Titel:
Kein Anspruch auf Unterlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen bei Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 104c AufenthG
Normenketten:
AufenthG § 60a Abs. 2 S. 1, § 81, § 104c
VwGO § 123 Abs. 1
Leitsatz:
Beantragt ein Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis, so steht ihm ein Bleiberecht für die Dauer des Erteilungsverfahrens nur insoweit zu, als dem Antrag eine Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 3 bzw. 4 AufenthG zukommt. Besteht dagegen mangels Fiktionswirkung kein Bleiberecht, scheidet die Erteilung einer Duldung für die Dauer des Erteilungsverfahrens grundsätzlich aus. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
irakischer Staatsangehöriger, Aufenthaltserlaubnis, aufenthaltsbeendende Maßnahmen, Fiktionswirkung
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 14.05.2024 – 19 CE 24.398
Fundstelle:
BeckRS 2024, 12177
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 1.250,00 EUR festgesetzt.
4. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird für das Klage- und Antragsverfahren abgelehnt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt im einstweiligen Rechtsschutz die Verpflichtung des Antragsgegners, Abschiebungsmaßnahmen zu unterlassen.
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Der Antragsteller ist irakischer Staatsbürger und reiste am 24. September 2015 unerlaubt in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Sein am 17. Dezember 2015 gestellter Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 30. November 2016 (Az. …*) vollumfänglich abgelehnt. Mit Urteil vom 20. März 2018 wies das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach die hiergegen erhobene Klage (Az. AN 2 K 16.32410) ab. Der Antragsteller ist seitdem vollziehbar ausreisepflichtig.
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Der Antragsteller war (nach Aktenlage seit 2.8.2018; zuletzt verlängert bis 30.11.2023) in Besitz einer Duldung (zwischenzeitlich in Form einer Ausbildungsduldung; im Übrigen gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG; teilweise und zuletzt mit Beschäftigungserlaubnis). Der Antragsteller ist im Besitz eines (bis 7.12.2030) gültigen Reisepasses.
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Im Rahmen einer Probearbeit bei der Firma … ist der Antragsteller nach Aktenlage am 23. Februar 2021 zwecks einer Transportlieferung nach Österreich (und wohl am selben Tag zurück nach Deutschland) gefahren.
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Mit Schreiben vom 12. August 2021 bat die seinerzeit Bevollmächtigte des Antragstellers um Mitteilung bzw. Bestätigung, dass der eintägige Aufenthalt des Antragstellers in Österreich nicht die Frist des § 25b AufenthG unterbreche. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass er dort keinen Urlaub gemacht habe, sondern im Rahmen seiner Fahrertätigkeit nach Österreich habe einreisen müssen, um den Auftrag seines Arbeitgebers zu erfüllen, und ihm die Folgen in keiner Weise bewusst gewesen seien.
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Mit Schreiben vom 13. Oktober 2021 teilte die Antragsgegnerin hieraufhin mit, dass § 25b AufenthG voraussetze, dass der Betroffene sich seit mindestens acht Jahren ununterbrochen geduldet oder gestattet mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufhalte. Nach § 60 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erlösche die Duldung automatisch bei der Ausreise aus dem Bundesgebiet, gleichgültig für welche Zeitdauer sie erteilt gewesen sei. Ausreichend für das Erlöschen sei hier auch eine nur vorübergehende Ausreise. Somit liege im Falle des Antragstellers eine Unterbrechung vor.
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Am 3. Januar 2023 beantragte die seinerzeitig Bevollmächtigte Rechtsanwältin für den Antragsteller die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104c AufenthG.
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Mit Schreiben vom 3. Juli 2023 wurde dem Antragsteller Gelegenheit zur beabsichtigten Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gegeben.
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Hierauf erwiderte die seinerzeitig Bevollmächtigte des Antragstellers, dass der Anwendungsbereich des § 104c Satz 1 AufenthG eröffnet sei, da sich der Antragsteller am 23. Februar 2023 (gemeint wohl: 2021) nur wenige Stunden in Österreich aufgehalten habe und dies mit einer gültigen Duldung. In dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration vom 22. Dezember 2022 an die Regierungen heiße es auf Seite 12, dass kurzfristige Unterbrechungen des Aufenthalts im Bundesgebiet von bis zu drei Monaten, die keine Verlegung des Lebensmittelpunktes beinhalten, unschädlich seien. Vorliegend sei zugunsten des Antragstellers zu berücksichtigen, dass er keinen Urlaub in Österreich gemacht habe, sondern in Ausübung seiner Erwerbstätigkeit als Kraftfahrer eine Lieferung nach Österreich habe vollziehen müssen und gar nicht gewusst habe, dass er dabei das Bundesgebiet verlasse.
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Mit Bescheid vom 20. Juli 2023 lehnte die Regierung von Mittelfranken den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104c AufenthG ab. Bereits der Anwendungsbereich der Norm sei nicht eröffnet. § 104c Abs. 1 Satz 1 AufenthG verlange das Vorliegen eines geduldeten Ausländers, der sich am 31. Oktober 2022 seit fünf Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten habe. Der Antragsteller habe sich im Februar 2021 im Ausland aufgehalten. Zwar sei der Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet seit seiner Wiedereinreise durchgängig gestattet oder geduldet gewesen, jedoch erfülle er den geforderten Zeitraum von fünf Jahren zum Stichtag nicht. Die Duldung habe den Antragsteller nicht zu Auslandsreisen berechtigt. Bei den vom Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration vom 22. Dezember 2022 genannten kurzfristigen Unterbrechungen des Aufenthalts von bis zu drei Monaten können nur solche Auslandsreisen gemeint sein, die vom Ausländer im Besitz eines Aufenthaltstitels und mit Rückkehrberechtigung rechtmäßig getätigt worden seien, nicht aber Auslandsreisen im Status der Aufenthaltsgestattung oder der Duldung, die regelmäßig nicht zum Grenzübertritt berechtigen und daher mit einer unerlaubten (Wieder) Einreise einhergehen. Auch die Behauptung, dem Antragsteller sei nicht bewusst gewesen, dass er das Bundesgebiet verlassen habe, sei unglaubwürdig.
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Am 20. September 2023 stellte die Zentrale Ausländerbehörde … betreffend den Antragsteller einen Antrag auf Durchführung einer (Luft-)Abschiebung.
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Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 20. Dezember 2023 beantragte der Antragsteller das Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG in Bezug auf den Bescheid vom 20. Juli 2023. Der Bescheid sei leider bestandskräftig geworden, habe jedoch mit der daraus resultierenden Ausreisepflicht des Antragstellers und der fehlenden Rückkehrperspektive derart schwerwiegende Nachteile, dass es ermessensgerecht erscheine, ihn aufzuheben. Maßgeblicher und einziger Ablehnungsgrund für die beantragte Aufenthaltserlaubnis sei ein wenige Stunden andauernder und auf Veranlassung seines Arbeitgebers erfolgter Aufenthalt in Österreich gewesen. Durch die Ausreise nach Österreich sei die damalige Duldung des Antragstellers für wenige Stunden gemäß § 60a Abs. 5 Satz 1 AufenthG erloschen, unmittelbar mit Übertritt über die Grenze zurück nach Deutschland sei sie wegen des damals noch bestehenden Abschiebungsstopps gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wieder aufgelebt. Bekanntlich sei es nicht erheblich, dass der Antragsteller noch einige Zeit länger ohne Duldungsbescheinigung gemäß § 60a Abs. 4 AufenthG gewesen sei, da diese Bescheinigung lediglich deklaratorische und keine konstitutive Wirkung habe. Nach der Rechtsprechung, die allerdings zur Zeit der Entscheidung noch nicht veröffentlicht gewesen sei, bilden derart kurzfristige Auslandsaufenthalte keinen Grund von einer im Sinne der Norm unterbrochenen Voraufenthaltszeit auszugehen (vgl. VG Regensburg, U.v. 10.7.2023 – RN 9 K 23.898). Es werde zugleich gebeten, dem Antragsteller kurzfristig wieder eine Beschäftigungserlaubnis zu erteilen. Dem Schreiben beigefügt war ein Schreiben der … (es handelt sich hierbei um den letzten Arbeitgeber des Antragstellers); der Antragsteller habe sich hiernach schnell in den Betrieb integriert und seine Aufgaben einwandfrei ausgeführt.
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Mit Schreiben vom 11. Januar 2024 wurde der Antragsteller zur beabsichtigten Antragsablehnung angehört.
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Hierzu nahm der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 12. Januar 2024 Stellung und äußerte insbesondere, dass es durchaus auf die Dauer der Ausreise ankomme und eine – wie vorliegend – lediglich bagatellartig kurze Unterbrechung mit sofortigem Wiederaufleben der Duldung nach Rückkehr ins Bundesgebiet unschädlich sei. Die zentralen Aussagen des zitierten Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg seien auf den hier vorliegenden Fall übertragbar, wenngleich es zutreffend sei, dass im dortigen Fall der Antragsteller eine Aufenthaltsgestattungsbescheinigung innegehabt habe. Das Gericht stelle nicht auf die Tatsache ab, dass die Gestattung durch die Ausreise nicht erloschen gewesen sei, sondern, dass es hierauf wegen des Bagatellcharakters der Ausreisezeit gar nicht ankomme. Dass eine Unterscheidung zwischen Duldungsinhabern und Gestattungsinhabern keinen Sinn mache, ergebe sich bereits daraus, dass § 104c AufenthG nicht nur eine Gestattung, Duldung oder Aufenthaltserlaubnis, sondern gleichrangig auch einen „Aufenthalt im Bundesgebiet“ erfordere, was auch in dem Urteil zugrundeliegenden Fall nicht vorgelegen habe, da auch der dortige Kläger eben für kurze Zeit nicht im Bundesgebiet gewesen sei. Zur Bekräftigung seiner Ausführungen verwies der Bevollmächtigte des Antragstellers auf die Anwendungshinweise Niedersachsen vom 30. Dezember 2022 (dort insb. Ziffer 1.4. Abs. 3) sowie Rheinland-Pfalz vom 12. Januar 2023. Entsprechendes lasse sich auch aus einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2019 (Az.: 1 C 34.18, Rn. 33) entnehmen. Die Anwendungshinweise des BMI zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts sehen vor, dass auch kurzfristige Unterbrechungen des physischen Aufenthaltes im Bundesgebiet von bis zu drei Monaten, die keine Verlegung des Lebensmittelpunktes beinhalten, keine schädliche Unterbrechung des Voraufenthaltes begründen. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass dies auch für Ausreisen im Duldungsstatus gelte. Diese Zeiten seien anrechenbare Voraufenthaltszeiten. Im Ergebnis bleibe festzuhalten, dass eine Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis gegenüber dem Antragsteller wegen einer einmaligen und nur wenige Stunden andauernden Ausreise, die dieser auf Aufforderung durch seinen Arbeitgeber getätigt habe und bei der er sich sogar noch beim Arbeitgeber rückversichert habe, ob er das dürfe, offenkundig grob unbillig sei. Der Antragsteller habe sich in seiner Aufenthaltszeit in Deutschland nichts zu Schulden kommen lassen und sei für das Überleben seiner Familie im Irak dringend auf die Einkünfte aus seiner Tätigkeit in Deutschland angewiesen. Es erscheine daher eine analoge Anwendung von § 85 AufenthG dringend geboten, um dem bundesgesetzgeberischen Willen zu entsprechen und zu einem materiell gerechten Ergebnis zu kommen. Zur Frage der Duldung zum jetzigen Zeitpunkt wurde darauf hingewiesen, dass ein Wiederaufgreifen des Verfahrens hier zur Folge hätte, dass der Rechtszustand zur Zeit der Ablehnungsentscheidung wiederaufleben würde. Der Antragsteller sei so zu stellen, als wäre über den Antrag noch nicht entschieden worden, sodass dieser eine Verfahrensduldung innehabe (IMS vom 27.1.2023 (Az. F4- 2081-3-88-218), dort S. 10 erster Absatz).
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Mit Bescheid vom 12. Januar 2024 lehnte die Regierung von Mittelfranken den Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens vom 20. Dezember 2023 gemäß § 48 Abs. 1 BayVwVfG ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Da der Bescheid vom 20. Juli 2023 zu keinem Zeitpunkt rechtswidrig gewesen sei, finde § 48 Abs. 1 AufenthG (gemeint wohl: Art. 48 BayVwVfG) hier keine Anwendung. Mit dem Verlassen des Bundesgebietes am 23. Februar 2021 sei die Duldung gemäß § 60a Abs. 5 Satz 1 AufenthG kraft Gesetzes erloschen. Hierbei sei die Dauer des Aufenthalts im Ausland unerheblich. Am 19. August 2023 sei der die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104c AufenthG ablehnende Bescheid bestandskräftig geworden. In den Anwendungshinweisen des Bundesministeriums des Innern und für Heimat zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts vom 23. Dezember 2022 könnten nur solche Auslandreisen (z.B. Urlaub) gemeint sein, die vom Ausländer im Besitz eines Aufenthaltstitels und mit Rückkehrberechtigung rechtmäßig getätigt wurden, nicht aber Auslandsreisen im Status der Duldung, die regelmäßig nicht zum Grenzübertritt berechtige (vgl. mit Anwendungshinweisen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration vom 27.1.2023, F4-2081-3-88-218). Da es hier bereits an der Rückkehrberechtigung mangele, sei auch die Dauer des Auslandsaufenthalts nicht relevant. Der Antragsteller sei zum Zeitpunkt seines Auslandsaufenthaltes vollziehbar ausreisepflichtig gewesen. Aufgrund des damaligen Abschiebestopps in den Irak sei die Abschiebung lediglich für einen zeitlich begrenzten Zeitraum ausgesetzt worden. Eine analoge Anwendung der Anwendungshinweise der Bundesländer Niedersachen und Rheinland-Pfalz könne nicht erfolgen; im Falle des Antragstellers seien die Anwendungshinweise des Bayerisches Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration heranzuziehen. Die Ansicht, dass die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis dem Antragsteller gegenüber offensichtlich grob unbillig sei, könne nicht geteilt werden. Dass sich der Antragsteller noch beim Arbeitgeber erkundigt haben soll, ob er nach Österreich fahren dürfe, sei lediglich ein Beweis dafür, dass seine vorherige Behauptung, nicht gewusst zu haben, dass er sich im Rahmen seines Transportauftrags ins Ausland begebe, von Anfang an nicht der Wahrheit entsprochen habe. Auch die Behauptung, dass er als Versorger für das Überleben seiner Familie im Irak verantwortlich sei, lasse die Erwartung zu, dass er sich zur Klärung der Rechtslage hinsichtlich eines Auslandsaufenthalts an die zuständige Ausländerbehörde hätte wenden müssen und nicht an den vermeintlichen Arbeitgeber, mit dem er ein Probearbeiten für drei Tage vereinbart habe.
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Eine für den 18. Januar 2024 geplante Abschiebung des Antragstellers scheiterte, da dieser nicht in seiner Wohnung angetroffen werden konnte.
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Am 19. Januar 2024 ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten Klage erheben und beantragen,
- 1.
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Der Bescheid der ZAB Mittelfranken vom 12. Januar 2024 (Az. …*) sowie der Bescheid der ZAB Mittelfranken vom 20. Juli 23 werden aufgehoben und der Beklagte wird verpflichtet dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 104c AufenthG zu erteilen,
- 2.
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Hilfsweise: Der Bescheid der ZAB Mittelfranken vom 12. Januar 2024 (Az. …*) wird aufgehoben und die Beklagte zu einer Neuentscheidung über den Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens vom 20. Dezember 23 verpflichtet.
- 3.
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Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Unterzeichners gewährt.
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Weiterhin wird gemäß § 123 VwGO beantragt,
Zur Sicherung der Rechte des Klägers wird dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung die Beendigung des Aufenthalts des Klägers bis zu einer Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache untersagt.
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Zur Begründung wurde Bezug genommen auf die Schreiben an den Antragsgegner vom 20. Dezember 2023 und 12. Januar 2024 sowie die in Bezug genommene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Regensburg und Bundesverwaltungsgerichts. Hierzu werde noch einmal betont, dass die von dem Antragsgegner vorgenommene Unterscheidung zwischen Duldungsinhabern und Inhabern von Aufenthaltsgestattungen keinen Sinn ergebe und deshalb abzulehnen sei. Es sei auch nicht zu erwarten, dass sowohl das rheinland-pfälzische als auch das nordrhein-westfälische Innenministerium rechtswidrige Anwendungshinweise ausgeben. Zu dem im streitgegenständlichen Bescheid implizit erhobenen Vorwurf einer absichtlichen Inkaufnahme des Erlöschens der Duldung bei Ausreise wurde ausgeführt, dass der Antragsteller das nicht gewusst habe, sonst hätte er dieses Risiko niemals in Kauf genommen. Hierbei sei es auch unerheblich, ob der Antragsteller der Ansicht gewesen sei, er verlasse gar nicht das Bundesgebiet oder er dürfe das Bundesgebiet verlassen. Die Ermessenseduktion auf Null ergebe sich aus den unerträglichen Folgen einer negativen Entscheidung des Antragsgegners für den Antragsteller. Dieser halte sich seit 25. September 2015 mit einer nur wenige Stunden andauernden Unterbrechung im Bundesgebiet auf. Er lebe in einer traditionellen, selbstverständlich nicht anerkennungsfähigen, nichtsdestotrotz subjektiv verbindlichen und tatsächlich gelebten Ehe. Er habe sich während seines Aufenthalts nichts zu Schulden kommen lassen und habe bis ihm vor kurzem die Beschäftigungserlaubnis entzogen wurde auch keine Sozialleistungen bezogen. Eine Wiedereinreise im Visumsverfahren sei auf absehbare Zeit auf keiner Rechtsgrundlage möglich, so dass seine gesamte Existenz, einschließlich seiner Liebesbeziehung hier und bei der auf seine Überweisungen angewiesenen Familie in der Heimat durch die hier vorliegende Entscheidung vernichtet werde. Dies sei offensichtlich unbillig. Zugleich spreche nichts gegen den weiteren Verbleib des Antragstellers im Bundesgebiet, so dass keine Gesichtspunkte ersichtlich seien, die einer positiven Ermessensentscheidung entgegenstehen könnten. Soweit das Gericht keine Ermessensreduktion auf Null erkenne, sei der Antragsgegner zu einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung zu verpflichten (Hilfsantrag). Weil der Antragsgegner nicht erkannt habe, dass der Bescheid vom 20. Juli 2023 rechtswidrig gewesen sei, habe er auch nicht erkannt, dass eine Ermessensausübung über dessen Aufhebung erforderlich gewesen sei. Jedenfalls über einen Wiederaufgreifensantrag im weiteren Sinne hätte eine Ermessensentscheidung getroffen werden müssen. Der Anordnungsgrund liege in den oben skizzierten Auswirkungen einer Abschiebung. Würde der Antragsteller jetzt abgeschoben, wäre das Wiederaufleben der Verfahrensduldung ausgeschlossen und die rechtswidrige Entscheidung des Antragsgegners vom 20. Juli 2023 würde definitiv endgültig, dies sei mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar.
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Mit Schreiben vom 22. Januar 2024 beantragte der Antragsgegner:
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Es liege kein Anordnungsgrund vor. Die für den 18. Januar 2024 geplante Abschiebung des Antragstellers sei gescheitert. Ein neuer Termin für die Rückführung des Antragstellers in sein Heimatland sei nicht beantragt worden und stehe somit auch nicht fest. Es liegt auch kein Anordnungsanspruch vor. Der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104c AufenthG. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom 3. Januar 2023 sei abzulehnen gewesen. Der Ablehnungsbescheid vom 20. Juli 2023 sei zu keinem Zeitpunkt rechtswidrig gewesen. Daher sei auch der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG abzulehnen gewesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde bei der Begründung auf die streitgegenständlichen Bescheide vom 20. März 2023 sowie 12. Januar 2024 Bezug genommen.
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Mit Schreiben vom 2. Februar 2024 übermittelte der Bevollmächtige des Antragstellers dem Gericht eine „Eheurkunde“ des Antragstellers (es handelt sich um eine religiöse Eheschließung einer islamischen Ehe). Auch wenn diese keine Rechtswirkungen entfalte, könne sie als Nachweis der Verlobung des Antragstellers mit Frau … betrachtet werden. Sie sei daher im Rahmen der Glaubhaftmachung von Bindungen des Antragstellers im Bundesgebiet, die im Rahmen der Ermessensentscheidung über das Wiederaufgreifen von Bedeutung seien, zu berücksichtigen. Es werde dazu darauf aufmerksam gemacht, dass der von dem Antragsgegner erhobene Vorwurf, der Antragsteller habe die Unwahrheit gesagt, als er gesagt habe, dass er nicht gewusst habe, dass er ins Ausland fahre (vgl. Bescheid S. 3 letzter Absatz) nicht mit der Niederschrift auf Blatt 776 der Ausländerakte in Einklang zu bringen sei. Der Antragsteller habe auch damals schon gesagt, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, dass er Deutschland nicht verlassen dürfe. Tatsächlich sei er sich insofern unsicher gewesen und habe dies sogar noch bei seinem damaligen Arbeitsgeber angesprochen, der wiederum versichert habe, dass es kein Problem sei. Die von dem Antragsgegner nahegelegte Nachfrage bei der Ausländerbehörde impliziere eine kurzfristige Erreichbarkeit der Behörde und deren Bereitschaft zu Rechtsauskünften und sei mit der Realität kaum in Einklang zu bringen.
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Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die zum Verfahren beigezogene Behördenakte.
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1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsgegner verpflichtet werden soll, vom Vollzug der Abschiebung des Antragstellers in den Irak abzusehen, hat keinen Erfolg. Zwar ist der Antrag zulässig, jedoch in der Sache unbegründet.
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Gemäß § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den Anordnungsgrund, als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den Anordnungsanspruch, glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
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a. Zwar ist im vorliegenden Fall von einem Anordnungsgrund auszugehen, da die Abschiebung des Antragstellers zeitnah droht. Eine für den 18. Januar 2024 geplante Abschiebung des Antragstellers scheiterte nur daran, da dieser nicht in seiner Wohnung angetroffen werden konnte. Ein weiteres Zuwarten ist für den Antragsteller aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht zumutbar.
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b. Der Antragsteller hat jedoch keinen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Er kann nicht die Unterlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen beanspruchen, da er vollziehbar ausreisepflichtig ist und keinen Anspruch auf vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG glaubhaft gemacht hat.
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Die drohende Abschiebung findet ihre Grundlage in der Abschiebungsandrohung in Ziffer 4 des Bescheids des Bundesamts vom 30. November 2016. Der Antragsteller ist nach dem rechtskräftigen Abschluss seines Asylverfahrens vollziehbar ausreisepflichtig; die ihm gewährte Ausreisefrist ist abgelaufen.
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Die Abschiebung des Antragstellers ist nicht aus tatsächlichen Gründen unmöglich. Insbesondere ist der Antragsteller in Besitz eines (bis 7.12.2030 gültigen) irakischen Reisepasses. Ferner bestehen derzeit keine Beschränkungen mehr in Bezug auf die Rückführung irakischer Staatsangehöriger aus Deutschland.
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Auch eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung des Antragstellers liegt nicht vor. Insbesondere führt der Umstand, dass der Antragsteller bei dem Antragsgegner die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104c AufenthG und hinsichtlich der bestandskräftig gewordenen Entscheidung einen Wiederaufgreifensantrag gestellt hat, nicht dazu, dass seine Abschiebung aus rechtlichen Gründen unmöglich wäre.
32
Beantragt ein Ausländer – wie hier der Antragsteller – eine Aufenthaltserlaubnis, so steht ihm ein Bleiberecht für die Dauer des Erteilungsverfahrens nur insoweit zu, als dem Antrag eine Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 3 bzw. 4 AufenthG zukommt. Besteht dagegen mangels Fiktionswirkung kein Bleiberecht, scheidet die Erteilung einer Duldung für die Dauer des Erteilungsverfahrens grundsätzlich aus. Denn dies widerspräche der in den genannten Vorschriften zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertung, für die Dauer eines Aufenthaltsgenehmigungsverfahrens nur unter den Voraussetzungen des § 81 AufenthG ein Bleiberecht zu gewähren (vgl. OVG NRW, B.v. 11.1.2016 – 17 B 890/15 – juris m.w.N.; B.v. 18.8.2008 – 18 B 1197/08 – juris). Der Antragsteller kann sich im Hinblick auf seinen am 3. Januar 2023 gestellten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis weder auf eine Fiktionswirkung des § 81 Abs. 3 noch auf eine solche des Abs. 4 AufenthG berufen.
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Nach § 81 Abs. 3 AufenthG gilt der Aufenthalt eines Ausländers, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, und die Erteilung eines Aufenthaltstitels beantragt, bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Dies trifft auf den Antragsteller nicht zu, weil er sich bei Antragstellung nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt. Nach § 81 Abs. 4 AufenthG gilt der bisherige Aufenthaltstitel eines Ausländers, der vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels beantragt, bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Der Antragsteller besaß jedoch zu keinem Zeitpunkt einen Aufenthaltstitel.
34
Ein nach den vorstehenden Ausführungen nicht gemäß § 81 Abs. 3 bzw. Abs. 4 AufenthG geschützter Ausländer – wie der Antragsteller – muss grundsätzlich ausreisen und die Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Ausland abwarten. Von diesem Grundsatz ist zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG eine Ausnahme zu machen. Für eine derartige ausnahmsweise Erteilung einer sog. Verfahrensduldung ist erforderlich, dass mit hinreichender Sicherheit die geltend gemachte Anspruchsgrundlage einschlägig ist und deren sämtliche Voraussetzungen im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung über die Verfahrensduldung gegeben sind, sodass durch eine Abschiebung rechtsvernichtend in diese Position eingegriffen würde. Hingegen genügt es nicht, wenn der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis lediglich beantragt hat, aber die sonstigen Voraussetzungen des Anspruchs nicht erfüllt sind (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.2019 – 1 C 34.18 – juris Rn. 30 m.w.N.; BayVGH, B.v. 12.9.2022 – 10 CE 22.1925 – juris Rn. 6; SächsOVG, B.v. 3.11.2020 – 3 B 262/20 − juris Rn. 14 m.w.N.).
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Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn der Antragsteller erfüllt zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht mit hinreichender Sicherheit alle Tatbestandsvoraussetzungen für die – nur vom Inland aus verfolgbare – Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104c AufenthG.
36
Nach § 104c Abs. 1 Satz 1 AufenthG soll einem geduldeten Ausländer abweichend von § 5 Abs. 1 Nrn. 1, 1a und 4 sowie § 5 Abs. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 31. Oktober 2022 seit fünf Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufgehalten hat und er die weiteren in § 104c Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 AufenthG genannten Voraussetzungen erfüllt. Für die Anwendung des § 104c Abs. 1 Satz 1 AufenthG sind auch die in § 60b Abs. 5 Satz 1 AufenthG genannten Zeiten anzurechnen.
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Dabei kann dahinstehen, ob der Antragsteller einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß Art. 48 BayVwVfG bzw. auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hat. Auch kommt es nicht darauf an, ob das kurzfristige Verlassen des Bundesgebiets am 23. Februar 2021 – mit der Folge des Erlöschens der Duldung – zu einer Unterbrechung des erforderlichen Duldungszeitraums geführt hat. Denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen hinsichtlich einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104c AufenthG ist – wie nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bei der Voraussetzung „geduldeter Ausländer“ i.S.d. § 25b AufenthG – der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BayVGH, B.v. 9.3.2023 – 19 CE 23.183 – juris Rn. 35; B.v. 6.3.2023 – 19 CE 22.2647 – juris Rn. 25; Röder in Decker/Bader/Kothe, BeckOK Migrations- und Integrationsrecht, Stand: 15.10.2023, § 104c AufenthG Rn. 19, 92; a.A. Kluth in BeckOK Ausländerrecht, Kluth/Heusch, Stand: 1.10.2023, § 104c AufenthG Rn. 7; Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern und für Heimat zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts vom 23.12.2022, S. 3; Vollzugshinweise des Bayer. Staatsministeriums des Innern zum Gesetz zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechtes i.d.F. vom 27.1.2023, Az.: F4-2081-3-88-218, S. 9). Eine ausdrückliche Regelung, wann der Ausländer i.S.d. § 104c Abs. 1 Satz 1 AufenthG geduldet sein muss, enthält die Norm nicht. Der Gesetzeswortlaut enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber für das Tatbestandsmerkmal „geduldeter Ausländer“ vom allgemein maßgeblichen Zeitpunkt hätte abweichen wollen; auch den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 20/3717 S. 44 ff.) ist kein Anhaltspunkt zu entnehmen, der auf eine konzeptionell ebenfalls in Betracht kommende Vorverlagerung des Duldungserfordernisses auf den Zeitpunkt der Antragstellung hindeutet (vgl. BayVGH, B.v. 9.3.2023 – 19 CE 23.183 – juris Rn. 35; B.v. 6.3.2023 – 19 CE 22.2647 – juris Rn. 25). Zum jetzigen Zeitpunkt ist der Antragsteller im Bundesgebiet jedoch nicht mehr geduldet und hat auch auf keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Duldung.
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Da keine anderen Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind oder geltend gemacht wurden, aus denen sich eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung ergibt, und sich auch etwaige Anknüpfungspunkte für die Verpflichtung zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG (sog. Ermessensduldung) der Kammer nicht aufdrängen, war der Antrag insgesamt abzulehnen.
39
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.
40
3. Die Höhe des festgesetzten Streitwerts folgt aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 8.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
41
4. Ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist (für das Antrags- und Klageverfahren) mangels hinreichender Erfolgsaussichten abzulehnen (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).
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Gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist etwa dann gegeben, wenn schwierige Rechtsfragen zu entscheiden sind, die im Hauptsacheverfahren geklärt werden müssen. Auch wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Mittellosen ausgehen wird, ist vorab Prozesskostenhilfe zu gewähren (vgl. BVerfG, B.v. 14.4.2003 – 1 BvR 1998/02 – NJW 2003, 2976). Insgesamt dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Verfahrens bei der dabei vom Gericht anzustellenden vorläufigen Prüfung nicht überspannt werden, eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung genügt (Happ in Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 16. Aufl. 2022, § 166 VwGO Rn. 26). Es reicht bereits aus, wenn sich die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen darstellen (BayVGH, B.v. 21.12.2009 – 19 C 09.1723 – juris Rn. 2).
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Die mangelnde Erfolgsaussicht nach diesen Maßgaben ergibt sich aus den oben genannten Gründen (Ziffer 1.).