Titel:
Dublin-Verfahren (Niederlande)
Normenketten:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, § 34a Abs. 1 S. 1
Dublin III-VO Art. 2 lit. g, Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2, UAbs. 3, Art. 8, Art. 12 Abs. 2
Schlagworte:
Dublin-Verfahren, Niederlande, Abschiebungsanordnung, alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern, keine systemischen Mängel in den Niederlanden, systematische Mängel, Familienangehörige
Fundstelle:
BeckRS 2024, 12744
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe
1
Die Antragsteller wenden sich gegen eine Abschiebungsanordnung in die Niederlande.
2
Die Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der Antragsteller zu 2) und 3). Die Antragsteller sind türkische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten eigenen Angaben zufolge am … in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 25. Juli 2023 förmliche Asylanträge.
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Eine am 30. Juni 2023 seitens des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) hinsichtlich der Antragstellerin zu 1) durchgeführte Eurodac-Abfrage ergab keine Treffer.
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Beim persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und der persönlichen Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags am 25. Juli 2023 gab die Antragstellerin zu 1) an, neben ihren Kindern Bruder, Tante und Onkel in Deutschland zu haben. Ihr sei im Mai 2023 vom niederländischen Konsulat in Ankara ein Visum mit einer Gültigkeit von drei Monaten ausgestellt worden. Sie habe die Türkei am … mit dem Flugzeug verlassen und sei am gleichen Tag nach Deutschland eingereist. Sie sei über keinen anderen Mitgliedstaat eingereist und habe in keinem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz beantragt oder Fingerabdrücke abgegeben.
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Die hinsichtlich der Antragsteller durchgeführte VIS-Abfrage ergab jeweils ein am 19. April 2023 in Ankara ausgestelltes niederländisches Visum (Visum Nrn. …, … und …) mit einer Gültigkeit vom 30. April 2023 bis 13. August 2023 für die Schengenstaaten (vgl. Bl. 76 ff. der Bundesamtsakte).
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Bei der Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags am 16. August 2023 gab die Antragstellerin zu 1) an, dass sie am … mit ihren beiden Kindern von … direkt nach … geflogen sei. Sie habe ein niederländisches Visum gehabt, das sie beim holländischen Konsulat in Ankara erhalten habe. Ihr Cousin habe ihr zuvor eine Einladung geschickt. Das Visum sei Anfang Mai 2023 ausgestellt worden und drei Monate gültig gewesen. Nach der Landung in … habe sie ihr Onkel abgeholt. Sie sei nicht nach Holland weitergereist. Deutschland sei ein Sozialstaat, in dem die Menschenrechte und auch die Rechte der Frauen geachtet würden. Hier würden Onkel und Tanten von ihr leben, die ihr bei der Integration in Deutschland und auch bei der Erziehung ihrer Kinder helfen könnten. Sie hoffe, dass sie als medizinische Fachkraft anerkannt werden würde. Sie sei von Beruf medizinische Verwaltungsangestellte. Erkrankungen hätten sie und ihre Kinder keine. Sie wolle mit ihren Kindern in Deutschland bleiben.
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Am 27. Juli 2023 hatte das Bundesamt auf der Grundlage der VIS-Abfrage unter Verweis auf Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO ein Übernahmeersuchen nach der Dublin-III-VO an die Niederlande gerichtet, welches die niederländischen Behörden mit Schreiben vom 20. September 2023 annahmen.
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Mit Bescheid vom 27. Oktober 2023 wurden die Asylanträge der Antragsteller als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1), es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, (Ziffer 2) und die Abschiebung der Antragsteller in die Niederlande angeordnet (Ziffer 3). In Ziffer 4 des Bescheides wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG angeordnet und auf elf Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Auf die Begründung des Bescheids, der den Antragstellern am 21. November 2023 per Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, wird Bezug genommen.
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Hiergegen ließen die Antragsteller mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 28. November 2023 beim Verwaltungsgericht Ansbach Klage erheben (AN 14 K 23.50848) und den vorliegenden Eilrechtsschutzantrag stellen.
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Zur Begründung ließen die Antragsteller im Wesentlichen vortragen, dass der angegriffene Bescheid rechtswidrig sei und sie in ihren Rechten verletze. Sie seien zu keinem Zeitpunkt in Holland gewesen und hätten dementsprechend dort auch keinen Asylantrag gestellt, sodass von ihnen nicht erwartet werden könne, ihr Asylverfahren in Holland fortzuführen. Hier hätten sie familiäre Bindungen zu Bruder, Onkel und Tante der Antragstellerin zu 1). In Holland sei ein genauso gerechtes wie adäquates Asylverfahren wie in Deutschland nicht gewährleistet und die Antragsteller könnten es nicht darauf ankommen lassen, dass ihre Asylanträge in Holland unreflektiert zurückgewiesen würden und sie in ihre Heimat zurückkehren müssten. Außerdem leide das holländische Asylsystem an systematischen Schwächen, sodass es vermehrt zu untragbaren Entscheidungen komme. Schließlich seien auch die Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber in Holland nicht mit den Bedingungen in Deutschland vergleichbar. Daher könne es den Antragstellerinnen nicht zugemutet werden, ihr Asylverfahren in Holland weiterzuführen.
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Die Antragsteller beantragen,
Die aufschiebende Wirkung der Klage wird gemäß § 80 Abs. 5 VwGO angeordnet.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen, und bezieht sich zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung.
13
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Bundesamtsakten Bezug genommen.
14
Die Entscheidung ergeht gemäß § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin.
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Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO ist hinsichtlich der Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheides statthaft nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG, da die in der Hauptsache statthafte Anfechtungsklage nach § 75 Abs. 1 AsylG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung hat. Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG fristgerecht gestellte Antrag ist auch im Übrigen zulässig.
16
Der Antrag ist jedoch unbegründet, sodass die aufschiebende Wirkung der Klage nicht angeordnet werden kann.
17
Nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine Ermessensentscheidung, in deren Rahmen das Aussetzungsinteresse der Antragsteller gegen das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin abgewogen wird. Grundlage ist dabei die anhand einer summarischen Prüfung erfolgende Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache (BVerwG, B.v. 7.7.2020 – 7 VR 2/10 u.a. – juris Rn. 20; B.v. 23.1.2015 – 7 VR 6/14 – juris Rn. 8).
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Die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids erweist sich bei summarischer Prüfung auch unter Heranziehung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG) als rechtmäßig und verletzt die Antragsteller nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19
Die Abschiebungsanordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung eines Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
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1. Die Niederlande sind nach der Dublin-III-VO der für das Asylverfahren der Antragsteller zuständige Mitgliedstaat.
21
Die Zuständigkeit der Niederlande für die Asylanträge der Antragsteller ergibt sich vorliegend aus Art. 12 Abs. 2 Dublin-III-VO, da die Antragsteller im Zeitpunkt der Stellung der Asylanträge (Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO) jeweils gültige niederländische Visa besaßen. Es spielt daher entgegen dem Vortrag des Bevollmächtigten der Antragsteller für die Zuständigkeit nach der Dublin-III-VO vorliegend keine Rolle, dass die Antragsteller bisher nicht in den Niederlanden waren und dort auch keine Asylanträge gestellt haben.
22
Die geltend gemachten Verwandtschaftsverhältnisse zu Onkel und Tanten der Antragstellerin zu 1) führen nicht abweichend zu einer Zuständigkeit der Antragsgegnerin, da es sich bei diesen Verwandten weder um Familienangehörige i.S.d. Art. 8 ff. i.V.m. Art. 2 Buchst. g Dublin-III-VO handelt, noch ein Abhängigkeitsverhältnis i.S.d. Art. 16 Dublin-III-VO zwischen den Antragstellern und den Onkeln bzw. Tanten glaubhaft gemacht wurde, insbesondere reicht die allgemeine Behauptung, diese könnten bei der Erziehung der Kinder helfen, hierfür nicht aus.
23
Das Bundesamt hat am 27. Juli 2023 ein Aufnahmegesuch an die niederländischen Behörden gerichtet, das diese fristgerecht (Art. 22 Abs. 1 Dublin-III-VO) mit Schreiben vom 20. September 2023 annahmen. Die Niederlande sind daher gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a Dublin-III-VO verpflichtet, die Antragsteller aufzunehmen.
24
Die Bundesrepublik Deutschland ist auch nicht wegen Ablaufs der Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO zuständig geworden, denn diese wurde durch den vorliegenden, fristgerecht gestellten Antrag unterbrochen und läuft erst mit der Ablehnung des Antrags erneut an (vgl. Art. 29 Abs. 1 Uabs. 1 Dublin-III-VO a.E.).
25
2. Der Zuständigkeit der Niederlande steht weder Art. 3 Abs. 2 Uabs. 2 und 3 Dublin-III-VO (hierzu a)), noch eine den Antragstellern im Fall der Zuerkennung internationalen Schutzes durch die Niederlande dort drohende, gegen Art. 4 GRCh, Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung (hierzu b)) entgegen.
26
a) Es liegen entgegen dem Vortrag des Bevollmächtigten der Antragsteller keine außergewöhnlichen Umstände vor, die die Zuständigkeit der Niederlande in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-III-VO entfallen ließen und zum Übergang der Zuständigkeit auf die Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Uabs. 2 und 3 Dublin-III-VO führen würden.
27
(1) Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93 – juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C 4 11/10 und C 493/10 – juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung von Asylsuchenden in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) entspricht.
28
Diese Vermutung kann widerlegt werden, weshalb den nationalen Gerichten die Prüfung obliegt, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylsuchende gibt, welche zu einer ernsthaften und durch Tatsachen bestätigten Gefahr für die Asylsuchenden führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh, Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O.). An diese Feststellung systemischer Mängel sind hohe Anforderungen zu stellen. Einzelne Grundrechtsverletzungen oder Verstöße der zuständigen Mitgliedstaaten gegen Art. 3 EMRK genügen nicht. Von systemischen Mängeln ist vielmehr erst dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende derart defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass der asylsuchenden Person im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris; B.v. 6.6.2014 – 10 B 25/14 – juris).
29
Mit Urteil vom 19. März 2019 – C-163/17 – hat der Europäische Gerichtshof – wegen des allgemeinen und absoluten Charakters von Art. 4 GRCh gleichermaßen für Asylsuchende und Anerkannte – die Maßstäbe für Rückführungen im Dublin-Raum präzisiert. Aufgrund des fundamental bedeutsamen EU-Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens dürfen Asylsuchende hiernach grundsätzlich immer in den Mitgliedstaat rücküberstellt werden, der nach der Dublin-III-VO für die Bearbeitung des Antrages zuständig ist bzw. bereits Schutz gewährt hat, es sei denn, sie würden dort ausnahmsweise aufgrund der voraussichtlichen Lebensumstände für längere Zeit dem „real risk“ einer Lage extremer materieller Not ausgesetzt, die gegen das Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh bzw. des insoweit inhaltlich gleichen Art. 3 EMRK verstößt, das heißt ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigt oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzt, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (vgl. dazu VGH BW, U.v. 29.7.2019 – A 4 S 749/19 – juris Rn. 38).
30
Die vom Europäischen Gerichtshof geforderte besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit wäre etwa dann anzunehmen, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaates zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (EuGH, U.v. 19.3.2019, a.a.O. Rn. 92 unter Verweis auf EGMR, U.v. 21.1.2011 – 30696/09 – M.S.S./Belgien und Griechenland; vgl. auch BVerwG, B.v. 8.8.2018 – 1 B 25.18 – juris).
31
Diese Schwelle ist selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund derer sich diese Person in einer solch schwerwiegenden Lage befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019, a.a.O. Rn. 93.).
32
Es lässt sich allerdings nicht völlig ausschließen, dass eine asylsuchende oder anerkannt schutzberechtigte Person nachweisen kann, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen, die im Fall der Überstellung bedeuten würden, dass sie sich aufgrund besonderer Verletzlichkeit unabhängig von ihrem Willen und persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände (vgl. EuGH, U.v. 19.3.2019, a.a.O).
33
(2) Vor diesem Hintergrund liegen auch unter Berücksichtigung der neuesten Entwicklungen in den Niederlanden im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG) keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Dublin-Rückkehrende – wie die Antragsteller – vor (so auch VG Würzburg, B.v. 8.8.2022 – W 5 S 22.50310 – BeckRS 2022, 23880 Rn. 27). Die durch den Europäischen Gerichtshof geforderte hohe Schwelle der Erheblichkeit wird nicht erreicht.
34
Dublin-Rückkehrende haben Zugang zum Asylverfahren vor der niederländischen Asylbehörde IND (Immigratieen Naturalisatiedienst) (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 6; AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 54). In Wiederaufnahmeverfahren kann ein neuer Asylantrag gestellt werden, der meist als Folgeantrag gilt und neue Elemente enthalten muss (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 6; AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 54). In Aufnahmeverfahren können Dublin-Rückkehrende einen Erstantrag stellen (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 6; AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 54). Alle Asylsuchenden haben das gesetzlich verankerte Recht auf materielle Versorgung, sobald sie ein Asylgesuch äußern; dies umfasst u.a. Unterbringung, wöchentliches Taschengeld, Krankenversicherung, Haftpflichtversicherung und Vorbereitung auf den Integrationstest (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 9; AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 95, 100). Im Fall eines unzulässigen Folgeantrags endet das Recht auf Versorgung (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 9). In der Regel erhalten Asylsuchende eine monatliche finanzielle Unterstützung bzw. Gutscheine in Höhe von 239,12 EUR; zusätzlich gibt es pro Person und Woche noch 12,95 EUR für Kleidung etc. (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 9). Die Höhe des wöchentlichen Taschengeldes ist davon abhängig, ob die jeweilige asylsuchende Person in der Unterkunft verpflegt wird oder nicht (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 9).
35
Auch während Aufnahmekrisen können Asylsuchende und anerkannt Schutzberechtigte in allen Verfahrensstadien in Not-Aufnahmeeinrichtungen untergebracht werden (AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 97). Zwar gab es in den Jahren 2021 und 2022 Situationen, in denen Asylsuchende, die in Ter Apel auf die Registrierungsmöglichkeit ihres Asylantrags warteten, im Gebäude auf Stühlen, dem Boden und draußen vor dem Gebäude schlafen mussten, jedoch wurde aufgrund dieser Problematik im September 2022 eine Unterbringungseinrichtung für noch nicht registrierte Asylsuchende in Marnewaard geschaffen, sodass seitdem außer in einer Nacht keine noch nicht registrierten Asylsuchenden mehr im Freien schlafen mussten (AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 96).
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Nach sechs Monaten dürfen Asylsuchende für 24 Wochen im Jahr arbeiten (AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 110; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 9). In der Praxis ist es wegen dieser zeitlichen Beschränkung und administrativer Hürden für Asylsuchende sehr schwer, Arbeit zu finden (AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 111; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 9).
37
Asylsuchende Kinder haben die gleichen Rechte auf Bildung wie niederländische Kinder; jede Aufnahmeeinrichtung ist an eine nahegelegene Grundschule angebunden (AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 113).
38
In jedem Aufnahmezentrum oder in dessen Nähe gibt es ein Gesundheitszentrum für Asylsuchende, in dem medizinische Fachkräfte zur Verfügung stehen (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 11). Asylsuchende haben Zugang zu medizinischer Grundversorgung, wozu u.a. Krankenhausaufenthalte, Hausarztbesuche, Physiotherapie und psychologische Beratung gehören (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 11). Mehrere Einrichtungen sind auf die Behandlung von Asylsuchenden mit psychischen Problemen spezialisiert (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 12). In Not-Aufnahmeeinrichtungen ist die Gesundheitsversorgung manchmal auf medizinische Notfallversorgung beschränkt (AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 113).
39
(3) Ausgehend davon besteht im gegenwärtigen Zeitpunkt keine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass Personen, die im Rahmen des Dublin-Verfahrens in die Niederlande überstellt werden, auf Grund dort vorhandener systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylsuchende generell eine menschenunwürdige oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh, Art. 3 EMRK droht. Die Niederlande verfügen unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis über ein ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, welches nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist.
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Aufgrund dessen, dass für die Antragsteller, insbesondere die Antragstellerin zu 1), keine Eurodac-Treffer erzielt wurden, und aufgrund des Vortrags der Antragstellerin zu 1) steht fest, dass die Antragsteller in den Niederlanden noch keine Asylanträge gestellt haben. Daher werden sie dort als Erstantragsteller behandelt und haben Anspruch auf Unterbringung und Versorgung während des Asylverfahrens.
41
b) Den Antragstellern droht bei einer Rückkehr in die Niederlande auch im Fall der dortigen Zuerkennung internationalen Schutzes nicht die ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh, Art. 3 EMRK.
42
(1) Aufgrund des allgemeinen und absoluten Verbotscharakters des Art. 4 GRCh soll die Überstellung von Asylsuchenden im Rahmen des Dublin-Verfahrens auch in all den Situationen ausgeschlossen sein, in denen ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass die Asylsuchenden bei ihrer Überstellung oder infolge ihrer Überstellung Gefahr laufen werden, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 85 ff.).
43
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es daher für die Anwendung von Art. 4 GRCh gleichgültig, ob es zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder erst nach dessen Abschluss dazu kommt, dass die betreffenden Personen aufgrund ihrer Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin-III-VO einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wären, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren (EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 87 f.). Das Asylsystem des nach der Dublin-III-VO zuständigen Mitgliedstaates darf zu keinem Zeitpunkt Anhaltspunkte dafür geben, dass den Rücküberstellten bei einer Rückkehr in den zuständigen Mitgliedstaat eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 88). Demgemäß ist nicht lediglich die Situation von Asylsuchenden als Dublin-Rückkehrende in den Blick zu nehmen, sondern es ist eine zusätzliche Abschätzung der Situation bei einer Zuerkennung internationalen Schutzes im zuständigen Mitgliedstaat erforderlich (VGH BW, U.v. 29.7.2019 – A 4 S 749/19 – juris Rn. 42; VG Würzburg, B.v. 11.12.2020 – W 8 S 20.50301 – juris Rn. 19).
44
Wie oben für Dublin-Rückkehrende bereits dargelegt, kann eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in den vorherrschenden humanitären Bedingungen für anerkannte Schutzberechtigte erst gesehen werden, wenn eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreicht ist. Daher kann auch der Umstand, dass international Schutzberechtigte in dem Mitgliedstaat, der sie anerkannt hat, keine oder im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten nur in deutlich reduziertem Umfang existenzsichernde Leistungen erhalten, ohne dabei anders als die Angehörigen dieses Mitgliedstaats behandelt zu werden, nur dann zur Feststellung der Gefahr einer Verletzung des Standards des Art. 4 GRCh führen, wenn die asylsuchende Person sich aufgrund ihrer besonderen Verletzbarkeit unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände (EuGH, U.v. 19.3.2019 – Ibrahim, C-297/17 u.a. – juris Rn. 93 f.; U.v. 19.3.2019 – Jawo, C-163/17 – juris Rn. 95; VG Ansbach, U.v. 21.5.2021 – AN 17 K 18.50704 – BeckRS 2021, 12738, Rn. 22). Dafür genügt es nicht, dass in dem Mitgliedstaat, in dem ein neuer Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, höhere Sozialleistungen gewährt werden oder die Lebensverhältnisse besser sind als in dem Mitgliedstaat, der bereits internationalen Schutz gewährt hat (EuGH, U.v. 19.3.2019 – Jawo, C-163/17 – juris Rn. 97; VG Ansbach, U.v. 21.5.2021 – AN 17 K 18.50704 – BeckRS 2021, 12738, Rn. 22).
45
Im Rahmen der diesbezüglich zu treffenden Prognoseentscheidung ist eine tatsächliche Gefahr („real risk“) des Eintritts der maßgeblichen Umstände erforderlich; die Gefahr einer Art. 4 GRCh, Art. 3 EMRK zuwiderlaufenden Behandlung muss auf Grund aller Umstände des Einzelfalls hinreichend sicher bestehen und nicht nur hypothetisch sein (OVG RhPf, U.v. 15.12.2020 – 7 A 11038/18.OVG – BeckRS 2020, 37249, Rn. 34).
46
(2) Die Situation anerkannt Schutzberechtigter in den Niederlanden stellt sich wie folgt dar:
47
Alle anerkannt Schutzberechtigten erhalten eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung für fünf Jahre (AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 132; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 12). Nach Statuszuerkennung dürfen sie in der Unterbringung bleiben, bis eine Gemeinde Wohnraum für sie zur Verfügung stellt (AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 148; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 12). Im Januar 2023 wohnten 16.160 Schutzberechtigte in Aufnahmezentren (AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 148). Die Unterbringungsagentur für Asylsuchende COA (Centraal Orgaan opvang Asielzoekers) ist verpflichtet, Wohnraum zu suchen und anzubieten (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 12). Die COA versucht, die Schutzberechtigten in der Gemeinde mit der größten Chance auf Integration unterzubringen, die jeweilige Gemeinde findet eine geeignete Unterkunft (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 13). Das Angebot der Gemeinde kann abgelehnt werden; wenn die darauffolgende Überprüfung ergibt, dass die Ablehnung unberechtigt war, kann das Wohnangebot noch binnen 24 Stunden angenommen werden, anderenfalls muss die Aufnahmeeinrichtung verlassen werden (AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 149). Familien wohnen in der Regel alleine, alleinstehende junge Menschen können zu mehreren unterbracht werden (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 13).
48
Anerkannt Schutzberechtigte haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt wie niederländische Staatsangehörige; in der Praxis gestaltet sich der Zugang jedoch u.a. aufgrund von Sprachbarrieren und physischen und psychischen Belastungen schwierig (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 13; AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 150).
49
Alle Kinder bis zu einem Alter von 16 Jahren haben in den Niederlanden ein Recht auf Schulbildung, sowohl niederländische Kinder als auch Kinder mit Flüchtlingsschutz oder subsidiärem Schutz; Hindernisse beim Zugang zu Bildung sind nicht bekannt (AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 152).
50
Schutzberechtigte haben in gleichem Maße Zugang zu Sozialleistungen wie niederländische Staatsangehörige; dies umfasst allgemeine Sozialleistungen für Erwachsene zur Sicherung des Lebensunterhalts, Kinderbeihilfen, Krankenversicherungsbeihilfen, Pensionsbeihilfen, Kinderbetreuungsgeld etc. (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 13; AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 152 ff.).
51
Anerkannt Schutzberechtigte haben Anspruch auf die gleiche Gesundheitsversorgung wie niederländische Staatsangehörige und müssen dieselben Krankenversicherungsbeiträge bezahlen; unter einer bestimmten Einkommensgrenze stehen ihnen entsprechende Krankenversicherungsbeihilfen zu (BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Niederlande, Stand: 1.10.2021, S. 13; AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 154).
52
Seit Januar 2022 haben Schutzberechtigte keinen Anspruch mehr auf vollständige Auszahlung der Sozialleistungen in den ersten sechs Monaten der Unterbringung in einer Gemeinde, sondern die Gemeinde bezahlt davon direkt die Kosten für Unterkunft, Energieversorgung und die Krankenkassenbeiträge; einen übrig bleibenden Rest erhalten die Schutzberechtigten als Taschengeld (AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 153). Das Ziel dieses Systems ist, die Schutzberechtigten bei ihrem Start in den Niederlanden zu unterstützen, damit diese sich besser auf die Integration in die niederländische Gesellschaft konzentrieren können (AIDA, Country Report: Netherlands, 2022 Update, S. 152).
53
In den Niederlanden bestehen folglich Unterbringungs- und Integrationsleistungen für anerkannt Schutzberechtigte, sie sind niederländischen Staatsangehörigen grundsätzlich gleichgestellt und haben ebenso Zugang zum Gesundheitssystem und zum Arbeitsmarkt.
54
(3) Im Falle einer Anerkennung als international Schutzberechtigte würden die Antragsteller in den Niederlanden eine Aufenthaltserlaubnis erhalten und die Antragstellerin zu 1), die gesund und arbeitsfähig ist, dürfte arbeiten.
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Daneben hätten die Antragsteller auch Zugang zum niederländischen Gesundheitssystem und einen Anspruch auf Verbleib in der Aufnahmeeinrichtung mit der entsprechenden Versorgung, bis eine Wohnung für sie gefunden wäre. Es besteht daher für die Einzelrichterin im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG) keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Annahme, dass es der Antragstellerin zu 1) nicht möglich sein würde, durch ihre Arbeitskraft in den Niederlanden ein (wenn auch geringes) Einkommen für sich und ihre Kinder zu erwirtschaften, und die Antragsteller Gefahr liefen, ihre grundlegendsten Bedürfnisse nicht decken zu können, wie es der EuGH nach dem oben dargestellten Maßstab als erforderlich ansieht, um die Gefahr einer gegen Art. 4 GRCh, Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung zu begründen. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass die Schulpflicht in den Niederlanden bereits ab dem 5. Lebensjahr besteht, der Schulunterricht meist ganztags stattfindet (vgl. Wikipedia – Die freie Enzyklopädie, zuletzt aufgerufen am 15.3.2024 unter https://de.wikipedia.org/wiki/Bildungssystem_in_den_Niederlanden) und die Grundschulen darüber hinaus verpflichtet sind, eine Kinderbetreuung bis 19 Uhr anzubieten (vgl. Website des Hilfswerks Niederösterreich, zuletzt aufgerufen am 15.3.2024 unter https://tageseltern.noe.hilfswerk.at/news/schwarzes-brett/kinderbetreuung-in-anderen-laendern/kinderbetreuung-in-holland/), sodass die Antragstellerin zu 1) auch als alleinerziehende Mutter voraussichtlich in (nahezu) Vollzeit arbeiten gehen können wird.
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3. Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland notwendig machen könnten, sind nicht gegeben. Hinsichtlich der vorgetragenen Verwandtschaftsverhältnisse wird gemäß § 77 Abs. 3 AsylG auf die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid (S. 6 f.) verwiesen.
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4. Der Abschiebungsanordnung stehen keine Abschiebungshindernisse entgegen, die bei einer Überstellung der Antragsteller in die Niederlande Berücksichtigung finden müssten. Dies gilt sowohl für zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1
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AufenthG, als auch für inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, welche die Antragsgegnerin im Rahmen des Erlasses einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ebenfalls zu überprüfen hat (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2015 – 10 CE 15.810, 10 C 15.813 – juris Rn. 4).
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Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse sind nicht ersichtlich. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bestehen nicht, denn wie bereits dargestellt droht den Antragstellern in den Niederlanden nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kommt ebenfalls nicht in Betracht, da die Antragsteller keine einer Abschiebung entgegenstehenden gesundheitlichen Beschwerden im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG geltend gemacht haben.
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Im Übrigen wird auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids gemäß § 77 Abs. 3 AsylG verwiesen.
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5. Aus den genannten Gründen hat der Rechtsbehelf in der Hauptsache keine hinreichenden Erfolgsaussichten, sodass der Antrag abzulehnen war.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.