Inhalt

VGH München, Beschluss v. 03.05.2024 – 3 CE 24.571
Titel:

Rückgriff auf ressortfremde Beurteilungsrichtlinie bei Erstellung einer Anlassbeurteilung

Normenketten:
BayLlb Art. 58 Abs. 2 S. 1
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2
VwGO § 123
RiStAG Art. 5
Leitsätze:
1. Die Einheitlichkeit des Beurteilungsmaßstabs und ihre gleiche Anwendung ist unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die Beurteilung ihren Zweck erfüllt, einen Vergleich der Beamten untereinander anhand vorgegebener Sach- und Differenzierungsmerkmale zu ermöglichen; die wesentliche Aussagekraft erhalten dienstliche Beurteilungen erst aufgrund ihrer Relation zu den Bewertungen in den dienstlichen Beurteilungen anderer Beamter derselben Besoldungsgruppe innerhalb derselben Fachlaufbahn. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Anlassbeurteilung hat grds. nach den Richtlinien des eigenen Ressorts zu erfolgen; ein Rückgriff auf ressorfremde Beurteilungsrichtlinien ist nicht zulässig, da der zu beurteilende Beamte einen Anspruch darauf hat, nach denselben Maßstäben beurteilt zu werden wie die Beamten derselben Besoldungsgruppe innerhalb derselben Fachlaufbahn, da er zunächst mit diesen in Konkurrenz tritt und die Bewertung seiner fachlichen Leistung, Eignung und Befähigung gerade in Relation zur genannten Vergleichsgruppe vorzunehmen ist. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die erforderliche Gewichtung der Einzelmerkmale darf weder mit Bezug auf den konkret durch den Beamten innegehabten Dienstposten noch durch verschiedene Beurteiler unterschiedlich erfolgen; vielmehr muss der Dienstherr dafür Sorge tragen, dass innerhalb des Geltungsbereichs einer Beurteilungsrichtlinie oder innerhalb einer Gruppe von Beamten, die im Geltungsbereich derselben Beurteilungsrichtlinie einer bestimmten Laufbahngruppe angehören, diese Gewichtung einheitlich vorgenommen wird. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Erstellung von Beurteilungen anhand ressortfremder Richtlinien birgt die Gefahr der Unsicherheiten hinsichtlich des anzuwendenden Vergleichsmaßstabs sowie des Aussagegehalts der Note; ressortfremde Richtlinien sind auf Tätigkeit und Funktion der Beamten bzw. Richter eines anderen Ressorts zugeschnitten. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
5. Sollten die in den dienstlichen Beurteilungen erzielten Gesamturteile aufgrund von im Geltungsbereich verschiedener Beurteilungsrichtlinien bestehenden Unterschieden im tatsächlich angelegten Beurteilungsmaßstab oder eines unterschiedlichen Verständnisses der Notendefinitionen tatsächlich nicht in dem Sinne vergleichbar sein, dass sie einen rechtlich einwandfreien Vergleich der Bewerber ermöglichen, ist der Dienstherr gehalten, sie "kompatibel" zu machen (BVerfG BeckRS 2016, 50704). (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Stellenbesetzung (Vorsitzender, Richter am OLG, BesGr R 3), Erstellung einer Anlassbeurteilung anhand ressortfremder Richtlinien, Besonderer Grund für Anlassbeurteilung, Stellenbesetzung (Vorsitzender Richter am OLG BesGr R 3), Erstellung einer Anlassbeurteilung anhand ressortfremder Richtlinie, besonderer Grund für Anlassbeurteilung, Gewichtung Einzelmerkmale, gleicher Beurteilungsmaßstab, Laufbahngruppe, Beurteilungsrichtlinie, Vergleichsgruppe
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 27.02.2024 – M 5 E 23.4709
Fundstelle:
BeckRS 2024, 12203

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 27.454,42 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsgegner wendet sich im Beschwerdeverfahren gegen die vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. Februar 2024 im Wege der einstweiligen Anordnung ausgesprochene Untersagung, die am 5. Juli 2023 (BayMBl. Nr. 330) ausgeschriebene Stelle eines Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht München (BesGr R 3) bis zu einer erneuten Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts mit dem Beigeladenen zu besetzen.
2
Der 1969 geborene Antragsteller war bis zum 7. Juni 2020 als Richter am Landgericht (BesGr R 1) tätig. Nachdem er anschließend zunächst im Rahmen einer Abordnung im Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) Dienst leistete, wurde er zum 1. Januar 2022 dorthin versetzt. Mit Wirkung vom 23. März 2022 wurde ihm das Amt eines Ministerialrats (BesGr A 16) verliehen. Am 16. Oktober 2023 wurde er in den bayerischen Justizdienst zurückversetzt und zum Richter am Oberlandesgericht München (BesGr R 2) ernannt.
3
Für den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2019 wurde der Antragsteller im Statusamt R 1 mit einem Gesamtprädikat von 10 Punkten beurteilt. Die vom StMGP für den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2022 erstellte periodische Beurteilung, mit der der Antragsteller im Statusamt A 16 beurteilt wurde, schließt mit einem Gesamturteil von 16 Punkten.
4
Anlässlich der Bewerbung des Antragstellers um eine Stelle als Richter am Oberlandesgericht München (BesGr R 2) bat das Bayerische Staatsministerium der Justiz (StMJ) das StMGP mit Schreiben vom 27. Juni 2023 um die Erstellung einer Anlassbeurteilung für den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum Tag der Unterzeichnung durch den Beurteiler unter Zugrundelegung der im Geschäftsbereich des StMJ für Richter und Richterinnen, Staatsanwälte und Staatsanwältinnen sowie Beamte und Beamtinnen des StMJ, bei denen im Rahmen der üblichen Personalentwicklung von einem Wechsel in den richterlichen und staatsanwaltlichen Dienst auszugehen ist (s. Nr. 1.1 Satz 2 der Bekanntmachung des StMJ über die Beurteilung und Leistungsfeststellung für die Beamten und Beamtinnen im Geschäftsbereich des StMJ mit Ausnahme der Staatsanwälte und Staatsanwältinnen vom 25.9.2013 – JuBeurteilBek), geltenden Grundsätze, da eine Vergleichbarkeit der periodischen Beurteilung des Antragstellers vom 12. Mai 2023 mit den nach den im Geschäftsbereich des StMJ geltenden Regelungen erstellten Beurteilungen der Mitbewerber nicht gegeben sei. Die daraufhin durch das StMGP erstellte Anlassbeurteilung vom 14. Juli 2023 für den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2016 bis 14. Juli 2023 schließt mit einem Gesamturteil von 13 Punkten. Gegen die Anlassbeurteilung hat der Antragsteller Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist (M 5 K 23.3740).
5
Als Grundlage für die streitgegenständliche, zu Gunsten des 1965 geborenen Beigeladenen ausgefallene Auswahlentscheidung des StMJ vom 7. September 2023 diente dessen am 28. August 2023 aktualisierte periodische Beurteilung (Beurteilungszeitraum 1.1.2016 bis 28.8.2023) im Statusamt eines Richters am Amtsgericht als ständiger Vertreter des Direktors (BesGr R 2 + AZ) mit dem Gesamtprädikat 13 Punkte. Für den Antragsteller wurde die Anlassbeurteilung vom 14. Juli 2023 herangezogen. Für die weiteren drei Mitbewerber lagen jeweils periodische Beurteilungen vor, die zum Beurteilungsstichtag 31. Dezember 2019 im Jahr 2020 erstellt worden sind. Zur Begründung des Besetzungsvorschlags des Präsidenten des Oberlandesgerichts München vom 5. September 2023, den sich der Staatsminister bei seiner Auswahlentscheidung zu eigen machte, wurde ausgeführt, dass sich der Vorsprung des Beigeladenen bei gleicher Punktzahl daraus ergebe, dass er sie in einem höheren Statusamt mit höheren Anforderungen als der Antragsteller erzielt habe (das Amt eines Ministerialrats [BesGr A 16] sei mit einem richterlichen Beförderungsamt der BesGr R 2 vergleichbar).
6
Im angefochtenen Beschluss beanstandet das Verwaltungsgericht die Auswahlentscheidung des Antragsgegners, weil das StMGP den Antragsteller wegen seiner Bewerbung auf eine andere richterliche Beförderungsstelle nicht nach den Beurteilungsrichtlinien des StMJ hätte beurteilen dürfen und weil es darüber hinaus hierfür auch an einem Anlass gefehlt habe.
7
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts und die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
8
Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die vom Antragsgegner in der Begründung dargelegten Gründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren bestimmen und beschränken, rechtfertigen nicht die Abänderung der angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
9
1. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht einen Anordnungsanspruch des Antragstellers bejaht, dessen Bewerbungsverfahrensanspruch nach Art. 33 Abs. 2 GG durch die Auswahlentscheidung vom 7. September 2023, die ausgeschriebene Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen, verletzt wurde.
10
1.1 Für den zum Beurteilungsstichtag beim StMGP tätigen Antragsteller durfte eine Anlassbeurteilung nicht unter Rückgriff auf die Regelungen für die Beurteilung der Richter und Richterinnen sowie Staatsanwälte und Staatsanwältinnen erstellt werden (Nr. 1.1 Satz 2 JuBeurteilBek i.V.m. Nr. 7.1 der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien der Justiz, des Innern, für Bau und Verkehr, der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat sowie für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 26.3.2015 – JMBl. S. 18 <im Folgenden: GemBek>).
11
Gemäß Art. 58 Abs. 2 Satz 1 LlbG sind die fachlichen Leistungen von Beamtinnen und Beamten derselben Besoldungsgruppe innerhalb derselben Fachlaufbahn und, soweit gebildet, desselben fachlichen Schwerpunkts miteinander zu vergleichen. Hat der Dienstherr – wie hier im Geschäftsbereich des StMGP, in dem der Antragsteller im Zeitpunkt der Erstellung der Anlassbeurteilung tätig war – Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen (Bekanntmachung des StMGP über die Richtlinien für die dienstliche Beurteilung und die Leistungsfeststellung der Beamtinnen und Beamten im Geschäftsbereich des StMGP vom 13.10.2014 <AllMBl. S. 488>), sind die Beurteiler aufgrund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzulegenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden. Das Gericht hat deshalb auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten sind (stRspr, BVerwG, U.v. 17.9.2020 – 2 C 2.20 – BVerwGE 169, 254 Rn. 21; U.v. 28.1.2016 – 2 A 1.14 – NVwZ 2016, 1654 Rn. 14; U.v. 27.11.2014 – 2 A 10.13 – BVerwGE 150, 359 Rn. 14; U.v. 24.11.2005 – 2 C 34.04 – BVerwGE 124, 356 <358>, jeweils m.w.N.). Die Einheitlichkeit des Beurteilungsmaßstabs ist unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die Beurteilung ihren Zweck erfüllt, einen Vergleich der Beamten untereinander anhand vorgegebener Sach- und Differenzierungsmerkmale zu ermöglichen. Ihre wesentliche Aussagekraft erhalten dienstliche Beurteilungen erst aufgrund ihrer Relation zu den Bewertungen in den dienstlichen Beurteilungen anderer Beamter derselben Besoldungsgruppe innerhalb derselben Fachlaufbahn. Daraus folgt, dass die Beurteilungsmaßstäbe gleich sein und gleich angewendet werden müssen (BVerfG, B.v. 9.8.2016 – 2 BvR 1287/16 – NVwZ 2017, 46 Rn. 84; BVerwG, U.v. 27.11.2014 – 2 A 10.13 – BVerwGE 150, 359 Rn. 21; U.v. 2.3.2000 – 2 C 7.99 – juris Rn. 17). Die einheitlich anzuwendenden Maßstäbe müssen auf das jeweilige Statusamt des zu beurteilenden Beamten bezogen sein. Beurteilungen treffen eine Aussage, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen gewachsen ist, die mit den Aufgaben seines Amts und dessen Laufbahn verbunden sind. Sie tragen dem Umstand Rechnung, dass die Vergabe eines Statusamts nicht aufgrund der Anforderungen des Dienstpostens erfolgen soll, den der ausgewählte Bewerber nach der Vergabe des Statusamts wahrnehmen soll. Denn der ausgewählte Bewerber soll der am besten geeignete für jeden Dienstposten sein, der für einen Inhaber des höheren Statusamts amtsangemessen ist (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – BVerwGE 147, 20 Rn. 22). Die erforderliche Gewichtung der Einzelmerkmale darf weder mit Bezug auf den konkret durch den Beamten innegehabten Dienstposten noch durch verschiedene Beurteiler unterschiedlich erfolgen. Vielmehr muss der Dienstherr dafür Sorge tragen, dass innerhalb des Geltungsbereichs einer Beurteilungsrichtlinie oder innerhalb einer Gruppe von Beamten, die im Geltungsbereich derselben Beurteilungsrichtlinie einer bestimmten Laufbahngruppe angehören, diese Gewichtung einheitlich vorgenommen wird (BVerwG, U.v. 1.3.2018 – 2 A 10.17 – BVerwGE 161, 240 Rn. 44 f.).
12
Der Dienstherr ist danach gehalten, in seinem Organisationsbereich sowohl für die Bildung gleicher Beurteilungsmaßstäbe als auch für deren gleichmäßige Anwendung Sorge zu tragen (BVerfG, B.v. 17.2.2017 – 2 BvR 1558/16 – NVwZ 2017, 1133 Rn. 11). Gelingt es dem Dienstherrn nicht, das gewählte Beurteilungssystem gleichmäßig auf alle Beamten anzuwenden, kann die Ungleichbehandlung von dem Beamten gerügt werden, der nach „strengeren“ Maßstäben als andere, derselben Vergleichsgruppe angehörende Beamte beurteilt worden ist. Das Gebot der Gleichbehandlung bei dienstlichen Beurteilungen ist bereits dann verletzt, wenn in Teilbereichen des Verwaltungszweiges, für den einheitliche Beurteilungsrichtlinien erlassen worden sind, aufgrund eines unterschiedlichen Verständnisses des Inhaltes von Bewertungsmaßstäben eine uneinheitliche Beurteilungspraxis eingetreten ist. Das Gebot der Einheitlichkeit des Beurteilungsmaßstabs bezieht sich auf sämtliche Beamten des Dienstherrn, für welche die Beurteilungsbestimmungen der obersten Dienstbehörde gelten, und nicht nur auf die Beurteilungen, die von demselben Beurteiler erstellt oder im Geschäftsbereich derselben nachgeordneten Behörde abgegeben werden (BVerwG, U.v. 2.3.2000 a.a.O. Rn. 18 ff.).
13
Dies zugrunde gelegt ist die Anlassbeurteilung vom 14. Juli 2023, die der Antragsgegner der streitgegenständlichen Auswahlentscheidung zugrunde gelegt hat, rechtswidrig, weil er den Antragsteller nicht nach einem Maßstab beurteilt hat, der auf alle im Geschäftsbereich des StMGP tätige Beamte in derselben Fachlaufbahn und mit dem gleichen statusrechtlichen Amt einheitlich angewandt worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 2.3.2000 a.a.O. juris Rn. 17). Die ressorteigenen Beurteilungsrichtlinien entfalten für den Beurteiler über Art. 3 Abs. 1 GG Bindungswirkung, so dass er diese seiner Beurteilung zugrunde zu legen hat. Anderes gilt nur, soweit die Richtlinien nicht abschließend sind und Besonderheiten des Einzelfalls eine Abweichung erfordern, namentlich wenn und soweit das Anforderungsprofil einer zu vergebenden Stelle, auf die sich der betreffende Beamte beworben hat, bzw. auf der Grundlage eines anderen Beurteilungssystems erstellte Beurteilungen von Mitbewerbern zur Herstellung der Aussagekraft Ergänzungen erfordern (HessVGH, B.v. 10.8.2021 – 1 B 937/20 – juris Rn. 55, 58 ff.; offen gelassen in OVG NW, B.v. 29.2.2024 – 1 B 1082/23 – juris, und B.v. 20.3.2024 – 1 B 269/24 – juris Rn. 19). Die Beurteilungsrichtlinien des StMGP legen zunächst zwingend zu bewertende Beurteilungskriterien fest, wobei nähere Vorgaben hinsichtlich deren Bewertung gemacht werden (Nr. 2.6 ff.), und bestimmen darüber hinaus in Abhängigkeit von der vom Beamten wahrgenommenen Funktion wesentliche Beurteilungskriterien i.S.d. Art. 16 Abs. 2 Satz 2 LlbG (Nr. 2.7). Sowohl das Gesamturteil als auch die Einzelkriterien sind nach der Punkteskala gemäß Abschnitt 3 Nr. 3.2.2 VV-BeamtR zu bewerten (Nr. 2.5.2 BeurteilungsRL StMGP), wobei die fachlichen Leistungen von Beamtinnen und Beamten derselben Besoldungsgruppe innerhalb derselben Fachlaufbahn und, soweit gebildet, desselben fachlichen Schwerpunkts miteinander zu vergleichen sind (Nr. 2.5.6). Diese Vorgaben sind abschließend. Lediglich soweit mit Blick auf das Anforderungsprofil der angestrebten Stelle – beispielsweise im Hinblick auf die Verwendungseignung – oder Beurteilungskriterien, die für das angestrebte Amt wesentlich sind, Ergänzungen erforderlich sind, ist ein Rückgriff auf ressortfremde Richtlinien zulässig. Das Gesamturteil ist zwingend nach den für den eigenen Geschäftsbereich geltenden Maßstäben zu bilden, da die Einheitlichkeit des Beurteilungsmaßstabs innerhalb der Vergleichsgruppe – vorliegend dem StMGP angehörende Beamte mit Statusamt A 16 in derselben Fachlaufbahn – zu wahren ist. Der zu beurteilende Beamte hat einen Anspruch darauf, nach denselben Maßstäben beurteilt zu werden wie die Beamten derselben Besoldungsgruppe innerhalb derselben Fachlaufbahn, da er zunächst mit diesen in Konkurrenz tritt und die Bewertung seiner fachlichen Leistung, Eignung und Befähigung gerade in Relation zur genannten Vergleichsgruppe vorzunehmen ist, wodurch die dienstliche Beurteilung erst ihre wesentliche Aussagekraft erhält und eine Einordnung der gezeigten Leistung, Eignung und Befähigung des Beamten ermöglicht. Auch dass der Antragsteller vorliegend bereits durch das StMGP periodisch beurteilt wurde und bereits diese Beurteilung den unmittelbaren Vergleich mit im StMGP tätigen Beamten desselben Statusamts und derselben Laufbahngruppe anhand der hierfür vorgegebenen Sach- und Differenzierungsmerkmale ermöglicht, rechtfertigt auch vorliegend nicht die Anwendung ressortfremder Beurteilungsrichtlinien, da der aus Art. 3 Abs. 1 GG resultierende Anspruch des Beamten auf Wahrung der Einheitlichkeit des Beurteilungsmaßstabs innerhalb der Vergleichsgruppe ausnahmslos gilt, wenn seine fachliche Leistung, Eignung und Befähigung dienstlich zu beurteilen ist (vgl. BVerwG, U.v. 2.3.2000 a.a.O. Rn. 19, 21).
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Die Erstellung von Beurteilungen anhand ressortfremder Richtlinien würde demgegenüber zu Unsicherheiten hinsichtlich des anzuwendenden Vergleichsmaßstabs sowie des Aussagegehalts der Note führen. Der Beurteiler hat die Leistung des zu beurteilenden Beamten stets im Vergleich zu den Beamten desselben Statusamts und derselben Fachlaufbahn seines Ressorts zu bewerten, wohingegen ressortfremde Richtlinien auf Tätigkeit und Funktion der Beamten bzw. Richter eines anderen Ressorts zugeschnitten sind (vgl. vorliegend Nr. 1.1 Satz 2 JuBeurteilBek i.V.m. Nr. 4.1 GemBek, wonach die dienstliche Beurteilung die Leistung des Richters bzw. Staatsanwalts in Bezug auf seine oder ihre Funktion und im Vergleich zu anderen Richtern bzw. Staatsanwälten derselben Besoldungsgruppe objektiv darstellen soll), deren Leistungsniveau und -anforderungen der Beurteiler wiederum aber nicht umfassend kennt und daher auch nicht vergleichen kann. Darüber hinaus könnte nicht stets gewährleistet werden, dass der Beurteiler mit der fremden Beurteilungspraxis, welche auch Richtwertvorgaben sowie obligatorische Orientierungsgespräche der Beurteiler zur Sicherstellung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs beinhalten kann (vgl. z.B. JMS vom 20.5.2019, Gz. A 3 -2012 – V – 11386/2018), sowie mit dem Leistungsniveau der Beamten des anderen Ressorts und den an diese gestellten Anforderungen umfassend vertraut ist und auf dieser Grundlage die ausschließlich ihm anvertraute und damit eigenständig durchzuführende Bewertung (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.1994 – 2 C 21.93 – juris Rn. 16) vornehmen kann. Vielmehr birgt die vorliegend praktizierte Verfahrensweise, in der die für die Auswahlentscheidung zuständige oberste Dienstbehörde das beurteilende Ressort um die Erstellung einer Beurteilung auf Grundlage der im Geschäftsbereich ersterer Behörde anzuwendenden Beurteilungsrichtlinien bittet, die latente Gefahr einer unzureichenden und womöglich in eine gewisse Richtung gesteuerten Vermittlung der dort tatsächlich angewandten Beurteilungspraxis, auf die es für die Rechtmäßigkeit einer dienstlichen Beurteilung unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung entscheidend ankommt (vgl. BVerwG, U.v. 2.3.2000 a.a.O. Rn. 19).
15
Soweit der Antragsgegner sich zur Begründung seiner Auffassung, dass bei der vorliegenden Anlassbeurteilung die Richtlinien des StMJ zur Anwendung gebracht werden könnten, auf Entscheidungen des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts (B.v. 20.7.2012 – 2 EO 361/12 – juris Rn. 11; B.v. 9.10.2017 – 2 EO 113/17 – juris Rn. 12) beruft, ist dies unbehelflich. Das Oberverwaltungsgericht hielt es in diesen Fällen jeweils für zulässig, für einen externen Tarifbeschäftigten eine Beurteilung wie für einen Beamten nach Maßgabe der einschlägigen Beurteilungsrichtlinie und des Beurteilungsmaßstabs des zur Auswahl berufenen Dienstherrn erstellen zu lassen. Mangels auf Tarifbeschäftigte anwendbarer Richtlinien wird deren Recht auf Gleichbehandlung durch eine Beurteilung aufgrund einer Beurteilungsrichtlinie aber nicht verletzt. Im Gegenteil geht die angeführte Entscheidung vom 9. Oktober 2017 wohl gerade nicht davon aus, dass ressort- oder dienstherrnfremde Beurteilungsrichtlinien auf Beamte angewendet werden dürfen. Denn in Fällen, in denen dienstliche Beurteilungen von verbeamteten Stellenbewerbern auf unterschiedlichen Beurteilungsrichtlinien oder -systemen beruhen und die zur Auswahl berufene Behörde daher gehalten ist, einen Vergleich der verschiedenen Beurteilungssysteme anzustellen, um die Beurteilungsmerkmale sowie die Punkte- und Notenskala in Übereinstimmung zu bringen, hält das OVG Thüringen allenfalls die Einholung einer ergänzenden Stellungnahme oder eines Dienstzeugnisses für veranlasst (a.a.O. Rn. 10 ff., insb. Rn. 12 f.). Schließlich lässt sich auch aus dem Beschluss des Senats vom 24.4.2017 (3 CE 17.434 – juris) nichts herleiten, was die Auffassung des Antragsgegners stützen könnte. Diesem Verfahren lag ein Bewerbervergleich eines Richters der Besoldungsgruppe R 3 mit Amtszulage mit einem Beamten der Besoldungsgruppe B 4 zugrunde; der Senat ging davon aus, dass vergleichbare Beurteilungen nicht erstellt werden konnten, und verwies als Lösungsansatz auf die in Art. 16 Abs. 1 Satz 4 LlbG genannten sonstigen Verfahren (BayVGH, a.a.O. Rn. 51).
16
1.2 Besondere Gründe des Einzelfalls, die die Erstellung einer Anlassbeurteilung – unter Anwendung ausschließlich der ressortfremden Richtlinien des StMJ – hätten rechtfertigen können, legt die Beschwerde weder dar noch sind solche ersichtlich.
17
1.2.1 Die fehlende inhaltliche Vergleichbarkeit der vorliegenden periodischen Beurteilungen stellt keinen besonderen Grund in diesem Sinne dar.
18
1.2.1.1 Eine Regelung dahingehend, dass aus Anlass einer Bewerbung im Geschäftsbereich des StMJ bei fehlender inhaltlicher Vergleichbarkeit vorliegender periodischer Beurteilungen eine Anlassbeurteilung zu erfolgen hat, enthalten weder die JuBeurteilBek noch die GemBek (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 Satz 1 RiStAG). Nr. 7.1 Satz 1 GemBek, auf deren Anwendung der Antragsgegner die Erstellung und Heranziehung der Anlassbeurteilung vom 14. Juli 2023 für die streitgegenständliche Auswahlentscheidung stützt, bestimmt, dass bei Vorliegen besonderer Gründe im Einzelfall eine Anlassbeurteilung erstellt werden kann. Bei einem auf turnusgemäßen Regelbeurteilungen beruhenden Beurteilungssystem und Fehlen einer ausdrücklichen Regelung zur Erstellung einer Anlassbeurteilung bedarf Letzteres mit Blick auf Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2 GG einer besonderen Rechtfertigung (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 2.18 – juris Rn. 42; BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – juris Rn. 16), so dass die vorgenannte generalklauselartige Richtlinienbestimmung grundsätzlich eng auszulegen ist.
19
Angesichts des grundsätzlich weiten Organisationsermessens des Dienstherrn bei der Festlegung des Verfahrens und Inhalts dienstlicher Beurteilungen durch Richtlinien ist es umso bedeutsamer, dass der Dienstherr das gewählte Beurteilungssystem tatsächlich gleichmäßig auf alle Beamten anwendet, die bei Auswahlentscheidungen über ihre Verwendung und über ihr dienstliches Fortkommen miteinander in Wettbewerb treten können (BVerwG, U.v. 9.5.2019 a.a.O. Rn. 39). Das hauptsächliche Ziel von dienstlichen Beurteilungen, den Vergleich mehrerer Beamter miteinander bei Auswahlentscheidungen (Beförderungen) zu ermöglichen, wird „höchstmöglich“ durch Regelbeurteilungen erreicht, wenn und weil sie auf einem grundsätzlich (annähernd) gleichen Beurteilungszeitraum mit einem gemeinsamen Stichtag beruhen. Diese Einheitlichkeit gewährleistet, dass die dienstliche Beurteilung für alle Beamten gleichmäßig die zu beurteilenden Merkmale nicht nur punktuell, sondern auch in ihrer zeitlichen Entwicklung unabhängig von einer konkreten Auswahlentscheidung erfasst. Anlassbeurteilungen begegnen grundsätzlich Bedenken, weil sie gerade im Hinblick auf eine anstehende Auswahlentscheidung erstellt werden und damit der Verdacht entstehen kann, sie dienten – zielgerichtet – lediglich der Durchsetzung von vorgefassten, Art. 33 Abs. 2 GG nicht genügenden Personalentscheidungen (BVerwG, U.v. 9.5.2019 a.a.O. Rn. 41). Die Entscheidung des Landesgesetzgebers für das System von Regelbeurteilungen darf von der Verwaltung nicht dadurch unterlaufen werden, dass sie im Rahmen eines Auswahlverfahrens trotz des Vorliegens einer hinreichend aktuellen Regelbeurteilung ohne ausreichenden Grund Anlassbeurteilungen erstellt (BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – juris Rn. 16). Die Erstellung von Anlassbeurteilungen ist daher – jedenfalls beim Fehlen einer ausdrücklichen Regelung – nur in Konstellationen gerechtfertigt, in denen sich – auch in einem auf Regelbeurteilungen basierenden Beurteilungssystem – der Bedarf nach einer Anlassbeurteilung unabweisbar aufdrängt, weil dem Dienstherrn ansonsten ein Bewerbervergleich, der grundsätzlich in erster Linie anhand dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen hat, von vornherein nicht möglich wäre (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 a.a.O. Rn. 42).
20
Auch aus der gesetzlichen Systematik des Art. 5 Abs. 1 und Abs. 5 RiStAG und der Regelung in Nr. 7.1 GemBek wird hinreichend deutlich, dass Anlassbeurteilungen vor dem Hintergrund des verankerten Regelbeurteilungssystems die Ausnahme bilden, die einer besonderen Rechtfertigung bedürfen. Hinsichtlich der Sicherstellung der inhaltlichen Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen bestimmt Art. 5 Abs. 5 Satz 2 RiStAG, dass beim Erlass eigener Beurteilungsrichtlinien der Ressorts die Einheitlichkeit des Beurteilungssystems zu wahren und auf die Vergleichbarkeit der Beurteilungen zu achten ist. Die Begründung zum Gesetzentwurf (LT-Drs. 17/18836, S. 33) verweist hierzu darauf, dass insbesondere in den Fachgerichtsbarkeiten, aber auch in der ordentlichen Gerichtsbarkeit regelmäßig Konkurrenzsituationen zum einen zwischen Bewerbungen aus verschiedenen Gerichtszweigen und zudem zwischen Bewerbungen aus dem Richter- und Beamtenbereich entstünden. Soweit daher im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage nach Art. 5 Abs. 5 Satz 1 RiStAG von dem für die dienstlichen Beurteilungen aller Beamten und Richter des Freistaats Bayern geltenden einheitlichen Rechtsrahmen des Teils 4 des Leistungslaufbahngesetzes abweichende Regelungen getroffen würden, sei auch diesbezüglich das Gebot der größtmöglichen Vergleichbarkeit der Beurteilungen zu beachten. Der Gesetzgeber hatte mithin die nicht nur vereinzelt entstehenden Konkurrenzsituationen zwischen „internen“ und „externen“ Bewerbern auch mit verschiedenen Statusämtern sowie das potentielle Problem mangelnder inhaltlicher Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen im Rahmen der Schaffung einer Ermächtigung an die obersten Dienstbehörden zum Erlass von Beurteilungsrichtlinien im Blick und gibt diesen auf, bei der Ausfüllung der Ermächtigung für die größtmögliche Vergleichbarkeit auch zwischen Beurteilungen im richterlichen und Beamtenbereich zu sorgen. Angesichts dieses gesetzgeberischen Auftrags und vor dem Hintergrund der dargestellten, von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe kann nicht angenommen werden, dass eine – nicht nur im Einzelfall auftretende – Konkurrenzsituation zwischen Bewerbern aus verschiedenen Ressorts, deren aktuelle periodische Beurteilungen anhand unterschiedlicher Richtlinien erstellt wurden, per se und stets die Erstellung einer Anlassbeurteilung rechtfertigt. Dies spiegelt sich vorliegend auch in den Beurteilungsrichtlinien wider, die von der gesetzlichen Ermächtigung des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 RiStAG, zu bestimmen, dass Beurteilungen auch aus Anlass einer Versetzung oder Bewerbung erfolgen, gerade keinen Gebrauch gemacht haben. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt, lässt sich einer Zusammenschau von Nr. 7.1 Sätze 1 und 2 GemBek ein Vorrang periodischer Beurteilungen und eine restriktive Auslegung der „besonderen Gründe im Einzelfall“ entnehmen, da Satz 2 als „Regelbeispiele“ lediglich die Fälle einer fehlenden aktuellen periodischen Beurteilung bzw. der erheblichen Veränderung der tatsächlichen Grundlage der Beurteilungskriterien benennt.
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Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Antragsgegner angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. April 2013 (2 B 134.11 – juris Rn. 17). Dort hatte das Bundesverwaltungsgericht Anlassbeurteilungen mit gleichen Vorgaben für Auswahlentscheidungen, etwa wenn eine Konkurrenzsituation mit Bewerbern verschiedener Dienstherren besteht, lediglich für „denkbar“ erachtet, wobei es hierauf für die betreffende Entscheidung nicht ankam und daher auch keine Aussage dazu veranlasst war, ob und wie derartige Anlassbeurteilungen rechtlich verankert sein müssten. Überdies hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung wiederholt stärker als bisher den Ausnahmecharakter von Anlassbeurteilungen betont (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 2.18, 2 C 1.18 – BVerwGE 165, 305 Rn. 37 ff.; B.v. 2.7.2020 – 2 A 6.19 – ZBR 2020, 346 Rn. 10 ff.; B.v. 7.1.2021 – 2 VR 4.20 – juris Rn. 45).
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1.2.1.2 Vor diesem Hintergrund legt die Beschwerde einen besonderen Grund, der im vorliegenden Einzelfall wegen der fehlenden inhaltlichen Vergleichbarkeit der periodischen Beurteilung des Antragstellers die Erstellung einer Anlassbeurteilung bzw. die Heranziehung der erstellten Anlassbeurteilung anstatt der aktuellen periodischen Beurteilung hätte rechtfertigen können, nicht dar.
23
1.2.1.2.1 Maßgeblich für die in erster Linie auf aktuelle dienstliche Beurteilungen zu stützende Auswahlentscheidung für die Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens anhand Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist primär das abschließende Gesamturteil der Beurteilungen, das durch Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte gebildet wurde (vgl. BVerwG, B.v. 22.11.2012 – 2 VR 5.12 – juris Rn. 25). Dies gilt jedenfalls in der Regel dann, wenn die Beurteilungen im gleichen oder einem gleichwertigen Statusamt erzielt worden sind (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2010 – 3 CE 10.748 – juris Rn. 61). Wurde das gleiche Gesamturteil in einem höheren Statusamt erzielt, ist es grundsätzlich gerechtfertigt, den betreffenden Beamten als besser beurteilt anzusehen (vgl. BVerfG, B.v. 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 – BVerfGE 141, 56 Rn. 59), wenngleich sich dabei jeder Schematismus verbietet (vgl. BVerfG, B.v. 4.7.2018 – 2 BvR 1207/18 – NVwZ-RR 2018, 833 Rn. 11). Erst bei wesentlich gleichem Gesamturteil oder in Fällen, in denen eine Vergleichbarkeit der Beurteilungen bzw. des erzielten Gesamturteils wegen der Verschiedenheit der Statusämter nach den Umständen des Einzelfalls nicht gegeben ist (beispielsweise weil ein Statusamt über den Leistungsstand in bestimmten Bereichen keine Aussage zulässt), hat der Dienstherr die Beurteilungen inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen (Art. 17 Abs. 7 Satz 1, Art. 16 Abs. 2 Satz 1 LlbG); bei dieser „Binnendifferenzierung“ kann die Gewichtung und Wertung der Ergebnisse in einzelnen Beurteilungsmerkmalen anhand des spezifischen Anforderungsprofils der zu besetzenden Stelle von Bedeutung sein (vgl. BVerfG, B.v. 4.10.2012 – 2 BvR 1120/12 – juris Rn. 13 ff. m.w.N.; BVerwG, B.v. 22.11.2012 a.a.O. Rn. 26; BayVGH, B.v. 11.12.2009 – 3 CE 09.2350 – juris Rn. 38).
24
Der Antragsgegner geht im Auswahlvermerk vom 5. September 2023 davon aus, dass das vom Antragsteller innegehabte Amt eines Ministerialrats (BesGr. A 16) mit einem richterlichen Beförderungsamt der Besoldungsgruppe R 2 vergleichbar ist und der Beigeladene, der ein richterliches Beförderungsamt der Besoldungsgruppe R 2 mit Amtszulage bekleidet, sein Gesamturteil in einem höheren Statusamt erzielt hat. Dies ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden (BayVGH, B.v. 28.5.2015 – 3 CE 15.727 – juris Rn. 37 m.w.N.; B.v. 24.4.2017 a.a.O. Rn. 42), so dass die vom Beigeladenen und vom Antragsteller (sowie auch den übrigen Bewerbern) in ihren periodischen Beurteilungen erzielten Gesamturteile der Auswahlentscheidung grundsätzlich zugrunde gelegt werden können.
25
1.2.1.2.2 Beruhen die Beurteilungen der Bewerber – wie hier – auf unterschiedlichen Beurteilungsrichtlinien oder -systemen, hat die Auswahlbehörde vor einem Vergleich der Gesamturteile allerdings vorab anhand der Beurteilungsspiegel der betreffenden Vergleichsgruppen aus der aktuellen sowie vorausgegangenen Beurteilungsrunden und gegebenenfalls bestehender Richtwertvorgaben zu prüfen, ob die Gesamturteile hinsichtlich des angelegten Maßstabs im Wesentlichen vergleichbar sind (vgl. auch BVerwG, U.v. 2.3.2000 a.a.O. Rn. 20; HessVGH, B.v. 2.5.2019 – 1 B 2040/18 – juris Rn. 12), und diese Prüfung nachvollziehbar zu dokumentieren und im Auswahlvermerk auch für die Bewerber transparent zu machen. Zwar ist das Gesamturteil sowohl im Geschäftsbereich des StMJ als auch des StMGP anhand einer 16-Punkte-Skala gemäß Art. 59 Abs. 1 Satz 1 LlbG, Abschnitt 3 Nr. 3.2.2 VV-BeamtR bzw. Nr. 4.3 GemBek zu bewerten, und genügt die bloße Behauptung der Beschwerde, die Punktevergabe im StMJ sei nach dessen Auskunft wesentlich strenger als im StMGP und im Bereich der richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Beurteilungen gelte nach Nr. 3.2 des JMS vom 20. Mai 2019 (Gz. A 3 -2012 – V -11386/2018) bei Erstbeurteilung in der Besoldungsgruppe R 2, die der Besoldungsgruppe A 16 vergleichbar sei, ein Orientierungsrahmen von maximal 20% für die Vergabe von Spitzenprädikaten (13 und mehr Punkte), nicht zur Darlegung des Bestehens unterschiedlicher Bewertungsmaßstäbe. Auch sind bei größeren Verwaltungsbereichen mit mehreren Behörden und damit einer größeren Zahl „rechtlicher und faktischer Beurteiler“ Beurteilungsdivergenzen systemimmanent und beruhen regelmäßig nicht auf uneinheitlichen Bewertungsmaßstäben, sondern sind rechtlich als durch den anerkannten Beurteilungsspielraum der Beurteiler gedeckt anzusehen. Dass sich – wie der Antragsgegner vorträgt – in den Geschäftsbereichen der verschiedenen Ressorts wesentlich voneinander abweichende Bewertungsmaßstäbe bei der Vergabe des Gesamtprädikats herausgebildet haben könnten, ist vor dem Hintergrund unterschiedlicher Beurteilungsrichtlinien allerdings trotz des einheitlichen Rechtsrahmens nach Teil IV des Leistungslaufbahngesetzes und der einheitlich geltenden 16-Punkte Notenskala durchaus naheliegend und vor dem Hintergrund des Ressortprinzips (Art. 50 Satz 1, Art. 51 Abs. 1 BV) im Grundsatz auch nicht zu beanstanden. Denn da die jeweilige Richtlinie über Art. 3 Abs. 1 GG die Beurteiler nur innerhalb ihres jeweiligen Anwendungsbereichs bindet, können sich auch etwaige Richtwertvorgaben oder „Leitlinien“ und Kontrollsysteme zur Sicherstellung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs (wie z.B. Überprüfung durch den übergeordneten Dienstvorgesetzten; Dienstbesprechungen zur Koordinierung vor den Regelbeurteilungsterminen) stets nur auf den Geltungsbereich dieser Richtlinie beziehen.
26
1.2.1.2.3 Sollten die in den dienstlichen Beurteilungen erzielten Gesamturteile aufgrund von im Geltungsbereich verschiedener Beurteilungsrichtlinien bestehenden Unterschieden im tatsächlich angelegten Beurteilungsmaßstab oder eines unterschiedlichen Verständnisses der Notendefinitionen tatsächlich nicht in dem Sinne vergleichbar sein, dass sie einen rechtlich einwandfreien Vergleich der Bewerber ermöglichen, ist der Dienstherr gehalten, sie „kompatibel“ zu machen (BVerfG, B.v. 9.8.2016 – 2 BvR 1287/16 – NVwZ 2017, 46 Rn. 85). Die zur Auswahlentscheidung berufene oberste Dienstbehörde hat hierzu für die unterschiedlichen Beurteilungen einen objektiven Vergleichsmaßstab zu bilden, auf dessen Grundlage sie den Versuch zu unternehmen hat, die Beurteilungen der internen und externen Bewerber miteinander zu vergleichen (NdsOVG, B.v. 28.1.2020 – 5 ME 166/19 – juris Rn. 15; B.v. 16.12.2014 – 5 ME 177/14 – juris Rn. 25; HessVGH, B.v. 7.6.2016 – 1 B 559/16 – juris Rn. 21 m.w.N.; ThürOVG, B.v. 9.10.2017 – 2 EO 113/17 – juris Rn. 10). Der Antragsgegner hätte den Bewertungsmaßstab, auf dem die aktuelle periodische Beurteilung des Antragstellers beruht, ermitteln und dem eigenen Bewertungsmaßstab gegenüberstellen und darin einordnen müssen. Hierzu hätte er bei der damaligen obersten Dienstbehörde des Antragstellers, dem StMGP, eine ergänzende Stellungnahme zum angelegten Bewertungsmaßstab, den dazu ergangenen Anwendungsregeln und -hinweisen sowie zur anteiligen Verwendung der Notenstufen (anhand der Beurteilungsspiegel der aktuellen und gegebenenfalls vorausgegangenen Beurteilungsrunden) und der sich hieraus ergebenden Einordnung des Antragstellers innerhalb seiner Vergleichsgruppe erbitten müssen. Auf dieser Grundlage wäre der Versuch zu unternehmen gewesen, das vom Antragsteller in der periodischen Beurteilung erzielte Gesamturteil in den eigenen Bewertungsmaßstab – anhand der im eigenen Geschäftsbereich von den Beamten im gleichen oder gleichwertigen Statusamt erzielten Ergebnisse – einzuordnen (Thür-OVG, B.v. 9.10.2017 a.a.O. Rn. 13 f.).
27
Diese „Einpreisung“ des vom externen Bewerber in einer hinreichend aktuellen periodischen Beurteilung erzielten Gesamturteils in das eigene Bewertungssystem obliegt allein der zur Auswahl berufenen obersten Dienstbehörde und kann entgegen der Auffassung des Antragsgegners schon aus Transparenzgründen grundsätzlich nicht im Wege einer Anlassbeurteilung, bei der die Bildung des Gesamturteils wie bei jeder dienstlichen Beurteilung letztlich ein ausschließlich dem zuständigen Beurteiler anvertrauter Akt der Gesamtwürdigung ist (BVerwG, U.v. 24.11.1994 a.a.O. Rn. 16), dem abgebenden Ressort überantwortet werden.
28
Sollte bei dem so anzustellenden Vergleich der Gesamturteile kein wesentlicher Leistungsvorsprung zu Gunsten eines Bewerbers feststellbar sein, kann im Rahmen der Binnendifferenzierung auf nach dem Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle besonders bedeutsame Einzelfeststellungen der Beurteilungen zurückgegriffen werden. Die periodische Beurteilung des Antragstellers dürfte mit der anhand von Notenpunkten vorgenommenen Bewertung der einzelnen Beurteilungskriterien insoweit ebenfalls eine differenzierte Einordnung der Leistung, Eignung und Befähigung des Antragstellers innerhalb seiner Vergleichsgruppe ermöglichen. Sollte es aus Sicht des Antragsgegners für die Auswahl auf weitere Einzelmerkmale ankommen, zu denen die Beurteilung des Antragstellers keine Bewertung enthält, kann insoweit ebenfalls eine ergänzende Stellungnahme der für den Antragsteller damals zuständigen obersten Dienstbehörde angefordert werden (vgl. BVerfG, B.v. 9.8.2016 a.a.O. Rn. 95). Hinsichtlich rein auf die richterliche Tätigkeit zugeschnittener Beurteilungskriterien kann vorliegend auf die periodische Vorbeurteilung 2020 sowie den Beurteilungsbeitrag der Präsidentin des Landgerichts München I vom 13. Januar 2022 zurückgegriffen werden (vgl. auch BVerwG, U.v. 19.12.2002 – 2 C 31.01 – juris Rn. 15; B.v. 16.12.2008 – 1 WB 39.07 – BVerwGE 133, 1 Rn. 52; OVG NW, B.v. 30.11.2015 – 6 B 1080/15 – juris Rn. 31). Im Übrigen erscheint ein differenzierter Vergleich der ausschließlich verbal und ohne die Verwendung vordefinierter Notenabstufungen bewerteten Einzelmerkmale in den Beurteilungen im Geschäftsbereich des StMJ bei verschiedenen Beurteilern generell durchaus schwierig.
29
Das dargelegte Verfahren der Vergleichbarmachung der dienstlichen Beurteilungen und dessen Ergebnis ist mit Blick auf den Bewerbungsverfahrensanspruch und den Anspruch der Bewerber auf effektiven Rechtsschutz im Auswahlvermerk nachvollziehbar und transparent zu machen (BVerfG, B.v. 9.7.2007 – 2 BvR 206/07 – juris Rn. 21 f.; BVerwG, B.v. 16.12.2008 – 1 WB 19.08 – juris Rn. 35; BayVGH, B.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – juris Rn. 4).
30
Der Senat übersieht nicht, dass das Vergleichbarmachen der Beurteilungen von Bewerbern aus unterschiedlichen Geschäftsbereichen oder unterschiedlicher Dienstherren einigen Aufwand verursacht. Es erschließt sich aber weder aus der Beschwerdebegründung noch ist sonst erkennbar, dass im vorliegenden Fall damit besondere Schwierigkeiten oder Unsicherheiten verbunden wären, die es für den Antragsgegner unmöglich oder unzumutbar machten, eine aussagekräftige und zuverlässige Auswahlgrundlage zu schaffen, die dem Grundsatz der Bestenauslese genügt (ThürOVG, B.v. 9.10.2017 a.a.O. Rn. 13 f.). Sollte eine solche Grundlage entgegen den vorstehenden Annahmen anhand der vorliegenden periodischen Beurteilungen und des dargelegten Verfahrens zur Vergleichbarmachung dennoch nicht geschaffen werden können, kann auf die in Art. 16 Abs. 1 Satz 4 LlbG genannten wissenschaftlich fundierten Auswahlverfahren zurückgegriffen werden. Denn dabei ist auch zu berücksichtigen, dass auch Anlassbeurteilungen beim Vergleich von Richtern und Staatsanwälten einerseits, Beamten des höheren Dienstes andererseits eine vollständige Vergleichbarkeit nicht herstellen können (vgl. SächsOVG, B.v. 6.5.2013 – 2 B 322/13 – juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 24.4.2017 a.a.O. juris Rn. 51).
31
1.2.2 Die Erstellung einer Anlassbeurteilung war im vorliegenden Fall auch nicht wegen einer fehlenden zeitlichen Überlappung mit den Beurteilungen der Mitbewerber bzw. fehlender zeitlicher Vergleichbarkeit erforderlich bzw. gerechtfertigt.
32
Die aktualisierte periodische Beurteilung des Beigeladenen umfasst den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2016 bis 28. August 2023 und überschneidet sich damit für einen Zeitraum von drei Jahren mit der periodischen Beurteilung des Antragstellers, die den Beurteilungszeitraum 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2022 erfasst, was als ausreichend anzusehen ist. Hinsichtlich der übrigen Mitbewerber ist der zeitliche Unterschied im Beurteilungszeitraum unschädlich, sofern die Beurteilungen nach wie vor aktuell sind, weil keine erheblichen bzw. relevanten Veränderungen in deren Aufgabenbereich und Tätigkeiten eingetreten sind. Der Senat geht regelmäßig davon aus, dass der Dienstherr durch Berücksichtigung der aktuellen (periodischen) dienstlichen Beurteilung bei seiner Auswahlentscheidung inzidenter zum Ausdruck bringt, dass aus seiner Sicht keine relevanten Veränderungen erfolgt und die Beurteilungen weiterhin aktuell sind (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2013 – 3 CE 12.2130 – juris Rn. 28 f. m.w.N.). Bedarf es bei einem Bewerber einer Anlassbeurteilung oder Aktualisierung der periodischen Beurteilung, gilt dies nicht allein deshalb auch für alle anderen Bewerber (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – juris Rn. 57 f.; BayVGH, B.v. 18.9.2020 – 3 CE 20.1849 – juris Rn. 11).
33
Der Antragsteller verfügt im Übrigen über zeitlich lückenlose Beurteilungen, so dass – wie bereits ausgeführt – im Rahmen einer eventuell erforderlichen Binnendifferenzierung hinsichtlich rein auf die richterliche Tätigkeit zugeschnittener Beurteilungskriterien vorliegend auf die periodische Vorbeurteilung 2020 sowie den Beurteilungsbeitrag der Präsidentin des Landgerichts München I vom 13. Januar 2022 zurückgegriffen werden kann.
34
2. Der unterlegene Beamte kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, d.h. wenn seine Auswahl möglich erscheint (vgl. BVerfG, B.v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 – ZBR 2002, 427 – juris Rn. 13 f.).
35
Das Bundesverfassungsgericht hat die eigenständige Bedeutung und Verfahrensabhängigkeit des sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden subjektiven Rechts betont (vgl. u. a. BVerfG, B.v. 9.7.2007 – 2 BvR 206/07 – juris Rn. 16 ff.; B.v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 – juris Rn. 10 ff.). Diese notwendig als Verfahrensanspruch ausgeprägte Rechtsposition würde aber erheblich eingeschränkt, wenn sich ein unterlegener Bewerber regelmäßig auf eine prognostische Erörterung seiner Beförderungsaussichten einlassen müsste, die zu einem erheblichen Teil mit Unwägbarkeiten versehen sind. Zudem ist es den Verwaltungsgerichten angesichts des dem Dienstherrn zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraums verwehrt, hinsichtlich der Frage, ob die Auswahl des unterlegenen Antragstellers als möglich erscheint, eine Prognose über eine neu vorzunehmende Auswahlentscheidung zu treffen und der gerichtlichen Entscheidung zu Grunde zu legen. Hierfür ist allein der Dienstherr zuständig (vgl. BVerfG, B.v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 24.4.2017 a.a.O. Rn. 53). Das Gericht ist weder verpflichtet noch ist es ihm rechtlich möglich, in mehr oder weniger zutreffende Wahrscheinlichkeitsüberlegungen darüber einzutreten, mit welchem Ergebnis die Auswahlentscheidung des Dienstherrn ausgegangen wäre, wenn er sein Ermessen fehlerfrei betätigt hätte. Bei Erwägungen des Gerichts, wie eine erneute Auswahlentscheidung ausgehen könnte, ist große Zurückhaltung geboten. Die Voraussage, das mit einem Eilantrag letztlich verfolgte Ziel, dass der Dienstherr das Auswahlermessen zugunsten des Antragstellers ausübt, sei unerreichbar, ist nur in zweifelsfreien Ausnahmefällen denkbar (vgl. OVG NW, B.v. 10.3.2009 – 1 B 1518/08 – juris Rn. 55 f.).
36
Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Dass der Antragsteller in einer erneuten, rechts- und ermessensfehlerfrei getroffenen Auswahlentscheidung wiederum unterliegen würde, kann nicht mit einem derartigen, an Sicherheit grenzenden Grad an Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden, dass deswegen der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unter dem Gesichtspunkt fehlender Sicherungsfähigkeit des Bewerbungsverfahrensanspruchs scheitern müsste. Insbesondere geht der Antragsgegner im Auswahlvermerk davon aus, dass der Antragsteller das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle erfüllt und als Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht geeignet ist.
37
Gemäß dem Auswahlvermerk erfüllt der Antragsteller zunächst die allgemeinen Anforderungen für Beförderungsämter für Richter nach Nr. 3.1 der Bekanntmachung des StMJ über Anforderungsprofile für Richter und Staatsanwälte (AnfoRiStABek) vom 30. September 2003, Az. 2200 – III – 12003/01, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 7. Dezember 2021 (BayMBl. Nr. 937). Dies wird damit begründet, dass er ausweislich der aktuellen dienstlichen Beurteilung in fachlicher Hinsicht über herausragende und besonders fundierte juristische Fachkenntnisse sowohl hinsichtlich der materiell-rechtlichen Grundlagen als auch in Bezug auf das Verfahrens- und Prozessrecht, sehr gutes analytisches Denkvermögen sowie eine hohe Auffassungsgabe verfüge. Besonders gelobt würden sein ausgeprägtes Organisationstalent, seine äußerst gründliche und sorgfältige Arbeitsweise, seine auch in schwierigen Situationen bestehende präzise Urteilsfähigkeit, sein hoch entwickeltes Vermögen zum konzeptionellen und übergreifenden Denken sowie seine Kompetenz zum Aufzeigen kreativer Lösungen. Er verfüge über Anlagen zur Führungskraft und sei für Positionen mit Führungsaufgaben sehr gut geeignet. Auch die besonderen Anforderungen für das Amt eines Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht gemäß Nr. 3.2.2 und Nr. 3.2.4 AnfoRiStABek erfülle der Antragsteller. Aufgrund seines sehr guten analytischen Denkvermögens sowie seiner hohen Auffassungsgabe sei er in der Lage, komplexe Probleme auch in kürzester Zeit einer juristischen Würdigung zu unterziehen und diese komprimiert sowie verständlich darzustellen. Neue Informationen erfasse er schnell, ordne diese zutreffend ein, erkenne Zusammenhänge und richte sein Handeln entsprechend aus. Er habe Entscheidungen stets sehr gründlich vorbereitet und sie mit Überzeugungskraft sowie Glaubwürdigkeit umgesetzt. Auch bei schwierigen rechtlichen und tatsächlichen Fragestellungen sei er zu einem eigenständigen, abgewogenen und stets zutreffenden Urteil gelangt. Er sei in der Lage, sich jederzeit mündlich wie schriftlich klar, prägnant und allgemein verständlich auszudrücken. Auch fachlich geprägte und juristisch komplexe Sachverhalte könne er nachvollziehbar aufbereiten und allgemeinverständlich darstellen, ohne dabei die wesentlichen Punkte zu vernachlässigen.
38
Zwar stützt der Auswahlvermerk diese Feststellungen auf die Anlassbeurteilung vom 14. Juli 2023; sie lassen sich allerdings ebenso den periodischen Beurteilungen des StMGP und des Landgerichts München I sowie dessen Beurteilungsbeitrag entnehmen. In der periodischen Beurteilung des StMGP finden sich hinsichtlich der fachlichen Leistung und der Befähigung Bewertungen zu den Kriterien Fachkenntnisse, Qualität und Quantität, mündliche und schriftliche Ausdrucksfähigkeit sowie Führungserfolg. Bei der Eignung werden u.a. Auffassungsgabe, geistige Beweglichkeit und Entscheidungsfreude und Urteilsvermögen bewertet. In den textlichen ergänzenden Bemerkungen werden die herausragenden und besonders fundierten juristischen Fachkenntnisse, die präzise und strukturierte Arbeitsweise, das sehr gute analytische Denkvermögen, die hohe Auffassungsgabe, die auch in schwierigen Situationen bestehende präzise Urteilsfähigkeit und das Vermögen des Antragstellers zum Aufzeigen kreativer Lösungen hervorgehoben. Die von ihm verantworteten Verfahrensabläufe organisiere der Antragsteller planvoll und vorausschauend. Aufgrund seines sehr guten analytischen Denkvermögens sowie seiner hohen Auffassungsgabe sei er in der Lage, komplexe Probleme auch in kürzester Zeit einer juristischen Würdigung zu unterziehen und diese komprimiert sowie verständlich darzustellen. Ausführungen zum Vermögen des Antragstellers, „schwierige Entscheidungen tatsächlich und juristisch sehr überzeugend zu begründen“, finden sich im Beurteilungsbeitrag der Präsidentin des Landgerichts München I und der periodischen Beurteilung 2020.
39
Soweit der Auswahlvermerk ergänzend darauf verweist, dass dem Antragsteller eine explizite Verwendungseignung für das Amt als Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht in der Beurteilung nicht zuerkannt worden sei und der Antragsteller bislang noch in keinem richterlichen oder staatsanwaltlichen Beförderungsamt tätig gewesen und auch erst zum 23. März 2022 zum Ministerialrat (BesGr. A 16) befördert worden sei, ist darauf hinzuweisen, dass weder die Zuerkennung der Verwendungseignung für das zu übertragende Statusamt in der aktuellen dienstlichen Beurteilung noch Erfahrungen in einem richterlichen oder staatsanwaltlichen Beförderungsamt Teil des konstitutiven Anforderungsprofils sind, wovon auch der Antragsgegner nicht ausgeht. Dienstliche Erfahrungen und Verwendungsbreite können daher allenfalls als Hilfskriterien herangezogen werden, wenn die aktuellen Beurteilungen sowie Vorbeurteilungen inhaltlich umfassend ausgeschöpft sind und die Bewerber demnach als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen sind (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16.09 – juris Rn. 46; B.v. 22.11.2012 -2 VR 5.12 – juris Rn. 25).
40
3. Nach alldem war die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Dem Beigeladenen, der keine eigenen Anträge gestellt hat, werden keine Kosten auferlegt (§ 154 Abs. 3 VwGO); seine außergerichtlichen Kosten trägt er selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO).
41
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 40, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG und entspricht derjenigen des Verwaltungsgerichts.
42
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).