Inhalt

VG München, Urteil v. 25.04.2024 – M 31 K 21.2797
Titel:

Zuwendungsrecht, Teilwiderruf der Zuwendung, Schwere Verstöße gegen Vergaberecht

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
BayVwVfG Art. 49
BayVwVfG Art. 49a
Richtlinie zur Rückforderung von Zuwendungen bei schweren Vergabeverstößen (RZVR)
Schlagworte:
Zuwendungsrecht, Teilwiderruf der Zuwendung, Schwere Verstöße gegen Vergaberecht, Zuwendungsbescheid
Fundstellen:
VergabeR 2024, 586
BeckRS 2024, 14247
LSK 2024, 14247

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar

Tatbestand

1
Der Kläger, ein Verband, der nach seiner Satzung insbesondere die Interessen des Handwerks der Modellbauer vertritt, begehrt eine erhöhte Zuwendung zur Förderung von Gemeinschaftsbeteiligungen an Messen und Ausstellungen.
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Mit E-Mail vom 28. August 2018 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmenbeginn für das Projekt „Gemeinschaftsbeteiligung auf der Messe Moulding Expo vom 21. bis 24. Mai 2019 in Stuttgart“, welche der Beklagte mit Schreiben vom 31. August 2018 erteilte.
3
Unter dem 21. Januar 2019, eingegangen am 22. Januar 2019, beantragte der Kläger bei der hierfür zuständigen Regierung von ... die Gewährung einer Zuwendung der Beklagten zu genanntem Projekt in Form eines Zuschusses i.H.v. 168.165,00 EUR, somit 50 v.H. der voraussichtlichen Gesamtausgaben des Klägers i.H.v. 336.330,00 EUR.
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Mit Bescheid vom 20. März 2019 bewilligte der Beklagte die Zuwendung antragsgemäß als Anteilsfinanzierung i.H.v. 50 v.H. bis zu einem Höchstbetrag i.H.v. 168.165,00 EUR und zahlte diese auch in voller Höhe aus. Dabei wurden in Ziffer 3 des Bescheids die beigefügten Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P, Stand 1.1.2017) und die Arbeitsgrundsätze für Gemeinschaftsbeteiligungen zu dessen Bestandteilen erklärt. Ferner enthält der Bescheid in Ziffer 8 Bestimmungen zum Vergaberecht und weist auf die Möglichkeit hin, dass die Zuwendung bei Vergabeverstößen gekürzt werden kann. Nach Ziffer 10 hat der Kläger bis spätestens 31. Dezember 2019 einen Verwendungsnachweis vorzulegen, in dem u.a. die Beachtung der Bedingungen und Auflagen des Zuwendungsbescheides, insbesondere der Nr. 3 ANBest-P zu bestätigen ist.
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Der Kläger legte einen Verwendungsnachweis datierend vom 8. Juli 2019 vor, der Gesamtkosten i.H.v. 293.044,07 EUR ausweist. Nach Prüfung des Verwendungsnachweises durch den Beklagten und einer Reihe von Rückfragen teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 23. März 2020 die getroffenen Feststellungen mit und hörte ihn zum beabsichtigten Teilwiderruf der Zuwendung an. Mit Schreiben vom 30. April 2020 nahm der Kläger vertreten durch seinen Bevollmächtigten Stellung.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 27. April 2021 widerrief der Beklagte den Bescheid vom 20. März 2019 teilweise widerrufen und setzte die Fördersumme auf einen Betrag von 42.437,10 EUR fest. Zur Begründung wurde der vom Kläger vorgelegten Verwendungsnachweis datierend vom 8. Juli 2019 herangezogen, der Gesamtkosten i.H.v. 293.044,07 EUR auswies. Aufgrund der um den Betrag i.H.v. 43.285,93 EUR verminderten Gesamtkosten sei der Zuwendungsbetrag um 21.642,97 EUR (entspricht Fördersatz von 50 v.H.) zu kürzen. Bei der Prüfung der eingereichten Belege und Unterlagen seien neben der unzulässigen Überschreitung eines Einzelansatzes, die zu einer Kürzung i.H.v. 65,50 EUR führe, vor allem schwere Verstöße gegen Vergabebestimmungen festgestellt worden. Insbesondere seien wesentliche Positionen nicht öffentlich ausgeschrieben worden, sondern freihändig und teilweise familienintern an ungeeignete Bieter vergeben worden. Außerdem mangele es an der vorgeschriebenen transparenten Dokumentation des Vergabeverfahrens. Auf die Pflicht zur Einhaltung der Vergabebestimmungen einschließlich der transparenten Dokumentation des Vergabeverfahrens habe der Beklagte den Kläger im Übrigen bereits in einem früheren Verwaltungsverfahren (Gemeinschaftsbeteiligung an der expoAIR) im Jahr 2017 hingewiesen. In der Folge seien die betroffenen Kostenpositionen nicht bei der Förderung zu berücksichtigen und somit von den verbleibenden Ausgaben lediglich ein Betrag von 84.874,19 EUR als zuwendungsfähig anzuerkennen gewesen, so dass sich die anteilige Zuwendung damit um 125.727,90 EUR auf einen Betrag von 42.437,10 EUR verringert. Unter Berücksichtigung eines bereits zurück gezahlten Betrags i.H.v. 23.436,47 EUR verbleibe ein Rückzahlungsbetrag i.H.v. 102.291,43 EUR nebst Zinsen.
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Mit Klageschrift vom 26. Mai 2021 hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage erhoben.
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Zur Begründung seiner Klage widerspricht der Klägerbevollmächtigte unter näherer Ausführung im Einzelnen der Behauptung des Beklagten hinsichtlich des Vorliegens von Vergabeverstößen, welche zudem für den Kläger völlig überraschend sei, da das gerügte Vergabeverfahren auch in den Vorjahren in gleicher Form gehandhabt und nie durch den Beklagten beanstandet worden sei. Weiterhin habe der Kläger gemäß den Vorgaben aus Ziffer 8 des Zuwendungsbescheids drei Vergleichsangebote eingeholt und dem günstigsten Bieter den Zuschlag erteilt. Ferner bestünden zu den beauftragten Firmen weder Beteiligungs- noch sonstige geschäftliche Verhältnisse. Eine öffentliche Ausschreibung wegen Überschreitung der Wertgrenze von 50.000 EUR sei wegen der umfangreichen und spezifischen Teilnahmebedingungen des Messeveranstalters nicht möglich gewesen; denn für eine einigermaßen kostengünstige Durchführung des Messeauftritts sei es unumgänglich, diverse Aufträge flexibel vor Ort im Rahmen des Aufbaus zu vergeben. Bei verschiedenen Posten mit einem voraussichtlichen Auftragswert von bis zu 1.000 EUR sei eine freihändige Vergabe in Form des sog. Direktkaufs zulässig, in anderen Fällen sei die in § 3 Abs. 5 Buchst. h VOL/A vorgesehene Ausnahmeregelung einschlägig. Im Übrigen seien die Aufträge an qualifizierte Bieter vergeben worden. Schließlich sei eine Pflicht zur schriftlichen Dokumentation über eine sog. Präqualifikation der Bieter nicht aus dem Zuwendungsbescheid vom 20. März 2019 herzuleiten; jedenfalls sei dem Kläger hinsichtlich der Pflicht zur Dokumentation des Vergabeverfahren ein gewisser Vertrauensschutz zuzugestehen, da der Beklagte auf eine solche Pflicht in der Vergangenheit nicht hingewiesen habe.
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Der Kläger beantragt,
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1. den Bescheid des Beklagten vom 27. April 2021 insoweit aufzuheben, als der Bescheid vom 20. März 2019 i.H.v. 104.084,93 EUR mit Wirkung für die Vergangenheit teilwiderrufen wurde, und
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2. festzustellen, dass die förderfähigen Kosten insgesamt 293.044,07 EUR betragen und sich damit der Zuschuss auf 146.522,03 EUR beläuft.
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Mit Schriftsatz vom 10. August 2021 beantragt der Beklagte,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte tritt der Klage unter Wiederholung und Vertiefung der Begründung des angefochtenen Bescheides entgegen. Er führt insbesondere aus, dass der organschaftliche Vertreter des Klägers, Landesinnungsmeister B. …, im Rahmen des früheren Förderverfahrens zur Gemeinschaftsbeteiligung expoAIR auf die Verpflichtung zur Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen hingewiesen worden und aus diesem Grund damals ein Teilwiderruf ergangen sei; konkret seien dabei die mangelnde Transparenz bei der Auftragsvergabe an die Firma C. …, die fehlende Dokumentation des Vergabeverfahrens insgesamt sowie weitere Verstöße bei der Auftragsvergabe beanstandet worden. Hinsichtlich des vorliegenden Verfahrens liege der Verstoß im intransparenten Vergabeverfahren, der mangelnden Dokumentation des Vergabeverfahrens sowie der offensichtlichen Ungeeignetheit der EDV-Firma C. …, für die auch im Rahmen des Anhörungsverfahrens keine Belege für deren Geeignetheit im Bereich „Messeorganisation“ vorgelegt worden seien, zumal auch die Vergleichsangebote einer Beleuchtungsfirma und eines Architekturbüros mangels Referenzen bezüglich der Organisation von Messeständen zweifelhaft wirkten. Weiterhin beträfen die vom Kläger vorgebrachten Vorgaben des Messeveranstalters nur bestimmte Bereiche wie Standflächen, Standreinigung etc., für die der Kläger von der Einhaltung des Vergaberechts befreit sei, nicht aber die Bereiche Messeorganisation und den Bau von Messeständen; im Rahmen des Anhörungsverfahrens habe der Klägervertreter nicht konkretisieren können, weshalb eine öffentliche Ausschreibung dieser Leistungen nicht möglich war, zumal die beanstandeten Kostenpositionen größtenteils bereits zwei Monate vor Messebeginn vergeben wurden, was gegen das kurzfristige Vergabeerfordernis spräche.
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Mit Beschluss vom 25. Mai 2022 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Einzelrichterin übertragen.
16
In der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2022 präzisiert der Beklagtenvertreter seine Erwägungen zur Ermessensausübung im Widerrufsbescheid vom 27. April 2021 dahingehend, dass mit Blick auf Ziffer 3.2 der Bekanntmachung des Finanzministeriums vom 23. November 2006 von der Möglichkeit der Berücksichtigung einer erheblichen Härte mittels einer Begrenzung des Kürzungsbetrags auf 20 bis 25% bewusst kein Gebrauch gemacht wurde, da der Beklagte den Kläger im vorangegangenen Förderverfahren von 2017 bereits explizit auf die Rechtsfolgen von Vergabeverstößen hingewiesen habe; erschwerend seien zudem die familieninternen Vergaben gewertet worden, so dass in der Zusammenschau kein Raum für eine Kürzung des Rückforderungsbetrags bestanden habe. Der Klägerbevollmächtigte macht geltend, es sei für den Kläger nicht aus dem Bewilligungsbescheid ersichtlich gewesen, welche Vergabevorschriften konkret zu beachten gewesen sein; vielmehr habe er sich an die Vorgabe aus dem vorangegangenen Förderverfahren im Jahr 2017, wonach drei Vergleichsangebote einzuholen waren, gehalten. Zudem habe sich der Kläger bei sämtlichen Vergaben maßgeblich vom Kriterium des kostengünstigsten Angebots leiten lassen, insbesondere auch bei der beanstandeten Vergabe an die Firma C. … Der Beklagtenvertreter teilt daraufhin mit, dass er die aus der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse mit seiner Verwaltungspraxis abgleichen und dies in seine Ermessensausübung einfließen lassen wolle mit dem Ziel einer außergerichtlichen Einigung. Mit Einverständnis der Klagepartei wurde daher ins schriftliche Verfahren übergegangen.
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Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2022 trägt der Klägerbevollmächtigte ergänzend vor, es sei klägerseits nicht bekannt und werde ausdrücklich bestritten, dass die Durchführung des Vergabeverfahrens bereits im Rahmen eines früheren Förderverfahrens beanstandet und der Vertreter des Klägers auf die geltenden vergaberechtlichen Bestimmungen, die Verpflichtung zur Einhaltung dieser Vorschriften sowie mögliche Förderer rechtliche Konsequenzen hingewiesen worden sei; vielmehr sei das Verfahren zur Messe expoAIR 2017 ohne Beanstandung abgeschlossen worden, ebenso wie frühere Verfahren seit dem Jahre 2009 zur Messe EuroMOLD. Hinsichtlich der Vergabe an die Firma C. … habe der Kläger drei Vergleichsangebote eingeholt; es sei nicht substantiiert vorgetragen worden, woraus sich die fehlende Eignung ergeben solle, zumal der Auftragnehmer die beauftragten Arbeiten im Bereich der Messeorganisation ohne Beanstandung erledigt habe. Weiterhin rügt der Klägerbevollmächtigte, der Beklagte habe die Möglichkeit der Kürzung der Rückforderung auf 20 bis 25% der Gesamtzuwendung gemäß Ziffer 2 der Richtlinie zur Rückforderung von Zuwendungen bei schweren Vergabeverstößen (RZVR) im Rahmen seine Ermessensausübung überhaupt nicht berücksichtigt, so dass eine fehlerhafte Ermessensentscheidung vorliege. Insbesondere sei die Gefahr, dass die Rückforderung den Kläger zur Insolvenz des Klägers führen könnte, nicht hinreichend berücksichtigt worden, genauso wenig wie die Frage, ob und inwieweit dem Zuwendungsempfänger Vorteile für die behauptete fehlerhafte Zuwendung entstanden sein. Letzteres sei gerade nicht der Fall, da sich der Kläger durch die Zuwendungen nicht selbst bereichert habe, sondern die jeweiligen Zuwendungen zweckgerichtet verwendet habe. In diesem Zusammenhang sei eine Gegenüberstellung der Kosten erforderlich, die bei ordnungsgemäßer Vergabe entstanden wären gegenüber denjenigen Kosten, die bei Vergabe unter Berücksichtigung der behaupteten Verstöße entstanden seien. Eine solche Gegenüberstellung ergebe vorliegend, dass selbst bei Berücksichtigung der behaupteten Vergabeverstöße keine Mehrkosten entstanden sein. Schließlich wird vorgetragen, die Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P), die der vorliegenden Zuwendung zu Grunde liegen, beschränkten sich überwiegend auf Bauleistungen im Sinne von Teil A (VOB/A), wohingegen die verfahrensgegenständlichen Leistungen jedoch gerade keine Bauleistungen im Sinne der VOB/A beinhalteten.
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Nach weiteren außergerichtlichen Einigungsversuchen teilte der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 11. Januar 2024 endgültig mit, dass mit Blick auf die Verwaltungspraxis des Beklagten keine Möglichkeit einer Einigung gesehen werde, sondern vielmehr an der bereits im Verfahren dargelegten Auffassung festgehalten werde.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie die Niederschrift über die mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist bereits nur hinsichtlich des Anfechtungsantrags zulässig, soweit sie zulässig ist, ist sie indes unbegründet.
A.
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Die Klage ist hinsichtlich des Feststellungsantrags in Ziffer 2 der Klageschrift unzulässig, da für eine Feststellung der förderfähigen Kosten und der Höhe der daraus resultierenden Zuwendung kein gesondertes Rechtsschutzinteresse gegenüber dem Anfechtungsbegehren in Ziffer 1 der Klageschrift besteht. Indem in diesem Rahmen die Rechtmäßigkeit des Teilwiderrufs und damit die abschließende Festsetzung der Höhe der Zuwendung Prüfungsgegenstand ist, verbleibt kein Bedürfnis für eine gesonderte Feststellung. Dies entspricht dem Grundsatz der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Anfechtungsklage gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO, zumal die Nichtigkeit des streitbefangenen Bescheids weder vorgetragen ist noch dafür Anhaltspunkte ersichtlich sind (§ 43 Abs. 2 Satz 2 VwGO, vgl. Marsch in: Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 44. EL März 2023, VwGO, § 43 Rn. 27 ff.).
B.
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Der streitgegenständliche Teilwiderrufsbescheid vom 27. April 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Regierung von ... hat zu Recht den ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 20. März 2019 aufgrund von Vergabeverstößen mit Wirkung für die Vergangenheit i.H.v. 104.084,93 EUR teilwiderrufen und im Übrigen die Höhe der Zuwendung wegen tatsächlich niedriger ausgefallener Kosten ermäßigt.
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I. Rechtsgrundlage für den (Teil-) Widerruf ist Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG. Hiernach kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
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Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben: Der Kläger hat gegen vergaberechtliche Vorschriften verstoßen, deren Einhaltung im Zuwendungsbescheid vom 20. März 2019 wirksam i.S.v. Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG beauflagt wurde. Der Beklagte hat bei seiner Widerrufsentscheidung die gesetzlichen Grenzen eingehalten, die Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV der Ausübung seines Förder- bzw. Widerrufsermessens ziehen (Art. 40 BayVwVfG). Mit der Annahme eines vollständigen Förderausschlusses bei wiederholten schweren Verstößen gegen beauflagtes Vergaberecht bewegt sich der Beklagte im Rahmen seiner ständigen Verwaltungspraxis. Der Widerruf wurde innerhalb der Jahresfrist gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG erklärt, die mit Eingang der Stellungnahme des Klägerbevollmächtigten am 6. Mai 2020 zu laufen begonnen hatte (vgl. VG München, U.v. 7.4.2021 – M 31 K 20.4046 – juris Rn. 28) und damit zum Zeitpunkt des Zugangs des streitbefangenen Bescheids beim Klägerbevollmächtigten am 28. April 2021 noch nicht abgelaufen war.
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1. Die Einhaltung des Vergaberechts wurde wirksam i.S.v. Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG beauflagt.
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Der Bewilligungsbescheid vom 20. März 2019 verweist in Ziffer 3 unter anderem auf die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (AN-Best-P, Stand: 1. Januar 2017), macht diese zu Bestandteilen des Bescheides und verpflichtet den Kläger zu deren Beachtung bei der Planung und Durchführung des Zuwendungsgegenstandes. Die ANBest-P sehen unter Nr. 3 vor, dass zur Erfüllung des Zuwendungszwecks bei der Vergabe von Aufträgen für Bauleistungen die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A (VOB/A) Abschnitt 1 (Nr. 3.1), bei der Vergabe von Aufträgen für Lieferungen und Leistungen die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen Teil A (VOL/A) Abschnitt 1 (Nr. 3.2) sowie weitergehende Bestimmungen, die den Zuwendungsempfänger zur Anwendung von Vergabevorschriften verpflichten (z.B. die §§ 97 ff. GWB i.V.m. der Vergabeverordnung – VgV – in ihrer jeweils geltenden Fassung und den Abschnitten 2 der VOB/A bzw. VOL/A, Nr. 3.3) zu beachten sind. Ferner enthält der Bescheid unter Ziffer 8 spezielle vergaberechtliche Vorgaben, insbesondere in Abweichung von Nr. 3.7 ANBest-P die Möglichkeit eines Direktkaufs für Leistungen bis zu einem voraussichtlichen Auftragswert von 1000.- EUR, das Entfallen der Ausschreibungspflicht für die Miete der Standfläche sowie eine Dokumentationspflicht für das gesamte Vergabeverfahren. Ferner wird ausdrücklich auf die Vorschriften des Art. 49 BayVwVfG und Nr. 8 ANBest-P hingewiesen, wonach unter anderem bei Verstößen gegen die in Nr. 3 ANBest-P aufgeführten Vorschriften die Zuwendung entsprechend gekürzt werden kann.
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Zwar kann Gegenstand einer Auflage im Allgemeinen nicht eine Pflicht sein, deren Erfüllung durch den Begünstigten bereits unmittelbar vom Gesetz erwartet und vorausgesetzt wird. Daher sind Bestimmungen, die auf bestehende gesetzliche Verpflichtungen hinweisen oder sie lediglich wiederholen, nicht als Inhalt von Auflagen zulässig. Etwas Anderes gilt allerdings, wenn eine gesetzliche Verpflichtung, deren Umfang umstritten ist, fall- bzw. fallgruppenbezogen mit potentieller Verbindlichkeit konkretisiert wird, um die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtung auch in diesen Fällen ggf. mit Zwangsmitteln durchsetzen zu können. Solche Auflagen erfordern allerdings nicht nur die bestimmte Angabe, was der Begünstigte zu tun oder zu unterlassen hat. Vielmehr muss zusätzlich genau angegeben werden, wann dies geschehen soll. Es muss daher der Fall oder die Fallgruppe nachvollziehbar abgegrenzt werden, für die das Tun, Dulden oder Unterlassen verlangt wird (vgl. zum Ganzen: VG Augsburg, U.v. 23.2.2016 – Au 3 K 15.1070 – juris Rn. 28 ff.; VG Regensburg, U.v. 3.8.2009 – RO 5 K 08.2050 – juris Rn. 24; BSG, U.v. 14.6.1983 – 7 RAr 114/81 – juris Rn. 34; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 36 Rn. 72).
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Wie in Nr. 1 und 5 der zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlass geltenden Richtlinien zur Rückforderung von Zuwendungen bei schweren Vergabeverstößen (StMF, Bek. v. 23.11.2006, FMBl 2006, 228 – im Folgenden: StMF-Rückforderungsrichtlinien) ausgeführt, ist die Einhaltung der gesetzlichen Vergabebestimmungen ausdrücklich eine mit dem Bewilligungsbescheid verbundene Auflage i.S.v. Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG. Eine andere Auslegung ergibt sich weder aus dem Wortlaut von Nr. 3 ANBest-P noch aus der einleitenden Formulierung der ANBest-P, wonach diese sowohl Nebenbestimmungen (Bedingungen und Auflagen) i.S.v. Art. 36 BayVwVfG als auch notwendige Erläuterungen enthalten (a.A. OVG RP, U.v. 25.9.2012 – 6 A 10478/12 – juris Rn. 28 f.; VGH BW, U.v. 17.10.2013 – 9 S 123/12 – DVBl 2014, 321 – juris Rn. 26 f.). Denn gegen eine bloße Erläuterung spricht das dem Kläger als Zuwendungsempfänger ohne weiteres erkennbare Interesse des Beklagten, an eine vergaberechtswidrige Verwendung der Mittel möglichst weitgehende Konsequenzen knüpfen zu können, nämlich den Widerruf des Bescheids wegen eines Auflagenverstoßes; es handelt sich mithin nicht um einen Hinweis auf nach anderen Regelungen ohnehin bestehende rechtliche Pflichten (BayVGH, U.v. 9.2.2015 – 4 B 12.2325 – juris Rn. 19; OVG NW, U.v. 22.2.2005 – 15 A 1065/04 – NVwZ-RR 2006, 86/87 – juris Rn. 58-60; vgl. allg. NdsOVG, B.v. 3.9.2012 – 8 LA 187/11 – juris Rn. 13 m.w.N.). Für eine solche Auslegung spricht schließlich auch der Umstand, dass in Ziffer 8 des Bewilligungsbescheids spezielle vergaberechtliche Bestimmungen aufgenommen wurden, welche von den in Bezug genommenen gesetzlichen Regelungen teilweise verschärfend oder erleichternd abweichen.
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2. Der Kläger hat gegen die im Bewilligungsbescheid vom 20. März 2019 enthaltene Auflage der Einhaltung des Vergaberechts i.S.v. Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG verstoßen. Denn wegen der Überschreitung der in Nr. 3.7 ANBest-P vorgesehenen Wertgrenze von 50.000.- EUR durch die gewährte Zuwendungssumme i.H.v. 168.165.- EUR waren die einschlägigen Vergabevorschriften nach Nr. 3.1, 3.2, 3.4 bis 3.6 ANBest-P anzuwenden. Indes wurden Positionen vom Kläger nicht öffentlich ausgeschrieben, sondern freihändig und teilweise familienintern an nicht nachweislich geeignete Bieter vergeben. Weiterhin unterblieb eine transparente Dokumentation des Vergabeverfahrens. Hierzu wird auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid unter Ziffer 3.1 bis 3.5 verwiesen (S. 4 – 6 des Bescheids vom 27.4.2021), die sich das Gericht ausdrücklich zu eigen macht, § 117 Abs. 5 VwGO.
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Aus dem klägerischen Vortrag im Klageverfahren folgt nichts Anderes. Dies gilt insbesondere für das Vorbringen, wonach der Kläger gemäß den Vorgaben aus Ziffer 8 des Zuwendungsbescheids drei Vergleichsangebote eingeholt und dem günstigsten Bieter den Zuschlag erteilt habe. Denn dabei wird verkannt, dass Ziffer 8 Abs. 1 des streitgegenständlichen Bescheids ergänzend zu Ziffer 3 des Bescheids lediglich Vorgaben für den Fall eines Zuwendungsbetrags von weniger als 50.000.- EUR trifft, was im Falle eines nachträglichen Entfallens einzelner Kostenpositionen gegenüber dem gewährten Höchstbetrag der Zuwendung (168.165.- EUR) im Laufe der Projektdurchführung hätte eintreten können, hier indes schon mit Blick auf das vergebene Teillos „Ausstellungsstand“ mit einem geschätzten Auftragswert von 212.000.- EUR überschritten ist. Damit sind die allgemeinen Bestimmungen des Vergaberechts gemäß Ziffer 3 des Bescheids iVm ANBest-P anzuwenden.
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Dabei kann im Übrigen letztlich dahinstehen, um welche Art von Leistungen es sich innerhalb des Projekts der Gemeinschaftsbeteiligung auf der Messe handelt. Vieles spricht für eine Einordnung als Dienstleistungen, da nicht etwa nur der Bau eines Messestandes beauftragt wurde, sondern ausweislich des Verwendungsnachweises (Bl. 116 f. der Behördenakte) verschiedene Einzelleistungen, die als Lieferungen zu qualifizieren sind. Jedenfalls sehen beide Vergabeordnungen insoweit vergleichbare Vorgaben vor (vgl. § 3 VOL/A bzw. §§ 3, 3a VOB/A). Gleiches ergibt sich auch seit dem Inkrafttreten der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) zum 2. September 2017 aus §§ 2, 8 UVgO, die im vorliegenden Fall einschlägig ist, da der Auftrag für das Teillos „Ausstellungsstand“ mit einem geschätzten Auftragswert von 212.000.- EUR (vgl. Förderantrag) den zum maßgeblichen Zeit geltenden Schwellenwert von 221.000.- EUR für eine EUweite Ausschreibung nicht überschritt (Bek. d. BMfWuE v. 20.12.2017, BAnz AT 29.12.2017 B1). Aufgrund der unveränderten Verweises der ANBest-P auf die Regelungen der VOL/A und VOB/A zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses verbleibt es außerdem jedenfalls trotz des zwischenzeitlichen Außerkrafttretens der Vergabeordnungen im Sinne einer Rechtsfolgenverweisung bei dem Anwendungsbefehl in Nr. 3.2 ANBest-P (vgl. Siegel in: Münchner Kommentar zum Wettbewerbsrecht 4. Aufl. 2022 - I. Haushaltsvergaberecht Rn. 27 m.w.N.).
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Lediglich ergänzend wird darauf verwiesen, dass auch nach der Neuregelung der Unterschwellenvergabe die freihändige Vergabe (nunmehr „Verhandlungsvergabe“) gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 UVgO nachrangig hinter den Vergabearten der öffentlichen Ausschreibung und beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig ist, die hier nicht erfüllt sind. Insbesondere wurde die hierfür vorgesehene Wertgrenze von 50.000.- EUR gemäß § 8 Abs. 4 Nr. 17 UVgO iVm Ziffer 1.2 Satz 1 Verwaltungsvorschrift zum öffentlichen Auftragswesen (Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 14. November 2017, VVöA, AllMBl. S. 307) – wie bereits ausgeführt – vorliegend überschritten, so dass die Voraussetzungen für eine freihändige Vergabe nicht gegeben sind.
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Zum klägerischen Vorbringen unter Verweis auf § 3 Abs. 5 Buchst. h VOL/A, wonach eine öffentliche Ausschreibung wegen der umfangreichen und spezifischen Teilnahmebedingungen des Messeveranstalters nicht möglich gewesen sei, da es für eine einigermaßen kostengünstige Durchführung des Messeauftritts unumgänglich gewesen sei, diverse Aufträge flexibel vor Ort im Rahmen des Aufbaus zu vergeben, wird auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid unter Ziffer 3.2 verwiesen (S. 5 des Bescheids vom 27.4.2021), die sich das Gericht ausdrücklich zu eigen macht, § 117 Abs. 5 VwGO.
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Nicht durchzugreifen vermag im Übrigen der klägerische Einwand, wonach eine familieninterne Vergabe schon deshalb nicht in Betracht komme, da die Landesinnung als juristische Person keinen Sohn habe könne. Denn wie der Beklagte zu Recht unter Ziffer 3.4 des streitgegenständlichen Bescheids ausgeführt hat, ist bei der Beurteilung eines Interessenkonflikts auf die für den Auftraggeber, die im Übrigen typischerweise als juristische Personen verfasst sind, handelnden Personen abzustellen. Vorliegend ist der Landesinnungsmeister für die Durchführung des Vergabeverfahrens verantwortlich und kann somit Einfluss auf das Vergabeverfahren nehmen. Ein persönliches Interesse und damit ein Interessenkonflikt wird damit gemäß § 6 Abs. 1, 2 und 4 VgV bzw. § 4 Abs. 1, 2, 4 UVgO vermutet. Diese Vermutung wurde seitens des Klägers, der als Auftraggeber für das Vergabeverfahren verantwortlich ist und dem somit die Widerlegung obliegt (Greb: in Ziekow/Völlink/Greb, Vergaberecht, 5. Auflage 2024, VgV § 6 Rn. 35 f.), auch nicht widerlegt. Vorliegend lassen sich den ohnehin nur rudimentär vorhandenen Vergabeunterlagen keine konkrete Anhaltspunkte für das Fehlen eines Interessenkonflikts oder eine mangelnde Einflussnahme entnehmen; vielmehr sprechen das intransparente Vorgehen bei der Auftragsvergabe, die fehlenden Nachweise der Eignung, die Vergabe weiterer Unteraufträge durch den Auftragnehmer C. … an weitere Familienmitglieder sowie auch die nur widerstrebende Bestätigung der verwandtschaftlichen Verhältnisse auf mehrfache Nachfrage des Beklagten für das Vorliegen eines Interessenkonflikts.
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Im Übrigen kommt es für die Feststellung der Vergabeverstöße nicht auf die Kenntnis des Zuwendungsnehmers hiervon bzw. entsprechendes Verschulden an, sondern lediglich auf die objektive Rechtslage; subjektive Merkmale können allenfalls im Rahmen der Ausübung des Widerrufermessens Berücksichtigung finden.
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Lediglich ergänzend wird daher klargestellt, dass der klägerische Vortrag auch insoweit nicht überzeugt, als ausdrücklich bestritten wird, dass die Durchführung des Vergabeverfahrens bereits im Rahmen eines früheren Förderverfahrens beanstandet und der Kläger auf die geltenden vergaberechtlichen Bestimmungen, die Verpflichtung zur Einhaltung dieser Vorschriften sowie mögliche förderrechtliche Konsequenzen hingewiesen worden sei. Dies wird zur Überzeugung des Gerichts durch die vorgelegten Behördenakten zum genannten Zuwendungsverfahren expoAIR 2017 widerlegt (vgl. Schlussbescheid vom 9. April 2018, Behördenakte expoAir Bl. 203). Ebenso fehl geht das Vorbringen des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung, er sei in dem früheren Verfahren von dem Beklagten lediglich darauf hingewiesen worden, dass drei Vergleichsangebote einzuholen seien, was er schließlich auch getan hätte. Denn der im dortigen Schlussbescheids vom 9. April 2018 enthaltene Hinweis bezieht sich ausdrücklich darauf, Mindestanforderungen an die Auftragsvergabe auch unter der Wertgrenze der ANBest-P von 50.000.- EUR zu statuieren, trifft aber gerade keine Aussage zu den konkreten Vorgaben für Auftragsvergaben bei Zuwendungen oberhalb der Wertgrenze, die über den Verweis auf die ANBest-P Anwendung finden. Welche Vorgaben das im konkreten Fall im Einzelnen sind, hat der Zuwendungsnehmer durch Heranziehen der maßgeblichen vergaberechtlichen Vorschriften zu eruieren – ggf. angesichts der Komplexität des Vergaberechts unter Einholung von rechtlicher Beratung, denn die Einhaltung des beauflagten Vergaberechts fällt in seinen Verantwortungsbereich. Auch insoweit geht also der klägerische Vortrag ins Leere, wonach es für den Kläger nicht aus dem Bewilligungsbescheid ersichtlich gewesen sei, welche Vergabevorschriften konkret zu beachten gewesen seien. Gleiches gilt hinsichtlich des Verstoßes gegen die Dokumentationspflichten. Auch wenn klägerseits in der mündlichen Verhandlung bestritten wurde, so ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den vorgelegten Behördenakten (vgl. Schlussbescheid vom 9. April 2018, Behördenakte expoAir Bl. 204 unten), dass der Beklagte zu Recht im streitgegenständlichen Bescheid auf die bereits erfolgte Beanstandung gegenüber dem damaligen und aktuellen Vertreter des Klägers, Landesinnungsmeister B. …, im Rahmen des früheren Förderverfahrens zur Gemeinschaftsbeteiligung expoAIR verwiesen und auf die Verpflichtung zur Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen hingewiesen hat und aus diesem Grund damals ein Teilwiderruf ergangen war (vgl. Ziffer 3.3 des Bescheids vom 27.4.2021).
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3. Der Beklagte hat bei seiner Widerrufsentscheidung gemäß Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG („kann“) die gesetzlichen Grenzen eingehalten, die Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV der Ausübung seines Förder- bzw. Widerrufsermessens ziehen (Art. 40 BayVwVfG). Die Entscheidung, die Zuwendung um sämtliche von Vergabeverstößen betroffenen Kostenpositionen zu kürzen, erweist sich – zumindest nach entsprechender Präzisierung in der mündlichen Verhandlung – nicht als ermessensfehlerhaft.
38
a) Ermessensentscheidungen unterliegen nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (§ 114 Satz 1 VwGO). Dem Gericht ist es deshalb versagt, die behördlichen Ermessenserwägungen durch eigene zu ersetzen; es kann die Entscheidung nur auf Ermessensfehler hin überprüfen. Diese Prüfung erstreckt sich insbesondere auch darauf, ob die Behörde von einem ausreichend ermittelten und zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist und ob sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens beachtet und von der ihr eingeräumten Entscheidungsbefugnis in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Gemäß § 114 Satz 2 VwGO kann die Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2017 – 4 ZB 16.577 – juris Rn. 20; U.v. 9.2.2015 – 4 B 12.2325 – juris Rn. 21 ff.; VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 109; VG Augsburg, U.v. 23.2.2016 – Au 3 K 15.1070 – juris Rn. 42).
39
Soweit sich Behörden in ihren Ermessenserwägungen auf ermessensleitende Verwaltungsvorschriften stützen, ist zu beachten, dass diese nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen einer eigenständigen richterlichen Auslegung unterliegen. Sie sind verwaltungsinterne Weisungen und dazu bestimmt, für die Verteilung von Fördermitteln Maßstäbe zu setzen; insoweit regeln sie das Ermessen der letztlich für die Verteilung der Mittel zuständigen Stellen und unterliegen demgemäß nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle analog § 114 VwGO. Die Bewilligungsbehörde hat bei der Entscheidung über eine in ihrem Ermessen stehende Subventionsvergabe Entscheidungsspielräume und in gewissem Umfang die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften. Für die verwaltungsgerichtliche Prüfung entscheidend – etwa für die Frage, ob ein schwerer Vergabeverstoß im Sinne der StMF-Rückforderungsrichtlinien vorliegt – ist daher nur, wie die zuständigen Behörden die jeweilige Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) oder die gesetzliche (Subventions-) Zweckbestimmung gebunden sind (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2017 – 4 ZB 16.577 – juris Rn. 20). Das Gericht hat hier nur zu prüfen, ob bei der Anwendung der Richtlinie in Einzelfällen, in denen die begehrte Leistung versagt bzw. gekürzt worden ist, der Gleichheitssatz verletzt oder der Rahmen, der durch die gesetzliche Zweckbestimmung gezogen ist, nicht beachtet wurde. Die Grenzen der Interpretationen von Richtlinien vorliegender Art durch die zur Entscheidung berufene Behörde werden hier allein durch den gesetzlich umrissenen Subventionszweck bestimmt (vgl. BVerwG U.v. 17.1.1996 – 11 C 5/95 – juris Rn. 21; U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 22.5.2017 – 4 ZB 16.577 – juris Rn. 20; U.v. 21.8.2002 – 4 B 00.1936 – juris Rn. 16; B.v 11.2.2011 – 4 ZB 09.3145 – juris Rn. 6; U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26; VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 97; U. v. 27.1.2020 – M 31 K 19.4697 – juris Rn. 22).
40
Allerdings entbindet die generalisierende Regelbeurteilung ermessensleitender Verwaltungsvorschriften die Behörde im Rahmen der Ausübung des Ermessens nach Art. 49 Abs. 2a BayVwVfG nicht davon, die jeweiligen Einzelumstände angemessen zu würdigen; insbesondere sind im Rahmen der Ermessensausübung wesentliche Abweichungen von dem Regelfall zu berücksichtigen, auf den die ermessensleitende Verwaltungsvorschrift zugeschnitten ist (vgl. BVerwG, B.v. 13.2.2013 – 3 B 58/12 – juris Rn. 8; VGH BW, U.v. 17.10.2013 – 9 S 123/12 – juris Rn. 70). Dies kommt auch in Nr. 3.2 der StMF-Rückforderungsrichtlinien („grundsätzlich“) zum Ausdruck (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 20.1.2016 – 21 ZB 14.1428 – juris Rn. 44; VG München, U.v. 12.12.2013 – M 15 K 12.397 – juris Rn. 61; VG Augsburg, U.v. 23.2.2016 – Au 3 K 15.1070 – juris Rn. 44).
41
b) Hiervon ausgehend ist die Ermessensausübung des Beklagten zugunsten eines Widerrufs der Zuwendung hinsichtlich der mit Vergaberechtsmängeln behafteten Teillose nicht zu beanstanden. Dies gilt sowohl hinsichtlich des „Ob“ des Widerrufs als auch hinsichtlich der Höhe.
42
(1) Bei der Frage, was im Einzelnen als schwerer Verstoß gegen die Vergabevorschriften anzusehen ist, kommt es maßgeblich darauf an, wie die Regierung von ... als zuständige Behörde für die Vergabe der Zuwendungen dies in vergleichbaren Fällen praktiziert (vgl. VG München, U.v. 20.5.2020 – M 31 K 16.5185 – juris Rn. 93). Prüfungsmaßstäblich ist mithin allein die tatsächliche Förderpraxis des Beklagten in Anwendung der Arbeitsgrundsätze für die Förderung von Gemeinschaftsbeteiligungen des Handwerks an Messen und Ausstellungen des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie vom 1.7.2000, die gemäß Ziffer 3 des Zuwendungsbescheids vom 20.3.2019 als Anlage 2 zu dessen Bestandteil gemacht wurden, sowie der StMF-Rückforderungsrichtlinien in der Fassung vom 23. November 2006. Letztere findet hier trotz zwischenzeitlichen Inkrafttretens der Fassung vom 25. Februar 2021 (BayMBl. Nr. 182) nach Ziffer 4 Satz 3 Anwendung. Davon unabhängig sind die hier relevanten Bestimmungen zum Verfahren bei (schweren) Vergabeverstößen inhaltsgleich.
43
Im streitgegenständlichen Teilwiderrufsbescheid vom 27. April 2021 hat die Regierung von ... die ermessensleitenden Regelungen der StMF-Rückforderungsrichtlinien herangezogen. Sie hat auf dieser Grundlage die Auftragsvergabe an ein nicht nachweislich fachlich geeignetes Unternehmen und die Vergabe eines Einzelauftrags an ein Familienmitglied, die freihändige Vergabe des Teilloses „Ausstellungsstand“ sowie die unterbliebene fortlaufende Dokumentation des Vergabeverfahrens als schwere Vergabeverstöße i.S.v. Nr. 4 iVm Nr. 5 der StMF-Rückforderungsrichtlinien gewertet, die nach der Verwaltungspraxis des Beklagten zu einem vollständigen Förderausschluss hinsichtlich der betroffenen Teillose führen. Die Regierung von ... hat zuletzt im Schriftsatz vom 11. Januar 2024 erklärt, dass es der ständigen Verwaltungsübung entspreche, bei einem schweren Vergabeverstoß die Zuwendung vollständig hinsichtlich der betroffenen Teillose zu kürzen.
44
Dieses Ergebnis ist im Lichte des dargelegten eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs bei ermessensleitenden Verwaltungsvorschriften, der im Kern den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) und die gesetzliche (Subventions-)Zweckbestimmung in den Blick nimmt, rechtlich nicht zu beanstanden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aufzählung schwerer Vergabeverstöße in der Nr. 4 der StMF-Rückforderungsrichtlinie nicht abschließend zu verstehen ist, wie auch aus der Einleitung („insbesondere“) hervorgeht (vgl. VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 98 f.).
45
Hinsichtlich der freihändigen Vergabe des Teilloses „Ausstellungsstand“ hat der Beklagte zu Recht das Regelbeispiel nach Nr. 4.1 (freihändige Vergabe ohne die dafür notwendigen Voraussetzungen) der StMF-Rückforderungsrichtlinien zur Anwendung gebracht (vgl. Ziffer 3.2 des Bescheids vom 27.4.2021), so dass die Schwere des Verstoßes indiziert ist (vgl. VG Augsburg, U.v. 23.2.2016 – Au 3 K 15.1070 – juris Rn. 48). Bezüglich der weiteren Verstöße gegen die Pflicht zur Vergabe an nachweislich geeignete Bieter (§§ 2 Abs. 1, 16 Abs. 5 VOL/A), die Pflicht zur fortlaufenden Dokumentation des Vergabeverfahrens (§ 20 VOL/A) und die Annahme eines Interessenkonflikts bei der Vergabe an ein Familienmitglied hat der Beklagte jeweils die näheren Umstände geschildert, aus denen sich die Verstöße ergeben (vgl. Ziffer 3.1, 3.3, 3.4 und 3.5 des Bescheids vom 27.4.2021) und daraus in nicht zu beanstandender Weise den Schluss schwerer Vergabeverstöße gezogen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Regierung von ... mit dieser Einordnung die Grenzen ihres Ermessens überschritten hätte (vgl. § 114 VwGO). Die Einschätzung ist vielmehr von den Intentionen der ermessenslenkenden Richtlinien gedeckt und beachtet die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Gleichbehandlung. Diese Handhabung entspricht, wie ausgeführt, zudem auch Nr. 4.2 1. Alt. der StMF-Rückforderungsrichtlinie, wonach ein schwerer Verstoß unter anderem bei einer ungerechtfertigten Einschränkung des Wettbewerbs vorliegt. Dabei wird gerade kein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln vorausgesetzt. Allein der Umstand einer „ungerechtfertigten Einschränkung des Wettbewerbs“ reicht vielmehr für die Annahme eines schweren Verstoßes aus (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2017 – 4 ZB 16.577 – juris Rn. 19; VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 98). Die Regelungen des Vergaberechts dienen nicht nur der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, sondern auch dem wirtschaftspolitischen Interesse des chancengleichen Zugangs zu öffentlichen Aufträgen und damit dem Wettbewerb; deshalb ist es auch unerheblich, ob dem Zuwendungsgeber durch die Nichtbeachtung des Vergaberechts ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist oder nicht. Vielmehr indiziert die Missachtung des Vergaberechts, das (auch) die Wirtschaftlichkeit der Auftragsvergabe sicherstellen soll, die Unwirtschaftlichkeit (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 17.1.1996 – 11 C 5/95 – NJW 1996, 1766 – juris Rn. 21; U.v. 1.10.2008 – 11 A 7719/06 – juris Rn. 37; BayVGH, U.v. 5.8.2010 – 4 B 08.2968 – juris Rn. 26; B.v. 18.2.2010 – 4 ZB 09.943 – juris Rn. 5/8; B.v. 4.8.2008 – 4 ZB 06.1321 – juris Rn. 9; U.v. 13.12.2001 – 4 B 01.623 – BayVBl 2002, 498 – juris Rn. 15; VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 97, 120; U.v. 20.5.2020 – M 31 K 16.5185 – juris Rn. 104; VG Augsburg, U.v. 23.2.2016 – Au 3 K 15.1070 – juris Rn. 43). Hinsichtlich der familieninternen Auftragsvergaben an die Firma C. … und wiederum durch diese an die Firmen GBr Bürodienstleistungen und BN Steuerberatung hat der Beklagte zu Recht dargelegt, dass der Wettbewerb dadurch eingeschränkt wurde, dass ausweislich der Vergabeunterlagen diese Unternehmen nicht wie sonstige in Frage kommenden Unternehmen auf Eignung geprüft und kein transparentes, auf objektiven Kriterien beruhendes Vergabeverfahren durchgeführt wurde; erschwerend wurde gewertet, dass sämtliche verwandtschaftliche Verhältnisse erst auf mehrfaches Nachfragen des Beklagten vom Klägervertreter bestätigt wurden (vgl. Ziffer 3.4 und 3.5 des Bescheids vom 27.4.2021).
46
Auch der Vortrag, wonach sich der Kläger bei sämtlichen Vergaben maßgeblich vom Kriterium des kostengünstigsten Angebots habe leiten lassen, die Auftragnehmer die beauftragten Arbeiten im Bereich der Messeorganisation ohne Beanstandung erledigt haben sollen und zu den beauftragten Firmen weder Beteiligungs- noch sonstige geschäftliche Verhältnisse bestanden haben sollen, führt genauso wenig weiter wie das Vorbringen, eine Pflicht zur schriftlichen Dokumentation über eine sog. Präqualifikation der Bieter sei nicht aus dem Zuwendungsbescheid vom 20. März 2019 herzuleiten. Denn dies ändert nichts daran, dass insbesondere mit der Vergabe an das Unternehmen C. …, dessen fachliche Eignung nicht ordnungsgemäß im Vergabeverfahren dokumentiert wurde, gegen § 2 Abs. VOL/A und § 20 VOL/A und damit gegen zwingende Vorgaben des Vergaberechts verstoßen wurde, deren Einhaltung im streitgegenständlichen Bescheid beauflagt wurde. Auch insoweit wird auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid unter Ziffer 3.1 bis 3.5 verwiesen (S. 4 bis 6 des Bescheids vom 27.4.2021), die sich das Gericht ausdrücklich zu eigen macht, § 117 Abs. 5 VwGO. Da die Wirtschaftlichkeit nur ein Ziel des Vergaberechts neben dem Wettbewerbsziel, den Gleichbehandlungs- und den Transparenzgrundsatz darstellt (vgl. § 2 Abs. 1 UVgO, dazu Ziekow in: Völlink/Ziekow, 5. Aufl. 2024, UVgO § 2 Rn. 1 und GWB § 97 Rn. 1), kommt es gerade nicht darauf an, den Auftrag ohne weiteres auf das kostengünstigste Angebot zu erteilen. Diese Argumentation verkennt insbesondere, dass es zum einen Zweck der Einhaltung der vergaberechtlichen Bestimmungen ist, das jeweils wirtschaftlichste Angebot zum Zuge kommen zu lassen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass nur durch eine öffentliche Ausschreibung unter Ausnutzung des Leistungswettbewerbs und aller Chancen am Markt das günstigste Angebot erzielt wird (vgl. OVG NW, U.v. 20.4.2012 – 4 A 1055/09 – juris Rn. 129). Das streng formalisierte Verfahren, wie es die VOL/A vorsieht, dient gerade dazu, das wirtschaftlich günstigste Angebot zu erzwingen (vgl. OVG NW, U.v. 20.4.2012, aaO; VG Düsseldorf, U.v. 16.2.2016 – 19 K 3318/14 – juris Rn. 107 ff.). Zum anderen ist es aber gerade auch Sinn und Zweck der Auflage zur Einhaltung der vergaberechtlichen Vorschriften, wirkungsvoll einer Korruptions- und Manipulationsgefahr zu begegnen sowie Wettbewerb und Transparenz bei der Vergabe von Aufträgen, die durch Fördergelder mitfinanziert werden, zu gewährleisten (vgl. VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 119; U.v. 20.5.2020 – M 31 K 16.5185 – juris Rn. 103).
47
Es bedarf dabei auch keiner konkreten Kausalitätsprüfung dahingehend, ob eine vergaberechtswidrige Ausschreibung im Einzelfall tatsächlich einen Ausschluss potentieller Bieter oder gar einen nachweisbaren finanziellen Schaden der ausschreibenden Stelle bewirkt hat. Eine solche lässt sich im Nachhinein kaum mehr durchführen und wird von den ermessenslenkenden Rückforderungsrichtlinien auch nicht verlangt. Die Aufnahme vergaberechtlicher Verfahrensverpflichtungen in den Zuwendungsbescheid soll der für die nachträgliche Prüfung und für einen möglichen Widerruf zuständigen Behörde entsprechende Nachforschungen und Nachweispflichten ersparen (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2015 – 4 B 12.2325 – juris Rn. 24; B.v. 20.1.2016 – 21 ZB 14.1428 – juris Rn. 53). Die Einhaltung der Vergabegrundsätze liegt insoweit allein in der Risikosphäre des Zuwendungsempfängers (BayVGH, B.v. 22.5.2017 – 4 ZB 16.577 – juris Rn. 21; U.v. 9.2.2015 – 4 B 12.2325 – juris Rn. 25; VG München, U.v. 20.5.2020 – M 31 K 16.5185 – juris Rn. 96).
48
(2) Schließlich ist die Ermessensausübung des Beklagten hinsichtlich der Höhe, also zugunsten eines vollständigen Förderausschlusses bezüglich der mit Vergaberechtsmängeln behafteten Teillose, nicht zu beanstanden.
49
Nach Nr. 3.2 Satz 1 i.V.m. Nr. 5 der ermessenslenkenden StMF-Rückforderungsrichtlinien ist im Fall schwerer Vergabeverstöße der Zuwendungsbescheid grundsätzlich zu widerrufen, die Zuwendung neu festzusetzen und dabei gemäß Nr. 3.2 Satz 3 im Regelfall im Interesse eines möglichst einheitlichen Verwaltungsvollzugs und zur gebotenen Gleichbehandlung der Zuwendungsempfänger die Kosten für das mit einem Vergabeverstoß behaftete Teillos vollständig von der Förderung auszuschließen. Gemäß Nr. 3.2 Satz 4 kann der Kürzungsbetrag auf 20 bis 25 v.H. der Gesamtzuwendung beschränkt werden, wenn der Ausschluss der jeweiligen Auftragseinheit zu einem völligen oder sehr weitgehenden Förderausschluss für die Gesamtmaßnahme und damit zu einer erheblichen Härte für den Zuwendungsempfänger führen würde. Es handelt sich hierbei um einen Rahmen, der bei Vorliegen besonderer Gründe sowohl über- als auch unterschritten werden kann (Nr. 3.2 Satz 5 der StMF-Rückforderungsrichtlinien).
50
Vorliegend hat der Beklagte in der Bescheidsbegründung (siehe dort Ziffer 4 bis 6, Bl. 354 der Behördenakte) unter Verweis auf das wiederholte Auftreten schwerer Vergabeverstöße trotz vorheriger Hinweise des Beklagten auf die förderrechtlichen Konsequenzen und bereits erfolgter Kürzungen im vorherigen Zuwendungsverfahren ausgeführt, dass ein vollständiger Förderausschluss hinsichtlich sämtlicher beanstandeter Vergaben im pflichtgemäßen Ermessen liege, ein milderes Mittel angesichts dessen nicht ersichtlich sei und das öffentliche Interesse an einer sparsamen und zweckgerichteten Verwendung von Steuermitteln überwiege, zumal dem Zuwendungsnehmer auf vorgenannten Gründen kein Vertrauensschutz zukomme. Auch lägen keine Anhaltspunkte für eine besondere Situation vor, insbesondere greife der Hinweis auf eine unbillige Härte aufgrund der Corona-Krise in Anbetracht der nicht unerheblichen Rückforderungssumme und dem Kennenmüssen der teilweise schweren Vergabeverstöße nicht durch.
51
Unter Berücksichtigung des dargelegten eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs bei ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften, der im Kern den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) und die gesetzliche (Subventions-) Zweckbestimmung in den Blick nimmt, ist auch insoweit kein Ermessensfehler ersichtlich. Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass grundsätzlich nach Nr. 3.2 der StMF-Rückforderungsrichtlinien eine Gesamtrückforderung vorzunehmen ist. Da die Sanktion des vollständigen Förderausschlusses den Regelfall darstellt, bei dem grundsätzlich davon auszugehen ist, dass im Rahmen der vorzunehmenden Interessensabwägung das öffentliche Interesse an einer Rückforderung überwiegt (Nr. 3.2 Satz 1 und 2 der StMF-Rückforderungsrichtlinien), sind an die Begründung dieser Rechtsfolge keine hohen Anforderungen zu stellen. Selbst wenn es die Behörde in Anwendung einer ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift unterlässt, eine Ausnahme zu erwägen, liegt darin kein Ermessensnichtgebrauch (BayVGH, U.v. 9.2.2015 – 4 B 12.2325 – juris Rn. 22); wenn der Beklagte in derartigen Fällen keine „mildernden Umstände“ zubilligt, kann das so lange nicht beanstandet werden, als gleichmäßig verfahren wird, denn die Zuwendungsgewährung liegt stets im Ermessen des Beklagten (vgl. zu alledem: VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 117 ff.; U.v. 20.5.2020 – M 31 K 16.5185 – juris Rn. 101).
52
Der Beklagte hat vorliegend die vom Klägerbevollmächtigten in der Stellungnahme vom 30. April 2020 (Bl. 340ff. der Behördenakte) zum Anhörungsschreiben vom 23. März 2020 vorgetragenen Aspekte im Rahmen der Ermessensausübung bereits im Bescheid hinreichend gewürdigt. Darüber hinaus hat der Beklagtenvertreter im Rahmen der mündlichen Verhandlung präzisiert, dass sich die in Ziffer 6 des Bescheids enthaltenen Erwägungen betreffend eine etwaige unbillige Härte mit der Möglichkeit eines Absehens von einer vollständigen Nichtberücksichtigung der betroffenen Kostenpositionen zugunsten einer bloßen Kürzung der Fördersumme auseinandersetzen, gegen die sich der Beklagte vor allem wegen der Wiederholung der bereits früher beanstandeten und bereits mit Kürzung der Förderbeträge sanktionierten Vergabeverstöße somit bewusst entschieden habe. Des Weiteren seien erschwerend dazu die familieninternen Vergaben gewertet worden.
53
Dieses Ergebnis ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat dabei auch keine unzulässige Doppelberücksichtigung des Aspekts der Schwere des Vergabeverstoßes vorgenommen; Grund hierfür ist, dass es – z.B. mit Blick auf fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten – durchaus unterschiedliche Schweregrade innerhalb der Gruppe der schweren Vergabeverstöße geben kann, so dass eine entsprechende Differenzierung möglich und auch sachgerecht ist (vgl. VG Augsburg, U.v. 23.2.2016 – Au 3 K 15.1070 – juris Rn. 569). Es kommt dabei vorliegend auch nicht maßgeblich darauf an, ob der Kläger, der sich die Kenntnis seines organschaftlichen Vertreters analog § 26 Abs. 2 Satz 2 BGB zurechnen lassen muss, wissentlich gegen Vergabevorschriften verstoßen hat. Denn zumindest hat er trotz der deutlichen Hinweise des Beklagten im Schlussbescheid des früheren Zuwendungsverfahrens und der dort erfolgten Kürzungen der Zuwendungssummen, des Hinweises im Schreiben zum vorzeitigen Maßnahmebeginn (Schreiben vom 31.8.2018, Bl. 4 f. der Behördenakte) und den Ausführungen im zugrundeliegenden Zuwendungsbescheid seine Pflicht zur Einhaltung der vergaberechtlichen Vorgaben im groben Maße außer Acht gelassen. Wie bereits ausgeführt wäre es Sache des Klägers als Zuwendungsempfänger gewesen, etwaige vergaberechtliche Problemstellungen durch Beiziehung externen Sachverstands oder auch durch Nachfrage bei der Zuwendungsbehörde zu klären. Indes hat der Kläger nicht vorgetragen, diesbezüglich irgendwelche Maßnahmen ergriffen zu haben, sondern sich lediglich auf Unkenntnis berufen.
54
Ebenso wenig kommt es nach obigen Ausführungen darauf an, dass sich der Kläger letztlich durch die Zuwendung nicht selbst bereichert bzw. diese dem Förderzweck entsprechend verwendet hat. Auch die Argumentation des Klägerbevollmächtigten in seinem Schriftsatz vom 22. Dezember 2022, wonach eine Gegenüberstellung der infolge der Vergabeverstöße feststellbaren Mehrkosten mit den Kosten, die bei ordnungsgemäßer Vergabe entstanden wären, im vorliegenden Fall keine Differenz ergebe, geht fehl, da sie sich auf das Verfahren bei Vergabeverstößen nach Ziffer 3.1 der StMF-Rückforderungsrichtlinien bezieht. Dieses findet indes wegen der Feststellung schwerer Vergabeverstöße gerade keine Anwendung, sondern vielmehr sieht die Bestimmung in Ziffer 3.2 der StMF-Rückforderungsrichtlinien hierfür gerade grundsätzlich den Widerruf der vollständigen Zuwendung vor.
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Letztlich ist auch kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass der Beklagte durch den vorliegenden vollständigen Förderausschluss hinsichtlich der betroffenen Teillose gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) verstoßen hätte. Vielmehr entspricht seine Vorgehensweise – wie dargelegt – den StMF-Rückforderungsrichtlinien (vgl. VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 117; VG München, U.v. 13.3.2014 – M 15 K 12.6087 – juris Rn. 40).
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II. Der Beklagte hat zu Recht den Erstattungsbetrag i.H.v. 102.291,43 EUR festgesetzt, Art. 49a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG. Dieser setzt sich aus den Abzugsbeträgen zusammen, die sich zum einen als Folge des Teilwiderrufs sowie zum anderen als Folge der teilweisen Unwirksamkeit der Zuwendungsgewährung wegen Eintritts einer auflösenden Bedingung ergeben.
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1. Als rechtliche Folge des Teilwiderrufs sind die bereits erbrachten, mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufenen Zuwendungen gemäß Art. 49a Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BayVwVfG zu erstatten. Die Regierung von ... hat in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass der Widerruf der mit den Verstößen behafteten Vergaben die Kostenposition „1. Durchführungsgesellschaft“ mit einem nicht anerkannten Betrag i.H.v. 18.500.- EUR sowie die Kostenposition „3. Ausstellungsstand“ mit einem nicht anerkannten Betrag i.H.v. 189.188,88‬ EUR betrifft (vgl. Anlage zum Bescheid vom 27.4.2021), mithin einem Gesamtbetrag der als nicht förderfähig ausgeschlossenen Kostenpositionen i.H.v. 208.038,88 EUR. Daraus wurde zu Recht die Folge gezogen, dass sich die Zuwendung unter Anwendung des Fördersatzes von 50 v.H. um einen Abzugsbetrag i.H.v. 104.019,44 EUR reduziert.
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2. Darüber hinaus hat der Beklagte zu Recht den Zuwendungsbetrag um die Teilbeträge gekürzt, die aufgrund nachträglicher Kostenreduzierung und Überschreitung von Einzelansätzen nicht als förderfähig anzuerkennen waren. Dies betrifft zum einen den Minderbetrag i.H.v. 43.285,93 EUR, um den die im Verwendungsnachweis angegebenen tatsächlich angefallenen hinter den ursprünglich beantragten Kosten zurückgeblieben sind. Dies wird im Übrigen seitens der Klagepartei nicht mit der Klage angegriffen, da sich die Klageforderung von vornherein auf hälftigen Anteil der letztlich im Verwendungsnachweis angegebenen Kosten i.H.v. 293.044,07 EUR beschränkt. Gleiches gilt indes für die Kostenposition 5 „Telefon, Fax“, bei der der Einzelansatz mit 1.091.- EUR gegenüber beantragten 800.- EUR ohne vorherige Genehmigung um mehr als 20 v.H. überschritten wurde, weshalb zu Recht lediglich ein Betrag von 960.- EUR als förderfähig anerkannt wurde.
59
Da der Zuwendungsbescheid vom 20. März 2019 in seiner Ziffer 4 die Ermäßigung der Zuwendung im Falle der Ermäßigung der im Finanzierungsplan veranschlagten Kosten als Rechtsfolge ausdrücklich vorsieht und daher die Höhe des endgültigen Zuwendungsbetrags unter diesen Vorbehalt stellt, kommt es vorliegend nicht auf die Frage an, ob in dieser Konstellation die Rückerstattung auf die Rechtsgrundlage des Art. 49a Abs. 1 Satz 1 3. Alt. i.V.m. Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG gestützt werden kann. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird dies zumindest für die Konstellation verneint, in der diese Rechtsfolge bei der nachträglichen Ermäßigung der Kosten infolge einer Neubewertung durch die zuständige Bewilligungsbehörde auf die – insoweit zur vorliegend einschlägigen ANBest-P – inhaltgleichen Ziffer 2.1 der ANBest-K gestützt wird, und verweist stattdessen auf die Möglichkeit der Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts nach Art. 48 BayVwVfG (vgl. BVerwG U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 11 ff.; VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 33). In einer solchen Konstellation gilt Art. 49 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG entsprechend (vgl. BVerwG, U.v. 11.5.2016 – 10 C 8/15 – juris Rn. 11; U.v. 19.11.2009 – 3 C 7/09 – juris Rn. 24).
60
Der Beklagte hat daher zu Recht die Zuwendung unter Anwendung des Fördersatzes von 50 v.H. um die Abzugsbeträge i.H.v. 21.642,97 EUR bzw. 65,50 EUR reduziert. Unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Rückzahlung i.H.v. 23.436,47 wurde der Rückerstattungsbetrag mithin mit dem Verwaltungsakt vom 27. April 2021 zu Recht auf 102.291,43 EUR festgesetzt, Art. 49a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG.
61
IV. Auch die in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids geregelte Zinsforderung dem Grunde nach begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 49a Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG. Der Beklagte hat auch rechtsfehlerfrei nicht von einer Verzinsung abgesehen, da die Voraussetzungen des Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG nicht gegeben sind.
62
Das in Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG ausdrücklich genannte Regelbeispiel, bei dessen Vorliegen von der Geltendmachung des Zinsanspruchs abgesehen werden kann, ist hier bereits deshalb nicht erfüllt, da der Kläger – wie ausgeführt – den schweren Vergabeverstoß, der zum teilweisen Widerruf des Bewilligungsbescheids (Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids) geführt hat, zu vertreten hat. Es ist auf Tatbestandsebene auch kein anderer besonderer Grund ersichtlich, der es neben den in Art. 49a Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG beispielhaft („insbesondere“) genannten Voraussetzungen in das Ermessen der Behörde stellen würde, von der Geltendmachung des Zinsanspruchs abzusehen; ein Ermessensfehler liegt somit auch insoweit nicht vor (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 22.5.2017 – 4 ZB 16.577 – juris Rn. 26; B.v. 20.1.2016 – 21 ZB 14.1428 – juris Rn. 55 f.; B.v. 18.6.2008 – 4 ZB 07.545 – juris Rn. 8; VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 128 ff.; U.v. 13.3.2014 – M 15 K 12.6087 – juris Rn. 50).
63
Die Klage war nach alledem abzuweisen.
64
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.