Inhalt

VG Augsburg, Beschluss v. 28.05.2024 – Au 8 K 24.555
Titel:

Zurückweisung eines Steuerberaters zur Vertretung vor dem Verwaltungsgericht, Corona-Hilfen, keine Beteiligung als prüfender Dritter, fehlende Postulationsfähigkeit

Normenketten:
VwGO § 67 Abs. 3
VwGO § 67 Abs. 2
VwGO § 67 Abs. 2 S. 2 Nr. 3a
Schlagworte:
Zurückweisung eines Steuerberaters zur Vertretung vor dem Verwaltungsgericht, Corona-Hilfen, keine Beteiligung als prüfender Dritter, fehlende Postulationsfähigkeit, verwaltungsgerichtliches Verfahren
Fundstellen:
NWB 2024, 1889
BeckRS 2024, 13259
LSK 2024, 13259

Tenor

Herr Steuerberater Dipl.-Kfm. ... wird als Prozessbevollmächtigter des Klägers zurückgewiesen.

Gründe

1
Nach § 67 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) können die Beteiligten einen Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht selbst führen. Darüber hinaus können sie sich durch die in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Personen, die die Befähigung zum Richteramt besitzen (vgl. § 5 Deutsches Richtergesetz), als Bevollmächtigte vertreten lassen. Über diese genannten Personen hinaus sind nach § 67 Abs. 2 Satz 2 VwGO als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht nur enumerativ abschließend genannte Personen vertretungsberechtigt, die entweder ein besonderes Näheverhältnis zum Verfahrensbeteiligten haben oder wegen einer formal gegebenen, besonderen Befähigung als mögliche Prozessbevollmächtigte in Frage kommen (Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 67 Rn. 6).
2
Für den vorliegend als Prozessbevollmächtigten handelnden Steuerberater enthält § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 VwGO eine Begrenzung auf Abgabenangelegenheiten, die vorliegend nicht streitgegenständlich sind. Durch Art. 16 Nr. 2 des Gesetzes zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25. Juni 2021 (BGBl I S. 2154) wurde in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3a VwGO die Vertretungsbefugnis von Steuerberatern und steuernahen Berufsgruppen vor dem Verwaltungsgericht auf Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie ausgedehnt, soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten, d.h. der Steuerberater bzw. der steuernahen Berufsgruppen, als prüfende Dritte vorsehen. Notwendig zur Bejahung der Vertretungsbefugnis des Steuerberaters ist somit eine durch das staatliche Hilfsprogramm zwingend erforderliche Beteiligung des Steuerberaters als sog. prüfenden Dritten (vgl. zur Gesetzestechnik insoweit: Eyermann/Hoppe, VwGO, § 67 Rn. 9a).
3
Vorliegend hat das der Gewährung bzw. Rückforderung der staatlichen Leistungen zugrundeliegende Hilfsprogramm eine Beteiligung eines sog. prüfenden Dritten nicht vorgesehen.
4
Die dem Kläger mit den Bescheiden vom 2. April 2020 und vom 18. Mai 2020 gewährten Leistungen, die nunmehr mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 31. Januar 2024 widerrufen und zurückgefordert werden, haben ihre Grundlage in den „Richtlinien für die Gewährung von Überbrückungshilfen des Bundes für die von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigte Unternehmen und Soloselbständigen („Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbständige“)“, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 3. April 2020 (BayMBl Nr. 175). In diesen Richtlinien ist die Beteiligung eines sog. prüfenden Dritten nicht vorgesehen. Dass sich das antragstellende Unternehmen bzw. der Soloselbständige eines Steuerberaters oder eines sonstigen sog. prüfenden Dritten bedient, ist durch die Richtlinie nicht verpflichtend vorgegeben.
5
Mangels zwingend erforderlicher Beteiligung eines Steuerberaters als sog. prüfenden Dritten aufgrund des hier maßgeblichen staatlichen Hilfsprogramms ist der vom Kläger beauftragte Steuerberater vorliegend nicht nach § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3a VwGO als Bevollmächtigter vertretungsbefugt (vgl. hierzu auch BeckOK, VwGO, 69. Edition, Stand 1.7.2023, § 67 Rn. 34b).
6
Der nicht vertretungsbefugte Steuerberater war damit nach Anhörung durch das Gericht von Amts wegen durch Beschluss zurückzuweisen (§ 67 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 67 Abs. 3 Satz 1 VwGO).