Titel:
Kostenansatz für die Grundbucheintragung eines dem Erbbauberechtigten eingeräumten Vorkaufsrechts
Normenketten:
KV GNotKG Nr. 14121
ErbbauRG § 2 Nr. 7
Leitsätze:
Zur Frage, ob bzw. welche Gerichtskosten für die Grundbucheintragung eines Vorkaufsrechts an einem Grundstück für den hieran Erbbauberechtigten entstehen. (Rn. 8 – 9)
1. Wird neben der Bestellung eines Erbbaurechts dem Erbbauberechtigten ein Vorkaufsrecht eingeräumt, werden für dessen Eintragung in das Grundbuch gesondert Gebühren gem. § 55 Abs. 2 GNotKG erhoben. Hierfür kommt es nicht darauf an, ob das Vorkaufsrecht an dem belasteten Grundstück oder am Erbbaurecht besteht. (Rn. 9 und 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ist der Erbbauberechtigte Inhaber sowohl des Vorkaufsrechts als auch des Erbbaurechts ist für die Bemessung des Werts des Vorkaufsrechts nach § 51 Abs. 1 S. 2 GNotKG das Erbbaurecht nicht vom Grundstückswert abzuziehen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Eintragung Erbbaurecht, Eintragung Vorkaufsrecht, Gerichtskosten für Eintragung, Eintragungsgebühr, Vorkaufsrecht am belasteten Grundstück, Vorkaufsrecht am Erbbaurecht, Minderung Grundstückswert, Schuldenabzugsverbot
Vorinstanz:
AG München, Beschluss vom 04.08.2023 – HH-19915-13
Fundstellen:
FGPrax 2024, 193
JurBüro 2024, 302
RPfleger 2024, 490
NJOZ 2024, 1081
BeckRS 2024, 12653
ErbbauZ 2024, 125
LSK 2024, 12653
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
1
Die Beschwerde betrifft die Frage des Kostenansatzes für die Grundbucheintragung eines dem Erbbauberechtigten eingeräumten Vorkaufsrechts an einem Grundstück.
2
Mit Erbbaurechtsvertrag vom 17.12.2021 hat die H. II V. GmbH & Co. KG der unter derselben Anschrift in M. ansässigen K. GmbH & Co. KG ein Erbbaurecht bestellt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die den Beteiligten bekannte Urkunde des Notars H., W., Bezug genommen, insbesondere auf deren Ziffern V. („Inhalt des Erbbaurechts“) sowie Ziffer X. („Vorkaufsrechte“).
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Für die Eintragung ins Grundbuch stellte das Amtsgericht am 13.06.2022 die nunmehr beschwerdegegenständliche Kostenrechnung (KD 11): Dort ist unter Ziffer 3. die „Eintragung des Vorkaufsrechts“ angesetzt, wobei Ziffer 14121 des KV-GNotKG herangezogen wird. Die Kostenbeamtin nahm insoweit – gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 GNotKG – den halben Wert des Bodenwertes an. Unter Ziffer 6. ist die Eintragung des Erbbaurechts berechnet (gleichfalls gemäß Ziffer 14121 des KV-GNotKG).
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Hiergegen legte die Erbbauberechtigte und nunmehrige Beschwerdeführerin zunächst Erinnerung ein, die sie damit begründete, der Wert des Grundstückes dürfe nicht in voller Höhe berücksichtigt werden, vielmehr sei der Wert des Erbbaurechts abzuziehen. Demgegenüber führte der zuständige Bezirksrevisor aus, einem Abzug des Wertes des Erbbaurechts stehe § 38 Satz 1 GNotKG entgegen. In vorliegender Konstellation bestehe die Besonderheit, dass das Vorkaufsrecht am Grundstück dem Erbbauberechtigten selbst eingeräumt sei; für ihn stelle sich das Erbbaurecht nicht als Nachteil dar, da er es ohne weiteres aufheben könne; die vorkaufsberechtigte Erbbauberechtigte werde mithin nicht belastet. Die Erbbauberechtigte vertrat sodann im Folgenden die Auffassung, das ihr einräumte Vorkaufsrecht habe überhaupt nicht bewertet werden dürfen, da es als Inhalt des Erbbaurechts anzusehen sei (§ 2 Nr. 7 ErbbauRG). Erbbaurechte seien vom Schuldenabzugsverbot des § 38 GNotKG ausgenommen.
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Mit dem angefochtenen Beschluss vom 04.08.2023 wies das Amtsgericht die Erinnerung zurück; zur Begründung nahm es im Wesentlichen auf die ausführliche weitere Stellungnahme des Bezirksrevisors vom 31.07.2023 Bezug: Notar- und Grundbuchkostenrecht dürften nicht vermengt werden. Das der Erbbauberechtigten bestellte Vorkaufsrecht sei hier auch nicht Inhalt des Erbbaurechts im Sinne von § 2 Nr. 7 ErbbauRG, vielmehr in der Urkunde erst später, unter einer eigenen Ziffer, gesondert geregelt. Das Vorkaufsrecht sei demgemäß wertmäßig anzusetzen. Im Übrigen sei hier bei der Bewertung des Vorkaufsrechts das für die Erbbauberechtigte bestellte Erbbaurecht nicht in Abzug zu bringen; diese sei Inhaber beider Rechte.
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Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde beantragt die Erbbauberechtigte, den Beschluss abzuändern und in der Kostenrechnung das Vorkaufsrecht an dem Grundstück nicht zu bewerten, hilfsweise, bei einer Bewertung dieses Rechts das bestellte Erbbaurecht von dem Wert des Grundstücks abzuziehen.
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Die gemäß § 81 Abs. 2, 3 GNotKG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg (wobei die in der Beschwerdeschrift vertretene Rechtsauffassung angesichts der Unzulänglichkeit einiger einschlägiger Kommentierungen nicht als „absurd“ bezeichnet werden kann):
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1. Zunächst gilt § 51 Abs. 1 GNotKG auch für die kostenrechtliche Behandlung einer Eintragung in das Grundbuch. Die Vorschrift findet sich, ebenso wie § 38 GNotKG, in Kapitel 1 dieses Gesetzes, das sowohl für Gerichts- wie auch für Notarkosten gilt. Unterschiedliche Regelungen treffen dann die Kapitel 2 („Gerichtskosten“) und Kapitel 3 („Notarkosten“), siehe auch Korintenberg-Schwarz, GNotKG, 22. Aufl., § 51 Rn. 14.
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2. Maßgeblich dafür, dass die Eintragung des Vorkaufsrechts hier kostenrechtlich beachtlich ist, ist die – in dem Kapitel über Gerichts kosten enthaltene – Bestimmung des § 55 Abs. 2 GNotKG. Für Eintragungen in das Grundbuch werden die Gebühren für jede Eintragung gesondert erhoben. Ausnahmen im Sinne von § 55 Abs. 2, letzter Halbsatz GNotKG sind hier nicht erkennbar (vgl. Korintenberg-Thamke, a.a.O., § 55 Rn. 25 ff.).
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a) Die von der Beschwerdeführerin aufgeführten Fundstellen ändern hieran nichts:
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Zum Teil werden Entscheidungen aus der Zeit vor Inkrafttreten des GNotKG (2013) zitiert, zum Teil erfolgt keine klare Unterscheidung zwischen Notar- und Gerichtskosten, zwischen einem Vorkaufsrecht am Grundstück und einem Vorkaufsrecht am Erbbaurecht, zum Teil werden Ankaufs- mit Vorkaufsrecht vermengt und schließlich finden sich Fundstellen ohne Gehalt (z.B. Korintenberg-Schwarz, a.a.O., § 51 Rn. 20 und „Streifzug durch das GNotKG“, 13. Aufl., Rn. 806 – lediglich gegenseitige Verweisungen).
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b) Schon die mehrfach aufzufindende Behauptung, die Vereinbarung eines Vorkaufsrechts am Erbbaugrundstück sei (automatisch?) Inhalt dieses Erbbaurechts (etwa Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl., § 43 GNotKG Rn. 32 sowie § 51 Rn. 9; Korintenberg-Schwarz, a.a.O., § 43 Rn. 19; 51 Rn. 20; v. Oefele/Winkler/Schlögel, Hdb. Erbbaurecht, 6. Aufl., § 9 Rn. 4) trifft hier jedenfalls nicht zu:
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In der hier maßgeblichen Urkunde nämlich wird der „Inhalt des Erbbaurechts“ unter Ziffer V. im Einzelnen genau geregelt, während die Bestellung des Vorkaufsrechts erst unter Ziffer X. erfolgt. Eine Beurteilung, ob dieses Recht auch zum Inhalt des Erbbaurechts gemacht werden könnte (vgl. Schneider/Volpert/Fölsch, a.a.O., § 43 Rn. 29), kann nicht maßgeblich sein und vor allem vom Kostenbeamten nicht verlangt werden. Aus diesem Grund überzeugt – bezogen auf die Gerichtskosten einer Eintragung – auch die Unterscheidung danach nicht, ob das Vorkaufsrecht am belasteten Grundstück oder aber am Erbbaurecht besteht, wobei im letzteren Falle gebührenrechtliche Relevanz bestehen soll, im ersten nicht (Schneider/Volpert/Fölsch, a.a.O., § 51 Rn. 9). Hier jedenfalls ist das Vorkaufsrecht nach der klaren Regelung im Vertrag nicht Inhalt des Erbbaurechts (woran auch die Erwägungen des BGH in NJW 1954, 1443, 1444 nichts ändern).
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Die Gebühr für die Eintragung des Vorkaufsrechts wird deshalb, auch mit der korrekten Gebührenziffer, nämlich Nr. 14121, zu Recht erhoben (so auch Toussaint-Kawell, KostenR, 53. Aufl., KV-GNotKG Teil 1, Nr. 14121 Rn. 10). Hierfür spricht die bezeichnete systematische Stellung von § 55 GNotKG ebenso wie der Zweck dieser – im alten Recht so nicht existierenden – Vorschrift, nämlich bei Eintragung mehrerer, in einer Anmeldung enthaltener, Tatsachen nicht auf die Erhebung nur einer, einzigen Eintragungsgebühr beschränkt zu sein (s. Korintenberg-Thamke, a.a.O., § 55 Rn. 23).
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3. Unbegründet ist auch der Hilfsantrag:
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Die Erbbauberechtigte ist Inhaberin sowohl des Vorkaufs- wie auch des Erbbaurechts. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen des Bezirksrevisors verwiesen werden. Für die Erbbauberechtigte ist das ihr selbst zustehende Recht kein Nachteil im Sinne einer Belastung, die den Wert des Grundstücks mindern würde. Die Gründe dafür, das Schuldenabzugsverbot des § 38 GNotKG auf das Erbbaurecht nicht anzuwenden, treffen vorliegend nicht zu. § 51 Abs. 3 GNotKG zeigt, dass insoweit eine Einzelfallbetrachtung möglich ist, die hier dazu führt, dass die Vorkaufsberechtigte durch das ihr selbst zustehende Erbbaurecht keinen relevanten Nachteil hat, es ihr vielmehr möglich ist, das Erbbaurecht bei Bedarf zu beseitigen.
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4. Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst; das Verfahren ist gebührenfrei, § 81 Abs. 8 GNotKG.