Inhalt

VerfGH München, Entscheidung v. 11.04.2024 – Vf. 60-VI-22
Titel:

Anforderungen an die Begründung einer Urteilsverfassungsbeschwerde

Normenketten:
VfGHG Art. 9, Art. 51 Abs. 1 S. 1
StPO § 26a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Die Verfassungsbeschwerde muss aus sich heraus verständlich sein. Der die behauptete Grundrechtsverletzung enthaltende Vorgang muss vollständig und nachvollziehbar dargelegt werden, sodass der VerfGH in die Lage versetzt wird, ohne Rückgriff auf die Akten des Ausgangsverfahrens zu prüfen, ob der geltend gemachte Verfassungsverstoß nach dem Vortrag des Beschwerdeführers zumindest möglich erscheint. (Rn. 29) (red. LS Axel Burghart)
2. Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es idR einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung. Zur notwendigen Substantiierung gehört regelmäßig, dass die angegriffenen Entscheidungen vorgelegt werden. (Rn. 29) (Rn. 31) (red. LS Axel Burghart)
3. Ein gänzlich untaugliches oder rechtsmissbräuchliches Ablehnungsgesuch kann nur angenommen werden, wenn für eine Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Verfahrensgegenstand selbst entbehrlich ist. (Rn. 34) (red. LS Axel Burghart)
Schlagworte:
Ablehnungsgesuch, Befangenheit, Verfassungsbeschwerde, Urteilsverfassungsbeschwerde
Vorinstanzen:
LG München I, Beschluss vom 05.10.2022 – 31 S 759/18
LG München I, Beschluss vom 19.09.2022 – 31 S 1184/17
LG München I, Beschluss vom 12.08.2022 – 31 S 1500/17
LG München I, Beschluss vom 16.09.2022 – 31 S 1184/17
Fundstelle:
BeckRS 2024, 13167

Tenor

1. Der Antrag auf Ablehnung des Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Dr. H. wird als unzulässig verworfen.
2. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
3. Dem Beschwerdeführer wird eine Gebühr von 1.500 € auferlegt.

Entscheidungsgründe

I.
1
1. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen – mit ihr nicht vorgelegte – Beschlüsse des Landgerichts München I vom „16. September 2022“ und 5. Oktober 2022 in den Verfahren 31 S 1184/17 und 31 S 759/18, durch die Ablehnungsgesuche und Anhörungsrügen des Beschwerdeführers verworfen oder zurückgewiesen wurden.
2
2. Der Beschwerdeführer führt als Kläger vor dem Landgericht München I mehrere dort in der Berufungsinstanz anhängige Zivilprozesse, in denen er eine Vielzahl von Ablehnungsgesuchen anbrachte. Im Zentrum seines Vorbringens steht der Vorwurf, dass die „schwer rechtsbrechenden“ abgelehnten Richter willkürlich als Richter in eigener Sache über seine „tauglichen“ Gesuche selbst entschieden hätten, weswegen bereits seit Jahren „verfassungswidrige Beschlüsse mit fehlerhaft besetzter Richterbank“ ergingen. Das Verfahrensgeschehen stellt sich, soweit rekonstruierbar, wie folgt dar:
3
a) Mit Beschluss vom 14. September 2021 (Anlage Q. 2) wies das Landgericht München I – 31. Zivilkammer – im Verfahren 31 S 1500/17 in der Besetzung mit Richterin am Landgericht Dr. Q., Richterin am Landgericht F. und Richter R. eine Vielzahl von im Einzelnen bezeichneten, noch nicht verbeschiedenen Befangenheitsgesuchen des Beschwerdeführers zurück. Soweit diese die Richter am Landgericht B. und Dr. A sowie die Richter Schä. und Schw. beträfen, seien die Gesuche als unzulässig zurückzuweisen, da diese inzwischen das Landgericht München I verlassen hätten. Hinsichtlich der noch nicht verbeschiedenen Ablehnungsgesuche gegen Richterin am Landgericht F. sowie gegen Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. P. könne weder aus einzelnen Handlungen noch aus einer Gesamtschau der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Gesichtspunkte eine Befangenheit „erkannt werden“. Hinsichtlich der Richter des Landgerichts München I, die nicht Mitglied der 31. Zivilkammer seien, gelte, dass allein die Entscheidung über einen Befangenheitsantrag für sich genommen noch keine Befangenheit begründe. Auch eine eventuelle Unzuständigkeit aufgrund ihrer Eigenschaft als Richter zur Probe führe hierzu noch nicht. Aufgrund der Ablehnung einer Vielzahl von Richtern verschiedener Kammern sei die Frage der Vertretung sehr unübersichtlich geworden; sofern insoweit ein Fehler unterlaufen sein sollte, sei aus diesem kein Schluss auf Willkür zu ziehen. Die Teilnahme des Vorsitzenden Richters am Landgericht Dr. P. an Tagungen des MünchnerAnwaltVereins e. V. (MAV) diene dem wissenschaftlichen Austausch und sei nicht geeignet, eine Befangenheit zu begründen, auch wenn er dafür ein Entgelt erhalte. Bezüglich des Vorwurfs der unsachgemäßen Bestimmung von Verkündungsterminen gelte, dass die Bestimmung von Terminen der richterlichen Unabhängigkeit unterliege und Verfahrensverstöße oder fehlerhafte Entscheidungen – sollten sie vorliegen – grundsätzlich kein Ablehnungsgrund seien. Es stelle entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keinen Verstoß gegen die Wartepflicht des § 47 ZPO dar, dass der Vorsitzende die Akten an die zur Entscheidung berufene Person gesandt habe. Eine vom Beschwerdeführer behauptete Verschleppung des Verfahrens könne nicht erkannt werden. Weitere dienstliche Stellungnahmen der abgelehnten Richter seien nicht einzuholen gewesen. Der Beschwerdeführer habe zu den Ablehnungsgründen bereits mehrfach vorgetragen und hierzu seien dienstliche Stellungnahmen bereits gefertigt worden.
4
b) Durch Beschluss vom 21. Dezember 2021 in den Verfahren 31 S 1184/17 und 31 S 759/18 (Anlage R 2 zu Anlage Q 21) wies das Landgericht München I – 31. Zivilkammer – in der Besetzung mit Richterin am Landgericht N., Richterin am Landgericht Dr. Q. und Richterin am Landgericht F. 16 weitere Ablehnungsgesuche des Beschwerdeführers gegen mehrere Richter des Landgerichts als unzulässig oder unbegründet zurück und verwarf drei weitere als rechtsmissbräuchlich.
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Im Beschluss vom 21. Dezember 2021 führte das Gericht erneut aus, die Ablehnungsgesuche gegen Richterin am Landgericht B. und Richter Schä. seien unzulässig, da beide inzwischen das Landgericht verlassen hätten. Hinsichtlich des Vorsitzenden Richters am Landgericht Dr. P. seien die Ablehnungsgesuche unbegründet. Die Zivilkammer wiederholte, dass dessen Teilnahme an Tagungen des MAV dem wissenschaftlichen Austausch diene und nicht geeignet sei, eine Befangenheit zu begründen, auch wenn er dafür ein Entgelt erhalte. Zu dem vom Beschwerdeführer erhobenen Vorwurf der unsachgemäßen Bestimmung von Verkündungsterminen sei darauf hinzuweisen, dass die Bestimmung von Terminen der richterlichen Unabhängigkeit unterliege, bei einer Kammer Abwesenheiten von drei Richtern Rechnung zu tragen sei und Befangenheitsablehnungen kein Instrument der Fehlerkontrolle seien.
6
Es stelle entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keinen Verstoß gegen die Wartepflicht des § 47 ZPO dar, dass der Vorsitzende die Akten an die zur Entscheidung berufene Person gesandt habe. Eine vom Beschwerdeführer behauptete Verfahrensverschleppung könne nicht erkannt werden; Terminierungen seien aufgrund der Vielzahl von Befangenheitsanträgen nicht möglich gewesen. Ob der Beschwerdeführer zwei Schriftsätze vom 14. und 19. Februar 2018 wie von ihm behauptet erst nach dem Termin vom 8. März 2018 erhalten habe, könne nach drei Jahren nicht mehr nachvollzogen werden und begründe auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs, da dem Beschwerdeführer diese seit mehreren Jahren vorlägen. Die Ablehnungsanträge gegen die Richterinnen Dr. Q., R. und F. seien wegen Rechtsmissbrauchs als unzulässig zu verwerfen. Der Beschwerdeführer habe seit dem 27. Mai 2019 eine Vielzahl von Ablehnungsgesuchen gegen die Mitglieder der Kammer und die Richter, die jeweils über die Befangenheitsgesuche entschieden hätten, gestellt. Angesichts dieser Entwicklung sei nicht mehr ersichtlich, dass der Beschwerdeführer eine materielle Entscheidung suche. Der Umfang der Ablehnungsgesuche betrage mehrere hundert Seiten; sie machten einen ordnungsgemäßen Fortgang des Verfahrens unmöglich und hätten zu einer Verfahrensverzögerung von mehreren Jahren geführt.
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c) Durch Beschluss vom 12. August 2022 im Verfahren 31 S 1500/17 (Anlage Q 31) wies das Gericht Befangenheitsanträge des Beschwerdeführers vom 15., 17. und 31. Juli 2022 als rechtsmissbräuchlich zurück. Zugleich verwarf es die vom Beschwerdeführer erhobene Anhörungsrüge kostenfällig.
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Die Befangenheitsgesuche seien wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig. Wegen der zahlreichen Befangenheitsanträge sei nicht mehr ersichtlich, dass der Beschwerdeführer eine materielle Entscheidung suche. Seine wiederholten Behauptungen, die Richter versuchten, das begangene Unrecht zu verschleiern, oder würden wie am Fließband Recht brechen, ergäben mangels Begründetheit nichts Anderes. Die Vielzahl der Ablehnungsanträge mache einen ordnungsgemäßen Fortgang des Verfahrens bisher unmöglich. Eine Ausnahme zum in § 45 ZPO verankerten Verbot der Selbstentscheidung durch das zur Entscheidung berufene Gericht gelte für rechtsmissbräuchliche Ablehnungsanträge, die zur Verfolgung verfahrensfremder Zwecke gestellt würden. Um einer Verzögerung des Verfahrens entgegenzuwirken, könnten entsprechende Anträge abweichend von dieser Vorschrift durch den Spruchkörper in seiner ursprünglichen Besetzung unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als unzulässig verworfen werden.
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Die Anhörungsrüge sei unbegründet. Eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung liege nicht vor. Die Anhörungsrüge sei kein Behelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Entscheidung. Das Gericht sei auf alle wesentlichen sachlichen Argumente des Klägers eingegangen.
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d) Mit dem angegriffenen, aber nicht vorgelegten Beschluss vom 19. September 2022 (Bl. 5073/5075 der Akten des Ausgangsverfahrens; soweit dieser in der Verfassungsbeschwerde auf den 16. September 2022 datiert wird, handelt es sich ersichtlich um einen Schreibfehler) verwarf die Kammer im Verfahren Az. 31 S 1184/17 – in der Besetzung mit Vorsitzendem Richter am Landgericht Dr. P., Richterin am Landgericht Dr. Q. und Richterin am Landgericht T. – „die nach dem Beschluss vom 21. Dezember 2021 gestellten Ablehnungsgesuche des Klägers“ wegen Rechtsmissbrauchs als unzulässig. Zugleich verwarf sie seine Anhörungsrüge vom 6. April 2022 gegen den Beschluss vom 14. März 2022.
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e) Mit dem angegriffenen, aber ebenfalls nicht vorgelegten Beschluss vom 5. Oktober 2022 im Verfahren Az. 31 S 1184/17 (Bl. 5166/5167 der Akten des Ausgangsverfahrens) wies die 31. Zivilkammer – in der Besetzung Vorsitzender Richter am Landgericht Dr. P., Richterin am Landgericht Dr. Q. und Richterin am Landgericht T. – die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers vom 16. September 2022 gegen die Beschlüsse „vom 21.12.2021 und vom 22.03.2022“ zurück.
II.
12
1. Mit seiner am 17. Oktober 2022 eingegangenen und mit weiteren Schreiben ergänzten Verfassungsbeschwerde, zuletzt vom 16. August 2023, rügt der Beschwerdeführer Verstöße gegen das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV), das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV) und seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV).
13
Zur Begründung führt der Beschwerdeführer zusammengefasst Folgendes aus:
14
Beim Landgericht München I würden die Ablehnungsverfahren des Beschwerdeführers durch die hierfür unzuständige Richterin am Landgericht Dr. Q. seit dem 14. September 2021 manipuliert, indem diese ohne Beratung verfassungswidrige Entscheidungen im Interesse des Vorsitzenden Richters am Landgericht Dr. P. fertige und weitere für die Ablehnungsverfahren unzuständige Richter nur seriell unterschreiben lasse, sodass die tatsächlich allein von ihr gefällten Entscheidungen optisch nach außen wie Kammerentscheidungen wirkten. Richterin am Landgericht Dr. Q. habe ihren Beschlussentwurf vom 14. September 2021 zur bloßen Unterschrift an zwei unzuständige Richter durch die Wachtmeister durch das Landgericht „schieben“ lassen. Der Beschluss sei daher ohne Beratung durch den gesetzlichen Richter von der Richterin am Landgericht Dr. Q. allein erlassen worden. Die unzuständige Richterin am Landgericht Dr. Q. habe damit auch gegen das Willkürverbot verstoßen, sei tauglich abgelehnt worden und habe daher nicht mitwirken dürfen.
15
Zudem liege ein Verstoß gegen den – seinerseits schon willkürlichen – Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts München I vor. Zuständig für die Entscheidung seien die dienstjüngsten Richter gewesen. Gerade diese hätten jedoch nicht entschieden. Denn entscheidend käme es darauf an, wer im Zeitpunkt der Antragstellung der dienstjüngste nicht verhinderte Richter sei. Die Richterinnen Dr. Q. und F. wüssten positiv, dass sie nicht die dienstjüngsten Richterinnen seien und entzögen dem Beschwerdeführer willkürlich den gesetzlichen Richter. Richterin R. sei zum Zeitpunkt des Eingangs der Befangenheitsgesuche zwischen 27. Oktober 2020 und 4. November 2021 noch nicht einmal Richterin gewesen.
16
Der von der „schwer rechtsbrechenden“ Richterin am Landgericht Dr. Q. am 14. September 2021 allein gefertigte Unrechtsbeschluss missachte Recht und Gesetz so gravierend, dass er nicht verständlich und nachvollziehbar sei. Sie habe die Pflicht zur Beratung umgangen und ihren Beschluss durch fehlerhaft ausgewählte weitere Richter unterzeichnen lassen, ohne dass diese ihre Unzuständigkeit entgegen bestehender Pflicht von Amts wegen geprüft hätten. Dies habe sie getan, um dem Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. P. zu gefallen, welcher private Vorteile vom MAV annehme und ebenfalls unzuständiger Richter sei.
17
Obwohl die Richterin am Landgericht Dr. Q. wisse, dass sie gemäß § 41 Nr. 6 ZPO von der Mitwirkung bei etwaigen Anhörungsrügen ausgeschlossen sei, habe sie bei den fehlerhaften Entscheidungen wieder verfassungswidrig mitgewirkt. Die Richterin erschüttere damit die Autorität des Landgerichts und zerstöre das Vertrauen der Rechtsuchenden in dieses.
18
Die Manipulationen der Richterin am Landgericht Dr. Q. hätten erst am 2. September 2022 durch Akteneinsicht aufgedeckt und nachgewiesen werden können. Es werde gebeten, alle Beschlüsse der 31. Zivilkammer bis zurück zum 14. September 2021 aufzuheben.
19
2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat von einer Stellungnahme abgesehen.
III.
20
Das Ablehnungsgesuch des Beschwerdeführers vom 14. August 2023, ergänzt mit Schreiben vom 15. und 16. August 2023, gegen den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs Dr. H. ist offensichtlich unzulässig.
21
1. Der Beschwerdeführer lehnte mit den vorbezeichneten Schreiben den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs Dr. H. wegen der Besorgnis der Befangenheit ab, weil dieser in seiner Funktion als Präsident des Oberlandesgerichts München Verletzungen der Verfassungsgarantie auf den gesetzlichen Richter durch die Münchner Fachgerichte aus sachfremden Erwägungen vertusche und dazu auch den Verfassungsgerichtshof missbrauche. Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs Dr. H. müsse voreingenommen sein, da er sonst den vom Beschwerdeführer erhobenen Dienstaufsichtsbeschwerden nachginge. So habe der Beschwerdeführer – unter anderem – am 17. Dezember 2022 Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Richter des 32. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München erhoben, da diese trotz fehlender Zuständigkeit die Entscheidung in einem erstinstanzlichen Kostenerinnerungsverfahren an sich gezogen hätten. Am 30. Dezember 2022 habe er Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den „Präsidialrichter“ erhoben, der ihm auf eine frühere Dienstaufsichtsbeschwerde vom 2. November 2022 – die darauf gestützt gewesen sei, dass es beim Amtsgericht München aus mehreren Gründen keinen gültigen Geschäftsverteilungsplan gebe – fehlerhaft mitgeteilt habe, Präsidiumsbeschlüsse im Umlaufverfahren benötigten keine Unterschrift. Außerdem habe der abgelehnte Präsident des Verfassungsgerichtshofs Dr. H. es zugelassen, dass im Verfassungsbeschwerdeverfahren Vf. 62-VI-20 der Referent des Verfassungsgerichtshofs in seinem Schreiben entgegen Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG als Zulässigkeitsvoraussetzung der Verfassungsbeschwerde eine geschlossene und aus sich heraus verständliche Sachverhaltsdarstellung verlangt habe.
22
2. Das Gesuch ist offensichtlich unzulässig. Der Verfassungsgerichtshof entscheidet insoweit in der Besetzung nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VfGHG, weil die anstehende Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde vom Verfassungsgerichtshof in dieser Besetzung zu treffen ist – unter Mitwirkung des abgelehnten Richters.
23
a) Nach Art. 9 VfGHG sind auf die Ausschließung und Ablehnung eines Mitglieds des Verfassungsgerichtshofs die Vorschriften der §§ 22 bis 30 StPO entsprechend anzuwenden. Der abgelehnte Richter scheidet bei der Entscheidung nicht aus, wenn die Ablehnung nach Art. 9 VfGHG i. V. m. § 26 a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 StPO als unzulässig zu verwerfen ist. Dem Fehlen der Begründung im Sinn der genannten Bestimmungen steht es gleich, wenn die Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet ist. Wegen der offensichtlichen Unzulässigkeit kann in einem solchen Fall unter Mitwirkung und ohne dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters entschieden werden (VerfGH vom 27.5.1971 VerfGHE 24, 96/97; vom 8.11.2019 – Vf. 51-VI-18 – juris Rn. 14; vom 1.2.2021 – Vf. 98-VII-20 – juris Rn. 8; vom 12.1.2022 – Vf. 55-VI-21 – juris Rn. 14).
24
b) Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründe sind zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet.
25
aa) Der Beschwerdeführer führt schon nicht näher aus, inwieweit der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Dr. H. „Verletzungen der Verfassungsgarantie auf den gesetzlichen Richter durch die Münchner Fachgerichte aus sachfremden Erwägungen vertusche“. Allein angeblich unterbliebene Entscheidungen über Dienstaufsichtsbeschwerden, soweit sich entsprechende Vorgänge dem Vortrag des Beschwerdeführers überhaupt nachvollziehbar entnehmen lassen, vermögen einen solchen Rückschluss nicht zu tragen. Bloße Bewertungen ohne tatsächliche Grundlage können ein Ablehnungsgesuch jedoch von vornherein nicht zulässig begründen (vgl. BGH vom 19.4.2018 NStZ-RR 2018, 252/ 253 f.; vom 1.7.2020 – 4 StR 47/20 – juris; vom 25.8.2020 – 4 StR 654/19 – juris).
26
bb) Entsprechendes gilt, soweit der Beschwerdeführer zur Begründung des Gesuchs auf seine Eingaben betreffend die angebliche Unwirksamkeit des Geschäftsverteilungsplans des Amtsgerichts München abstellt. Auch hier fehlt es an jedem Tatsachenvortrag zu einem konkreten Verhalten des abgelehnten Präsidenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Dr. H.. Allgemeine, nicht tatsachenfundierte Wertungen wie, der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Dr. H. habe die Dienstaufsichtsbeschwerden durch den „Präsidialrichter“ mit fehlerhafter Begründung und erheblichem Zeitverzug „verbescheiden lassen“, sind auch in diesem Zusammenhang zur Begründung eines Befangenheitsgesuchs völlig ungeeignet.
27
cc) Soweit der Beschwerdeführer schließlich die Fehlerhaftigkeit der ihm von einem Referenten des Verfassungsgerichtshofs erteilten Hinweise rügt, kann er darauf ein Befangenheitsgesuch gegen den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs Dr. H. von vornherein nicht stützen. Die Äußerungen eines Referenten des Verfassungsgerichtshofs (vgl. Art. 12 Abs. 3 VfGHG) lassen für sich genommen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt Rückschlüsse auf eine mögliche Befangenheit eines Verfassungsrichters zu (vgl. VerfGH vom 9.5.1995 - Vf. 22-VII-94 – juris Rn. 13; vom 21.2.2020 – Vf. 75-VI-19 – Rn. 9; vgl. im Zusammenhang mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern am Bundesverfassungsgericht: BVerfG vom 7.3.1997 – 2 BvQ 1/97 – juris Rn. 1).
IV.
28
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, da sie nicht den Anforderungen genügt, die Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG an ihre Substanziierung stellt, und ihr die frühere Rechtshängigkeit des Verfassungsbeschwerdeverfahrens Vf. 58-VI-22 entgegensteht.
29
1. Nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG sind in der Verfassungsbeschwerde sowohl die Handlung oder Unterlassung der Behörde zu bezeichnen, gegen die sich der Beschwerdeführer wendet, als auch das verfassungsmäßige Recht, dessen Verletzung der Beschwerdeführer geltend macht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs gehört dazu auch der Vortrag des wesentlichen Sachverhalts, aus dem die Rechtsverletzung hergeleitet wird. Der die behauptete Grundrechtsverletzung enthaltende Vorgang muss vollständig und nachvollziehbar dargelegt werden, sodass der Verfassungsgerichtshof in die Lage versetzt wird, ohne Rückgriff auf die Akten des Ausgangsverfahrens zu prüfen, ob der geltend gemachte Verfassungsverstoß nach dem Vortrag des Beschwerdeführers zumindest möglich erscheint. Die Verfassungsbeschwerde muss aus sich heraus verständlich sein (VerfGH vom 2.2.1966 VerfGHE 19, 14/15; vom 20.9.2022 – Vf. 1VI-22 – juris Rn. 29; vom 4.1.2023 – Vf. 27-VI-22 – juris Rn. 19; vom 28.2.2023 – Vf. 53-VI-22 – juris Rn. 41 m. w. N.). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung (VerfGH vom 16.11.2021 – Vf- 51-VI-20 – juris Rn. 33; vom 9.2.2022 - Vf. 62-VI-20 – juris Rn. 35; vom 20.9.2022 – Vf. 1-VI-22 – juris Rn. 30; BVerfG vom 11.5.2023 NStZ-RR 2023, 225/226). Um der Verfassungsbeschwerde den erforderlichen Inhalt zu geben, darf der Beschwerdeführer auf Schriftstücke Bezug nehmen, die er ihr beifügt, wobei er seinen erforderlichen Sachvortrag nicht durch eine pauschale Bezugnahme auf beigefügte Schriftstücke ersetzen kann (vgl. VerfGH vom 27.2.2017 BayVBl 2018, 34 Rn. 20). Die in der Verfassungsbeschwerdeschrift zu erbringende Begründungsleistung kann weder durch die Vorlage von Anlagen noch durch deren Hineinkopieren in den Text der Verfassungsbeschwerde ersetzt werden (VerfGH BayVBl 2018, 34 Rn. 20; vom 21.7.2020 – Vf. 56-VI-17 – juris Rn. 63; vom 9.2.2022 – Vf. 62-VI-20 – juris Rn. 34; BVerfG vom 20.3.2012 – 2 BvR 1382/09 – juris Rn. 5; vom 20.2.2019 NStZ-RR 2019, 156/157; VerfGH Nordrhein-Westfalen vom 16.7.2020 – 41/20.VB-1 – juris Rn. 3).
30
2. Diesen Anforderungen wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht.
31
a) Da sich die Verfassungsbeschwerde ausdrücklich als neue Verfassungsbeschwerde gegen die Beschlüsse vom „16. September“ und 5. Oktober 2022 wendet, ist sie schon deshalb unzulässig, weil der Beschwerdeführer diese Beschlüsse weder vorlegt noch deren relevanten Inhalt in erkennbar vollständiger Weise wiedergibt. Zu der nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG notwendigen Substanziierung der Verfassungsbeschwerde gehört regelmäßig, dass innerhalb der Verfassungsbeschwerdefrist die angegriffenen Entscheidungen vorgelegt werden (VerfGH vom 20.3.2018 BayVBl 2019, 207 Rn. 14 m. w. N.). Die Bitte des – über die Substanziierungsanforderungen mehrfach belehrten – Beschwerdeführers im Schreiben vom 6. November 2022, eine Vielzahl von dort bezeichneten Anlagen aus anderen anhängigen Verfassungsbeschwerdeverfahren zu vervielfältigen, ändert daran nichts. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, fehlende Anlagen aus anderen anhängigen Verfahren zutage zu fördern, um eine ausreichende Grundlage für die verfassungsrechtliche Beurteilung zu schaffen (vgl. BVerfG vom 21.2.2018 – 2 BvR 349/14 – juris Rn. 17; vom 8.9.2020 – 1 BvR 1038/20 – juris Rn. 2; Lenz/Hansel, BVerfGG, 3. Aufl. 2020, § 92 Rn. 35 m. w. N., jeweils zur Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht).
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b) Im Übrigen fehlt es an einer zusammenhängenden und aus sich heraus, ohne Rückgriff auf die Akten des Ausgangsverfahrens nachvollziehbaren Darstellung des Sachverhalts, aus dem der Beschwerdeführer eine Verletzung seines verfassungsmäßigen Rechts auf den gesetzlichen Richter und des Willkürverbots herleiten will. Der Beschwerdeführer stützt sich im Wesentlichen darauf, dass das Landgericht seine Ablehnungsgesuche nicht unter Mitwirkung abgelehnter Richter habe zurückweisen dürfen und deshalb die Kammer fehlerhaft besetzt gewesen sei. Dabei beschäftigen sich seine Ausführungen konkret nur mit dem Beschluss vom 14. September 2021 (Anlage Q. 2), der nicht Verfahrensgegenstand ist (und wegen der zweimonatigen Verfassungsbeschwerdefrist des Art. 51 Abs. 2 Satz 2 VfGHG mit der Verfassungsbeschwerde auch nicht mehr angegriffen werden könnte).
33
aa) Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV wird durch ein Gericht nur dann verletzt, wenn einer Partei der gesetzliche Richter durch eine willkürliche, offensichtlich unhaltbare Entscheidung entzogen wird (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 29.8.1996 VerfGHE 49, 126/130; vom 7.7.2020 – Vf. 68-VI-19 – juris Rn. 43; vom 29.11.2022 – Vf. 5-VI-22 – juris Rn. 53; vom 28.02.2023 BeckRS 2023, 3332 Rn. 45). Dieser Grundsatz gilt auch in den Fällen, in denen – wie hier – geltend gemacht wird, die Grundrechtsverletzung ergebe sich aus der unzutreffenden Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs (vgl. VerfGH vom 16.5.2006 VerfGHE 59, 58/60 f.; vom 6.5.2014 – Vf. 23-VI-13 – juris Rn. 34; vom 9.2.2022 – Vf. 62-VI-20 – juris Rn. 54; BeckRS 2023, 3332 Rn. 45 m. w. N.).
34
Eine schlechthin unhaltbare Handhabung ergibt sich schon einfachrechtlich nicht allein daraus, dass unter Mitwirkung abgelehnter Richter über Ablehnungsgesuche entschieden wurde. Die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lässt unter bestimmten Voraussetzungen als Ausnahme von § 45 Abs. 1 und 2 ZPO eine solche Verfahrensweise zu. Die Verwerfung eines Ablehnungsgesuchs als unzulässig unter Mitwirkung des abgelehnten Richters ist danach zulässig, wenn das Gesuch als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist, etwa wenn alle Richter eines Gerichts abgelehnt werden oder das Gesuch nur mit solchen Umständen begründet wird, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können. Dazu zählen auch nur der Verschleppung oder als taktisches Mittel für verfahrensfremde Zwecke dienende Ablehnungsgesuche (vgl. etwa BGH vom 2.5.2018 – AnwZ (Brfg) 10/18 – juris Rn. 7; vom 8.4.2020 NJW-RR 2020, 779 Rn. 27; vom 13.07.2022 – I ZB 27/22 – juris Rn. 5; vom 10.2.2023 – I ZB 71/22 – juris Rn. 2). Ein gänzlich untaugliches oder rechtsmissbräuchliches Ablehnungsgesuch als Voraussetzung für eine solche Entscheidung kann nur angenommen werden, wenn für eine Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Verfahrensgegenstand selbst entbehrlich ist. Über eine bloß formale Prüfung hinaus darf sich der abgelehnte Richter nicht durch Mitwirkung an einer näheren inhaltlichen Prüfung der Ablehnungsgründe zum Richter in eigener Sache machen (vgl. BVerfG vom 20.7.2007 NJW-RR 2008, 72, 73 f.; vom 14.11.2007 NJW-RR 2008, 512/514; vom 15.6.2015 – 1 BvR 1288/14 – juris Rn. 15 ff.; Stackmann in Münchner Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 45 Rn. 2; Heinrich in Musielak/ Voit, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 45 Rn. 3, jeweils m. w. N.). Unter diesen Voraussetzungen stellt die Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung des abgelehnten Richters keinen Verstoß gegen die Garantie des gesetzlichen Richters dar (vgl. BVerfG NJW-RR 2008, 512/514; Vossler in BeckOK ZPO, § 45 Rn. 7 f. m. w. N.).
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bb) Auf Grundlage des rudimentären und nicht konkret auf die verfahrensgegenständlichen Probleme abstellenden Sachvortrags des Beschwerdeführers kann der Verfassungsgerichtshof nicht ansatzweise die Prüfung vornehmen, ob die geltend gemachten Verfassungsverstöße zumindest möglich erscheinen.
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Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergibt sich lediglich, dass er zahlreiche Ablehnungsgesuche gegen die Richter der 31. Zivilkammer, aber auch gegen die zu ihrer Vertretung berufenen Richter eingereicht hat und dass er gegen ergangene Beschlüsse Anhörungsrügen und Gegenvorstellungen erhoben hat, deren Inhalt nur teilweise näher dargestellt wird. Auch den Inhalt der angegriffenen oder auch vorangegangenen Beschlüsse sowie der zugrunde liegenden Ablehnungsgesuche teilt der Beschwerdeführer nicht ausreichend mit. Letzteres wäre aber unabdingbar, um zumindest ansatzweise prüfen zu können, ob das Landgericht in seinen Beschlüssen den Begriff des Anscheins der Befangenheit oder – was der Beschwerdeführer dem Gericht vor allem vorwirft – die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Verwerfung von Ablehnungsgesuchen unter Mitwirkung der abgelehnten Richter grundlegend verkannt hat. Das gilt insbesondere, soweit er sich darauf beruft, für die Richter habe die Wartepflicht gemäß § 47 ZPO gegolten, weil sie zum Zeitpunkt der Entscheidungen „tauglich“ abgelehnt gewesen seien. Die Spekulationen des Beschwerdeführers über die Rolle der Richterin am Landgericht Q. entbehren ebenso einer nachvollziehbar dargestellten tatsächlichen Grundlage wie die Mutmaßungen über die Unzuständigkeit der erkennenden Richter.
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c) Es kann offenbleiben, ob eine Verfassungsbeschwerde, mit der eine fehlerhafte Behandlung von Ablehnungsgesuchen gerügt wird, neben Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV auch auf einen Verstoß gegen das allgemeine Willkürverbot gestützt werden kann. Da selbst eine zweifelsfrei fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts für sich allein noch keinen Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV in seiner Ausprägung als Willkürverbot begründet, würde eine solche Rüge ebenfalls den substanziierten Vortrag erfordern, dass die Entscheidung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheine, also schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen sei (ständige Rechtsprechung; vgl. nur VerfGH vom 23.8.2006 VerfGHE 59, 200/203 f.; vom 22.12.2020 – Vf. 15-VI-19 – juris Rn. 16; vom 20.9.2022 – Vf. 1-VI-22 – juris Rn. 47 m. w. N.). Daran fehlt es hier. Auch sonst lässt sich auf Basis der Ausführungen des Beschwerdeführers nicht ansatzweise verantwortbar prüfen, ob das Landgericht gegen das Willkürverbot verstoßen hat.
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d) Soweit der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör rügt, fehlt es von vornherein an einem Sachvortrag, der einer konkreten Entscheidung nachvollziehbar zugeordnet werden könnte.
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3. Darüber hinaus ist die Verfassungsbeschwerde gegen die angegriffenen Beschlüsse vom 19. September und 5. Oktober 2022 auch deswegen unzulässig, weil diese bereits Gegenstand des früher anhängig und damit rechtshängig gewordenen Verfassungsbeschwerdeverfahrens Vf. 58-VI-22 sind. Nach allgemeinen Prozessgrundsätzen, die auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren Geltung beanspruchen, steht die anderweitige Rechtshängigkeit der Zulässigkeit einer neuen Verfassungsbeschwerde mit gleichem Gegenstand entgegen (Art. 30 Abs. 1 VfGHG i. V. m. § 173 Satz 1 VwGO, § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG, § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO entsprechend).
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Das Gesetz über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof enthält keine Regelung für Fälle, in denen eine Maßnahme, die bereits Gegenstand eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens ist, zum Gegenstand einer weiteren Verfassungsbeschwerde gemacht wird. In diesen Fällen ist über Art. 30 Abs. 1 VfGHG, § 173 Satz 1 VwGO die Regelung des § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG bzw. § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO entsprechend anzuwenden. Danach kann über die gleiche Maßnahme kein weiteres Verfassungsbeschwerdeverfahren anhängig gemacht werden, solange das erste Verfahren nicht abgeschlossen ist.
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a) Nach Art. 30 Abs. 1 VfGHG sind die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung, ergänzend die der Zivilprozessordnung entsprechend heranzuziehen, soweit das Gesetz über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof keine Bestimmungen über das Verfahren enthält. Gemäß § 90 Satz 1 VwGO wird die Streitsache mit Erhebung der Klage rechtshängig. Erhebung der Klage bedeutet nach § 81 Abs. 1, § 90 VwGO deren Eingang bei Gericht; im Unterschied zur Zivilprozessordnung kommt es nicht auf die Zustellung des Schriftsatzes an die Gegenseite an (Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 90 Rn. 5; Riese in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht § 90 VwGO Rn. 6). Die Wirkungen der Rechtshängigkeit ergeben sich über die Verweisung in § 173 Satz 1 VwGO aus § 17 GVG bzw. aus § 261 ZPO; nach § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG kann ebenso wie nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO die Sache während der Rechtshängigkeit von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.
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b) Die Besonderheiten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens stehen einer Anwendung nicht entgegen. Durch die genannten Vorschriften zur Rechtshängigkeit sollen insbesondere mehrfache, gegebenenfalls divergierende Entscheidungen über dieselbe Sache vermieden werden; die Rechtshängigkeit, die im Urteilsfall in die (materielle) Rechtskraft mündet, verlagert insoweit deren Wirkungen auf den Zeitpunkt der Klageerhebung vor (Wöckel a. a. O. § 90 Rn. 2, 3). Ein derartiges Bedürfnis besteht auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren, das auf eine umfassend verbindliche Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit einer behördlichen oder gerichtlichen Maßnahme und die Beseitigung einer dadurch etwa eingetretenen Verletzung verfassungsmäßiger Rechte gerichtet ist (vgl. zur Rechtshängigkeit und deren Folgen bei Anträgen an das Bundesverfassungsgericht etwa Benda/Klein, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl. 2012, S. 101 Rn. 212).
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Die anderweitige Rechtshängigkeit ist von Amts wegen zu berücksichtigen; sie führt zur Unzulässigkeit des zweiten Verfahrens (vgl. BVerwG vom 19.8.1971 BVerwGE 43, 258 unter II. 1. a); Riese in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, § 90 VwGO Rn. 24; Wolff/Decker in BeckOK VwGO, § 90 Rn. 18; Greger in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 261 Rn. 8 und 11).
V.
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Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 1.500 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).