Inhalt

VGH München, Beschluss v. 30.04.2024 – 19 CE 24.661
Titel:

Beschwerdeausschluss gemäß § 80 AsylG bei (Verfahrens-)Duldungen nach § 60a Abs. 2 AufenthG

Normenketten:
VwGO § 123
AsylG § 80
AufenthG § 60a Abs. 2
Leitsatz:
Der Beschwerdeausschluss nach § 80 AsylG erstreckt sich auch auf (Verfahrens-)Duldungen nach § 60a Abs. 2 AufenthG. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorläufige Aussetzung der Abschiebung (Verfahrens) Duldung, Beschwerdeausschluss, Aussetzung, Ghana, Duldung, Aussetzung der Abschiebung, unzulässige Beschwerde
Vorinstanz:
VG Würzburg, Beschluss vom 04.04.2024 – W 7 E 24.476
Fundstellen:
InfAuslR 2024, 325
BeckRS 2024, 12178
LSK 2024, 12178

Tenor

I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250 € festgesetzt.

Gründe

1
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, sie in Vollzug einer rechtskräftigen asylrechtlichen Abschiebungsandrohung (Ziff. 5 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 18.3.2018) nach Ghana abzuschieben, weiter.
2
Die Beschwerde ist bereits unzulässig.
3
Nach § 80 AsylG in der seit 27. Februar 2024 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 14 des Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz) vom 21. Februar 2024 (BGBl. I Nr. 54 vom 26.2.2024) können Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylgesetz und über Maßnahmen zum Vollzug der Abschiebungsandrohung (§ 34 AsylG) oder der Abschiebungsanordnung (§ 34a AsylG) nach dem Aufenthaltsgesetz vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 VwGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
4
Hier liegt die zweite Alternative der Bestimmung vor [„und über Maßnahmen zum Vollzug der Abschiebungsandrohung (§ 34 AsylG) oder der Abschiebungsanordnung (§ 34a AsylG) nach dem Aufenthaltsgesetz“]. Die Versagung der vorübergehenden Aussetzung der Abschiebung ist eine Maßnahme nach dem Aufenthaltsgesetz (Umkehrschluss aus § 102 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, der die Aussetzung der Abschiebung – wie auch die Abschiebung – als ausländerrechtliche Maßnahme bezeichnet). Sie dient der “Durchsetzung“ der asylrechtlichen Abschiebungsandrohung, da mit der Versagung der (Verfahrens) Duldung die Verwaltungsvollstreckung nicht weiter gehindert wird (vgl. auch VGH BW, B.v. 13.3.2024 – 11 S 402/24 – juris Rn. 4; a.A. BayVGH, B.v. 19.3.2024 – 10 CE 24.374 n.V.). Da das gesamte Verfahren der Aufenthaltsbeendigung abgelehnter Asylbewerber als funktionelle Einheit begriffen werden muss, kommt es nicht auf die Frage an, wo etwaige die Vollstreckung hindernde Gegenrechte ihre rechtliche Grundlage haben (wie z.B. Kindeswohl, familiäre Bindungen, Gesundheitszustand des Ausländers, insbesondere Reise[un]fähigkeit; vgl. Hess-VGH, B.v. 4.9.2023 – 3 D 1144/23 – juris Rn. 6; Neundorf in BeckOK Ausländerrecht, § 80 AsylG Rn. 5).
5
Der Wortlaut des § 80 AsylG n.F. rechtfertigt also im vorliegenden Verfahren den Beschwerdeausschluss. In gesetzessystematischer Hinsicht steht kein entgegenstehender Anhalt entgegen. Aus der schriftlichen Begründung zur Neufassung des § 80 AsylG ergibt sich der Wille des Gesetzgebers, gesetzliche Regelungen, die Abschiebungsmaßnahmen verhindern oder zumindest erschweren, anzupassen und Rückführungen effektiver zu gestalten (vgl. BT-Drs. 20/9463 vom 24.11.2023, S. 1, 20). Damit ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeausschluss nach § 80 AsylG, auch auf (Verfahrens-)Duldungen nach § 60a Abs. 2 AufenthG erstreckt werden sollte (so auch Dienelt, Erweiterung des Beschwerdeausschlusses nach § 80 AsylG, abrufbar unter www.migrationsrecht.net/nachrichten-auslaenderrecht-politik-gesetzgebung/erweiterung-des-beschwerdeausschlusses-nach-80-asylg.html, zuletzt besucht am 30.4.2024), was mit dem Wortlaut der Bestimmung ohne weiteres zu vereinbaren ist.
6
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
7
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 2 GKG.
8
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).