Titel:
Streitwert für Dichtigkeitsprüfung
Normenkette:
GKG § 52 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, § 68 Abs. 1 S. 1
Leitsatz:
Der Senat kann die Festsetzung des Streitwerts nach § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG auch dann vAw ändern, wenn die Streitwertbeschwerde unzulässig ist. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Streitwertbeschwerde, Beschwerdesumme, Streitwert für Dichtigkeitsprüfung, Marktpreise für technische Standardmaßnahme, Unzulässigkeit, Dichtigkeitsprüfung, Festsetzung, Streitwert, von Amts wegen
Vorinstanz:
VG Ansbach, Beschluss vom 19.02.2024 – AN 1 K 22.1949
Fundstellen:
BayVBl 2024, 684
BeckRS 2024, 12205
LSK 2024, 12205
Tenor
I. Die Streitwertbeschwerde wird verworfen.
II. Der Streitwertbeschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 19. Februar 2024 wird abgeändert. Der Streitwert für das Klageverfahren wird auf 2.000 Euro festgesetzt.
Gründe
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1. Die Beschwerde richtet sich gegen die Festsetzung des Regelstreitwerts in einem Klageverfahren, das eine Handlungsverpflichtung im Rahmen eines kommunalrechtlichen Benutzungsverhältnisses betraf.
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a) Mit der zugrundeliegenden Anfechtungsklage wandte sich der Kläger gegen die Verpflichtung, die Grundstücksentwässerungsanlage seines Anwesens durch einen fachlich geeigneten Unternehmer auf Bauzustand, insbesondere Dichtheit und Funktionsfähigkeit, zu untersuchen und hierüber ein Prüfprotokoll vorzulegen. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab und setzte für das Verfahren mit Beschluss vom 19. Februar 2024 einen Streitwert von 5.000 Euro fest.
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Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Beschwerde. Er beantragt eine Herabsetzung des Streitwerts auf maximal 2.000 Euro und trägt vor, die Dichtheitsprüfung werde laut einem vorliegenden Angebot rund 570 Euro brutto kosten; die Gebühren der Beklagten betrügen 330 Euro.
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b) Die Streitwertbeschwerde hat keinen Erfolg.
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Die Streitwertbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro nicht übersteigt (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) und das Verwaltungsgericht die Beschwerde nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat (§ 68 Abs. 1 Satz 2 GKG). Bei der vom Kläger begehrten Herabsetzung auf 2.000 Euro verringert sich gem. Anlage 2 zu § 34 GKG die Höhe einer Gebühr von 161 Euro auf 98 Euro. Bei der für die Klage anfallenden dreifachen Gebühr (Nr. 5110 der Anlage 1 zum GKG) wäre damit eine maximale Gebührenreduzierung von 3 x 63 Euro = 189 Euro verbunden. Weitere erstattungspflichtige Kosten fehlen. Der Wert des Beschwerdegegenstands beträgt damit 189 Euro.
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c) Der Senat nimmt die Beschwerde jedoch zum Anlass, die Festsetzung nach § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen zu ändern. Nach dieser Vorschrift kann die Festsetzung von dem Rechtsmittelgericht von Amts wegen geändert werden, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt. Bei einer Streitwertbeschwerde „schwebt“ das Verfahren „wegen der Entscheidung über den Streitwert“ in der Rechtsmittelinstanz. Dass die Beschwerde wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig ist und auf sie hin keine Entscheidung über den Streitwert ergeht, ändert hieran nichts. Dem Gesetzeswortlaut lässt sich eine Einschränkung dahingehend, dass das Rechtsmittelgericht die Wertfestsetzung der unteren Instanz nur aufgrund eines zulässigen Rechtsmittels ändern könnte, nicht entnehmen (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2021 – 11 C 21.1420 – juris Rn. 6; B.v. 30.4.2020 – 22 C 20.376 – juris Rn. 6).
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Für die vorliegende Fallkonstellation kann nicht gemäß § 52 Abs. 2 GKG von einem Streitwert in Höhe von 5.000 Euro ausgegangen werden; vielmehr erscheint nach § 52 Abs. 1 GKG ein Betrag von 2.000 Euro als angemessen.
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Zwar weist das Verwaltungsgericht in seinem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 22. März 2024 zutreffend darauf hin, dass bisher in der Rechtsprechung – auch des erkennenden Senats – für derartige Klageverfahren der sog. Regelstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG angesetzt wurde (BayVGH, B.v. 4.6.2018 – 4 ZB 17.2066 – juris Rn. 18; VG München, U.v. 31.3.2022 – M 10 K 20.1988 – juris Rn. 49; VG Ansbach, U.v. 7.5.2019 – AN 1 K 17.02543 – juris Rn. 57; ebenso OVG LSA, B.v. 11.1.2012 – 2 M 166/11 – juris Rn. 16). Hieran kann aber nicht festgehalten werden. Für die Anwendung des § 52 Abs. 2 GKG fehlt es an den gesetzlichen Voraussetzungen.
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Ein Streitwert in Höhe von 5.000 Euro nach § 52 Abs. 2 GKG ist nur anzunehmen, wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet. Der Auffangstreitwert kommt demnach nicht zum Zug, wenn sich nach § 52 Abs. 1 GKG die aus dem Antrag des Klägers objektiv für ihn ergebende Bedeutung der Sache wertmäßig nach Ermessen bestimmen lässt. Die „Bedeutung der Sache“ ist dabei regelmäßig identisch mit den ökonomischen Auswirkungen im Falle des Obsiegens, hier also mit den ersparten finanziellen Aufwendungen für die geforderte Dichtheitsprüfung durch einen Fachbetrieb. Insoweit handelt es sich um eine technische Standardmaßnahme, für die – abhängig von den örtlichen Verhältnissen – bestimmte Marktpreise existieren.
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Für das Gericht folgt daraus im Rahmen der Streitwertbemessung zwar noch nicht die Verpflichtung, den im Einzelfall zu erwartenden Kostenaufwand etwa anhand eines Kostenvoranschlags exakt zu ermitteln. Anhand der Bandbreite der aus öffentlichen Quellen zu entnehmenden Angebotspreise lassen sich aber die für eine fachgerechte Dichtigkeitsprüfung typischerweise anfallenden Kosten zumindest der Größenordnung nach abschätzen. Hiernach kann im vorliegenden Fall entsprechend dem Begehren des Klägers von einem – deutlich unter dem Auffangstreitwert liegenden – Streitwert in Höhe von 2.000 Euro ausgegangen werden.
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2. Das Streitwertbeschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).