Titel:
zur nachträglichen des Widmungsumfangs einer öffentlichen Einrichtung durch gemeindliche Satzung
Normenketten:
BayGO Art. 21 Abs. 1, Art, 24 Abs. 1 Nr. 1
kommunale Satzung für die Benutzung des Gemeindezentrums § 2 Nr. 1, Nr. 7, Nr. 9
Leitsatz:
Ändert die Gemeinde die Zweckbestimmung ihrer öffentlichen Einrichtung, nachdem ein Antrag auf Überlassung bereits vorliegt, so setzt sie sich dem naheliegenden Verdacht aus, dass sie die Zweckbestimmung nicht aus einem anzuerkennenden allgemeinen Grund geändert hat, sondern nur, um den Antrag ablehnen zu können; deshalb muss der gestellte Antrag nach den seither geltenden Grundsätzen beschieden werden. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zugang zu einer öffentlichen Einrichtung, Antragstellung vor Satzungsänderung, Glaubhaftmachung der Kapazitätserschöpfung, öffentliche Einrichtung, Satzung, Widmung, nachträgliche Änderung des Widmungszwecks
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 25.09.2024 – 4 CE 24.937
Fundstelle:
BeckRS 2024, 13954
Tenor
1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller jeweils einen der beiden Veranstaltungsräume des Gemeindezentrums des … … (Mehrgenerationenraum [Gewölbe] oder Saal im 2. Stock) am 7. Juni 2024 in der Zeit von 15.00 bis 20.00 Uhr, am 13. Oktober 2024 in der Zeit von 15.00 bis 20.00 Uhr und am 24. November 2024 in der Zeit von 15.00 bis 20 Uhr zu den in der vom Antragsgegner erlassenen Satzung für die Benutzung des Gemeindezentrums vom … 2023 genannten Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt 4/7 und der Antragsgegner 3/7 der Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz wegen der Nutzung des Gemeindezentrums des Antragsgegners.
2
Der Antragsteller hat seinen Wohnsitz im Gemeindegebiet des Antragsgegners, ist Kreisrat im Kreistag des Landkreises …, Mitglied der Partei Alternative für Deutschland (AfD) und stellvertretender Kreisvorsitzender des AfD Kreisverbands … sowie Vorsitzender des AfD Ortsverbandes … Im Gemeindegebiet des Antragsgegners stehen mehrere gemeindliche Räume zur Verfügung, unter anderem das Gemeindezentrum und die Gemeindehalle. Das Gemeindezentrum verfügt über zwei Räume für Veranstaltungen: Der Mehrgenerationenraum, der auch Gewölbe genannt wird, und der Saal im 2. Stock. Die Benutzung des Gemeindezentrums ist durch die „Satzung für die Benutzung des Gemeindezentrums des Marktes …“ vom … 2023, die im Amtsblatt des Landkreises … vom … 2023 veröffentlicht wurde, geregelt. Die Satzung enthält bzw. enthielt insbesondere folgende Regelungen:
„§ 2 Nr. 1: Das Gemeindezentrum des Marktes … kann auf Antrag allen Gemeindeangehörigen, Vereinen, Gruppen sowie dem Kindergarten, der Grundschule und der Volkshochschule für interne und öffentliche Veranstaltungen und sonstige Anlässe zur Verfügung gestellt werden.
§ 2 Nr. 7: Jede gewünschte Überlassung des Gemeindezentrums ist rechtzeitig zu beantragen. Dabei sind anzugeben:
- der Name des Vereins bzw. der Gruppe oder
- der volljährige Verantwortliche bei Familienfeiern
- der bzw. die gewünschten Räume
- die voraussichtliche Personenanzahl
§ 2 Nr. 8: Die Genehmigung für die Überlassung erteilt der Markt … Dem Markt … ist es dabei freigestellt, einen anderen als den gewünschten Ort zu reservieren, die Zeiten zu beschränken, Auflagen für die Benutzung zu erteilen, oder die Überlassung unter Angaben von Gründen zu verweigern. Jegliche Haftungsansprüche gegen dem Markt … sind ausgeschlossen.
§ 2 Nr. 9: Von der Überlassung ausgeschlossen sind Veranstaltungen, die rechtswidrige oder verfassungsfeindliche Ziele verfolgen. Dies gilt auch für Parteien, die von Verfassungsschutzorganen beobachtet würden."
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Der Antragsteller beantragte bereits mit Schreiben vom 10. Januar 2024 die Erteilung einer Genehmigung zur Nutzung von Räumlichkeiten des Antragsgegners für die Veranstaltung „…“ am 15. März 2024. Dieses Gesuch wurde mit Schreiben des Antragsgegners vom 19. Februar 2024 abgelehnt. Ein hiergegen erhobener Antrag auf einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Nutzungsüberlassung des Gemeindezentrums, hilfsweise der Gemeindehalle, an den Antragsteller am 15. März 2024 vom 28. Februar 2024 wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth (Az.: B 4 E 24.156) vom 13. März 2024 abgelehnt. Zur Begründung führte das Gericht maßgeblich aus, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf Benutzung des Gemeindezentrums und der Gemeindehalle habe, da der Antragsgegner glaubhaft gemacht habe, dass sowohl das Gemeindezentrum als auch die Gemeindehalle am 15. März 2024 bereits anderweitig genutzt würden und daher die Kapazitäten erschöpft seien. Die jeweiligen Benutzungsverträge seien von den Nutzern und dem Antragsgegner zeitlich vor dem Antrag des Antragstellers abgeschlossen worden. Im Übrigen wird auf die Gründe des Beschlusses verwiesen.
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Mit E-Mail vom 22. März 2024 forderte der Antragsteller den Antragsgegner zur Vermeidung künftiger Kollisionen bei der Terminvergabe auf, ihm die Wochenenden im Jahr 2024 mitzuteilen, an denen das Gemeindezentrum und die Gemeindehalle nach derzeitigem Stand noch nicht anderweitig belegt seien. Dies lehnte der Antragsgegner unter dem 28. März 2024 mit der Begründung ab, dass der Marktgemeinderat des Antragsgegners am 21. März 2024 beschlossen habe, politisch motivierte Veranstaltungen in sämtlichen gemeindlichen Anwesen nicht mehr zuzulassen, sodass sich das Anliegen des Antragstellers erledigt habe. Gegen die Ablehnung seines Auskunftsersuchens erhob der Antragsteller zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth mit Schriftsatz vom 26. April 2024 Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Mit Beschluss vom 2. Mai 2024 (B 4 E 24.349) verpflichtete das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung, dem Antragsteller Auskunft darüber zu erteilen, an welchen Wochenenden in den Monaten Mai, Juni, September, Oktober und November 2024, jeweils von Freitag bis einschließlich Sonntag, das Gemeindezentrum im Zeitpunkt der Auskunftserteilung zur Nutzung zur Verfügung stehe. Zur Begründung führte das Gericht im Wesentlichen aus, dass dem Antragsteller grundsätzlich ein Anspruch auf Zugang zum Gemeindezentrum des Antragsgegners zustehe. Aus dem damit grundsätzlich bestehenden Nutzungsanspruch des Antragstellers folge als notwendige Vorstufe ein Anspruch auf Auskunftserteilung, wann eine Nutzung allgemein möglich sei. Es erscheine für den Antragsteller unzumutbar, den Anspruch auf Zulassung ohne vorherige Kenntnis der generellen Verfügbarkeit des Gemeindezentrums an einem ins Auge gefassten Termin geltend zu machen und gegebenenfalls zu versuchen, diesen gerichtlich durchzusetzen, obwohl ein Zulassungsanspruch möglicherweise schon wegen einer anderweitigen Belegung ausscheide. Für nähere Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses verwiesen.
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Mit Schreiben vom 6. Mai 2024 forderte der Antragsteller den Antragsgegner im Hinblick auf den Eilbeschluss des Gerichts auf, unverzüglich, spätestens jedoch bis zum 14. Mai 2024, die begehrte Auskunft zu erteilen.
6
Der Marktgemeinderat des Antragsgegners beschloss am 8. Mai 2024 die Änderung der Satzung für die Benutzung des Gemeindezentrums. Durch § 1 der „Satzung Nr. 2 zur Änderung der Satzung für die Benutzung des Gemeindezentrums des Marktes … vom 10. Mai 2024“, die am 16. Mai 2024 im Amtsblatt des Landkreises … bekanntgegeben und eine Woche später in Kraft getreten ist (§ 2 der Änderungssatzung), wurde § 2 Nr. 9 der Satzung für die Benutzung des Gemeindezentrums des Marktes … vom … 2023 wie folgt gefasst:
7
Die Inanspruchnahme für politische Veranstaltungen ist ausgeschlossen. Als politisch motivierte Veranstaltung gelten Veranstaltungen unter der Verantwortlichkeit von politischen Parteien, politischen Vereinen und Wählergruppen jeglicher Art, z. B.: für Wahl- und Informationsveranstaltungen, Parteitage, Jubiläen, politische Unterhaltungen bzw. Konzerte usw..
8
Unter dem 10. Mai 2024 erstellte der Antragsgegner eine Auflistung der noch – nach dem Stand 10. Mai 2024, 10.30 Uhr – freien Termine zur Nutzung des Gemeindezentrums im Jahr 2024, nämlich 12., 24. bis 26. Mai 2024; 1., 2., 7., 28. bis 30. Juni 2024; 6. bis 8. und 13. bis 15. September 2024; 27. September 2025 (gemeint wohl 2024); 18., 19., 25. und 26. Oktober 2024; 9., 10., 15. bis 17., 22. bis 24 und 29. bis 30. November 2024. Für die Jahre 2025 und 2026 stünden noch keine Termine fest.
9
Die Auflistung wurde dem Antragsteller per E-Mail am 14. Mai 2024 (10.53 Uhr) übermittelt. In der E-Mail wurde erwähnt, dass der beigefügte Brief bedauerlicherweise am 10. Mai 2024 nicht mit der Post an den Antragsteller versandt worden sei, sodass dies nunmehr und angesichts der vom Antragsteller gesetzten Frist in elektronischer Form erfolge.
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Mit E-Mail vom 16. Mai 2024, 9.39 Uhr, beantragte der Antragsteller die Nutzung des Gemeindezentrums am 7. Juni 2024, 13. Oktober 2024, 24. November 2024, 15. März 2025, 20. September 2025,18. Oktober 2025 und 7. Februar 2026 jeweils zwischen 17 und 20 Uhr. Als Veranstalter wurde der Antragsteller genannt, der Benutzungszweck lautete für alle Termine „Bürgerinfo“, als gewünschte Räume wurden „Saal und sanitäre Anlagen“ und als voraussichtliche Personenanzahl „ca. 50 Personen“ angegeben. Zum 13. Oktober 2024 wurde ausgeführt, dass der Antragsteller bereits für diesen Termin einen Antrag gestellt habe, der im „…“-Veranstaltungskalender des Antragsgegners eingetragen worden sei. Es werde daher um Mitteilung gebeten, ob dieser Termin deshalb nicht in der Auflistung der freien Termine enthalten gewesen sei, weil er bereits für den Antragsteller reserviert worden sei.
11
Unter dem 23. Mai 2024 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass für die Nutzung des Gemeindezentrums an allen vom Antragsteller angegebenen Tagen zwischenzeitlich eine Reservierung eingegangen sei. Bezüglich des 13. Oktober 2024 wurde darauf hingewiesen, dass mit der Eintragung im „…“-Veranstaltungskalender keine Reservierung der gemeindlichen Räume erfolge, da durch die Eintragung lediglich eine Überschneidung mit vergleichbaren Veranstaltungen in … und … vermieden werden solle.
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Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 30. Mai 2024 – Eingang beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag – stellte der Antragsteller Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
I. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung dazu verpflichtet, den Antragsteller am
7. Juni 2024 17 bis 20 Uhr
13. Oktober 2024 17 bis 20 Uhr
24. November 2024 17 bis 20 Uhr
15. März 2025 17 bis 20 Uhr
20. September 2025 17 bis 20 Uhr
18. Oktober 2025 17 bis 20 Uhr
7. Februar 2026 17 bis 20 Uhr
zu der mit Schreiben vom 16. Mai 2024 beantragten Nutzung des Gemeindezentrums zuzulassen.
II. Hilfsweise wird der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung dazu verpflichtet, den Antrag des Antragstellers vom 16. Mai 2024, womit er die Zulassung zur Nutzung des Gemeindezentrums am
7. Juni 2024 17 bis 20 Uhr
13. Oktober 2024 17 bis 20 Uhr
24. November 2024 17 bis 20 Uhr
15. März 2025 17 bis 20 Uhr
20. September 2025 17 bis 20 Uhr
18. Oktober 2025 17 bis 20 Uhr
7. Februar 2026 17 bis 20 Uhr begehrt,
unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
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Die Antragstellerseite ist der Meinung, dass er aufgrund der Benutzungssatzung vom … 2023 als Gemeindeangehöriger einen Anspruch auf Zugang und Nutzung des Gemeindezentrums des Antragsgegners habe. Die Satzungsänderung sei erst nach der Antragstellung in Kraft getreten und würde einem Anspruch – unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit – nicht entgegenstehen, da der Antragsteller als einzelner Kommunalabgeordneter und damit Träger eines freien Mandats und gerade nicht als politische Partei eine Informationsveranstaltung über Kommunalpolitik abhalten wolle. Gaststätten gebe es im Gemeindegebiet des Antragsgegners hierfür nicht. Ferner sei die Entscheidung des Antragsgegners ermessensfehlerhaft. Ob vorliegend die Vergabe der Räumlichkeiten nach zeitlicher Priorität erfolgt sei, könne nicht beurteilt werden; gegen das Prioritätsprinzip werde jedoch offenkundig verstoßen, da es zu einem plötzlichen Wechsel freier Termine und einer Reservierung aller vom Antragsteller begehrten Terminen gekommen sei. Es bestehe der Verdacht, dass der Antragsgegner die Übermittlung der Übersicht der freien Termine absichtlich nicht zur Post gegeben und nicht sofort per E-Mail übermittelt habe, um einen Zeitraum zu schaffen, der es ihm ermögliche, alle freien Termine mit anderen Veranstaltungen zu belegen und absichtlich die Nutzung durch den Antragsteller zu verhindern. Aufgrund der Auskunftsanfrage des Antragstellers wäre der Antragsgegner bis zu einer konkreten Antragstellung seitens des Antragstellers dazu verpflichtet gewesen, die von ihm in der Auskunftsanfrage begehrten Zeiträume zumindest zu reservieren; eine anderweitige Vergabe der Termine in Kenntnis der begehrten Nutzung durch den Antragsteller sei daher ermessensfehlerhaft gewesen. Auch habe der Antragsgegner gegen seine Abwägungspflicht bei der Vergabe verstoßen, da die Vergabe nicht nur nach Priorität erfolgen dürfe, insbesondere da dies eine Nutzung durch den Antragsteller über Jahre blockieren würde. Die Interessen des Antragstellers daran, seine Wähler über Kommunalpolitik zu informieren und sein Ansehen in der Öffentlichkeit, welches unter den diversen Verfahren zum verweigerten Zugang und der entsprechenden Berichterstattung gelitten habe, wiederherzustellen, müsse beachtet werden. Sofern tatsächlich Reservierungen vorliegen sollten, was bestritten werde, sei angesichts des bisherigen Verhaltens des Antragsgegners davon auszugehen, dass zumindest Teile davon durch ihn, möglicherweise in Zusammenwirken mit weiteren Personen aus dem politischen oder administrativen Kontext, bewirkt worden seien, um die gezielte Wegnahme der Nutzbarkeit für den Antragsteller zu bezwecken. Sollten die Räumlichkeiten des Antragsgegners wider Erwarten dennoch ein so starkes Interesse hervorrufen, dass es über Jahre im Vorfeld ein regelrechtes Wettrennen um mögliche freie Termine gebe, habe der Antragsgegner schon aus dem Prinzip der Chancengleichheit die Vergaberichtlinien offen zu legen sowie diese ggf. so abzuändern, dass andere, an einer Nutzung interessierte Personen, zumindest die Chance des Zugriffs hätten. Ein Anordnungsgrund bestehe. Ein Abwarten auf die Hauptsache sei für den Antragsteller nicht zumutbar, da mehrere der geplanten Nutzungen bereits in naher Zukunft lägen.
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Der Antragsgegner beantragt mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 4. Juni 2024, den Antrag abzuweisen.
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Der Antragsteller habe die Auskunft mit dem Buchungs-/Belegstand 10. Mai 2024, 10.30 Uhr zu freien Terminen ordnungs- und fristgerecht an den Antragsteller erteilt. Der Antragsteller habe bis zur Auskunftserteilung keinen gültigen Antrag auf Nutzung des Gemeindezentrums gestellt. Die Ausführungen zur Verzögerungen der Versendung der Terminliste seien unsachlich. Im Antrag vom 16. Mai 2024 sei nicht explizit erwähnt worden, dass der Antragsteller als Kreisrat und Mitglied einer politischen Partei eine Veranstaltung abhalten wolle. Es sei daher davon auszugehen gewesen, dass er die Buchung als Privatperson vornehme. Aus der Bezeichnung der Art der Zusammenkunft als „Informationsveranstaltung“ sowie den vorherigen Verfahren seien keine Rückschlüsse darauf möglich gewesen, dass eine politische Veranstaltung durchgeführt werden solle. Der Antragsteller habe den Antragsgegner diesbezüglich wohl absichtlich im Unklaren gelassen. Es gebe durchaus private Räumlichkeiten im Gemeindegebiet, auf die der Antragsteller ausweichen könne. Das Gemeindezentrum sei eine begehrte Institution, sodass Termine innerhalb kürzester Zeit und nach entsprechender Antragstellung vergeben würden. Der Antragsgegner müsse Termine nicht bereits bei Anfragen reservieren, insbesondere da der Antragsteller alternativ eine Vielzahl von Terminen in den Raum stelle und es ermessensfehlerhaft wäre, andere Interessenten zu benachteiligen, und dies einen hohen Verwaltungsaufwand hervorrufen würde. Letztlich entscheidend sei jedoch, dass die Freiwillige Feuerwehr der Marktgemeinde bereits einen zeitlich früher eingegangenen Reservierungsantrag für den Termin am 7. Juni 2024 gestellt habe. Darüber hinaus habe der Marktgemeinderat des Antragsgegners bereits am 8. Mai 2024 und demnach vor Antragstellung die Änderung der Benutzungssatzung des Gemeindezentrums dahingehend beschlossen, dass die Nutzung des Gemeindezentrums für politische Veranstaltung jeglicher Art und jeglicher Partei, auch solche einzelner Kommunalabgeordneter, ausgeschlossen sei. Es wäre ermessensfehlerhaft gewesen, in Kenntnis der beschlossenen, wenn auch noch nicht in Kraft getretenen Satzungsänderung, dem Antrag des Antragstellers stattzugeben. Ein Anordnungsgrund bestehe nicht, da der Antragsteller genügend Zeit habe, anderweitige Räume für die Vielzahl an Terminen für seine Veranstaltung zu finden. Im Hinblick auf die bestehende Möglichkeit der kurzfristigen Terminverschiebung bzw. der Wahl anderer Örtlichkeiten, bestehe kein zu erwartender irreparabler Schaden.
17
Als Anlagen hat der Antragsgegner unter anderem folgende Dokumente übermittelt:
- Ein Schreiben der Freiwilligen Feuerwehr … vom 2. Mai 2024, welches mit einem schlecht lesbaren Eingangsstempel der Verwaltungsgemeinschaft … versehen ist, und wonach die Feuerwehr um die ganztägige Reservierung des Gemeindezentrums für den 7. Juni 2024 bitte, da an diesem Tag die „…“ sowie eine … bis ca. 20 Uhr abgehalten werden solle. Zudem wolle man am 18. Oktober 2025 ganztägig die 150-Jahresfeier der Freiwilligen Feuerwehr im Gemeindezentrum abhalten; Näheres werde noch bekannt gegeben.
- Eine E-Mail vom 14. Mai 2024 (10:43 Uhr) vom … … … …, … e.V. Herrn B. an die … des Antragsgegners, wonach der … … eventuell im Herbst 2024 einen Museumsbesuch mit seinen …Kollegen aus … plane. Der Ausdruck der E-Mail enthält einen handschriftlichen Vermerk der ersten Bürgermeisterin des Antragsgegners, datiert auf den 14. Mai 2024, wonach laut einem Telefongespräch mit Herrn B. die Termine am 13. Oktober 2024 und am 24. November 2024 reserviert worden seien.
- Ein Schreiben des … … vom 9. Mai 2024, welches einen schlecht lesbaren Eingangsstempel der Verwaltungsgemeinschaft … enthält, und wonach der Förderverein … am 20. September 2025 eine kulturelle Veranstaltung im Gemeindezentrum abhalten wolle.
- Ein Schreiben der … vom 13. Mai 2024, welches mit einem schlecht lesbaren Eingangsstempel versehen ist, die für … Geburtstagsfeier im Jahr 2025 am 15. März 2025 das Gemeindezentrum reservieren möchte.
- Ein Schreiben des … … vom 10. Mai 2024, welches mit einem Eingangsstempel vom 13. Mai 2024 versehen wurde, und wonach der Verein das Gemeindezentrum am 7. Februar 2026 reservieren wolle, um eine Veranstaltung über den Verein, zu der Referenten eingeladen werden sollen, durchzuführen.
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Unter dem 4. Juni 2024 bat das Gericht der Antragsgegner um Stellungnahme zu dem Umstand, dass das Gemeindezentrum des Antragsgegners über zwei Veranstaltungsräume verfüge und bisher nicht glaubhaft dargelegt worden sei, dass eine tatsächliche Belegung beider Veranstaltungsräume an allen vom Antragsteller genannten Terminen bestehe.
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Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 5. Juni 2024 hat der Antragsteller seinen Antrag wie folgt erweitert:
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Hilfsweise wird der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung dazu verpflichtet, den Antragsteller jeweils an einem Tag entweder am 28. Juni 2024, am 29. Juni 2024 oder am 30. Juni 2024 sowie entweder am 6. September 2024, am 7. September 2024, am 8. September 2024, am 13. September 2024, am 14. September 2024, am 15. September 2024 oder am 27. September 2024 sowie entweder am 18. Oktober 2024 am 19. Oktober 2024, am 25. Oktober 2024 oder am 26. Oktober 2024 sowie entweder am 9. November 2024, am 10. November 2024, am 15. November 2024, am 16. November 2024, am 17. November 2024, am 22. November 2024, am 29. November 2024 oder am 30. November 2024 sowie entweder am 28. Februar 2025, am 1. März 2025, am 2. März 2025, am 7. März 2025, am 8. März 2025, am 9. März 2025, am 14. März 2025 oder am 16. März 2025 sowie entweder am 5. September 2025, am 6. September 2025, am 7. September 2026 (gemeint wohl 2025), am 12. September 2025, am 13. September 2025, am 14. September 2025, am 19. September 2025, am 21. September 2025, am 26. September 2025, am 27. September 2025 oder am 28. September 2025 sowie entweder am 4. Oktober 2025, am 5. Oktober 2025, am 10. Oktober 2025, am 11. Oktober 2025, am 12. Oktober 2025, am 17. Oktober 2025, am 19. Oktober 2025, am 24. Oktober 2025, am 25. Oktober 2025 oder am 26. Oktober 2025 sowie entweder am 6. Februar 2026, am 8. Februar 2026, am 13. Februar 2026, am 14. Februar 2026, am 15. Februar 2026, am 20. Februar 2026, am 21. Februar 2026 oder am 22. Februar 2026 jeweils von 17:00 bis 20:00 Uhr zur Nutzung des Gemeindezentrums für die Durchführung einer Bürgerinformationsveranstaltung (Verantwortlicher der Antragsteller, erwartete Teilnehmerzahl ca. 50 Personen) zuzulassen und ihm den Saal sowie die sanitären Anlagen zur Nutzung zur Verfügung zu stellen.
21
Die Antragstellerbevollmächtigte führt aus, dass der Hilfsantrag darauf abziele, dem Antragsteller für den Fall des Unterliegens an den in der Antragsschrift zunächst beantragten Terminen jeweils an einem Tag zu den im Hilfsantrag beantragten Zeiträumen die Nutzung zu gewähren. Zudem bezweifelt der Antragsteller die tatsächlich ordnungsgemäße und nicht nur der Verhinderung dienende Belegung aller von ihm genannten Nutzungstermine binnen weniger Tage. Er ist der Meinung, dass der Antragsgegner bis zur Antragstellung am 16. Mai 2024 – sollte nicht bereits das Schreiben vom 6. Mai 2024 als entsprechender Antrag angesehen werden – zumindest gehalten gewesen wäre, die anderweitigen Terminanfragen für die dem Antragsteller vorher mitgeteilten freien Termine zurückzuhalten; dies gelte insbesondere aufgrund des gewissermaßen zweistufigen Vorgehens des Antragstellers (Auskunft und anschließende Antragstellung), zu welchem der Antragsgegner ihn gezwungen habe. Es sei widersprüchlich, dass der Antragsgegner die ordnungsgemäße Antragstellung des Antragstellers bezweifle, bei anderweitigen Anfragen jedoch bloße unbestimmte Reservierungsanfragen akzeptiere. Dies gelte insbesondere für die Reservierungsanfrage der Freiwilligen Feuerwehr vom 2. Mai 2024, die nicht dem Antragserfordernis entspreche. Das Schreiben der Feuerwehr sei ferner erst nach dem Schreiben des Antragstellers vom 6. Mai 2024 beim Antragsgegner eingegangen. Es sei zudem fraglich, warum der Antragsgegner dem Antragsteller in der Auskunft vom 10. Mai 2024 den 7. Juni 2024 als freien Termin genannt habe, wenngleich die Feuerwehr diesen Termin bereits mit Schreiben vom 2. Mai 2024 reserviert habe. Der Telefonvermerk vom 14. Mai 2024 zu den Terminen 13. Oktober 2024 und 24. November 2024 lasse keine Reservierungsanfrage erkennen und stelle keine formgerechte Nutzungsanfrage dar. Ferner sei der Antrag des Antragstellers vom 16. Mai 2024 hinreichend bestimmt, da die Nennung des eigenen Namens als Veranstalter korrekt sei; die Mandatsträgerschaft sei die Funktion des Antragstellers. Es sei nicht verschwiegen worden, dass die Informationsveranstaltung in seiner Funktion als Kreisrat abgehalten werden sollte, da sich dies aufgrund der Vorgeschichte dem Antragsgegner aufgedrängt habe. Die Satzung fordere zudem nicht, den Zweck der Veranstaltung detailliert zu erläutern. Eine Anwendung der Satzungsänderung auf Anträge vor dem Inkrafttreten der Satzung widerspreche rechtsstaatlichen Grundsätzen.
22
Der Antragsgegner äußerte sich zum gerichtlichen Schreiben vom 4. Juni 2024 mit Schriftsatz vom 5. Juni 2024 dahingehend, dass das Gemeindezentrum aus zwei Veranstaltungsräumen bestehe. Die entsprechenden Buchungen seien explizit für das Gemeindezentrum getätigt worden, mithin für beide Räumlichkeiten. Es sei so, dass beispielsweise im kleineren Raum eine provisorische Küche aufgebaut und gekocht werde und im anderen Raum die Feierlichkeiten oder Besprechungen stattfänden oder in einem Raum die Feierlichkeit und im anderen Raum eine dazugehörige sog. Disco-Veranstaltung für jüngere Gäste abgehalten werde. Der Antragsteller habe zu allen Terminen lediglich den Saal buchen wollen, was beispielsweise am 7. Juni 2024 aufgrund der Buchung des gesamten Gemeindezentrums durch die Freiwillige Feuerwehr nicht möglich gewesen sei.
23
Ergänzend wird in entsprechender Anwendung des § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte – auch in den Verfahren B 4 E 24.156 und B 4 E 24.349 – verwiesen.
24
1. Der Antrag des Antragstellers ist nach §§ 122 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO sachdienlich dahingehend auszulegen, dass er im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners begehrt, ihm einen der beiden Veranstaltungsräume des Gemeindezentrums an den von ihm angegebenen Terminen und nur im Rahmen der vom Antragsteller erlassenen Benutzungssatzung zur Verfügung zu stellen.
25
2. Der Hauptantrag des Antragstellers ist bezüglich der Nutzungsüberlassung des Gemeindezentrums am 7. Juni 2024, am 13. Oktober 2024 sowie am 24. November 2024 jeweils zwischen 15.00 und 20.00 Uhr zulässig und begründet (vgl. a.). Bezüglich der übrigen Termine ist sowohl der Haupt- als auch der erste Hilfsantrag mangels Anordnungsgrundes als unbegründet abzulehnen (hierzu unter b.). Der unter dem 5. Juni 2024 erhobene zweite Hilfsantrag ist hingegen mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (dazu c.).
26
a. Der Hauptantrag des Antragstellers ist zulässig und hat bezüglich der Termine am 7. Juni 2024, am 13. Oktober 2024 sowie am 24. November 2024 in der Sache Erfolg.
27
aa. Der Antragsteller ist insbesondere beteiligtenfähig nach § 61 Nr. 1 Alt. 1 VwGO, da seiner Antragsbegründung eindeutig zu entnehmen ist, dass er den Antrag persönlich als Kreisrat der AfD stellt.
28
bb. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung).
29
Im Rahmen einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist es dem Gericht nur möglich, eine vorläufige Regelung hinsichtlich des Streitgegenstandes zu treffen. Unter Beachtung des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache ist es dem Gericht grundsätzlich verwehrt, eine abschließende und endgültige Entscheidung zu treffen, wie sie nur im Hauptsacheverfahren nach Klageerhebung zu erreichen wäre. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) gilt dies jedoch dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl.2022, § 123 Rn. 66a). Eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes darf in jedem Fall nur ergehen, wenn der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechtes, den so genannten Anordnungsanspruch, und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den so genannten Anordnungsgrund, glaubhaft macht, § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung (ZPO).
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(1) Der Antragsteller hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihm ein Anspruch auf Nutzung des Gemeindezentrums des Antragsgegners am 7. Juni 2024, am 13. Oktober 2024 sowie am 24. November 2024 zusteht.
31
(a) Entgegen der Ansicht des Antragsgegners mangelt es nicht an einem ordnungsgemäß gestellten Antrag auf Nutzungsüberlassung des Gemeindezentrums.
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Zwar stellt das Schreiben der Antragstellerseite vom 6. Mai 2024 entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers keinen hinreichend bestimmten Antrag auf Nutzungsüberlassung des Gemeindezentraums dar, da mit dem Schreiben bereits nach dessen Wortlaut ein reines Auskunftsbegehren und keine Nutzungsüberlassung geltend gemacht wird. Der Antragsteller forderte den Antragsgegner auf, innerhalb einer bestimmten Frist dem Auskunftsbegehren des Antragstellers entsprechend der gerichtlichen Tenorierung im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 6. Mai 2024 nachzukommen. Darüber hinaus enthält das Schreiben auch keine der in § 2 Nr. 7 Satz 2 der Benutzungssatzung vom … 2023 für den Antrag auf Nutzungsüberlassung geforderten Angaben.
33
Jedoch hat der Antragsteller mittels E-Mail vom 16. Mai 2024 ausdrücklich die Nutzung des Gemeindezentrums an von ihm genau genannten Daten beantragt. Das Schreiben enthält alle nach § 2 Nr. 7 Satz 2 der Benutzungssatzung vom … 2023 geforderten Angaben. So wird als Veranstalter bzw. Verantwortlicher der Antragsteller selbst genannt und Datum, Zeitraum, Benutzungszweck, die gewünschten Räume sowie die voraussichtliche Personenanzahl angegeben. Der Umstand, dass der Antragsteller nicht angegeben hat, dass die mit „Bürgerinfo“ benannten Veranstaltungen politischer Natur sind und er diese im Rahmen seines Mandats als Kreisrat und als Mitglied einer politischen Partei abhalten wollte, schließen eine ordnungsgemäße Antragstellung nicht aus. Zum einen fordert § 2 Nr. 7 Satz 2 der Benutzungssatzung vom …nur den Namen „des Vereins oder der Gruppe oder des volljährigen Verantwortlichen bei Familienfeiern“ und den „Benutzungszweck“ anzugeben. In welcher Funktion ein einzelner Verantwortlicher das Gemeindezentrum nutzen möchte, wird nach dieser Satzungsregelung hingegen gerade nicht gefordert. Eine nähere Definition des Begriffs „Benutzungszwecks“ enthält die Satzung ebenfalls nicht, sodass nicht ersichtlich ist, weswegen „Bürgerinfo“ dem Satzungserfordernis nicht entsprechen sollte. Zum anderen ist bereits aus den der Antragstellung vom 16. Mai 2024 vorangegangenen gerichtlichen Verfahren, die der Antragsteller gegen den Antragsgegner wegen des Zugangs zum Gemeindezentrum geführt hat, bekannt, dass der Antragsteller als Kreisrat im Gemeindezentrum eine politische Informationsveranstaltung für Bürger abhalten möchte. Es ist daher offensichtlich, dass unter dem Begriff „Bürgerinfo“ diese Informationsveranstaltung gemeint ist und keine Privatveranstaltung des Antragstellers, wie der Antragsgegner in der Antragserwiderung meint.
34
Ob bzw. wann der Antragsteller bereits vor dem 6. Mai 2024 – wie im Antrag vom 16. Mai 2024 erwähnt – einen Antrag auf die Durchführung einer Veranstaltung im Gemeindezentrum am 13. Oktober 2024 gestellt hat, kann den eingereichten Schriftsätzen samt Anlagen nicht entnommen worden, sodass es diesbezüglich an einer Glaubhaftmachung der Antragstellung fehlt.
35
(b) Das Gemeindezentrum des Antragsgegners ist eine öffentliche Einrichtung i.S.d. Art. 21 Abs. 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO). Eine solche besteht in einer Einrichtung, die von der Gemeinde durch Widmungsakt der allgemeinen Nutzung in erster Linie durch ihre Gemeindeangehörigen und die niedergelassenen Vereinigungen zugänglich gemacht und von ihr im öffentlichen Interesse unterhalten wird (Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand Juli 2023, Art. 21 GO Rn. 4 m.w.N.). Nach § 1 Nr. 1 Satz 1 der Benutzungssatzung vom … 2023 bezeichnet das Gemeindezentrum … die Gesamtheit aller Räume, die nicht aufgrund anderer rechtlicher Regelungen der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Das Gemeindezentrum des Marktes … kann nach § 2 Nr. 1 der Satzung auf Antrag allen Gemeindeangehörigen, Vereinen, Gruppen sowie dem Kindergarten, der Grundschule und der Volkshochschule für interne und öffentliche Veranstaltungen und sonstige Anlässe zur Verfügung gestellt werden.
36
(c) Der Anspruch auf Nutzung einer gemeindlichen öffentlichen Einrichtung steht gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO allen Gemeindeangehörigen i.S.d. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 GO zu. Der Antragsteller hat seinen Wohnsitz in … und ist Gemeindeangehöriger.
37
(d) Ein Anspruch auf Benutzung einer öffentlichen Einrichtung besteht nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO grundsätzlich nur, soweit sich die beabsichtigte Nutzung im Rahmen der Zweckbestimmung der Einrichtung hält, wie sie sich aus deren Widmung ergibt. An den Widmungsakt sind nach ständiger Rechtsprechung keine förmlichen Voraussetzungen zu stellen. Die Widmung kann sich sowohl durch ausdrücklichen Verwaltungsakt oder durch Satzung als auch konkludent durch die andauernde Überlassungs- und Nutzungspraxis ergeben (st. Rspr., vgl. nur BayVGH, B.v. 6.8.2008 – 4 CE 08.2070 – juris Rn. 15, B.v. 10.10.2013 – 4 CE 13.2125 – juris Rn. 10 – je m.w.N.). Der Widmungszweck ist hier ausdrücklich in § 2 der Satzung geregelt. Gemäß § 2 Nr. 1 der Satzung kann das Gemeindezentrum für interne und öffentliche Veranstaltungen und sonstige Anlässe, gemäß § 2 Nr. 2 der Satzung für standesamtliche Trauungen der Verwaltungsgemeinschaft Schirnding sowie gemäß § 2 Nr. 3 1. HS der Satzung für Familienfeste genutzt werden. Der Antragsteller möchte Veranstaltungen zu Bürgerinformationen über Neuigkeiten aus dem Kreisrat, in dem er als Mandatsträger der AfD vertreten ist, abhalten. Dabei handelt es sich um öffentliche Veranstaltungen, die sich grundsätzlich im Rahmen des Widmungszwecks bewegen.
38
(e) Der Anspruch des Antragstellers auf Zulassung bzw. Nutzung des Gemeindezentrums ist weder durch die Änderung des § 2 Nr. 9 der Satzung vom … 2023 durch die Satzung vom 10. Mai 2024, die am 16. Mai 2024 bekannt gegeben wurde und eine Woche später in Kraft trat, noch durch die Bestimmungen in der Benutzungssatzung vom … 2023 ausgeschlossen.
39
(aa) Mit § 1 der Änderungssatzung vom 10. Mai 2024 wurde § 2 Nr. 9 der Satzung vom … 2023 dahingehend geändert, dass die Inanspruchnahme des Gemeindezentrums für politische Veranstaltungen ausgeschlossen wird. Dies schließt den Anspruch des Antragstellers zumindest bezüglich der Termine am 7. Juni 2024, am 13. Oktober 2024 sowie am 24. November 2024 aber nicht aus.
40
Die Entscheidung über den Antrag des Antragstellers auf Zugang bzw. Nutzungsüberlassung des Gemeindezentrums ist im vorliegenden Fall zumindest bezüglich der Termine am 7. Juni 2024, am 13. Oktober 2024 sowie am 24. November 2024 nach der bei Antragstellung geltenden Rechtslage zu beurteilen und nicht nach der Rechtlage, die zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung bzw. der gerichtlichen Entscheidung über den Eilantrag gegolten hat.
41
Zwar ist die Gemeinde befugt, die Zweckbestimmung ihrer Einrichtung zu ändern. Grundsätzlich gelten dabei für nachträgliche Erweiterungen oder Einschränkungen der Widmung – wie für den Widmungsakt an sich – keine Formvorschriften. So kann etwa der durch Vergabepraxis gegenüber einem Gemeinderatsbeschluss erweiterte Widmungsumfang einer öffentlichen Einrichtung durch Änderung der Vergabepraxis auf den ursprünglichen Widmungszweck zurückgeführt werden (BayVGH, B.v. 10.10.2013 – 4 CE 13.2125 – juris Rn. 11 m.w.N.; vgl. auch Stepanek in BeckOK Kommunalrecht Bayern, 21. Edition 1.2.2024, Art. 21 GO Rn 8). Widmungsbeschränkungen sind zulässig, soweit sie nicht den allgemeinen Zulassungsanspruch von Gemeindeangehörigen beeinträchtigen oder zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Differenzierung führen (BayVGH, U.v. 1.2.2022 – 4 N 21.757 – juris Rn. 22; Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, EL Juli 2013, Art. 21 GO Rn. 14). Ändert die Gemeinde die Zweckbestimmung, nachdem ein Antrag auf Überlassung bereits vorliegt, so setzt sie sich dem naheliegenden Verdacht aus, dass sie die Zweckbestimmung nicht aus einem anzuerkennenden allgemeinen Grund geändert hat, sondern nur, um den Antrag ablehnen zu können. Ein solches Verfahren ist deshalb mit der Pflicht der Gemeinde zur Gleichbehandlung nicht vereinbar. Jedenfalls muss der bereits gestellte Antrag noch nach den bisher geltenden Grundsätzen beschieden werden (vgl. zur Überlassung einer Sporthalle an eine politische Partei: BVerwG, U.v. 28.3.1969 – VII C 49.67 – juris Rn. 46).
42
Auch unter Berücksichtigung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG setzt sich der Antragsgegner vorliegend dem naheliegenden Verdacht aus, dass er die Einschränkung der Widmung zur Benutzung der Gemeindehalle nicht aus einem anzuerkennenden allgemeinen Grund geändert hat, sondern um einen Antrag des Antragstellers auf Nutzung des Gemeindezentrums ablehnen zu können. So trat die Änderung der Satzung erst nach der Antragstellung am 16. Mai 2024 in Kraft. Am 16. Mai 2024 wurde die Satzungsänderung im Amtsblatt des Landkreises … bekannt gegeben und trat eine Woche später in Kraft. Zudem lehnte der Antragsgegner den Antrag des Antragstellers am 23. Mai 2024 und damit genau am Tag des Inkrafttretens der Satzungsänderung ab.
43
Dieser Verdacht kann – zumindest für den Antrag die Termine im Jahr 2024 betreffend – nicht durch den Umstand, dass der Beschluss des Marktgemeinderats des Antragsgegners zur Änderung der Benutzungssatzung nach den Angaben des Antragsgegners bereits am 8. Mai 2024 erfolgte, entkräftet werden. Damit hat der Marktgemeinderat zwar vor der Antragstellung am 16. Mai 2024 die Satzungsänderung beschlossen. Jedoch wurde der Antragsgegner bereits mit dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 2. Mai 2024 (Az.: B 4 E 24.349) einstweilen dazu verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft über freie Termine des Gemeindezentrums in bestimmten Monaten des Jahres 2024 zu gewähren. Diese Auskunft diente offenkundig zur Vorbereitung der Beantragung der Nutzungsüberlassung des Gemeindezentrums durch den Antragsteller und wurde von diesem nochmals mit Schreiben vom 6. Mai 2024 unter Setzung einer Frist bis zum 14. Mai 2024 vom Antragsgegner eingefordert. Entsprechend war es dem Antragsteller erst nach Auskunftserteilung – insbesondere in Anbetracht der Kapazitätsauslastungen des Gemeindezentrums – möglich, einen Antrag auf Nutzungsüberlassung zu stellen. Für den Antragsgegner war somit bereits im Zeitpunkt des Beschlusses der Satzungsänderung am 8. Mai 2024 klar, dass ein entsprechender Nutzungsantrag des Antragstellers zu erwarten ist, sobald ihm die entsprechende Auskunft erteilt wurde. Dieser zeitliche Zusammenhang kann den Verdacht, dass die Satzungsänderung nur im Hinblick auf die begehrte Nutzung des Gemeindezentrums durch den Antragsteller im Jahr 2024 erfolgte, nicht entkräftet, sondern er erhärtet ihn.
44
Dementsprechend muss der bereits gestellte Antrag zumindest bezüglich der Termine im Jahr 2024 noch nach den bisher geltenden Grundsätzen beschieden werden. Entsprechend greift auch der Einwand des Antragsgegners, dass er die zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits im Gemeinderat beschlossene Satzungsänderung im Rahmen des Ermessens bei der Bescheidung berücksichtigten musste, nicht.
45
Darüber hinaus hat die Kammer bereits im Beschluss vom 2. Mai 2024 (Az.: B 4 E 24.349) auf. S. 9 f. ausgeführt:
„Auch unter Berücksichtigung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG des Antragsgegners hält die Kammer die vorliegend durch Marktgemeinderatsbeschluss vom … März 2024 vorgenommene Widmungsbeschränkung für unwirksam. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz des gemeindlichen Handels für die Gemeindebürger scheint es – nach der im Eilverfahren gebotenen und nur möglichen summarischen Prüfung – inkonsequent, den Widmungszweck des Gemeindezentrums per Satzung festzulegen, um zu einem späteren Zeitpunkt eine Widmungsbeschränkung per Gemeinderatsbeschluss zu erwirken. Während die Satzung abstrakt-generelle Regelungen für die Benutzung des Gemeindezentrums regelt, handelt es sich bei dem einschränkenden Marktgemeinderatsbeschluss vom … März 2024 um ein reines Verwaltungsinternum (dazu etwa Müller in Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Werkstand 33. EL April 2023, Art. 18a Rn. 47). Aus dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung, der eine spezielle Ausprägung des Gleichheitsgebots aus Art. 3 Abs. 1 GG darstellt, folgt, dass die Verwaltung, so sie bei der Behandlung vergleichbarer Fälle gleichbleibend nach einem System verfährt, im Einzelfall nicht nach Belieben abweichen kann, ohne dadurch (objektiv) willkürlich zu handeln und damit gegen den Gleichheitssatz zu verstoßen (Geis in Schoch/Schneider, VwVfG, 4. EL November 2023, § 40 Rn. 74 f m.w.N.). Diesem Rechtsgedanken ist zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin mit Festlegung des Widmungszwecks in der Satzung gegenüber den Gemeindebürgern einen Vertrauensschutz dahingehend geschaffen hat, diesen Widmungszweck in der gleichen Rechtsform zu erweitern oder zu beschränken. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Satzungserlass im Gegensatz zum Gemeinderatsbeschluss strengen Formvorschriften unterliegt und sich auch die Rechtsschutzmöglichkeiten unterscheiden (die Problematik offen lassend OVG LSA, B.v. 10.10.2011 – 4 M 179/11 – juris Rn. 5; vgl. auch BayVGH, U.v. 17.11.2020 – 4 B 19.1358 – juris Rn. 37).“
46
Danach hebt die lediglich beschlossene Satzungsänderung durch den Marktgemeinderat des Antragsgegners die Bindungswirkung der im Zeitpunkt der Antragstellung noch wirksamen Satzung in der Fassung vom … 2023 gerade nicht auf, sodass sich der Gemeinderatsbeschluss auch aus diesem Grund nicht ermessenslenkend auswirken kann.
47
(bb) Die Benutzung des Gemeindezentrums ist nicht nach der Benutzungssatzung vom … 2023 ausgeschlossen. Bereits im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 2. Mai 2024 (Az.: B 4 E 24.346) wurde hierzu auf S. 8 f. ausgeführt:
„Ausdrücklich ausgeschlossen sind nach § 2 Nr. 3 2. HS der Satzung gewerbliche Veranstaltungen und nach § 2 Nr. 9 der Satzung Veranstaltungen, die rechtswidrige oder verfassungsfeindliche Ziele verfolgen. Dies gilt auch für Parteien, die von Verfassungsschutzorganen beobachtet werden. Dafür, dass der Antragsteller gewerbliche Veranstaltungen im Gemeindezentrum durchführen möchte, wurde nichts vorgetragen und bestehen auch keine Anhaltspunkte. Die Regelung in § 2 Nr. 9 der Satzung ist rechtswidrig und deshalb unwirksam. Bei Ausübung seines Selbstverwaltungsrechts nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG hat der Antragsgegner den durch Art. 3 GG i.V.m. Art. 21 und 38 GG gewährleisteten Grundsatz der Chancengleichheit politischer Parteien zu beachten (OVG Lüneburg, B.v. 14.4.2011 – 10 ME 47/11 – juris Rn. 30). Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben sind in § 5 Abs. 1 des Parteiengesetzes (PartG) umgesetzt, der bestimmt, dass bei der Gestattung der Nutzung öffentlicher Einrichtungen alle politischen Parteien gleichbehandelt werden sollen (BVerfG, B.v. 3.4.2019 – 2 BvQ 28/19 – juris Rn. 7; B.v. 7.3.2007 – 2 BvR 447/07 – juris Rn. 3). Das Recht auf Chancengleichheit ist verletzt, wenn – wie vorliegend – ein Träger öffentlicher Gewalt die Nutzung einer öffentlichen Einrichtung einer Partei verweigert, obwohl er sie anderen Parteien einräumt oder eingeräumt hat (BVerfG, B.v. 3.4.2019 – 2 BvQ 28/19 – juris Rn. 7; B.v. 7.3.2007 – 2 BvR 447/07 – juris Rn. 3). Das Parteiverbot bleibt dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten. Die Beobachtung einer Partei durch Verfassungsschutzorgane ist insoweit kein taugliches Differenzierungskriterium, auf dessen Grundlage eine Ungleichbehandlung von Parteien gerechtfertigt werden könnte. Eine solche Einschränkung liefe vielmehr auf einen Ausschluss wegen zu erwartender unerwünschter Meinungsäußerungen hinaus (vgl. dazu BayVGH, U.v. 17.11.2020 – 4 B 19.1358 – juris Rn 52 ff.).“
48
Auch bezüglich der nunmehr vom Antragsteller geplanten Veranstaltungen „Bürgerinfo“ wurde weder vorgetragen noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass es sich hierbei um eine gewerbliche Veranstaltung handelt. Bezüglich der Regelung in § 2 Nr. 9 der Satzung vom 26. Mai 2023 hält die Kammer an ihrer Rechtsauffassung zur Rechtswidrigkeit und damit Unwirksamkeit dieser Bestimmung fest.
49
(f) Der Anspruch des Antragstellers auf Zulassung zum Gemeindezentrum am 7. Juni 2024, am 13. Oktober 2024 sowie am 24. November 2024 ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil beide Veranstaltungsräume des Gemeindezentrums an diesen Terminen bereits anderweitig vergeben sind.
50
Der Zulassungsanspruch ist begrenzt durch die tatsächliche Kapazität der öffentlichen Einrichtung. Ein Anspruch auf Schaffung zusätzlicher Kapazitäten oder Umorganisation besteht nicht (vgl. BayVGH, U.v. 23.3.1988 – 4 B 86.02336 – BayVBl 1989,148). Der Anspruch stößt also an seine Grenzen, soweit die öffentliche Einrichtung bereits anderweitig vergeben ist (vgl. BayVGH, B.v. 21.1.1988 – 4 CE 87.03883 – BayVBl 1988,497) oder aus anderen Gründen eine Nutzung für jeden Bewerber ausgeschlossen ist (vgl. BayVGH, B.v. 14.9.2007 – 4 CE 07.2292 – juris).
51
Zwar ergibt sich, anders als der Antragsteller meint, aus dem Auskunftsersuchen vom 6. Mai 2024 noch keine Verpflichtung des Antragsgegners, die ihm genannten freien Termine freizuhalten; er ist auch nicht davor geschützt, dass es zwischen Auskunftsersuchen und Antragstellung zu anderweitigen Belegungen der Räumlichkeiten kommt (vgl. hierzu auch Beschluss der Kammer vom 2. Mai 2024 – B 4 E 24.349 – S. 11). Jedoch hat der Antragsgegner nicht zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft gemacht, dass sowohl der Mehrgenerationenraum, auch als Gewölbe bezeichnet, als auch der Saal im 2. Stock des Gemeindezentrums des Antragsgegners am 7. Juni 2024, am 13. Oktober 2024 und am 24. November 2024 anderweitig belegt sind.
52
Der Einwand des Antragsgegners, dass der Antragsteller in seinem Antrag vom 16. Mai 2024 nur den „Saal“ als gewünschten Veranstaltungsort angegeben habe und daher nicht die Nutzung des weiteren Veranstaltungsraums „Gewölbe“ für seine Veranstaltung begehre, greift nicht. Der Antragsteller hat in seinem Antrag explizit den Zugang zum Gemeindezentrum beantragt. Dass er als gewünschten Raum den „Saal“ angegeben hat, zeigt nur, dass dies der von ihm bevorzugte Raum ist, nicht jedoch, dass er nur dessen Nutzung begehrt. Die Formulierungen in der Antragsbegründung sowie der darin gestellte Antrag lassen ebenfalls hinreichend erkennen, dass der Antragsteller lediglich das Gemeindezentrum für seine Veranstaltung nutzen möchte, nicht jedoch allein den Saal als Veranstaltungsraum akzeptiert. Die Angabe des gewünschten Raums im Antrag vom 16. Mai 2024 ist zudem dem Umstand geschuldet, dass der gewünschte Raum nach § 2 Nr. 7 der Benutzungssatzung zwingend anzugeben ist. Nach § 2 Nr. 8 Satz 2 der Benutzungssatzung behält sich der Antragsgegner zudem vor, einen anderen als den gewünschten Ort für die Veranstaltung zu reservieren.
53
Aus dem Verfahren B 4 E 24.156 ist gerichtsbekannt, dass das Gemeindezentrum des Antragsgegners über zwei Veranstaltungsräume, nämlich den Mehrgenerationenraum (Gewölbe) und den Saal im 2. Stock verfügt. Ebenso gerichtsbekannt ist der Umstand, dass beide Veranstaltungsräume unabhängig voneinander und zu konträren und dadurch einander potenziell störenden Nutzungszwecken parallel genutzt werden können und auch parallel durch den Antragsgegner an unterschiedliche Nutzer vergeben werden. So wurde am 15. März 2024 das Gewölbe im Gemeindezentrum für eine große Geburtstagsfeier …und der Saal im zweiten Stock für die Vorstandssitzung „… … e. V.“ reserviert und die entsprechende Nutzung vom Antragsgegner genehmigt (vgl. Beschluss der Kammer vom 13. März 2024 – B 4 E 24.156 – S. 5).
54
Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen konnte der Antragsgegner eine vollständige Belegung des Gemeindezentrums am 7. Juni 2024 nicht glaubhaft machen. Zum einen genügen die „Buchung“ der Freiwilligen Feuerwehr und der Hinweis des Antragsgegners, dass das Gemeindezentrum deshalb am 7. Juni 2024 belegt sei, nicht, um glaubhaft darzulegen, dass der Antragsgegner der Freiwilligen Feuerwehr tatsächlich die Nutzung beider Veranstaltungsräume des Gemeindezentrums gewährt hat. Zum anderen ergibt sich aus der vorgelegten Buchung der Freiwilligen Feuerwehr … vom 2. Mai 2024, die (wohl) am 8. Mai 2024 bei der Verwaltungsgemeinschaft … einging, weder, wie viele Personen an der „…“ mit anschließender … bis ca. 20 Uhr teilnehmen werden, noch welchen der Veranstaltungsräume des Gemeindezentrums die Feuerwehr tatsächlich nutzen möchte, obwohl beides zwingende Antragserfordernisse nach § 2 Nr. 7 der Satzung … sind. Allein aus der pauschalen Formulierung, dass das Gemeindezentrum ganztägig genutzt werden soll, wird nicht ersichtlich, dass tatsächlich beide Veranstaltungsräume durch die Veranstaltung belegt werden und daher die Zuweisung eines der Veranstaltungsräume an den Antragsteller nicht möglich sein soll. Der diesbezügliche Hinweis des Antragsgegners im Schriftsatz vom 5. Juni 2024, dass es beispielweise so sei, dass im kleineren Raum eine provisorische Küche aufgebaut und gekocht werde und im anderen Raum die Feierlichkeiten oder Besprechungen stattfänden oder einer der Räume als Raum für jüngere Gäste genutzt werde, zeigt, dass es zwar generell möglich ist im Rahmen einer Veranstaltung beide Veranstaltungsräume zu nutzen. Dass dies jedoch nicht zwingend der Fall ist, verdeutlichen die parallel erfolgten Veranstaltungen am 15. März 2024. Die Darstellung des Antragsgegners lässt daher keinerlei Rückschlüsse darauf zu, welche Veranstaltungsräume für die Veranstaltung der Freiwilligen Feuerwehr tatsächlich von Nöten sind.
55
Im Hinblick auf die vom Antragsteller begehrte Nutzung des Gemeindezentrums am 13. Oktober 2024 und am 25. November 2024 wurde von Seiten des Antragsgegners eine Kapazitätsauslastung in keiner Weise glaubhaft gemacht. Die vorgelegte E-Mail vom 14. Mai 2024 enthält nur die Information, dass der … … eventuell im Herbst 2024 einen Museumsbesuch mit seinem …Kollegen aus … plane. Bezüge zum Gemeindezentrum des Antragsgegners sind nicht ersichtlich. Auch die konkreten streitgegenständlichen Termine 13. Oktober 2024 und 24. November 2024 lässt die vage Formulierung „eventuell im Herbst 2024“ nicht erkennen. Der handschriftliche Vermerk der ersten Bürgermeisterin vom 14. Mai 2024 „Lt. Telefongespräch mit Herrn B. folgende Termine reserviert: 13. Oktober 2024, 24. November 2024“ lässt ebenfalls keinen Bezug zum Gemeindezentrum erkennen. Durch diese vom Antragsgegner als „Buchung“ bezeichnete E-Mail samt handschriftlichen Vermerk ist in keiner Weise glaubhaft gemacht, dass es sich hierbei um einen Antrag auf Nutzung des Gemeindezentrums an den genannten Tagen und eine entsprechende Genehmigung durch den Antragsgegner handelt. Darüber hinaus zeigt das Dokument nicht, dass beide Veranstaltungsräume des Gemeindezentrums durch Herrn B. belegt werden würden, sodass eine parallele Nutzung durch den Antragsteller nicht möglich wäre.
56
(2) Der Antragsteller hat auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes bezüglich der Termine am 7. Juni 2024, am 13. Oktober 2024 und am 24. November 2024 glaubhaft gemacht.
57
Ein Anordnungsgrund zur Regelung eines vorläufigen Zustandes besteht, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint, § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung, ob eine Regelung in diesem Sinne „nötig erscheint“, stellt der Methode nach eine Abwägung zwischen den Interessen des Antragstellers und den Belangen des Antragsgegners dar (vgl. Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, August 2022, § 123 VwGO Rn. 82 m.w.N.). Überwiegen dabei die Interessen des Antragstellers, so liegt ein Anordnungsgrund vor. Droht ohne einstweilige Anordnung der völlige Verlust oder die weitgehende Entwertung des Rechts, so ist der Anordnungsgrund regelmäßig gegeben. Häufig wird eine weitgehende Entwertung eines Rechts gerade dadurch eintreten, dass die Realisierung sich um die Dauer eines Hauptsacheverfahrens verzögert (BayVGH, B.v. 26.1.2007 – 24 CE 06.2853 – juris Rn. 24).
58
Für das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers liegt eine entsprechende Eilbedürftigkeit vor. Es ist davon auszugehen, dass bis zur Entscheidung in der Hauptsache – die im Übrigen auch noch nicht erhoben wurde – die in diesem Jahr geplanten Termine bereits verstrichen wären. Eine Entscheidung in der Hauptsache wäre dann jedoch nutzlos. Dass der Antragsteller auf anderweitige – private – Veranstaltungsräume für seine Veranstaltungen ausweichen könnte, ist für den Termin am 7. Juni 2024 bereits aus zeitlichen Gründen schwierig. Zudem würde der Verweis auf solche Veranstaltungsräume rechtlich dem Umstand, dass der Antragsteller als Gemeindeangehöriger einen Anspruch auf den Zugang zum Gemeindezentrum hat, nicht hinreichend Rechnung tragen. Die Interessen des Antragstellers überwiegen damit die Interessen des Antragsgegners deutlich, da der Antragsgegner keine tragenden Gründe anführen kann, die der Zulassung des Antragstellers zur Nutzung des Gemeindezentrums entgegenstehen.
59
(3) Nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 938 Abs. 1 ZPO steht es im freien Ermessen des Gerichts, welche Regelungen es „zur Erreichung des Zweckes“, also zur Regelung des Rechts im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO trifft. Zwar kann das Gericht nicht mehr als das Recht gewähren, ein Minus, also eine Einschränkung, ist jedoch möglich (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123 Rn. 64). Die getroffene Anordnung hält sich im Rahmen dessen, was der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrt.
60
b. Sowohl der Haupt- als auch der erste Hilfsantrag sind bezüglich der vom Antragsteller genannten Termine in den Jahren 2025 und 2026 abzulehnen, da diesbezüglich kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht wurde. Da der erste im Jahr 2025 liegende Termin der 15. März 2025 ist, ist bei alsbaldiger Erhebung einer Hauptsacheklage mit einer zügigen Bearbeitung der Hauptsache und einer Entscheidung des Gerichts bis dahin zu rechnen.
61
c. Der zweite Hilfsantrag ist darauf gerichtet, dass der Antragsgegner verpflichtet wird, dem Antragsteller für jeden der Termine, in denen er im gerichtlichen Verfahren unterliegt, die Nutzung des Gemeindezentrums an einen der genannten 60 Ausweichterminen zu gewähren. Dies gilt erst recht für die weiteren genannten Termine.
62
Auch ohne die Einwilligung des Antragsgegners ist die Erweiterung des Antrags um den zweiten Hilfsantrag mit Schriftsatz vom 5. Juni 2024 nach § 91 Abs. 1 Var. 2 VwGO eine sachdienliche und damit zulässige Antragsänderung in Form der Antragserweiterung. Der zweite Hilfsantrag betrifft ebenfalls den Anspruch des Antragstellers auf Nutzung des Gemeindezentrums, sodass der bisherige Prozessstoff als Entscheidungsgrundlage verwertbar bleibt und durch die Zulassung ein neues einstweiliges Rechtsschutzersuchen des Antragstellers vermieden wird.
63
Es fehlt jedoch das Rechtsschutzbedürfnis.
64
Der Antragsteller hat bereits keinen hinreichend bestimmten Antrag auf Nutzung der gemeindlichen Einrichtung beim Antragsgegner gestellt, sodass ihm das Sachbescheidungsinteresse und damit Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Er nennt im zweiten Hilfsantrag 60 potentielle Termine, die in acht wohl kumulativ zueinander stehenden „Termingruppen“ untergliedert sind, welche wiederum innerhalb der Gruppe alternativ zueinander stehen. Er möchte ersatzweise für Termine, bezüglich derer er im gerichtlichen Verfahren unterliegt, den Zugang zum Gemeindezentrum des Antragsgegners erhalten. Er hat weder dargelegt, welche der acht „Termingruppen“ ersatzweise für welchen der sieben von ihm für seine Veranstaltung gewählten Termine herangezogen werden soll, noch welcher der Termine einer „Termingruppe“ im Falle des Unterliegens gelten soll. Dies ist auch nicht durch Auslegung ermittelbar. Die Nennung von 60 potentiellen Ersatzterminen für insgesamt sieben gewünschte Termine entspricht daher nicht dem Bestimmtheitserfordernis.
65
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 VwGO. Danach sind die Kosten verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt.
66
Der Antragsteller obsiegt im Hauptantrag bezüglich drei der von ihm genannten sieben Terminen und unterliegt bezüglich vier Terminen. Da der Antragssteller mit den Hilfsanträgen ebenfalls die Nutzungsüberlassung des Gemeindezentrums in den Jahren 2025 und 2026 bzw. an Ersatzterminen begehrt, fällt das Unterliegen des Antragstellers in den Hilfsanträgen kostentechnisch nicht gesondert ins Gewicht. Eine Kostenaufteilung 4/7 und 3/7 ist daher verhältnismäßig.
67
4. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2, § 45 Abs. 1 Satz 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i. V. m. Ziff. 1.1.4, 1.5 und 22.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57). Danach kann in Verfahren bezüglich der Benutzung einer gemeindlichen Einrichtung als Streitwert das wirtschaftliche Interesse, sonst der Auffangwert festgesetzt werden. Für das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers bestehen keine Anhaltspunkte. Der danach maßgebliche Auffangstreitwert ist im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht nach Ziff. 1.5 Satz 1 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 zu halbieren, da nach deren Satz 2 in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, die die Entscheidung in der Sache ganz oder zum Teil vorwegnehmen, der Streitwert bis zur Höhe des für das Hauptsachverfahren anzunehmenden Streitwerts angehoben werden kann. Dies erscheint vorliegend geboten.