Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 27.05.2024 – 206 StRR 164/24
Titel:

Bestimmung der Tagessatzhöhe bei fehlenden Bareinkünften

Normenkette:
StGB § 40 Abs. 2
Leitsatz:
Verfügt der Angeklagte über keine, auch nicht geringste, Bareinkünfte und ist zudem nicht in der Lage, solche auf legalem Weg zu generieren, ist die Bestimmung eines höheren Tagessatzes als des gesetzlichen Mindestbetrages rechtsfehlerhaft, weil allein (grundsätzlich berücksichtigungsfähige) Sachbezüge einen solchen nicht rechtfertigen. Eine Sachentscheidung des Revisionsgerichtes ist jedoch nicht veranlasst, wenn weitere Feststellungen getroffen werden können, etwa zu einem vom Tatrichter unterstellten, aber nicht belegten „Taschengeldbezug“, zu etwaigen Bareinkünften (ggf. eine Aufwandsentschädigung) für eine ehrenamtliche Mitarbeit des Angeklagten sowie zu einer etwaigen rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit, durch Aufnahme einer Arbeit Einkünfte zu erzielen.  (Rn. 20 – 26) (red. LS Alexander Kalomiris)
Schlagworte:
Tagessatzhöhe, Tagessatz, Bareinkünfte, fehlende Bareinkünfte, Sachbezüge, Mindestbetrag
Vorinstanzen:
LG Traunstein, Urteil vom 06.03.2024 – 9 NBs 240 Js 4403/23
AG Rosenheim, Entscheidung vom 18.10.2023 – 10 Cs 240 Js 4403/23
Fundstelle:
BeckRS 2024, 13009

Tenor

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 6. März 2024 mit den Feststellungen, die der Bestimmung der Höhe des Tagessatzes zugrunde liegen, aufgehoben.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Traunstein zurückverwiesen.

Gründe

I.
1
Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Rosenheim vom 11. Mai 2023 ist gegen den Angeklagten wegen unerlaubten Aufenthalts ohne Pass eine Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 5,00 Euro festgesetzt worden.
2
In dem auf Einspruch des Angeklagten anberaumten Hauptverhandlungstermin vom 18. Oktober 2023 hat der Angeklagte die Erklärung abgegeben, er beschränke seinen Einspruch auf die Höhe des einzelnen Tagesatzes. Das Amtsgericht hat auf eine Tagessatzhöhe von 1,00 Euro erkannt.
3
Hiergegen haben die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte Berufung eingelegt. Mit am 1. Dezember 2023 eingegangenen Schriftsatz hat der Verteidiger des Angeklagten erklärt, er nehme die Berufung zurück. In der Sitzungsniederschrift der Berufungshauptverhandlung vom 6. März 2024 ist niedergelegt, der Verteidiger habe die Berufung zurückgenommen.
4
Mit Urteil vom 6. März 2024 hat das Landgericht Traunstein die Höhe des einzelnen Tagessatzes auf 3,50 Euro festgesetzt. Zahlungserleichterungen hat das Berufungsgericht nicht bewilligt.
5
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten mit der nicht ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts.
6
Die Generalstaatsanwaltschaft München beantragt mit Stellungnahme vom 22. April 2024, die Revision kostenpflichtig zu verwerfen.
II.
7
Die Revision des Angeklagten hat mit der erhobenen Sachrüge Erfolg, wobei wegen eingetretener Teilrechtskraft lediglich noch die Höhe des einzelnen Tagessatzes der sachlichen Prüfung des Revisionsgerichts unterlag.
8
Die Festsetzung der Höhe eines Tagessatzes auf 3,50 Euro wird von den Urteilsfeststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten nicht getragen. Das Landgericht hat es zudem entgegen der zwingenden Regelung des § 42 StGB mit rechtlich nicht tragfähiger Begründung abgelehnt, Zahlungserleichterungen zu bewilligen.
9
1. Das Landgericht hat, was das Revisionsgericht von Amts wegen zu überprüfen hatte, im Ergebnis zu Recht nur noch über die Berufung der Staatsanwaltschaft entschieden. Die Berufung des Angeklagten ist wirksam zurückgenommen worden. Zwar ist in dem am 1. Dezember 2023 eingegangenen Schriftsatz der Verteidigung das Vorliegen einer besonderen Ermächtigung nach § 302 Abs. 2 StPO weder ausdrücklich noch konkludent behauptet; auch hat das Gericht den Angeklagten selbst in der Hauptverhandlung nicht dazu befragt. Aus der in den Akten befindlichen, vom Angeklagten unterzeichneten Vollmacht lässt sich jedoch ersehen, dass er nicht nur eine Verteidiger-, sondern auch eine Vertretungsvollmacht für das Strafverfahren erteilt hatte (Bl. 53 d.A.). Damit hat der Verteidiger als Vertreter des Angeklagten gemäß § 302 Abs. 1 StPO wirksam die Rücknahme erklärt (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 7. Dezember 2020, 2 Ss-OWi 1347/20, NStZ-RR 2021, 83, 84).
10
2. Ferner war von Amts wegen zu überprüfen, ob die Beschränkung des Einspruchs gegen den Strafbefehl vom 11. Mai 2023 wirksam war, das Landgericht mithin zurecht nur noch über die Höhe des einzelnen Tagessatzes entschieden hat. Dies ist im Ergebnis zu bejahen. Der Schuldspruch wegen unerlaubten Aufenthalts ohne Pass sowie die Anzahl der deswegen verhängten Tagessätze waren bereits in Rechtskraft erwachsen.
11
a) Die Beschränkung des Einspruchs auf bestimmte Beschwerdepunkte gemäß § 410 Abs. 2 StPO ist in gleichem Maße möglich wie die Beschränkung der Rechtsmittel gegen Urteile nach §§ 318, 344 Abs. 1 StPO (BayObLG, Beschluss vom 6. März 2003, 1 StRR 13/2003, BayObLGSt 2003, 18, 19). Die Wirksamkeit der Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch ist nach allgemeinen Grundsätzen nur wirksam, wenn die Feststellungen zur Tat – der im Strafbefehl gemäß § 409 Abs. 1 Nummer 3 StPO geschilderte Sachverhalt – eine hinreichende Grundlage für den Schuldspruch und/oder die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl. 2024, § 318 Rn. 16 m.w.N.). Daran fehlt es, wenn die tatsächlichen Feststellungen im Hinblick darauf zu knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind. Liegt, wie hier, eine Dauerunterlassungsdelikt vor, wegen dessen der Angeklagte bereits zu einem früheren Zeitpunkt verurteilt worden ist, müssen die Feststellungen erkennen lassen, ob die erneut zur Aburteilung gelangte Handlung von einem neuen Tatentschluss getragen war, der sich qualitativ vom ersten Tatentschluss unterscheidet. Dieser muss sich durch äußere Handlungen des Angeklagten dokumentieren. Allein die Zäsurwirkung eines vorangegangenen Strafurteils reicht hierfür regelmäßig nicht aus, denn eine erneute Bestrafung darf nicht allein den fortdauernden Ungehorsam gegenüber Strafnormen sanktionieren (BVerfG, Beschluss vom 23. September 2014, 2 BvR 2545/12, juris Rn. 16; BayObLG, Urteil vom 25. Juni 2020, 207 StRR 218/20, BeckRS 2020, 63235 Rn. 8).
12
Nach diesen Maßstäben war die Einspruchsbeschränkung wirksam. Nach dem im Strafbefehl geschilderten Sachverhalt war der Angeklagte nach Rechtskraft des vorangegangenen Strafbefehls erneut mit Schreiben vom 16. April 2021 durch die Ausländerbehörde zur Mitwirkung bei der Passbeschaffung aufgefordert worden, ist aber gleichwohl untätig geblieben. Das Vorliegen eines neuen Tatentschlusses, gerichtet darauf, weiterhin an einer Passbeschaffung nicht mitzuwirken, ist damit hinreichend festgestellt (vgl. auch BVerfG a.a.O.). Auch hat der Strafbefehl den Beginn des (neuen) Tatzeitraums zutreffend erst auf diesem Zeitpunkt bestimmt.
13
b) Gegen die Wirksamkeit der weiteren Einspruchsbeschränkung auf die Höhe des einzelnen Tagessatzes bestehen keine Bedenken (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. § 318 Rn. 19).
14
3. Die Festsetzung der Höhe des einzelnen Tagessatzes auf 3,50 Euro erweist sich jedoch als rechtsfehlerhaft. Sie lässt sich mit den vom Landgericht getroffenen Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Angeklagten nicht in Einklang bringen.
15
a) Das Landgericht geht mittels (insoweit zulässiger) Bezugnahme (UA S. 2) auf die Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils davon aus, dass der Angeklagte in einer Asylunterkunft lebe und bereits seit 2019 keinerlei Geldleistungen mehr beziehe. Er erhalte ausschließlich Warengutscheine im Wert von 184,00 Euro monatlich, die nur für Lebensmittel und Dinge des täglichen Lebens eingetauscht werden könnten. Weitere Einkünfte oder Vermögen lägen nicht vor (AG UA S. 3). Ergänzend hierzu hat das Landgericht festgestellt, dass der Angeklagte inzwischen Vater eines Kindes geworden sei, welches bei der Mutter lebe. Er unterstütze die beiden, indem er von seinen Wertgutscheinen Nahrung, Waschmittel und Ähnliches im Gesamtwert von 46,00 € pro Monat für das Kind kaufe. Er arbeite zweimal in der Woche ehrenamtlich für die „Tafel“.
16
b) Gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 StGB ist die Höhe eines Tagessatzes unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters zu bestimmen. Nach § 40 Abs. 2 Satz 4 StGB beträgt der Mindestbetrag eines Tagessatzes einen Euro. Bei der Bestimmung der Tagessatzhöhe handelt es sich nicht um ein rein rechnerisches Vorgehen, sondern um einen wertenden Akt richterlicher Strafzumessung, der dem Tatrichter einen Ermessensspielraum hinsichtlich der berücksichtigungsfähigen Faktoren belässt (BGH, Beschluss vom 25. April 2017, 1 StR 147/17, BeckRS 2017, 114006 Rn. 7). Vom Revisionsgericht ist nur nachzuprüfen, ob das Tatgericht die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters ausreichend festgestellt und in rechtsfehlerfreier Weise gewürdigt hat (BGH a.a.O.).
17
c) Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass insoweit nicht nur das Nettoeinkommen des Angeklagten zu ermitteln ist, sondern auch der Wert ihm zufließender Sachbezüge, wie unentgeltliche Wohnung und Verpflegung. Dies ist im Grundsatz nicht zu beanstanden (vgl. MünchKomm StGB/Radtke, 4. Aufl. 2020, § 40 Rn. 60 m.w.N.). Auch hat das Landgericht zutreffend gesehen, dass bei einkommensschwachen und nahe am Existenzminimum lebenden Personen darauf zu achten ist, dass dem Täter mindestens das zum Leben unerlässliche Minimum seines Einkommens verbleiben muss (vgl. § 40 Abs. 2 Satz 3 StGB). Das Landgericht hat den Wert der Asylunterkunft auf 180,00 Euro geschätzt und den Wert der Warengutscheine von 186 € hinzugerechnet (UA S. 3), was rechnerisch zu einem Tagessatz von rund 12 Euro führen würde. Unter Anwendung der vorgenannten Grundsätze hat es die Tagessatzhöhe schließlich auf 3,50 Euro reduziert.
18
d) Sowohl die Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen als auch deren Würdigung erweisen sich jedoch in mehrfacher Hinsicht als lückenhaft.
19
aa) Zum einen hat das Berufungsgericht bei seinen Erörterungen gänzlich unberücksichtigt gelassen, dass der Angeklagte – wie vom Gericht festgestellt und vom Senat daher zugrunde zu legen – in Höhe eines Wertes von 46,00 Euro Unterhaltsleistungen für sein Kind erbringt. Dies stellt ein Viertel des Wertes der ihm gewährten Gutscheine dar. Dass es sich bei dem ihm verbleibenden (Gutscheins-)Betrag von monatlich 140,00 Euro um das absolute Existenzminimum handelt, bzw. dieses unterschritten wird, bedarf keiner Erörterung.
20
bb) Zum anderen hat sich das Landgericht nicht damit auseinandergesetzt, dass der Angeklagte nach den bislang getroffenen Feststellungen auch zur Zahlung einer Geldstrafe in der festgesetzten Höhe faktisch nicht in der Lage ist.
21
(i) Der Angeklagte erhält nach den Feststellungen des Amtsgerichts, die das Landgericht übernommen hat, bereits seit mehreren Jahren „keinerlei Geldleistungen“ mehr. Soweit das Landgericht, wohl wegen eigener Bedenken gegen die Berechnung der Tagessatzhöhe ausschließlich auf der Grundlage der gewährten Sachleistungen, dazu ausführt, dass „dem Asylbewerber grundsätzlich ein Taschengeld gewährt“ werde (UA S. 3), ist dies nicht nur nicht belegt, sondern steht auch im Widerspruch zu der Feststellung, dass er keine Geldleistungen erhalte. Im Übrigen hätte es anderenfalls nahe gelegen, auch das „Taschengeld“ bei der Höhe des Einkommens zu berücksichtigen. Die vom Angeklagten bezogenen Sachleistungen sind nach den Urteilsgründen nicht kapitalisierbar. Dazu, dass er für seine ehrenamtliche Mitarbeit bei der Tafel Geldzuwendungen erhält, ist nichts festgestellt. Ebensowenig ist festgestellt, dass er durch Aufnahme einer Arbeit Einkünfte erzielen könnte. Vielmehr hat bereits das Amtsgericht, dessen Feststellungen das Landgericht als eigene übernommen hat, ausgeführt, dass er durch seinen ausländerrechtlichen Status daran gehindert sei, einer Arbeit nachzugehen und damit eigene Einkünfte zu erzielen (AG UA S. 3).
22
(ii) Nach diesen für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen verfügt der Angeklagte über keine, auch nicht geringste, Bareinkünfte und ist zudem nicht in der Lage, solche auf legalem Weg zu generieren. Diesen besonderen Umstand hat das Landgericht nicht bedacht.
23
Die faktische Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten unterscheidet den vorliegenden Fall von in der Rechtsprechung entschiedenen Konstellationen, in welchen zwar ebenfalls Sachbezüge zur Bestimmung der Tagessatzhöhe herangezogen werden, aber gleichzeitig ein wenigstes geringes Geldeinkommen bzw. ein unabweisbarer rechtlicher Anspruch darauf vorliegt. Bereits die vom Landgericht selbst herangezogenen Beispiele sind so beschaffen: im Familienbetrieb mitarbeitende Personen, Arbeitslose, die unentgeltlich im Haushalt der Eltern wohnen und daneben nur eine „geringe Arbeitslosenunterstützung“ erhalten (UA S. 3). Zu erwähnen sind auch die Hausfrau, die lediglich über „Taschengeld“ verfügt [Anm. des Senats: regelmäßig aber auch einen Anspruch auf Barunterhalt hat] oder Ordensleute mit freier Kost und Logis, die lediglich ein Taschengeld beziehen (zu den Beispielen vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 30. Juni 2007, Ss 205/07, NStZ-RR 2008, 6). In einer Entscheidung des OLG Dresden wurden bei einer Asylbewerberin Sachbezüge für berücksichtigungsfähig gehalten, nach den Feststellungen verfügte sie aber auch über Geldeinkünfte von monatlich 46,00 Euro (OLG Dresden, Urteil vom 3. Juli 2009, 2 Ss 163/09, NJW 2009, 2966).
24
In den aufgezeigten Fällen, in denen wenigstens geringe Barzahlungen geleistet werden können, kann einer Überforderung des Angeklagten und einer Bedrohung seiner wirtschaftlichen Existenz nicht nur durch eine Reduzierung der sich rein rechnerisch ergebenden Tagessatzhöhe, wie sie das Landgericht im Grundsatz zutreffend vorgenommen hat, sondern auch durch die Gewährung von Ratenzahlungen entgegengewirkt werden. Bei sehr geringen Geldmitteln können diese auch über einen langen Zeitraum gestreckt werden, denn § 24 StGB sieht eine zeitliche Höchstgrenze von Ratenzahlungen nicht vor (BayObLG, Beschluss vom 6. November 2023, 204 StRR 470/23, NStZ-RR 2024, 74, 75 m.w.N., im entschiedenen Fall wurde der Zeitraum auf 2 Jahre 6 Monate bestimmt). Abgesehen davon, dass das Landgericht ohnehin keine Zahlungserleichterungen gewährt hat, hätte es sich im vorliegenden Fall aber angesichts der – legt man die Feststellungen zugrunde – völligen Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten wenigstens veranlasst sehen müssen, dieselbe in seine Abwägungen einzubeziehen und zu gewichten.
25
(iii) Dem Senat ist es nicht möglich, selbst eine Bestimmung der angemessenen Tagessatzhöhe – etwa auf den gesetzlichen Mindestbetrag – vorzunehmen, denn die Feststellungen sind, wie ausgeführt, unvollständig und werden vom neuen Tatgericht neu zu treffen und ggf. zu ergänzen sein. Die Ergänzungsbedürftigkeit betrifft insbesondere den vom Landgericht unterstellten, aber nicht belegten „Taschengeldbezug“ (UA S. 3), etwaige Bareinkünfte (ggf. eine Aufwandsentschädigung) für die Mitarbeit des Angeklagten bei der „Tafel“, sowie eine etwaige rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, durch Aufnahme einer Arbeit Einkünfte zu erzielen.
26
(iv) Der Senat stellt vorsorglich klar, dass jedenfalls für den Fall, dass der Angeklagte über Barmittel verfügt, einer grundsätzlichen Berücksichtigung von Sachbezügen in die Einkommensbestimmung gemäß § 42 Abs. 2 und 3 StGB keine durchgreifenden Rechtsbedenken entgegenstehen. Die Auffassung des Landgerichts, dass es nicht gerechtfertigt sei, allein auf die Höhe des einem Asylbewerber zustehenden Taschengelds abzustellen (UA S. 3), ist jedenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Die Meinung des Landgerichts, das Oberlandesgericht Dresden ziehe in einer Entscheidung vom 7. August 2000 bei Asylbewerbern allein das Taschengeld heran (UA S. 3), ist im Übrigen nicht zutreffend; der Tagessatz im entschiedenen Fall betrug mehr als das Doppelte der sich aus dem bloßen Taschengeld errechnenden Höhe (OLG Dresden, Urteil vom 7. August 2000, 1 Ss 323/00, juris Rn. 9). Es sind stets alle Umstände des Einzelfalls angemessen zu würdigen (vgl. auch BayObLG, Beschluss vom 24. April 1986, RReg. 4 St 72/86, NJW 1986, 2842 zur Tagessatzhöhe bei Strafgefangenen).
27
4. Das Berufungsurteil weist darüber hinaus einen durchgreifenden Rechtsfehler insoweit auf, als das Gericht keine Zahlungserleichterungen nach § 42 StGB gewährt hat.
28
Das Landgericht hat die Möglichkeit der Gewährung von Zahlungserleichterungen nicht lediglich übersehen, sondern mit nicht tragfähiger Begründung abgelehnt. Bei § 42 StGB handelt es sich um zwingendes Recht (Fischer, StGB, 71. Aufl. 2024 § 42 Rn. 4a m.w.N.) Liegen seine Voraussetzungen vor – im vorliegenden Fall liegen sie auf der Hand –, darf von einer Entscheidung weder deshalb abgesehen werden, weil der Angeklagte eine Umwandlung in Arbeitsleistungen beabsichtige (so das Berufungsurteil UA S. 4), noch, wie vom Landgericht angedeutet (UA S. 4), weil auch die Vollstreckungsbehörde noch Zahlungserleichterung bewilligen könne, § 459a StPO (vgl. OLG Jena, Urteil vom 27. Oktober 2017, 1 OLG 161 Ss 53/17, BeckRS 2017, 135278 Rn. 27.
III.
29
Auf die Revision des Angeklagten hin ist daher das angefochtene Urteil mit den zugrunde liegenden Feststellungen, (§§ 349 Abs. 4, 353 Abs. 1 StPO) aufzuheben, wobei klarzustellen ist, dass die Aufhebung allein die Bestimmung der Höhe des einzelnen Tagessatzes und die ihr zugrundeliegenden Feststellungen betrifft. Die Sache wird in diesem Umfang gemäß § 354 Abs. 2 StPO an eine andere Strafkammer des Landgerichts Traunstein zurückverwiesen.