung durch die Nichtverwertbarkeit der konzernintern nicht mehr verstrombaren Reststrommengen dem Bundesverfassungsgericht zufolge schwer, war sie quantitativ erheblich und betraf aufgrund der besonderen Umstände ihrer Entstehung eine gegen Änderungen in erhöhtem Maße geschützte Eigentumsposition. Zudem benachteiligte sie diese Unternehmen im Verhältnis zu konkurrierenden Unternehmen (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 329 ff.). In der Gesamtabwägung mit den für die beschleunigte Abschaltung der Kernkraftwerke streitenden Gemeinwohlbelangen erwiesen sich dem Bundesverfassungsgericht zufolge die Belastungen als unzumutbar (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 364). Eine solche Konstellation ist vorliegend nicht gegeben.
47
Auch der Antragsteller zeigt nicht auf, dass es tatsächliche Anwendungsfälle für seine angenommenen Fallgruppen, etwa Umsatzeinbußen im zweistelligen Prozentbereich oder drohender Konkurs gäbe. Den von ihm vorgelegten Gutachten (Latacz-Lohmann/Buhk/Schröer/Thiermann, Auswirkungen umweltpolitischer Auflagen auf die nordrhein-westfälische Landwirtschaft: Zustand und Perspektive im internationalen Vergleich, v. 3.5.2021; Latacz-Lohmann/Buhk/Schröer, Betriebswirtschaftliche Bewertung der Betroffenheit landwirtschaftlicher Betriebe durch die Düngeverordnung 2020, v. 25.9.2020) lassen sich für die hier maßgebliche Situation ebenfalls keine Anhaltspunkte entnehmen. Soweit im Gutachten vom 3. Mai 2021 allein die nordrhein-westfälische Landwirtschaft betrachtet wird, lassen sich die Ergebnisse wegen der strukturellen Unterschiede nur bedingt auf die anderen Bundesländer übertragen, auch zumal dort zum einen als Untersuchungsgegenstand nur fünf landwirtschaftliche Modellbetriebe dienten, welche die unterschiedlichen Produktionssysteme und Naturräume Nordrhein-Westfalens repräsentieren, und zum anderen allgemein Bewirtschaftungsauflagen der letzten Jahre in den Blick genommen werden, nicht nur die hier maßgebliche Novelle der Düngeverordnung. Dass die Region, in der ein Betrieb wirtschaftet, eine Rolle spielt, weil es große regionale Unterschiede in der Verfügbarkeit von Pachtflächen (z.B. für die Ersatzfutterbeschaffung), der Abgabemöglichkeit von Wirtschaftsdüngern und Gärrückständen, der Möglichkeit des Grundfutterzukaufs etc. gebe, wird auch im Gutachten ausgeführt (S. 124). Ungeachtet dessen wird dort eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz landwirtschaftlicher Betriebe – wenn überhaupt – nur in der kumulativen Einkommenswirkung aller fünf betrachteten gesetzlichen Änderungen als möglich angesehen, beschränkt auf Marktfruchtbetriebe ohne Spezialkulturen sowie auf relativ extensiv wirtschaftende, grünlandbetonte Milchviehbetriebe an bestimmten im Einzelnen genannten Standorten (S. 122). Ausdrücklich wird zudem betont, dass die Aussagen zur Existenzgefährdung wegen mangelnder Datenverfügbarkeit und der für die Berechnung notwendigerweise zu treffenden Annahmen mit sehr großen Unsicherheiten behaftet seien. Mögliche Anpassungsreaktionen seien mit Unsicherheit behaftet und könnten nur schwer beziffert werden, reale Daten zur Prüfung der Existenzfähigkeit hätten nicht vorgelegen, so dass auf Durchschnittswerte hätte zurückgegriffen werden müssen. Damit sei es unwahrscheinlich, dass diese die realen Kennzahlen der Modellbetriebe angemessen reflektierten (S. 123). Außerdem sei das Spektrum möglicher betrieblicher Anpassungen an die verschärften Auflagen in starkem Maße von der Betriebsorganisation und der Region abhängig. Das Gutachten zur betriebswirtschaftlichen Bewertung der Betroffenheit landwirtschaftlicher Betriebe durch die Düngeverordnung 2020 hat alle wesentlichen Änderungen der Düngeverordnung 2020 gegenüber der bis dahin gültigen Verordnung aus dem Jahr 2017 im Blick, nicht nur die hier maßgebliche Regelung und ist insofern ebenfalls nur bedingt übertragbar. Es wird hervorgehoben, dass die einbezogenen Betriebe in sehr unterschiedlichem Maße von den Auflagen betroffen seien und sich deshalb keine Pauschalaussagen treffen ließen (S.82). Durch alle neuen verschärften Auflagen der Düngeverordnung würden die betrachteten Betriebe mit Ausnahme des Gemüsebaubetriebs nicht in ihrer Existenz gefährdet (S. 83). Selbst dieser habe die Chance, einer Existenzgefährdung zu entkommen, wenn er sich gemäß dem im Gutachten geschilderten Szenario anpasse. Auch hier wurde zudem auf Durchschnittswerte zurückgegriffen, weshalb es dem Gutachten zufolge äußerst unwahrscheinlich sei, dass diese die realen Kennzahlen in den untersuchten Betrieben angemessen reflektierten. Da sich die Entwicklung der wirtschaftlichen Schäden zum gegenwärtigen Zeitpunkt schwer abschätzen lasse, zumal sie im Zeitablauf durch zwei Faktorengruppen mit gegenläufiger Wirkung bestimmt werde, wird empfohlen eine langfristig angelegte Studie zu initiieren (S.86). Insgesamt lassen sich aus den beiden vorgelegten Gutachten jedenfalls keine Anhaltspunkte für eine konkrete unzumutbare Belastung ableiten.
48
bb) Ebenso wenig ist ein Verstoß der Ermächtigungsgrundlage gegen die Berufsfreiheit im Sinn des Art. 12 Abs. 1 GG anzunehmen (vgl. a. dazu Eilbeschluss Rn. 47). Da die Beschränkungen des Düngemitteleinsatzes durch die Düngeverordnung und vermittelt durch die Ausführungsverordnung Düngeverordnung in belasteten Gebieten sowohl tätigkeits- bzw. erwerbsbezogen („Bewirtschaftung“) als auch objektbezogen („Flächen in ausgewiesenen Gebieten“) erfolgen, kommen die Grundrechtsgarantien der Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 GG in diesem Fall nebeneinander zur Anwendung (vgl. Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand: 95. EL Juli 2021, Art. 14 Rn. 353). Stellt die zum Schutz des Wassers getroffene Regelung eine verhältnismäßige Bestimmung von Inhalt- und Schranken des Eigentums dar, spricht viel dafür, dass es sich dann auch um eine zulässige Berufsausübungsregelung handelt, zumal die Schrankenregelungen beider Grundrechte in Fällen, in denen sie nebeneinander zur Anwendung kommen, eine weitgehende Identität aufweisen. Danach ist eine zulässige Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit im Allgemeinen auch eine rechtmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 S. 2) und gilt selbiges für den umgekehrten Fall (vgl. Papier/Shirvani in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand: 95. EL Juli 2021, Art. 14 Rn. 353 m.w.N.). Daran gemessen sind vorliegend auch keine unverhältnismäßigen Eingriffe in die Berufsfreiheit im Sinn des Art. 12 Abs. 1 GG zu erkennen.
49
3. Auch die Ausführungsverordnung Düngeverordnung selbst verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG (unten a), den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Bezug auf die 20%-Regelung in § 7 Abs. 1 und § 13 Abs. 1 AVV GeA (unten b) und den Bestimmtheitsgrundsatz (unten c).
50
a) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die AVDüV bestehen im Allgemeinen weder im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, noch die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG.
51
Wie oben zur Wirksamkeit der Ermächtigungsgrundlage bereits ausführlich dargelegt wurde, sind die mit den Regelungen des § 13a DüV zur Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten verbundenen Grundrechtseingriffe durch Bewirtschaftungseinschränkungen im Hinblick auf den Schutz der Natur und den Schutz von Gewässern gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig. Dies gilt entsprechend, soweit der bayerische Verordnungsgeber die Vorgaben des § 13a DüV, die wiederum auf dem Düngegesetz und der Nitratrichtlinie beruhen, durch und in der landesrechtlichen Ausführungsverordnung umgesetzt hat. Insbesondere auch die Regelung in § 1 Abs. 2 AVDüV, wonach bei der Bewirtschaftung die in § 13a Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und 3 DüV genannten zusätzlichen Anforderungen einzuhalten sind und durch die der Landesverordnungsgeber dem Regelungsauftrag des § 13a Abs. 3 DüV nachgekommen ist, ist als weitere Maßnahme zur Regulierung der Düngung angesichts des hoch- bzw. höchstrangig einzustufenden Allgemeinwohlbelangs des Grundwasserschutzes verhältnismäßig. Insoweit wird vollumfänglich auf die obigen Ausführungen zu Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG verwiesen.
52
b) Ein gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßender Grundrechtseingriff liegt auch nicht darin, dass der Antragsgegner bei der Abgrenzung der belasteten Gebiete im Randbereich die in der AVV GeA 2022 neu eingeführten Regelung in § 7 Abs. 1 und § 13 Abs. 1 AVV GeA angewandt hat. Danach ist die Gesamtfläche einer landwirtschaftlichen Referenzparzelle nach § 3 der Verordnung über die Durchführung von Stützungsregelungen und des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems vom 24. Februar 2015 (BGBl I 2015, 166 – InVeKoSV) zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes vom 4. Dezember 2023 (BGBl I 2023, 344), welche in Bayern das Feldstück ist (vgl. § 8 Abs. 1 der Verordnung zur Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik vom 2. Juni 2005, GVBl 2005, 184 – BayGAPV), zuletzt geändert durch § 1 der Verordnung v. 21.12.2022 (BayMBl. Nr. 762), dem belasteten Gebiet zuzurechnen, sofern ein Anteil von mindestens 20 Prozent dieser landwirtschaftlichen Referenzparzelle in einem belasteten Gebiet liegt.
53
aa) Da sich diese 20%-Regelung letztlich aus der AVV GeA ergibt, ist zur Anwendung der AVV GeA im Rahmen dieses Normenkontrollverfahrens zunächst Folgendes festzuhalten:
54
(1.) Als Verwaltungsvorschrift kommt der AVV GeA grundsätzlich keine Außenwirkung gegenüber dem Antragsteller zu. Im Eilbeschluss (Rn. 52 ff.) wurde hierzu bereits ausgeführt, dass es sich um eine allgemeine Verwaltungsvorschrift handelt, die von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats (BR-Drs. 455/20 bzw. BR-Drs. 275/22 Beschluss) auf der Grundlage des Art. 84 Abs. 2 GG erlassen wurde. Diese Ermächtigung ist ein Instrument zur Sicherstellung einer einheitlichen Ausführung der Bundesgesetze. Die dort genannten Verwaltungsvorschriften sind an die Binnenorganisation, also an die Verwaltung, gerichtet und setzen ihr in ihrem Binnenbereich verbindliche Vorgaben (BVerfG, B.v. 2.3.1999 – 2 BvF 1/94 – BVerfGE 100, 249 – juris Rn. 38). Im spezifisch föderalen System wirken die Verwaltungsvorschriften im Sinn des Art. 84 Abs. 2 GG mithin in der Rechtsbeziehung zwischen Bund und Ländern auch nach außen (F. Kirchhof in Dürig/Herzog/Scholz/, a.a.O., Art. 84 Rn. 193 ff.; Dreier, GG, 3. Aufl. 2015, Art. 84 Rn.79 unter Bezugnahme auf BVerfGE 11, 6). Im Bundesstaat beginnt für den Bund das „Außen“ bereits, wenn er auf die teilsouveränen Gliedstaaten, also die Länder als eigenständige Rechtssubjekte, trifft und deren Verhalten bestimmt, denn schon dann verlässt er die staatliche Binnenorganisation des Bundes (s. auch Art. 31 GG). Auf eine Rechtswirkung außerhalb des staatlichen Bereichs sind die Verwaltungsvorschriften aber grundsätzlich nicht gerichtet, sie binden zunächst nur die nachgeordneten Behörden und damit Adressaten innerhalb der Verwaltung und gehören deshalb nicht dem für die Gerichte verbindlichen materiellen Recht an (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1998 – 8 C 16.96 – BVerwGE 107, 338 – NVwZ 1999, 1114 – juris Rn. 15).
55
Die das Ermessen lenkenden Verwaltungsvorschriften können aber eine mittelbare rechtliche Außenwirkung über die Verwaltungspraxis und den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG erlangen, wenn durch ihre ständige Anwendung eine gleichmäßige Verwaltungspraxis begründet wird, von der die Verwaltung in vergleichbaren Fällen wegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht ohne rechtfertigenden sachlichen Grund abweichen darf (sog. Selbstbindung der Verwaltung; vgl. BVerwG, U.v. 28.5.1958 – V C 216.54 – BVerwGE 8, 4 – juris Rn. 40; U.v. 10.12.1969 – VIII C 104.69 – BVerwGE 34, 278 -juris Rn. 12 ff.; U.v. 13.9.1973 – II C 13.73 – BVerwGE 44, 72 – juris Rn. 22; U.v. 19.3.1996 – 1 C 34/93 – BVerwGE 100, 335 – juris Rn. 18; U.v. 8.4.1997 – 3 C 6.95 – BVerwGE 104, 220 – juris Rn. 19). Die AVV GeA stellt allerdings keine derartige ermessenslenkende Verwaltungsvorschrift dar. Nach § 13a Abs. 1 Satz 1 DüV haben die Landesregierungen zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat oder Phosphat durch Rechtsverordnung auf Grund des § 3 Absatz 4 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nummer 3 und mit Absatz 5 des Düngegesetzes die roten und gelben Gebiete auszuweisen, ohne dass ihnen hierbei ein Ermessen zustünde. Entsprechend formuliert auch § 13a Abs. 1 Satz 2 DüV als Zweck der AVV GeA die Vereinheitlichung der Vorgehensweise bei der Ausweisung der roten und gelben Gebiete.
56
Eine weitere Fallgruppe der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannten Außenwirksamkeit von Verwaltungsvorschriften stellen die insbesondere im Umwelt- und Technikrecht anzutreffenden normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften dar, die auch für die Verwaltungsgerichte verbindlich und wie eine Rechtsnorm anzuwenden sind (BVerwG, U.v. 28.10.1998 – 8 C 16.96 – BVerwGE 107, 338 – NVwZ 1999, 1114 – juris Rn. 16 f.).
57
Eine derartige Normkonkretisierung wird in ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere bejaht für die nach § 48 BImSchG von der Bundesregierung nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51 BImSchG) mit Zustimmung des Bundesrats erlassene Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft) und die Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm; vgl. etwa BVerwG, B.v. 10.1.1995 – 7 B 112.94 – NVwZ 1995, 994) sowie für bestimmte atomrechtliche Verwaltungsvorschriften (vgl. BVerwG, U.v. 19.12.1985 – 7 C 65.82 – BVerwGE 72, 300 – juris Rn. 44). Diese Verwaltungsvorschriften dienen nämlich der Ausfüllung eines der Verwaltung eingeräumten Beurteilungsspielraums. Mit ihnen wird die Ausübung dieses Beurteilungsspielraums von der Einzelentscheidung im jeweiligen Verwaltungsakt in eine abstrakt generalisierende Regelung vorverlagert, um so die Einheitlichkeit des Verwaltungshandelns sicherzustellen. Das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 28.10.1998, a.a.O., juris Rn. 17) hat eine derartige normkonkretisierende Wirkung unter folgenden Voraussetzungen angenommen: 1) Die Vorschrift muss der einheitlichen Auslegung und Anwendung sowie Weiterentwicklung naturwissenschaftlich-technischer Begriffe dienen, 2) die Exekutive hat bei ihrem Erlass höherrangigen Geboten und dem für deren Konkretisierung wesentlichen Erkenntnis- und Erfahrungsstand Rechnung getragen, der auch nicht durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt ist und 3) dem Erlass geht ein umfangreiches Beteiligungsverfahren voran, dessen Zweck es ist, vorhandene Erfahrungen und den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis auszuschöpfen. Letzteres hat das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 28.10.1998, a.a.O., juris Rn. 17) für die Allgemeine Rahmen-Verwaltungsvorschrift über Mindestanforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer vom 8. September 1989 bejaht, weil sie von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats erlassen, im Gemeinsamen Ministerialblatt veröffentlicht wurde und ein umfangreiches Beteiligungsverfahren stattgefunden hatte, das von der Bundesregierung mit den Bundesländern abgestimmt gewesen sei. Einzelheiten seien in Gesprächskreisen bzw. Arbeitsgruppen erarbeitet worden, an denen mehrheitlich Behördenvertreter mitwirkten, die vom Bundesumweltministerium in Abstimmung mit den für Wasserwirtschaft und Wasserrecht zuständigen obersten Landesbehörden berufen worden seien, an denen aber auch Sachverständige beteiligt gewesen seien, die auf Vorschlag einschlägiger Fachvereinigungen berufen worden seien. Auch sei eine Anhörung der zu beteiligenden Kreise unter Einbeziehung insbesondere von Umweltverbänden erfolgt. Unter dieser Prämisse hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass „das Verfahren zum Erlass der Rahmen-Abwasserverwaltungsvorschrift (noch)“ den Anforderungen einer normkonkretisierenden und damit außenrechtswirksamen Verwaltungsvorschrift genügt (U.v. 28.10.1998, a.a.O., juris Rn. 17).
58
(2.) Gemessen hieran kann vorliegend für die AVV GeA eine derartige normkonkretisierende Wirkung nicht angenommen werden. Nach der vom Senat eingeholten Auskunft des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 28. Juli 2023 war Grundlage für das Aufstellungsverfahren der AVV GeA 2020 der Vorschlag einer übergeordneten Bund-Länder-Projektgruppe (Leitung: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz) und von Facharbeitsgruppen (Leitung: Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft Wasser – LAWA), die sich aus Vertretern der Länder und dem Umweltbundesamt (UBA) zusammensetzten. Daneben gab es für die Länder, die nicht in den Facharbeitsgruppen vertreten waren, einen Beirat. Externe Sachverständige wurden nicht in die Erarbeitung der AVV GeA 2020 einbezogen. Im weiteren Verfahren wurden dann betroffene Verbände nach § 47 Abs. 3 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) beteiligt. Zur Überarbeitung der AVV GeA 2020 wurde im November 2021 eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe (BLAG) „Binnendifferenzierung“ einberufen, die ausschließlich aus Behördenvertretern des Bundes und der Bundesländer bestand. Externe Sachverständige wurden auch hier nicht in die Beratungen einbezogen. Aus der vorgelegten Auflistung lässt sich entnehmen, dass bei der Erarbeitung des Vorschlags nur Behördenvertreter beteiligt waren. Im Rahmen der Länder- und Verbändeanhörung wird die Person angegeben, die die Stellungnahme des jeweiligen Verbands eingereicht hat, bezeichnet als „externe Sachverständige“.
59
Damit sind vorliegend die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift nicht erfüllt. Zwar wurde die Vorschrift von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats erlassen, es fehlt aber – und das ist unverzichtbar, um die vorhandenen Erfahrungen und den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis auszuschöpfen – an einem umfangreichen Beteiligungsverfahren. Einzelheiten wurden auch hier in Gesprächskreisen bzw. Arbeitsgruppen erarbeitet, an denen mehrheitlich Behördenvertreter mitwirkten. Allerdings waren bei der Erstellung der AVV GeA im Gegensatz zur Fallkonstellation des Bundesverwaltungsgerichts keine (externen) Sachverständigen beteiligt. Stattgefunden hat nur eine Anhörung der zu beteiligenden Kreise nach § 47 Abs. 3 GGO. Auch wenn die in der Auflistung bei der Verbändeanhörung genannten Personen als „externe Sachverständige“ bezeichnet werden, mag dies nichts daran zu ändern, dass zusätzlich über die übliche Verbändeanhörung hinaus kein tatsächlich externer Sachverstand eingeholt und insbesondere nicht bei der Erarbeitung des Entwurfs beteiligt wurde. Das bestätigt auch das BMEL selbst, indem es angibt, externe Sachverständige seien in die Erstellung der AVV GeA nicht einbezogen worden. Selbst das Bundesverwaltungsgericht hat das Verfahren zur Aufstellung der Rahmen-Abwasserverwaltungsvorschrift trotz dortiger Beteiligung externer Sachverständiger neben der Verbändeanhörung gerade „noch“ als ausreichend erachtet (BVerwG a.a.O. Rn. 17). Unter dieser Prämisse kann hier nicht von einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift ausgegangen werden, wenn eine Beteiligung externer Sachverständiger bei der Erstellung vollkommen fehlt.
60
Auch die Tatsache, dass das Umweltbundesamt (UBA) als „selbständige Bundesoberbehörde“ an der Erarbeitung beteiligt gewesen ist und aufgrund seiner rechtlichen Stellung – wie ein privater Sachverständiger – als von den Bundesministerien und Landesbehörden unabhängige Einrichtung handelt, vermag das vorstehende Ergebnis nicht in Frage zu stellen. Mit einer derartigen, im Kern auf den Wortlaut in § 1 Abs. 1 UBAG „selbständige Bundesoberbehörde“ abstellenden Argumentation wird übersehen, dass dies lediglich die wörtliche Übernahme dieses Begriffs aus der staatsorganisationsrechtlichen Bestimmung des Art. 87 Abs. 3 Satz 1 Var. 1 GG ist, wonach für Angelegenheiten, für die dem Bund die Gesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden durch Bundesgesetz errichtet werden können. Dies sind einem Bundesministerium nachgeordnete und damit weisungsunterworfene Stellen der unmittelbaren Bundesverwaltung ohne eigenen Unterbau, die im ganzen Bundesgebiet zuständig sind (vgl. Ibler in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand 102. EL August 2023, Art. 87 Rn. 249, 251 m.w.N.). Der Begriff der „Selbständigkeit“ kennzeichnet die organisatorische Selbständigkeit, das organisatorische Erscheinungsbild im Unterschied zur sonstigen oder schlichten Bundesoberbehörde, und verlangt eine organisatorische Ausgliederung aus einem Bundesministerium und die Wahrnehmung eigener Aufgaben im Unterschied zur bloßen Wahrnehmung von Auftragsangelegenheiten für das Ministerium, dem sie nachgeordnet ist (vgl. Ibler in Dürig/Herzog/Scholz, a.a.O., Art. 87 Rn. 253 m.w.N.). Umstritten ist, ob der Begriff der „Selbstständigkeit“ über die bloße organisatorische Selbständigkeit hinaus auch eine inhaltliche Selbstständigkeit im Sinne einer Weisungsfreiheit oder Unabhängigkeit gegenüber dem übergeordneten Bundesministerium voraussetzt (vgl. Ibler in Dürig/Herzog/Scholz, a.a.O. Art. 87 Rn. 254 m.w.N. zu beiden Ansichten). Aus Sicht des Senats ist kein durchgreifender Grund dafür ersichtlich, warum „selbständige Bundesoberbehörden“ als dem jeweiligen Fachressort nachgeordnete Bundesbehörden inhaltlich von der sich aus dem Hierarchieprinzip und der Ressortverantwortung ergebenden Fachaufsicht in gewissen Umfang freigestellt sein müssten, um sie errichten zu dürfen. Damit ist die Selbständigkeit ausschließlich bezogen auf die organisatorische und funktionelle Abhebung der Bundesoberbehörden von den vorgeordneten obersten Bundesbehörden einerseits und von bundeseigenen Mittel- und Unterbehörden andererseits zu verstehen und es soll nicht zum Ausdruck gebracht werden, diese stünden notwendig oder auch nur regelmäßig außerhalb des Hierarchiegefüges (vgl. Lerche in Maunz/Dürig, GG, 53. Aufl. 2009, Art. 87 Rn. 184). Eine Weisungsfreiheit einer Bundesoberbehörde mag im Einzelfall aufgrund der Besonderheiten der jeweiligen Materie zu rechtfertigen und im jeweiligen Fachgesetz zu normieren sein, stellt aber keine Regelvoraussetzung für die Einrichtung einer „selbständigen Bundesoberbehörde“ nach Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG dar (vgl. Ibler in Dürig/Herzog/Scholz, a.a.O. Art. 87 Rn. 254 m.w.N.). Letztendlich kann diese Frage vorliegend dahingestellt bleiben, da sich dem UBAG keine Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass das UBA bei Wahrnehmung seiner Aufgaben nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UBAG „wissenschaftliche Unterstützung des Bundesministeriums … bei der Erarbeitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften …“ von der aufgrund des Hierarchieverhältnisses bestehenden Fachaufsicht freigestellt sein sollte. Vor diesem Hintergrund kann die Beteiligung des UBA bei der Erarbeitung der AVV GeA, die umfassend der Fachaufsicht des vorgesetzten Ministeriums unterliegt, nicht der Mitwirkung eines unabhängigen Sachverständigen gleichgesetzt werden.
61
(3.) Ungeachtet dessen erfüllt die AVV GeA auch inhaltlich nicht die Voraussetzungen einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift. Denn die AVV GeA dient nicht der Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe. Dies gilt auch für den in § 13a Abs. 1 Satz 1 DÜV enthaltenen Begriff „Gebiet“ (so auch OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 133; a.A. VGH BW, Urteil vom 9. Februar 2023 – 13 S 3646/21 – juris Rn. 38 ff.). Die Ermächtigungsgrundlage knüpft an die in der Grundwasserverordnung (GrwV) festgelegten Nitratgrenzwerte von 50 mg/l bzw. von 37,5 mg/l und steigendem Trend von Nitrat an. Deren Festlegung erfolgt damit gerade nicht erst in der AVV GeA. Diese vereinheitlicht entsprechend der Zielsetzung des § 13a Abs. 1 Satz 2 DüV nur die Methodik für die Ermittlung und Abgrenzung der fraglichen Gebiete. Insoweit schließt sich der Senat der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt an (U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 132 ff.).
62
(4.) Die Gerichte sind somit bei ihrer Kontrolltätigkeit gegenüber der Verwaltung an die AVV GeA grundsätzlich nicht gebunden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfen sie ihren Entscheidungen nur materielles Recht, zu dem Verwaltungsvorschriften nicht gehören, zugrunde legen (BVerwG, U.v. 26.6.2002 – 8 C 30.01 – NVwZ 2003, 211 juris Rn. 23). Allerdings sind sie befugt, sich einer Gesetzesauslegung, die in einer Verwaltungsvorschrift vertreten wird, aus eigener Überzeugung anzuschließen. Das bedarf jeweils einer Betrachtung im Einzelfall.
63
Dem steht auch nicht entgegen, dass es sich bei dem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO um ein objektivrechtliches Verfahren handelt, in dem vom Normenkontrollgericht nach Bejahung der Zulässigkeit, insbesondere des Vorliegens der Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, umfassend die inhaltliche Übereinstimmung der Norm mit höherrangigen Recht zu prüfen ist (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 47 Rn. 85, 87). Hieraus kann nicht geschlossen werden, dass die AVV GeA in jedem Fall als höherrangiges Recht als Prüfungsmaßstab heranzuziehen wäre. Die Funktion als objektives Prüfungsverfahren bedeutet nur, dass es im Rahmen der Prüfung der Begründetheit auf eine Verletzung subjektiver Rechte des Antragstellers nicht ankommt, weil die für Anfechtungsklagen geltende Bestimmung des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Normenkontrollverfahren keine Anwendung findet (BVerwG, B.v. 4.6.1991 – 4 NB 35.89 – BVerwGE 88, 268 – juris Rn. 27). Daraus lässt sich aber nichts dafür herleiten, ob der AVV GeA als Verwaltungsvorschrift ausnahmsweise die erforderliche Außenwirkung zukommt, um als höherrangiges materielles Recht als Prüfungsmaßstab im Normenkontrollverfahren herangezogen zu werden.
64
Ebenso vermag das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. November 2010 (19 BV 10.8712 – juris Rn. 21 ff.) am vorstehenden Ergebnis nichts zu ändern. In der Entscheidung heißt es ausdrücklich „Derartige Verwaltungsvorschriften sind aufgrund der in ihnen getroffenen generell abstrakten Regelungen Rechtsnormen im materiellen Sinne, die in ihren Wirkungen keineswegs mehr auf den Innenbereich beschränkt bleiben, sondern in vitaler Weise auf den Rechtskreis des Bürgers einwirken (vgl. Ossenbühl, a.a.O., § 65 RdNr. 32) und damit unmittelbare (selbständige) – nicht erst über Art. 3 Abs. 1 GG vermittelte – Außenwirkung erlangen.“ Insoweit wird in diesem Urteil der Verwaltungsvorschrift eine unmittelbare Außenwirkung ausdrücklich zuerkannt, so dass es von vornherein die These, die Außenwirkung sei keine Voraussetzung für die Bindungswirkung, nicht zu stützen vermag. Die Entscheidung leitet diese Außenwirkung allerdings nicht wie in den von der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen über den Gleichheitssatz oder den Beurteilungsspielraum her, sondern aus einer der Exekutive in ihrem Funktionsbereich zustehenden originären Rechtsetzungskompetenz (vgl. Maurer/Waldhoff; AllgVerwR, 20. Aufl. 2020, § 24 Rn. 37 ff.). Allerdings wurde das Urteil vom 15. November 2010 durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. November 2011 (1 C 21.10 – BVerwGE 141, 151 – juris Rn. 16) abgeändert und ausdrücklich zur Auffassung, wonach die Anordnung im Rahmen ihrer die Ermächtigungsgrundlage konkretisierenden Funktion unmittelbar rechtliche Außenwirkung entfalte und daher wie ein Gesetz aus sich heraus auszulegen und anzuwenden sei und den Begünstigten einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch gewähre, ausgeführt, dies überzeuge nicht. Insoweit besteht auch aus Sicht des Senats kein Bedürfnis für die Anerkennung einer der Exekutive originär zustehenden Rechtsetzungskompetenz, da im gewaltengeteilten Rechtsstaat die Kompetenz zur Rechtsetzung originär der Legislative zusteht und mit Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG eine hinreichende Möglichkeit besteht, die Exekutive zur außenrechtswirksamen Rechtsetzung zu ermächtigen.
65
bb) Da der Antragsgegner die 20%-Regelung des § 7 Abs. 1 und § 13 Abs. 1 AVV GeA vorliegend angewandt hat, stellt sich die Frage, ob damit die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Das ist noch zu bejahen, auch wenn Feldstücke, die nur zu einem Anteil von 20% in den belasteten Gebieten liegen, mit ihrer Gesamtfläche in die Gebietskulisse einbezogen werden.
66
Zur Rüge hinsichtlich der angewandten 50%-Grenze bei der ersten Ausweisung im Jahr 2020 wurde im Eilbeschluss (Rn. 55) ausgeführt, dass die gewählte Methode im Interesse eines effektiven Gewässerschutzes einerseits und einer nachvollziehbaren Abgrenzung der Feldstücke und des Gebiets andererseits sachgerecht und plausibel erscheint. Trägt ein Feldstück und die in ihm zusammengefassten Grundstücke zu über 50% zu einer Gewässergefährdung bei, ist es nachvollziehbar, dass das gesamte Feldstück den Beschränkungen unterworfen wird. Eine Grenzziehung mitten durch Feldstücke käme zwar dem Gedanken der Verursacherhaftung am nächsten, wäre aber äußerst schwierig zu überwachen und zu vollziehen. Eine Herausnahme aller nur teilweise betroffenen Feldstücke würde die Umsetzung des auch gemeinschaftsrechtlich verbindlich vorgegebenen Gewässerschutzes erheblich beeinträchtigen, zumal bereits sämtliche Feldstücke mit einem Verursachungsanteil unter 50% nicht ausgewiesen wurden, obwohl sie teilweise zur Gewässergefährdung beitragen. Im Ergebnis hat der Senat die 50%-Grenze als verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung und Berufsausübungsregelung eingestuft, zumal die mit diesem Vorgehen verbundene Typisierung und Pauschalierung unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität und der Vollziehbarkeit der landesweit vorzunehmenden Ausweisungen roter und gelber Gebiete gerechtfertigt erscheint.
67
Diese Erwägungen können auf die vorliegende Ausweisung übertragen werden, auch wenn ihr die 20%-Klausel gemäß den Anforderungen der AVV GeA 2022 zugrunde liegt. Eine unverhältnismäßige Belastung der betroffenen Landwirte kann darin nicht gesehen werden, insbesondere ist das Übermaßverbot gewahrt. Im Einzelnen:
68
(1.) Im Hinblick auf die Erforderlichkeit des Eingriffs begegnet die Ausweisung mit den damit bewirkten Beschränkungen keinen Bedenken. Angesichts des überirdisch nicht erkennbaren Grundwasserverlaufs ergeben sich bei der Feststellung, mit welchem Anteil ein einzelnes Grundstück heranzuziehen ist, praktische Schwierigkeiten. Für Wasserschutzgebiete, bei denen insoweit vergleichbare Schwierigkeiten bestehen, weist das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – NVwZ 2013, 227 – juris Rn. 22) darauf hin, dass die Ermittlung der Grenze des Wassereinzugsgebiets aus der Natur der Sache bei Wahrung eines angemessenen Verwaltungsaufwands mit fachlichen Unsicherheiten behaftet sei, weil sich unterirdische Grenzlinien nicht ohne Weiteres auf der Erdoberfläche abbildeten. Die Behörde dürfe sich folglich mit wissenschaftlich abgesicherten, in sich schlüssigen Schätzungen begnügen. Insoweit sei ein „administrativer Vereinfachungsspielraum“ anzuerkennen, der rechtlich nur beschränkt überprüfbar sei, nämlich auf die Wahl nachvollziehbarer Maßstäbe.
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Bereits die für die Ausweisung ermittelte „unterirdische“ Grenze der Nitratbelastung des Grundwassers, die in der Gebietskulisse auf der Erdoberfläche abzubilden ist, beruht nicht etwa auf kleinteiligen empirischen Erhebungen vor Ort und damit nicht auf einer naturwissenschaftlichen Ermittlung. Sie ist vielmehr Ergebnis einer durch die AVV GeA vorgegebenen mathematischen Modellierung insbesondere im Rahmen der immissionsbasierten Abgrenzung (§ 5 AVV GeA) mit den an den Messstellen des Ausweisungsmessnetzes und den Zusatzmessstellen vorgefundenen Messwerten als Ausgangspunkt. Der Antragsgegner hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, es könne nur eine Berechnung nach mathematischen Formeln stattfinden, weil sich der Grundwasserkörper unter der Erde befinde. Eine solche Vereinfachung der Ermittlung der unterirdischen Grenzen der mit Nitrat belasteten Gebiete ist mit Blick auf die Handhabbarkeit der Gebietsabgrenzung mit vertretbarem Verwaltungsaufwand auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht zu beanstanden. Umgekehrt könnte ein Verzicht auf derartige mathematische Modelle mit Blick auf den gebotenen Schutz des Grundwassers die vollständige Einbeziehung eines Grundwasserkörpers in die Gebietskulisse erforderlich machen, wenn die genauen Grenzen einer durch entsprechende Werte an einer Messstelle nachgewiesenen Belastung nicht ermittelt werden können. Das schließt zum einen denklogisch eine exakte Grenzziehung vor Ort aus, zum anderen lässt sich nicht sicher ausschließen, dass Feldstücke an der Grenze tatsächlich keinen Beitrag leisten. Ist demnach bereits die „unterirdisch“ ermittelte Grenze Ergebnis einer zulässigen mathematischen Modellierung, bestehen bei deren Übertragung an die Geländeoberfläche keine Bedenken, im Sinne des Vorsorgeprinzips unter Nutzung eines administrativen Vereinfachungsspielraums in die Gebietskulisse alle Feldstücke einzubeziehen, die mit einem Anteil von 20% in dem ermittelten mit Nitrat belasteten Gebiet liegen. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass von diesen Feldstücken Einwirkungen auf das zu schützende, aber bereits belastete Grundwasser ausgehen können. Wenn auf einer Fläche von 20% nach wissenschaftlich abgesicherten Gesichtspunkten eine Belastung ermittelt wurde, ist die Annahme nachvollziehbar, dass sich die tatsächliche Belastung über die rechnerische Abgrenzung hinaus noch fortsetzen kann. Durch das mathematische Abgrenzungsverfahren ist eine gewisse Unschärfe systemimmanent.
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(2.) Ebenfalls in diese Richtung geht das Argument des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt (U.v. 26.10.2023 – 2 K 9/22 – juris Rn. 157), bei einer großräumigen Betrachtungsweise trage letztlich jede Düngebeschränkung zu einer Verbesserung der Nitratbelastung des Grundwassers bei. Die Ermittlung der landwirtschaftlichen Einzelverursachungen könne dabei nur in einer Genauigkeit verlangt werden, die mit einem noch vertretbaren Verwaltungsaufwand erreicht werden könne. Eine feldblockgenaue Emissionsermittlung, wie sie die AVV GeA 2020 vorgesehen habe, sei so aufwendig und gleichzeitig mit so viel Unwägbarkeiten behaftet, dass ihr Nutzen nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der damit erzielbaren Verursachungsgenauigkeit stehe. Auch das Bundesverwaltungsgericht geht in seiner Rechtsprechung zur Abgrenzung von Wasserschutzgebieten (U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – juris Rn. 21) davon aus, dass die mit der Ausweisung einhergehende Beschränkung der Eigentümerbefugnisse im Wege der Inhalts- und Schrankenbestimmung (nur) zulässig ist, wenn von dem betroffenen Grundstück Einwirkungen auf das zu schützende Grundwasser ausgehen „können“. Das ist auch bei dem verbleibenden 80%-Anteil nicht mit Sicherheit auszuschließen.
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(3.) Für die Verhältnismäßigkeit der unter Anwendung von § 7 Abs. 1 Satz 2, § 13 Abs. 1 Satz 2 AVV GeA vorgenommenen Gebietsausweisung streiten ferner die Grundentscheidung der Nitratrichtlinie, dem Grundwasserschutz als Allgemeingut den Vorrang vor den Individualinteressen der einzelnen Landwirte einzuräumen, und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hierzu.
72
In Art. 5 Abs. 4 Nitratrichtlinie wird für die auszuweisenden gefährdeten Gebiete eine (generelle) Düngebeschränkung statuiert, die in Deutschland mit dem Düngegesetz und der Düngeverordnung umgesetzt wurde. In den Erwägungsgründen der Nitratrichtlinie wird ausgeführt, dass der Nitratgehalt der Gewässer in bestimmten Gebieten der Mitgliedstaaten zu hoch sei. Ausgehend hiervon wird festgestellt, dass die Verwendung von stickstoffhaltigen Düngemitteln und Dung für die Landwirtschaft zwar erforderlich sei, die übermäßige Verwendung von Düngemitteln aber eine Gefahr für die Umwelt darstelle. Deshalb müssten gemeinsame Maßnahmen zur Bewältigung der Probleme aufgrund der intensiven Viehwirtschaft ergriffen werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Verschmutzung der Gewässer aus diffusen Quellen hauptsächlich durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen verursacht werde. Zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der lebenden Ressourcen und Ökosysteme der Gewässer sowie zur Sicherung sonstiger rechtmäßiger Nutzungen der Gewässer sei es notwendig, die durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen verursachte oder ausgelöste Gewässerverunreinigung zu reduzieren und einer weiteren Verunreinigung vorzubeugen. Deshalb müssten die Mitgliedstaaten die gefährdeten Gebiete ausweisen und Maßnahmen ergreifen, mit denen das Ausbringen jeglicher Art von stickstoffhaltigen Düngemitteln auf landwirtschaftliche Flächen begrenzt werde. Ausgangspunkt nach der Nitratrichtlinie sind die Gewässer, die von Verunreinigung betroffen sind (Art. 3 Abs. 1). Hierfür müssen die Mitgliedstaaten nach Art. 3 Abs. 2 Nitratrichtlinie alle in ihrem Gebiet bekannten Flächen, die in solche Gewässer entwässern und die zur Verunreinigung beitragen, als gefährdete Gebiete ausweisen. Dementsprechend bestimmt § 13a Abs. 1 DüV, dass die Landesregierungen zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat oder Phosphat durch Rechtsverordnung auf Grund von § 3 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 Nummer 3 und mit Abs. 5 DüngG die Gebiete auszuweisen haben. Für den Fall der Nichtausweisung sind in § 13a Abs. 4 und 5 DüV Sonderregelungen vorgesehen.
73
Hieraus ergibt sich zunächst, dass nach den europarechtlichen Vorgaben der Schutz des Grundwassers oberstes Ziel ist, und dass wegen dessen Verunreinigung zwingend Maßnahmen zu ergreifen sind, mit denen das Ausbringen jeglicher Art von stickstoffhaltigen Düngemitteln auf landwirtschaftliche Flächen begrenzt wird. Zum anderen wird zugrunde gelegt, dass die landwirtschaftlichen Quellen für die Gewässerverunreinigung die Hauptursache bilden, ohne dass hinsichtlich der konkreten Beteiligung einzelner Grundstücke differenziert würde. Der Nitratrichtlinie lässt sich die Notwendigkeit einer Aufteilung von Flächen nicht entnehmen. Vielmehr verlangt Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie, dass alle Flächen auszuweisen sind, die zur Verunreinigung beitragen. Diese Formulierung entspricht derjenigen etwa der englischsprachigen („contribute to“) und der französischsprachigen Fassung („contribuent à“) und knüpft daran an, dass von der fraglichen Fläche überhaupt Stickstoffverbindungen aus landwirtschaftlichen Quellen in das verunreinigte oder gefährdete Gewässer gelangen (vgl. Art. 2 Buchst. j Nitratrichtlinie) können, ohne dass weitere Anforderungen hinsichtlich des Verursachungsbeitrags gestellt würden. Die Richtlinie stünde somit auch einer Einbeziehung aller Flächen, für die überhaupt ein Beitrag zur Verunreinigung belasteter Gewässer festgestellt wurde, nicht entgegen.
74
Das wird bestätigt durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, U.v. 29.4.1999 – C-293/97 – ZUR 1999, 319 juris Rn. 30 ff.). Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, „Gewässer, die von Verunreinigung betroffen sind“, zu bestimmen und dementsprechend alle bekannten Flächen, die in solche Gewässer entwässern und zur Verunreinigung beitragen, als „gefährdete Gebiete“ auszuweisen. Voraussetzung hierfür sei (lediglich), dass diese Gewässer eine höhere Nitratkonzentration als 50 mg/l enthielten und der betroffene Mitgliedstaat der Auffassung sei, dass die Zuführung von Stickstoffverbindungen aus landwirtschaftlichen Quellen einen „erheblichen Beitrag“ zu dieser insgesamt bestehenden Nitratkonzentration darstelle (Rn. 40). Explizit wird darauf hingewiesen, dass die Mitgliedstaaten, denen ein weiter Ermessenspielraum zukomme, nicht zur genauen Bestimmung des Anteils der Nitrate aus landwirtschaftlichen Quellen an der Verunreinigung der Gewässer verpflichtet seien und eine solche Verunreinigung nicht ausschließlich durch die Landwirtschaft verursacht sein müsse (Rn. 30 f.). In diesem Zusammenhang führt der Europäische Gerichtshof im Gegenteil aus, dass eine Beschränkung auf Fälle, in denen landwirtschaftliche Quellen eine Nitratkonzentration von mehr als 50 mg/l verursachten, mit der Richtlinie unvereinbar wäre und gegen ihren Sinn und Zweck verstoßen würde. Eine grenzscharfe Ermittlung des konkreten Einzelverursachers wird auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht gefordert. Vielmehr führt er aus, die Nitratrichtlinie diene dazu, den Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen sicherzustellen. Deshalb komme den Mitgliedstaaten – wie bereits erwähnt – für die Bestimmung der Gebiete angesichts der Komplexität der Prüfungen, die sie in diesem Zusammenhang vorzunehmen hätten, ein großer Ermessensspielraum zu (EuGH, U.v. 29.4.1999 a.a.O. Rn. 37 ff.).
75
Zusammenfassend ergibt sich hieraus, dass nicht nach „Verursachungsanteilen“ differenziert wird, sondern vielmehr alle Flächen auszuweisen sind, die in verunreinigte Gewässer entwässern, selbst wenn sie im konkreten Einzelfall nur zu einem Anteil von 20% entwässern sollten. Die Notwendigkeit einer Aufteilung lässt sich der Nitratrichtlinie und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht entnehmen, insbesondere auch mit Blick darauf, dass die Landwirtschaft als Hauptursache angesehen wird.
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(4.) Darüber hinaus ergibt sich aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Oktober 2019 (C-197/18 – NVwZ 2019, 1587 juris Rn. 51), dass auch ein 20%-Anteil als „erheblich“ angesehen werden kann. Der Antragsgegner zieht aus dieser Rechtsprechung den Schluss (vgl. Schriftsatz vom 26.10.2023), dass schon bei Vorliegen des 20%-Anteils ein erheblicher Verursachungsbeitrag aus der Bewirtschaftung dieser Parzelle für die Gewässerbelastungen angenommen werden könne. Die Annahme des Europäischen Gerichtshofs, dass ein Beitrag erheblich sei, wenn die Landwirtschaft beispielsweise für 17% des Gesamtstickstoffs verantwortlich sei, könne sinngemäß auf die hier in Rede stehende Konstellation übertragen werden. Der Europäische Gerichtshof hat sich dabei auf das Urteil vom 22. September 2005 (C-221/03 – juris Rn. 86) bezogen. Dieses Verfahren betraf Maßnahmen für gefährdete „Gewässer“-Gebiete (Wassergewinnungszonen, Schutzgebiete, subhydrographische Becken für die Trinkwassergewinnung und Gebiete mit nitratempfindlichen Böden). Hierzu wurde entschieden, dass Beiträge in Höhe von 19% bzw. 17% in einem Becken zwar geringfügig seien, jedoch keineswegs unbedeutend. Diese Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Erheblichkeit von landwirtschaftlichen Verursachungsbeiträgen streitet zusätzlich dafür, dass auch im Rahmen der Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten ein 20%-Anteil erheblich ist und in der Folge die Einbeziehung von Feldstücken, die mindestens mit 20% in einem belasteten Gebiet liegen, nicht unverhältnismäßig sein kann.
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(5.) Ferner wird in § 13a Abs. 4 und 5 DüV bestimmt, dass im Falle einer fehlenden Ausweisung nach § 13a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 bzw. Nr. 4 DüV die gesamte landwirtschaftliche Nutzfläche im Gebiet des jeweiligen Grundwasserkörpers heranzuziehen ist bzw. die Oberflächenwasserkörper im gesamten Landesgebiet. Auch aus diesen Vorgaben wird deutlich, dass dem Schutz des Grundwassers die absolute Priorität eingeräumt wird. Demgegenüber müssen die privaten Interessen hintanstehen, sobald es denkbar erscheint, dass ein Grundstück zur Verunreinigung beiträgt. Das ist schon dann der Fall, wenn auf einem Feldstück, seien es 20% oder 50% der Fläche, eine Betroffenheit ermittelt wurde.
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(6.) Weiter kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass – wie der Antragsgegner im Rahmen des Schriftsatzes vom 26. Oktober 2023 erläutert hat – das Ausmaß der von der 20%-Klausel betroffenen Grundstücke sehr gering ist. Nur weniger als 2% der von der endgültigen Gebietsausweisung betroffenen Feldstücke sind zu weniger als 50% ihrer Fläche bayernweit in der Ausgangskulisse. Auch mit Blick auf den einzelnen Landwirt ist festzustellen, dass die zusätzliche Einbeziehung von bis zu 80% eines betroffenen Feldstücks nicht automatisch zu einer Vervielfachung der ausgewiesenen mit Nitrat belasteten Fläche führt. Die reale Zusatzbelastung durch die Einbeziehung aller Feldstücke, die zu mindestens 20% im belasteten Gebiet liegen, ergibt sich nämlich nicht allein aus diesen Feldstücken im Randbereich, sondern spiegelt sich erst im Verhältnis zur Fläche aller belasteten Feldstücke des jeweiligen Betroffenen wider.
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(7.) Die zur Grenzziehung bei Wasserschutzgebieten entwickelte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 2.8.2012 – 7 CN 1.11 – NVwZ 2013, 227 juris Rn. 19 ff.) und des 8. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 5.10.2021 – 8 N 17.1354 u.a. – juris Rn. 44 f. und Rn. 73 ff.) kann über die hier genannten Grundsätze hinaus nicht vollständig auf die Ausweisung von mit Nitrat belasteten und eutrophierten Gebieten übertragen werden. Die Situation ist nicht in allen Gesichtspunkten vergleichbar, insbesondere nicht hinsichtlich des Erfordernisses eines differenzierten Schutzkonzepts. Die Gesichtspunkte der Erforderlichkeit der räumlichen Ausdehnung einerseits und der Eignung der Ausweisung zum Schutz des Grundwassers andrerseits dürfen nicht vermengt werden. Grundlage dieser Rechtsprechung ist die Regelung in § 51 WHG, wonach die Landesregierung Wasserschutzgebiete festsetzen „kann“, soweit es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, Gewässer vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Damit handelt es sich bei der Ausweisung eines Wasserschutzgebiets um eine Ermessensentscheidung, wohingegen die Landesregierungen nach § 13a Abs. 1 DüV zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung Gebiete auszuweisen „haben“. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 2.8.2012, a.a.O.) bezieht sich in der Folge auch auf das der Verwaltung bei der Schutzgebietsausweisung eingeräumte Ermessen. Es wird hervorgehoben (a.a.O., juris Rn. 23), dass die Behörde nicht verpflichtet sei, ein Grundstück in den Geltungsbereich einer Wasserschutzgebietsverordnung einzubeziehen. Vielmehr komme ihr insoweit Ermessen zu, aufgrund dessen sie zu entscheiden habe, wie sie den gebotenen Schutz des Wasservorkommens letztlich gewährleisten wolle. Diese Ermessensentscheidung müsse sich an einem nachvollziehbaren Schutzkonzept messen lassen. Im Gegensatz zur Prüfung der Erforderlichkeit der räumlichen Ausdehnung des Wasserschutzgebiets gehe es dabei nicht um ein „Zuviel“ an Schutz, sondern um ein „Zuwenig“. Denn bei einer fehlerhaft unterbliebenen Einbeziehung eines Grundstücks könne die Eignung des Wasserschutzgebiets für den verfolgten Zweck infrage stehen. Insoweit kommt eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf die vorliegende Konstellation nicht in Betracht: Weder steht der Landesregierung hier ein Ermessen zu, im Rahmen dessen ein Schutzkonzept zu erarbeiten wäre, noch stellt sich angesichts der Tatsache, dass § 13a Abs. 1 DüV grundsätzlich alle dort genannten Gebiete als belastet ansieht und den Ländern lediglich die Möglichkeit eingeräumt ist, hiervon unbelastete Gebiete auszunehmen, die Frage, ob eine nötige Einbeziehung von Grundstücken unterblieben wäre und damit zu wenig an Schutz für das Grundwasser gewährleistet wurde.
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An der Übertragbarkeit fehlt es ferner deshalb, weil die tatsächlichen Grundlagen für die jeweilige Ausweisung völlig unterschiedlich sind. Ein Wasserschutzgebiet beschränkt sich auf eine im Vergleich relativ geringe Fläche, die nicht annähernd vergleichbar ist mit derjenigen bei Grundwasserkörpern. So beträgt etwa die Gesamtfläche (nur) der ausgewiesenen roten Gebiete bayernweit 933.718 ha, davon 545.892 ha landwirtschaftliche Fläche (s. S. 9 Ministerratsvorlage v. 11.11.2022, elektronische Akten unter USB_Stick_Aktenvorlage/Ministerratsverfahren/RV-15.11.2022-TOP_V_a.pdf). Durch die Hinzurechnung von Feldstücken, die mit 20% und mehr in der Kulisse liegen, war die ausgewiesene Gesamtfläche um 16.291 ha vergrößert worden (S.5 Ministerratsvorlage, a.a.O.). Dabei handelt es sich um etwa 2% der gesamten Gebietskulisse Bayerns, so dass die Erweiterung allein unter diesem Blickwinkel als geringfügig einzustufen wäre. In der Entscheidung des 8. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 5.10.2021 – 8 N 17.1354 u.a. – juris Rn. 2) hingegen hat das gesamte Wasserschutzgebiet nur eine Ausdehnung von rund 2.660 ha, die engere Schutzzone umfasst etwa 275 ha. Zudem ist das Verhältnis zwischen der erforderlichen und der tatsächlichen Einbeziehung dort ein ganz anderes: So weist zum Beispiel die engere Schutzzone für zwei Brunnen eine Größe von 334.835 m² auf, obwohl die Fläche innerhalb der 50-Tage-Linie beider Brunnen nur 158.927 m² beträgt, so dass Flächen außerhalb des aus fachlicher Sicht eigentlich erforderlichen Bereichs in einer Größenordnung von 175.000 m² einbezogen wurden (Rn. 77), das heißt mehr als das Doppelte als erforderlich.
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c) Darüber hinaus genügt die Gebietsausweisung durch die angegriffene AVDüV auch dem Bestimmtheitsgebot.
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Inwieweit ein Grundstückseigentümer von der Ausweisung betroffen ist, kann dieser anhand der Überblickskarten sowie aus Detailkarten im Maßstab 1:5.000, die Bestandteil der Ausführungsverordnung sind, erkennen (s. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 AVDüV). Ob die Nutzung seines Grundeigentums beschränkt und der Verkehrswert bzw. der zu erzielende (Pacht-)Ertrag vermindert wird, ist keine Frage der Bestimmtheit der Regelung, sondern betrifft deren Zumutbarkeit. Wie der Senat bereits im Eilbeschluss (Rn. 54) ausgeführt hat, richtet sich die Bewirtschaftungsbeschränkung an den tatsächlichen Bewirtschafter. Die konkrete Zuordnung der mit der Beschränkung belasteten Flächen muss nicht notwendig dem Eigentümer, sondern dem betroffenen landwirtschaftlichen Betrieb möglich sein (s. hierzu die amtliche Begründung zu §§ 10 und 16 AW GeA 2020, BR-Drs. 455/20, S. 33 und 36 und zu §§ 7 und 13 AVV GeA 2022, BR-Drs. 275/22, S. 28 und 31). Allein dieser ist Adressat der Regelung. Als Bewirtschafter kennt er auch die in den Detailkarten hinterlegten FID-Nummern seiner Betriebsgrundstücke aus der Beantragung landwirtschaftlicher Beihilfen.
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In Bayern sind die Feldstücke seit langem die Grundlage für die Abwicklung der Agrarförderung im Rahmen des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems (vgl. § 8 Abs. 1 BayGAPV; § 3 Nr. 3 InVeKoSV; Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates v. 29.9.2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. L 270 v. 21.10.2003, S. 1). Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass die Landesregierungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 InVeKoSV auch das Flurstück als Referenzparzelle bestimmen können. Von dieser Möglichkeit wurde in Bayern nicht Gebrauch gemacht, vielmehr stützt sich das System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen gemäß § 8 Abs. 1 BayGAPV auf das Feldstück. Dementsprechend ist in Bayern auch bei der vorliegenden Ausweisung das Feldstück die landwirtschaftliche Referenzparzelle. Für die Bestimmtheit der Ausweisung betroffener Feldstücke bleibt es damit ohne Bedeutung, ob die Flurstücksgrenzen zu erkennen und die Flurstücksnummern lesbar sind. Diesem Ergebnis steht die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (U.v. 9.2.2023 – 13 S 3646/21 – NuR 2023, 704 – juris Rn. 39) zu einer flurstücksorientierten Ausweisung nicht entgegen, denn die dortige Ausgangslage ist nicht mit der vorliegenden vergleichbar: In der dortigen Verordnung der (baden-württembergischen) Landesregierung zu Anforderungen an die Düngung in bestimmten Gebieten zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigungen (VODüVGebiete) werden als Referenzparzellen Flurstücke herangezogen, wohingegen sich die vorliegende bayerische AVDüV nach obigen Darlegungen auf das Feldstück als landwirtschaftliche Referenzparzelle bezieht. Damit ist es für die Bestimmtheit der AVDüV auch unschädlich, wenn im Einzelfall in den Kartendarstellungen Flurstücksgrenzen nicht zu erkennen wären.
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4. Der Normenkontrollantrag führt auch im Hilfsantrag nicht zum Erfolg. Über die allgemeinen, die gesamte Ausweisung betreffenden Rügen hinaus hat der Antragsteller konkret zum Grundwasserkörper 2_G027 und die dort für die Ausweisung herangezogenen Grundwassermessstellen keine Einwände geltend gemacht. Soweit er im Antragsschriftsatz vom 15. Januar 2021 Zweifel geäußert hat, ob die Messstellen überhaupt geeignet seien, eine einwandfreie Ausweisung nach den §§ 6 ff. AW GeA 2020 zu ermöglichen, und ob der Faktor bestehender Messunsicherheiten nach den derzeitigen Vorgaben nicht hinreichend berücksichtigt sei, hat er sich zwar weiteren Sachvortrag vorbehalten. Allerdings hat er im Folgenden keine weiteren Einwendungen hierzu mehr vorgebracht, insbesondere nicht, als er nach Erlass der Änderungsverordnung vom 22. November 2022 (AVDüV 2022) erstmals den Hilfsantrag bezüglich des Grundwasserkörpers 2_G027 gestellt hat. Etwaige Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Ausweisung und eine hieraus resultierende Teilnichtigkeit sind auch nicht ersichtlich.
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5. Auch die weiteren Regelungen in der AVDüV sind nicht zu beanstanden. Insbesondere findet die Anordnung zusätzlicher Anforderungen in § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 2 AVDüV ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 und § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 DüngG i.V.m. § 13a Abs. 3 DüV. Die Ausnahme für Dauergrünlandflächen in § 1 Abs. 3 AVDüV beruht auf § 3 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 und § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 DüngG i.V.m. § 13a Abs. 2 Nr. 1 Teils. 3 DüV. Rechtsgrundlage der abweichenden Anforderungen in § 3 AVDüV ist § 3 Abs. 4 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 und § 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 DüngG i.V.m. § 13a Abs. 7 DüV. § 4 AVDüV beruht auf § 14 Abs. 2 Nr. 1, 15 Abs. 5 (früher Abs. 6) Satz 1 DüngG i.V.m. § 13a Abs. 1 DüV.
III.
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Der Normenkontrollantrag war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 ZPO.
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Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.