Titel:
Kein Anspruch der Träger von freien Kindertageseinrichtungen auf Förderung
Normenketten:
BayKiBiG Art. 3, Art. 5
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12, Art. 19 Abs. 4 S. 1
RDGEG § 3, § 5
SGB VIII § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 S. 2, § 5 Abs. 1 S. 1, § 24, § 45, § 90 Abs. 4
VwGO § 55a Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4, Abs. 5, Abs. 6, § 55d, § 67 Abs. 4 S. 4, S. 7, § 86 Abs. 3, § 123, § 155 Abs. 1 S. 1, § 188 S. 2
ZPO § 920 Abs. 2
Leitsätze:
1. Selbst für den Fall, dass auch die Förderung nach der MKF gegenüber nicht geförderten Trägern aufgrund einer wettbewerbsbeeinflussenden Wirkung rechtswidrig, in deren Grundrecht nach Art. 12 GG eingreifen sollte, wäre kein wesentlicher Schaden glaubhaft gemacht, der bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache eine existentielle Bedrohung freigemeinnütziger und sonstiger Träger von Kindertageseinrichtungen darstellen könnte. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der von der Gemeinde bisher erbrachte bzw. zukünftig geplante Förderung handelt es sich um eine freiwillige Leistung der Gemeinde, auf die auch nicht aus § 24 SGB VIII oder Art. 5 BayKiBiG ein Anspruch der Träger von Kindertageseinrichtungen besteht. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einstweilige Anordnung (Ablehnung), Vorbeugender Unterlassungsanspruch, Anforderungen an Anordnungsgrund, Anordnungsanspruch, Anordnungsgrund, einstweiligen Anordnung, Untersagung, Glaubhaftmachung, Unterlassung, Berufsfreiheit, Defizitausgleichssystem, Elternentgelte, Existenzgefährdung, Förderung, Zuschuss, Bewilligung, Elternbeiträge, existentielle Bedrohung, kommunale Kindertageseinrichtungen, freiwillige Leistung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 15087
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe
1
Die Antragstellerinnen begehren die Verpflichtung der Antragsgegnerin, vorläufig die Anwendung der Förderrichtlinie „Münchner Kitaförderung“ (im Folgenden: MKF) zu unterlassen.
2
Die Antragstellerinnen betreiben jeweils als sog. sonstige Träger nach Art. 3 BayKiBiG Kindertageseinrichtungen im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin.
3
Die Antragsgegnerin betreibt kommunale Kindertageseinrichtungen und bezuschusst im Rahmen der sogenannten „Münchner Förderformel“ (im Folgenden: MFF) (wohl) seit 2011 freigemeinnützige und sonstige Träger von Kindertageseinrichtungen über die gesetzliche Betriebskostenförderung hinaus. Die Details der Förderung werden in – mehrfach geänderten – Richtlinien der Antragsgegnerin geregelt. Zuletzt mit Wirkung zum 1. September 2019 hatte die Antragsgegnerin die Förderung in der „Zuschussrichtlinie (ZuRi)“ sowie der „Differenzförderungsrichtlinie zur Förderung kinderreicher Familien und zur einkommensbezogenen Staffelung der Elternentgelte (DiRi)“ (jeweils in der Fassung vom 21. Mai 2019) neu gefasst.
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Mit rechtskräftigem Urteil des erkennenden Gerichts vom 22. September 2021 (M 18 K 20.737 – juris) stellte das Gericht fest, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Förderpraxis entsprechend o.g. Richtlinien auf Grund der damit einhergehenden zumindest berufsregelnden Tendenz sowie der wettbewerbsbeeinflussenden Wirkung unzulässig in das Grundrecht der damaligen Klägerin nach Art. 12 Abs. 1 GG eingreift, hieraus jedoch kein Anspruch der Klägerin auf Bewilligung einer Ausgleichszahlung begründet werde.
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In der Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V11363 der Verwaltung der Antragsgegnerin für die Sitzung der Vollversammlung des Stadtrates zur endgültigen Beschlussfassung über die Neugestaltung der freiwilligen Förderung der Antragsgegnerin für Kindertageseinrichtungen freigemeinnütziger und sonstiger Träger wird insbesondere ausgeführt, dass als Nachfolge für die MFF ein neues freiwilliges Fördersystem konzipiert werde, welches die Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit für Münchner Kinder zum Ziel habe. Gleichzeitig solle auch die Entlastung der Eltern bei den Elternentgelten und eine Betriebskostenförderung der teilnehmenden Einrichtungen zusätzlich zur bestehenden Landesförderung berücksichtigt werden. Das neue Defizitausgleichssystem werde über eine Richtlinie geregelt. In Anbetracht des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 26.10.2023 (Aktenzeichen: 5 C 6.22) sei die Beibehaltung der MFF, die an eine starre Obergrenze für Elternentgelte geknüpft ist, bis 31. Dezember 2024 nicht mehr zielführend. Jede Verschiebung der Einführung des Defizitausgleichssystems würde die aktuell vom Verwaltungsgericht München als rechtswidrig angesehene Förderpraxis im Rahmen der MFF, gegen die auch Unterlassungsklagen rechtshängig sind, aufrecht erhalten. Die Förderung hiernach solle zum 31. August 2024 beendet werden. Eine rechtliche Grundlage zur Deckelung der Elternentgelte und für eine freiwillige kommunale Förderung von Kindertageseinrichtungen sei im bayerischen Landesrecht nicht gegeben. Somit bestehe auch beim Defizitausgleichssystem bei gewissen steuernden Gestaltungen ein erhebliches Risiko von Grundrechtseingriffen. Für das neue Defizitausgleichssystem ergäbe sich ein maximaler kalkulatorischer Kostenrahmen von bis zu 197.900.000 EUR jährlich.
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Die Vollversammlung der Antragsgegnerin beschloss in der öffentlichen Sitzung vom 28. Februar 2024, die Verwaltung zu beauftragen, die neue freiwillige Förderung Münchner Kindertageseinrichtungen im Rahmen eines Defizitausgleichssystems durch Verwaltungsakte unter den in der als Entwurf vorliegenden Richtlinie festgelegten Voraussetzungen ab dem 1. September 2024 mit im Detail ausgeführten Änderungen umzusetzen. Die Richtlinie soll zum 1. September 2024 in Kraft treten und das aktuelle Zuschusssystem zur MFF ersetzen.
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Mit Schreiben des Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin vom 8. März 2024 an die Träger von Kindereinrichtungen im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin bat dieser um Teilnahme am neuen Defizitausgleichssystem. Er habe sich an den Freistaat Bayern gewandt, um durch eine Änderung des BayKiBiG gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um für alle Eltern vergleichbare Bedingungen zu schaffen. Bis darüber Klarheit bestehe, bitte er eindringlich im Interesse der Eltern, dass alle Träger das neue Defizitausgleichssystem als zukünftige Perspektive in Betracht ziehen, bei großen Trägern zumindest für einen wesentlichen Teil der betriebenen Einrichtungen. Die vorliegenden Förderzahlen der Vergangenheit würden zudem deutlich machen, dass zur Deckung der Platzkosten keine Elternentgelterhöhung in Höhe von teilweise über 1000 EUR, wie sie offenbar von einigen Trägem angekündigt seien, notwendig seien. Deshalb bitte er eindringlich, bei der Bemessung der Elternentgelte maß- und rücksichtsvoll vorzugehen.
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Im März 2024 erfolgten durch die Antragsgegnerin weitere Informationen an die Träger zum geplanten neuen Fördersystem.
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Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2024 erhoben die Bevollmächtigten der Antragstellerinnen für diese Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, die Antragsgegnerin zu verurteilen, die Anwendung der Richtlinie „Münchner Kitaförderung – Freiwillige städtische Förderung für Münchner Kindertageseinrichtungen vom 28. Februar 2024 zu unterlassen, und hilfsweise festzustellen, dass die Richtlinie rechtswidrig sei (AZ.: M 18 K 24.2267). Über dieses Verfahren ist noch nicht entscheiden.
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Mit Schriftsatz vom selben Tag beantragten die Bevollmächtigten der Antragstellerinnen für diese,
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die Antragsgegnerin zu verpflichten, es bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache vorläufig zu unterlassen, die Richtlinie „Münchner Kitaförderung – Freiwillige städtische Förderung für Münchner Kindertageseinrichtungen“ vom 28. Februar 2024 anzuwenden.
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Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass die Antragstellerinnen jeweils sogenannte sonstige Träger von Kindertageseinrichtungen nach Art. 3 BayKiBiG seien. Sie betrieben im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin entsprechend ihrer jeweiligen Ausrichtung Kindertageseinrichtungen, für die jede die erforderliche Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII wie auch die Förderfähigkeit nach dem BayKiBiG habe. Sie nähmen bislang an der MFF teil. Mit dem von der Antragsgegnerin ab 1. September 2024 vorgesehenen Defizitausgleichssystem werde den Trägern ein Defizitausgleich als Zuschuss gewährt. Mit den in der Richtlinie beabsichtigten Vorgaben würden gerade sonstige Träger von Kindertageseinrichtungen bewusst von einer Förderung ausgeschlossen. Die Antragsgegnerin möchte mit der MKF – gerade auch im Vergleich zur bisherigen MFF – eine bewusste Verdrängung sonstiger Träger von Kindertageseinrichtungen in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich erreichen, was nicht nur rechtswidrig sei, sondern die betreffenden Träger massiv in ihrer Existenz gefährde, wenn nicht sogar ihnen diese gänzlich nähme. Sobald mit dem Auslaufen der MFF diese Förderung wegfalle, seien die Antragstellerinnen gezwungen, zumindest in dieser Höhe die Elternbeiträge zu erhöhen, sofern sie nicht an der MKF teilnähmen. Die Beziehung zwischen den Antragstellerinnen und den Eltern werde insgesamt extrem belastet. Bei den Antragstellerinnen könne dies dazu führen, dass sie eigenes Personal mangels Belegung freizustellen oder gar zu kündigen hätten, was bei laufenden Verträgen jedoch in kürzester Zeit nur schwerlich umgesetzt werden könne. Es zeichne sich bereits jetzt eine deutlich geringere Belegung der Betreuungsplätze bei den Antragstellerinnen ab 1. September 2024 ab, wodurch in nicht zu verantwortender Weise die Gefahr steige, dass bestehende finanzielle Verpflichtungen wie z.B. gegenüber ihren eigenen Mitarbeitenden, aber auch gegenüber den Banken/ Sparkassen (insbesondere für die mit der Errichtung der Einrichtung eingegangenen Kreditverpflichtungen) nicht mehr erfüllt werden könnten. Bei einem kurzfristigen Wegfall der freiwilligen kommunalen Förderung infolge des Nichtbeitritts zur MKF sei für die Antragstellerinnen eine erhebliche Insolvenzgefahr gegeben. Aus handels- und insolvenzrechtlichen Grundsätzen sei es den Antragstellerinnen dabei gar nicht möglich, sich mit einem Eintritt in die MKF einer Bezuschussung nur für den Fall zu unterziehen, dass sie Defizite und keine Überschüsse erzielen. Den Antragstellerinnen sei es nicht zuzumuten, die Anwendung der MKF ab 1. September 2024 abzuwarten, da mit dieser ein irreparabler Schaden drohe. Durch eine spätere Berichtigung lasse sich dieser zu erwartende Zustand nicht mehr korrigieren, so dass nachträglicher Rechtschutz nicht mehr ausreichend sei.
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Die Antragsgegnerin greife mit der MKF ohne Rechtsgrundlage in die Berufsfreiheit der Antragstellerinnen ein. Auch das BVerwG habe mit Urteil vom 26. Oktober 2023 den Anspruch der freien Jugendhilfeträger auf gleichheitsgerechte Beteiligung am staatlichen System der Kindertagesstättenfinanzierung – abgeleitet aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 3ff. SGB VIII – deutlich hervorgehoben. Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in Verbindung mit dem Gebot der Pluralität der Jugendhilfe (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 2, § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) stelle eine bundesrechtliche Grenze für die Ausgestaltung bereits der landesrechtlichen Fördersysteme für Kindertageseinrichtungen dar. Wenn die sich aus dem Grundgesetz ergebenden Vorgaben der Behandlung freier Träger von Kindertageseinrichtungen schon für den jeweiligen Landesgesetzgeber – vorliegend also für den Freistaat Bayern – zu beachten sei, gelte dies erst recht für Kommunen wie die Antragsgegnerin. Der Antragsgegnerin wäre es entgegen ihrer Darstellung in der Öffentlichkeit ohne Weiteres möglich, eine rechtmäßige freiwillige kommunale Förderung aller freien Träger ohne größeren Aufwand zu erreichen.
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Mit Schriftsatz vom 11. Juni 2024 beantragte die Antragsgegnerin,
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den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass der Antrag sowohl unzulässig als auch unbegründet sei. Die Antragstellerinnen seien nicht antragsbefugt, da bereits eine Rechtsverletzung von ihnen nicht glaubhaft gemacht worden sei. Zudem fehle das qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis. Die Antragstellerinnen hätten keine Gründe genannt, weswegen ihnen ein Zuwarten nicht zugemutet werden könne. Das Begehren der Antragstellerinnen sei zudem widersprüchlich. Die Antragstellerinnen würden implizieren, dass sie ohne zusätzliche kommunale Förderung nicht auskömmlich wirtschaften könnten, beantragen würden sie jedoch eine Unterlassung für die gesamte Trägerlandschaft.
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Ein Anordnungsgrund liege nicht vor. Weder als potentielle Förderempfängerinnen noch als Konkurrentinnen der Förderempfängerinnen seien die Antragstellerinnen in ihren Rechten verletzt. Jegliche Behauptungen über finanzielle Schwierigkeiten oder zurückgehende Kinderanmeldungen in den Einrichtungen der Antragstellerinnen seien bloß behauptet und in keinster Weise glaubhaft gemacht. Der bayerische Landesgesetzgeber habe im Sinne des § 74a SGB VIII mit dem BayKiBiG eine abschließende Finanzierungsregelung für die Kindertagesbetreuung getroffen. Ergänzt durch vom Träger erhobene Elternentgelte, welche ggf. bei unzumutbarer Belastung für die Eltern und das Kind vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach § 90 Abs. 4 SGB VIII übernommen würden, stelle diese eine grundsätzlich auskömmliche Finanzierung der Kindertageseinrichtungen dar. Eine wirtschaftliche Existenzgefährdung sei weder zu erkennen noch zu erwarten; die Antragstellerinnen hätten auch keine freien Plätze bei der Antragsgegnerin gemeldet. Ca. 600 Kindertageseinrichtungen hätten ihr unverbindliches Interesse an der MKF bekundet, sich auf deren Rahmenbedingungen ausgerichtet und würden bei einer vorläufigen Untersagung der Förderung ohne jegliche zusätzliche kommunale Förderung bleiben.
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Zudem sei der Antrag unbegründet. Die MKF stehe gleichermaßen privat-gewerblichen Trägern offen und einer auf Dauer angelegten Gewinnerzielungsabsicht des jeweiligen Trägers nicht entgegen. Die MFK verletze die Berufsfreiheit der Antragstellerinnen aus Art. 12 GG nicht. Sie enthalte keine Verhaltenspflichten und weise keine berufsregelnden Tendenzen auf. Sie regele nur die Höhe der anerkennungsfähigen Ausgaben und berücksichtigungsfähigen Einnahmen. Ein inhaltlicher Verweis auf die Vorgaben der MFF und das Urteil des VG München vom 22. September 2021 sei nicht sachdienlich, da sich bei der MKF um ein eigenes Fördersystem mit eigenen Regelungen handle. Auch ein Eingriff in die Berufsfreiheit von am Förderverfahren nicht teilnehmenden Zuschussempfängerinnen durch etwaige Wettbewerbsverzerrungen liege nicht vor. Alle Träger, die an der MKF teilnähmen, könnten ihren Betrieb weiterhin unterschiedlich gestalten, insbesondere die Elternentgelte in unterschiedlicher, unbeschränkter Höhe festsetzen. Mangels starrer Vorgaben könne kein zukünftiger Marktdruckentstehen. Aufgrund der weitreichenden Freiheiten des zukünftigen Systems werde es womöglich mannigfaltige Preisgestaltungen geben, die einer gewöhnlichen Konkurrenzsituation am Markt entsprechen würden. Zudem sei die Nachfrage nach Betreuungsplätzen konstant hoch. Insbesondere diese andauernde Nachfragesituation in der jeweiligen Einrichtung verhindere auch die Annahme einer etwaigen großflächigen Verdrängung der (freiwillig) nicht subventionierten Einrichtungen vom Markt. Auch ein Verstoß der MKF gegen Art. 3 GG liege nicht vor.
19
Mit Schriftsatz vom 16. Juni, korrigiert am 17. Juni 2024, replizierte der Bevollmächtigte der Antragstellerinnen, widersprach umfangreich dem von der Antragsgegnerin vorgetragenen Sachverhalt und führte insbesondere aus, dass bereits im Vorfeld des 1. Septembers 2024 erste Träger von Einrichtungen wegen der MKF schließen müssten bzw. an dieser nicht teilnehmen könnten, was zu einer erheblichen Verzerrung der gesamten Trägerstruktur in M. – einhergehend mit einer entsprechenden Verschlechterung des Betreuungsangebots für die betreffenden Kinder – und einer erheblichen Steigerung der Elternbeiträge führe. Die Antragstellerinnen würden über keine andere nennenswerte Einnahmemöglichkeit als die Erhebung von Elternbeiträgen verfügen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
22
Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Ferner sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. Dabei muss der Antragsteller das von ihm behauptete streitige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO. Für das Vorliegen eines Anordnungsgrunds ist grundsätzlich Voraussetzung, dass es dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Personen nicht zumutbar ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Maßgebend sind hierfür die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BayVGH, B.v. 10.10.2011 – 12 CE 11.2215 – juris Rn. 6).
23
Grundsätzlich dient die einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses. Mit der von den Antragstellerinnen begehrten Entscheidung wird die Hauptsache aber in zeitlicher Hinsicht vorweggenommen. In einem solchen Fall sind an die Prüfung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch qualifizierte Anforderungen zu stellen, d.h. der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt nur in Betracht, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache jedenfalls dem Grunde nach spricht und der Antragsteller ohne die einstweilige Anordnung unzumutbaren Nachteilen ausgesetzt wäre (vgl. BayVGH, B.v. 18.3.2016 – 12 CE 16.66 – juris Rn. 4; Schoch/Schneider/Schoch, 44. EL März 2023, VwGO § 123 Rn. 145).
24
Nach diesen Maßgaben haben die Antragstellerinnen keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, der die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen könnte.
25
Die Annahme eines generellen Vorwegnahmeverbots der Hauptsache ist unvereinbar mit der Garantie eines wirksamen vorläufigen Rechtsschutzes, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG (Schoch/Schneider/Schoch, 44. EL März 2023, VwGO § 123 Rn. 141b ff.). Ob das Wartenmüssen auf die Hauptsacheentscheidung für den Antragsteller in o.g. Sinne unzumutbar ist, kann nur im Einzelfall entschieden werden. Ermittelt wird der Anordnungsgrund jeweils unter Berücksichtigung der konkreten Interessen des Antragstellers, der ohne die einstweilige Anordnung für ihn eintretenden Folgen und schutzwürdiger Interessen Dritter. Eine einstweilige Anordnung ist nicht erforderlich, wenn die Interessen des Antragstellers hinter anderen überwiegend schutzwürdigen öffentlichen oder privaten Interessen zurücktreten müssen. Dabei sind die Interessen des Antragstellers mit denen des Antragsgegners und eventuell ebenfalls betroffener Dritter gegeneinander abzuwägen (NK-VwGO/Puttler, 5. Aufl. 2018, VwGO § 123 Rn. 83-85).
26
Da der Anordnungsgrund die Eilbedürftigkeit der einstweiligen Anordnung rechtfertigt, muss er sich aus dem Zeitablauf selbst ergeben oder in der Zwischenzeit bis zur Hauptsacheentscheidung eintreten und später nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Liegt der Nachteil im Zeitablauf selbst, muss er „wesentlich“ sein, also schwerer wiegen als der übliche Zeitverlust, den ein Kläger immer in Kauf zu nehmen hat, wenn er seinen Anspruch – ggf. über mehrere Instanzen – verfolgt. Allerdings liegt der besondere Nachteil gerade dann in diesem üblichen Zeitverlust, wenn es um Lebenssachverhalte geht, in denen gerichtlicher Rechtsschutz besonders zeitnah gewährt werden muss, um überhaupt noch effektiv zu sein, z.B. bei Rechtsstreitigkeiten in Schul- und Hochschulsachen. Hier dürfen Gerichte mit Rücksicht auf Art. 19 Abs. 4 GG keine überspannten Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes stellen. Im üblichen Zeitverlust liegt der Anordnungsgrund auch dann, wenn der Rechtsverlust gerade durch diesen Zeitverlust droht, etwa wenn eine Leistung nur für einen bestimmten Zeitraum begehrt wird, nach Ablauf dieses Zeitraums die Leistung aber nicht mehr erbracht werden kann (NK-VwGO/Puttler, 5. Aufl. 2018, VwGO § 123 Rn. 83-85).
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Die Frage, ob eine vorläufige Regelung „nötig erscheint“, ist auf der Grundlage einer Interessenabwägung vorzunehmen. Abzuwägen ist das Interesse des Antragstellers an der begehrten Regelung mit dem Interesse des Antragsgegners an der Beibehaltung des bestehenden Zustands. Zu diesem Zweck ist die Situation, die sich bei Erlass der einstweiligen Anordnung ergibt, mit der zu vergleichen, die sich ergibt, wenn der Antrag zurückgewiesen wird.
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Das Gericht prüft also zunächst, welche nachteiligen Folgen der Antragsteller zu befürchten hat, wenn der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt wird und sich im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der geltend gemachte Anspruch besteht. Die Gewichtung dieser Folgen ist verfassungsrechtlich durch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG determiniert. Je schwerer die für den Antragsteller zu erwartenden Belastungen wiegen und je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden (BeckOK VwGO/Kuhla, 69. Ed. 1.7.2023, VwGO § 123 Rn. 127-129a m.w.N.).
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Wesentliche Nachteile in diesem Sinne ergeben sich nicht allein aus einem möglichen finanziellen Schaden. Sie liegen vielmehr erst dann vor, wenn der Antragsteller so langfristig und nachhaltig in seiner wirtschaftlichen Betätigung beeinträchtigt wird, dass die erlittenen Einbußen bei einer späteren Regelung nicht mehr ausgeglichen werden können. Teilweise wird für den Anordnungsgrund darüberhinausgehend verlangt, dass die finanziellen Einbußen in der Höhe erheblich erscheinen, sich anderweitig nicht abwenden lassen und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die Existenz des Unternehmens gefährden werden (BeckOK VwGO/Kuhla, 69. Ed. 1.7.2023, VwGO § 123 Rn. 127-129a m.w.N.).
30
Wie die Antragsgegnerin zu Recht rügt, erfolgten die Ausführungen der Antragstellerinnen zu den behaupteten finanziellen Schwierigkeiten, welche die Trägerinnen massiv in ihrer Existenz gefährden und einer erheblichen Insolvenzgefahr aussetzen würden, ohne jede Glaubhaftmachung.
31
Soweit die Replik der Antragstellerinnen hinsichtlich der negativen Auswirkungen auf die Schließung von anderen gewerblichen Einrichtungen verweist, kann dies nicht zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes für ihr eigenes Verfahren führen. Das Verfahren nach § 123 VwGO dient nicht der Durchsetzung von Interessen Dritter bzw. der Allgemeinheit. Dementsprechend können die Antragstellerinnen auch nicht mit erheblichen wirtschaftlichen oder sonstigen Belastungen für die Elternschaft argumentieren; sie können deren Rechte im vorliegenden Verfahren nicht für sich geltend machen. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren verlangt zwingend für alle Klagearten die Geltendmachung der Verletzung in eigenen Rechten entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 42 Rn. 80 ff. m.w.N.). Dementsprechend kann auch die Berufung auf negative Auswirkungen auf die plurale Trägerlandschaft bei Einführung der MKF keinen wesentlichen Nachteil für die Antragstellerinnen im Sinne des § 123 VwGO begründen.
32
Hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen der MKF auf die Antragstellerinnen haben diese in ihrer Replik vom 16. Juni 2024 um einen richterlichen Hinweis mit entsprechender Fristgewährung zur Zusammenstellung konkreter Zahlen zu der aktuellen und zukünftigen wirtschaftlichen Situation der Antragstellerinnen gebeten, sofern die aus Sicht des Gerichts benötigt würde.
33
Eines solchen richterlichen Hinweises – der zu einer Verzögerung des Verfahrens geführt hätte – bedurfte es jedoch nicht. Den von einem Bevollmächtigten vertretenen Antragstellerinnen muss bereits im Rahmen der Erhebung des vorliegenden Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz bewusst gewesen sein, dass das Vorliegen – auch – des Anordnungsgrundes glaubhaft zu machen ist, § 123 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO. Eines richterlichen Hinweises insoweit bedarf es daher nicht. Die Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO ist keine Beratungs-, sondern Formulierungshilfe (OVG NW, B.v. 23.5.2011 – 12 A 149/10 – juris Rn. 7 m.w.N.). Das Gericht darf hierbei grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Rechtsanwalt eines Beteiligten mit der Sach- und Rechtslage hinreichend vertraut ist (BVerwG, B.v. 23.3.2023 – 3 BN 12/22 – juris Rn. 4). Hingegen darf das Gericht schon aufgrund seiner Neutralitätspflicht nicht für einen Beteiligten Partei ergreifen und ihm den Weg zum effektivsten Rechtsschutz weisen (OVG NW, a.a.O). Zudem führt die Antragstellerseite im Schriftsatz vom 16. Juni 2024 aus, dass aktuell noch keine Fakten vorgetragen werden könnten, wie sich die MKF ab 1. September 2024 auf die wirtschaftliche Situation der Antragstellerinnen auswirke. Es erschließt sich dem Gericht daher nicht, welche Daten die Antragstellerinnen nach einem entsprechenden richterlichen Hinweis vorlegen hätten können. Schließlich ist hierbei auch zu berücksichtigen, dass – auch entsprechend der mehrfachen Betonung durch die Antragstellerseite – die geplante Einführung der MKF bereits im jetzigen Zeitpunkt Wirkung entfaltet und der – durch den vorliegenden Antrag hervorgerufene – Zustand der Verunsicherung über die tatsächliche Einführung zügig zu beenden ist.
34
Die Antragstellerinnen führen zu dem von ihnen befürchteten Nachteil lediglich aus, dass sie ohne eine kommunale Förderung ihre Elternbeiträge erheblich erhöhen und dabei in Kauf nehmen müssten, dass viele Eltern ihre Betreuungsverträge kündigen (müssten) und sich die Auslastung der Einrichtung deshalb massiv reduziere. Ebenso müssten sie äußerst kurzfristig – sofern überhaupt noch möglich – gravierende Änderungen in ihrer inhaltlichen und personellen Konzeption vornehmen, um die entsprechenden Auswirkungen auch nur halbwegs aufzufangen.
35
Das Gericht bezweifelt insoweit bereits erheblich, dass die Antragstellerinnen – unterstellt, dass sie an der MKF ab September 2024 nicht teilnehmen – hierdurch solche erheblichen finanziellen Einbußen erleiden könnten. Zwar dürfte davon auszugehen sein, dass die Antragstellerinnen bei dem Wegfall der derzeit von ihnen bezogenen freiwilligen Förderung nach der MFF ihre Elternentgelte, möglicherweise auch erheblich, erhöhen müssten. Nachdem die Antragstellerinnen jedoch weiterhin die staatliche Förderung nach dem BayKiBiG erhalten, dürfte eine wirtschaftlich zwingend erforderliche Entgelterhöhung nicht in einem Umfang erforderlich sein, der tatsächlich zu erheblichen Belegungsproblemen bei den angebotenen Betreuungsplätzen führen könnte. Vielmehr besteht auch – wie dem Gericht hinreichend bekannt ist – ebenso wie im gesamten Bundesgebiet ein erheblicher Mangel an Betreuungsplätzen. Dieser Mangel führt dazu, dass die Wahlfreiheit der Eltern hinsichtlich der Betreuungsplätze tatsächlich erheblich eingeschränkt ist und Eltern sich vielfach auch mit Betreuungsplätzen zufrieden geben, die nicht ihrem primären Wunsch entsprechen. Zudem verweist die Antragsgegnerin zu Recht darauf, dass gemäß § 90 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 4 SGB VIII ein Anspruch der Eltern gegen die Antragsgegnerin auf Übernahme des Teilnahmebeitrags besteht, wenn die Belastung den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist. Die schlichte Behauptung, dass sich bei den Antragstellerinnen eine geringere Belegung der Betreuungsplätze ab dem 1. September 2024 abzeichne, ohne jede Glaubhaftmachung genügt nicht. Zudem weist die Antragsgegnerin zu Recht darauf hin, dass bei leerstehenden Plätzen nach der noch geltenden MFF eine Meldung an die Antragsgegnerin erfolgen hätte müssen, was jedoch unterblieb. Lediglich die Annahme, dass sich die Beziehung zwischen den Antragstellerinnen und den Eltern aufgrund der Erhöhung der Elternbeiträge extrem belaste, kann hingegen einen wesentlichen Nachteil, der die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen könnte, keinesfalls begründen. Es obliegt insoweit den Antragstellerinnen, die finanziellen Notwendigkeiten entsprechend nachvollziehbar und glaubhaft gegenüber der Elternschaft darzulegen.
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Auch für den Fall, dass die Antragstellerinnen ab 1. September 2024 an der MKF teilnehmen, kann das Gericht keine Grundrechtsverletzungen erkennen, die eine umgehende Untersagung außerhalb eines Hauptsacheverfahrens rechtfertigen könnten.
37
Zudem kann das Gericht nicht erkennen, inwieweit sich im Fall einer Einstellung der – derzeit auch von den Antragstellerinnen in Anspruch genommenen – Förderung nach der MFF und einer vorläufigen Untersagung der Förderung nach der MKF die Situation im Vergleich zu der von den Antragstellerinnen befürchteten Situation bei Einführung der MKF wesentlich unterscheidet. In beiden Fällen müssen die Antragstellerinnen, sofern sie an der MKF nicht teilnehmen, ihre Finanzierung nunmehr anderweitig sicherstellen. Insoweit scheinen die Antragstellerinnen zu verkennen, dass hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Situation ab 1. September 2024 nicht zwischen der Einführung der MKF zum 1. September 2024 bzw. einer anderen – von den Antragstellerinnen präferierten – Förderung durch die Antragsgegnerin abzuwägen ist, sondern mit dem Wegfall jedweder Förderung durch die Antragsgegnerin. Denn entgegen der Behauptung der Antragstellerinnen handelt es sich bei der von der Antragsgegnerin bisher erbrachten bzw. zukünftig geplanten Förderung um eine freiwillige Leistung der Antragsgegnerin, auf die kein Anspruch der Träger besteht (vgl. VG München, U.v. 20.3.2024 – M 18 K 19.1931 – juris Rn. 68; U.v. 22.9.2021 – M 18 K 20.737 – juris Rn. 56). Ein solcher Anspruch ergibt sich auch – entgegen der Argumentation der Antragstellerinnen – nicht aus § 24 SGB VIII oder Art. 5 BayKiBiG. Die – unbestrittene – Pflicht der Antragsgegnerin zum Nachweis von ausreichenden und geeigneten Betreuungsplätzen führt nicht zu einem zusätzlichen Förderanspruch der Träger gegenüber der Antragsgegnerin.
38
Schließlich wurde selbst für den Fall, dass – wie von Antragstellerseite behauptet – auch die Förderung nach der MKF gegenüber nicht geförderten Trägern auf Grund einer wettbewerbsbeeinflussenden Wirkung rechtswidrig in deren Grundrecht nach Art. 12 GG eingreifen sollte (so zur MFF das erkennende Gericht im Urteil vom 22.9.2021 – M 18 K 20.737 – juris Rn. 70 ff.), kein solch wesentlicher Schaden glaubhaft gemacht, der bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache eine existentielle Bedrohung der Antragstellerinnen darstellen könnte. Vielmehr ist das Gericht auch in o.g. Entscheidung davon ausgegangen, dass die dortige Klägerin zwar ihre angebotenen Betreuungsplätze im Ergebnis belegen kann, jedoch der tatsächlich bestehende Wettbewerbsnachteil auf Grund der deutlichen Entgeltdifferenz zu den nach der MFF geförderten Plätzen zu einem zunehmenden Druck auf die Klägerin zu einer nicht mehr kostendeckenden Preisreduzierung führen werde, sodass die Klägerin zu anderweitigen Umstrukturierungen zur Kostensenkung gezwungen sein werde (a.a.O., Rn. 81). Von einer kurzfristigen, eine Eilbedürftigkeit begründenden existentiellen Bedrohung ging das Gericht somit auch im dortigen Verfahren – auf das die Antragsseite Bezug nimmt – nicht aus.
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Hingegen besteht ein überwiegend öffentliches Interesse daran, dass die MKF wie angekündigt zum 1. September 2024 als Ersatz für die MFF zur Anwendung kommt.
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Das Gericht erachtet es als rechtlich erforderlich, dass die Antragsgegnerin das – wie vom erkennenden Gericht bereits im Jahr 2021 festgestellt – mangels Rechtsgrundlage für die Grundrechtseingriffe rechtswidrige Fördersystem der MFF ab 1. September 2024 nicht mehr weiter zur Anwendung bringen will.
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Für den Fall dass die Antragsgegnerin ab 1. September 2024 keinerlei (zusätzliche) freiwillige Förderung für Kindertageseinrichtungen mehr bereitstellen würde, hätte dies für sämtliche derzeit der MFF beigetretenen Kindertageseinrichtungen eben jene erheblichen finanziellen Auswirkungen, welche gerade die Antragstellerinnen bei sich zur Begründung ihres wesentlichen Nachteils im Fall der Einführung der MKF anführen. D. h., dass hiervon entsprechend den aktuellen Angaben der Antragsgegnerin 618 Kindertageseinrichtungen betroffen wären, wovon laut der Antragsgegnerin zumindest 600 Tageseinrichtungen ihr Interesse an einer Förderung nach der MKF bekundet haben. Diese Einrichtungen würden bei einer nunmehr kurzfristigen Untersagung der Anwendung der MKF gezwungen, ihre Finanzierung insoweit vollständig anderweitig sicherzustellen. Es ist damit zu rechnen, dass hiervon einige der Einrichtungen zunächst überfordert wären, sodass mit einer weiteren erheblichen Unterversorgung mit Betreuungsplätzen im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin zu rechnen wäre. Hierdurch könnte in erheblichem Umfang der gesetzliche Anspruch nach § 24 SGB VIII auf Nachweis von Betreuungsplätzen nicht mehr sichergestellt sein. Soweit die Antragstellerinnen bestreiten, dass sich eine solch erhebliche Zahl von Trägern der MKF anschließen möchte, kann der Verweis auf eine Umfrage, an der sich lediglich ein Sechstel der betroffenen Einrichtungen beteiligt hat, dies nicht belegen.
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Das Interesse der Antragstellerinnen, die Rechtmäßigkeit der Förderung durch die MKF hinsichtlich ihrer möglichen Eingriffe in die Grundrechte der Antragstellerinnen nach Art. 12 GG und Art. 3 GG bereits vorbeugend gerichtlich überprüfen zu lassen, ist hierzu als nachrangig anzusehen.
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Der Antrag war daher mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes abzulehnen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Das Verfahren ist nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei. Es war insoweit auf den sachlichen Schwerpunkt der Streitigkeit abzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 4.7.2023 – 6 C 23.680). Dabei fungiert die Anspruchsnorm und das ihr zugehörige Verwaltungsverfahren als Indiz. Vorliegend geht es im Rahmen des geltend gemachten Anordnungsanspruchs zwar um Fragen des Subventionsrechts. Allerdings müssen diese insbesondere unter Bezug zu den Grundsätzen des Jugendhilferechts gelöst werden (vgl. VG München, U.v. 22.9.2021 – M 18 K 20.737 – juris Rn. 111). Eine ausschließlich subventionsrechtliche Problematik ist daher vorliegend nicht gegeben (so aber VG München, U.v. 20.3.2024 – M 18 K 19.1931 – juris Rn. 106 m.w.N.).