Inhalt

VG München, Urteil v. 23.01.2024 – M 31 K 21.3429
Titel:

Vorhaltepauschale für Privatkliniken

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
Richtlinie über die Gewährung von Vorhaltepauschalen für Privatkliniken nach § 30 Gewerbeordnung
GewO § 30
BayHO Art. 23, Art. 44
Leitsätze:
1. Subventionen müssen sich gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen jedoch dem Norm- und Richtliniengeber in sehr weitem Umfang zu Gebote. Solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Sind die Fördervoraussetzungen zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere einschlägige Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
3. Dem Richtlinien- und Zuwendungsgeber steht es frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder ggf. sogar bessere Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zuwendungsrecht, Vorhaltepauschale für Privatkliniken, Vorhaltepauschale, Privatklinik, Zuwendung, Plankrankenhaus, Förderantrag, Fördervoraussetzung, Willkürgrenze, Förderpraxis, Verwaltungspraxis
Fundstelle:
BeckRS 2024, 15100

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin betreibt eine Privatklinik sowie ein Plankrankenhaus am gleichen Standort in M.-Ha. und begehrt von dem Beklagten die Gewährung einer Ausgleichszahlung auf Grundlage der Richtlinie über die Gewährung von Vorhaltepauschalen für Privatkliniken nach § 30 Gewerbeordnung für die Freihaltung von Kapazitäten zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (sog. Vorhaltepauschalen für Privatkliniken).
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Unter dem 3. August 2020 stellte die Klägerin für die „… Klinik Mü. … Privatklinik“ bei dem Beklagten, vertreten durch das Bayerische Landesamt für ...(Landesamt), einen Antrag auf Ausgleichzahlung. Sie gab dabei insbesondere an, dass alle vorhandenen 34 Betten ausschließlich Privatpatientinnen und -patienten zur Verfügung stünden und der akutstationären Behandlung mit einer Konzession nach § 30 GewO dienten sowie dass keine Betten in der Klinik vorhanden seien, die im Sinne des § 108 SGB V zugelassen und im Krankenhausplan 2020 des Freistaats Bayern aufgelistet seien. Weiterhin wurde angegeben, dass keine Versorgungsverträge mit den gesetzlichen Krankenkassen bestünden und das von der Klinik keinerlei Ausgleichszahlungen nach § 21 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) o.ä. beantragt würden. Unter „Ergänzende Angaben oder Erläuterungen zum Antrag“ wurde schließlich Folgendes angegeben:
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„Die Angaben im Antrag beziehen sich ausschließlich auf die Privatklinik. Neben der Privatklinik existiert auch ein Plankrankenhaus, für welches auch bereits Ausgleichszahlungen in Anspruch genommen wurden.“
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Mit Schreiben vom 1. April 2021 teilte das Landesamt der Klägerin mit, dass sie beabsichtige den Antrag mit der Begründung abzulehnen, dass die Klägerin neben der Privatklinik, für die sie den Antrag gestellt hat, noch das Plankrankenhaus „… Klinik Harlaching“ als zugelassenes Krankenhaus im Sinne des § 108 SGB V, für welches sie Ausgleichszahlungen nach § 21 KHG erhalten habe, betreibe und beide Kliniken gesellschaftsrechtlich zu einer Gesellschaft gehörten; die Voraussetzungen einer reinen Privatklinik im Sinne der Richtlinie über die Gewährung von Vorhaltepauschalen für Privatkliniken nach § 30 Gewerbeordnung (Bekanntmachung des bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 3.6.2020, BayMBl. 2020 Nr. 318 – nachfolgend „Privatkliniken-Richtlinie“) seien daher nicht erfüllt. Ferner stelle sich die Klägerin ihrem Gepräge nach nicht wie eine Privatklinik dar, da lediglich 34 Privatbetten gegenüber 148 Planbetten nach dem Krankenhausplan 2020 vorgesehen seien. Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis 21. April 2021 gegeben.
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Mit Bescheid vom 27. Mai 2021, den Klägerbevollmächtigen zugegangen am 7. Juni 2021, lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, gefördert würden nur reine Privatkliniken, die weder in den Krankenhausplan des Freistaats aufgenommen seien noch über Versorgungsverträge mit den Krankenkassen verfügten. Die Klägerin hingegen betreibe nicht nur die „… Klinik M. H. Privatklinik“, sondern sei ebenfalls Trägerin der „… Klinik M. H.“, welches ein zugelassenes Krankenhaus im Sinne von § 108 SGB V mit 148 Planbetten sei, für die sie Ausgleichszahlungen nach § 21 KHG erhalten habe. Es komme dabei nach der Verwaltungspraxis des Beklagten auch nicht auf eine räumliche und organisatorische Trennung der Abteilung für Privatpatienten an, sondern allein auf die einheitliche Trägerschaft. Auch eine unbillige Härte liege wegen des geringen Anteils der Privatbettenbelegung an der Gesamtbelegung nicht vor.
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Mit Klageschrift vom 28. Juni 2021 ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten Klage erheben mit dem Antrag,
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den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 27. Mai 2021 zu verpflichten, der Klägerin antragsgemäß Ausgleichszahlungen gemäß der Richtlinie für Privatkliniken nach § 30 GewO zu gewähren.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, es komme nicht auf die gesellschaftsrechtliche Betrachtung der Trägerschaft, sondern allein auf die organisatorische Ausrichtung der Klinik an. Demnach handele es sich bei der Privatklinik und dem Plankrankenhaus der Klägerin um strikt voneinander zu trennende Krankenhäuser, die lediglich unter gemeinsamer Trägerschaft stünden. Die Privatklinik erfülle alle Voraussetzungen der streitgegenständlichen Förderrichtlinien. Insbesondere verfüge die Privatklinik über eine eigene Gewerbekonzession im Sinne von § 30 GewO. Insbesondere setze die Richtlinie nicht voraus, dass die Privatklinik in einer Trägerschaft einer eigenständigen juristischen Person stehen müsse, zumal die Richtlinie sogar den Ausnahmefall vorsehe, dass eine Klinik nur überwiegend und nicht ausschließlich private Betten betreibe. Dies entspreche auch der Rechtsprechung zur Entgeltbindung von Privatkliniken gemäß § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG, bei der eine gemeinsamere Ressourcennutzung mit einem Plankrankenhaus einer Einordnung als reine Privatklinik nicht entgegenstehe. Diese Sichtweise entspreche weiterhin dem Sinn und Zweck der Vorhaltepauschale, nämlich Ausgleich zu leisten für die Verpflichtung zur Schaffung von Kapazitäten für Corona-Patienten, die nach den Allgemeinverfügungen des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) sowie des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration (StMI) auch für reine Privatklinik gelte. Auch seien die 34 Betten der Privatklinik nicht im Krankenhausplan ausgewiesen und seien demnach auch nicht bei den Ausgleichszahlungen gemäß § 21 KHG berücksichtigt worden, so dass eine Doppelförderung ausgeschlossen sei.
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Mit Schriftsatz vom 1. April 2022 beantragt der Beklagte,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte tritt der Klage unter Wiederholung und Vertiefung der Begründung des angefochtenen Bescheides entgegen. Es wird auf den Charakter der Ausgleichszahlungen als Billigkeitsleistung nach Art. 53 BayHO abgestellt, wonach eine solche freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel gewährt werde. Dabei komme es nach der ständigen Rechtsprechung maßgeblich auf die Verwaltungspraxis des Zuwendungsgebers an. Vorliegend stelle das Landesamt für die Beurteilung des Vorliegens einer reinen Privatklinik oder einer dem Gepräge nach reinen Privatklinik im Sinne der streitgegenständlichen Förderrichtlinien auf die (gesellschafts-)rechtliche Einordnung der jeweiligen Klinik ab. Dabei sei es unerheblich, ob die Abteilung für Privatpatienten räumlichen organisatorisch von den Planbetten getrennt sei oder eine eigene Bezeichnung führe. Denn dies ändere nichts daran, dass ein Krankenhaus i.S.d. § 108 SGB V als potentieller Zuwendungsempfänger bereits Ausgleichszahlungen nach § 21 KHG erhalten habe. Das entscheidende Zuordnungskriterium sei somit die Ausweisung des Krankenhauses im Bayerischen Krankenhausplan bzw. das Vorhandensein von Versorgungsverträgen mit den Krankenkassen. Im Übrigen gehe auch die Klägerin selbst in ihrem strukturierten Qualitätsbericht gemäß § 136b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V für das Jahr 2019 von einem Krankenhaus als wirtschaftliche Einheit aus, die über zwei Versorgungsbereiche (Plankrankenhaus und Privatklinik) verfüge (Anlage zur Klageerwiderung, S. 3). Schließlich habe auch die Härtefallprüfung i.S.v. Nr. 3 der Förderrichtlinien zu keiner abweichenden Beurteilung geführt, da der Anteil der Privatbettenbelegung an der Gesamtbelegung lediglich 14,06% betragen habe und damit unter der dort vorgesehenen 50%-Schwelle liege. Der Förderausschluss führe schließlich zu keiner unbilligen Härte, da der Beklagte im Rahmen der Billigkeitsentscheidung davon ausgegangen sei, dass die Ausgleichszahlungen nach § 21 KHG bezüglich der 148 Planbetten insgesamt als ausreichend für die Liquiditätssicherung eingestuft worden sei. Die Verwaltungspraxis der Behörde sei daher von sachlichen Erwägungsgründen getragen, so dass jedenfalls keine Willkür anzunehmen sei.
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Mit Beschluss vom 27. November 2023 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Einzelrichterin übertragen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Die Ablehnung des Förderantrags der Klägerin vom 3. August 2020 durch den Bescheid des Beklagten vom 27. Mai 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Bewilligung der begehrten Zuwendung, § 113 Abs. 5 VwGO.
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1. Eine Rechtsnorm, die konkret einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie im billigen Ermessen der Behörde unter Beachtung des Haushaltsrechts (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis.
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Der Norm- und der mit ihm insoweit gleichzusetzende Richtliniengeber (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – juris Rn. 18; U.v. 24.4.1987 – 7 C 24.85 – juris Rn. 12) ist zunächst bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Subventionen müssen sich vielmehr gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen jedoch dem Norm- und Richtliniengeber in sehr weitem Umfang zu Gebote; solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (stRspr; vgl. z.B. BVerfG, U.v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99 – juris Rn. 61; ebenso etwa Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 255).
18
Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Förderrichtlinien als lediglich verwaltungsinterne, das Ermessen der für die Verteilung der staatlichen Leistung zuständigen Stellen steuernde Weisungen vermögen aufgrund ihrer daraus folgenden Rechtsnatur als Verwaltungsvorschriften eine anspruchsbegründende Außenwirkung ausschließlich durch den Gleichheitssatz und das im Rechtsstaatsprinzip verankerte Gebot des Vertrauensschutzes unter Beachtung des Förderzwecks und des materiellen Rechts im Übrigen zu begründen (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2013 – 10 C 1.17 – juris Rn. 15). Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder gegebenenfalls ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (BVerwG, aaO; U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 3.8.2022 – 22 ZB 22.1151 – juris Rn. 17; B.v. 17.11.2010 – 4 ZB 10.1689 – juris Rn. 19; VG München, U.v. 7.3.2023 – M 31 K 22.1300, juris Rn. 25; U.v. 10.4.2019 – M 31 K 17. 5785 – juris Rn. 25).
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2. Nur entsprechend den vorgenannten Grundsätzen kann ein Anspruch auf Förderung im Einzelfall bestehen. In der Vorbemerkung der Förderrichtlinien wird im Übrigen auch ausdrücklich klargestellt, dass die Zuwendung ohne Rechtsanspruch erfolgt. Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Zuwendung.
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Das Landesamt hat die Förderberechtigung im Fall der Klägerin zur Überzeugung des Gerichts in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint, indem sie maßgeblich auf die einheitliche gesellschaftsrechtliche Trägerschaft der Klägerin an dem Plankrankenhaus „… Klinik Harlaching“ neben der „… Klinik M. H´. Privatklinik“ abgestellt und darüber hinaus wegen des geringen Anteils von Privatbetten gegenüber Planbetten auch keine Privatklinik ihrem Gepräge nach angenommen hat.
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Prüfungsmaßstäblich ist allein die tatsächliche Förderpraxis der Beklagten im Vollzug der Förderrichtlinien. Gemäß der von dem Beklagten herangezogenen Ziffer 3 der Privatkliniken-Richtlinie sind grundsätzlich nur reine Privatkliniken förderberechtigt („Begünstigte“), worunter ausdrücklich Krankenhäuser der akutstationären Versorgung mit einer Konzession nach § 30 Abs. 1 Satz 1 GewO, die weder in den Krankenhausplan des Freistaats Bayern aufgenommen sind noch über Versorgungsverträge mit den Krankenkassen verfügen, zu verstehen sind (Ziffer 3 Abs. 1); ebenfalls begünstigt werden können im Rahmen einer Härtefallentscheidung Privatkliniken, deren Anteil der Klinikbetten ausschließlich für Privatpatienten und -patienten einen so erheblichen Teil der Gesamtbettenzahl der Klinik im Verhältnis zu den zugelassenen Betten ausmacht, dass sie im Gepräge nach wie eine reine Privatklinik zu bewerten sind (Ziffer 3 Abs. 2).
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Diese ständige Verwaltungspraxis ist nicht zu beanstanden. Sie bewegt sich im Rahmen des weiten Gestaltungsspielraums der Zuwendungsbehörde und des Richtliniengebers, deren Sache es allein ist, für die Zwecke der Gewährung von Mitteln den Kreis der Förderberechtigten zu definieren und dies entsprechend zu vollziehen. Dem Richtlinien- und Zuwendungsgeber steht es frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese zu handhaben. Die Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder gegebenenfalls sogar bessere Gründe gäbe. Eine Verletzung des Willkürverbots liegt nur dann vor, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich daher der Schluss aufdrängen würde, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhten (vgl. VG München, U.v. 30.5.2022 – M 31 K 21.3379 – juris Rn. 34f; BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 13; VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 28).
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Im Lichte des vorstehend Ausgeführten ist dies nachvollziehbar nicht der Fall. Wie die Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, kommt es für die Frage der Förderfähigkeit nach der maßgeblichen ständigen Vollzugspraxis des Beklagten entscheidend darauf an, ob das antragstellende Unternehmen als solches insgesamt wegen der Vorhaltung von Kapazitäten in Liquiditätsschwierigkeiten geraten ist und dafür keine Ausgleichszahlungen in jeglicher Form bereits erhalten hat, insbesondere nach § 21 KHG. Maßgeblich ist also, ob es sich – unabhängig von einer etwaigen tatsächlichen organisatorischen Trennung und unterschiedlicher Bezeichnungen von Privatklinik und Plankrankenhaus – um ein Krankenhaus in einheitlicher Trägerschaft im Sinne der Privatkliniken-Richtlinie handelt. Diese Betrachtungsweise deckt sich im Übrigen auch mit dem angegebenen Zweck der Förderung, nämlich dem Ausgleich der mit der Pflicht zur Freihaltung akutstationärer Behandlungskapazitäten verbundenen Umsatzeinbußen und die finanzielle Absicherung der reinen Privatkliniken, die gerade keine Ausgleichszahlungen erhalten (vgl. Ziffer 1 der Privatkliniken-Richtlinie). Dies ist in Fällen wie dem Vorliegenden gerade nicht der Fall, wenn der Träger zumindest für den Anteil der betroffenen Planbetten Ausgleichszahlungen erhalten hat. Dieser Maßstab ist mit Blick auf den weiten Gestaltungsspielraum der Beklagten, der dieser im Rahmen der streitbefangenen Förderung zukommt, von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Im Übrigen hat das Landesamt zu Recht festgestellt, dass die Klägerin in dem von ihr vorgelegten strukturierten Qualitätsbericht für das Jahr 2019 selbst von einem Krankenhaus als wirtschaftliche Einheit ausgeht, das über zwei Versorgungsbereiche (Plankrankenhaus und Privatklinik) verfügt (Anlage zur Klageerwiderung, S. 3).
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Das Vorbringen der Klägerbevollmächtigten, wonach es nicht auf die gesellschaftsrechtliche Betrachtung der Trägerschaft, sondern allein maßgeblich auf die organisatorische Ausrichtung der Klinik ankommen müsse, zumal die Förderrichtlinie nicht voraussetze, dass die Privatklinik in der Trägerschaft einer eigenständigen juristischen Person stehen müsse, greift nicht durch. Dies ergibt sich bereits daraus, dass – wie bereits ausgeführt – eine Förderrichtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden darf, sondern es allein darauf ankommt, wie das Landesamt die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in seiner ständigen Verwaltungspraxis gehandhabt hat. Zu der weiteren klägerischen Argumentation, diese Sichtweise entspreche dem Sinn und Zweck der Vorhaltepauschale, nämlich Ausgleich zu leisten für die Verpflichtung zur Schaffung von Kapazitäten für Corona-Patienten, die nach den geltenden Allgemeinverfügungen auch für reine Privatkliniken galt, haben die Beklagtenvertreter – wie oben unter Rn. 23 ausgeführt – überzeugend dargelegt, dass der Zweck der Förderung gerade nicht darin besteht, Ausgleich für jegliche Vorhaltung von Privatbetten zu leisten, sondern lediglich bezüglich der reinen Privatkliniken, die gerade keine Ausgleichszahlungen erhalten, was auf Träger, die sowohl über Privat- als auch Planbetten in ihren Häusern verfügen, gerade nicht zutrifft.
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Auch aus dem Verweis der Klägerbevollmächtigten aus die Rechtsprechung zur Entgeltbindung von Privatkliniken gemäß § 17 Abs. 1 Satz 5 KHG, bei der eine gemeinsame Ressourcennutzung mit einem Plankrankenhaus einer Einordnung als reine Privatklinik nicht entgegenstehe, folgt nichts Anderes. Auf die Wertungen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes kommt es nicht an, da das Landesamt als zuständige Zuwendungsbehörde im Rahmen ihrer Förderpraxis eigene Wertungen vornehmen durfte (vgl. zur vergleichbaren Konstellation von handels- und insolvenzrechtlichen Wertungen VG München, U.v. 31.5.2022 – M 31 K 20.1730 – juris Rn. 21; U.v. 23.2.2021 – M 31 K 21.418 – juris Rn. 27; sowie zur Frage der Verbundenheit von Unternehmen VG München, U.v. 14.7.2021 – M 31 K 21.2307 – juris Rn. 31).
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Ebenso wenig verfängt die Argumentation, wonach eine Doppelförderung aufgrund des Umstands, dass die 34 Betten der Privatklinik nicht im Krankenhausplan ausgewiesen und demnach auch nicht bei den Ausgleichszahlungen gemäß § 21 KHG berücksichtigt worden seien, ausgeschlossen sei. Denn es kommt – wie bereits oben ausgeführt – nach der ständigen Verwaltungspraxis des Beklagten entsprechend dem Förderzweck vielmehr allein darauf an, ob der Träger aufgrund der Vorhaltepflicht in Liquiditätsschwierigkeiten geraten ist und in irgendeiner Form bereits Ausgleichszahlungen erhalten hat. Unerheblich ist demnach, dass für die konkreten 34 Privatbetten des Trägers keine Ausgleichszahlungen erfolgt sind; es genügt vielmehr zum Ausschluss der Berechtigung bereits, dass die Klägerin überhaupt Ausgleichszahlungen erhalten hat, nämlich bezüglich der 148 Planbetten.
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Darüber hinaus hat das Landesamt in nicht zu beanstandender Weise dargelegt, dass auch die Härtefallprüfung i.S.v. Ziffer 3 der Förderrichtlinie zu keiner abweichenden Beurteilung geführt hat, da der Anteil der Privatbettenbelegung an der Gesamtbelegung lediglich 14,06% betragen hat und damit unter der dort vorgesehenen 50%-Schwelle lag. Die Zuwendungsbehörde hat dabei rechtsfehlerfrei entschieden, dass der Förderausschluss zu keiner unbilligen Härte führt, indem sie im Rahmen der Billigkeitsentscheidung die Ausgleichszahlungen nach § 21 KHG bezüglich der 148 Planbetten insgesamt als ausreichend für die Liquiditätssicherung eingestuft hat. Die Verwaltungspraxis der Behörde ist somit von sachlichen Erwägungsgründen getragen und damit nicht willkürlich.
3. Mit dieser Entscheidung bewegt sich der Beklagte zur Überzeugung des Gerichts im Rahmen seiner gleichmäßig geübten Verwaltungspraxis. Aus dem Vortrag der Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung, mit dem die einheitliche und gleichförmige Anwendung in Zweifel gezogen wird, folgt nichts Anderes. Das Vorbringen, wonach es für möglich erachtet wird, dass in der denkbaren Konstellation einer Trägerschaft an mehreren Kliniken an bayernweit unterschiedlichen Standorten möglicherweise entgegen dieser Verwaltungspraxis diese nicht als wirtschaftliche Einheit betrachtet worden und damit in den Genuss einer Förderung gekommen seien, ist bereits nicht hinreichend substantiiert, sondern vielmehr rein spekulativ. Darüber hinaus haben die Beklagtenvertreter hierauf überzeugend mitgeteilt, dass kein solcher Fall bekannt sei. Darüber hinaus hätte der Beklagte mit einer in Einzelfällen unrichtigen Sachbehandlung auch keine abweichende Verwaltungspraxis konstituiert. Eine Gleichbehandlung „im Unrecht“ kann die Klägerin nicht beanspruchen. Für die Annahme einer kraft behördlicher Selbstbindung beachtlichen abweichenden Verwaltungspraxis bedarf es einer aus den Umständen des Einzelfalls erkennbar werdenden Absicht, zukünftig vergleichbare Fälle ebenso zu behandeln. Eine solche Praxis setzt dabei bewusst und gewollt dauerhaft geänderten Vollzug voraus, der sich aus einer im Nachhinein ggf. als fehlerhaft erkannten Rechtsanwendung des Beklagten gerade nicht ergibt. Eine lediglich irrtümliche Abweichung in Einzelfällen begründet hingegen gerade keine Änderung der Verwaltungspraxis (vgl. z.B. NdsOVG, U.v. 24.3.2021 – 10 LC 203/20 – juris Rn 29 f.; VG Würzburg, U.v. 26.4.2021 – W 8 K 20.2093 – juris Rn. 43; VG München, U.v. 7.3.2023 – M 31 K 22.1300, juris Rn. 26; U.v. 23.3.2021 – M 31 K 20.4082 – juris Rn. 42) und damit auch keinen Anspruch der Klägerin. Der Beklagte hat die Möglichkeit, in solchen Fällen von den Aufhebungsvorschriften der Art. 48 ff. BayVwVfG, namentlich der Rücknahmebefugnis des Art. 48 BayVwVfG, Gebrauch zu machen oder entsprechende Vollzugsdefizite in „Ausreißerfällen“ zu korrigieren, damit rechtswidrige Bewilligungen rückgängig zu machen und entsprechende Auszahlungen zurückzufordern (Art. 49a BayVwVfG).
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Die Klage war nach alledem abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.