Inhalt

VGH München, Beschluss v. 08.01.2024 – 2 ZB 22.1432
Titel:

Beseitigungsanordnung für Pensionspferdebetrieb

Normenketten:
BayBauO Art. 76 S. 1
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201
Leitsatz:
Wird ein Bauwerk, das bisher für einen nach § 35 Abs. 1 BauGB im Außenbereich privilegierten Zweck genutzt worden ist, für einen anderen Zweck genutzt, so liegt hierin nicht nur eine Nutzungs-, sondern zugleich auch eine Funktionsänderung, die zu einer Entprivilegierung führt. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beseitigungsanordnung, Außenbereich, Pensionspferdebetrieb, Bestandsschutz, landwirtschaftlicher Betrieb, Funktionsänderung, Privilegierung, Entprivilegierung, Vertrauensschutz
Vorinstanz:
VG Augsburg, Urteil vom 04.05.2022 – Au 4 K 21.1873
Fundstelle:
BeckRS 2024, 1380

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 7.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

1
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) nicht vorliegt.
2
1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet im Rahmen des Zulassungsvorbringens keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass die streitgegenständliche Beseitigungsanordnung rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
3
Soweit die Kläger geltend machen, die von der Beseitigungsanordnung umfassten Anlagen seien genehmigungsfähig, da sie einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.Vm. § 201 BauGB dienten, dringt dieses Vorbringen nicht durch. Mit dem Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass es sich bei der klägerischen Pensionspferdehaltung um keinen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 201 BauGB handelt. Hierzu wird auf die Ausführungen im Beschluss des Senats vom 8. Januar 2024 im Verfahren 2 ZB 22.1429 verwiesen.
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Auch das Vorbringen der Kläger, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der bestehende Auslauf Bestandsschutz genieße, da er vom Voreigentümer als anerkannt privilegiertem Landwirt verfahrensfrei errichtet worden sei, verhilft dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Wie das Erstgericht zutreffend dargelegt hat, wäre ein etwaiger Bestandschutz jedenfalls durch die Nutzung des Auslaufs zu nicht privilegierten Zwecken seitens der Kläger entfallen. Wird ein Bauwerk, das bisher für einen nach § 35 Abs. 1 BauGB im Außenbereich privilegierten Zweck genutzt worden ist, für einen anderen Zweck genutzt, so liegt hierin nicht nur eine Nutzungs-, sondern zugleich auch eine Funktionsänderung, die zu einer Entprivilegierung führt (vgl. BVerwG, B.v. 9.9.2002 – 4 B 52/02 – juris Rn. 5; OVG Berlin, B.v. 1.11.2013 – OVG 10 N 72.10 – juris Rn. 6).
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Die Kläger können sich entgegen ihrem sinngemäßen Vorbringen auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Der Einwand, sie hätten aufgrund einer Email des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 29. April 2019 davon ausgehend dürfen, dass sie als Nebenerwerbslandwirte zur verfahrensfreien Errichtung des Feldstadels und des neuen Auslaufs berechtigt gewesen seien, verfängt nicht. Ein solcher Aussagegehalt lässt sich der Email nicht entnehmen. Zudem war den Klägern durch das Landratsamt Ostallgäu als zuständiger Baubehörde mit Schreiben vom 9. Januar 2019 auf ihre formlose Anfrage hin ausdrücklich mitgeteilt worden, dass ihre Pferdehaltung derzeit die Voraussetzungen eines landwirtschaftlichen Betriebs im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht erfülle unter Hinweis darauf, dass bei Änderungen der Pferdehaltung eine erneute Überprüfung erfolgen könne. Für ein schutzwürdiges Vertrauen auf eine Privilegierung der von den Klägern sodann nach Umplanung ihres Vorhabens ohne weitere Rückfrage beim Landratsamt errichteten Anlagen gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 201 BauGB bestand daher – unabhängig von der Frage der Verfahrensfreiheit – keine Grundlage.
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2. Die Kläger tragen gesamtschuldnerisch die Kosten ihres erfolglosen Rechtsbehelfs (§ 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO). Die Streitwertentscheidung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht infrage gestellten Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
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3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).