Titel:
			Erfolglose Beschwerde in einem lebensmittelrechtlichen Verfahren wegen bei einer Kontrolle in einer betriebsbereiten Fritteuse festgestellten verdorbenen Frittierfettes
			Normenketten:
			VwGO § 108 Abs. 2, § 146
			LFGB § 40 Abs. 1a S. 1 Nr. 3
			ZPO § 294
			GG Art. 103 Abs. 1
			Leitsatz:
			 Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen in seine Erwägung einbezogen hat. Nur wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls klar und deutlich ergibt, dass das Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat, kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs angenommen werden. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
			Schlagworte:
			Information der Öffentlichkeit, Verdorbenes Frittierfett, Eidesstattliche Versicherung, Beweiswürdigung, verdorbenes Frittierfett, eidesstattliche Versicherung
			Vorinstanz:
			VG Regensburg, Beschluss vom 19.03.2024 – RO 5 E 24.491
			Fundstelle:
			BeckRS 2024, 12187
		 
		 
		Tenor
		
			
			I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
		 
		
			
			II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
		 
		
			
			III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
		 
		Gründe
		
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			Die gem. § 146 Abs. 1 VwGO statthafte sowie fristgerecht eingelegte (§ 147 Abs. 1 VwGO) Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Die mit der Beschwerde dargelegten Gründe, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern sein soll und auf deren Prüfung sich der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO zu beschränken hat, ergeben nicht, dass das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin, dem Antragsgegner aufzugeben, die geplante Information der Öffentlichkeit zu unterlassen, zu Unrecht abgelehnt hat.
		 
		
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			1. Die Beschwerdebegründung genügt bereits hinsichtlich der Frage der Bewertung der genommenen Proben nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Begründung der Beschwerde einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Sie muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb diese aus Sicht des Beschwerdeführers nicht tragfähig sind. Das erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Das erstinstanzliche Vorbringen wie hier zum Teil nur zu wiederholen, ohne auf die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung einzugehen, reicht grundsätzlich ebenso wenig wie pauschale oder formelhafte Rügen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 28.11.2022 – 1 CS 22.2150 – juris Rn. 3; B.v. 14.12.2017 – 1 CS 17.2072 – juris Rn. 3; B.v. 17.7.2013 – 15 CS 13.800 – juris Rn. 10).
		 
		
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			2. Soweit die Antragstellerin eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) darin sieht, dass das Verwaltungsgericht die eidesstattliche Versicherung ihres Küchenchefs nicht berücksichtigt hat, wendet sie sich im Kern gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts.
		 
		
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			Das Verwaltungsgericht ist in seiner Entscheidung davon ausgegangen, dass das vorgefundene Frittierfett in den Verkehr gebracht worden sei. Ein Inverkehrbringen liege gemäß Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) 178/2002 dann vor, wenn Lebensmittel oder Futtermittel für Verkaufszwecke einschließlich das Anbieten zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht bereitgehalten würden, sowie wenn Verkauf, Vertrieb oder eine andere Form der Weitergabe selbst beabsichtigt würden. Dabei reiche es insbesondere aus, wenn ein Lebensmittel in der Absicht bereitgehalten werde, dieses an den Endverbraucher weiterzugeben. Eine tatsächliche Weitergabe müsse gerade noch nicht erfolgt sein. Im vorliegenden Fall habe sich das Frittierfett während der Öffnungszeit der Gaststätte der Antragstellerin in der an das Stromnetz angeschlossenen und eingeschalteten Fritteuse befunden, diese sei somit betriebsbereit gewesen. Es könne offenbleiben, ob die Antragstellerin bereits neues, frisches Frittierfett zum Austausch bereitgestellt habe. Die Inbetriebnahme der Fritteuse lasse den Rückschluss zu, dass zumindest am Kontrollabend noch das bereits in der Fritteuse vorhandene Frittierfett habe verwendet werden sollen. Das Gericht folge insofern der widerspruchsfreien Darstellung der Kontrolleure in ihren Stellungnahmen zur Betriebskontrolle.
		 
		
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			Diesen Feststellungen ist die Antragstellerin nicht in einer Weise entgegengetreten, dass die Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu beanstanden wäre. Zwar ist richtig, dass der Küchenchef der Antragstellerin in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 3. März 2024 u.a. erklärt hat, dass die betreffende Fritteuse kalt gewesen sei und wohl vor der Inbetriebnahme noch ein Wechsel des Frittierfettes habe erfolgen sollen. Eine eidesstattliche Versicherung dient im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO der Glaubhaftmachung des behaupteten Anordnungsanspruchs (§§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO). Sie unterliegt aber der freien Beweiswürdigung durch das Gericht (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dabei hat das Verwaltungsgericht nicht gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs und Beweiswürdigungsgrundsätze verstoßen.
		 
		
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			Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet die Gerichte dazu, entscheidungserheblichen Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gericht muss sich jedoch in den Gründen der Entscheidung nicht mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich auseinandersetzen. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen in seine Erwägung einbezogen hat. Nur wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls klar und deutlich ergibt, dass das Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat, kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs angenommen werden (stRspr, vgl. BVerwG, B. v. 2.5.2017 – 5 B 75.15 – juris Rn 11).
		 
		
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			Davon kann hier jedoch nicht ausgegangen werden. Das Verwaltungsgericht ist im Rahmen seiner Beweiswürdigung den Darstellungen der beiden Lebensmittelkontrolleure der Antragsgegnerin gefolgt. Insoweit liegt es auf der Hand, dass es der Erklärung des Küchenchefs keinen Glauben geschenkt hat. Hierbei hat das Verwaltungsgericht auch berücksichtigt, dass der Küchenchef der Antragstellerin im Rahmen der lebensmittelrechtlichen Kontrolle angegeben habe, dass das Fett zum Frittieren von Geflügel verwendet werde und es sich bereits seit Mitte November in der Fritteuse befunden habe und seit diesem Zeitpunkt nicht ausgetauscht worden sei. Die vorgefundene Situation lasse nur den Rückschluss zu, dass das Frittierfett auch am Abend der Kontrolle habe dazu verwendet werden sollen, Geflügelteile zu frittieren und diese anschließend an den Endverbraucher weiterzugeben. Ein Verstoß gegen Denkgesetze vermag der Senat hierbei nicht zu erkennen.
		 
		
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			Schließlich muss auch beachtet werden, dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 40 Abs. 1a Satz 1 LFGB den durch „Tatsachen hinreichend begründete(n) Verdacht“ eines Verstoßes ausreichen lässt. Für den Fall von Proben ist dies im Gesetz dahingehend konkretisiert, dass sich der Verdacht auf mindestens zwei unabhängige Untersuchungen gründen muss, was im vorliegenden Fall gegeben ist. Aufgrund dieser Proben und der Erklärung des Küchenchefs der Antragsgegnerin, das Fett werde zum Frittieren von Geflügel verwendet und befinde sich bereits seit Mitte November in der Fritteuse, besteht zudem der begründete Verdacht, dass bereits vor dem Kontrolltermin Lebensmittel in den Verkehr gebracht wurden, welche für den Verzehr durch Menschen ungeeignet sind (Art. 14 Abs. 2 lit. b der VO (EG) 178/2002). Denn für den mangelhaften Zustand des Frittierfettes und dessen Vorhalten im Lebensmittelbetrieb hat die Antragstellerin keine Begründung abgegeben. Deswegen muss der Senat davon ausgehen, dass mit dem Fett in der Vergangenheit bis unmittelbar vor der Kontrolluntersuchung durch die Antragsgegnerin Lebensmittel zubereitet und in den Verkehr gebracht wurden. Folglich kommt es auf die von der Antragstellerin mit ihrer Beschwerde angebotenen Zeugenaussagen weiterer ihrer Angestellter zu den Geschehnissen bei der Probenahme nicht mehr an.
		 
		
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			2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. In Anlehnung an Ziff. 25.2 und Ziff. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs 2013 war der Auffangwert in voller Höhe anzusetzen und von einer Reduzierung des Betrags im Eilverfahren abzusehen.
		 
		
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			Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).