Inhalt

VGH München, Beschluss v. 09.01.2024 – 2 ZB 22.1945
Titel:

Befreiung für einen Wintergarten

Normenkette:
BauGB § 31 Abs. 2, § 34
Leitsatz:
Für einen Wintergarten kann keine Befreiung erteilt werden, wenn durch eine Gemeinde in Abhängigkeit vom Hauptgebäude jeweils bewusst verschiedene Wintergartenvarianten festgesetzt  wurden. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beseitigungsanordnung für einen Wintergarten, Befreiung, Wintergarten, Maß der baulichen Nutzung
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 29.06.2022 – M 9 K 19.371
Fundstelle:
BeckRS 2024, 1379

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 20.000 € festgesetzt.

Gründe

1
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung nach §§ 124, 124a Abs. 4 VwGO hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.
2
1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet im Rahmen der dargelegten Zulassungsgründe keinem ernstlichen Zweifel an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Aufhebung einer Beseitigungsanordnung für einen Wintergarten sowie die Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger die beantragte Genehmigung zur Errichtung eines Wintergartens zu erteilen, kann damit jedoch keinen Erfolg haben.
3
Entgegen der Zulassungsbegründung kann für den Wintergarten keine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilt werden. Die Zulassungsbegründung steht auf dem Standpunkt, es bestehe ein Anspruch auf Befreiung, da in den Bebauungsplanunterlagen eine Diskrepanz zwischen der Draufsicht und dem Schnitt der Planzeichnung bestehe und es der plangebenden Gemeinde lediglich darauf angekommen sei, dass Wintergärten nicht über die Sichtschutzwände hinausragen. Demgegenüber ist darauf hinzuweisen, dass unabhängig von der aus Sicht des Klägers angeblich bestehenden Diskrepanz der Planzeichnungen die Gemeinde für Mittelhäuser des Typs F – wie dasjenige des Klägers – eine mögliche Wintergartengestaltung festgesetzt hat, die sich gerade nicht über die gesamte Hausbreite in gleicher Tiefe erstreckt. Weiter geht aus der Begründung des Bebauungsplans eindeutig hervor, dass in Abhängigkeit vom Hauptgebäude jeweils bewusst verschiedene Wintergartenvarianten festgesetzt werden sollten. Damit steht fest, dass es für die Gemeinde darauf ankam, dass die jeweilige konkrete Wintergartenfestsetzung eingehalten wird. Es kam ihr nicht maßgeblich darauf an, dass ein Wintergarten hinter etwaigen Sichtschutzwänden zurückbleiben müsse, was sich bereits daraus ergibt, dass die festgesetzte Wintergartengestaltung beim Haustyp E auf der Westseite über die Sichtschutzwand hinausragt.
4
Entgegen der Zulassungsbegründung durfte das Erstgericht die Frage, ob der Bebauungsplan wirksam ist oder nicht, tatsächlich dahinstehen lassen, da die Alternativbegründung für den Fall der Unwirksamkeit des Bebauungsplans nicht zu beanstanden ist. Der Auffassung des Erstgerichts, dass sich das streitige Vorhaben auch nicht gemäß § 34 BauGB einfügt, tritt die Zulassungsbegründung nicht substantiiert entgegen. Das Verwaltungsgericht hat dabei auf das Maß der baulichen Nutzung und die überbaute Grundstücksfläche abgestellt und das Vorhaben insoweit als beispiellos angesehen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Berücksichtigung von Terrassen und Sichtschutzwänden. Dabei handelt es sich nicht um einem Wintergarten vergleichbare baulichen Anlagen, da diese nicht wie eine Erweiterung des Hauptgebäudes wirken, was bei einem Wintergarten unabhängig von seiner tatsächlichen konkreten Nutzung der Fall ist.
5
Soweit die Zulassungsbegründung einen Verstoß gegen die einzuhaltenden Abstandsflächen für nicht gegeben hält, da bei Unterstellung der Wirksamkeit des Bebauungsplans und einer Befreiung nach planungsrechtlichen Grundsätzen an die Grenze gebaut werden könne, kann dem bereits deshalb nicht gefolgt werden, da eine Befreiung – wie bereits ausgeführt – nicht in Betracht kommt, so dass hieraus keine Zulässigkeit des Grenzanbaus gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO abgeleitet werden kann.
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2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Denn sie verursacht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine größeren, d.h. überdurchschnittlichen, das normale Maß nicht unerheblich übersteigende Schwierigkeiten und es handelt sich auch nicht um einen besonders unübersichtlichen oder kontroversen Sachverhalt, bei dem noch nicht abzusehen ist, zu welchem Ergebnis ein künftiges Berufungsverfahren führen wird. Vielmehr ist der Rechtsstreit im tatsächlichen Bereich überschaubar und die entscheidungserheblichen rechtlichen Fragen sind durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt. Die Zulassungsbegründung sieht Schwierigkeiten bei der Auslegung des Bebauungsplans im Zusammenhang mit der Erteilung einer Befreiung. Wie oben unter 1. dargelegt, ergibt sich jedoch bereits unter Anwendung der gängigen Auslegungsmethoden ohne großen Begründungsaufwand, dass ein Anspruch auf Befreiung nicht besteht.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertentscheidung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG und entspricht der von den Beteiligten nicht infrage gestellten Streitwertfestsetzung der ersten Instanz.