Titel:
Besetzung eines Beförderungsdienstpostens
Normenketten:
GG Art. 33 Abs. 2
VwGO § 123
Leitsätze:
1. Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet der Dienstherr innerhalb der ihm zukommenden Organisationsgewalt nach seinen Bedürfnissen; dh wie er seine Stellen zuschneidet, welche Zuständigkeiten er diesen zuweist, welche Fachkenntnisse er zur Erfüllung der daraus im Einzelnen resultierenden Aufgaben für erforderlich ansieht und welcher Laufbahn er die jeweilige Stelle zuordnet, fällt in sein Organisationsermessen, das gerichtlich nur auf sachfremde Erwägungen überprüfbar ist. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine in der Stellenausschreibung ausdrücklich vorgegebene und in der Auswahlentscheidung umgesetzte Beschränkung des Bewerberfeldes auf die Laufbahnangehörigen des (gehobenen) nichttechnischen Verwaltungsdienstes wahrt diese Schranken; es mag denkbar sein, dass die Stelle auch dem technischen Verwaltungsdienst zugeordnet oder für beide Laufbahnen geöffnet werden kann, verpflichtet ist der Dienstherr hierzu jedoch nicht, es sei denn, die Zuordnung erfolgt willkürlich. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bundesbeamtenrecht, Konkurrentenstreit, Stellenbesetzung, Beförderungsdienstposten, Bewerbungsverfahrensanspruch, Konstitutives Anforderungsprofil, Laufbahn, konstitutives Anforderungsprofil, Organisationsgewalt, Organisationsermessen, nichttechnischer Verwaltungsdienst, sachfremde Erwägungen, willkürlich
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 08.02.2024 – M 21a E 23.5348
Fundstelle:
BeckRS 2024, 12212
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 8. Februar 2024 – M 21a E 23.5348 – wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 17.713,08 € festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens beim Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) mit der Beigeladenen.
2
Der Antragsteller, ein Diplom-Ingenieur (FH) der Elektrotechnik, steht als Regierungsamtsrat (Besoldungsgruppe A 12) im Dienst der Antragsgegnerin. Er ist seit 2011 beim DPMA in der Laufbahn des naturwissenschaftlichen Dienstes tätig. Der Studiengang der Elektrotechnik ist inzwischen der Laufbahn des technischen Dienstes zugeordnet.
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Der Antragsteller bewarb sich auf die am 20. Juni 2023 im Intranet des DPMA ausgeschriebene Stelle „Leitung … des Sachgebiets 4.2.3.d (Elektronische Verwaltungsarbeit)“, die nach Besoldungsgruppe A 13 bewertet ist. In der Ausschreibung heißt es: „Als Bewerber/-innen kommen Mitarbeiter/-innen des gehobenen nichttechnischen Dienstes in Betracht. Bewerben können sich auch Tarifbeschäftigte mit bestandener Angestelltenprüfung II.“
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Mit Auswahlvermerk vom 6. Oktober 2023, von der Leiterin der Hauptabteilung am 12. Oktober 2023 gebilligt, wurde entschieden, den ausgeschriebenen Dienstposten mit der Beigeladenen zu besetzen. Der Antragsteller wurde von der Bewerberauswahl ausgenommen, weil er als Beamter der Laufbahn des gehobenen technischen Dienstes nicht die formalen Voraussetzungen für eine Verwendung auf der ausgeschriebenen Stelle erfülle. Es ist beabsichtigt, die erfolgreiche Bewerberin nach der Erprobungszeit und bei Verfügbarkeit einer freien Planstelle zu befördern, ohne ein erneutes Auswahlverfahren durchzuführen.
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Nachdem der örtliche Personalrat der Auswahlentscheidung zugestimmt hatte, teilte das DPMA dem Antragsteller unter dem 20. Oktober 2023 mit, dass die Stelle mit der Beigeladenen besetzt werde. Dagegen legte der Antragsteller Widerspruch ein, über den bislang nicht entschieden wurde.
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Der Antragsteller hat am 9. November 2023 beim Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt beantragt, der Antragsgegnerin zu untersagen, die ausgeschriebene Stelle zu besetzen, solange nicht über seine Bewerbung bestandskräftig entschieden worden ist. Er hat geltend gemacht, das konstitutive Anforderungsprofil, wonach sich die Bewerber in der Laufbahn des nichttechnischen Dienstes befinden müssten, sei rechtswidrig. Damit werde der Bewerberkreis unter Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG unzulässig eingeengt. Das Profil des ausgeschriebenen Dienstpostens entspreche in hohem Maße dem vom Antragsteller jetzt innegehabten Dienstposten. Gerade im IT-Bereich seien die Grenzen zwischen nicht technischem und technischem Dienst unscharf. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso der Antragsteller mit seiner Laufbahn für den Dienstposten nicht befähigt sein solle.
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Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 8. Februar 2024 als unbegründet abgelehnt.
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Mit seiner Beschwerde verfolgt Antragsteller seinen Antrag auf Erlass einer einstweilen Anordnung weiter.
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Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber unbegründet.
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1. Die Gründe, die mit der Beschwerde fristgerecht dargelegt worden sind und auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 i.V.m. Satz 1 und 3 VwGO), rechtfertigen es nicht, dem mit dem Rechtsmittel weiterverfolgten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu entsprechen.
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Dem Antragsteller steht zwar ein Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 VwGO für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Seite. Denn die Vergabe des für alle Bewerber höherwertigen Dienstpostens der Leitung des Sachgebiets 4.2.3.d an die Beigeladene kann seine Rechtsstellung beeinträchtigen, weil sie – unstreitig – eine Vorauswahl für die Vergabe eines höheren Statusamts betrifft und damit Vorwirkungen für die spätere Beförderung entfaltet.
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Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO), wie das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden hat. Er wird durch die streitige Auswahlentscheidung nicht in seinem aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung (Bewerbungsverfahrensanspruch) verletzt.
13
Der Auswahlentscheidung liegt entgegen der Ansicht der Beschwerde ein zulässiges Anforderungsprofil zu Grunde, das das Bewerberfeld auf Angehörige der Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Dienstes beschränkt und das der Antragsteller nicht erfüllt. Deshalb durfte er in einer ersten Auswahl ausgeschlossen und nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden (zum gestuften Auswahlverfahren etwa BayVGH, B.v. 16.2.2022 – 6 ZB 21.193 – juris Nr. 8 m.w.N.).
14
Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet der Dienstherr innerhalb des von Verfassung und Parlament vorgegebenen Rahmens aufgrund der ihm zukommenden Organisationsgewalt nach seinen Bedürfnissen. Wie er seine Stellen zuschneidet, welche Zuständigkeiten er diesen zuweist, welche Fachkenntnisse er zur Erfüllung der daraus im Einzelnen resultierenden Aufgaben für erforderlich ansieht und welcher Laufbahn er die jeweilige Stelle zuordnet, fällt in sein Organisationsermessen, das gerichtlich nur auf sachfremde Erwägungen überprüfbar ist (BVerwG, B.v. 21.12.2016 – 2 VR 1.16 – juris Rn. 19 m.w.N.; BayVGH, B.v. 23.6.2022 – 6 CE 22.710 – juris Rn. 11).
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Die Organisationsgewalt des Dienstherrn ist allerdings beschränkt und an die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden, wenn – wie hier – mit der Dienstpostenübertragung Vorwirkungen auf die spätere Vergabe eines Statusamts verbunden sind. In diesen Vorwirkungsfällen sind auch die Vorgaben des Anforderungsprofils für die Dienstpostenvergabe den Maßstäben aus Art. 33 Abs. 2 GG unterworfen, weil mit der Übertragung des Dienstpostens die Zusammensetzung des Bewerberfelds für nachfolgende Beförderungsverfahren eingeengt und gegebenenfalls gesteuert wird (vgl. BVerfG, B.v. 20.9.2007 – 2 BvR 1972/07 – juris Rn. 14 f.; BVerwG, B.v. 20.7.2013 – 2 VR 1.13 – juris Rn. 26 f.).
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Die in der Stellenausschreibung ausdrücklich vorgegebene und in der Auswahlentscheidung umgesetzte Beschränkung des Bewerberfeldes auf die Laufbahnangehörigen des (gehobenen) nichttechnischen Verwaltungsdienstes wahrt diese Schranken. Damit werden keine dienstpostenbezogenen Ausnahmeanforderungen verlangt (dazu etwa BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – juris Rn. 31 ff.), sondern lediglich auf die laufbahnmäßige Zuordnung des im Beförderungsfall zu vergebenden Statusamts abgestellt, wie bereits das Verwaltungsgericht hervorgehoben hat. Dass die Zuordnung der Sachgebietsleitung „Elektronische Verwaltungsarbeit“ zum nichttechnischen Verwaltungsdienst auf sachwidrigen Erwägungen beruhen könnte, ist insbesondere auch mit Blick auf das konkrete Aufgabengebiet nicht ersichtlich. Es mag denkbar sein, die Stelle dem technischen Verwaltungsdienst zuzuordnen oder für beide Laufbahnen zu öffnen, wie die Beschwerde meint. Verpflichtet ist der Dienstherr hierzu jedoch nicht. Welche von mehreren denkbaren – nicht willkürlichen – Zuordnungen er vornimmt, bleibt allein seinem Organisationsermessen überlassen. Ein subjektiver Rechtsanspruch eines Bewerbers auf die für ihn günstigere Zuordnung besteht nicht. Für einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit anderen Stellen „im IT-Bereich“, bei denen einige Dienstposten mehreren Laufbahnen zugeordnet sind, besteht kein greifbarer Anhaltspunkt.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären, weil sie keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG. Anzusetzen ist danach im Ergebnis ein Viertel der für ein Kalenderjahr in dem angestrebten Amt zu zahlenden Bezüge der Endstufe (BayVGH, B.v. 24.10.2017 – 6 C 17.1429 – BayVBl 2018, 390).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).