Inhalt

VGH München, Beschluss v. 18.06.2024 – 24 ZB 23.1291
Titel:

Antragsfrist im Trennungsgeld ist der Wiedereinsetzung nicht zugänglich

Normenketten:
TVG § 9 Abs. 1 S. 2 Hs. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 5
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3, Art. 33 Abs. 5, Art. 80 Abs. 1 S. 2
Leitsätze:
1. Die Antragsfrist für Trennungsgeld des § 9 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 TVG ist eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, die einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zugänglich ist; diese Frist ist verbindlich und steht nicht zur Disposition. (Rn. 10) (Rn. 14) (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Verwaltungsrecht wird hinsichtlich der Wirkung von Fristen zwischen verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Fristen unterschieden, dabei ordnen verfahrensrechtliche Fristen nur den Ablauf des jeweiligen Verwaltungsverfahrens und erschöpfen sich hierin, die Folgen einer Versäumung können daher insbesondere nach Maßgabe der entsprechenden Wiedereinsetzungsvorschriften beseitigt werden; materiell-rechtliche Fristen, überwiegend als Ausschlussfristen bezeichnet, haben hingegen nicht nur eine ordnende Funktion, sondern ihre Einhaltung ist Tatbestandsvoraussetzung des geltend gemachten Anspruchs, ihr Überschreiten wirkt daher unmittelbar auf die zugrundeliegende Rechtsposition ein und führt zu ihrem Untergang bzw. Erlöschen. (Rn. 13 – 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die gesetzgeberische Wahl der Antragsfrist auf Trennungsgeld als eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist und die Festlegung ihrer Länge auf ein Jahr verstößt nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), steht nicht im Widerspruch zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) und dem Gleichheitsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) und stellt hier auch keine unzulässige Rechtsausübung der Behörde dar. (Rn. 25) (Rn. 30) (Rn. 33) (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Materiell-rechtliche Ausschlussfrist des § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Trennungsgeldverordnung (Bund) mit höherrangigem Recht vereinbar, Kein Verstoß gegen Rechtsstaatsprinzip, Kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, Kein Verstoß gegen hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums, Keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Ausschlussfrist des § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Trennungsgeldverordnung (Bund), Verweigerung der Ausbezahlung von Trennungsgeld nach Fristablauf ist keine unzulässige Rechtsausübung, Fristversäumung als Folge einer Erkrankung in der Regel kein Fall höherer Gewalt, Aufklärungsrüge, Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, materiell-rechtliche Ausschlussfrist, verfahrensrechtliche Frist, kein Verstoß gegen Rechtsstaatsprinzip, kein Verstoß gegen Gleichheitsgebot, kein Verstoß gegen hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums, keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 25.05.2023 – Au 2 K 22.1935
Fundstelle:
BeckRS 2024, 13861

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 4.324,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage weiter, mit der er die Gewährung von Trennungsgeld erstrebt.
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Der Kläger ist Beamter der Bundesrepublik Deutschland. Er wurde im Jahr 2013 ohne Zusage der Umzugskostenvergütung versetzt; 2015 wurde Trennungsgeld gewährt. Das Trennungsgeld machte der Kläger regelmäßig mit monatlichen Forderungsnachweisen geltend. Am 20. Juni 2022 beantragte er die Gewährung von Trennungsgeld für den Monat Februar 2021, am 21. Juni 2022 für den Monat März 2021 und am 25. Juni 2022 für die Monate April und Mai 2021. Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr lehnte die Anträge mit Schreiben vom 23. Juni, 24. Juni und 27. Juni 2022 wegen Verfristung ab. Der Kläger erhob hiergegen jeweils Widerspruch. Er begründete seine Widersprüche insbesondere damit, dass er seit Ende Januar 2022 an einer schweren Depression leide und erst seit Mitte Juni 2022 wieder in der Lage gewesen sei, seine persönlichen Angelegenheiten zu regeln. Vom 27. Januar 2022 bis 11. März 2022 sei er im Bezirksklinikum Schwaben stationär behandelt worden. Ergänzend zu den Widersprüchen beantragte er mit im Wesentlichen gleicher Begründung mit einer E-Mail vom 21. Juli 2022 hinsichtlich der versäumten Ausschlussfristen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Widersprüche wies das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr mit Bescheid vom 7. September 2022 zurück, weil der Kläger die Jahresfrist versäumt habe. Die Frist sei eine Ausschlussfrist, in die ihrer Natur nach eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht möglich sei.
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Die Klage auf Gewährung von Trennungsgeld, hilfsweise auf Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung der Anträge unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts wies das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 25. Mai 2023 ab. Der geltend gemachte Anspruch auf Trennungsgeld sei infolge des Fristablaufs erloschen. Die in der Trennungsgeldverordnung normierte Jahresfrist sei eine Ausschlussfrist, deren Überschreitung zum Erlöschen des Anspruchs führe; der Dienstherr müsse überblicken können, mit welchen Forderungen er aus früheren Versetzungen und Abordnungen künftig zu rechnen habe. Ein erloschener Anspruch sei einer Erfüllung nicht mehr zugänglich, eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheide aus. Ein Anspruch auf Nachsichtgewährung käme ebenfalls nicht in Betracht. Es könne deshalb dahinstehen, ob der Kläger die Frist unverschuldet versäumt habe.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung. Er rügt ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils und trägt dazu vor, die Jahresfrist nach der Trennungsgeldverordnung sei keine absolute Ausschlussfrist. Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts, weshalb die Frist als strikte Ausschlussfrist anzusehen sei, müssten erst Recht auch für die Antragsfrist im Bereich des Beihilferechts gelten, bei deren unverschuldeter Überschreitung die Rechtsprechung jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähre. Überdies bestehe vorliegend – anders als im Beihilferecht – angesichts der überschaubaren Geldbeträge, um die es bei Trennungsgeld gehe, kein Bedürfnis, den öffentlichen Haushalt vor jedweder nachträglichen Zahlung zu schützen. Zumindest habe der Kläger einen Anspruch auf Nachsichtgewährung bzw. wenigstens auf Ausübung eines diesbezüglichen Ermessens des Dienstherrn. Darüber hinaus weise die Rechtssache besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art auf. Ferner leide das Urteil an einem Verfahrensmangel und beruhe auf ihm, weil das Verwaltungsgericht es unterlassen habe, Beweis über die Frage zu erheben, ob der Kläger krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen sei, seine Angelegenheit zu regeln oder einen Bevollmächtigten damit zu beauftragen. Zudem hätte es bei Berücksichtigung des klägerischen Vortrages auch hinsichtlich des Vorliegens einer höheren Gewalt in Gestalt der Erkrankung des Klägers in Hinblick auf die Nachsichtgewährung einem beantragten Beweis nachgehen müssen. Zudem habe das Gericht nicht darauf hingewiesen, dass es die beihilferechtliche Rechtsprechung nicht für anwendbar und übertragbar halte.
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Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die vorgelegten Akten der Beklagten Bezug genommen.
II.
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Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt, ergeben sich die geltend gemachten Berufungszulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 5 VwGO) nicht.
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A. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.
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I. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Entscheidung bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 3.1.2023 – 8 ZB 22.1862 – juris Rn. 12). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Kläger substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 3.1.2023 – 8 ZB 22.1862 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 5.9.2022 – 8 ZB 20.3120 – juris Rn. 9).
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II. In Ansehung der vorgetragenen Argumente bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 25. Mai 2023. Die vom Kläger unbestritten versäumte Antragsfrist des § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 der Verordnung über das Trennungsgeld bei Versetzungen und Abordnungen im Inland (Trennungsgeldverordnung – TGV) i.d.F. d. Bek. vom 29. Juni 1999 (BGBl I S. 1533), zuletzt geändert durch Verordnung vom 8. Januar 2020 (BGBl I S. 27), ist eine Ausschlussfrist, die einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zugänglich ist (1.). Die Berufung auf den Fristablauf durch die Beklagte stellt auch keine unzulässige Rechtsausübung dar (2.).
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1. Der Kläger hat keine durchgreifenden Zweifel daran dargelegt, dass die Frist des § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 TGV als materiell-rechtliche Ausschlussfrist zu verstehen ist und ein solches Verständnis sachlich gerechtfertigt und damit zulässig ist. Über die Bedeutung und Wirkung des im Normtext selbst verwendeten Begriffs der Ausschlussfrist herrscht Klarheit (a). Es bestehen weder Anhaltspunkte dafür, dass der Normgeber dem Begriff einen anderen Gehalt beigemessen hat (b), noch, dass er ausnahmsweise eine Wiedereinsetzung gestatten wollte (c). Diese Entscheidung ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar (d).
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a) Trotz schwankenden Sprachgebrauchs herrscht darüber Einigkeit, dass Ausschlussfristen unmittelbar auf die zugrundeliegende Rechtsposition einwirken und zu ihrem Untergang bzw. Erlöschen führen.
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aa) Im Verwaltungsrecht wird hinsichtlich der Wirkung von Fristen zwischen verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Fristen unterschieden (vgl. zur Typologie Baer in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand November 2023, § 31 VwVfG Rn. 17 ff. (Stand der Kommentierung Juli 2020)). Verfahrensrechtliche Fristen ordnen nur den Ablauf des jeweiligen Verwaltungsverfahrens und erschöpfen sich hierin. Die Folgen einer Versäumung können daher insbesondere nach Maßgabe der entsprechenden Wiedereinsetzungsvorschriften beseitigt werden.
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Materiell-rechtliche Fristen, überwiegend als Ausschlussfristen bezeichnet, haben hingegen nicht nur eine ordnende Funktion, sondern ihre Einhaltung ist Tatbestandsvoraussetzung des geltend gemachten Anspruchs (vgl. BVerwG, U.v. 16.11.2023 – 3 C 20.22 – juris Rn. 22). Ihr Überschreiten wirkt daher unmittelbar auf die zugrundeliegende Rechtsposition ein und führt zu ihrem Untergang bzw. Erlöschen. Solche Fristen sind deshalb ihrer Natur nach für Behörden, Gerichte und Beteiligte verbindlich und stehen nicht zu deren Disposition (vgl. BVerwG, U.v. 16.11.2023 – 3 C 20.22 – juris Rn. 16; BVerwG, B.v. 8.12.2016 – 8 B 15.16 – juris Rn. 18). Es entspricht daher grundsätzlich dem Zweck einer solchen Fristenvorschrift (vgl. § 32 Abs. 5 VwVfG), dass nach Ablauf der Frist der Anspruch – ohne dass es auf die Ursache einer Fristversäumnis ankommt – nicht mehr geltend gemacht und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 22.1.2015 – 10 C 12.14 – juris Rn. 44; BVerwG, U.v. 10.12.2013 – 8 C 25.12 – juris Rn. 25 f.; BVerwG, U.v. 18.4.1997 – 8 C 38.95 – juris Rn. 11). Anders ist das nur, sofern es der Normgeber abweichend geregelt hat und das einschlägige Recht – ggf. unter strengeren Voraussetzungen – Wiedereinsetzung, Nachsichtgewährung oder sonstige Ausnahmen gestattet (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.1997 – 8 C 38.95 – juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 22.10.1993 – 6 C 10.92 – juris Rn. 16; BVerwG, U.v. 28.6.1965 – VIII C 334.63 – BVerwGE 21, 258/261 = BeckRS 1965, 104254).
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bb) Die Einordnung einer Frist als verfahrensrechtlich oder als materiell-rechtlich ist Ergebnis der Auslegung der konkreten Fristvorschrift. Wegen der einschneidenden Wirkungen des Ausschlusses für den Betroffenen bedarf es hinreichender Anhaltspunkte, dass der Normgeber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der Frist gegenüber dem Interesse des Betroffenen an deren nachträglichen Wiedereröffnung auch bei unverschuldeter Fristversäumnis schlechthin den Vorrang eingeräumt hat (vgl. BVerwG, U.v. 26.6.2020 – 5 C 1.20 – juris Rn. 14; BVerwG, U.v. 22.1.2015 – 10 C 12.14 – juris Rn. 44; BVerwG, B.v. 20.12.1990 – 7 B 167.90 – juris Rn. 6; NdsOVG, U.v. 4.11.2020 – 10 LB 207/19 – juris Rn. 45; VGH BW, U.v. 17.6.2020 – 4 S 3285/19 – juris Rn. 25 f.).
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b) Hiernach ist § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 TGV eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist im oben genannten Sinn. Bereits der Wortlaut der Regelung, der nicht nur die Länge einer Antragsfrist normiert, sondern ausdrücklich von einer Ausschlussfrist spricht, macht das deutlich (vgl. für § 9 Abs. 1 Satz 1 TGV BayVGH, B.v. 29.6.2022 – 24 ZB 22.1216 – juris Rn. 12 f.; VGH BW, B.v. 18.4.2017 – 4 S 1009/16 – juris Rn. 7; s.a. LAG RhPf, U.v. 25.1.2023 – 7 Sa 148/22 – juris Rn. 46). Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verordnungsgeber den Fachbegriff nicht in Kenntnis seiner konsentierten Bedeutung und einschneidenden Wirkung für die Betroffenen verwendet oder ihn bewusst mit einem anderen Bedeutungsgehalt versehen hat. Allein, dass § 9 TGV die Überschrift „Verfahrensvorschriften“ trägt, rechtfertigt die Annahme einer rein verfahrensrechtlichen Vorschrift nicht, zumal die Verordnung nicht etwa an anderen Stellen Erlöschenstatbestände abschließend normiert. Zudem ordnet eine materiell-rechtliche Frist auch das Verfahren und ist insoweit – im Sinne der Überschrift – auch eine verfahrensrechtliche Vorschrift. Auch Vorgängervorschriften der Norm wurden seit jeher als Ausschlussfristen verstanden (vgl. noch Rn. 23).
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c) Es ist auch nicht erkennbar, dass der Verordnungsgeber trotz der Wahl einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist die Rechtsfolge eines Anspruchsverlusts im Falle der Fristversäumung durch die Gestattung von Wiedereinsetzung oder einer Form der Nachsichtsgewährung modifiziert hat. Es gibt hierfür weder in der Verordnung noch in Verwaltungsvorschriften oder einschlägigen Merk- und Hinweisblättern für die Beschäftigten der Beklagten Anhaltspunkte (anders im Beihilferecht, vgl. Nr. 54.1.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur BBhV, hierzu VG Bayreuth, U.v. 20.12.2022 – B 5 K 21.699 – juris Rn. 22). Im Gegenteil wird vielmehr verschiedentlich der Charakter der Frist als Ausschlussfrist betont (vgl. für den Geschäftsbereich, in dem der Kläger beschäftigt ist, das Merkblatt über die Gewährung von Trennungsgeld im Bundesministerium der Verteidigung und der Bundeswehr vom 1.2.2021, S. 5: „Das Trennungsgeld muss innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Jahr (…) beantragt werden. Andernfalls erlischt der Anspruch“, abrufbar unter https://www.bundeswehr.de/de/betreuung-fuersorge/betreuungsportal/mobilitaetsportal-bundeswehr/trennungsgeld).
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d) Diese Entscheidung des Verordnungsgebers ist auch mit höherrangigem Recht vereinbar und entgegen des klägerischen Vortrags nicht sachwidrig. Die maßgebliche Vorschrift der Trennungsgeldverordnung beruht auf einer parlamentsgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage (aa), die selbst sowohl den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG genügt (bb) als auch inhaltlich die Statuierung einer Ausschlussfrist hinsichtlich der monatlichen Forderungsnachweise (Abwicklungsebene) im Wege der Verordnung gestattet (cc). § 9 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 TGV ist auch im Übrigen rechtmäßig (dd).
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aa) Ermächtigungsgrundlage für § 9 Abs. 1 Satz 2 TGV ist – ungeachtet des zwischenzeitlichen Außerkrafttretens (vgl. BVerfG, B.v. 23.3.1977 – 2 BvR 812/74 – juris Rn. 26) – § 22 Abs. 1 Satz 1 des Bundesreisekostengesetzes i.d.F. d. Bek. vom 13. November 1973 (BGBl I S. 1621), vor Erlass des § 9 Abs. 1 Satz 2 TGV zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Dezember 1990 (BRKG 1973, BGBl I S. 2682). Bis zum Inkrafttreten des § 9 Abs. 1 Satz 2 TGV am 1. Juni 1999 (BGBl I S. 1075; Neubekanntmachung der TGV dann am 29.6.1999, BGBl I 1533) war eine einjährige Ausschlussfrist allein für den ersten Trennungsgeldantrag (Grundentscheidung), nicht aber für die Abwicklungsebene vorgesehen (vgl. § 9 Abs. 1 TGV vom 20.5.1986, BGBl I S. 745). § 22 Abs. 1 Satz 2 BRKG 1973 entspricht im Wesentlichen dem heutigen § 15 Abs. 1 BRKG
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bb) § 22 Abs. 1 Satz 1 BRKG 1973 genügt den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Norm bestimmt den Inhalt, den Zweck und das Ausmaß der erteilten Ermächtigung zwar nur in schwacher, aber hinreichender Weise, wenn sie den Anlass (Abordnung ohne Zusage der Umzugskostenvergütung), die Rechtsfolge (Trennungsgeld) und die wesentlichen Berechnungsfaktoren (notwendige Aufwendungen; Berücksichtigung häuslicher Ersparnis) vorgibt. Das Fehlen verfahrensrechtlicher Vorgaben und materieller Voraussetzungen für die Anspruchsbegründung über den Gewährungsanlass der Abordnung hinaus, wie etwa Bagatellvorbehalte (vgl. § 1 Abs. 3 TGV) oder Ausschlussfristen, ist verfassungsrechtlich zulässig. Es ist zu berücksichtigen, dass im hier einschlägigen Bereich der staatlichen Leistungsgewährung die Anforderungen an die Wahrnehmung parlamentarischer Verantwortung, dem Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG dient, geringer sind als im Bereich der Eingriffsverwaltung; es gilt bei der Verordnungsermächtigung insoweit das gleiche wie im Rahmen des grundrechtlichen Gesetzesvorbehalts nach der sog. Wesentlichkeitstheorie (vgl. BVerfG, U.v. 19.9.2018 – 2 BvF 1/15 – juris Rn. 200; Remmert in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Werkstand: Januar 2024, Art. 80 Rn. 64 ff. (Stand der Kommentierung: Dezember 2013)).
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Nichts anderes ergibt sich aus Art. 33 Abs. 5 GG. Das Trennungsgeld ist zwar Ausdruck des Fürsorgegrundsatzes, selbst aber kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums (vgl. Domgörgen in Hömig/Wolff, GG, 13. Aufl. 2022, Art. 33 Rn. 19), dessen Ausgestaltung möglicherweise nach einer stärkeren parlamentarischen Prägung verlangen könnte. Außerdem kommt dem Trennungsgeld als Leistung keine gesteigerte Bedeutung für den Einzelnen zu, insbesondere ist es kein Bestandteil der Besoldung im Sinne des § 1 Abs. 2 BBesG (vgl. Hebeler/Kersten/Lindner, in dies., Handbuch Besoldungsrecht, 2015, § 1 Rn. 15; s. a. OVG NW, U.v. 14.11.2012 – 1 A 1579/10 – juris Rn. 42) und steht auch nicht – anders als die Beihilfe – in einer Wechselbeziehung zu den Besoldungs- und Versorgungsbezügen (vgl. zur Beihilfe BVerwG, U.v. 20.3.2008 – 2 C 49.07 – juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 17.6.2004 – 2 C 50.02 – juris Rn. 9 ff.).
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cc) Der Verordnungsgeber hält sich mit der konkreten Ausgestaltung des § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 TGV auch inhaltlich im Rahmen dessen, was die parlamentsgesetzliche Ermächtigungsgrundlage gestattet.
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Die Schaffung einer Ausschlussfrist ist von der Ermächtigungsgrundlage umfasst, obwohl hierzu eine explizite Aussage im Normtext des § 22 Abs. 1 Satz 1 BRKG 1973 fehlt. § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 TGV bewegt sich im historisch geprägten und von der Ermächtigungsgrundlage aufgenommenen Regelungskorridor (für die Vorgängervorschriften bzgl. der Frist für die Trennungsgeldgrundentscheidung BVerwG, U.v. 4.5.1972 – II C 2.72 – BeckRS 1972, 31296702). Der Gesetzgeber hat bei der Ermächtigung zur Neuverkündung der Vorschrift im Jahr 1973 (vgl. Art. 6 des Gesetzes vom 13.11.1973, BGBl I S. 1613) bereits eine durch die bisherigen Trennungsgeldverordnungen bestehende Ausschlussfrist vorgefunden (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 TGV v. 12.8.1965, BGBl I S. 808, und § 9 Abs. 1 Satz 1 TGV v. 20.5.1986, BGBl I S. 745). Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte in der Entwurfsbegründung (vgl. BT-Drs. 7/283) ist nicht davon auszugehen, dass er hiervon abweichen wollte (vgl. zum Einfluss hergebrachter Begriffsinhalte auf die geforderte Bestimmtheit einer gesetzlichen Ermächtigung im Beihilferecht BVerwG, U.v. 28.6.1965 – VIII C 334.63 – BVerwGE 21, 258/260 = BeckRS 1965, 104254). Zwar waren diese vormaligen Verordnungsregelungen auf die Trennungsgeldgrundentscheidung begrenzt und erfassten nicht die hier in Rede stehende Frist hinsichtlich der Abwicklungsebene. Jedoch ist eine solche Frist gegenüber einer Ausschlussfrist, die die Grundentscheidung betrifft und im Falle der Versäumung jedwedes Trennungsgelds anlässlich des konkreten (Abordnungs-)Anlasses für Vergangenheit und Zukunft auf Dauer ausschließt, erheblich weniger gravierend und mithin vom gesetzgeberischen Regelungs- und Ermächtigungswillen erst recht umfasst. Ferner spricht für einen „fristbezogenen Ermächtigungswillen“ des Gesetzgebers auch, dass das Bundesreisekostengesetz bereits in seiner ersten Fassung vom 27. März 1965 (BGBl I S. 133) wie auch in seiner Neubekanntmachung vom 13. November 1973 (BGBl I S. 1621) in § 3 Abs. 5 hinsichtlich der Reisekostenvergütung eine Ausschlussfrist selbst kannte. Da Reisekostenrecht und Trennungsgeld thematisch eng aufeinander bezogen sind, besteht kein Grund zur Annahme, dass beim Trennungsgeld Ausschlussfristen nicht von der Verordnungsermächtigung umfasst sein sollten.
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dd) Die Wahl einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist und die Festlegung ihrer Länge auf ein Jahr ist auch im Übrigen rechtmäßig. Dem Gesetzgeber und – genügt wie hier die Ermächtigungsgrundlage dem Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG – auch dem Verordnungsgeber steht bei der Ausgestaltung der Gewährung von Trennungsgeld ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu, weil er im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit (Leistungsverwaltung) und nicht im Bereich der Eingriffsverwaltung handelt (vgl. allgemein BVerfG, B.v. 13.7.2000 – 1 BvR 395/00 – Rn. 10; BVerfG, B.v. 26.4.1988 – 1 BvL 84/86 – juris Rn. 47; Poscher in Kahl/Ludwigs, Handbuch des Verwaltungsrechts, Band V, 2023, § 129 Rn. 53).
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Grenzen ziehen dem Gestaltungsspielraum insoweit nur das Rechtsstaatsprinzip (1), die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (2) (vgl. BVerfG, B.v. 11.12.2007 – 2 BvR 797/04 – juris Rn. 21; BVerfG, B.v. 24.9.2007 – 2 BvR 1673/03 – juris Rn. 40; zur Verhältnismäßigkeitsprüfung bei Ausschlussfristen im Rahmen der Eingriffsverwaltung vgl. BayVGH, U.v. 26.1.2017 – 4 B 16.1541 – juris Rn. 41) und Art. 3 Abs. 1 GG (3). Diese Grenzen sind gewahrt.
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(1) Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) enthält keine in allen Einzelheiten bestimmten Gebote oder Verbote, sondern bedarf der Konkretisierung im Einzelfall je nach den sachlichen Gegebenheiten (vgl. BVerfG, B.v. 13.7.2000 – 1 BvR 395/00 – juris Rn. 8; BVerfG, B.v. 16.1.1980 – 1 BvR 127/78 – juris Rn. 49). Unzulässig sind jedenfalls willkürlich oder gänzlich sachfremde Regelungsgehalte (vgl. BVerfG, B.v. 5.10.1993 – 1 BvL 34/81 – juris Rn. 39).
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Ein solcher Fall liegt nicht vor. Es ist weder willkürlich noch sachfremd, die Eröffnung von Verwaltungsverfahren zeitlich zuverlässig zu begrenzen, um auf diese Weise sicherzustellen, nicht nachträglich mit personellem Bearbeitungsaufwand hinsichtlich vorgetragener Säumnisgründe und gegebenenfalls mit nachträglichen Erstattungspflichten belastet zu werden. Der auf diese Weise gewährte sparsame Umgang mit stets begrenzten Sach-, Personal- und Finanzressourcen steht dem Normgeber zu (vgl. BVerfG, B.v. 8.10.1985 – 1 BvL 17/83 – juris Rn. 26; BVerwG, U.v. 18.4.1997 – 8 C 38.95 – juris Rn. 13 f.; BVerwG, B.v. 20.12.1990 – 7 B 167.90 – juris Rn. 6; BVerwG, U.v. 4.5.1972 – II C 2.72 – BeckRS 1972, 31296702).
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Auch sonst ist nicht erkennbar, aus welchem Grund die Festlegung einer Ausschlussfrist bei Fürsorgeleistungen mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar sein sollte. Ein Gebot, von der Rechtsordnung verliehene Ansprüche ohne zeitliche Schranken fortbestehen zu lassen, enthält das Rechtsstaatsgebot nicht. Es verpflichtet den Normgeber jedenfalls auch nicht, das Interesse eines schuldlos Säumigen an der Wiedereröffnung einer Frist zu berücksichtigen, wenn die Fristdauer sachgerecht gewählt ist und es sich – wie hier (vgl. Rn. 21) – nicht um Ansprüche handelt, von denen die wirtschaftliche Existenz des Berechtigten abhängt (vgl. BVerwG, U.v. 28.6.1965 – VIII C 334.63 – BVerwGE 21, 258/262 = BeckRS 1965, 104254).
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Schließlich ist auch die gewählte Fristlänge sachgerecht und mit Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar. Auch hier besteht ein Gestaltungsspielraum, der erst dort auf seine Grenzen stößt, wo im Normalfall nach der Lebenserfahrung dem Berechtigten nicht mehr genügend Zeit zur Anspruchsverwirklichung auch für den Fall verbleibt, dass er im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches oder auch später für einen vorübergehenden Zeitraum gehindert ist, diesen geltend zu machen (vgl. BVerwG, U.v. 28.6.1965 – VIII C 334.63 – BVerwGE 21, 258/262 = BeckRS 1965, 104254; HessVGH, B.v. 25.1.2022 – 1 A 1749/18 – juris Rn. 38; BayVGH, U.v. 26.1.2017 – 4 B 16.1541 – juris Rn. 41). Das ist bei einer Jahresfrist nicht der Fall, zumal § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 TGV wiederkehrende Ansprüche betrifft und insoweit auch regelmäßiger Anlass zur Geltendmachung entsteht. Es ist regelhaft möglich, innerhalb eines Jahres die notwendigen Forderungsnachweise zusammenzustellen und im vorgeschriebenen Antragsweg einzureichen (vgl. HessVGH, B.v. 25.1.2022 – 1 A 1749/18 – juris Rn. 50; OVG Saarl, U.v. 28.2.2018 – 1 A 272/16 – juris Rn. 72).
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(2) Die Wahl einer Ausschlussfrist und die Festlegung ihrer Dauer auf ein Jahr steht auch nicht im Widerspruch zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums nach Art. 33 Abs. 5 GG. Die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und andere Formen der Nachsichtgewährung bilden kein tragendes Strukturprinzip des Beamtenrechts, das der Normgeber zu berücksichtigen hätte (vgl. BVerwG, U.v. 28.6.1965 – VIII C 334.63 – BVerwGE 21, 258/263 = BeckRS 1965, 104254). Auch wird die Fürsorgepflicht des Dienstherrn durch solche Ausschlussfristen nicht verletzt. Zwar verlangt die Fürsorgepflicht nach einer Ausgestaltung von Fristen, die dem Beamten keine unzumutbaren Handlungen auferlegt, um seine Ansprüche zu realisieren (vgl. OVG Saarl, U.v. 28.2.2018 – 1 A 272/16 – juris Rn. 71; HessVGH, U.v. 25.7.2012 – 1 A 2253/11 – juris Rn. 33). Das ist aber, wie dargelegt (vgl. Rn. 29), hier der Fall. Im Übrigen ist die Frist auch deshalb zumutbar, weil der Anspruch auf monatliche Zahlung von Trennungsgeld nach § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 TGV nur eine Nebenleistung und weder Besoldungs- oder Versorgungsansprüche betrifft.
31
(3) Die gewählte Ausschlussfrist von einem Jahr stößt schließlich auch nicht auf gleichheitsrechtliche Bedenken. Der Kläger dringt mit dem Einwand nicht durch, die Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 TGV durch das angefochtene Urteil sei deshalb nicht zutreffend, weil die Rechtsprechung im Beihilferecht vergleichbar ausgestaltete Antragsfristen anders auslege und es die Vergleichbarkeit beider Rechtsmaterien gebiete, diese Rechtsprechung auf das Trennungsgeldrecht zu übertragen.
32
Zwar trifft es zu, dass die beihilferechtliche Rechtsprechung die dortigen Antragsfristen, abhängig von der bundes- bzw. landesrechtlichen konkreten Formulierung, häufig zwar einerseits als materiell-rechtliche Ausschlussfristen einordnet, andererseits aber von der Möglichkeit einer Wiedereinsetzung ausgeht (vgl. für § 54 BBhV BayVGH, B.v. 20.1.2012 – 14 ZB 11.1379 – juris Rn. 7; VG Bayreuth, U.v. 20.12.2022 – B 5 K 21.699 – juris Rn. 22; offen gelassen für § 54 BBhV OVG NW, B.v. 10.12.2020 – 1 E 723/20 – juris Rn. 8 ff.).
33
Abgesehen davon, dass gleichheitsrechtliche Betrachtungen ohnehin nur hinsichtlich ein und desselben Hoheitsträgers – hier der Bundesrepublik – möglich sind, ist die vom Kläger eingenommene gleichheitsrechtliche Gegenüberstellung der Gründe für eine Ermöglichung der Wiedereinsetzung hier und ihrer Ablehnung dort rechtlich nicht relevant. Art. 3 Abs. 1 GG vermittelt von vornherein keinen Anspruch darauf, dass ein und derselbe Normgeber im Bereich von beamtenrechtlichen (Fürsorge-)Leistungen das Fristenregime jeweils identisch ausgestaltet und nur bei sachlichen Unterschieden divergierende Regelungen schafft. Der Normgeber kann verschiedene Leistungen von verschiedenen Anforderungen abhängig machen ohne sich hierfür in vergleichender Perspektive rechtfertigen zu müssen.
34
2. Die Weigerung der Beklagten, unter Berufung auf den Fristablauf für den fraglichen Zeitraum Trennungsgeld auszubezahlen, stellt entgegen der Auffassung des Klägers auch keine unzulässige Rechtsausübung dar. Weder ist ein Fehlverhalten der Behörde erkennbar noch liegt ein Fall höherer Gewalt vor.
35
a) Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass sich Behörden unter bestimmten engen Voraussetzungen nicht auf den Ablauf einer die Anspruchsberechtigung vernichtenden Ausschlussfrist berufen dürfen. Diese Ausnahmen lassen sich nicht allgemeingültig, sondern nur in Einklang mit dem Regelungsbereich, in dem die Ausschlussfrist wirkt, und mit Blick auf ihre dortige Funktion bestimmen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2013 – 8 C 25.12 – juris Rn. 29; BVerwG, U.v. 18.4.1997 – 8 C 38.95 – Rn. 16; BVerwG, U.v. 28.3.1996 – 7 C 28.95 – juris Rn. 16 f.; BVerwG, U.v. 21.4.1982 – 6 C 34.79 – juris Rn. 23; HessVGH, B.v. 25.1.2022 – 1 A 1749/18 – juris Rn. 50; OVG NW, B.v. 23.1.2014 – 1 A 1338/12 – juris Rn. 9).
36
Ein solcher Ausnahmefall kann insbesondere vorliegen, wenn die Behörde durch eigenes Fehlverhalten dazu beigetragen hat, dass der Betroffene die maßgebliche Frist versäumt hat, das Fristversäumnis durch höhere Gewalt verursacht wurde oder die mit der Fristversäumung verbundenen Rechtsfolgen wegen der Umstände des Einzelfalls eine besondere, durch den Zweck der Frist nicht zu rechtfertigende Härte für den Berechtigten bedeutet (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.1997 – 8 C 38.95 – juris Rn. 16; BVerwG, B.v. 24.4. 2013 – 8 B 81.12 – juris Rn. 12; HessVGH, B.v. 25.1.2022 – 1 A 1749/18 – juris Rn. 50; VG Würzburg, U.v. 12.12.2017 – W 1 K 17.198 – juris Rn. 25).
37
Ein Fehlverhalten der Behörde ist vorliegend nicht zu erkennen.
38
Es liegt auch kein Fall höherer Gewalt vor. Die Wendung „höhere Gewalt“ ist enger zu verstehen als der in den Wiedereinsetzungsvorschriften gebrauchte Begriff „ohne Verschulden“. Höhere Gewalt liegt (nur dann) vor, wenn ein die Fristwahrung hinderndes Ereignis eintritt, das unter den gegebenen Umständen auch durch die größte nach den Umständen des konkreten Falles vernünftigerweise von dem Betroffenen unter Anlegung subjektiver Maßstäbe – namentlich unter Berücksichtigung seiner Lage, Bildung und Erfahrung – zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2013 – 8 C 25.12 – juris Rn. 30; BVerwG, U.v. 18.4.1997 – 8 C 38.95 – juris Rn. 16 – jeweils m.w.N.). Erfasst werden hierbei nicht nur Ereignisse, die menschlicher Steuerung völlig entzogen sind (vgl. HessVGH, U.v. 25.7.2012 – 1 A 2253/11 – juris Rn. 38).
39
Vorliegend liegt kein Fall höherer Gewalt vor, ohne dass es darauf ankommt, ob der Kläger die Erkrankung für sich genommen bei größtmöglicher Sorgfalt verhindern hätte können. Die insoweit anerkannten Maßstäbe für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Falle einer Krankheit sind für die Prüfung, ob eine krankheitsbedingte Fristversäumnis auf höherer Gewalt beruht, erst recht heranzuziehen. Demnach kann eine Krankheit von vornherein nur dann die Annahme höherer Gewalt begründen, wenn sie so schwer war, dass der von ihr Betroffene nicht bloß unfähig war, selbst die fristwahrende Handlung vorzunehmen, sondern auch außerstande war, einen Bevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner Interessen und Erledigung seiner persönlichen Angelegenheiten zu beauftragen und im gebotenen Umfang zu informieren (vgl. für die Wiedereinsetzung BVerwG, U.v. 29.8.2018 – 1 C 6.18 – juris Rn. 34). Vorliegend ist nicht erkennbar, dass der Kläger trotz seiner langfristigen Erkrankung noch nicht einmal hierzu in der Lage gewesen war (vgl. zur insoweit erfolglosen Aufklärungsrüge unten Rn. 44).
40
Unabhängig hiervon käme aber auch bei einer entsprechend schweren Krankheit eine Nachsichtgewährung wegen höherer Gewalt nicht ohne weiteres in Betracht. Insoweit sind die Anforderungen an eine Nachsichtgewährung höher als an eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Eine Fristversäumung im Zusammenhang mit einem für sich betrachtet unvermeidbaren (Krankheits-)Ereignis rechtfertigt Nachsichtgewährung wegen höherer Gewalt erst, wenn auch das Versäumen der Frist bei größtmöglicher Sorgfalt hätte vermieden werden können (vgl. in diese Richtung BVerwG, U.v. 29.4.2004 – 3 C 27.03 – juris Rn. 20). Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil jedenfalls das „Ausreizen“ einer Ausschlussfrist, deren Ablauf die zugrundeliegende Rechtsposition zum Erlöschen bringt, ohne jede Vorkehrung für den Fall einer schweren Erkrankung oder anderweitig eintretenden Verhinderung kurz vor Fristablauf nicht der dem Kläger obliegenden größtmöglichen Sorgfalt entspricht. Der Kläger, der ab Ende Januar 2022 erkrankt war, hatte hinsichtlich des hier streitbefangenen Zeitraums von Februar bis Mai 2021 zwischen acht und elf Monate Zeit zur Verfügung, die Nachweise einzureichen.
41
Schließlich ist weder erkennbar, dass die Folgen des Fristablaufs eine durch den Zweck der Frist nicht zu rechtfertigende Härte für den Berechtigten bedeutet.
42
II. Die Rechtssache weist auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf. Es kommt insoweit nicht auf die Beantwortung der Frage an, ob es für die Annahme besonderer Schwierigkeiten genügt, dass die Angriffe des Rechtsmittelführers begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkei t der erstinstanzlichen Entscheidung geben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern (vgl. BayVGH, B.v. 22.11.2021 – 22 ZB 21.2495 – juris Rn. 19) oder ob es erforderlich ist, dass die Rechtssache entscheidungserhebliche Fragen aufwirft, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereiten (vgl. BayVGH, B.v. 13.2.2023 – 15 ZB 22.2620 – juris Rn. 21; ausführlich zum Streitstand Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, § 124 Rn. 105 ff.; Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 27). Denn vorliegend ist der Zulassungsgrund entweder deshalb nicht erfüllt, weil – wie oben bereits dargelegt – die überwiegenden Gründe für die Richtigkeit des angefochtenen Urteils sprechen und deshalb auch der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht vorliegt (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, § 124 Rn. 113), oder nicht hinreichend dargelegt, weil sich weder aus dem klägerischen Vortrag noch aus anderen Gründen ergibt, worin vorliegend den Normalfall nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten liegen sollen.
43
III. Die vom Kläger gerügten Verfahrensmängel nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO in Gestalt eines Verstoßes gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO (1.) und eines Verstoßes gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs wegen eines unterlassenen richterlichen Hinweises (2.) sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt.
44
1. Die erhobene Aufklärungsrüge hat zum einen deshalb keinen Erfolg, weil das schlichte Monitum des Klägers, das Gericht hätte zu Umfang und Dauer seiner Erkrankung weiter ermitteln müssen, nicht ansatzweise erkennen lässt, welche maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen sich insoweit voraussichtlich ergeben hätten (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 27.3.2024 – 6 C 1.22 – juris Rn. 62; BVerwG, B.v. 19.12.2023 – 7 B 9.23 – juris Rn. 12). Im Übrigen scheitert die Rüge daran, dass der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertretene Kläger nicht durch Stellung eines Beweisantrags auf die von ihm nunmehr beanstandete unterbliebene Sachaufklärung hingewirkt hat (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2009 – 9 B 64.08 – juris Rn. 5). Die fehlende Erwähnung eines solchen Antrags im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25. Mai 2023 belegt gemäß § 105 VwGO i.V.m. § 165 Satz 1 ZPO bzw. § 98 VwGO i.V.m. §§ 415, 418 ZPO, dass ein Beweisantrag nicht gestellt worden ist (vgl. BVerwG, B.v. 26.4.2022 – 4 BN 28.21 – juris Rn. 8). Das Beweisangebot im Schriftsatz vom 22. Mai 2023 ist kein Beweisantrag im Sinne von § 86 Abs. 2 VwGO (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 86 Rn. 54). Schließlich wurde nicht dargelegt, aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die eingeforderten Ermittlungen auch ohne einen Beweisantrag hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2021 – 2 B 69.20 – juris Rn. 27).
45
2. Der Kläger hat auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in der Ausprägung der richterlichen Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO nicht genügend dargelegt (vgl. zu den Anforderungen BayVGH, B.v. 2.8.2023 – 24 ZB 23.1119 – juris Rn. 15 ff.; BayVGH, B.v. 22.6.2023 – 24 ZB 23.30260 – juris Rn. 12 m.w.N.). Es reicht nicht aus, zu behaupten, das Gericht habe nicht darauf hingewiesen, dass es fristbezogene beihilferechtliche Rechtsprechung auf den vorliegenden trennungsgeldrechtlichen Fall nicht übertragen wolle. Denn das Gericht ist gerade nicht verpflichtet, auf seine eigene Rechtsauffassung – die sich auch erst im Anschluss an die mündliche Verhandlung in der abschließenden Beratung bilden kann – hinzuweisen. Eine Überraschungsentscheidung, die ebenfalls eine Verletzung rechtlichen Gehörs darstellen würde, scheidet offenkundig aus, weil der Kläger zur Frage der Übertragbarkeit beihilferechtlicher Rechtsprechung in seiner Klagebegründung vom 5. April 2023 ausführlich vorgetragen hat. Auch der Vortrag, das Gericht hätte auf die seinerseits vorgenommene Verneinung von höherer Gewalt hinweisen müssen, trägt nicht die Annahme einer Gehörsverletzung. Abgesehen davon, dass die Bejahung von höherer Gewalt im Falle der vorliegenden Erkrankung eher fernliegt, hat der Kläger im Zulassungsverfahren nicht ansatzweise begründet, was bei Erteilung des vermissten Hinweises der Kläger seinerseits vorgetragen hätte; das ist aber im Rahmen der Darlegung erforderlich (vgl. BVerwG, U.v. 31.7.2013 – 6 C 9.12 – juris Rn. 37; BayVGH, B.v. 16.8.2023 – 3 ZB 23.30036 – juris Rn. 16; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 74).
IV.
46
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG und entspricht der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, die auf eine vom Kläger nicht beanstandete Berechnung der Beklagten zurückgeht.
IV.
47
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).