Titel:
Keine Gefährdung des Existenzminimums bei Rückkehr nach Afghanistan (Einzelfall)
Normenketten:
AsylG § 73b
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
EMRK Art. 3
Leitsatz:
Trotz der desolaten Wirtschaftslage in Afghanistan sind die strengen Anforderungen des § 60 Abs. 5 AufenthG iVm Art. 3 EMRK nicht erfüllt, wenn der Schutzsuchende in Afghanistan ein tragfähiges und erreichbares familiäres oder soziales Netzwerk hat, hinreichende finanzielle oder materielle Unterstützung durch Dritte erfährt oder über ausreichendes Vermögen verfügt; es insoweit Sache des Schutzsuchenden, die Gründe für seine Furcht vor Verelendung schlüssig darzulegen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Asylrecht, Herkunftsland Afghanistan, Rücknahmeverfahren, Abschiebungsverbot (verneint), Asyl, Afghanistan, subsidiärer Schutz, Rücknahme, Abschiebungsverbot, Einkommen, Lebensunterhalt, Existenzminimum, familiäre Unterstützung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 14196
Tenor
I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Pashtunen und sunnitischen Glaubens.
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Mit Bescheid vom 4. Mai 2017 wurde ihm subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG zuerkannt.
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Mit Verfügung des Bundesamts vom 4. Mai 2020 wurde ein Rücknahmeverfahren eingeleitet und der Kläger mit Schreiben vom … Mai 2020, zugestellt am 7. Mai 2020, zur beabsichtigten Rücknahme angehört. Zur Begründung wurde angeführt, dass der Kläger am … April 2020 wegen versuchten Mordes angeklagt wurde.
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Mit Bescheid vom 5. Februar 2021, zugestellt am 16. März 2021, nahm das Bundesamt den mit Bescheid vom 4. Mai 2017 zuerkannten subsidiären Schutzstatus zurück und stellte zudem fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen.
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Mit Schriftsatz vom 30. März 2021, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg am 30. März 2021, ließ der Kläger Klage erheben und beantragte sinngemäß, den Bescheid vom 5. Februar 2021 aufzuheben. Mit Beschluss vom 4. Mai 2021 verwies das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg den Rechtsstreit an das Bayerische Verwaltungsgericht München. Zuletzt beantragte der Kläger nach Teilrücknahme im Übrigen,
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den Bescheid vom 5. Februar 2021 in der Ziffer 3 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote vorliegen.
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Zur Begründung wurde insbesondere auf die aktuelle Situation in Afghanistan sowie die persönliche Situation des Klägers und seiner Familie verwiesen.
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Die Beklagte legte die Akten vor und beantragte,
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Mit Beschluss vom 28. November 2023 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Am 9. Februar 2024 fand die mündliche Verhandlung statt.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 2024 sowie die vorgelegte Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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1. Soweit die Klage mit Ausnahme der Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG zurückgenommen wurde, ist das Verfahren einzustellen, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
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2. Die aufrecht erhaltene Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
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Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Dies gilt unabhängig davon, ob und welche Straftaten der Ausländer begangen hat (vgl. § 60 Abs. 8, Abs. 9 Satz 2 AufenthG).
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Soweit – wie in Afghanistan – ein für die Verhältnisse eindeutig maßgeblich verantwortlicher Akteur fehlt, können in ganz außergewöhnlichen Fällen auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse im Zielstaat Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung zwingend sind (vgl. BVerwG, B.v. 23.8.2018 – 1 B 42.18 – juris Rn. 9: „nur in besonderen Ausnahmefällen“).
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Diese Voraussetzung kann erfüllt sein, wenn der Ausländer nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalls im Zielstaat der Abschiebung seinen existentiellen Lebensunterhalt nicht sichern, kein Obdach finden oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhalten kann (vgl. BVerwG, B.v. 23.8.2018 – 1 B 42.18 – juris Rn. 11). Auch im Rahmen von § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK ist der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist daher die tatsächliche Gefahr („real risk“) einer unmenschlichen Behandlung (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 5.09 – juris Rn. 22).
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Unter Berücksichtigung der aktuellsten Erkenntnismittel zu den sozioökonomischen Schlüsselindikatoren in Afghanistan geht das erkennende Gericht im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung davon aus, dass dem Kläger aufgrund seiner persönlichen Situation ausnahmsweise bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung droht.
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Bereits vor der Machtübernahme der Taliban war die wirtschaftliche und humanitäre Lage der Bevölkerung in Afghanistan in besorgniserregendem Maß schlecht. Afghanistan zählte zu einem der ärmsten Länder der Welt und wurde zudem von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie schwer getroffen. Die humanitäre Lage für Rückkehrer, Binnenvertriebene und Flüchtlinge stellte sich besonders folgenschwer dar. Rückkehrer, die nicht auf ein unterstützungsfähiges soziales Netzwerk zurückgreifen konnten, konnten allenfalls mit Hilfe der bis dahin gewährten umfangreichen Rückkehrhilfen vor der Verelendung bewahrt werden.
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Die ohnehin schon schlechte wirtschaftliche Situation in Afghanistan hat sich infolge der Machtübernahme durch die Taliban weiter verschlimmert, die Wirtschaft ist regelrecht kollabiert (Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Afghanistan v. 26.6.2023 – Lagebericht – S. 22). Diese haben mit einer steigenden Inflation, einer geschwächten Währung, steigender Arbeitslosigkeit, einer Liquiditätskrise und Verknappung essentieller Güter zu kämpfen (vgl. Lagebericht v. 20.7.2022, S. 7 und v. 22.20.2021, S. 6; BAMF, Briefing Notes v. 20.9.2021, S. 1). Starke Dürren, die verstärkte Ausbreitung von Krankheiten aufgrund der geringen Verfügbarkeit von Wasser und Überflutungen verschärfen die größte humanitäre Krise der Welt (BAMF, Briefing Notes v. 7.8.2023, S. 2). Die Weltbank schätzt, dass das afghanische Bruttoinlandsprodukt sogar im Best-Case-Szenario erst im Jahr 2031 wieder annährend auf dem Niveau von 2020 sein könnte (vgl. European Union Agency for Asylum – EUAA – Key socio-economic indicators in Afghanistan and in Kabul city, August 2022, S. 23). Afghanistan ist nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt und 95% der afghanischen Bevölkerung haben nicht genug zu essen (vgl. https://tolonews.com/afghanistan-176784). Die meisten Haushalte geben an, dass nur noch an einem Tag pro Woche Arbeit für den Lebensunterhalt möglich wäre, unabhängig davon, ob als Tagelöhner oder in einem festen Arbeitsverhältnis (vgl. BAMF, Briefing Notes v. 3.1.2022, S. 2). Seit der Machtübernahme der Taliban haben ca. 700.000 Menschen ihre Arbeit verloren (vgl. BAMF, Briefing Notes v. 7.11.2022, S. 2) und laut einer Umfrage sind mittlerweile ca. 65% arbeitslos, wobei von den durchgehend Beschäftigten 90% ein Gehalt von weniger als umgerechnet 80,- € im Monat bzw. 1,90 US-$ am Tag haben und nur ca. 4% genug Nahrung oder andere lebenswichtigen Güter für ihre Familien zum Überleben bereit stellen können (vgl. BAMF, Briefing Notes v. 24.1.2022, S. 2; v. 7.11.2022, S. 2). Aussagen des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) zufolge habe die Hungersnot ein noch nie da gewesenes Niveau erreicht und das UN-Welternährungsprogramm muss 8 Mio. von Hunger betroffene Afghanen aufgrund fehlender Hilfsgelder von humanitärer Unterstützung ausschließen (BAMF, Briefing Notes v. 31.7.2023, S. 2). Hinzu kommt, dass sich die Preise für Lebensmittel, Benzin und Holz seit Mitte August 2021 verdoppelt haben (vgl. BAMF, Briefing Notes v. 4.10.2021, S. 2; v. 18.10.2021, S. 2) und infolge des weiteren Währungsverfalls (vgl. https://tolonews.com/afghanistan-175089; BAMF, Briefing Notes v. 20.12.2021, S. 2; v. 22.11.2021, S. 2) und des Ukraine-Kriegs (vgl. BAMF, Briefing Notes v. 18.7.2022, S. 1; v. 21.3.2022, S. 1) stetig ansteigen (vgl. a. Lagebericht v. 20.7.2022, S. 7), während Löhne und Einkommen seit der Machtübernahme stark gesunken sind (vgl. EUAA, Key socio-economic indicators in Afghanistan and in Kabul city, August 2022, S. 26 f.). Gelder aus dem Westen – von welchen die afghanische Regierung zu 75% finanziert wurde (vgl. https://www.crisisgroup.org/asia/south-asia/afghanistan/taliban-rule-begins-afghanistan) – wurden (auch als Reaktion auf die weitere Schließung von Mädchenschulen, vgl. BAMF, Briefing Notes v. 4.4.2022, S. 2) größtenteils eingestellt (vgl. https://www.capital.de/wirtschaft-politik/die-wirtschaft-der-taliban-woher-kommt-das-viele-geld). Zwar wurden Finanzmittel teilweise wieder angekündigt (vgl. z.B. BAMF, Briefing Notes v. 25.9.2023, S. 2), aber es ist unklar, wann diese Mittel zur Verfügung stehen werden. Zudem wird laut Meldung des World Food Program (WFP) die humanitäre Unterstützung für weitere 2 Mio. Menschen gekürzt werden müssen und wegen mangelnder Finanzierung können insgesamt 10 Mio. bedürftige Menschen nicht mit Lebensmittelhilfen unterstützt werden (BAMF, Briefing Notes v. 11.9.2023, S. 2).
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Der Direktor des WFP geht davon aus, dass 1,2 Milliarden US-$ benötigt werden, um den 19 Millionen von Ernährungsunsicherheit betroffenen Einwohnern drei Monate lang assistieren zu können (vgl. https://tolonews.com/afghanistan-178355) und laut IOM sind etwa 24,4 Millionen Afghanen – 59% der afghanischen Bevölkerung – bzw. laut Human Rights Council 2/3 der Bevölkerung von humanitärer Hilfe abhängig und 90% leben unterhalb der Armutsgrenze (vgl. https://tolonews.com/afghanistan-179673; Human Rights Council, Situation of women and girls in Afghanistan, 20.6.2023, S. 4, 11). Selbst wenn alle Hilfsgelder ankommen sollten, ist äußerst zweifelhaft, ob internationale Hilfsorganisationen und NGOs, deren Mitarbeiter in der Vergangenheit bevorzugt Ziel von Gewalt gerade der Taliban waren, auf absehbare Zeit in der humanitären Krise tatsächlich Unterstützung leisten können (vgl. VG München, U.v. 12.1.2022 – M 24 K 21.30474 – UA Rn. 30 m.w.N.). Medienberichten zufolge beklagt die Bevölkerung, dass die Taliban die humanitäre Hilfe steuern und diese nicht bei den Bedürftigen ankommt (BAMF, Briefing Notes v. 22.5.2023, S. 2; vgl. a. Briefing Notes v. 25.9.2023, S. 2). Hinzu kommt, dass einige NGOs aufgrund des von den Taliban verhängten Arbeitsverbots für Frauen ihre Arbeit in Afghanistan eingestellt bzw. pausiert haben (BAMF, Briefing Notes v. 2.1.2023, S. 2; www.tagesschau.de/ausland/asien/taliban-frauen-verbot-103.html v. 26.12.2022; https://tolonews.com/afghanistan-181387) und z.B. von Deutschland nur Projekte gefördert werden, die Frauen und Mädchen unterstützen (Süddeutsche Zeitung vom 15.2.2023). Die Organisationen der Vereinten Nationen sind vor Ort nur noch begrenzt arbeitsfähig und die Vereinten Nationen rechnen mit rund 28,3 Millionen Menschen, die 2023 auf humanitäre Hilfe angewiesen sind – rund 15% mehr als 2022 (Lagebericht S. 7).
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Trotz dieser desolaten Wirtschaftslage in Afghanistan sind die strengen Anforderungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK nicht erfüllt, wenn der Schutzsuchende in Afghanistan ein tragfähiges und erreichbares familiäres oder soziales Netzwerk hat, hinreichende finanzielle oder materielle Unterstützung durch Dritte erfährt oder über ausreichendes Vermögen verfügt. Es insoweit Sache des Schutzsuchenden, die Gründe für seine Furcht vor Verelendung schlüssig darzulegen. Sofern er behauptet, keine derartige Unterstützung zu haben, muss er dies erläutern und plausibel machen. Dazu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Nichterweislichkeit der behaupteten Tatsachen geht zu seinen Lasten, da der Schutzsuchende die materielle Beweislast trägt (VGH BW, U.v. 22.2.2023 – A 11 S 1329/20 – juris Rn. 140, 209 f.).
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Dies zugrunde gelegt, kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger in Afghanistan keine hinreichende Unterstützung erfahren wird. Insbesondere seine Angaben zu seinem familiären Netzwerk, das ihn ggf. unterstützen kann waren sehr widersprüchlich und damit nicht glaubhaft.
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In der mündlichen Verhandlung schilderte er ohne nähere Darlegung der Hintergründe, dass seine Familie (nach dem Tod des Vaters) sämtlich in den Iran gezogen sei. Der Tod des Vaters sei im Jahre 2019 gewesen (im Strafverfahren wurde 2018/2019 angegeben). In der Anklageschrift vom April 2020 steht allerdings, dass die Familie des Klägers in Afghanistan lebe, er regelmäßigen Kontakt habe und diese auch finanziell unterstütze. Selbst wenn diese Information aus der Anklageschrift nicht aktuell und sich auf einen früheren Zeitpunkt beziehen sollte, besteht ein Widerspruch zur Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass er erst in Haft – seit Januar 2020 – (überhaupt) wieder Kontakt zu seiner Familie gehabt habe und diese bereits im Iran gewesen sei. Vor diesem Hintergrund sind auch die Ausführungen zu weiteren Verwandten (etwa der Cousin in Deutschland oder ein Verwandter in Paris), die ihn unterstützen könnten, zu denen jedoch sämtlich kein Kontakt mehr bestehen soll, nicht glaubhaft. Der Kläger ist außerdem in der Lage etwa 1000 EUR pro Jahr auf die Seite zu legen und seine Familie zu unterstützen, zu der er nach eigenen Angaben ein gutes Verhältnis hat. Es ist nicht ersichtlich, dass diese ihn nicht ebenfalls unterstützen würden, auch wenn Teile der Familie sich tatsächlich im Ausland befinden sollten oder der Kläger Geld in gewissem Umfang ansparen kann. Er hat des Weiteren eine Verlobte in Deutschland, die Zahnarzthelferin ist.
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Der junge und arbeitsfähige Kläger verfügt zudem über eine begrenzte Schulbildung sowie über eine gewisse Berufserfahrung. Auch ausweislich der Angaben im Strafverfahren musste der Kläger bereits als Kind seinem Vater in Afghanistan „auf dem Bau“ helfen und hat Kenntnisse des Arbeitsmarktes in Afghanistan gesammelt und dort zum Familieneinkommen beigetragen. In Deutschland hat sich der Kläger als anpassungsfähig und flexibel einsetzbar erwiesen. Er hat nach seiner Haft zunächst als F* … eine Ausbildung angefangen und arbeitet derzeit als R* … auf Baustellen.
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In der Gesamtschau und unter Würdigung aller Umstände des hier vorliegenden Einzelfalls ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan ausnahmsweise in der Lage sein wird, auch mit der Hilfe seiner Verwandten und etwaigen Gelegenheitsarbeiten ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten.
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Die Klage hat daher im Hinblick auf ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG keinen Erfolg. Anhaltspunkte für eine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung beim Kläger im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind nicht ersichtlich.
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Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO bzw. – soweit die Klage zurückgenommen wurde – § 155 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Soweit das Verfahren eingestellt wurde (Nr. I. Satz 1 des Tenors), ist die Entscheidung unanfechtbar (§ 80 AsylG).