Inhalt

LG Nürnberg-Fürth, Beschluss v. 06.06.2024 – 13 T 364/24
Titel:

Auswirkungen des Zeitpunktes der Registrierung als Berufsbetreuer auf die Vergütungshöhe

Normenketten:
BtOG § 7, § 19 Abs. 2, § 32 Abs. 1
BGB § 1875 Abs. 2, § 1878 Abs. 1, Abs. 3
Leitsätze:
1. Dem vorläufig nach § 32 Abs. 1 Satz 6 BtOG registrierten Berufsbetreuer, der nicht rechtzeitig einen Antrag auf Registrierung als Berufsbetreuer stellt, steht ab dem 01.07.2023 kein Anspruch auf Betreuervergütung zu, auch nicht rückwirkend bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung. (Rn. 24 – 27)
2. Er kann jedoch für die Zeit bis zur Entscheidung über seinen Registrierungsantrag eine Aufwandspauschale in entsprechender Anwendung des § 1878 Abs. 1 BGB geltend machen. (Rn. 28 – 40)
3. Hinsichtlich § 1878 Abs. 3 BGB ist hierbei darauf abzustellen, ob im jeweiligen Monat zumindest an einem Tag kein Anspruch auf eine Vergütung als Berufsbetreuer bestanden hat. (Rn. 39)
1. Das Gesetz knüpft den Vergütungsanspruch eindeutig an die tatsächlich erfolgte bzw. nach § 31 Abs. 1 S. 6 BtOG fingierte Registrierung eines Betreuers bis zum 30.6.2023. Eine Rückwirkung sieht das Gesetz nicht vor. (Rn. 24 – 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. In entsprechender Anwendung des § 1878 Abs. 1 BGB ist dem Betreuer für die Zeit bis zur Entscheidung über seinen Registrierungsantrag eine anteilige Vergütung zu zahlen, bei deren Höhe auch berücksichtigt wird, ob gem. § 1878 Abs. 3 S. 2 BGB im jeweiligen Monat zumindest an einem Tag kein Anspruch auf eine Vergütung als Berufsbetreuer bestanden hat. (Rn. 28 – 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vergütungsanspruch, Registrierung eines Berufsbetreuers, vorläufige Betreuung, jährliche Aufwandspauschale, analoge Anwendung
Vorinstanz:
AG Fürth, Beschluss vom 28.11.2023 – 405 XVII 1131/19
Fundstellen:
RPfleger 2024, 610
FamRZ 2024, 1730
BtPrax 2025, 72
LSK 2024, 13111
NJOZ 2024, 1117
BeckRS 2024, 13111

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Betreuers wird der Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom 28.11.2023, Az. 405 XVII 1131/19, wie folgt ergänzt:
Für den Betreuer N.N. wird für seine Tätigkeit im Zeitraum 01.07.2023 bis 22.08.2023 eine Aufwandspauschale gem. § 1878 Abs. 1 BGB gegen die Staatskasse in Höhe von 70,83 Euro festgesetzt.
Im Übrigen verbleibt es bei den Regelungen im Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom 28.11.2023.
2. Die Beschwerde wird im Übrigen zurückgewiesen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
1
Der Beschwerdeführer, der Berufsbetreuer des Betroffenen, wendet sich gegen die Höhe der vom Amtsgericht festgesetzten Vergütung.
2
Mit Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom 22.11.2019 wurde für den Betroffenen eine vorläufige Betreuung angeordnet und der Beschwerdeführer zum vorläufigen Betreuer bestellt. Mit Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom 14.01.2020 wurde im Hauptsacheverfahren eine Betreuung angeordnet und der Beschwerdeführer zum Berufsbetreuer bestellt. Mit Beschluss vom 02.03.2022 wurde die Betreuung verlängert. Zum Berufsbetreuer blieb der Beschwerdeführer bestellt. Die Überprüfungsfrist wurde auf den 12.01.2024 festgesetzt.
3
Nach dem letzten in der Akte enthaltenen Vermögensverzeichnis vom 22.11.2023 hatte der Betroffene ein Vermögen in Höhe von XX Euro.
4
Am 21.08.2023 (Bl. 230) beantragte der Beschwerdeführer eine Vergütung als Berufsbetreuer für den Zeitraum 23.05.2023 bis 22.08.2023 in Höhe von insgesamt 513,00 Euro.
5
Auf Nachfrage des Amtsgerichts teilte die Betreuungsbehörde mit Schreiben vom 07.09.2023 mit, dass der Beschwerdeführer zwar mit Schreiben vom 21.06.2023 einen Antrag auf Registrierung gestellt habe, dieser bei der Betreuungsstelle jedoch erst am 01.08.2023 eingegangen sei, so dass der Beschwerdeführer nicht als kraft Gesetzes vorläufig registrierter Bestandsbetreuer gelte. Mit Schreiben vom 08.08.2023 sei der Beschwerdeführer hierüber informiert und zur Vorlage der erforderlichen Unterlagen aufgefordert worden. Diese seien inzwischen eingegangen und das Eignungsgespräch finde am 07.09.2023 statt. Am 08.09.2023 (Bl. 235) wurde der Beschwerdeführer durch Bescheid der Stadt N. als beruflicher Betreuer registriert.
6
Auf Anforderung des Amtsgerichts Fürth nahm der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Nürnberg-Fürth zum Vergütungsantrag des Beschwerdeführers vom 21.08.2023 Stellung und führte aus, der Beschwerdeführer habe nach § 32 Abs. 1 Satz 7 BtOG aufgrund des nicht rechtzeitigen Eingangs seines Registrierungsantrags bis 30.06.2023 ab dem 01.07.2023 seine Vergütungsansprüche verloren. Die Registrierung wirke aber nach Ansicht der Staatskasse auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei der Stammbehörde zurück, da die Bearbeitungszeit durch die Behörde den Antragsteller nicht benachteiligen dürfe.
7
Mit (hier angegriffenem) Beschluss vom 28.11.2023 (Bl. 250) setzte das Amtsgericht Fürth die Vergütung des Beschwerdeführers für den Zeitraum 23.05.2023 bis 22.08.2023 auf 210,90 Euro fest und wies den darüberhinausgehenden Antrag zurück. Zudem ließ das Amtsgericht Fürth die Beschwerde zu. Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer am 04.12.2023 zugestellt.
8
Mit Schriftsatz vom 27.12.2023, beim Amtsgericht Fürth eingegangen am selben Tag, legte der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 28.11.2023 ein und führte aus, es lägen sämtliche Registrierungsvoraussetzungen vor. Er habe den Registrierungsantrag am 21.06.2023 an die Stammbehörde übersandt und sei aufgrund der Übersendung per Einschreiben davon ausgegangen, dieser gehe rechtzeitig ein. Erst im Nachhinein habe er erfahren, dass der Antrag erst am 01.08.2023 eingegangen sei. Er habe auch in der Zeit vom 01.07.2023 bis 08.09.2023 seine Tätigkeit als Berufsbetreuer vollumfänglich ausgeübt. Das BtOG enthalte auch keine Regelungen, dass in einem solchen Fall wie dem seinen, bei dem der Registrierungsantrag aus Gründen, die er nicht zu vertreten habe, erst nach Ablauf der 6-Monatsfrist bei der Betreuungsbehörde eingegangen sei, eine Vergütung für seine Tätigkeit als Berufsbetreuer nicht geschuldet wäre. Aus den der Betreuungsbehörde vorliegenden Unterlagen sei ersichtlich, dass zu jeder Zeit die Voraussetzungen für eine Registrierung als Berufsbetreuer vorgelegen hätten, zudem auch seitens der Stammbehörde keine formale Rücknahme der Berufsbetreuereigenschaft, die jeweils durch den entsprechenden Betreuungsbeschluss des Amtsgerichts festgestellt worden sei, erfolgt sei. In diesem Fall wären die Betreuertätigkeiten nicht mehr ausgeübt worden. Es sei deshalb nicht nur formal auf die Frage der Registrierung abzustellen, sondern darauf, ob die Voraussetzungen für die Registrierung vorgelegen hätten. Die nicht in seinem Zugriffsbereich liegende verspätete Zustellung des Registrierungsantrags durch die D P sei nicht ihm anzulasten. Jedenfalls stünde ihm anteilig die Vergütung für einen ehrenamtlichen Betreuer zu.
9
Mit Beschluss vom 05.01.2024 wurde die Betreuung aufgrund des Wegfalls ihrer Voraussetzungen aufgehoben.
10
Das Amtsgericht Fürth half mit Beschluss vom 10.01.2024 der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss vom 28.11.2023 nicht ab und legte diese dem Landgericht Nürnberg-Fürth als zuständigem Beschwerdegericht zur Entscheidung vor.
11
Mit Verfügung vom 25.01.2024 gab das Beschwerdegericht dem Bezirksrevisor bei dem Landgericht Nürnberg-Fürth Gelegenheit zur Stellungnahme zur Beschwerde sowie dem Beschwerdeführer Gelegenheit, die rechtzeitige Absendung des Registrierungsasntrags glaubhaft zu machen. Zudem wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben, eine ihm ggf. zustehende Vergütung als ehrenamltlicher Betreuer zu beantragen.
12
In seiner Stellungnahme vom 30.01.2024 führte der Beschwerdeführer aus, den Registrierungsantrag am 21.07.2023 selbst erstellt, am Folgetag in den Postauslauf gebracht und in den Briefkasten der Deutschen Post im Eingangsbereich des Amtsgerichts Nürnberg eingeworfen zu haben. Mit Schreiben vom 25.01.2024 habe er die anteilige Aufwandspauschale für den Zeitraum 01.07.2023 bis 08.09.2023 beantragt. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdegericht vom Amtsgericht Fürth am 01.02.2024 übersandt.
13
Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Nürnberg-Fürth nahm am 13.02.2024 Stellung und führte aus, die vorläufige Registrierung haben am 30.06.2023 geendet, so dass zu Recht eine Betreuervergütung nur für den Zeitraum 23.05.2023 bis 30.06.2023 ausbezahlt worden sei. Der Registrierungsbescheid sei erst am 08.09.2023 ergangen. Es bestehe in der Zwischenzeit kein Anspruch auf eine Betreuervergütung. Der Betreuer habe selbst zu vertreten, dass der Antrag nicht rechtzeitig bei der Stammbehörde eingegangen sei; eine anwaltliche Versicherung reiche nicht aus. Aus Sicht der Staatskasse sei auch die Gewährung einer Aufwandspauschale nach § 1878 Abs. 1 BGB abzulehnen. Im Betreuungsbeschluss sei die Berufsmäßigkeit der Betreuungsführung festgestellt worden, so dass der Betroffene gerade kein ehrenamtlicher Betreuer sei. Bei konsequenter Anwendung des § 1878 BGB könne der berufsmäßige Betreuer keinen Anspruch im Sinne einer ehrenamtlichen Tätigkeit geltend machen. Die Ausnahme in § 1878 Abs. 1 BGB („für die er keine Vergütung erhält“) beziehe sich nach Ansicht der Staatskasse auf § 1876 Satz 2 BGB.
14
Mit Verfügung vom 22.02.2024 wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und darauf hingewiesen, dass ggf. § 1877 Abs. 3 BGB zur Anwendung kommen könne.
15
Der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Nürnberg-Fürth wurde mit Verfügung vom 15.03.2024 um eine ergänzende Stellungnahme zur Frage einer Rückwirkung der Registrierung auf den Zeitpunkt des Antragseingangs sowie – für den Fall, dass die Kammer zu einer Anwendung des § 1878 BGB kommen sollte – zur Anwendbarkeit der Regelung des § 1878 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BGB gebeten.
16
Der Bezirksrevisor nahm am 02.04.2024 Stellung und ergänzte das bisherige Vorbringen dahingehend, dass aufgrund der nicht rechtzeitigen Antragstellung die vorläufige Registrierung erloschen sei, so dass der Betreuer sich nicht mehr auf die Rückwirkung ab Antragstellung berufen könne. Die Anwendbarkeit des § 1877 Abs. 3 BGB setze eine Tätigkeit des Betreuers als Rechtsanwalt voraus, die hier aber nicht ersichtlich sei. Der Betreuer habe eine vom Gesetzgeber vorgegebene Frist versäumt, bei deren Einhaltung er nach dem VBVG hätte abrechnen können. Die Staatskasse befürworte den gebührenrechtlichen „Sprung“ vom Berufsbetreuer zum ehrenamtlichen Betreuer und nach erfolgter Registrierung wieder zum Berufsbetreuer nicht. Sollte das Beschwerdegericht zu einer anderen Auffassung gelangen und dem Berufsbetreuer für seine Tätigkeit ab dem 01.07.2023 eine Aufwandspauschale nach § 1878 BGB zubilligen, werde der Anwendbarkeit des § 1878 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BGB seitens der Staatskasse nicht entgegengetreten.
17
Mit Verfügung vom 11.04.2024 wurde auch diese Stellungnahme dem Beschwerdeführer übersandt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
18
Im Übrigen wird ergänzend auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
19
1.) Nachdem das Amtsgericht im angegriffenen Beschluss die Beschwerde zugelassen hat, ist diese unabhängig vom Beschwerdewert zulässig.
20
2.) Die Beschwerde ist jedoch nur teilweise begründet. Ein Vergütungsanspruch für die Zeit vom 01.07.2023 bis 22.08.2023 steht dem Beschwerdeführer nicht zu (b)), jedoch ein Anspruch auf eine Aufwandspauschale in Höhe von 70,83 Euro in entsprechender Anwendung des § 1878 Abs. 1 BGB (c)).
21
a) Nachdem der Beschwerdeführer der Berufsbetreuer ist, dem die festgesetzte Vergütung zusteht, ist durch das Beschwerdegericht nicht zu prüfen, ob das Amtsgericht die Vergütung für den Zeitraum 23.05.2023 bis 30.06.2023 korrekt festgesetzt hat. Zudem würde im Beschwerdeverfahren das Verbot der reformatio in peius gelten.
22
b) Dem Beschwerdeführer steht für den Zeitraum 01.07.2023 bis 22.08.2023 kein Anspruch auf Vergütung nach §§ 1875 Abs. 2 BGB, §§ 8, 9 und 11 VBVG zu.
23
aa) Nach § 1875 Abs. 2 BGB bestimmen sich Vergütungs- und Aufwendungsersatz des beruflichen Betreuers nach den Vorschriften des VBVG. § 7 VBVG schreibt vor, dass nur ein beruflicher Betreuer nach § 19 Abs. 2 BtOG einen Vergütungs- und Aufwendungsersatzanspruch nach den §§ 8 bis 12, 15 und 16 VBVG verlangen kann. Nach § 19 Abs. 2 BtOG ist ein Berufsbetreuer eine natürliche Person, die selbstständig oder als Mitarbeiter eines anerkannten Betreuungsvereins rechtliche Betreuungen führt und nach § 24 BtOG registriert ist oder nach § 32 Abs. 1 Satz 6 BtOG als vorläufig registriert gilt. Nach § 32 Abs. 1 Satz 6 BtOG gelten Betreuer, die bereits vor dem 01.01.2023 berufsmäßig Betreuungen geführt haben und weiterhin führen, ab dem 01.01.2023 bis zur Entscheidung über den nach Satz 5 der Vorschrift innerhalb von sechs Monaten zu stellenden Antrag auf Registrierung als vorläufig registriert. Nach § 32 Abs. 1 Satz 7 BtOG endet die vorläufige Registrierung mit Ablauf des 30.06.2023, wenn kein Antrag nach Satz 5 der Vorschrift gestellt wird.
24
bb) Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Betreuervergütung im Zeitraum 01.07.2023 bis 22.08.2023 liegen nicht vor.
25
Der Beschwerdeführer war nach § 24 BtOG erst ab dem 08.09.2023 wieder als Berufsbetreuer registriert. Zwar war der Beschwerdeführer zunächst nach § 32 Abs. 1 Satz 6 BtOG vorläufig registriert, diese Registrierung ist aber mit Ablauf des 30.06.2023 erloschen. Diese Folge ergibt sich eindeutig aus § 32 Abs. 1 Satz 7 BtOG. Der Beschwerdeführer hatte bis zum 30.06.2023 keinen Antrag auf Registrierung als beruflicher Betreuer gestellt. Das Risiko für die (rechtzeitige) Übermittlung trägt er dabei als Absender selbst. Nachdem sich zwischenzeitlich geklärt hat, dass doch keine Übersendung mittels Einschreiben, sondern nur als einfacher Brief erfolgte, kommt es auf die Frage, ob bei einer Aufgabe als Einschreiben eine Ausnahme zu machen ist, nicht an. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kommt es auch nicht darauf an, ob jederzeit die Voraussetzungen für eine Registrierung vorgelegen haben. Denn das Gesetz knüpft den Vergütungsanspruch eindeutig an die tatsächlich erfolgte bzw. nach § 31 Abs. 1 Satz 6 BtOG fingierte Registrierung. Auch eine vorläufige Registrierung nach § 33 BtOG erfolgte nicht, denn auch hierfür wäre eine Entscheidung der Stammbehörde notwendig gewesen.
26
Die Registrierung erfolgt auch nicht rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung. Eine solche Rückwirkung sieht das Gesetz nicht vor. Nur für bestimmte Antragsteller ist eine vorläufige Registrierung nach § 33 BtOG vorgesehen, bis endgültig über den Registrierungsantrag entschieden werden kann. Auf die Fiktion des § 32 Abs. 1 Satz 6 BtOG kann sich der Beschwerdeführer – wie oben ausgeführt – für den Zeitraum ab 01.07.2023 nicht mehr berufen.
27
Dass der Gesetzgeber den Vergütungsanspruch eindeutig an die Registrierung knüpfen wollte, ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien. In der Begründung zum Regierungsentwurf zum Gesetz zur Reform des Vormunschafts- und Betreuungsrechts (Bundestagsdrucksache (BT-Drs.) 19/24445), ist Folgendes ausgeführt: „Entscheidend für einen Vergütungsanspruch ist in Zukunft vielmehr eine Registrierung als beruflicher Betreuer durch die Betreuungsbehörde nach §§ 23 BtOG.“ (BT-Drs. 19/24445, S. 393). Damit scheidet eine analoge Anwendung der Vorschriften über den Vergütungsanspruch eines Berufsbetreuers auf den hier zu entscheidenden Fall aus.
28
c) Dem Beschwerdeführer steht jedoch für die Monate Juli und August 2023 eine Aufwandspauschale in Höhe von 70,83 Euro in entsprechender Anwendung des § 1878 Abs. 1 BGB zu.
29
aa) Eine direkte Anwendung der Vorschriften über den Aufwendungsersatz des ehrenamtlichen Betreuers scheidet aus, da die Regelungen von der Systematik her nur auf ehrenamtliche Betreuer anwendbar sind. Für den Berufsbetreuer gelten diese Regelungen, soweit das VBVG auf sie verweist. Eine solche Verweisung enthält bspw. § 11 Satz 2 VBVG, der auf § 1877 Abs. 3 BGB verweist, wohingegen § 11 Satz 1 VBVG statuiert, dass die Fallpauschalen nach § 9 VBVG auch Ansprüche auf Ersatz anlässlich der Betreuung entstandener Aufwendungen abdecken. Weitere Verweisungen enthält § 12 VBVG, der hier jedoch nicht einschlägig ist. Der Beschwerdeführer wurde hier zum Berufsbetreuer bestellt.
30
bb) Die Vorschrift des § 1878 Abs. 1 BGB ist jedoch entsprechend auf den vorliegenden Fall anzuwenden, da eine planwidrige Regelungslücke sowie eine vergleichbare Interessenslage bestehen und kein Analogieverbot vorhanden ist.
31
(1) Aus der bereits dargelegten Gesetzesbegründung ergibt sich, dass der Vergütungsanspruch des Berufsbetreuers an die Registrierung geknüpft ist. Hinsichtlich der vorläufigen Registrierung nach § 32 Abs. 1 Satz 6 BtOG hat der Gesetzgeber auch erkannt, dass eine entsprechende Regelung notwendig ist, um den Vergütungsanspruch des Berufsbetreuers für die Zeit der vorläufigen Registrierung aufrechtzuerhalten. So wird in BT-Drs. 19/24445 auf S. 389 ausgeführt: „Bis zu der dann folgenden Entscheidung der Stammbehörde gelten alle bereits berufsmäßig tätigen Betreuer vorläufig als registriert. Diese Fiktion ist erforderlich, um keine Lücke im Vergütungsanspruch entstehen zu lassen.“ Nicht ausdrücklich geregelt hat der Gesetzgeber aber die Frage der Vergütung für den Fall, dass die (vorläufige) Registrierung erlischt, der berufliche Betreuer aber weiterhin tätig ist. Denn § 1868 Abs. 2 BGB sieht nur vor, dass der Berufsbetreuer zu entlassen ist, wenn die Registrierung nach § 27 Abs. 1 und 2 BtOG widerrufen oder zurückgenommen wurde. Zwar scheidet eine automatische, vom Gesetz angeordnete Entlassung mit Ende der Registrierung als Berufsbetreuer aus, da hierdurch schwere Folgen für das Wohl des Betroffenen möglich wären, der plötzlich ohne Betreuer wäre, und das Betreuungsgericht erst einen neuen Betreuer bestellen müsste. Jedoch hat der Gesetzgeber nicht eindeutig und klar geregelt, was mit den Aufwendungen des bisherigen Berufsbetreuers im Zeitraum zwischen dem Ende der (vorläufigen) Registrierung und der Entlassung als Betreuer geschieht, so dass eine Regelungslücke vorhanden ist. Diese ist auch planwidrig, da der Gesetzgeber einerseits den Vergütungsanspruch an die Registrierung geknüpft hat und die Vergütung nach § 11 Satz 1 VBVG auch die Aufwendungen des Berufsbetreuers abdecken soll, andererseits aber in § 1868 Abs. 2 BGB eine Regelung geschaffen hat, wonach ein zum Berufsbetreuer bestellter Betreuer nach Ende der Registrierung für den Betroffenen tätig wird, ohne klar und eindeutig zumindest die Frage des Aufwendungsersatzes zu regeln.
32
Dem steht auch nicht entgegen, dass § 7 VBVG ausdrücklich auch den Aufwendungsersatz umfasst. Denn der Anspruch auf Aufwendungsersatz ist nur vor dem Hintergrund erwähnt, dass § 11 Satz 1 VBVG festlegt, dass die Fallpauschalen auch die Ansprüche auf Aufwendungsersatz abdecken. Eine solche Abdeckung kann jedoch nur erfolgen, wenn die Fallpauschale auch tatsächlich ausbezahlt wird, was jedoch hier gerade nicht der Fall ist.
33
(2) Die Interessenlage ist auch vergleichbar, da in dem vorliegenden Fall zumindest auch die Aufwendungen des beruflich bestellten Betreuers zu ersetzen sind. Denn dieser wird ja auch für den Betroffenen und in dessen Interesse in staatlichem Auftrag tätig. Auch schließt § 11 Satz 1 VBVG die Geltendmachung von Aufwendungsersatz – wie oben dargelegt – nur für den Fall aus, dass eine Vergütung auch tatsächlich bezahlt wird. Denn eine Abgeltung kann nur erfolgen, wenn auch eine tatsächliche Kompensation durch die Vergütung erfolgt. Das ist hier gerade nicht der Fall.
34
Es ließe sich zwar auch – wie der Vertreter der Staatskasse – argumentieren, dass der vorläufig registrierte Betreuer, der es nicht schafft, den Registrierungsantrag fristgerecht zu stellen mit der Folge, dass dessen vorläufige Registrierung erlischt, dann auch die Konsequenzen tragen muss und er weder eine Vergütung noch Aufwendungsersatz beanspruchen kann. Dafür spricht das formale Argument, dass der Betreuer in diesem Zeitraum gerade keine Registrierung hat und wie eine Person zu behandeln ist, die ohne vorherige vorläufige Registrierung einen Neuantrag auf Registrierung stellt. Dem steht aber entgegen, dass eine Person, die bisher nicht vorläufig registriert war, auch nicht zum Berufsbetreuer bestellt werden könnte, da es gerade an der Registrierung fehlt. Hier war der Beschwerdeführer jedoch ordnungsgemäß zum Berufsbetreuer bestellt worden und als ein solcher tätig.
35
Diese Situation rechtfertigt nach Überzeugung der Kammer, dem Beschwerdeführer zumindest einen Aufwendungsersatzanspruch zuzubilligen. Den Vergütungsanspruch hat der Gesetzgeber an das Vorhandensein einer Registrierung als Berufsbetreuer geknüpft und der Beschwerdeführer hätte sich diesen Anspruch schlicht und ergreifend dadurch erhalten können, dass er dafür Sorge trägt, dass sein Registrierungsantrag fristgerecht bei der zuständigen Stammbehörde eingeht. Dies hat er hier nicht getan, sondern diesen Antrag – wie auf Nachfragen des Beschwerdegerichts entgegen vorherigen anderslautenden Andeutungen eingeräumt – als einfachen Brief abgesandt, obwohl ihm andere Möglichkeiten zur Verfügung gestanden hätten, um einen fristgerechten Eingang auch nachweisen zu können. Somit hat er auch das Risiko einer nicht rechtzeitigen Übermittlung zu tragen und verliert den Vergütungsanspruch.
36
Zu weitgehend wäre es aber, wenn er auch den Anspruch auf Aufwendungsersatz verlieren würde. Denn der Beschwerdeführer blieb zum Berufsbetreuer bestellt und hat auch entsprechende Tätigkeiten entfaltet und seine Pflichten als Berufsbetreuer erfüllt. Somit steht ihm zumindest ein Aufwendungsersatzanspruch zu, den er auch in Form der Aufwandspauschale nach § 1878 Abs. 1 BGB geltend machen kann.
37
(3) Für ein Analogieverbot finden sich keine Anhaltspunkte, so dass die Vorschriften über den Aufwendungsersatz auf den vorliegenden Fall, dass ein Berufsbetreuer ohne Registrierung tätig wird, entsprechend anzuwenden sind.
38
cc) Die Höhe des Anspruchs richtet sich dabei gem. § 1878 Abs. 1 Satz 2 BGB für das Jahr nach dem Siebzehnfachen dessen, was einem Zeugen als Höchstbetrag der Entschädigung für eine Stunde versäumter Arbeitszeit nach §§ 22 JVEG gewährt werden kann. Endet das Amt des Betreuers, ist die Aufwandspauschale nach § 1878 Abs. 3 Satz 2 BGB anteilig nach den Monaten des bis zur Beendigung des Amtes laufenden Betreuungsjahres zu zahlen, wobei ein angefangener Monat als voller Monat gilt.
39
Aufgrund der analogen Anwendung der Vorschrift stellt die Kammer hinsichtlich § 1878 Abs. 3 Satz 2 BGB darauf ab, ob im jeweiligen Monat zumindest an einem Tag kein Anspruch auf eine Vergütung als Berufsbetreuer bestanden hat.
40
Demnach kann der Beschwerdeführer im hier relevanten Zeitraum 23.05.2023 bis 22.08.2023 für die Monate Juli und August 2023 jeweils die anteilige Aufwandspauschale verlangen. Nach § 22 JVEG beträgt der Höchstbetrag der Entschädigung für eine Stunde versäumter Arbeitszeit 25 Euro, so dass die jährliche Aufwandspauschale mit 425 Euro anzusetzen ist. Nachdem der Beschwerdeführer 2/12 verlangen kann, steht ihm ein Betrag in Höhe von 70,83 Euro zu. Dieser Anspruch ist auch gegen die Staatskasse festzusetzen, nachdem das Vermögen des Betroffenen weit unterhalb der Schonvermögensgrenzen der §§ 1879, 1880 Abs. 2 BGB i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII liegt.
41
d) Auch aus § 1877 Abs. 3 BGB hat der Beschwerdeführer keinen weitergehenden Anspruch, da keine rechtsanwaltsspezifische Tätigkeit ersichtlich ist. Eine solche wurde vom Beschwerdeführer auch nach Hinweis des Beschwerdegerichts nicht vorgebracht.
42
e) Folglich ist der Beschluss des Amtsgerichts Fürth vom 28.11.2023 dahingehend zu ergänzen, dass dem Beschwerdeführer für den Zeitraum 01.07.2023 bis 22.08.2023 eine Aufwandspauschale in Höhe von insgesamt 70,83 Euro zusteht. Für den Zeitraum 23.05.2023 bis 30.06.2023 verbleibt es bei den vom Amtsgericht zugesprochenen 210,90 Euro. Die darüberhinausgehende Beschwerde des Beschwerdeführers ist – im Hinblick auf den die Aufwandspauschale übersteigenden Betrag des geltend gemachten Vergütungsanspruchs – zurückzuweisen.
43
3.) Angesichts der rechtlich ungeklärten Frage einer analogen Anwendung des § 1878 Abs. 1 BGB auf den hier vorliegenden Fall hat die Kammer von der Erhebung von Gerichtskosten abgesehen. Vor diesem Hintergrund war auch eine Kostenentscheidung nach § 84 FamFG nicht veranlasst.
44
4.) Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, da die Frage einer analogen Anwendung des § 1878 Abs. 1 BGB bisher nicht höchstrichterlich entschieden wurde. Da diese Frage – über den hier vorliegenden Fall hinaus – aber auch für Vergütungs- und Aufwendungsersatzansprüche von Berufsbetreuern, deren Registrierung bspw. nach § 27 BtOG widerrufen oder zurückgenommen wurde, die aber noch als Berufsbetreuer tätig sind, relevant ist, liegen die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 FamFG (Fortbildung des Rechts) vor, so dass die Rechtsbeschwerde zuzulassen ist.