Titel:
Festlegung besonderer Eignungsanforderungen für den Hochschulzugang
Normenketten:
BayHIG Art. 88 Abs. 1, Art. 89
QualV § 34
GG Art. 12
Leitsätze:
1. Gegen die Verfassungsmäßigkeit von Art. 89 Abs. 6 S. 1 BayHIG und § 34 QualV bestehen keine Bedenken. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ddie besonderen "qualitativen Anforderungen" in Art. 89 Abs. 4 S. 1 BayHIG richten sich nach dem jeweiligen Studiengang und können deshalb sinnvoll nur auf untergesetzlicher Ebene geregelt werden. Eine abstrakte oder auch nur generalisierende Definition des Begriffs ist weder möglich noch erforderlich. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wenn es sich um einen ingenieurwissenschaftlichen Studiengang handelt, der thematisch zudem besonders mathematisch und naturwissenschaftlich ausgerichtet ist, ist es nicht zu beanstanden, dass als "besondere qualitative Anforderungen" bestimmte Grundlagenkenntnisse gerade in diesen Fächern vorausgesetzt werden, die die Bewerber regelmäßig durch entsprechende Belegung von Fächern und Benotungen in der Hochschulzugangsberechtigung nachweisen müssen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Gesetzgeber, der ohne Verstoß gegen Art. 12 GG den Zugang zum Studium bei deutscher Schulbildung vom Abitur abhängig machen kann, ist nicht verpflichtet, ausländische Schulabschlüsse als gleichwertig anzusehen. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Studiengang Aerospace (Bachelor of Science), Eignungsfeststellungsverfahren, besonderes Studiengangprofil, IB-Diploma, Hochschulzugang, MINT-Fächer, Hochschulzugangsberechtigung, Aerospace, besondere qualitative Anforderungen
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 24.01.2024 – M 3 E 23.4518
Fundstelle:
BeckRS 2024, 13867
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, sie vorläufig zur zweiten Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens für den Bachelorstudiengang „Aerospace“ an der Technischen Universität M. zuzulassen.
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Die Antragstellerin, eine deutsche Staatsbürgerin, besuchte die ... High School in I., anschließend erwarb sie am 6. Juli 2023 das IB-Diploma (International Baccalaureate Diploma/Diplôme du Baccalauréat International).
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Mit Datum 11. Juli 2023 beantragte die Antragstellerin die Zulassung zum Bachelorstudiengang „Aerospace“ an der Technischen Universität M. (im Folgenden: ...) für das Wintersemester 2023/2024. Sie legte unter anderem eine von „uni assist Arbeits- und Servicestelle für internationale Studienbewerbungen e.V.“ erstellte Vorprüfungsdokumentation zum IB-Diploma vom 6. Juli 2023 vor, die der Antragstellerin die allgemeine Hochschulreife mit einem Durchschnitt von 2,8 bestätigt, sowie ein Transcript of Records von der ... School (im Folgenden: Transcript). Mit Bescheid vom 9. August 2023 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Zulassung zum Bachelorstudiengang „Aerospace“ gemäß Art. 91 Nr. 1 und Art. 89 Abs. 4 BayHIG ab, weil die Antragstellerin im Eignungsfeststellungsverfahren (auf der ersten Stufe) die erforderliche Mindestpunktzahl nicht erreicht habe.
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Mit Beschluss vom 24. Januar 2024 hat das Verwaltungsgericht München den Antrag der Antragstellerin abgelehnt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache am weiteren Bewerbungsverfahren für den Bachelorstudiengang „Aerospace“ in der zweiten Stufe zu beteiligen, sie also zu einem Auswahlgespräch einzuladen und das Eignungsfeststellungsverfahren fortzusetzen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der ablehnende Bescheid des Antragsgegners erweise sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig. Die Hochschule habe das IB-Diploma der Antragstellerin als Hochschulzugangsqualifikation anerkannt; das allgemeine Zulassungskriterium der Hochschulreife nach Art. 88 Abs. 1 BayHIG sei damit erfüllt. Zusätzlich sei für die Zulassung zum Bachelorstudiengang „Aerospace“ laut der Satzung über die Eignungsfeststellung für den Bachelorstudiengang „Aerospace“ der Technischen Universität M. (im Folgenden: Satzung) der Nachweis der Eignung erforderlich. Diesen habe die Antragstellerin nicht erbracht. Sie habe in der ersten Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens lediglich 60 von maximal 100 Punkten erreicht und damit komme weder eine Direktzulassung zum Studium noch das Erreichen der zweiten Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens in Betracht. Der Antragsgegner habe der Berechnung zu Recht die im IB-Diploma ausgewiesenen fachspezifischen Einzelnoten zugrunde gelegt. Die Fachnoten im Transcript der ... High School seien nicht entscheidend, da es sich dabei nicht um Noten der Hochschulzugangsberechtigung im Sinne von Art. 89 Abs. 4 Satz 4 Nr. 2 BayHIG handele. Es sei eine Eigenart des deutschen Abiturs, dass in der Regel neben den eigentlichen Noten der Abiturprüfung auch Leistungen der letzten vier Halbjahre vor dem Abitur zur Abschlussnote hinzuzählten und im Abiturzeugnis einzeln ausgewiesen würden. Hieraus ergebe sich jedoch kein Verstoß gegen die Grundrechte der Antragstellerin aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG. Die unterschiedliche Behandlung von deutschen und ausländischen bzw. internationalen Bildungsabschlüssen sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, weil für die unterschiedliche Behandlung ein sachlicher Grund bestehe. Ausländische bzw. internationale Schulabschlüsse könnten aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen, die ihrem Erwerb zugrunde lägen, in der Regel weder ohne weiteres untereinander noch mit einem deutschen Abitur verglichen werden. Ein Anspruch der Antragstellerin, unter Anwendung von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Satz 8 der Satzung in die zweite Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens aufgenommen zu werden, bestehe ebenfalls nicht. Aus der Gesamtsystematik von § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung ergebe sich, dass die Hochschule zunächst die in der Hochschulzugangsberechtigung ausgewiesenen Noten berücksichtigen wolle. Ab Satz 7 würden Fallgruppen behandelt, bei denen die Hochschulzugangsberechtigung keine Noten einzelner Fächer beinhalte. Entsprechend setze die in Satz 8 vorgesehene Zulassung zur zweiten Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens zur Prüfung des Grundverständnisses voraus, dass keinerlei Benotungen in den erforderlichen Fächern in der Hochschulzugangsberechtigung ausgewiesen seien.
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Über die am 8. September 2023 im Hauptsacheverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden.
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Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel weiter. Der angegriffene Bescheid sei verfassungs- und prüfungsrechtlich nicht haltbar. Das von der Hochschule in § 5 der Satzung vorgesehene Eignungsfeststellungsverfahren sei weder geeignet noch verhältnismäßig und genüge deshalb den Anforderungen an eine subjektive Berufszulassungsschranke nicht. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts gebe es weder eine hinreichende Rechtsgrundlage noch eine normative Festlegung der maßgeblichen Zulassungskriterien. In Anlage 1 der Satzung seien die besonderen qualitativen Anforderungen des Bachelorstudiengangs „Aerospace“ aufgeführt. Nicht ersichtlich sei, wie diese in der ersten Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens bei Bewerbern überprüft würden, in deren Hochschulzugangsberechtigung keine fachspezifischen Einzelnoten in den letzten vier Halbjahren vor deren Erwerb ausgewiesen würden. Infolgedessen seien die fachspezifischen Einzelnoten der Antragstellerin im Transcript der ... High School, die von der International Baccalaureate Organisation zertifiziert sei, heranzuziehen. Bei entsprechender Berechnung ergebe sich damit eine Punktzahl von 72 und die Antragstellerin sei schon aus diesem Grund zu einem Auswahlgespräch in der zweiten Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens zu laden. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei aber auch der Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Satz 8 der Satzung eröffnet, weil ohne die Berücksichtigung von fachspezifischen Einzelnoten nur im Rahmen eines Auswahlgesprächs geklärt werden könne, ob die Antragstellerin über die besonderen qualitativen Anforderungen, die der Studiengang erfordere, verfüge.
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Die Antragstellerin beantragt,
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unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 24. Januar 2024 die Antragstellerin vorläufig am weiteren Bewerbungsverfahren für den Bachelorstudiengang „Aerospace“ an der ... in der zweiten Stufe zu beteiligen, sie zu einem Auswahlgespräch einzuladen und das Eignungsfeststellungsverfahren fortzusetzen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Er verteidigt den angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts ausführlich.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
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Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu Recht abgelehnt. Die Antragstellerin hat unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, auf das sich die Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), keinen Anordnungsanspruch auf vorläufige Teilnahme an der zweiten Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens für den Bachelorstudiengang „Aerospace“ glaubhaft gemacht. Der Senat folgt den Gründen des streitgegenständlichen Beschlusses des Verwaltungsgerichts und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist zu bemerken:
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Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat, vorläufig an der zweiten Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens für den Bachelorstudiengang „Aerospace“ an der ... teilnehmen zu können.
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1. Rechtsgrundlage für das vom Antragsgegner durchgeführte Eignungsfeststellungsverfahren ist § 5 der Satzung über die Eignungsfeststellung für den Bachelorstudiengang „Aerospace“ an der Technischen Universität M. vom 26. April 2021 i.d.F. der Änderungssatzung vom 26. Juli 2021 (im Folgenden* Satzung). Grundsätzlich wird die Qualifikation für ein Studium von universitären Studiengängen, das zu einem ersten berufsqualifizierenden Abschluss führt, durch die Hochschulreife nachgewiesen (Art. 88 Abs. 1 des Bayerischen Hochschulinnovationsgesetzes – BayHIG – vom 5.8.2022 [GVBl S. 414, BayRS 2210-1-3-WK], zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.7.2023 [GVBl S. 455]). Neben oder anstelle der allgemeinen Qualifikationsvoraussetzungen ist für bestimmte Studiengänge oder an bestimmten Hochschulen die Qualifikation durch eine Eignungsprüfung oder ein Eignungsfeststellungsverfahren nachzuweisen (Art. 89 Abs. 1 Satz 1 BayHIG).
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a) Die Satzung über die Eignungsfeststellung für den Bachelorstudiengang „Aerospace“ beruht auf einer ausreichenden formellgesetzlichen Grundlage.
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Nach Art. 89 Abs. 4 Satz 1 und 2 BayHIG kann die Hochschule neben den allgemeinen Qualifikationsvoraussetzungen den Nachweis der Eignung in einem Eignungsfeststellungsverfahren verlangen, wenn das betreffende Studium besondere qualitative Anforderungen stellt, die jeweils zu begründen sind. Nach Art. 89 Abs. 6 Satz 1 BayHIG und § 34 der Verordnung über die Qualifikation für ein Studium an den Hochschulen des Freistaats Bayern und den staatlich anerkannten nichtstaatlichen Hochschulen (Qualifikationsverordnung – QualV) vom 2. November 2007 (GVBl S. 767, BayRS 2210-1-1-3-K/WK), zuletzt geändert durch Verordnung vom 11. Juni 2021 (GVBl S. 355), werden die Einzelheiten des Eignungsfeststellungsverfahrens durch Satzung der Hochschule geregelt. Gegen die Verfassungsmäßigkeit von Art. 89 Abs. 6 Satz 1 BayHIG bestehen keine Bedenken (vgl. hierzu bereits BayVGH, B.v. 4.6.2020 – 7 CE 20.406 – juris Rn. 19; B.v. 9.9.2014 – 7 CE 14.1059 – juris Rn. 15 für die Ermächtigung in Art. 43 Abs. 5 Satz 2 BayHSchG a.F.). Die Norm stellt in Verbindung mit § 34 QualV eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die Regelung der studiengangspezifischen Eignung durch Satzung der Hochschule dar. Insbesondere ist es im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz nicht zu beanstanden, dass der parlamentarische Gesetzgeber den Verordnungsgeber und über diesen den Satzungsgeber zur Regelung des „Näheren“ hinsichtlich der Festsetzung weiterer Zugangsvoraussetzungen ermächtigt hat. Art. 89 Abs. 4 BayHIG gibt selbst die wesentlichen Kriterien vor, nach denen die Eignung der Bewerberinnen und Bewerber zu beurteilen ist. Die „besonderen qualitativen Anforderungen“ in Art. 89 Abs. 4 Satz 1 BayHIG richten sich nach dem jeweiligen Studiengang und können deshalb sinnvoll nur auf untergesetzlicher Ebene geregelt werden (vgl. BayVerfGH, E.v. 12.7.2013 – Vf. 9-VII-12 – BayVBl 2014, 206/209 für Art. 44 Abs. 2 Satz 1 BayHSchG a.F.). Eine abstrakte oder auch nur generalisierende Definition des Begriffs – wie die Antragstellerin wohl fordert – ist weder möglich noch erforderlich. Im Übrigen darf der Gesetzgeber den Hochschulen gewisse Spielräume für die Konkretisierung der gesetzlich der Art nach festgelegten Kriterien lassen, anhand derer die Eignung von Studienbewerberinnen und Studienbewerbern beurteilt werden soll. Solche Spielräume rechtfertigen sich durch den direkten Erfahrungsbezug der Hochschulen und die grundrechtlich geschützte Freiheit von Forschung und Lehre, was die eigene Schwerpunktsetzung einschließt und damit auch eine Profilbildung ermöglicht (vgl. BVerfG, U.v. 19.12.2017 – BvL 3/14 u.a. – BVerfGE 147, 253 Rn. 120).
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b) Die Satzung über die Eignungsfeststellung für den Bachelorstudiengang „Aerospace“ an der ... ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden.
19
aa) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin orientieren sich die in der Satzung festgelegten Kriterien an den besonderen Anforderungen des Bachelorstudiengangs „Aerospace“.
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Die ... ist den Erfordernissen des Art. 89 Abs. 4 Satz 2 BayHIG nachgekommen und hat in § 1 der Satzung festgelegt, dass der Studiengang über ein besonderes Studiengangprofil verfügt und deshalb über die allgemeine Hochschulzugangsberechtigung hinaus besondere Eignungsvoraussetzungen erfüllt sein müssen. So seien unter anderem überdurchschnittliche Kompetenzen aus dem MINT-Spektrum (Mathematik, Physik, Chemie, Biologie, Informatik, Technik und Ingenieurwissenschaften) erforderlich, insbesondere die Fähigkeit, abstrakt und logisch zu denken. In Anlage 1, auf die in § 1 Abs. 1 Satz 2 der Satzung verwiesen wird, wird ausführlich dargestellt, wie der Studiengang ausgerichtet ist und welche besonderen Fähigkeiten und Kompetenzen daher unerlässlich für die jeweilige Bewerberin bzw. den jeweiligen Bewerber sind. Dabei ist den dortigen Ausführungen insbesondere zu entnehmen, dass Ingenieure der Luft- und Raumfahrt in einem extrem inter- und transdisziplinären sowie internationalen Umfeld arbeiteten. Sie müssten in der Lage sein, das Wissen und die Kompetenzen aus den grundunterschiedlichsten Disziplinen wie Mathematik, Ingenieurwissenschaften und Naturwissenschaften zusammen mit verschiedensten aufbauenden Modulen wie Fluidmechanik, Thermodynamik und Wärmetransport zu verstehen, sie miteinander zu verknüpfen, Lösungsansätze zu entwickeln und sich den Zugang zu gänzlich neuen Fächern wie Regelungstechnik, Strömungsmechanik etc. zu erschließen. Es sei daher zwingend notwendig, dass die Bewerberinnen bzw. Bewerber in der Lage seien, sich Inhalte selbständig anzueignen, die nicht im Schulunterricht abgebildet worden seien, jedoch für ein ingenieurwissenschaftliches Studium auf Universitätsniveau unerlässliche Grundlagen darstellten. Diese Fähigkeit müssten die Bewerberinnen und Bewerber anhand ihres studienqualifizierenden Abschlusses nachweisen, wobei es hierbei sowohl auf die Gesamtbewertung als auch auf die Benotungen in den naturwissenschaftlich-technischen Fächern ankomme.
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Mit ihren Ausführungen in § 1 der Satzung sowie in deren Anlage 1 hat die ... nachvollziehbar dargelegt und begründet, dass der Bachelorstudiengang „Aerospace“ besondere qualitative Anforderungen stellt. Ausgehend von diesem besonderen Studiengangprofil hat die ... in nicht zu beanstandender Weise aufgeführt, welche studiengangspezifischen besonderen Eignungsvoraussetzungen die Bewerberinnen und Bewerber über die allgemeine Hochschulzugangsberechtigung hinaus nachweisen müssen.
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bb) Bereits aus diesem Grund kann die Antragstellerin auch mit ihrem Vortrag nicht durchdringen, wenn – wie die ... ausführe – bestimmte Grundlagen der studiengangspezifischen Kompetenzen bereits in den Fächern Mathematik und in weiteren naturwissenschaftlichen Fächern in der gymnasialen Oberstufe erworben würden, könnten diese gerade keine besondere qualitative Anforderung des Studiengangs darstellen, vielmehr würde dadurch der Grundsatz, dass die Qualifikation für ein Hochschulstudium durch den Erwerb der Hochschulreife nachgewiesen würde, ausgehöhlt.
23
Die in einem – zulässig durchgeführten – Eignungsfeststellungsverfahren nachzuweisenden Eignungsvoraussetzungen werden ausschließlich durch die besonderen Anforderungen des jeweiligen Studiengangs bestimmt. Dabei ist es gerade der Sinn eines Eignungsfeststellungsverfahrens, anhand der besonderen Eignungskriterien festzustellen, ob prognostisch davon auszugehen ist, dass die jeweilige Bewerberin bzw. der jeweilige Bewerber die besonderen Anforderungen des Studiengangs erfüllen kann. Handelt es sich – wie hier – um einen ingenieurwissenschaftlichen Studiengang, der thematisch zudem besonders mathematisch und naturwissenschaftlich ausgerichtet ist, ist es nicht zu beanstanden, dass bestimmte Grundlagenkenntnisse gerade in diesen Fächern vorausgesetzt werden, die die Bewerberin bzw. der Bewerber regelmäßig durch entsprechende Belegung von Fächern (und Benotungen) in der Hochschulzugangsberechtigung nachweisen muss. Es ist ausschließlich der Eigenart des vorliegenden Studiengangs geschuldet, dass es sich dabei gerade um solche Fächer handelt, die typischerweise bereits zum Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung nachgewiesen werden müssen.
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Die ... hat in § 1 der Satzung – in Übereinstimmung mit den in Anlage 1 beschriebenen qualitativen Anforderungen des Studienprofils – die besonderen, über die allgemeine Hochschulreife hinausgehenden qualitativen Anforderungen des Studiengangs nachvollziehbar dargelegt. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die in den Fächern Mathematik sowie in mindestens einem weiteren bis zur Erlangung der Hochschulzugangsberechtigung fortgeführten naturwissenschaftlichen Fach erreichten Noten mit dreifacher bzw. zweifacher Gewichtung in die Bewertung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung einzustellen sind. Diese sind – wie Noten allgemein – ein Indikator für das Ausmaß der beim Studienbewerber vorhandenen Fähigkeiten im jeweiligen Fach und damit auch geeignet, überdurchschnittliche Kompetenzen in Fächern aus dem MINT-Bereich festzustellen bzw. nachzuweisen, die über die durch die allgemeine Hochschulreife nachzuweisenden Fähigkeiten hinausgehen. Die Bezugnahme der Antragstellerin auf die Entscheidung des Senats vom 22. Dezember 2009 – 7 CE 09.2466 – (juris Rn. 18) verfängt schon deshalb nicht, weil dort – im Gegensatz zur vorliegenden Fallgestaltung – keine besonderen, über die allgemeine Hochschulreife hinausgehenden qualitativen Anforderungen des Studiengangs nachvollziehbar dargelegt waren.
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2. Das Ergebnis der im Rahmen der ersten Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens durchgeführten Bewertung (60 Punkte) begegnet keinen Bedenken. Die erforderliche überdurchschnittliche Kompetenz kann anhand der Einzelnoten im IB-Diploma beurteilt werden. Nicht gefolgt werden kann der Antragstellerin dahingehend, dass die Fachnoten aus dem Transcript der ... High School zu berücksichtigen seien, und sie mit dann 72 Punkten einen Anspruch auf eine Aufnahme in die zweite Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens geltend machen könne. Ein Anspruch der Antragstellerin, nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Satz 8 der Satzung in die zweite Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens zugelassen zu werden, ist nicht glaubhaft gemacht.
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a) Die Satzung sieht ein zweistufiges Eignungsfeststellungsverfahren vor: Im Rahmen der ersten Stufe werden die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung (HZB) sowie die dort aufgeführten Noten in den Fächern Mathematik (dreifach), Englisch (einfach) und mindestens einer bis zur Erlangung der HZB fortgeführten Naturwissenschaft oder Informatik (zweifach) herangezogen (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Satz 1 der Satzung). Sofern mehrere naturwissenschaftliche Fächer fortgeführt wurden, können deren Noten ebenfalls angegeben und mit zweifacher Gewichtung berücksichtigt werden (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 der Satzung). Dabei wird die durchschnittliche erworbene Note aus den letzten vier Halbjahren vor Erwerb der HZB verwendet – ggf. einschließlich der in der HZB aufgeführten Abschlussnoten in diesen Fächern (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 der Satzung). Sind keine Halbjahresnoten ausgewiesen, werden die in der HZB ausgewiesenen Durchschnittsnoten entsprechend herangezogen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 der Satzung). Bewerberinnen und Bewerber, die hier eine nach Maßgabe von § 5 Abs. 2 der Satzung sowie der Umrechnungsformel in Anlage 2 der Satzung errechnete Punktzahl von 78 Punkten oder mehr in der ersten Stufe erreichen, werden zugelassen; liegt der Punktwert bei 70 oder weniger Punkten, gelten sie als ungeeignet (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 2 Satz 1 der Satzung). Die übrigen Bewerberinnen und Bewerber kommen in die zweite Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens, in deren Rahmen zu einem Auswahlgespräch geladen wird.
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b) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass das von der Antragstellerin absolvierte IB-Diploma nach Nr. 1 der „Vereinbarung über die Anerkennung des ‚International Baccalaureate Diploma/Diplôme du Baccalauréat International‘ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.03.1986 i.d.F. vom 26.11.2020“ (im Folgenden: KMK-Vereinbarung) die Kriterien für die Anerkennung ihres Abschlusses „International Baccalaureate-Diploma“ (IB-Diploma) als Hochschulzugangsberechtigung erfüllt. Nach Nr. 3 der KMK-Vereinbarung wird der Berechnung der Durchschnittsnote für das IB-Diploma nach der dort ausgewiesenen Formel die Gesamtpunktzahl zugrunde gelegt, die sich aus der Addition der erreichten Punktzahl in den sechs Prüfungsfächern ergibt. Entsprechend hat „uni assist Arbeits- und Servicestelle für internationale Studienbewerbungen e.V.“ in der Vorprüfungsdokumentation für die Bewerbung an der ... eine Durchschnittsnote von 2,8 ausgewiesen. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 der Satzung wurde die Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung in 64 HZB-Punkte umgerechnet. Entsprechend § 5 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 der Satzung ergab sich in den dort genannten Fächern Mathematik mit Note 4, Englisch mit Note 2 und Biologie mit Note 3 ein Fachnotenpunktwert von 3,33; nach der Umrechnung (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 der Satzung) entspricht dies 54 Punkten. Nachdem die sich hieraus ergebende Summe mit 0,5 multipliziert wurde, ergeben sich unter Addition eines Zusatzpunktes für außerschulische Qualifikationen bzw. Zusatzqualifikationen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 der Satzung für die Antragstellerin 60 Punkte (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 4 der Satzung).
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aa) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sind die Fachnoten aus dem Transcript der ... High School bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen.
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Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 der Satzung sind der Berechnung ausdrücklich (nur) die Noten in der HZB zugrunde zu legen. Dies gilt sowohl für die Durchschnittsnote als auch für fachspezifische Einzelnoten. Eine Einbeziehung der im türkischen Schulsystem während der letzten zwei Schuljahre in diesen Fächern erreichten Noten wurde von „uni assist“ nicht vorgenommen und ist auch in der KMK-Vereinbarung nicht vorgesehen. Zwar kann nach Nr. 1 der KMK-Vereinbarung das IB-Diploma erst nach einem Besuch von mindestens zwölf aufsteigenden Jahrgangsstufen an Schulen mit Vollzeitunterricht erworben werden. Eine Regelung zur Berücksichtigung der in den letzten zwei Schuljahren erreichten Noten in den Prüfungsfächern des IB-Diploma ergibt sich hieraus aber nicht. Keine Relevanz hat daher der Einwand der Antragstellerin, die fachspezifischen Einzelnoten aus dem Transcript seien zu berücksichtigen, weil die von ihr besuchte ... High School eine von der „International Baccalaureate Organisation“ akkreditierte und in Anlage 1 der KMK-Vereinbarung aufgenommene Schule sei. Die Anlage 1 der KMK-Vereinbarung führt „Internationale Schulen [auf], deren Absolventinnen/Absolventen aufgrund einer gesonderten Vereinbarung mit der IBO bei Belegung von Mathematics: Analysis and Approaches SL oder Mathematics: Applications and Interpretation SL ein allgemeiner Hochschulzugang eröffnet werden kann“. Absolventinnen und Absolventen von dort nicht aufgeführten Schulen kann (auch) bei Belegung dieser Fächer mit dem Prüfungstermin 2021 nur ein fachgebundener Hochschulzugang für Fachhochschulen und Universitäten für Studienfächer, die nicht dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich zuzuordnen sind, eröffnet werden (vgl. Fußnote 3 zu Nr. 1a 3. Spiegelstrich der KMK-Vereinbarung).
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bb) Die Nichtberücksichtigung der fachspezifischen Einzelnoten aus dem Transcript bzw. die entsprechenden Regelungen in § 5 der Satzung verstoßen nicht gegen die Grundrechte der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber, der ohne Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG den Zugang zum Studium bei deutscher Schulbildung vom Abitur abhängig machen kann, ist nicht verpflichtet, ausländische Schulabschlüsse als gleichwertig anzusehen (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2022 – 7 CE 21.2684 – juris Rn. 24). Das wäre aber Voraussetzung dafür, dass in dem ausländischen Schulsystem erworbene Noten ohne weiteres in das Eignungsfeststellungsverfahren einfließen könnten. Ausländische bzw. internationale Schulabschlüsse können aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen, die ihrem Erwerb zugrunde liegen, in der Regel weder ohne weiteres untereinander noch mit einem deutschen Abitur verglichen werden (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2022 – 7 CE 21.2684 – juris Rn. 25). Die Unterschiedlichkeit beeinflusst die Aussagekraft dieser Bildungsabschlüsse und rechtfertigt die Ungleichbehandlung.
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c) Ein Anspruch der Antragstellerin, nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Satz 8 der Satzung in die zweite Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens zugelassen zu werden, besteht nicht.
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Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Satz 8 der Satzung ist das Grundverständnis in den Fächern Mathematik, Englisch oder mindestens einer bis zur Erlangung der HZB fortgeführten Naturwissenschaft oder Informatik durch die Teilnahme an der zweiten Stufe nachzuweisen, wenn für die letzten vier Halbjahre keine Benotungen in diesen Fächern vorliegen.
33
Das Verwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt, aus der Gesamtsystematik von § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung ergebe sich, dass zunächst – nach den Sätzen 1 bis 6 der Vorschrift – die in der HZB ausgewiesenen Noten zu berücksichtigen seien. Ab Satz 7 des § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung würden Fallgruppen behandelt, bei denen die HZB keine Benotung einzelner Fächer beinhalte. Satz 8 sei daher so zu verstehen, dass er nur Anwendung finde, wenn Benotungen in den Fächern Mathematik, Englisch oder mindestens einer bis zur Erlangung der HZB fortgeführten Naturwissenschaft oder Informatik überhaupt nicht in der HZB ausgewiesen seien. Nur in diesem Fall müsse das Grundverständnis in diesen grundlegenden Fächern durch die Teilnahme an der zweiten Stufe des Eignungsfeststellungsverfahrens geprüft werden.
34
Soweit die Antragstellerin diese Auslegung mit dem Argument in Zweifel zieht, das Grundverständnis in den maßgeblichen Fächern müsse bereits mit dem erfolgreichen Abitur nachgewiesen sein, übersieht sie – unabhängig davon, dass sie gerade über kein Abitur verfügt –, dass Mathematik je nach Bundesland nicht zwangsläufig Bestandteil des Abiturs ist. Ihr Einwand, es sei nicht ersichtlich, wie die besonderen qualitativen Anforderungen bei Bewerberinnen und Bewerbern überprüft würden, für die keine fachspezifischen Einzelnoten in den letzten vier Halbjahren vor dem Erwerb der HZB ausgewiesen würden, geht bereits deshalb ins Leere, weil die Satzung in § 5 Nr. 2 ein differenziertes System vorsieht, anhand welcher Kriterien das Vorliegen der besonderen qualitativen Anforderungen überprüft werden soll. Da im IB-Diploma der Antragstellerin die in § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung geforderten Einzelnoten ausgewiesen werden und damit anhand dieser ermittelt werden kann, ob die Antragstellerin über die besonderen Anforderungen des Studiengangs verfügt, ist der Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Satz 8 der Satzung entgegen der Auffassung der Antragstellerin gerade nicht eröffnet.
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Die Auslegung des Verwaltungsgerichts wird auch durch die Regelung in § 5 Abs. 3 der Satzung bestätigt. Nach dessen Nr. 1 ist eine Bewerberin oder ein Bewerber auch dann nicht bereits in der ersten Stufe der Eignungsfeststellung zuzulassen, wenn sie oder er 78 Punkte oder mehr erreicht, die fortgeführten fachspezifischen Einzelnoten in den Fächern Mathematik, Englisch und einer bis zur Erlangung der HZB fortgeführten Naturwissenschaft oder Informatik in der HZB nicht ausgewiesen wurden. Nach dessen Nr. 2 gelten auch Bewerberinnen oder Bewerber als nicht geeignet, wenn der nach § 5 Abs. 2 der Satzung gebildete Punktwert 70 oder weniger beträgt und bei ihnen die fachspezifischen Einzelnoten fehlen. Auch diese Vorschriften zeigen, dass bei der Eignungsfeststellung maßgeblich auf die in der HZB ausgewiesenen fachspezifischen Einzelnoten abgestellt wird. Dies steht in Übereinstimmung mit den Vorgaben in Art. 89 Abs. 4 Satz 4 und 5 BayHIG, wonach mindestens eines der in Satz 4 Nr. 2 bis 5 aufgeführten Kriterien – wie z.B. die fachspezifischen Einzelnoten – mit der Durchschnittsnote der HZB (Satz 4 Nr. 1) kombiniert werden muss.
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3. Nach alledem war die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 53 Abs. 2 Nr.1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 Satz 1 und 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.