Titel:
Denkmalschutzrechtliche Klage gegen Anordnung der Durchführung von Sicherungsmaßnahmen
Normenkette:
BayDSchG Art. 4 Abs. 2 S. 1
Leitsatz:
Ein geplanter Umbau eines denkmalgeschützten Gebäudes lässt die Pflicht des Eigentümers zum Erhalt des Baudenkmals nicht entfallen. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Denkmalschutzrecht, Anordnung von Sicherungsmaßnahmen für eine denkmalgeschützte ehemalige Getreidemühle, Zumutbarkeit der Maßnahme, Baudenkmal, Sicherungsmaßnahmen, denkmalgeschützte ehemalige Getreidemühle
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 12.03.2024 – M 1 S 24.333
Fundstelle:
BeckRS 2024, 13850
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragsteller wenden sich gegen eine sofort vollziehbare Anordnung der Durchführung von Sicherungsmaßnahmen an einem denkmalgeschützten Gebäude.
2
Mit Bescheid vom 21. Dezember 2023 wurden die Antragsteller als Miteigentümer der in der Denkmalliste eingetragenen ehemaligen Getreidemühle verpflichtet, die nach einem Teileinsturz noch verbliebene Dachkonstruktion des Gebäudes zu stabilisieren und zu sichern sowie das Dach zu schließen.
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Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der hiergegen erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 12. März 2024 abgelehnt. Die verfahrensgegenständliche Sicherungsanordnung sei voraussichtlich rechtmäßig. Es handle sich um zumutbare und verhältnismäßige Maßnahmen im Rahmen der Grunderhaltung, die erforderlich seien, um weiteren Schaden von dem Denkmal abzuwenden.
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Mit der Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Begehren weiter.
5
Der Antragsgegner beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.
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Ergänzend wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakten verwiesen.
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Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
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Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen keine Abänderung der angegriffenen Entscheidung. Nach der im Eilverfahren geboten summarischen Prüfung hat das Verwaltungsgericht den Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zu Recht abgelehnt, weil die Klage gegen die Sicherungsanordnung im Hauptsacheverfahren voraussichtlich erfolglos bleiben wird, sodass das Interesse der Antragsteller an der Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegenüber dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners nachrangig ist. Der Senat nimmt deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen wird ergänzend auf Folgendes hingewiesen:
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Ohne Erfolg wenden sich die Antragsteller gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die ihnen auferlegten Sicherungsanordnungen zumutbar sind.
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Die Sicherungsanordnungen sind zum Schutz des Baudenkmals vor einem (weiteren) Verfall erfolgt und sind daher zutreffend auf Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 DSchG gestützt. Danach können die nach Art. 4 Abs. 1 DSchG zur Erhaltung von Baudenkmälern verpflichteten Eigentümer verpflichtet werden, bestimmte Erhaltungsmaßnahmen ganz oder zum Teil durchzuführen, soweit ihnen das insbesondere unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Aufgaben und Verpflichtungen zumutbar ist.
11
Soweit in der Beschwerdebegründung vorgetragen wird, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an die Zumutbarkeit überspannt und nicht berücksichtigt, dass die Antragsteller in der Vergangenheit nicht untätig gewesen seien und den schlechten Zustand des Gebäudes nicht zu verantworten hätten, reicht es nicht aus, sich unter Hinweis auf ihre seit 2006 andauernden Bemühungen um einen Umbau der Getreidemühle als Begegnungsstätte für Familien und Kinder sowie die in Bezug auf die Finanzierung des Vorhabens bis heute nicht abgeschlossen Verhandlungen mit der Gemeinde auf eine unverschuldete Untätigkeit zu berufen. Denn ein geplanter Umbau eines denkmalgeschützten Gebäudes lässt die Pflicht des Eigentümers zum Erhalt des Baudenkmals nicht entfallen (vgl. OVG NW, B.v. 16.4.2024 – 10 B 36/24 – juris Rn. 5 zu Sicherungsmaßnahmen bei einer laufenden gerichtlichen Auseinandersetzung über die Erteilung einer Abbrucherlaubnis); jedenfalls darf der Eigentümer ohne Weiteres dazu verpflichtet werden, unaufschiebbare Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen. Es kann im öffentlichen Interesse an der Bewahrung des Denkmalbestandes nicht hingenommen werden, dass allein wegen eines Bemühens um eine gemeinnützige Nutzungsform von notwendigen Erhaltungsmaßnahmen abgesehen wird und deshalb ein Substanzverlust des Baudenkmals eintritt bzw. droht.
12
Auch die Behauptung der Antragsteller, dass im Falle eines Einsturzes des Dachs nicht die historische Bausubstanz geschädigt werde, sondern lediglich eine nachträglich angebrachte und weniger schützenswerte Dachkonstruktion, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Das Gebäude ist als Ganzes in die Denkmalliste aufgenommen worden (D-1-72-117-5: Ehem. Getreidemühle, sog. Erbmühle, dreigeschossiger Massivbau mit Satteldach und rückwärtigem Holzständerbau, 17./18. Jh.). Die Erhaltungspflicht umfasst daher auch das Dach. Anhaltspunkte dafür, dass entgegen der Auffassung des Landesamts für Denkmalpflege vom 21. Dezember 2023 und 31. Januar 2024 aufgrund der bestehenden Schäden kein Denkmalwert des Gebäudes mehr verbleibt und es offensichtlich an der Erhaltungsfähigkeit des Baudenkmals fehlt, legt die Beschwerdebegründung nicht dar. Sie sind nach den vorliegenden Unterlagen auch nicht offensichtlich erkennbar.
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Die Auffassung der Antragsteller, dass es ihnen nicht nur während der Wintermonate objektiv unmöglich gewesen sei, die Sicherungsarbeiten durchführen zu lassen, sondern diese Maßnahmen wegen der Einsturzgefahr des Dachbodens sogar dauerhaft unmöglich seien, überzeugt nicht. Zum einen fehlt es an der gebotenen Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass die Witterung nach Auskunft des Landratsamts die Durchführung der Maßnahmen nach Erlass des Bescheids durchaus zugelassen hätte (BA Rn. 39). Zum anderen lässt das vorliegende Angebot der Firma A. vom 9. Januar 2024, das für eine – nicht geforderte – vollständige Reparatur des Dachstuhls abgegeben wurde, die generelle Unmöglichkeit der Durchführung der Arbeiten wegen Einsturzgefahr nicht ansatzweise erkennen. Auch der Verweis auf die örtliche Feuerwehr, die die Anbringung einer Notsicherungsplane im Rahmen einer ersten technischen Hilfeleistung wegen Einsturzgefahr abgelehnt hat, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Denn die Antragsteller legen bereits nicht dar, dass keine Fachfirma mit dem entsprechenden Spezialgerät für die Durchführung der Notsicherungsmaßnahmen zur Verfügung gestanden hätte. Das vorgelegte Angebot entspricht vielmehr den bereits telefonisch gegenüber dem Landratsamt geäußerten und nicht abgesprochenen Absichten der Antragsteller, einen kompletten Abbruch des Dachs zu beauftragen und die Arbeiten möglichst in das Frühjahr zu verschieben. Die Antragsteller haben damit zum Ausdruck gebracht, dass sie – unabhängig von der Frage, ob bzw. wie gesundheitliche Probleme im Rahmen der Zumutbarkeit zu berücksichtigen sind – grundsätzlich in der Lage sind, erforderliche Baumaßnahmen an dem Baudenkmal zu beauftragen.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).