Titel:
Zulassung zur Abschlussprüfung, ausreichende Entschuldigung, ausreichendes ärztliches Attest, Teleattest, Internetattest
Normenketten:
BaySchO § 20
FOBOSO § 31
Schlagworte:
Zulassung zur Abschlussprüfung, ausreichende Entschuldigung, ausreichendes ärztliches Attest, Teleattest, Internetattest
Fundstelle:
BeckRS 2024, 13927
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Zulassung zur Abschlussprüfung im Schuljahr 2023/2024 an der Fachoberschule (FOS) … Die Antragstellerin besucht seit dem Schuljahr 2022/2023 die FOS in … (im Folgenden: Schule). Dort hat sie die elfte Klasse bis zum Ende des Schuljahres absolviert und am 23.08.2023 ein Kind entbunden. Derzeit besucht sie die zwölfte Klasse. Den vorgelegten Akten sind zum Stichtag 13.03.2024 folgende Fehltage der Antragstellerin zu entnehmen (Vorgang BN 13 des vorgelegten Ordners, Seite 55ff.).
Monat
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Fehltage
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September 2023
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7
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Oktober 2023
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10
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November 2023
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14
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Dezember 2023
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15
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Januar 2024
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13
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Februar 2024
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15
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März 2024
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7
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2
Mit Email vom 23.01.2024 wurde die Antragstellerin informiert, dass ab demselben Tag für sie Attestpflicht gelte; auf einen Leitfaden wurde hingewiesen. Mit Einwurfeinschreiben vom 01.02.2024 wurde die Antragstellerin auf mittlerweile fünf unentschuldigte Fehltage und darauf, dass ein weiterer unentschuldigter Fehltag dazu führe, dass die Teilnahme an der Abiturprüfung ausgeschlossen sei, hingewiesen. Am 12.02.2024 erfolgte ein Gespräch der Antragstellerin mit der Schulleitung. Bei diesem wurde laut Aktenvermerk insbesondere besprochen, dass aus Sicht der Schule viele unentschuldigte Fehltage vorlägen. Weiterhin müssten Atteste korrekt ausgestellt sein. Internetatteste würden von der Schule nicht anerkannt. Mit Übergabeeinschreiben vom 15.03.2024 wandte sich die Schule erneut an die Antragstellerin, hierbei wurden wiederum die Fehlzeiten und die Attestpflicht thematisiert. Es wurde insbesondere schriftlich festgehalten, dass sog. Teleatteste ab dem 12.02.2024 definitiv nicht mehr anerkannt würden. Die Atteste müssten von einem Arzt ausgestellt werden, bei dem die Antragstellerin persönlich bekannt sei. Auf die Möglichkeit, beim Gesundheitsamt ein Attest zu erhalten, wurde ebenfalls hingewiesen. Alle Leistungsnachweise, die ab dem 12.02.2024 nicht mit gültigem Attest ausreichend entschuldigt würden, würden mit „0“ bewertet. Die zwischen dem 23.01.2024 (Aussprechen der Attestpflicht) und 12.02.2024 (Termin wegen Fehlzeiten und Formalitäten zur Attestpflicht) eingereichten Teleatteste würden aus Kulanzgründen anerkannt.
3
Die Klassenkonferenz zur Festsetzung der Halbjahresergebnisse fand am 21.03.2024 statt. Hierbei wurde auch die Zulassung der Antragstellerin zur Abschlussprüfung besprochen. Die Schulleitung teilte mit, dass diese trotz des persönlichen Gesprächs am 12.02.2024 Teleatteste eingebracht habe. Dies betreffe die Zeiträume 19./20.02.2024, 26.02.2024 bis 28.02.2024 und den 29.02.2024. Für die Schultage 01.03.2024 bis 08.03.2024 fehlten sämtliche Atteste. Verpasste Leistungsnachweise würden mit 0 Punkten bewertet. Dies betreffe die Ersatzprüfung Mathematik Additum Ersatzprüfung 1. HJ (19.02.2024), das Fachreferat Deutsch (20.02.2024), die Kurzarbeit Mathematik Additum Kurzarbeit (26.02.2024), die Kurzarbeit Physik (29.02.2024), die Kurzarbeit PuG (01.03.2024), die Englisch Schulaufgabe (06.03.2024) und die Deutsch Kurzarbeit (08.03.2024). Die Antragstellerin habe wegen der Teleatteste ab 12.02.2024 bis zur Klassenkonferenz sechs unentschuldigte Schultage, was ein Ausschlusskriterium für die Abschlussprüfung sei. Besonders hervorzuheben sei das Fachreferat im Fach Deutsch, da diese Bewertung ebenfalls zum Ausschluss von der Abschlussprüfung führe.
4
Das Ergebnis der Klassenkonferenz wurde der Antragstellerin in einem persönlichen Gespräch am 08.04.2024 eröffnet und Beratung zum weiteren Schulverlauf angeboten.
5
Mit Bescheid vom 23.04.2024 wurde die Antragstellerin von der Teilnahme an der Abschlussprüfung 2024 ausgeschlossen. Dies wurde damit begründet, dass die Antragstellerin seit dem 12.02.2024 bis zur Klassenkonferenz sechs nicht ausreichend entschuldigte Fehltage habe. Zudem gebe es Tage mit Leistungsnachweisen, für die keinerlei Entschuldigung eingereicht worden sei, die mit 0 Punkten bewertet werden mussten. Es handle sich um drei Kurzarbeiten und eine Schulaufgabe. Besonders schwerwiegend sei die nicht ausreichende Entschuldigung für die Nichterbringung der Leistung des Fachreferates am 20.02.2024. Der Bescheid wurde der Antragstellerin vorab per Email, aber auch per Einschreiben zugestellt.
6
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 24.04.2024, der am gleichen Tag bei dem Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth einging, erhob die Antragstellerin Klage und beantragt zugleich sinngemäß,
die Antragstellerin im Rahmen der einstweiligen Anordnung zur Abiturprüfung im Schuljahr 2023/2024 an der FOS … zuzulassen.
7
Der Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Antragstellerin in ihren Rechten. Sie habe sich entgegen dem Vorbringen der Schule jeweils ausreichend entschuldigt und gültige Atteste vorgelegt. Das Mathematik Additum am 19.02.2024, das Fachreferat Deutsch vom 20.02.2024, die Mathematik Additum Kurzarbeit vom 26.02.2024 und die Physik Kurzarbeit am 29.02.2024 seien jeweils wegen der Vorlage von Teleattesten mit 0 Punkten bewertet worden. Der Antragstellerin sei aber erst Ende Februar mitgeteilt worden, dass Teleatteste nicht mehr akzeptiert würden; ansonsten hätte sie Atteste der Hausärztin in Vorlage gebracht. Für die PuG Kurzarbeit am 01.03.2024, die Englisch Schulaufgabe am 06.03.2024 sowie die Deutsch Kurzarbeit am 08.03.2024 habe die Antragstellerin Atteste per E-Mail an die Schule weitergeleitet. Diese behaupte aber, die Atteste nicht bekommen zu haben. Die Antragstellerin habe diese nach der Erkrankung aber nochmals innerhalb des 10 Tages-Zeitraums bei der Schule vorgelegt. Der Antragstellerin sei nach Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft bzw. nach der Entbindung systematisch der Schulbesuch und die Ablegung von Leistungsnachweisen erschwert worden. Sie sei immer bereit gewesen, mit der Schule Lösungen zu finden und die Leistungsnachweise zu erbringen bzw. nachzuholen. Dies sei aber mit Verweis auf nicht ausreichende Atteste verweigert worden. Teilweise sei sie auch wegen Erkrankung des Kindes nicht in der Schule gewesen, da eine Betreuung des Kindes nicht gewährleistet gewesen sei. Die Antragstellerin habe aber auch in diesen Zeiträumen angeboten, die Schulaufgaben und Kurzarbeiten in der Schule zu absolvieren und in diesen wenigen Stunden das Kind fremdbetreuen zu lassen. Dies sei von den Lehrkräften gestattet, aber vom Direktorat wieder negiert und ihr die Chance genommen worden, die Leistungsnachweise abzulegen. Ihr sei Anfang April eine Niederschrift über die Klassenkonferenz ausgehändigt worden, wonach sie nicht zum Abitur zugelassen werden solle. Daher habe man die Schule angeschrieben und aufgefordert, der Antragstellerin die Möglichkeit zu geben, die Leistungsnachweise nachzuholen und sie zum Abitur zuzulassen. Am 23.04.2024 habe sie dann den streitgegenständlichen Bescheid erhalten.
8
Jede Entscheidung in der Hauptsache komme zu spät, da die schriftlichen Abiturprüfungen bereits am 09.05.2024 beginnen würden und die mündliche Prüfung bereits begonnen habe. Es bestehe aber die Möglichkeit, diese mündliche Abiturprüfung nachzuholen.
9
Ein Anordnungsgrund bestehe, da die Antragstellerin zur Ablegung der Leistungsnachweise bereit sei, aber hiervon wie bereits am 18.04.2024 und 12.04.2024 ausgeschlossen werde. An diesen Tagen hätte sie ohne die Verweigerung der Schule bereits Leistungsnachweise abgelegt, so dass einer Zulassung zum Abitur nichts entgegengestanden hätte. Sie habe auch noch die Möglichkeit, die Leistungsnachweise bis zum Beginn der schriftlichen Abiturprüfungen nachzuholen. Zur Glaubhaftmachung des Sachvortrages wurde eine eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin vorgelegt.
10
Für den Antragsgegner hat die Regierung von … mit Schriftsatz vom 29.04.2024 beantragt,
11
Der Bescheid sei rechtmäßig. Aufgrund des Umstandes, dass die Antragstellerin mehr als fünf Unterrichtstage im aktuellen Schuljahr ohne ausreichende Entschuldigung versäumt habe, sei sie nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 FOBOSO kraft Gesetzes von der Teilnahme an der schriftlichen und praktischen Abschlussprüfung ausgeschlossen. Obwohl der Antragstellerin allerspätestens seit dem Gespräch mit der Schulleitung am 12.02.2024 bekannt gewesen sei, dass seitens der Schule sog. „Tele- bzw. Internet-Atteste“ generell und erst recht nicht im Falle einer ergangenen Anordnung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BaySchO akzeptiert würden und damit nicht zur ausreichenden Entschuldigung eines Schulversäumnisses tauglich seien, habe die Antragstellerin abermals wieder nur „Tele- bzw. Internet-Atteste“ per Email vorgelegt. Mit „Tele- bzw. Internet-Attesten“ seien solche Atteste und Krankschreibungen gemeint, die nicht vom behandelnden Haus- oder Facharzt nach den Vorgaben von § 4 Abs. 5, Abs. 5a der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (https://www.g-ba.de/downloads/62-492-3374/AU- RL_2023-12-07_iK-2024-02-21.pdf) aufgrund einer vorherigen unmittelbar persönlichen Untersuchung, mittelbar persönlichen Untersuchung im Rahmen einer Videosprechstunde oder nach telefonischer Anamnese des Arztes ausgestellt werden, sondern die auf – teilweise dubiosen – Internet-Seiten („TeleClinic“ etc.) heruntergeladen werden könnten und in aller Regel ohne Unterschrift des Arztes, zum Teil sogar ohne Datumsangaben bzgl. Ausstellungs- und Feststellungsdatum ergehen sowie zumeist auch keine ärztlichen Feststellungen enthielten. Derartige Atteste entsprächen nicht den Vorgaben der § 4 Abs. 5, Abs. 5a der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie und könnten und würden schulseitig nicht als ausreichende Entschuldigung für krankheitsbedingte Schulversäumnis nach § 20 Abs. 1, Abs. 2 BaySchO akzeptiert werden. Sie seien auch Gegenstand der Direktorentagung der Beruflichen Oberschulen Nordbayern am 13. und 14.07.2023 gewesen, bei der man sich in Abstimmung mit dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus verständigt habe, dass Atteste, die von Internetanbietern ausgestellt werden, (auch weiterhin) nicht akzeptiert werden könnten. Solche Atteste seien von der Antragstellerin für folgende Tage mit Leistungsnachweisen vorgelegt worden:
12
Für weitere Tage mit Leistungsnachweisen habe die Antragstellerin gar keine Bescheinigungen vorgelegt, dies betreffe:
01.03.2024 (Politik und Gesellschaft)
13
Soweit für die Antragstellerin behaupte, dass sie entsprechende E-Mails versandt habe, könne dies nur mit Nicht-Wissen bestritten werden. Die weiteren Vorwürfe der Antragstellerin, sie habe das Schulhaus nicht betreten dürfen, sei zur Ableistung des Praktikums trotz Mutterschutz genötigt worden und ihr sei grundlos die Erbringung von Leistungsnachweisen verweigert worden, beträfen nicht den Streitgegenstand des hiesigen Eilrechtsschutzverfahrens. Inhaltlich seien sie zudem nicht zutreffend.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 29.04.2024 korrigierte die Regierung von … den Sachvortrag dahingehend, dass die Antragstellerin mit E-Mail vom 11.03.2024 noch Atteste für die Schulversäumnisse am 29.02.2024 und 08.032024 vorgelegt habe. In beiden Fällen handele es sich wieder jeweils um „Tele- bzw. Internet-Atteste“, die von der Schule nicht als ausreichende Entschuldigung anerkannt würden. Mit E-Mail vom 09.04.2024 hätte die Antragstellerin u. a. ein Attest für den Zeitraum 04.04.2024 bis 07.04.2024 und damit für die Versäumnisse der Leistungsnachweise am 04.03.2024 (Ethik) und am 06.03.2024 (Englisch), ordnungsgemäß ausgestellt durch die Kinder- und Jugendarztpraxis Dr. … vom 05.03.2024 vorgelegt. Dieses würde seitens der Schule anerkannt. Mit weiterer E-Mail vom 11.03.2024 hätte die Antragstellerin noch ein Attest für das Schulversäumnis am 01.03.2024 vorgelegt, welches ebenfalls als „Tele- bzw. Internet-Attest“ seitens der Schule nicht anerkannt würde. Ungeachtet der nunmehrigen Anerkennung der ausreichenden Entschuldigung für die Schulversäumnisse der Leistungsnachweise am 04. und 06.03.2024 bleibe es dennoch dabei, dass für die Schulversäumnisse der Leistungsnachweise am 19., 20., 26. und 29.02 und am 01. und 08.03.2024 – mithin für 6 Unterrichtstage – keine ausreichenden Entschuldigungen vorlagen, nachdem die Antragstellerin hierfür jeweils nur „Tele- bzw. Internet-Atteste“ vorgelegt habe. Darüber hinaus sei der streitgegenständliche Bescheid unabhängig von der für § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 FOBOS relevanten Anzahl der unzureichend entschuldigten Fehltage deshalb begründet, weil die Antragstellerin das Fachreferat Deutsch nach § 18 FOBOSO am 20.02.2024 ohne ausreichende Entschuldigung versäumt hatte, und es deshalb mit der Note 0 Punkte bewertet (vgl. § 19 Abs. 4 FOBOS) worden sei. Dies habe zur Folge, dass das Zeugnis der Antragstellerin hierzu die Note 0 Punkte aufweisen werde und die Antragstellerin gem. § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FOBOS auch aus diesem Grund kraft Gesetzes von der Teilnahme an der schriftlichen und praktischen Abschlussprüfung ausgeschlossen sei.
15
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird entsprechend § 117 Abs. 3 VwGO auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte verwiesen.
16
Der zulässige Antrag hat im Ergebnis keinen Erfolg.
17
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern (Regelungsanordnung). Eine derartige einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO setzt sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes aufgrund Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) als auch einen Anordnungsanspruch voraus, was vom Antragsteller glaubhaft zu machen ist (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Ist der Antrag – wie vorliegend – auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, so sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung überwiegend wahrscheinlich ist und dem Antragsteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.
18
Gemessen daran hat der Antrag in der Sache keinen Erfolg.
19
1. Der Anordnungsgrund liegt auf der Hand, weil der Prüfungszeitraum für die mündliche Gruppenprüfung Englisch vom 15.04. bis 03.05.2024 schon begonnen hat und die erste schriftliche Prüfung am 10.05.2024 stattfinden soll, vgl. Veröffentlichung des Termins der Fachabiturprüfung 2024 zum Erwerb der Fachhochschulreife an Fachoberschulen und Berufsoberschulen, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 10. August 2022, Az. VI.6-BS9500-6-7a.27 856.
20
2. Ein Anordnungsanspruch ist nach der im Eilverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung nicht gegeben. Der Bescheid ist voraussichtlich rechtmäßig.
21
Rechtsgrundlage für den Bescheid, mit dem die Antragstellerin von der Teilnahme an der Abschlussprüfung ausgeschlossen wurde, ist § 31 Abs. 2 Fachober- und Berufsoberschulordnung (FOBOSO) vom 28. August 2017 (GVBl. S. 451, BayRS 2236-7-1-K), die zuletzt durch § 13 der Verordnung vom 6. April 2023 (GVBl. S. 161) geändert worden ist. Der Bescheid stützt sich inhaltlich einerseits auf § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 FOBOSO, andererseits auf § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FOBOSO.
22
Bei summarischer Prüfung begegnet die formelle Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides vom 23.04.2024 keinen Bedenken. Insbesondere wurde die Antragstellerin vor Erlass des Bescheides angehört. Die Schulleiterin war nach Art. 57 Abs. 3 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2000 (GVBl. S. 414, 632, BayRS 2230-1-1-K), das zuletzt durch § 1 des Gesetzes vom 24. Juli 2023 (GVBl. S. 443) geändert worden ist und § 2 Abs. 1 Bayerische Schulordnung (BaySchO) vom 1. Juli 2016 (GVBl. S. 164, 241, BayRS 2230-1-1-1-K), die zuletzt durch die §§ 1, 2 und 3 der Verordnung vom 6. April 2023 (GVBl. S. 161) geändert worden ist, für den Erlass des Bescheides zuständig.
23
a. Der Bescheid erweist sich bei überschlägiger Prüfung auch als materiell rechtmäßig. Nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 FOBOSO ist eine Teilnahme an der schriftlichen und praktischen Abschlussprüfung ausgeschlossen, wenn mehr als fünf Unterrichtstage im jeweiligen Schuljahr ohne ausreichende Entschuldigung versäumt wurden. Die Antragstellerin hat an mindestens sechs Unterrichtstagen im Schuljahr 2023/2024 unentschuldigt gefehlt. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen der Schule fehlte die Antragstellerin unter anderem am 19.02.2024 und 20.02.2024 sowie von 26.02.2024 bis 29.02.2024 und am 01.03.2024 und 08.03.2024. Zumindest an diesen Tagen durfte die Schule von einem unentschuldigten Fehlen der Antragstellerin ausgehen.
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§ 20 Abs. 1 BaySchO bestimmt, dass der Schüler oder die Schülerin, die aus zwingenden Gründen verhindert ist am Unterricht oder an einer sonstigen verbindlichen Schulveranstaltung teilzunehmen, die Schule unverzüglich unter Angabe des Grundes zu verständigen hat. Die Schule kann nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BaySchO die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses, insbesondere bei Erkrankung am Tag eines angekündigten Leistungsnachweises verlangen. Zudem kann nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 20 Abs. 2 Satz 2 BaySchO die Vorlage eines ärztlichen oder schulärztlichen Zeugnisses verlangt werden, wenn sich krankheitsbedingte Schulversäumnisse einer Schülerin oder eines Schülers häufen oder Zweifel an der Erkrankung bestehen. Diese ärztlichen Zeugnisse sind der Schule innerhalb von zehn Tagen, nachdem sie verlangt wurden, vorzulegen; werden sie nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt, gilt das Fernbleiben als unentschuldigt. Die Schule hat in ihrem Leitfaden allgemein festgelegt, dass für das Fehlen bei angekündigten Leistungsnachweisen ein ärztliches Attest vorgelegt werden muss. Das Attest muss im Zeitraum der Erkrankung ausgestellt und vom Arzt unterschrieben worden sein.
25
Die Kammer geht im Übrigen nach überschlägiger Prüfung von einer rechtmäßigen Verhängung der Attestpflicht am 23.01.2024 aus. Die Antragstellerin war zu diesem Zeitpunkt auch – abgesehen vom Mutterschutz – über 30 Tage abwesend. Damit kann von einer Häufung der Schulversäumnisse ausgegangen werden. Zudem betrafen die hier insbesondere in Rede stehenden Fehltage Tage, an denen Leistungsnachweise zu erbringen waren, sodass unabhängig von der nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BaySchO verhängten Attestpflicht auch nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BaySchO bzw. dem Leitfaden der Schule ein Attest beizubringen gewesen wäre. Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn die Schule Anforderungen an die Atteste stellt. Im Falle der hier verhängten Attestpflicht nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BaySchO stünde es im Ermessen der Schule auch ein schulärztliches Attest zu verlangen. Vorliegend hat die Schule weniger eingefordert. Sie hat sich nämlich in Anlehnung an die sog. Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7 SGB V in der Fassung vom 14. November 2013 veröffentlicht im Bundesanzeiger (BAnz AT 27.01.2014 B4), in Kraft getreten am 28. Januar 2014 zuletzt geändert am 7. Dezember 2023 veröffentlicht im Bundesanzeiger (BAnz AT 27.12.2023 B5), in Kraft getreten am 7. Dezember 2023 sowie zuletzt geändert am 7. Dezember 2023 veröffentlicht im Bundesanzeiger (BAnz AT 20.02.2024 B1), in Kraft getreten am 21. Februar 2024) darauf beschränkt, dass das Attest von einem behandelnden Arzt – nach persönlichem Kontakt – ausgestellt wird. Dies ist als weniger starkes Erfordernis im Rahmen des § 20 Abs. 2 Satz 2 BaySchO jedenfalls dann zulässig, wenn die vorlagepflichtige Person die Anforderungen kennt oder kennen musste. Der Antragstellerin ist insofern zuzugestehen, dass sich ein solches Erfordernis weder eindeutig aus der Mitteilung zur Attestpflicht vom 23.01.2024 direkt, noch aus dem zitierten Leitfaden ergibt. Im Leitfaden für Schüler finden sich keine Regelungen zur Frage, wer Atteste ausstellen darf bzw. dass diese nur nach persönlichem Kontakt mit dem Arzt akzeptiert würden. Die Antragstellerin wurde am 12.02.2024 jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass keine sog. Teleatteste akzeptiert werden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte sie dieses Erfordernis kennen können und auch erfüllen müssen.
26
Die Antragstellerin fehlte am 19.02.2024 und 20.02.2024 unstreitig zu den zu erbringenden Leistungsnachweisen, dem Fachreferat Deutsch und der Ersatzprüfung Mathematik Addtium. Hierfür hat sie mit Email vom 28.02.2024 ein Attest von Dr. med. … vorgelegt. Dieses ist unabhängig davon, ob sogenannte „Tele- bzw. Internetatteste“ überhaupt als ausreichende Entschuldigung genügen können, untauglich um eine ausreichende Entschuldigung nachzuweisen. Ausweislich des Attestes ist der Arzt für die „TELECLINC GMBH“ tätig. Die Bescheinigung ist als Nachricht an die Antragstellerin ausgestaltet und enthält keinen Arztstempel oder sonstige Echtheitsmerkmale. Es ist nicht ersichtlich, dass der benannte Arzt die Antragstellerin persönlich behandelt hat, vielmehr spricht aufgrund des Vermerks zur Teleclinic einiges dagegen. Eine Unterschrift des Arztes fehlt völlig, ebenso ist kein Ausstellungsdatum ersichtlich. Beides wäre im Falle des krankheitsbedingten Versäumens eines angekündigten Leistungsnachweises jedoch bereits nach dem Leitfaden der Schule notwendig. Gerade im Hinblick auf die Wichtigkeit des Fachreferates, das als eigenständiges Halbjahresergebnis im Zeugnis ausgewiesen wird (§ 21 Abs. 1 Satz 8 FOBOS), hätte die Antragstellerin hier nach dem Gespräch mit der Schulleitung am 12.02.2024 besonders für die Erfordernisse der ausreichenden Entschuldigung sensibilisiert sein müssen. Für die zwei dieses Attest betreffenden Schultage (19.02.2024 und 20.02.2024) liegt damit keine ausreichende Entschuldigung vor.
27
Weiterhin fehlte die Antragstellerin im Zeitraum von 26.02.2024 bis 28.02.2024; am 26.02.2024 wäre ein Leistungsnachweis in Form einer Kurzarbeit im Fach Mathematik zu erbringen gewesen. Ebenfalls mit Email vom 28.02.2024 hat sie hierfür eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Herrn Dr. (IRQ) … aus … vorgelegt; dem Zeitstempel ist als Ausstellungsdatum der 27.02.2024 15:53 zu entnehmen. Weiterhin ist vermerkt, dass die Bescheinigung über TeleClinic ausgestellt und signiert wurde. Es ist nicht ersichtlich, dass der benannte Arzt die Antragstellerin persönlich behandelt hat, vielmehr spricht aufgrund des Vermerks zur Teleclinic einiges dagegen. Damit liegt für diese drei Schultage keine ausreichende Entschuldigung vor.
28
Auch am 29.02.2024 fehlte die Antragstellerin zu dem Leistungsnachweis der Kurzarbeit Physik. Für den betreffenden Tag übersandte sie mit E-Mail vom 11.03.2024 ein Attest von Dr. med. … aus … Auch dieses Attest weist einen Hinweis auf die Ausstellung und Signatur über TeleClinic aus. Auch hier ist nicht ersichtlich, dass der benannte Arzt die Antragstellerin persönlich behandelt hat. Deshalb ist für diesen Tag ebenfalls von einer nicht ausreichenden Entschuldigung auszugehen.
29
Am 01.03.2024 stand ein Leistungsnachweis in Form einer Kurzarbeit für das Fach Politik und Gesellschaft an. Für diesen Tag hat die Antragstellerin mit Email vom 11.04.2024 eine kaum lesbare Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt. Diese scheint nach dem optischen Eindruck des Layouts ebenfalls von der Teleclinic zu stammen, sodass nach den obenstehenden Erwägungen auch für diesen Tag keine ausreichende Entschuldigung vorliegt. Dies gilt umso mehr, als die Bescheinigung nicht lesbar ist und daher auch nicht auf Echtheit überprüft werden kann.
30
Für den 08.03.2024 war ein Leistungsnachweis als Kurzarbeit im Fach Deutsch vorgesehen. Hierfür hat die Antragstellerin mit Email vom 11.03.2024 eine Bescheinigung von Dr. … aus … über die Krankheit ihres Sohnes vorgelegt, das wiederum die Ausstellung über Teleclinic erkennen lässt. Auch hier ist nicht ersichtlich, dass der benannte Arzt die Antragstellerin bzw. ihren Sohn persönlich behandelt hat, sodass auch das Fehlen an diesem Tag nicht ausreichend entschuldigt ist.
31
Damit liegen bei überschlägiger Prüfung mindestens 8 unentschuldigte Fehltage vor.
32
b. Nach den obenstehenden Erwägungen ist eine Teilnahme an der Abschlussprüfung auch nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FOBOSO ausgeschlossen, weil hinsichtlich des Fachreferats auf Grund der Leistungsbewertung nach § 19 Abs. 4 FOBOSO ein Halbjahresergebnis mit 0 Punkten vorliegt. Die Leistung im Fachreferat wird als eigenes Halbjahresergebnis festgesetzt, § 21 Abs. 1 Satz 8 FOBOSO. Die Antragstellerin hat zu diesem am 20.02.2024 nach den obigen Ausführungen unentschuldigt gefehlt und hierzu das am Wenigsten aussagekräftige Teleattest vorgelegt (s.o.), sodass das Fachreferat nach § 19 Abs. 4 FOBOSO voraussichtlich rechtmäßig mit 0 Punkten bewertet wurde. Diese Bewertung schließt eine Teilnahme an der Abschlussprüfung schon für sich genommen aus.
33
Der Bescheid erweist sich nach summarischer Prüfung daher aller Voraussicht nach als rechtmäßig, sodass die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch hat.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
35
Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 38.6 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Das Gericht erachtet im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes die Hälfte des Regelstreitwerts in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für angemessen.