Inhalt

VGH München, Beschluss v. 07.05.2024 – 22 CS 24.586
Titel:

Schließungsanordnung für einen Mischbetrieb wegen Verstoßes gegen die Ladenschlusszeiten

Normenketten:
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 1
LadSchlG § 1, § 3 S. 1, § 24 Abs. 1 Nr. 2 lit. a
GastG § 1, § 2 Abs. 2, § 7 Abs. 2
Leitsätze:
1. Trotz der Vereinigung zweier verschiedener Gewerbe in einem einheitlichen Gesamtbetrieb behält grundsätzlich jeder Betrieb seine rechtliche Eigenständigkeit. Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob die beiden Betriebe miteinander verbunden sind oder ob ein Betriebsteil den anderen überwiegt. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Etwas anderes ergibt sich nur dann, wenn sich der andere Betrieb räumlich und nach seinem Zweck als bloßer nebensächlicher Annex eines Ladengeschäfts darstellt, dem eine gänzlich untergeordnete Bedeutung zukommt. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schließungsanordnung für Ladengeschäft wegen Verstoßes gegen die Ladenschlusszeiten des LadSchlG, Mischbetrieb aus Verkaufsstelle und Dienstleistungsbetrieb, untergeordnete Bedeutung des Dienstleistungsbetriebs, Nebenverkauf zu Gastronomiebetrieb, Mischbetrieb, Internetcafé, Schank- und Speisewirt, Gaststättenbereich
Vorinstanz:
VG Augsburg, Beschluss vom 19.03.2024 – Au 8 S 24.238
Fundstellen:
BayVBl 2024, 815
BeckRS 2024, 12193
GewA 2024, 420
LSK 2024, 12193

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 19. März 2024 – Au 8 S 24.238 – wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Am 11. November 2022 meldete der Antragsteller in der Betriebsstätte W.-str., A. den Betrieb eines „Internetcafés“; erlaubnisfreier Gaststättenbetrieb (Verkauf v. Brötchen, Snacks, Speisen, Flaschenbier zum Mitnehmen, alkoholfreie Getränke, Tabak- und Süßwaren); ohne Ausschank von alkoholischen Getränken; Einzelhandel mit Lebensmitteln, Getränke, Zigaretten, Tabak, Elektroartikeln; (während den Ladenöffnungszeiten) namens „O. … …-shop & Internet Café“ an. Der ebenfalls angemeldete „Geldtransfer … …“ wurde am 12. Dezember 2022 abgemeldet. Der Betrieb besteht aus einem Verkaufsraum (ca. 25m²) und einem Nebenraum (ca. 8 m²), in dem aktuell sechs Computerplätze für die Internetnutzung eingerichtet sind.
2
Als Öffnungszeiten des Geschäfts gab der Antragsteller auf seiner Website werktags von 9:00 Uhr bis 22:00 Uhr und sonntags von 10:00 Uhr bis 22:00 Uhr an.
3
Die aufgrund einer Beschwerde durch die Antragsgegnerin durchgeführten Kontrollen an verschiedenen Tagen ergaben, dass der Antragsteller werktags in der Zeit von 20:00 Uhr bis 22:00 Uhr und auch sonntags Verkaufsgeschäfte tätigte und die Tür zum Laden geöffnet war.
4
Nach einem Aufklärungsgespräch, in dem der Antragsteller darauf hingewiesen worden war, dass er an die Öffnungszeiten des Ladenschlussgesetzes gebunden sei und seinen Laden um 20:00 Uhr und feiertags schließen müsse, weil es sich um keinen Gaststättenbetrieb handle, hörte ihn die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 18. Oktober 2023 zu einer Schließungsverfügung nach Art. 7 Abs. 2 LStVG mit Anordnung des Sofortvollzugs und Zwangsgeldandrohung an.
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Auch in der Folgezeit wurden in der Zeit zwischen 20:00 Uhr und 22:00 Uhr Verkaufsvorgänge festgestellt.
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Mit Bescheid vom 27. Dezember 2023 erließ die Antragsgegnerin – unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Ziffer 3), Androhung von Zwangsgeldern jeweils in Höhe von 1000,00 € (Ziffer 4 und 5) sowie Auferlegung der Verfahrenskosten (Ziffer 6) – folgende Anordnungen: Der Betrieb des Ladengeschäfts (…) in der Straße (…) ist ab dem Tag nach Bekanntgabe dieses Bescheids werktags von 20:00 bis 06:00 Uhr des Folgetages, an Sonn- und Feiertagen ganztägig sowie am 24. Dezember, wenn dieser Tag auf einen Werktag fällt, ab 14:00 Uhr einzustellen (Ziffer 1). Der Aufenthalt von Kunden ist ab dem Tag nach Bekanntgabe dieses Bescheids werktags ab 20:05 bis 06:00 Uhr des Folgetages untersagt. An Sonn- und Feiertagen ist der Aufenthalt von Kunden ganztägig untersagt, sowie am 24. Dezember eines jeden Jahres, wenn dieser Tag auf einen Werktag fällt ab 14:05 Uhr (Ziffer 2).
7
Die Anordnungsgrundlage ergebe sich aus Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG. Der Betrieb stelle eine Mischform dar in Form einer Verkaufsstelle als Einzelhandelsbetrieb sowie einem Dienstleistungsbetrieb. In räumlicher wie auch finanzieller Hinsicht liege der Schwerpunkt auf der Verkaufsstelle mit gemischtem Warensortiment, wohingegen der Dienstleistungsbetrieb einen untergeordneten Teil einnehme. Aus diesem Grund seien die allgemeinen Ladenschlusszeiten anzuwenden. Es liege auch kein sogenannter Gassenausschank nach § 7 Abs. 2 GastG vor. Vielmehr seien Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller den Getränkeausschank nicht ernsthaft betreiben wolle, sondern sich hierdurch lediglich die Möglichkeit schaffe, auch nach Ladenschluss Warenhandel zu betreiben. Aufgrund der vorgenommenen Kontrollen seit September 2023 sowie eines persönlichen Gesprächs mit dem Antragsteller könne festgestellt werden, dass er kein Gaststättengewerbe im Sinne des § 2 Abs. 1 GastG betreibe. Es sei ein diesbezüglicher ernstlicher Wille auch nicht erkennbar. Im Rahmen der insgesamt zehn Kontrollen in einem Zeitraum von Oktober bis Dezember 2023 sei kein einziges Mal ein Verzehr von Waren im Betrieb festgestellt worden. Nur ein einziges Mal sei eine an dem mit Sitzgelegenheiten ausgestatteten Stehtisch sitzende Person festgestellt worden – jedoch ohne, dass diese etwas trank oder verzehrte. Auch von außen betrachtet erwecke der Betrieb nicht den Eindruck eines Gaststättenbetriebes. Von vier in der Verkaufsstelle bereitgehaltenen Sitzen sei lediglich einer nutzbar. Die Schaufenster würden lediglich plakativ Dienstleistungsangebote bewerben. Der Nebenraum zur Internetnutzung wie auch als Lager für Getränke sowie Putzutensilien lade nicht zum Verbleib ein. Die zum Verkauf angebotenen Getränke seien aufgrund ihrer Darreichungsform typischerweise dazu geeignet, diese im Weitergehen zu verzehren. Die im Ladengeschäft zum Verkauf angebotenen Heißgetränke für einen Verzehr an Ort und Stelle seien nicht dazu geeignet, zum maßgeblichen Umsatz beizutragen. Die vorhandenen Computerarbeitsplätze, mit Trennwänden, Tastatur und Bildschirm bestückt, würden nicht den Eindruck erwecken, dass ein Verzehr in diesen Räumen möglich bzw. gewünscht sei. Die Sitzplatzsituation hinter der Eingangstür sei beengt und führe nicht zu einer gesteigerten Aufenthaltsqualität, welche zur Umsatzsteigerung eines Gaststättenbetriebes interessant wäre. Vielmehr sei der Stehtisch mit Sitzgelegenheiten erst nach dem Aufklärungsgespräch im September 2023 aufgestellt worden. Nachträglich seien auch die Computerarbeitsplätze von drei auf sechs erhöht worden. Die Änderung in eine klassische Gaststätte habe der Antragsteller bereits im September 2023 angekündigt, bis zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides habe die Antragsgegnerin die betreffenden Unterlagen nicht erhalten. Aus Sicht der Antragsgegnerin habe der Antragsteller hieran auch kein Interesse. Es bestehe daher die konkrete Gefahr, dass der Antragsteller auch in Zukunft eine Ordnungswidrigkeit nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 3 Satz 1 LadSchlG verwirklichen werde. Er sei Inhaber eines Ladengeschäftes im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 LadSchlG, Ausnahmetatbestände über die allgemeinen Ladenschlusszeiten hinaus seien nicht ersichtlich.
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Mit Beschluss vom 19. März 2024 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 27. Dezember 2023 ab. Die Begründung für den Sofortvollzug genüge den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Anhörung nach Art. 28 BayVwVfG sei ordnungsgemäß erfolgt. Bei dem Antragsteller handle es sich um den Inhaber eines Ladengeschäftes im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 LadSchlG, da er Waren zum Verkauf an jedermann feilhalte. Nach den Feststellungen der Antragsgegnerin habe der Antragsteller wiederholt gegen die allgemeinen Ladenschlussgesetzregelungen verstoßen, indem in dessen Ladengeschäft auch nach den dortigen Öffnungszeiten Waren feilgeboten worden seien (vgl. die Übersicht der Antragsgegnerin hierzu Bl. 49 f. der Behördenakte). Eine andere Bewertung ergebe sich auch nicht aus dem Charakter des Ladengeschäftes in Form eines Mischbetriebes. Im Rahmen der Gewerbeanmeldung habe der Antragsteller angegeben, dass der Schwerpunkt des Betriebes im Führen eines Internet-Cafés liege. Zwar dürfte das Internet-Café an sich nicht unter die allgemeinen Ladenschlusszeiten fallen, da es sich hierbei – aufgrund des Dienstleistungscharakters – um keine Verkaufsstelle im Sinne von § 1 LadSchlG handle. Nach der dem Gericht im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung könne im Betrieb des Internet-Cafés entgegen der Gewerbeanmeldung indes kein Hauptbetrieb gesehen werden. Vielmehr dürfte es sich vorliegend um einen Mischbetrieb handeln, bei welchem davon ausgegangen werden müsse, dass der Schwerpunkt voraussichtlich beim Ladengeschäft liege. Um Wiederholungen zu vermeiden, könne hierzu auf die ausführlichen Feststellungen der Antragsgegnerin im Bescheid verwiesen werden. Dem stehe nach derzeitigem Stand auch nicht entgegen, dass der Antragsteller im Rahmen des Internet-Cafés unter anderem die Abgabe von alkoholfreien Getränken und zubereiteten Speisen i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 3 GastG in Form eines erlaubnisfreien Gaststättenbetriebs angemeldet habe. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung gehe die Kammer nicht davon aus, dass der Antragsteller einen erlaubnisfreien Gaststättenbetrieb ernstlich betreiben wolle. Nach § 1 Abs. 1 GastG liege der Betrieb einer Schank- bzw. Speisewirtschaft vor, wenn im stehenden Gewerbe Getränke bzw. zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht würden und der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich sei. Hierbei fordere der Verzehr an Ort und Stelle einen engen räumlichen Zusammenhang mit der Abgabe sowie einen alsbaldigen Verzehr, wobei auf die typischen Verkehrsgewohnheiten und -anschauungen abzustellen sei. Seien besondere Einrichtungen für den alsbaldigen Verzehr an Ort und Stelle vorhanden (z.B. Abstell- oder Sitzgelegenheiten), liege stets ein Ausschank vor; auch Vorrichtungen zum Öffnen von Flaschen oder das Bereitstellen von Bechern sprächen für das Vorliegen eines Ausschanks. Fehlten solche Einrichtungen, komme es darauf an, ob der Ort mit Wissen und Duldung des Gewerbetreibenden tatsächlich als Verzehrort benutzt werde. Der räumliche Zusammenhang sei nicht mehr gewahrt, wenn mit dem Verzehr an Ort und Stelle begonnen werde, der Verzehr aber hauptsächlich im Weitergehen stattfinde. Ein Gaststättenbetrieb unterliege nur dann lediglich der allgemeinen Sperrzeit und nicht den allgemeinen Ladenöffnungszeiten, sofern der Inhaber diesen ernstlich betreiben wolle und die Gaststätte nicht lediglich anmelde, um Warenhandel auch nach Ladenschluss zu betreiben. Entgegen der Ansicht des Antragstellers ergebe sich aus dem Ordnungswidrigkeitsverfahren im Jahre 2021 gegen den früheren Betriebsinhaber nicht, dass kein Verstoß gegen das Ladenschlussgesetz vorliege. Vielmehr sei zu Gunsten des damaligen Betriebsinhabers zunächst davon ausgegangen worden, dass dieser ernstlich bemüht gewesen sei, in den Betriebsräumen eine erlaubnisfreie Schank- bzw. Speisewirtschaft zu betreiben. Ein Bemühen des vormaligen Betriebsinhabers im Jahre 2021 lasse nicht zwingend auf einen ernsthaften Willen des jetzigen Betriebsinhabers im Jahre 2023/2024 schließen, zumal es fraglich erscheine, ob – bei gleichen objektiven Bedingungen – dasselbe für den vormaligen Betriebsinhaber nach der aktuellen Sachlage gelten würde, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass auch der damalige Betreiber eine Umwandlung in eine echte Gaststätte angekündigt habe.
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Zur Begründung seiner Beschwerde bringt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass das Verwaltungsgericht bereits von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sei. Das Internet-Café sei seit jeher in der jetzigen Form betrieben worden. Ein bereits vor Jahren eingeleitetes Bußgeldverfahren wegen Verstoßes gegen das Ladenschlussgesetz gegen den vormaligen Betreiber sei eingestellt worden. Im Internet-Café seien sechs Plätze vorhanden gewesen, die nur aufgrund von Umbauarbeiten vorübergehend auf drei Plätze reduziert worden seien. In rechtlicher Hinsicht unterscheide das Verwaltungsgericht nicht zwischen dem Betrieb des Ladengeschäfts und dem Internet-Café. Der Café-Betrieb und die Internetnutzung könnten nicht nach Art. 7 Abs. 2 LStVG verboten werden. Nach § 7 GastG dürften durch den Gastwirt auch außerhalb der Ladenschlusszeiten Zubehörwaren (Süßigkeiten, Tabakwaren) an Gäste abgegeben werden bzw. innerhalb des Ladens Getränke und zubereitete Speisen aus dem Betrieb an jedermann zum alsbaldigen Verkehr abgegeben werden. Diese Ausnahmeregelung sei vom Verwaltungsgericht nicht gewürdigt worden. Es hätte allenfalls untersagt werden dürfen, Waren, die nicht im räumlichen Zusammenhang mit dem Café stehen, abzugeben. Ein Betrieb der Internetplätze und deren Bewirtung müsse aber möglich sein. Die Vermutung, dass Internetplätze nicht zur Nutzung von Angeboten des Geschäfts genutzt würden, sei unzutreffend. Schließlich unterstelle das Verwaltungsgericht, dass das Bemühen, den Gastronomiebereich zu erweitern, nicht gegeben sei. Das Ermessen sei in mehrfacher Hinsicht falsch ausgeübt worden. Auch die generelle Interessenabwägung falle nicht zulasten des Antragstellers aus.
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Einen konkreten Antrag hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht gestellt. Aus seinem Vorbringen wird aber deutlich, dass er eine Aufhebung bzw. zumindest eine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses begehrt.
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Ergänzend wird auf die vorgelegten Behörden- und Gerichtsakten verwiesen.
II.
12
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigt keine Aufhebung oder Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 19. März 2024. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Dezember 2023 voraussichtlich erfolglos bleiben wird und das Interesse der Antragsgegnerin am sofortigen Vollzug der angeordneten Betriebseinstellung für das Ladengeschäft das Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung über seine Klage das Geschäft auch außerhalb der Ladenschlusszeiten geöffnet zu halten, überwiegt.
13
Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Schließungsanordnung ist Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG. Mit dem Verkauf der im Ladengeschäft angebotenen Waren an Werktagen nach 20 Uhr und an Feiertagen verstößt der Antragsteller gegen § 3 Satz 1 LadSchlG und verwirklicht dadurch den Bußgeldtatbestand des § 24 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a LadSchlG, weil er außerhalb der gesetzlich geregelten Ladenschlusszeiten eine Verkaufsstelle im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 LadSchlG betreibt. Der Antragsteller führt einen Mischbetrieb mit einem Ladengeschäft, das den Bestimmungen des Ladenschlussgesetzes unterliegt, und einem Internet-Café, einem Dienstleistungsbetrieb, der hiervon ausgenommen ist. Trotz der Vereinigung zweier verschiedener Gewerbe in einem einheitlichen Gesamtbetrieb behält grundsätzlich jeder Betrieb seine rechtliche Eigenständigkeit (BVerwG, U.v. 9.6.1960 – I C 41.56 – NJW 1960, 2209). Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob die beiden Betriebe miteinander verbunden sind oder ob ein Betriebsteil den anderen überwiegt (VGH BW, U.v. 19.3.2015 – 6 S 844/14 – juris Rn. 22 m.w.N.). Etwas anderes ergibt sich nur dann, wenn sich der andere Betrieb räumlich und nach seinem Zweck als bloßer nebensächlicher Annex eines Ladengeschäfts darstellt, dem eine gänzlich untergeordnete Bedeutung zukommt (BVerwG, U.v. 25.5.1965 – I C 97.62 – juris Rn. 13). Das Vorbringen des Antragstellers, das Verwaltungsgericht unterscheide nicht zwischen dem Internet-Café und dem Ladengeschäft, ist vor diesem Hintergrund nicht zutreffend. Das Verwaltungsgericht geht von einem Mischbetrieb aus einem Dienstleistungsbetrieb und einem Ladengeschäft aus. Allerdings liegen nach Auffassung der Antragsgegnerin und des Verwaltungsgerichts keine zwei räumlich und organisatorisch gleichrangigen Betriebsteile vor, die nach den jeweils für sie geltenden Bestimmungen geführt werden müssten. Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass das Ladengeschäft und nicht das Internet-Café den Schwerpunkt des Mischbetriebs bilde und das Internet-Café nur ein Annex zum Ladengeschäft sei, hat der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert widerlegt. Für die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts sprechen die fehlende räumliche Trennung des Ladens vom Internet-Café (der einzige Eingang führt in den Verkaufsladen), die geringe Größe des Nebenraums mit den Internetplätzen im Vergleich zum Verkaufsraum und die im Vergleich zum Ladengeschäft geringe Nutzung und der geringe Umsatzanteil der Computerplätze. Diesen durch die Antragsgegnerin vorgetragenen tatsächlichen Umständen ist der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nicht substantiiert entgegengetreten.
14
Die Beschwerde bleibt auch ohne Erfolg, soweit sich der Antragsteller darauf beruft, dass er als Schank- und Speisewirt nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 GastG berechtigt sei, auch außerhalb der Ladenschlusszeiten die in dieser Vorschrift genannten Artikel aus dem Ladengeschäft zu verkaufen. Denn der Antragsteller betreibt kein erlaubnisfreies (§ 2 Abs. 2 GastG) Gaststättengewerbe und ist daher kein Schank- oder Speisewirt i.S.d. § 7 Abs. 2, § 1 Abs. 1 GastG. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Nebenraum mit den Computertischen und der Tisch im Verkaufsraum nicht ausreichen, um vom Vorliegen eines Gaststättengewerbes auszugehen. Daran ändert auch die Anmeldung eines erlaubnisfreien Gaststättengewerbes durch den Antragsteller nichts. Unerheblich ist dabei, ob ursprünglich drei oder bereits sechs Computerplätze in dem Nebenraum vorhanden waren. Vielmehr zeigen die bei den Behördenakten befindlichen Lichtbilder, dass der Nebenraum offensichtlich auch als Abstellraum genutzt wird und nicht zu einem längeren Verweilen einlädt. Die Computerplätze sind so kleinräumig, dass es kaum möglich ist, ein Getränk oder eine Speise neben sich zu platzieren. Die Antragsgegnerin hat bei den dokumentierten Kontrollen keine gastronomische Nutzung an den Computertischen im Nebenraum und an dem Stehtisch im Verkaufsraum feststellen können. Ein Café-Betrieb wird vom Antragsteller zudem nicht beworben. Auch der im Verkaufsraum vorhandene Tisch mit Bestuhlung verleiht dem Ladengeschäft nicht den Charakter einer Schank- und Speisewirtschaft. Die gastronomische Ausstattung beschränkt sich auf eine Kaffeemaschine zur Zubereitung von Heißgetränken und Einwegplastikbecher. Ansonsten werden nur Getränke in Dosen oder Flaschen angeboten, die nicht vor Ort verzehrt werden müssen. Bei ihren zehn Kontrollen hat die Antragsgegnerin keinen Verzehr von Speisen und Getränken an dem Tisch im Ladengeschäft feststellen können.
15
Der Einwand des Antragstellers, er beabsichtige, den Gaststättenbereich zu erweitern, verhilft der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg. Maßgeblich ist für die summarische Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheids ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Behördenentscheidung. Sowohl die bestehende Genehmigungslage als auch die tatsächliche Ausstattung der „Gasträume“ sowie das „Speisenangebot“ lassen keine Nutzung des „Internet-Cafés“ als Schank- und Speisewirtschaft erkennen. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass ein Bußgeldverfahren gegen den ehemaligen Betreiber wegen Verstoßes gegen das Ladenschlussgesetz eingestellt wurde. Das Verwaltungsgericht hat in den Beschlussgründen dargelegt, aus welchen Gründen die Antragsgegnerin damals von einem Gaststättenbetrieb ausging und weshalb der Antragsteller bislang keinen Gaststättenbetrieb führt.
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Das Verwaltungsgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat. Der Einwand des Antragstellers, es sei nicht berücksichtigt worden, dass er ein Internet-Café betreibe, trifft nicht zu. Sowohl die Antragsgegnerin als auch das Verwaltungsgericht haben ausführlich begründet, weshalb sie im Fall des Antragstellers davon ausgehen, dass er das Internet-Café nicht ernsthaft, sondern nur deshalb betreibe, um unter Umgehung der Ladenschlusszeiten weiter Verkaufsgeschäfte zu tätigen. Daher bedurfte es keiner weiteren Erwägungen seitens der Antragsgegnerin, unter welchen Umständen es dem Antragsteller gestattet werden könnte, zumindest die in § 7 Abs. 2 GastG genannten Artikel außerhalb der Öffnungszeiten des Ladenschlussgesetzes an die Nutzer der Computer abzugeben. Das gilt in gleicher Weise für die Ermöglichung des Zugangs zu den Computerplätzen. Diesbezüglich ist die Antragsgegnerin davon ausgegangen, dass es sich nur um einen unselbständigen Annex zum Ladengeschäft handelt, so dass die Ermöglichung eines Zugangs nach 20 Uhr werktags und an Sonntagen bei der Schließungsanordnung für das Ladengeschäft nicht weiter zu prüfen war.
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Angesichts der voraussichtlichen Erfolglosigkeit der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid vom 27. Dezember 2023 – soweit er im Beschwerdeverfahren einer summarischen Überprüfung unterzogen wurde – ist auch von einem überwiegenden Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin auszugehen. Zur Begründung des Sofortvollzugs hat die Antragsgegnerin zu Recht auf Wettbewerbsnachteile anderer Verkaufsstellen hingewiesen. Demgegenüber trägt der Hinweis des Antragstellers auf die Wettbewerbssituation zu Tankstellen nicht, weil § 6 Abs. 2 LadSchlG für Tankstellen eine gesetzliche Ausnahmeregelung für die Abgabe bestimmter Waren außerhalb der Ladenschlusszeiten vorsieht.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
19
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).