Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 29.05.2024 – Verg 15/23 e
Titel:

Unbegründeter vergaberechtlicher Nachprüfungsantrag bei Catering-Auftragsvergabe in Anker-Einrichtung

Normenketten:
VgV § 15 Abs. 5 S. 2, § 57 Abs. 1 Nr. 4
GWB § 124 Abs. 1 Nr. 3, § 126 Nr. 2
Leitsätze:
1. Erläutert ein Bieter im Zuge eines Aufklärungsersuchens bei einer funktional beschriebenen, täglich über mehrere Jahre zu erbringenden Leistung den vorgesehenen technischen Ablauf im Vorfeld der Anlieferung (hier: Produktion und Transport vom Speisen), rechtfertigen zwischenzeitliche Modifikationen im Konzept nicht ohne Weiteres einen Angebotsausschluss nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV oder § 15 Abs. 5 Satz 2 VgV. Es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, ob darin eine unzulässige nachträgliche Angebotsänderung zu sehen ist. (Rn. 45 – 53) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Vorgabe in der Leistungsbeschreibung, wonach der Bieter bei der Erbringung der Leistung alle einschlägigen DIN-Vorschriften und vergleichbaren Vorgaben einzuhalten und sicherzustellen hat, dass sich die eingesetzten Sachmittel in technisch einwandfreien Zustand befinden und einschlägigen Regelwerken entsprechen, verpflichtet die Vergabestelle nicht zu einer lückenlosen, jede Sachverhaltsvariante abdeckenden Überprüfung der Einhaltung aller nur denkbaren Normen und Vorschriften. Die Vergabestelle darf bei der Beurteilung, ob der Bieter sein Leistungsversprechen einhalten kann, dessen plausible Erläuterungen sowie Bescheinigungen bzw. Bestätigungen von Fachunternehmen und Behörden heranziehen, denen sie nicht grundlos misstrauen muss. (Rn. 115) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein innovatives Konzept eines Bieters muss im Nachprüfungsverfahren nicht in allen Einzelheiten offengelegt werden, nur weil der Zweitbieter bezweifelt, dass sein Konkurrent sämtliche in Betracht kommenden Vorschriften bzw. Normen einzuhalten vermag. Legt ein Bieter im Zuge einer Aufklärung Bescheinigungen von Fachunternehmen sowie Bestätigungen vor Fachbehörden vor, wonach er sich regelkonform verhält, genügt nicht, dass ein Zweitbieter ohne konkrete Anhaltspunkte denkbare Normverstöße in den Raum stellt oder darauf verweist, dass eine noch genauere Prüfung möglich wäre, um die Notwendigkeit weiterer Aufklärung darzutun. (Rn. 116 – 127) (redaktioneller Leitsatz)
4. Auch die Verletzung vertraglicher Verpflichtungen kann eine schwere berufliche Verfehlung nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB darstellen, wenn sie eine solche Intensität und Schwere aufweist, dass der öffentliche Auftraggeber berechtigterweise an der Integrität des Unternehmens zweifeln darf. (Rn. 128) (redaktioneller Leitsatz)
5. Ob im Zeitpunkt des Ausschlusses nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB nachweislich eine schwere berufliche Verfehlung vorlag, ist durch die Nachprüfungsinstanzen voll überprüfbar. Insoweit steht dem Auftraggeber (anders als bei der Prüfung mit prognostischem Charakter, ob die festgestellte schwere Verfehlung die Integrität des Bieters in Frage stellt und eine positive Vertragserfüllung zu erwarten ist) kein Beurteilungsspielraum zu. Zu überprüfen ist dabei, ob im Rahmen der auch dem Auftraggeber zumutbaren Aufklärung unter Berücksichtigung objektiver Anhaltspunkte wie schriftlich fixierter Zeugenaussagen, sonstiger Aufzeichnungen, Belege, Schriftstücke oder ähnlichem von einer nachweisbar schweren Verfehlung auszugehen ist. Regelmäßig sind aber weder der Auftraggeber noch die Nachprüfungsinstanzen verpflichtet, zur Abklärung, ob eine schwere Verfehlung nachweisbar ist, umfassende Beweisaufnahmen durch Zeugenvernehmungen oder Erholung von Sachverständigengutachten durchzuführen. (Rn. 131) (redaktioneller Leitsatz)
6. Ein Bieter kann auch dann nicht mehr wegen einer schweren beruflichen Verfehlung nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB ausgeschlossen werden, wenn die Frist des § 126 Nr. 2 GWB zwar nicht schon bei Angebotsabgabe verstrichen war, aber während des weiteren Vergabe- bzw. Nachprüfungsverfahrens abläuft. (Rn. 196 – 203) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vergabeverfahren, Nachprüfung, Angebotsausschluss, Vertragsunterlagen, Änderung, innovatives Konzept, Catering, Anker-Einrichtung, Bieterausschluss, schwere berufliche Verfehlung
Vorinstanz:
Vergabekammer München, Beschluss vom 18.08.2023 – 3194.Z3-3_01-22-62
Fundstelle:
BeckRS 2024, 12156

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 18. August 2023, Az. 3194.Z3-3_01-22-62, wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die Kosten des Antrags nach § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners und der Beigeladenen. Bei der Kostenentscheidung der Vergabekammer hat es sein Bewenden.
3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 230.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Mit Auftragsbekanntmachung vom 6. August 2021, veröffentlicht im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union am 11. August 2021 schrieb der Antragsgegner einen Auftrag über das Catering für die Anker-Einrichtung G im offenen Verfahren aus. Einziges Zuschlagskriterium war der Preis.
2
Ausweislich der Leistungsbeschreibung sind u. a. folgende Vorgaben zu beachten:
„2. Rechtliche Grundlagen (…)
Der AN hat bei der Ausführung seines öffentlichen Auftrags alle für ihn geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere
- alle mit der Durchführung der Dienstleistung zusammenhängenden Vorschriften wie der Berufsgenossenschaft, der Bauämter, des staatlichen Amtes für Arbeitsschutz und des Brandschutzes, der Unfallverhütung, der Arbeitsstättenverordnung und Hygieneverordnung,
- alle einschlägigen gesetzlichen Regelungen des Arbeitnehmerentsendegesetzes und den hierzu erlassenen Rechtsverordnungen, des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes, des gesetzlichen Mindestlohns und der ggf. geltenden Tariflöhne, des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes sowie rechtliche Bestimmungen zu den Arbeitszeiten und arbeitsschutzrechtlichen Regelungen,
- das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB), das Infektionsschutzgesetz (IfSG), die Lebensmittelinformations-Verordnung (LMIV), die Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV), das Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG), das Infektionsschutzgesetz (IfSG), die gesetzlichen Lebensmittel- und Hygienerichtlinien (HACCP),
- die Verordnung Nr. 178/2002 (EU-Basis-Verordnung), das Europäische Hygienerecht mit den entsprechenden Verordnungen zur Lebensmittelhygiene (Verordnung (EG) Nr. 852/2004, Nr. 853/2004 und Nr. 854/2004), die Richtlinien 2004/41EG und 2001/101/EG,
- die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches und die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (ausgenommen Bauleistungen) Teil B (VOL/B) in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Fassung (soweit nicht in diesem Vertrag etwas Abweichendes geregelt ist),
- die Hausordnung und den Hygieneplan der Dependance in der jeweils gültigen Fassung und die auf ihn fallenden Steuern, Abgaben und Beiträge zur Unfall- und Sozialversicherung zu entrichten (…).
8. Qualität der Leistung
Der AN erbringt die geschuldeten Cateringleistungen entsprechend der Qualitätsvorgaben und Qualitätsmaßstäbe der für den Transport, die Zubereitung, die Lagerung und die Ausgabe von Lebensmitteln einschlägigen DIN-Vorschriften und vergleichbaren Vorgaben des Cateringgewerbes (…).
Bei der Leistungserbringung hat der AN insbesondere die Regelungen der DIN 10508:2019-03 einzuhalten (…).
14.2 Sachmittel/technische Geräte (…)
Der AN stellt während der gesamten Vertragslaufzeit sicher, dass sich alle von ihm zur Durchführung seiner Leistungspflichten eingesetzten Sachmittel, insb. Geräte, Maschinen, Mittel, Fahrzeuge etc., in technisch und lebensmittelhygienerechtlich einwandfreien, verkehrssicheren, geprüften Zustand befinden bzw. den Anforderungen nach einschlägigen Regelwerken wie DIN-Normen, VDE- Vorschriften oder gleichwertig entsprechen. (…)“
3
Das Leistungsverzeichnis, das gemäß Ziffer 2 der Leistungsbeschreibung Bestandteil des Vertrags ist, enthält u. a. folgende Regelungen:
„3.4 Ausgabezeiten
3.4.1 Normale Öffnungszeiten
Die Ausgabezeiten werden durch den AG festgelegt und sind derzeit:
(…)
Mittagessen  12.00 h – 14.00 Uhr
(…)
3.5 Ablauf, Logistik
(…)
Die Warmspeisen müssen unter Berücksichtigung der Ausgabezeiten in den Räumlichkeiten am Leistungsort warm ankommen und sind gleich im Anschluss daran warm auszugeben.
Die Lebensmittel sind unmittelbar vor der Essensausgabe „frisch zu schöpfen“ (keine Fertig-Schalen-Verpflegung). Die Ausgabetemperatur beträgt mindestens 65 °C. Ein nachträgliches Erwärmen der gelieferten Speisen vor Ort ist nicht möglich. Die Speisen dürfen maximal drei Stunden warmgehalten werden. Die Warmhaltezeit beginnt mit der Beendigung des Garprozesses und endet mit der Ausgabe der Speise an den letzten Asylbewerber. Der AN hat sicherzustellen und lückenlos zu dokumentieren, dass während der gesamten Warmhaltezeit die Kerntemperatur von mindestens + 65 °C nicht unterschritten wird. Im Übrigen gelten die Regelungen der DIN 10508:2019-03.
Der AN hat den ordnungsgemäßen Transport sicherzustellen, insb. unter Beachtung der gesetzlichen Regelungen zu Kühlketten oder Warmhaltezeiten. Der AN ist dafür verantwortlich, dass die eingesetzten Auslieferungsfahrzeuge den hygienischen, technischen und normierten Ansprüchen gerecht werden.
Hinsichtlich der Lieferung von zu kühlenden Lebensmitteln trägt der AN die Verantwortung, dass die Kühlkette nicht unterbrochen wird. Dies ist anhand von Liefer- und Temperaturprotokollen lückenlos nachzuweisen, die dem AG auf Verlangen vorzulegen sind (…)
3.6 Produktanforderungen/Qualität/Zubereitung der Lebensmittel Der AN stellt eine in quantitativer und qualitativer Sicht ausgewogene und abwechslungsreiche Verpflegung der untergebrachten Personen sicher. (…)“
4
Die Antragstellerin und die Beigeladene reichten fristgerecht bis 6. September 2021 Angebote ein, wobei das Angebot der Beigeladenen preisgünstiger ist als das der Antragstellerin.
5
Gegen die am 22. September 2021 mitgeteilte Absicht des Antragsgegners, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, wandte sich die Antragstellerin erfolglos mit diversen Rügen. Auf ihren Nachprüfungsantrag hin untersagte die Vergabekammer dem Antragsgegner mit Beschluss vom 30. Mai 2022, Az. 3194.Z3-3_01-21-61 (veröffentlicht in ibr-online), den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen und verpflichtete den Antragsgegner, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht die Angebotswertung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen. Der Antragsgegner, der kein konkretes Produktionsverfahren vorgegeben oder ausgeschlossen habe, habe nicht hinreichend überprüft, ob das Angebot der Beigeladenen die Vorgaben der Vergabeunterlagen einhalte. Die Beigeladene habe ihr Leistungsversprechen im Nachprüfungsverfahren dahingehend konkretisiert, dass sie den Auftrag mittels ihres Konzepts „Fahrzeit gleich Garzeit“ ausführe. Zwar treffe den Antragsgegner keine Aufklärungspflicht im Hinblick auf die Frage, ob die Beigeladene imstande sei, die Leistung gemäß den Vorgaben der DIN 10508:2019-03 (im Folgenden: DIN 10508) sowie der DIN 10536:2016-3 (im Folgenden: DIN 10536) zu erbringen. Dass diese Vorgaben im Rahmen des Konzepts „Fahrzeit gleich Garzeit“ grundsätzlich eingehalten werden könnten, habe die Beigeladene bereits durch Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung der I.-GmbH nachgewiesen. Gleiches gelte in Bezug auf die von der Antragstellerin geäußerten Bedenken hinsichtlich der Lebensmittelsicherheit. Diesbezüglich habe die Beigeladene eine Bestätigung des Landratsamts Y vom 26. April 2022 vorgelegt, aus der hervorgehe, dass das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ überprüft worden sei und bei ordnungsgemäßer Durchführung keine Lebensmittelsicherheitsbedenken bestünden. Allerdings habe die Antragstellerin konkrete Umstände vorgetragen, wonach es der Beigeladenen – insbesondere im Hinblick auf den von der Antragstellerin errechneten Strombedarf für die Regeneration der Mahlzeiten – nicht möglich sei, das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ im streitgegenständlichen Auftrag umzusetzen. Wie der Antragsgegner die Umsetzbarkeit des Konzepts „Fahrzeit gleich Garzeit“ überprüfe, bleibe ihm überlassen, das gewählte Mittel müsse jedoch geeignet sein und die Mittelauswahl frei von sachwidrigen Erwägungen erfolgen. Ferner sei die Entscheidung des Antragsgegners über den (nicht erfolgten) Ausschluss der Beigeladenen gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB ermessensfehlerhaft, da sie auf einem unzureichend ermittelten Sachverhalt basiere. Der Antragsgegner hätte sich über Art und Umfang der von der Antragstellerin behaupteten Leistungsdefizite der Beigeladenen betreffend die Warmhaltezeiten der Speisen im Catering-Auftrag H der Regierung von H Gewissheit verschaffen müssen. Die weiteren Beanstandungen der Antragstellerin seien dagegen nicht begründet, insbesondere bestehe kein Anlass zur Aufklärung des Angebotspreises der Beigeladenen. Gegen den Beschluss legte keiner der Beteiligten Beschwerde ein.
6
Nach weiterer Aufklärung informierte der Antragsgegner die Antragstellerin mit Schreiben vom 11. November 2022, es sei wiederum beabsichtigt, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen.
7
Mit Schreiben vom 14. und 18. November 2022 rügte die Antragstellerin erfolglos die beabsichtigte Auftragsvergabe an die Beigeladene als vergaberechtswidrig. Das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ erfülle weder technisch noch tatsächlich die Vorgaben der Vergabeunterlagen, insbesondere nicht die hygienerechtlichen Anforderungen für das Cook & Chill-Verfahren (DIN 10536) und für gewerbliche Küchen. Die Lkw der Beigeladenen entsprächen nicht den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere fehle es an Zu- und Abluftanlagen, außerdem seien sie nicht als Betriebsstätten gemeldet und registriert. Fraglich sei, ob die Beigeladene überhaupt beabsichtige, ihr Konzept bei der Auftragsdurchführung umzusetzen. Zudem halte sie nachweislich in mehreren öffentlichen Aufträgen vertragliche und rechtliche, insbesondere lebensmittel- und hygienerechtliche Bestimmungen nicht ein, was zu ihrem zwingenden Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB führen müsse.
8
Im Nachprüfungsverfahren hat die Antragstellerin ihre Rügen vertieft und ergänzt. Das Konzept der Beigeladenen sei nicht geeignet, die hygienischen, lebensmittelrechtlichen, arbeitsrechtlichen und sonstigen, in Gesetzen, Verordnungen und DIN-Normen geregelten Anforderungen zu erfüllen. Unter dem Deckmantel eines angeblich „innovativen Verfahrens“ versuche die Beigeladene, die einschlägigen Vorschriften und Vorgaben der Vergabeunterlagen zu umgehen. Der Antragsgegner habe die gebotene sorgfältige Überprüfung des Konzepts nicht bzw. nur unzureichend vorgenommen, sondern sich mit nicht aussagekräftigen Bescheinigungen der I.-GmbH und zweier Landratsämter sowie nicht plausiblen Erläuterungen der Beigeladenen begnügt. Die Antragstellerin habe ihrerseits Live-Tests zum Umladen von GN-Blechen von Kühlin Regeneriergeräte, zum Erwärmen von Speisen ohne und mit Umrühren sowie zum Umrühren von 1.000 Portionen durchgeführt, die belegten, dass das Konzept der Beigeladenen den Vorgaben der Vergabeunterlagen und den DIN-Vorschriften nicht entspreche. Zudem sei die Beigeladene wegen zahlreicher erheblicher, von der Antragstellerin recherchierter und damit nachweislicher Verstöße gegen vertragliche Vorgaben und Normen bei der Durchführung von Aufträgen der Regierung von H, A und D nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB auszuschließen. Die Annahme des Antragsgegners, die Antragstellerin würde ihrerseits Verfehlungen bei der Durchführung von Bestandsaufträgen in Kauf nehmen, sei unsachlich und willkürlich. Bei ihr sei es lediglich zu punktuellen, geringfügigen Unregelmäßigkeiten („Ausreißern“) gekommen, die einen Ausschluss ihres Angebots nicht rechtfertigen könnten.
9
Die Antragstellerin hat beantragt,
Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Wertung der Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.
10
Der Antragsgegner und die Beigeladene haben beantragt,
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 21. November 2022 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
11
Der Antragsgegner und die Beigeladene haben darauf verwiesen, dass das Konzept der Beigeladenen mehrfach überprüft worden sei und Bestätigungen über die ordnungsgemäße Durchführbarkeit des Konzepts vorlägen. Der Antragsgegner habe den Sachverhalt nach Maßgabe der bestandskräftigen Entscheidung der Vergabekammer vom 30. Mai 2022 ergänzend aufgeklärt. Die Beigeladene habe im Aufklärungsschreiben vom 26. Juli 2022 detailliert den Arbeitsablauf, den technischen Ablauf und den Strombedarf des Konzepts „Fahrzeit gleich Garzeit“ anhand von zwei Gerichten dargestellt, wobei das von ihr entwickelte Konzept deren Geschäftsgeheimnis sei, das gegenüber der Antragstellerin nicht offengelegt werden dürfe. Sie habe außerdem amtliche Bestätigungen und Bescheinigungen zum Beleg dafür vorgelegt, dass ihr Konzept technisch umsetzbar und lebensmittelrechtlich unbedenklich sei. Der Antragsgegner habe, wie im Vergabevermerk vom 28. September 2022 festgehalten, erneut beurteilt, ob ein ordnungsgemäßer Vertragsvollzug erwartet werden könne und dies fehlerfrei angenommen. Ferner habe das Landratsamt X am 8. Dezember 2022 das Konzept überprüft und keinen Anlass zu Beanstandungen gesehen. Auch habe die Vergabestelle das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ auf Plausibilität geprüft. Es sei nicht möglich, sämtliche in Betracht kommenden DIN-Normen vollständig aufzuzählen, auch nicht in den Vergabeunterlagen, auch sei der Antragsgegner nicht zu einer beliebig kleinteiligen Überprüfung aller von der Antragstellerin erhobenen Beanstandungen verpflichtet. Teilweise berufe sich die Antragstellerin zudem auf Vorschriften, die nicht einschlägig seien, so etwa die DIN 10500 oder die DIN EN 16282-1:2017. Die Fahrzeuge, die die Beigeladene zum Transport und gleichzeitigen Regenerieren von Speisen nutze, seien keine „mobilen Verkaufsstätten“ und auch keine „gewerblich genutzten Küchen“.
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Anlass für einen Ausschluss der Beigeladenen nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB bestehe ebenfalls nicht. Der Antragsgegner habe die erhobenen Vorwürfe untersucht, die Beigeladene angehört und bei den Betreibern der betroffenen Anker-Einrichtungen nachgefragt. Soweit die Beigeladene Vorwürfe bestreite und keine sonstigen objektiven Beweismittel vorlägen, seien behauptete Verfehlungen schon nicht nachweisbar. Es sei zu berücksichtigen, dass beide Beteiligten einen Vertragsvollzug praktizierten, der grundsätzlich anfällig für Verfehlungen und Unzulänglichkeiten sei, was durch die geringe Kontrolldichte des Auftraggebers begünstigt werde. Dies spreche sowohl zugunsten als auch zulasten der Bieter. Es sei kein Fall bekannt, bei dem es aufgrund vertraglicher Verfehlungen nachweislich zu einer Gesundheitsgefährdung oder -schädigung eines Bewohners gekommen sei, auch habe kein Betreiber etwaige Vertragsverstöße zum Anlass für vertragsrechtliche Konsequenzen genommen. Letztlich habe keine nachweislich schwere Verfehlung festgestellt werden können, durch die die Integrität der Beigeladenen in einer einen Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB rechtfertigenden Weise in Frage gestellt worden wäre.
13
Die Beigeladene hat sich den Ausführungen des Antragsgegners angeschlossen. Sie nutze eigens angefertigte Geräte, deren technische Details der Antragstellerin unbekannt seien. Die Einzelheiten des Konzepts der Beigeladenen dürften ihrer Konkurrentin, die sie mit allen Mitteln vom Markt verdrängen wolle, nicht offenbart werden. Die Überlegungen der Antragstellerin zu den Kapazitäten des eingesetzten Lkw und dem Strombedarf beruhten durchgängig auf falschen Annahmen, aus demselben Grund seien auch deren Live-Tests nicht aussagekräftig. Das Vorgehen der Beigeladenen bei der Umsetzung des Konzepts „Fahrzeit gleich Garzeit“ sei in jeder Hinsicht gesetzes- und vertragskonform und mehrfach von Behörden und Instituten überprüft worden. Deren Bescheinigungen belegten, dass die Vorwürfe der Antragstellerin haltlos seien. Der wiederholte Vorwurf der Antragstellerin, die Beigeladene würde vertragliche oder gesetzliche Vorgaben missachten, sei unzutreffend, sämtliche Anschuldigungen seien haltlos. Stattdessen sei die Antragstellerin nicht in der Lage, die vorgegebene maximal dreistündige Warmhaltezeit einzuhalten. Ferner verstoße die Antragstellerin, wie die Beobachtungen einer Detektei ergeben hätten, systematisch gegen vertragliche und gesetzliche Bestimmungen.
14
Die Vergabekammer hat sich im Wege der Amtsermittlung über die von den Landratsämtern X und Y durchgeführten Prüfungen und über deren Beurteilung zur Anwendbarkeit der technischen Regelwerke in Bezug auf das Konzept der Beigeladenen informiert.
15
Der Antragstellerin ist von der Vergabekammer mit Beschluss vom 1. März 2023 Akteneinsicht gewährt worden in den Vergabevermerk vom 17. August 2022 (überarbeitet am 25. August, 30. August und 28. September 2022) zur Angebotsaufklärung zur technischen Durchführbarkeit mit Anlagen (Auszug), in den Vergabevermerk vom 28. September 2022 mit Schreiben der Regierung von H vom 18. Juli 2022 (richtig: 28. Juli 2022) und 4. August 2022 (richtig: 16. August 2022) und in die Schreiben des Antragsgegners vom 18. Juli 2022 und 4. August 2022, jeweils teilweise geschwärzt.
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Mit Beschluss vom 18. August 2023 hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen. Der Antrag sei zulässig, aber unbegründet. Das Angebot der Beigeladenen sei nicht nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV auszuschließen. Der Antragsgegner habe in den Vergabeunterlagen kein konkretes Produktionsverfahren vorgeschrieben. Die Beigeladene habe im vorangegangenen Nachprüfungsverfahren und in ihren Antworten zum Aufklärungsersuchen des Antragsgegners ihr Leistungsversprechen allerdings dahin konkretisiert, dass sie die Leistung mit Hilfe des von ihr entwickelten Konzepts „Fahrzeit gleich Garzeit“ erbringe. Dieses Konzept sei daher an den Vorgaben der Vergabeunterlagen zu messen, wobei kleinere Abweichungen mangels Festlegung auf eine ganz bestimmte Vorgehensweise nicht zu einer nachträglichen Änderung des Angebots führten. Die Vergabekammer habe keinen Zweifel daran, dass das Konzept bei ordnungsgemäßer Handhabung im Einklang mit den zwingenden Vorschriften des öffentlichen Rechts durchgeführt werden könne. Dabei dürften auch Unterlagen und Stellungnahmen berücksichtigt werden, die die Antragstellerin aufgrund der Geheimhaltungsinteressen der Beigeladenen nicht (vollständig) kenne.
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Von einem Abweichen des Angebots der Beigeladenen in Form des Konzepts „Fahrzeit gleich Garzeit“ von den zwingenden Vorgaben der Leistungsbeschreibung sei nicht auszugehen. Die Prüfung des Leistungsversprechens durch den Antragsgegner sei unter Berücksichtigung der behördlichen Stellungnahmen und der weiteren, von der Beigeladenen vorgelegten Unterlagen ausreichend. Das Leistungsversprechen der Beigeladenen werde nicht durch die Live-Tests der Antragstellerin in Frage gestellt, da sie von falschen Voraussetzungen bezüglich der verwendeten Geräte ausgehe. Die tatsächlich verwendeten Geräte seien Sonderanfertigungen, mit denen das Konzept ausweislich der vorgelegten Unterlagen durchführbar und die geforderten Temperaturen erreichbar seien. Soweit der Auftraggeber in Ziffer 8 der Leistungsbeschreibung die Einhaltung von DIN-Vorschriften und vergleichbaren Vorgaben des Cateringgewerbes im Rahmen einer Ausführungsbestimmung vorgegeben habe, sei die Prüfung des Leistungsversprechens ebenfalls nicht unzureichend. Von der Einhaltung dieser Normen auch hinsichtlich der streitigen bau- und lüftungstechnischen Anforderungen habe der Antragsgegner aufgrund der behördlichen, beanstandungslosen Prüfungen des Konzepts ausgehen dürfen. Zudem habe die I.-GmbH zumindest die Einhaltung der DIN 10536 und 10508 bestätigt.
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Der Antragsgegner habe die Beigeladene auch nicht nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB ausschließen müssen. Es sei bereits zweifelhaft, ob der Tatbestand erfüllt sei. Jedenfalls fehle es an einer Ermessenreduzierung auf Null, die Ermessenentscheidung des Antragsgegners sei vertretbar. Nachweislich seien Verfehlungen bei der Durchführung anderer Aufträge, die der Antragsgegner im Rahmen seiner Sachverhaltsaufklärung festgestellt oder die die Beigeladene selbst eingeräumt habe, nicht dagegen Beobachtungen von Detektiven, die die Antragstellerin beauftragt habe, sowie Vorwürfe ehemaliger Mitarbeiter der Beigeladenen. Erwiesen sei damit, dass die Beigeladene im Interimsauftrag A, Los 1 längere Zeit Cateringpersonal ohne die nötige Hygieneschulung nach § 4 LMHV eingesetzt habe und dass Cateringpersonal längere Zeit unter Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 ohne Haarnetz tätig gewesen sei. Beide Verstöße seien der Geschäftsführung der Beigeladenen anzulasten, die sich nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB i. V. m. § 123 Abs. 3 GWB (lediglich) Verfehlungen von Personen zurechnen lassen müsse, die für die Leitung des Unternehmens gehandelt hätten. Im Auftrag Anker-Dependance B der Regierung von A habe die Beigeladene vertragswidrig am Vortag zubereitete Schüler-Lunchpakete – in Einzelfällen mit verschimmelter Wurst – ausgegeben, Cateringpersonal ohne Arbeitskleidung und Haarnetz eingesetzt, Lebensmittel im Freien auf einem Gelände gelagert, auf dem sich bekanntermaßen Ratten befunden hätten, und zum Frühstück und Abendessen jeweils nur eine Sorte Müsli / Cornflakes, nur eine Sorte Wurst und Käse und nur eine Sorte Brot statt wie gefordert jeweils zwei Sorten bereitgestellt. Nur bezüglich der Rattenproblematik und der Nichtausgabe geschuldeter Lebensmittel komme eine Verantwortung der Geschäftsführung der Beigeladenen in Betracht, ansonsten könne es sich auch um vereinzeltes eigenmächtiges Verhalten der Mitarbeiter handeln. Bei der Durchführung des Auftrags D sei eine Zubereitung der Speisen in der Zentralküche und eine Warmanlieferung sowie eine maximale Warmhaltezeit von drei Stunden vorgegeben gewesen. Aufgrund der Entfernung ihrer Zentralküche seien diese Vorgaben für die Beigeladene nicht einhaltbar gewesen, was ihr schon bei Angebotsabgabe bewusst gewesen sein müsse. Eine Warmanlieferung sei wohl nicht erfolgt; tatsächlich habe die Regierung von D die gekühlte Anlieferung und Erhitzung von Speisen vor Ort nach einigen Monaten durch einen Nachtrag akzeptiert. Ferner sei in einem Einzelfall verschimmeltes Brot ausgegeben worden. Beim Catering-Auftrag H habe die Beigeladene die Warmhaltezeit von drei Stunden überschritten. Allerdings sei dies keine schwere Verfehlung der Beigeladenen, da der Antragsgegner in den dortigen Vergabeunterlagen die DIN-Vorschriften nicht zum Gegenstand vertraglicher Pflichten gemacht habe. Zwingende Vorgaben dazu, wie lange regeneriertes Essen warmgehalten werden dürfe, fänden sich weder in der QS DGE noch in der DIN 10536.
19
Nach Ansicht der Vergabekammer hätten die vorbezeichneten Verstöße nicht einzeln, sondern allenfalls in der Summierung das Gewicht einer schweren Verfehlung, durch die die Integrität des Unternehmens der Beigeladenen in Frage gestellt werde. Dies sei aber nicht abschließend zu entscheiden, da das Ermessen des Antragsgegners jedenfalls nicht auf Null reduziert sei. Die Entscheidung des Antragsgegners, die Beigeladene nicht auszuschließen, sei jedenfalls vertretbar. Der Antragsgegner habe seine Entscheidung nicht aufgrund eines unzureichend ermittelten Sachverhalts getroffen, zumal der Umfang der nötigen Ermittlungstätigkeit durch die Zumutbarkeit begrenzt sei und bei den Anforderungen auch das Interesse an einer zügigen Beschaffung zu berücksichtigen sei. Der Antragsgegner habe im Ergebnis zutreffend erkannt und gewürdigt, dass Verfehlungen durch die geringe Kontrolldichte begünstigt würden, was den Bietern nicht per se zum Nachteil gereichen dürfe. Auch die Tatsache, dass teilweise eine von den Verträgen abweichende Leistungserbringung geduldet werde, gehe nicht zu Lasten der Beigeladenen. Ferner habe der Antragsgegner nachvollziehbar berücksichtigt, dass die Beigeladene Verstöße zügig abgestellt habe, wenn Mitarbeiter der Auftraggeber gegenüber der Geschäftsleitung Verstöße beanstandet hätten. Zutreffend habe der Antragsgegner in die Ermessensausübung einbezogen, dass weder ein Fall nachweislicher Gesundheitsgefährdung oder -schädigung eines Bewohners noch eine erhebliche Verzögerung der Versorgung bekannt geworden sei. Auch die Heranziehung des Rechtsgedankens des § 123 Abs. 5 Satz 1 GWB sei vertretbar. Die Antragstellerin und die Beigeladene seien die wesentlichen Marktteilnehmer in Bezug auf Cateringaufträge zur Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Aufnahmeeinrichtungen des Freistaats Bayern. Der Ausschluss eines der beiden Bieter würde den Wettbewerb erheblich beeinträchtigen. Der Nichtausschluss der Beigeladenen verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Auch deren Ausschluss komme nicht in Betracht, da bei ihr von deutlich weniger und geringfügigeren Verstößen auszugehen sei.
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Gegen den am 28. August 2023 zugestellten Beschluss der Vergabekammer wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 11. September 2023. Das Angebot der Beigeladenen müsse nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV ausgeschlossen werden.
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Das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ sei schon nicht zugelassen, da die nach den Vergabeunterlagen einzuhaltenden einschlägigen DIN-Vorschriften, namentlich die DIN 10508 und 10536, nur die Verfahren Cook & Chill, Cook & Hold und Cook & Freeze kennen würden. Die Arbeitsweise der Beigeladenen entspreche keinem dieser Verfahren.
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Es werde auch daran festgehalten, dass das Konzept der Beigeladenen von zahlreichen Vorgaben der Vergabeunterlagen abweiche und die Prüfung des Leistungsversprechens seitens des Antragsgegners unzureichend sei. Die Beigeladene sei strikt an das Vorgehen gebunden, das sie in ihrem ersten Antwortschreiben auf das Aufklärungsersuchen vom 26. Juli 2022 geschildert habe. Damit habe sie ihr Angebot konkretisiert und unwiderruflich festgelegt. Falls die Beigeladene nunmehr ihr Konzept anders darstelle, müsse ihr Angebot schon wegen unzulässiger nachträglicher Änderung gemäß § 15 Abs. 5 Satz 2 VgV ausgeschlossen werden. Nach Einsichtnahme in weitere Unterlagen im Zuge des Beschwerdeverfahrens sieht die Antragstellerin ihre diesbezügliche Rüge bestätigt; der nunmehr von der Beigeladenen erläuterte Produktionsablauf weiche in zentralen Aspekten (u. a. in Bezug auf die Zahl der Stopps und die Art der Kühlung der Speisen) von ihrer ersten Darlegung ab, sei also ein „aliud“
zum ursprünglichen Angebot. Abgesehen davon fehle weiterhin eine tragfähige Grundlage für die Annahme, die Beigeladene halte mit ihrem Konzept die Vorgaben der Vergabeunterlagen ein und beabsichtige eine ordnungsgemäße, gesetzeskonforme Leistungserbringung.
23
Zur durchgeführten Prüfung des Leistungsversprechens rügt die Antragstellerin, Sachverhalte, namentlich Unterlagen und Bescheinigungen, die sie nicht vollständig kenne, seien nicht berücksichtigungsfähig. Zudem seien die Unterlagen, auf die sich der Antragsgegner beziehe, weder tauglich noch geeignet, den Einklang des Konzepts der Beigeladenen mit den DIN-Vorschriften und vergleichbaren Vorgaben des CateringGewerbes sowie sämtlichen sonstigen Gesetze, Normen und Regelwerken zu belegen. Der Antragsgegner habe eine umfassende Einhaltung aller DIN-Normen und Vorschriften nicht nur für den Umgang mit Lebensmitteln, sondern auch für die eingesetzten Sachmittel (Fahrzeuge etc.) vorgeschrieben. Er müsse die Einhaltung seiner Vorgaben lückenlos und effizient überprüfen, wenn er, wie vorliegend durch die Rügen der Antragstellerin, Anhaltspunkte für die Nichteinhaltung der Anforderungen der Vergabeunterlagen habe. Dies gelte umso mehr, als es sich um die „Freigabe“ eines innovativen Konzepts handele, was für die Versorgung von Gemeinschaftsunternehmen immense Tragweite habe. Allein mit den vorgelegten Bescheinigungen von Fachbehörden und Instituten dürfe sich der Antragsgegner nicht zufriedengeben, da diesen nicht der vollständige Sachverhalt oder alle relevanten Punkte zugrunde lägen. Die Bescheinigungen seien unzureichend, da Fachbehörden nur einen begrenzten Prüfungsumfang hätten, während der Antragsgegner verpflichtet sei, sich zu vergewissern, dass die Beigeladene sämtliche einschlägige Normen und Vorschriften beachte. Es sei schon nicht davon auszugehen, dass die Behörden genau das Vorgehen und exakt die Fahrzeuge und Gerätschaften überprüft hätten, die bei der Auftragsdurchführung zum Einsatz kommen sollen. So habe das Landratsamt Y das Konzept nur nach Papierlage und nicht systematisch auf die Einhaltung aller DIN-Normen überprüft. Das Landratsamt X habe ebenfalls nur eine punktuelle, nicht im Detail festgehaltene Prüfung vorgenommen, jedenfalls aber nicht alle einschlägigen Vorschriften und Regelwerke überprüft und das Konzept sowie die eingesetzten Mittel nicht unter Realbedingungen („Live-Tests“) kontrolliert. Die Bescheinigungen der I.-GmbH seien schon deshalb kein tauglicher Nachweis, weil sie im Auftrag der Beigeladenen erstellt worden seien, zudem habe das Institut keine Prüfkompetenz für die Einhaltung von DIN-Normen. Es stehe auch diesbezüglich nicht fest, ob genau die Fahrzeuge überprüft worden seien, die zum Einsatz kommen sollen, abgesehen davon könne ohne genaue Kontrolle des gesamten Ablaufs von der Produktion bis zur Ausgabe unter Realbedingungen nicht festgestellt werden, dass sich die Beigeladene tatsächlich in jeder Hinsicht regelkonform verhalte. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass die Konformität des Lkw mit der DIN 10506 und weiteren Vorschriften hinterfragt worden sei; auch sei nicht bekannt, ob die Beigeladene alle alters- und bedarfsspezifisch vorgegebenen Mengen an Nährstoffen nebst wasserlöslichen Vitaminen liefere. Die notwendigen weiteren Prüfungen durch den Antragsgegner seien nicht unverhältnismäßig, gegebenenfalls müsse dies mit gutachterlicher Unterstützung erfolgen.
24
Die Antragstellerin halte daran fest, dass das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ nicht unter Einhaltung der Vergabeunterlagen umsetzbar sei. Es fehle eine detaillierte Kontrolle des Prozesses während der Fahrt, damit sei unklar, ob die verschiedenen Regenerationszeiten für die diversen Speisekomponenten, zumal für verschiedene Tage mit unterschiedlichem Speiseplan, ordnungsgemäß eingehalten würden. Gleiches gelte für Hygienevorschriften. Die Beigeladene beabsichtige, den Regenerationsprozess für einen Teil der Portionen vor Ort zu starten, so dass entgegen Ziffer 3.5 des Leistungsverzeichnisses die Speisen nicht warm ankämen. Es sei nicht geprüft worden, ob der Transport in Temperatur gesicherten und geschlossenen Transportsystemen durchgeführt werde, die Speisen ordnungsgemäß gekühlt bei höchstens 7 °C transportiert würden und ob die Regenerierung in jeder Hinsicht (chargenweise nach Bedarf unmittelbar vor der Ausgabe bzw. so kurz wie möglich u. a.) korrekt ablaufe. Auch durch ein Öffnen der Tür der Kühlkammer des Lkw könne nicht sichergestellt werden, dass die Temperatur auf der Ladefläche gleichmäßig höchstens 7 °C betrage. Mit den R. K. sei es nicht möglich, innerhalb einer Regenerationszeit von maximal 90 Minuten die kritische Temperatur von mindestens 72 °C für zwei Minuten zu erreichen und während der Heißhaltezeit eine Kerntemperatur von mindestens 65 °C nicht zu unterschreiten. Es werde bestritten, dass die Beigeladene Spezialanfertigungen verwende. Wie sich aus den Live-Tests der Antragstellerin, die aus Geheimhaltungsgründen weder dem Antragsgegner noch der Beigeladenen offengelegt werden dürften, ergeben habe, seien allein zum Umrühren und Umladen der zu liefernden 1.000 Portionen mehrere Stopps nötig, wobei die maximale Regenerationszeit von 90 Minuten bereits bei einem zweimaligen Umladen erreicht sei. Zudem sei nach der DIN 10536 verboten, dass der Fahrer Geräte und GN-Bleche, etwa zur Temperaturmessung, im unreinen Bereich ohne Fliegennetz öffne. Die Warmhaltezeit, die für regenerierte Speisen maximal 60 Minuten betrage, halte die Beigeladene nicht ein. Zudem sei ein Regenerieren ohne Wasserversorgung nicht möglich. Die Stromversorgung auf dem Lkw reiche nicht für das Kühlen und Regenieren von 1.000 Portionen. Die Beigeladene kalkuliere außerdem mit einer unzureichenden Anzahl an Geräten und Fahrzeugen und berücksichtige die Vorgaben des Herstellers nicht. Bei den Lkw der Beigeladenen handele es sich um ortsveränderliche Betriebsstätten und um gewerbliche Küchen, die weder den Vorgaben der anwendbaren DIN 10506, der DIN 10500, der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 noch den Arbeits- und Brandschutzanforderungen entsprächen. Sollten die Regeneriergeräte umgebaut worden sein, habe keine VDE-Prüfung vor der ersten Inbetriebnahme, keine erneute Prüfung der Konformität nach den Richtlinien 2006/42/EG und 2014/30/EU und keine Gefährdungsbeurteilung stattgefunden. Auch sei nicht sichergestellt, dass die Fahrer der Beigeladenen alle an sie zu stellenden Anforderungen erfüllten. Die warmgehaltenen Speisen erreichten nicht die vorgegebene Menge an Nährstoffen und Vitaminen. Es würden die Vorgaben für Kita- und Schulverpflegung sowie Seniorenheime, die erst recht für Flüchtlingsunterkünfte gälten, missachtet. Letztlich beabsichtige die Beigeladene gar nicht, das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ umzusetzen, wie im Angebot konkretisiert, was sich aus den Beobachtungen der von der Antragstellerin beauftragten Detektei bezüglich anderer Aufträge, bei denen das Konzept angeblich eingesetzt werde, ableiten lasse.
25
Ergänzend behauptet die Antragstellerin, die Beigeladene bereite an ihrem Standort in … gar keine Speisen zu, da es an einer ausreichenden Zu- und Abluftanlage fehle. Eine Bestätigung des Landratsamts Y über die Zulassung des Betriebs sei unbehelflich, da hierfür eine andere Stelle zuständig sei. Der Umstand, dass die Beigeladene in der Unterkunft E das Geschirr vor Ort spüle, obwohl die Leistungsbeschreibung ein externes Spülen vorgebe, rechtfertige die Annahme, dass die Beigeladene auch beim streitgegenständlichen Auftrag notwendige Kosten nicht einkalkuliert habe. Sie sei deshalb auch wegen der Nichteinhaltung von Kalkulationsvorgaben zwingend auszuschließen.
26
Die Beigeladene müsse zudem nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB zwingend ausgeschlossen werden. Entgegen der Ansicht der Vergabekammer seien auch Verstöße der Beigeladenen in anderen Aufträgen, die von Detektiven beobachtet oder von ehemaligen Mitarbeitern der Beigeladenen geschildert würden, nachgewiesen. Auch hätte der Antragsgegner die Warmhaltezeiten im Interimsauftrag A, Los 1 anhand des Fahrtenschreibers des Lkw und der protokollierten Eingangsdaten der Pforte an den Beobachtungstagen verifizieren können. Als weitere Verfehlungen der Beigeladenen sei daher zu berücksichtigen, dass diese beim Interimsauftrag A, Los 1, an einigen Tagen die Warmhaltefrist von drei Stunden nicht eingehalten, Speisen nicht bei höchstens 7 °C in gesicherten Transportbehältern gekühlt transportiert, GN-Bleche im unreinen Bereich ohne Fliegennetz geöffnet, die Kerntemperatur nicht geprüft und der Fahrer an einem Tag mit bloßer Hand in die GN-Bleche gefasst habe. Auch bei den Aufträgen B und C habe die Beigeladene die maximale Warmhaltezeit von drei Stunden an einigen Tagen nicht eingehalten. Beim Auftrag Anker-Dependance D habe die Beigeladene an einigen Tagen ungekühlte Speisen ausgegeben, ausgepackte Komponenten über Nacht bei Raumtemperatur aufgetaut und vor Ort aufgewärmt, Mittagessen aus Warmanlieferungen vom Vortag ausgegeben, frische und nicht verzehrte Waren im selben Lkw transportiert und Personal ohne Schulung eingesetzt. Im Auftrag E werde entgegen den vertraglichen Vorgaben das Essen nicht täglich angeliefert, sondern komme ab und zu aus München und werde vor Ort im Konvektomaten erhitzt. Außerdem seien Bewohner der Unterkunft ohne Arbeitserlaubnis beschäftigt und ihnen eine Vergütung in Aussicht gestellt worden. Es sei davon auszugehen, dass die Geschäftsführung der Beigeladenen hierzu die generelle Erlaubnis erteilt habe. Damit haben die Beigeladene gegen eine Vielzahl gesetzlicher Verbote und vertraglicher Vorgaben verstoßen. Ferner habe die Beigeladene beim Auftrag Catering Ankunftszentrum F nicht alles angeboten, was vertraglich vorgegeben sei und zudem Brot nicht verpackt, sondern offen ausgegeben. Schließlich habe ein von der Beigeladenen beauftragter Detektiv einem ehemaligen Mitarbeiter der Antragstellerin Geld für die Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen angeboten; es sei fernliegend, dass der Detektiv dabei eigenmächtig gehandelt habe.
27
Die Verstöße seien bereits jeder für sich, jedenfalls aber in der Summe als schwere Verfehlungen zu qualifizieren. Insbesondere berge die Überschreitung von Warmhaltezeiten Gefahren durch eine bakterielle Belastung der Speisen für eine Vielzahl von Personen. Zudem sei im sensiblen Cateringbereich ein Unternehmen verpflichtet, die Einhaltung vertraglicher und gesetzlicher Vorgaben selbst zu prüfen und zu kontrollieren. Die Beigeladene müsse deshalb zwingend ausgeschlossen werden, das Ermessen des Antragsgegners sei insoweit auf Null reduziert. Das Fehlen einer lückenlosen Kontrolle durch den Antragsgegner könne nicht zugunsten des Bieters berücksichtigt werden, ebenso wenig wie das Abstellen von Verstößen – erst – nach der Eskalation an die Geschäftsführung. Schließlich sei es falsch darauf abzustellen, dass kein Fall einer nachweislichen Gesundheitsgefährdung oder -schädigung bekannt sei, was im Übrigen bestritten werde. Zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sei, dass die Bewohner keine Ausweichmöglichkeiten hätten und auch Personen aus Risikogruppen wie Kinder, Schwangere und Senioren zu verpflegen seien. Der Antragsgegner habe nicht berücksichtigt, dass die Beigeladene entgegen ihrer Behauptung das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ an einer Vielzahl von Tagen tatsächlich nicht umgesetzt habe. Der Rechtsgedanke des § 123 Abs. 5 Satz 1 GWB sei nicht anwendbar, da die Beauftragung der Beigeladenen nicht alternativlos sei. Ferner sei die Beigeladene auch nach § 124 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. b GWB auszuschließen.
28
Die Antragstellerin beantragt,
1.
Der Beschluss der Vergabekammer wird aufgehoben.
2.
Dem Antragsgegner wird untersagt, in dem streitgegenständlichen Vergabeverfahren den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen.
3.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, bei Fortbestehen der Vergabeabsicht die Wertung der Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Vergabesenats zu wiederholen.
29
Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen, die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Südbayern zurückzuweisen.
30
Ferner hat der Antragsgegner hilfsweise Anschlussbeschwerde eingelegt gegen die tatsächliche Feststellung der Vergabekammer, die Beigeladene habe bezüglich des Versorgungsvertrags „Dependance D“ ein Angebot abgegeben in Kenntnis, dass sie die vorgeschriebene maximale Warmhaltezeit nicht würde einhalten können. Die Beigeladene hat sich der Anschlussbeschwerde angeschlossen.
31
Die Antragstellerin beantragt,
die Anschlussbeschwerde als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
32
Der Antragsgegner wiederholt und vertieft seinen Vortrag aus dem Verfahren vor der Vergabekammer. Er habe im Anschluss an den Beschluss der Vergabekammer vom 30. Mai 2022 die Wertung des Angebots des Antragsgegners erneut vorgenommen und ergänzt. Dabei sei das Leistungsversprechen der Beigeladenen hinreichend plausibel untermauert worden. Im Übrigen könne die Antragstellerin die grundsätzliche Eignung und Umsetzbarkeit des Konzepts „Fahrzeit gleich Garzeit“ vorliegend nicht mehr angreifen, da sie insoweit den Beschluss der Vergabekammer vom 30. Mai 2022 nicht angegriffen habe. Der Auftraggeber dürfe sich grundsätzlich auch auf das Leistungsversprechen des Bieters ohne Überprüfung verlassen, bloße abweichende Vermutungen eines Konkurrenten änderten daran nichts. Überprüfungen im von der Antragstellerin geforderten Umfang seien unverhältnismäßig und unzumutbar. Die vorgelegten Bestätigungen könnten berücksichtigt werden, auch wenn Teile davon zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen der Beigeladenen der Antragstellerin nicht offengelegt würden. Positive Prüfungsergebnisse zugunsten der Beigeladenen versuche die Antragstellerin stets mit angeblich unzureichender Prüfungstiefe zu entwerten. Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ tatsächlich nicht oder unter Verstoß gegen zwingende Vorschriften oder bindende Vorgaben der Leistungsbeschreibung umsetzen wolle oder könne, fehlten und ließen sich insbesondere auch nicht aus den Beobachtungen der von der Antragstellerin beauftragten Detektive ableiten. Ferner habe die Beigeladene weitere Bestätigungen des Herstellers und der I.-GmbH vorgelegt. Wie in den vorgelegten Vergabevermerken ausgeführt, könne von einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung ausgegangen werden. Ein Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB komme nicht in Betracht, da schon keine ausreichend schweren Verfehlungen der Beigeladenen nachgewiesen seien. Die neuen, im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erhobenen Vorwürfe träfen überwiegend nicht zu oder seien von der Beigeladenen bestritten und nicht mehr aufklärbar. Vorwürfe, die von Detektiven, ehemaligen Mitarbeitern der Beigeladenen oder anderen nicht objektiv handelnden Institutionen erhoben würden reichten nicht aus. Jedenfalls sei kein Sachverhalt bekannt, der allein oder in Zusammenschau der Vorwürfe das nötige Gewicht für einen Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB erreiche, noch weniger sei eine Ermessenreduzierung auf Null anzunehmen. Bezüglich des Einsatzes von Bewohnern der Anker-Dependance E habe es sich um ein eigenmächtiges Vorgehen der Mitarbeiter der Beigeladenen vor Ort gehandelt; außerdem habe die Beigeladene Selbstreinigungsmaßnahmen nach § 125 Abs. 1 GWB ergriffen. Weitere vergleichbare Vorfälle seien nicht bekannt. Konkrete Gesundheitsgefährdungen für die Bewohner oder mehr als nur geringfügige Verzögerungen in deren Versorgung hätte es in den von der Beigeladenen durchgeführten Aufträgen nicht gegeben. Dass die Beigeladene nicht zum Verzehr geeignete Speisen in den Verkehr gebracht habe, sei nicht bewiesen. Der Umfang der Tätigkeit, die Vielzahl der einzuhaltenden Normen und der Umgang mit Menschen aus verschiedenen Herkunftsländern schließe einen beanstandungsfreien Vertragsvollzug nahezu aus. Dass der Antragsgegner keine lückenlose Überwachung des Vertragsvollzugs gewährleisten könne und dies die Gefahr von Verfehlungen erhöhe, sei sowohl zugunsten als auch zulasten der Beigeladenen zu berücksichtigen. Die gesetzgeberische Wertung des § 123 Abs. 5 Satz 1 GWB könne berücksichtigt werden, auch wenn nicht alle Voraussetzungen der Norm erfüllt seien. Wie im letzten Vergabevermerk vom 16. Februar 2024 eingehend dargelegt, seien die weiteren behaupteten Vertragsverletzungen der Beigeladenen im August und November 2023 sowie im Januar 2024 bis auf wenige Einzelfälle nicht nachweisbar. Sowohl hinsichtlich des erforderlichen Schweregrads der Verfehlung als auch auf Verschuldensebene sei der Tatbestand des § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB nicht einschlägig. Die nachgewiesenen Verstöße bzw. Vertragsverletzungen genügten hierfür weder einzeln noch in der Gesamtschau. Zudem könne eine positive Prognoseentscheidung bezüglich der Leistungserbringung durch die Beigeladene getroffen werden. Es sei zu keiner Zeit zu gesundheitlichen Problemen bei den Bewohnern gekommen. Das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ sei mehrfach vom Bedarfsträger und externen Fachstellen überprüft worden; ein Verstoß gegen die Warmhaltezeiten oder sonstige lebensmittelrechtlichen oder hygienerechtlichen Vorgaben sei nicht zu befürchten. Durch die Bedarfsträger sei gemeldet worden, dass auch die Interimsaufträge zur vollen Zufriedenheit erfüllt würden.
33
Zudem verfüge die Beigeladene über einwandfreie Referenzen und eine das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ einschließende Zertifizierung nach DIN 9001:2015. Schließlich sei ein Ausschluss der Beigeladenen auch nicht ermessensgerecht. Zu seiner Anschlussbeschwerde trägt der Antragsgegner vor, die Vergabekammer gehe zu Unrecht davon aus, dass die Beigeladen bezüglich des Auftrags Anker-Dependance D ein Angebot unterbreitet habe, obwohl sie gewusst habe, dass sie die Vorgaben zur Warmhaltezeit nicht werde einhalten können. Für die Annahme eines bewussten Verstoßes fehle es an nachvollziehbaren Belegen.
34
Die Beigeladene trägt ergänzend vor, das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ werde stetig weiterentwickelt und halte die Vorgaben der Vergabeunterlagen sowie der DIN 10508 und 10536 ein. Die Annahmen der Antragstellerin zu Anzahl und Dauer der nötigen Zwischenstopps seien unzutreffend. Die Antragstellerin habe im Rahmen ihrer Live-Tests andere Geräte und andere GN-Behälter verwendet als die Beigeladene. Die gegebenenfalls vom Fahrer durchzuführenden Arbeiten erforderten nicht mehr als 8 bis 10 Minuten. Zudem habe die Beigeladene das Konzept so entwickelt, dass nicht zwingend mehrere Zwischenstopps erforderlich seien. Es finde eine konstante Kühlung bis zum Beginn der Regeneration statt. Die Regenerationsdauer von 1,5 Stunden werde eingehalten. Die Ankunftszeit in der jeweiligen Einrichtung sei für die Einhaltung der dreistündigen Warmhaltezeit egal. Die komplette Energieversorgung auf den eingesetzten Lkw ebenso wie die eingesetzten Geräte im Lkw seien Spezialanfertigungen für die Beigeladene. Bezüglich der (Interims-) Aufträge A, B und E seien Essensproben direkt nach Anlieferung mit dem System „Fahrzeit gleich Garzeit“, am Ende der Essensausgabe und Rückstellproben von anderen Tagen untersucht worden, ohne dass sich Beanstandungen ergeben hätten. Die angeblichen Beobachtungen der von der Antragstellerin beauftragten Detektive träfen überwiegend nicht zu, da teilweise die Abladezonen von außen nicht einsehbar seien, teilweise andere Fahrzeuge und andere Container bzw. Boxen eingesetzt würden als vermeintlich beobachtet. Bezüglich der Belieferung der Anker-Dependance E habe es mündliche Absprachen mit der Standortleitung gegeben, ebenso bezüglich der Versorgung Ankunftszentrum F. Die Ausgabe der Lunchpakete liege in der Verantwortung des Antragsgegners. Rohes Fleisch werde in keiner Unterkunft verarbeitet. Mit dem Einsatz von Bewohnern in der Anker-Dependance E hätten die Mitarbeiter vor Ort eigenmächtig und entgegen allgemeinen Anweisungen der Geschäftsführung versucht, Krankheitsfälle auszugleichen. Den handelnden Personen sei gekündigt bzw. diese seien abgemahnt worden. Die Beigeladene habe den Detektiv nicht beauftragt, unter Verstoß gegen Rechtsvorschriften Informationen von ehemaligen Mitarbeitern der Beigeladenen zu erhalten. Ferner sei die Antragstellerin ihrerseits nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB auszuschließen.
35
Ergänzend wird auf den Beschluss der Vergabekammer, die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2024 verwiesen.
36
Der Senat hat die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 20. September 2023 zunächst einstweilen und mit Beschluss vom 14. November 2023 bis zur Entscheidung in der Hauptsache verlängert.
37
Auf Hinweis des Senats hat der Antragsgegner der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 29. Februar 2024 den Vergabevermerk vom 16. Februar 2024 nebst darin in Bezug genommenen Anlagen sowie mit Schriftsatz vom 15. März 2024 den Vergabevermerk vom 11. Oktober 2022, ergänzt am 17. November 2022 zur Verfügung gestellt, wobei gegenüber den ursprünglich vorgelegten Fassungen Schwärzungen in einem deutlich geringeren Umfang vorgenommen worden sind. Die Beigeladene hat der Antragstellerin mit Schriftsätzen vom 29. Februar 2024 bzw. 4. März 2024 eine Bestätigung der Firma R. -KG vom 12. Dezember 2023, ein Schreiben des Landratsamts Y vom 29. Januar 2024 und eine Stellungnahme der I.-GmbH vom 27. Januar 2024 in teilgeschwärzter Form übermittelt.
38
Der Antragstellerin ist in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2024 Gelegenheit zur Stellungnahme zum neuem tatsächlichen Vorbringen in den diesbezüglichen Schriftsätzen (nebst Anlagen) eingeräumt worden. Auf den hierzu eingegangenen Schriftsatz der Antragstellerin vom 5. April 2024, in dem sie ihre Argumentation nochmals unter Vorlage fachlicher und juristischer Stellungnahmen vertieft und ergänzt, wird ebenfalls Bezug genommen.
II.
39
Die zulässige, insbesondere nach § 172 Abs. 1 bis Abs. 3 GWB form- und fristgerecht eingelegte und ordnungsgemäß begründete sofortige Beschwerde der Antragstellerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Über die hilfsweise Anschlussbeschwerde des Antragsgegners, der sich die Beigeladene angeschlossen hat, ist nicht zu entscheiden.
40
1. Die Beschwerde ist zurückzuweisen, da der Nachprüfungsantrag zwar zulässig, in der Sache aber auch unter Berücksichtigung des ergänzenden Vorbringens der Antragstellerin im laufenden Nachprüfungsverfahren unbegründet ist.
41
a) Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
42
aa) Die Antragstellerin, die ein Angebot für den streitgegenständlichen Auftrag abgegeben hat, ist antragsbefugt (§ 160 Abs. 2 GWB). Etwaige Ausschlussgründe in Bezug auf die Antragstellerin, wie sie die Beigeladene geltend macht, wären im Rahmen der Begründetheit des Nachprüfungsantrags zu prüfen; abgesehen davon haben sich nur die Antragstellerin und die Beigeladene am Vergabeverfahren beteiligt, so dass der Nachprüfungsantrag unter dem Gesichtspunkt der „zweiten Chance“ schon dann erfolgreich wäre, wenn auf keines der beiden Angebote ein Zuschlag ergehen dürfte.
43
bb) Die Tatsache, dass die Antragstellerin bereits ein erstes Nachprüfungsverfahren angestrengt hat, das durch bestandskräftigen Beschluss der Vergabekammer vom 30. Mai 2022 beendet worden ist, führt nicht zur (teilweisen) Unzulässigkeit ihres nunmehrigen Nachprüfungsantrags. Auch wenn man auf der Grundlage obergerichtlicher Rechtsprechung annimmt, dass bestandskräftige Entscheidungen der Vergabekammer Tatbestands- und Bindungswirkung entfalten in Bezug auf den Tenor, tragende Entscheidungsgründe, tatsächliche Feststellungen zum behaupteten Verstoß (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 17. Juni 2021, 13 Verg 2/21, NZBau 2022, 189, juris Rn. 35) und die rechtliche Würdigung zur Frage, ob ein Vergabeverstoß vorliegt (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 19. Juli 2023, 54 Verg 3/23, juris Rn. 101), reduziert dies vorliegend den notwendigen Prüfungsaufwand in der Beschwerde praktisch nicht. Schon die Tatsache, dass die Beigeladene nach eigenen Angaben ihr Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ weiterentwickelt hat, steht der Annahme entgegen, mit der ersten Entscheidung der Vergabekammer sei die grundsätzliche Vereinbarkeit des Konzepts mit den Vergabeunterlagen, insbesondere mit einzelnen DIN-Vorschriften abschließend geklärt. Zudem hat die Vergabekammer dem Auftraggeber aufgegeben zu prüfen, ob die Beigeladene mit ihrem beabsichtigten Konzept die Vorgaben der Ausschreibung umsetze bzw. ob dies möglich sei. Tatsächlich hat der Antragsgegner im Laufe des Verfahrens, teils auch bedingt durch weitere Rügen und Beanstandungen der Antragstellerin, nicht nur eine Angebotsaufklärung zu dem im Beschluss der Vergabekammer ausdrücklich genannten Aspekt des Strombedarfs für die Regeneration der Mahlzeiten durchgeführt, sondern eine deutlich weitergehende Überprüfung vorgenommen, ob die Beigeladene im Falle der Zuschlagserteilung die Anforderungen der Leistungsbeschreibung bzw. des Leistungsverzeichnisses einhält. Lediglich die im ersten Beschluss der Vergabekammer enthaltene Aussage, der Antragsgegner habe kein bestimmtes Produktionsverfahren vorgegeben oder ausgeschlossen, könnte der Rüge der Antragstellerin, das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ scheide als ein den einschlägigen DIN-Normen nicht bekanntes Verfahren grundsätzlich aus, entgegenstehen, was jedoch aufgrund der nachfolgenden Erwägungen (vgl. Ziffer 1. b) aa]) dahingestellt bleiben kann.
44
cc) Vor dem Hintergrund der vielfältigen Recherchen und der damit einhergehenden umfänglichen Argumentation der Antragstellerin lässt sich keine der erhobenen Rügen von vorneherein als zu pauschale oder unzulässige Behauptung „ins Blaue“ qualifizieren. Die Prüfung der Stichhaltigkeit der geltend gemachten Einwände sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht bleibt der Begründetheitsprüfung vorbehalten.
45
b) Das Angebot der Beigeladenen ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin weder zwingend nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV oder § 15 Abs. 5 Satz 2 VgV auszuschließen noch besteht Anlass, korrigierend in das Vergabeverfahren einzugreifen. Die zwischenzeitlichen Modifikationen im Vorgehen führen nicht zu einer mangelnden Wertbarkeit des Angebots der Beigeladenen. Weiterhin haben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“, wie es die Beigeladene durchführen will, gegen eindeutige und zwingende Vorgaben der Vergabeunterlagen verstößt. Vielmehr ist festzustellen, dass der Antragsgegner den von der Antragstellerin vorgebrachten Bedenken und Vorwürfen, die Beigeladene halte sich nicht an einschlägige Normen und wolle bzw. könne die streitgegenständliche Leistung nicht im Einklang mit den in den Vergabeunterlagen enthaltenen Vorgaben erbringen, hinreichend Rechnung getragen und eine ausreichende Prüfung des Leistungsversprechens der Beigeladenen vorgenommen hat. Auf der Grundlage der vorliegenden Bescheinigungen und amtlichen Stellungnahmen sowie der plausiblen Darlegungen der Beigeladenen ist der Antragsgegner zu der vergaberechtlich nicht zu beanstandenden Beurteilung gelangt, dass die Beigeladene zu einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung bereit und in der Lage ist. Es besteht kein Anlass für eine noch weitergehende Überprüfung, sei es in Bezug auf behördliche Genehmigungen oder Zulassungen des Betriebs, der Fahrzeuge oder Geräte der Beigeladenen oder des Konzeptablaufs im Einzelnen.
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aa) Der Einwand der Antragstellerin, ein Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ dürfe schon deshalb nicht zum Einsatz kommen, weil die einschlägigen DIN-Normen, insbesondere die DIN 10536 und 10508 dieses Verfahren nicht kennen würden, ist unbegründet. Es kann dahinstehen, ob über diese Rüge nicht schon durch den Beschluss der Vergabekammer vom 30. Mai 2022 abschließend entschieden ist, da die (neuerliche) Feststellung der Vergabekammer, den Vergabeunterlagen sei keine Festlegung auf bestimmte Produktionsverfahren zu entnehmen, zutreffend ist. Dem Bieter steht deshalb frei, neue oder innovative Verfahren zu nutzen. Auch aus Ziffer 8 der Leistungsbeschreibung, wonach die Cateringleistung entsprechend den Qualitätsvorgaben und Qualitätsmaßstäben der für Transport und Zubereitung von Lebensmitteln einschlägigen DIN-Vorschriften zu erbringen ist, folgt nichts anderes. Ob damit überhaupt in der erforderlichen Klarheit eine bindende Einhaltung der DIN 10536 vorgegeben worden ist, kann offen bleiben, denn diese nennt – wie die Antragstellerin selbst ausführt – das Cook & Chill-Verfahren als ein mögliches Verfahren. Charakteristisch für dieses Verfahren ist das Vorgaren von Speisen, die gekühlt gelagert, transportiert, regeneriert und anschließend heiß ausgegeben werden (vgl. Ziffer 4.1 der DIN 10536). Zudem erwähnt Ziffer 4.2.6 der DIN 10536 ausdrücklich das Regenieren während des Transports der Speisen zur Ausgabestelle. Nichts anderes ist nach dem Konzept der Beigeladenen vorgesehen. Ob ihr System „Fahrzeit gleich Garzeit“ in der konkreten Umsetzung im Widerspruch zu der DIN 10536 oder anderen Normen steht und deshalb ausgeschlossen werden muss, ist im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Antragstellerin zu klären, die vorgesehene Leistungserbringung der Beigeladenen erfülle nicht die im Einzelnen in der Leistungsbeschreibung bzw. im Leistungsverzeichnis festgelegten Anforderungen.
47
bb) Maßgeblich für die Frage, ob das von der Beigeladenen vorgesehene Konzept die Vorgaben des Antragsgegners erfüllt, ist die beabsichtigte Vorgehensweise, wie sie die Beigeladene zuletzt dargelegt hat. Die Tatsache, dass die nunmehrige geschilderte Arbeitsweise nicht mehr vollständig mit dem im Aufklärungsschreiben vom 26. Juli 2022 geschilderten Verfahrensablauf übereinstimmt, rechtfertigt keinen Angebotsausschluss, da darin keine unzulässige Änderung des fristgerecht zum 6. September 2021 abgegebenen Angebots der Beigeladenen zu sehen ist. Weder das Nachverhandlungsverbot (§ 15 Abs. 5 VgV) noch der Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) stehen der Berücksichtigung des Angebots der Beigeladenen entgegen.
48
(1) Zutreffend ist der Hinweis der Antragstellerin, dass im offenen Verfahren ein Angebot nicht nach Ablauf der Angebotsfrist inhaltlich abgeändert werden darf. So ist dem Bieter zweifelsfrei verwehrt, im offenen Verfahren den Angebotspreis nachträglich zu senken, um dadurch eine bessere Rangstelle zu erlangen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2002, X ZR 185/99, juris). Aber auch in Fällen, in denen ein Bieter nach Angebotsabgabe auf Nachfrage der Vergabestelle nähere Details zu seinem Angebot mitteilt, kann er den Angebotsinhalt nur erläutern und nicht ändern (vgl. auch EuGH, Urt. v. 7. April 2016, C-324/14, juris Rn. 62 ff. und Urt. v. 29. März 2012, C-599/10, juris Rn. 40). Eine unzulässige nachträgliche Abänderung des Angebots ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Bieter von eindeutigen Festlegungen seines Angebots im Zuge einer Stellungnahme zu einem Aufklärungsersuchen abrückt (so im Fall des EuGH, Urt. v. 7. April 2016, C-324/14: nachträgliche Vorgabe einer Rangfolge hinsichtlich einzelner Teile des Auftrags, obwohl das Angebot für den gesamten Auftrag abgegeben worden ist). Aber auch in Fallkonstellationen, in denen sich bei einer Angebotsaufklärung herausstellt, dass das vom Bieter abgegebene Angebot in Wahrheit nicht mit den Vorgaben der Vergabeunterlagen übereinstimmt, etwa weil er beabsichtigt, ein Produkt zu liefern, das nicht die in den Vergabeunterlagen geforderten Eigenschaften besitzt (OLG München, Beschluss vom 10. April 2014, Verg 1/14, juris Rn. 57; Beschluss vom 25. November 2013, Verg 13/13, juris Rn. 28 ff.) oder er nicht die zwingend vorgesehenen Stellen zur Abfallentsorgung nutzen will (vgl. BayObLG, Beschluss vom 31. August 2022, Verg 18/21, juris Rn. 81), wurde eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen mit der Folge eines zwingenden Angebotsausschlusses angenommen. Dies erklärt sich vor dem Hintergrund der Zielsetzung einer Aufklärung, womit Unklarheiten bzw. Widersprüchlichkeiten im Angebot beseitigt werden sollen. Stellt sich im Zuge der Aufklärung heraus, dass der Bieter tatsächlich nicht die geforderte Leistung angeboten hat, ist sein Angebot nicht zuschlagsfähig. Dem Bieter ist in einer solchen Situation verwehrt, den Angebotsausschluss durch spätere Korrektur seiner Angaben abzuwenden, indem er sich nachträglich bereit erklärt, ein anderes, den Vorgaben der Leistungsbeschreibung entsprechendes Produkt anstelle des zunächst genannten Produkts zu liefern (vgl. BayObLG, Beschluss vom 31. August 2022, Verg 18/21, juris Rn. 88). Im umgekehrten Fall, also bei zufriedenstellender Aufklärung, kann der Antragsgegner darauf vertrauen, dass der Bieter sein Leistungsversprechen einhält und für eine ordnungsgemäße Leistungserbringung entsprechend den Erläuterungen bzw. Zusagen Sorge trägt.
49
Nichts anderes ergibt sich aus den Entscheidungen der Oberlandesgerichte Karlsruhe (Beschluss vom 7. September 2022, 15 Verg 8/22, juris) und Schleswig (Beschl. v. 6. Juli 2022, 54 Verg 4/22, juris), wobei in den beiden Fällen keine Abweichungen des Angebots von den Vergabeunterlagen festgestellt worden sind.
50
(2) Aus der zitierten Rechtsprechung lässt sich nicht schlussfolgern, dass das Angebot der Beigeladenen deshalb auszuschließen wäre, weil sie zwischenzeitlich neue technische Hilfsmittel einsetzt und damit der im Jahr 2024 vorgesehene Arbeitsablauf von der Beladung des Lkw am Standort … bis zur Übergabe der Speisen beim Anker-Zentrum nicht in allen Details dem Vorgehen entspricht, den die Beigeladene im ersten Aufklärungsschreiben vom 26. Juli 2022 geschildert hat. So soll die Kühlung der Speisen im Lkw mittels einer anderen Technik sichergestellt werden, es entfällt die Umladung der GN-Bleche während der Fahrt, es bedarf damit nur noch eines (statt zweier) Stopps, bei dem eine Temperaturkontrolle stattfindet und das Regenerierprogramm gestartet wird, und am Zielort erfolgt eine Übergabe der GN-Bleche in vorgeheizte TP anstelle einer Ausladung von „Towern“.
51
(a) Soweit die Antragstellerin in den Raum stellt, Hintergrund der zwischenzeitlichen technischen Modifikationen sei die Vermeidung eines drohenden Angebotsausschlusses gewesen, da der im Schreiben vom 26. Juli 2022 geschilderte Ablauf nicht vertragskonform umsetzbar gewesen sei, fehlen hierfür hinreichende Anhaltspunkte. Weder der Antragsgegner noch die Vergabekammer haben festgestellt, dass die von der Beigeladenen zunächst geschilderte Vorgehensweise im Widerspruch zu eindeutigen Vorgaben der Vergabeunterlagen stehen würde, noch kann sich der Senat hiervon überzeugen. Die Beigeladene hat im Aufklärungsschreiben vom 26. Juli 2022 plausibel und nachvollziehbar dargetan, dass sie die geforderte Anzahl an in ihrer Zentralküche vorproduzierten und anschließend heruntergekühlten Speisen mittels Lkw zu transportieren vermag, es wurde erläutert, dass und wie eine ordnungsgemäße Kühlung der Lebensmittel und die Regenerierung der Speisen während der Fahrt mit den erforderlichen Temperaturen erfolgt, welche Menge Strom hierfür nötig ist und wie die Stromversorgung für Kühlung und Regenerierung während des Transports sichergestellt wird. Mit Hilfe von Bescheinigungen der I.-GmbH und Bestätigungen der Landratsämter X und Y hat sie untermauert, dass gegen ihr Vorgehen keine lebensmittelrechtlichen oder hygienerechtlichen Bedenken bestehen. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin die Erläuterungen der Beigeladenen ebenso wie die vorgelegten Bestätigungen in Zweifel zieht und im Laufe des Vergabeverfahrens immer wieder neue Einwände gegen die Vorgehensweise der Beigeladenen vorgebracht hat, lässt nicht den Schluss zu, dass das im Schreiben vom 26. Juli 2022 geschilderte Vorgehen nicht im Einklang mit den Vergabeunterlagen gestanden hätte. Ergänzend ist auf die nachfolgenden Ausführungen zu dem zuletzt geschilderten Ablauf zu verweisen, gegen den die Antragstellerin im Wesentlichen die gleichen Einwände erhebt.
52
(b) Anders als die Antragstellerin meint, kann aus der unter (1) dargelegten Rechtsprechung nicht abgeleitet werden, dass die Beigeladene ihr im September 2021 abgegebenes Angebot durch die Angaben im Aufklärungsschreiben vom 26. Juli 2022 in Bezug auf sämtliche darin genannten Details unwiderruflich festgelegt habe, weswegen jede nachfolgend mitgeteilte Abweichung von diesen Erläuterungen als unzulässige Änderung des Angebots zu werten sei. Abfragen des öffentlichen Auftraggebers zu Personal, Geräten, Produktionsablauf und anderen Details dienen vorrangig (und für den Bieter erkennbar auch hier) der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen, störungsfreien Ablaufs bei der Vertragsdurchführung. Bei eng begrenzten Fragestellungen zur beabsichtigten Leistung, wie etwa bei einer Nachfrage, welches konkrete Produkt geliefert werden soll, mag die diesbezügliche Erklärung des Bieters regelmäßig die berechtigte Erwartung des öffentlichen Auftraggebers begründen, die Leistung werde exakt wie erklärt auch durchgeführt. Im streitgegenständlichen Vergabeverfahren betrifft die Aufklärung allerdings einen vielschichtigen und komplexen Produktions- und Transportvorgang im Vorfeld der unmittelbaren Leistung, zudem ist das Catering über einen Zeitraum von mehreren Jahren tagtäglich durchzuführen. Dass es hierbei nicht im Laufe der Zeit zu einem Wechsel im Fahrzeug-, Geräte- oder Personalstand oder auch zu gewissen Fortentwicklungen im technischen Ablauf kommt, ist fernliegend. Würde man der Argumentation der Antragstellerin folgen, dürfte ein Bieter ein im Zuge einer Aufklärung benanntes Fahrzeug, das in Reparatur ist oder durch einen Schaden unbrauchbar wird, nicht durch ein baugleiches oder sogar qualitativ besseres, verfügbares Fahrzeug ersetzen, ebenso wenig wäre ihm erlaubt, ein defektes Gerät, dessen Funktionsweise er vorab gegenüber dem Auftraggeber dargelegt hat, auszutauschen. Gleiches würde für Mitarbeiter gelten, die erkrankt sind oder das Unternehmen zwischenzeitlich verlassen haben. Auch dort wäre dem Bieter versagt, auf vergleichbar oder noch besser qualifiziertes Personal zurückzugreifen. Eine derart starre Bindung ist weder durch den Sinn und Zweck der Aufklärung gerechtfertigt, noch entspricht sie der Interessenlage der Beteiligten, noch lässt sie sich aus einer begründeten Erwartungshaltung des Auftraggebers ableiten. Auch aus dem Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatz folgt nichts anderes, eher im Gegenteil. Die Problematik einer möglichen Festlegung auf eine bestimmte Vorgehensweise stellt sich nur für den Bieter, der infolge eines Aufklärungsverlangens nach Angebotsabgabe nähere Details zum Ablauf darzulegen hat, während derjenige, der ohne Aufklärung den Zuschlag erhält, mangels Vorgabe eines bestimmten Produktions- oder Lieferverfahrens über den gesamten Leistungszeitraum frei entscheiden kann, auf welche Art und Weise er die Leistung erbringt, solange diese vertragskonform ist.
53
Betrachtet man die Änderungen im Vorgehen, kann entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht festgestellt werden, dass die Beigeladene nunmehr „ein aliud“ anbietet, also eine vom ursprünglichen Angebot inhaltlich abweichende Leistung. Dem Angebot liegt nach wie vor ein und dasselbe Konzept zugrunde: die Beigeladene beabsichtigt, die am Standort … vorgegarten und gekühlten Speisen abzuholen, diese gekühlt zu transportieren, während der Fahrt zu regenerieren und anschließend in heißem Zustand beim Anker-Zentrum zum Zwecke der Ausgabe an die Heimbewohner auszuliefern. Der Umstand, dass sie technische Hilfsmittel durch neuere Gerätschaften ersetzt, mit denen die Vorgaben der Leistungsbeschreibung ebenso eingehalten werden wie mit der ursprünglich vorgesehenen und im Zuge einer Aufklärung näher beschriebenen Ausstattung, rechtfertigt nicht die Annahme einer unzulässigen Änderung des Angebotsinhalts, mag der konkrete Ablauf auch geringfügig anders sein. Weder die Art noch der Inhalt der Leistung ändert sich dadurch, dass die Beigeladene nur noch einen Stopp benötigt, sie GN-Bleche nicht mehr von einem Gerät zum anderen umladen muss und vor Ort GN-Bleche in vorgeheizte Geräte umlädt (und nicht einen „Tower“ auslädt). Gleiches gilt für die neue Kühltechnik und den nunmehrigen Ablauf des Regenerierprogramms und der Temperaturkontrolle. Auch bei wertender Betrachtung sind die vorgesehenen Modifikationen in der technischen Umsetzung nicht von einem Gewicht, als dass sich das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ als ein anderes darstellt als ursprünglich angeboten. Soweit die Antragstellerin geltend macht, (auch) das nunmehrige Konzept stehe nicht im Einklang mit den Vorgaben der Vergabeunterlagen, kann ihr aus nachfolgenden Gründen nicht gefolgt werden.
54
cc) Ganz allgemein ist zur Prüfung des Leistungsversprechens eines Bieters folgendes festzustellen:
55
Der öffentliche Auftraggeber darf grundsätzlich ohne Widerspruch zu § 127 Abs. 4 Satz 1 GWB davon ausgehen, dass ein Bieter seine vertraglichen Zusagen erfüllen wird (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 7. September 2022, 15 Verg 8/22, juris Rn. 29; BayObLG, Beschluss vom 3. Juni 2022, Verg 7/22, juris Rn. 63; Beschluss vom 9. November 2021, Verg 5/21, juris Rn. 107; Beschluss vom 9. April 2021, Verg 3/21, juris Rn. 65; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Januar 2020, Verg 20/19, juris Rn. 70; KG, Beschluss vom 21. November 2014, Verg 22/13, juris Rn. 36). Erst wenn sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dies zweifelhaft ist, ist der öffentliche Auftraggeber gehalten, durch Einholung ergänzender Informationen die Erfüllbarkeit des Leistungsversprechens bzw. die hinreichende Leistungsfähigkeit des Bieters zu prüfen (OLG Schleswig, Beschluss vom 6. Juli 2022, 54 Verg 4/22, juris Rn. 51; BayObLG, Beschluss vom 9. November 2021, Verg 5/21, juris Rn. 107; OLG Naumburg, Beschluss vom 1. März 2021, 7 Verg 1/21, juris Rn. 45; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Januar 2020, Verg 20/19, juris Rn. 70; Beschluss vom 26. Juli 2018, Verg 23/18, juris Rn. 71).
56
Bei der Überprüfung des Leistungsversprechens ist der öffentliche Auftraggeber in der Wahl seiner Mittel grundsätzlich frei. Er ist im Interesse einer zügigen Umsetzung der Beschaffungsabsicht und einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens und aus Gründen seiner begrenzten Ressourcen und administrativen Möglichkeiten nicht auf eine bestimmte Methode oder bestimmte Mittel der fachlichen Prüfung festgelegt. Das vom Auftraggeber gewählte Mittel zur Überprüfung muss jedoch geeignet und die Mittelauswahl frei von sachwidrigen Erwägungen getroffen worden sein. Der öffentliche Auftraggeber ist nur dann auf ein bestimmtes Mittel der Verifizierung zu verweisen, wenn dieses das einzige geeignete Mittel der Überprüfung der Bieterangaben darstellt und dem öffentlichen Auftraggeber zur Verfügung steht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Januar 2020, Verg 20/19, juris Rn. 73 m. w. N.).
57
dd) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Antragsgegner auf der Grundlage der durchgeführten Aufklärungen zu der vergaberechtlich nicht zu beanstandenden Einschätzung gelangt, er könne eine vertragskonforme Leistung durch die Beigeladene erwarten. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob das Angebot der Beigeladenen überhaupt in dem erfolgten Umfang und der Tiefe hätte überprüft werden müssen, ebenso, inwieweit sich aus den allgemeineren Regelungen in den Vergabeunterlagen zur Einhaltung gesetzlicher Pflichten und DIN-Vorschriften hinreichend klare und zwingende Vorgaben im Sinne des § 57 Abs. 1 VgV ableiten lassen. Der Antragsgegner ist dem im bestandskräftigen Beschluss der Vergabekammer vom 30. Mai 2022 enthaltenen Prüfungsauftrag nachgekommen. Die Beigeladene hat mit ihren Erläuterungen in der Zusammenschau mit den vorliegenden Bestätigungen und Bescheinigungen ausreichend dargetan, dass sie zu einer ordnungsgemäßen Erbringung der Leistung bereit und in der Lage ist. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin lässt sich nicht feststellen, dass ihre Konkurrentin bei Durchführung des beabsichtigten Konzepts die Vorgaben der Vergabeunterlagen nicht erfüllen kann oder will. Es besteht auch kein Anlass für eine noch weitergehende Aufklärung.
58
Die Beigeladene hat ihr Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ mit Schreiben vom 26. Juli 2022 dargelegt, sie hat den wesentlichen Ablauf bei Lieferung der für den streitgegenständlichen Auftrag geforderten Portionen anhand zweier beispielhaft genannter Speisen geschildert, sich zu dem für die Kühlung und Regenerierung der Speisen benötigten Stromverbrauch geäußert und anhand der besonderen Fahrzeugausstattung erläutert, dass die Energieversorgung während des Transports gesichert ist. Hierzu hat sie Zulassungsbescheinigungen sowie eine Bestätigung des Unternehmens vorgelegt, das die Fahrzeuge mit entsprechenden Komponenten ausgestattet hat (im Folgenden: A.-GmbH). Weiterhin hat die I.-GmbH mit Schreiben vom 19. Januar 2022 bescheinigt, dass sie am 17. Januar 2022 eine Begutachtung des Konzepts vorgenommen und keine Mängel festgestellt habe. In dem Schreiben ist u. a. ausgeführt, dass die Fahrzeuge mit hinreichend starken Öfen ausgestattet seien, eine externe Stromversorgung während des Transports nicht erforderlich sei, für hygienische Bedingungen gesorgt sei und gegen das Konzept keine lebensmittelrechtlichen Bedenken bestünden. Die Vorgaben der DIN 10536 Lebensmittelhygiene Cook & Chill-Verfahren und die DIN 10508 Temperaturen für Lebensmittel würden eingehalten.
59
In der Folgezeit hat die Beigeladene zwar den Ablauf in einigen Punkten etwas modifiziert geschildert, unter anderem in Bezug auf die Kühlung der Speisen während des Transports. Aber auch insoweit hat sie eine Reihe von Bescheinigungen zur Untermauerung ihrer Darlegungen vorgelegt, wonach ihr Konzept durchführbar sei und im Einklang mit DIN-Normen und Vorgaben der Ausschreibung stehe.
60
So hat das Landratsamt Y, Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung mit Schreiben vom 26. April 2022 bestätigt, dass es bei einer Kontrolle am 25. April 2022 das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ überprüft sowie die beschriebenen Regenerationsöfen, Kühlgeräte und die Funktionen und Abläufe im Lkw begutachtet habe. Es bestünden bei ordnungsgemäßer Durchführung keine Lebensmittelsicherheitsbedenken. Auch in den Schreiben vom 19. Januar 2022, 24. Juli 2023 (erholt von der Vergabekammer) und 29. Januar 2024 bescheinigt die Behörde, dass sie bei Kontrollen keine Rechtsverstöße der Beigeladenen festgestellt habe, wobei sie in den beiden letztgenannten Schreiben ausdrücklich auf das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ eingeht und ihre diesbezügliche Prüfung und Beurteilung mitteilt.
61
Außerdem liegen Bestätigungen der Abteilung „Lebensmittelüberwachung“ des Landratsamts X, vom 12. Januar 2023 und 20. Juli 2023 (erholt von der Vergabekammer) vor, wonach auch diese Behörde das von ihr kontrollierte Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ der Beigeladenen für lebensmittelrechtlich unbedenklich hält und keine Mängel feststellen konnte.
62
Weiterhin hat sich die I.-GmbH u. a. mit Schreiben vom 25. Mai 2023 und 27. Januar 2024 zum Konzept der Beigeladenen geäußert. Die Überprüfung umfasste den gesamten, vom Prüfer persönlich verfolgten Ablauf, beginnend von der Beladung des Lkw im Unternehmen der Beigeladenen in … über den Transport und die Behandlung der Lebensmittel im Fahrzeug bis hin zur Entladung der Produkte an verschiedenen Anker-Zentren. Beiden Schreiben ist eine ausführliche Schilderung des festgestellten Vorgehens sowie die Beurteilung zu entnehmen, es bestünden keine lebensmittelrechtlichen oder hygienischen Bedenken in Bezug auf das Konzept. Die Vorgaben der DIN 10536 und 10508 seien eingehalten.
63
Zur aktuellen spezifischen Ausstattung der Fahrzeuge sind von der Beigeladenen zudem eine Bescheinigung der Firma R. -KG vom 12. Dezember (2023) und Bestätigungen der A.-GmbH vom Juli 2022 und Januar 2024 zur Stromversorgung der Gerätschaften im Lkw und zur Kältetechnik vorgelegt worden. Daneben hat die Vergabestelle noch Erkundigungen bei den Trägern einzelner Anker-Zentren erholt.
64
Wie in den Vergabevermerken vom 17. August 2022, überarbeitet am 25., 30. August und 28. September 2022, vom 31. Januar 2024 und vom 14. Februar 2024 festgehalten, hat der Antragsgegner die Erläuterungen der Beigeladenen als plausibel und hinreichend aussagekräftig bewertet. Er ist auf dieser Grundlage in Zusammenschau mit den vorgelegten Bescheinigungen, Bestätigungen und sonstigen gewonnenen Erkenntnissen zu der nachvollziehbaren Schlussfolgerung gelangt, dass die Beigeladene über eine hinreichende technische Ausstattung verfügt, ihr Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ nicht im Widerspruch zu lebensmittelrechtlichen oder hygienischen Anforderungen oder technischen Bestimmungen steht, sie mithin die Anforderungen der Vergabeunterlagen ordnungsgemäß erfüllen kann.
65
ee) Die von der Antragstellerin vorgebrachten grundsätzlichen Einwände in Bezug auf die Darlegungen der Beigeladenen sowie die vorgelegten Bestätigungen bzw. Bescheinigungen greifen nicht durch.
66
(1) Die Tatsache, dass Vergabevermerke, Stellungnahmen der Beigeladenen sowie Unterlagen und Bestätigungen nicht vollumfänglich gegenüber der Antragstellerin offengelegt worden sind, sondern an einigen Stellen Schwärzungen im Text aufweisen, steht einer Berücksichtigung dieser Dokumente nicht entgegen. Die Antragstellerin hat schon von der Vergabekammer umfangreich Akteneinsicht erhalten, im Beschwerdeverfahren haben der Antragsgegner und die Beigeladene die zunächst nur für den Senat eingereichten maßgeblichen Anlagen an die Antragstellerin übermittelt und lediglich in geringfügigem Umfang Schwärzungen vorgenommen. Das rechtliche Gehör der Antragstellerin ist dadurch gewahrt, dass sie alle potenziell für die Entscheidung relevanten Informationen erhalten hat und Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Soweit die Antragstellerin keinen Einblick erhalten hat, sind lediglich unwesentliche Aspekte, wie etwa die Namen von Firmen und Produkten sowie gewisse technische Details des Konzepts der Beigeladenen betroffen, die für die Beurteilung und Entscheidung, ob sie das Leistungsversprechen hinreichend plausibel dargelegt hat, nicht von Bedeutung sind. Einer näheren Auseinandersetzung mit der von der Antragstellerin zitierten Rechtsprechung des Kammergerichts (Beschluss vom 18. Mai 2022, Verg 7/21, juris) die nach Auffassung des Senats mit Blick auf das berechtigte Interesse eines Bieters am Schutz seiner Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs Bedenken begegnet, bedarf es damit nicht.
67
(2) Auch die sonstigen Einwände der Antragstellerin, mit denen sie den genannten Bescheinigungen jegliche Aussagekraft abspricht, teilt der Senat nicht.
68
(a) Der Umstand, dass Bescheinigungen von Unternehmen auf Anfrage der Beigeladenen ausgestellt worden sind, macht diese weder unverwertbar noch lässt sich damit der pauschale Verdacht rechtfertigen, es handele sich um „Gefälligkeitsbestätigungen“. Es ist die Regel, dass ein Bieter im Zuge einer Aufklärung von ihm erholte Bescheinigungen Dritter vorlegt, um seine Darlegungen zu untermauern. Der Grundsatz, dass den Angaben eines Bieters nicht grundlos zu misstrauen ist, gilt in gleicher Weise für Erklärungen Dritter, auf die er sich stützt. Ebenso wenig besteht Veranlassung, in Zweifel zu ziehen, dass die I.-GmbH, ein unabhängiges Prüflabor, hinreichend sachkundig ist, Bestätigungen zur Einhaltung von DIN-Normen im Bereich der Lebensmittelsicherheit und Hygiene auszustellen. Die Tatsache, dass das Institut ausweislich der von der Antragstellerin vorgelegten Akkreditierungsurkunde vorrangig Tests im mikrobiologischen Bereich durchführt, besagt nicht, dass es nur und ausschließlich für solche Tests qualifiziert ist. Vielmehr lässt der in der Akkreditierung umschriebene Tätigkeitsbereich auf besondere Erfahrung und eine spezifische fachlichen Qualifikation in Bezug auf lebensmittelrechtliche und hygienische Fragen – auch soweit es um einschlägige DINNormen geht – schließen. Den Bestätigungen der I.-GmbH durfte der Antragsgegner mithin erhebliches Gewicht bei der Prüfung der Frage zumessen, ob das Konzept der Beigeladenen im Einklang mit lebensmittelrechtlichen DIN-Normen steht.
69
(b) Gleiches gilt für die vorliegenden Bescheinigungen von Fachbehörden.
70
Grundsätzlich darf sich eine Vergabestelle auf die Beurteilung von Fachbehörden verlassen, es zählt insbesondere nicht zu ihren Aufgaben, erteilte Genehmigungen rechtlich in Frage zu stellen (vgl. OLG München, Beschluss vom 27. Juli 2018, Verg 2/18, juris Rn. 99 f.). Weder entwertet die Tatsache, dass eine Behörde üblicherweise Kontrollen ankündigt, deren Bestätigung, das Unternehmen halte sich an die rechtlichen Vorgaben, noch ist erforderlich, dass die Fachbehörde eine detaillierte „Checkliste“ zu ihrer Prüfung beilegt oder tagelange „Live-Tests“ vornimmt. Ebenso wenig kann der Antragstellerin darin gefolgt werden, dass die Bestätigungen nur dann aussagekräftig wären, wenn sie eine „systematische oder lückenlose Überprüfung der Einhaltung aller DIN-Normen“ belegten. Vielmehr ist festzustellen, dass die Bescheinigungen, wonach bei behördlichen Kontrollen des Betriebs und des Konzepts der Beigeladene keine Verstöße gegen Regelungen zum Lebensmittelrecht oder zu Hygienevorschriften festgestellt worden sind, sehr wohl geeignet sind, den Vortrag der Beigeladenen objektiv zu untermauern, wonach weder in ihrem Betrieb noch beim Transport in Bezug auf Kühlung und Regenerierung von Lebensmitteln von einschlägigen Vorschriften oder DIN-Normen abgewichen wird.
71
(c) Der Einwand der Antragstellerin, es sei nicht sichergestellt, dass genau das Fahrzeug oder die Gerätschaften überprüft worden seien, die beim fraglichen Auftrag zum Einsatz kommen sollen, beseitigt ebenfalls nicht die Eignung der Bescheinigungen, etwaige Zweifel am Leistungsversprechen der Beigeladenen zu zerstreuen. Es genügt, dass die Beigeladene über eine technische Ausstattung verfügt, die von den Fachbehörden geprüft und als unbedenklich beurteilt worden ist, um daraus den Schluss zu ziehen, dass auch bei der Durchführung des anstehenden Auftrags eine Leistung mit einer im Einklang mit rechtlichen Vorschriften stehenden Ausstattung erbracht.
72
Ebenso unschädlich ist, dass sich die Bestätigungen teils auf das im Aufklärungsschreiben vom 26. Juli 2022 dargelegte Vorgehen beziehen, teils auf die zwischenzeitlich weiter entwickelte Technik der Beigeladenen. Weder zur zunächst geschilderten Handhabung des Konzepts haben die zuständigen Fachbehörden und die I.-GmbH Bedenken geäußert noch zu dem nunmehr beabsichtigten, geringfügig modifizierten Ablauf, wie er insbesondere im Schreiben der I.-GmbH vom 27. Januar 2024 beschrieben ist. Die vorgelegten Unterlagen stützen damit die Beurteilung des Antragsgegners, die Leistung, die die Beigeladene angeboten habe, stehe durchgängig im Einklang mit den Vorgaben der Leistungsbeschreibung bzw. des Leistungsverzeichnisses.
73
ff) Auch die im Einzelnen gegenüber dem Konzept der Beigeladenen erhobenen Einwände der Antragstellerin sind nicht begründet.
74
(1) Ein Verstoß gegen die in Ziffer 4.2.5 der DIN 10536 enthaltene Vorgabe, wonach der Transport der Speisen in temperaturgesicherten und geschlossenen Transportsystemen zu erfolgen hat, kann weder dem Schreiben der Beigeladenen vom 26. Juli 2022 noch der Bestätigung der I.-GmbH vom 27. Januar 2024 noch sonstigen Stellungnahmen entnommen werden. Im Gegenteil ergibt sich aus den Schreiben der Beigeladenen, der I.-GmbH und der mit Prüfungen befassten Behörden, dass die vorbereiteten, gekühlten Speisen in entsprechenden Behältnissen in den Lkw verbracht und zum Zielort transportiert werden. Eine Konformität des Ablaufs mit den DIN-Normen, insbesondere mit der DIN 10536, haben sowohl die I.-GmbH (u. a. im Schreiben vom 19. Januar 2022 und vom 27. Januar 2024) als auch die Lebensmittelüberwachungsbehörden bescheinigt (vgl. insbesondere das Schreiben des Landratsamts Y vom 24. Juli 2023: „Die Regenerationsöfen werden vor Ort vorgekühlt und vor Fahrantritt mit durchgekühlten, in mit Deckeln verschlossenen Gastro-Normbehältern befindlichen Lebensmitteln bestückt. Die Öfen werden im Lkw nahe der geöffneten Kühlkammer verstaut und gesichert …“). Auch die im Schreiben der I.-GmbH vom 27. Januar 2024 näher beschriebene Temperaturmessung mittels Stichthermometer, die der Fahrer auf dem Weg zur Unterkunft vorgenommen hat, hat den Prüfer der I.-GmbH nicht dazu veranlasst, dass Vorgehen zu beanstanden oder Zusatzmaßnahmen, wie etwa das Anbringen von Fliegennetzen, zu verlangen. Das Landratsamt Y, dem ausweislich des Schreibens vom 24. Juli 2023 bekannt war, dass während des Transports eine Temperaturkontrolle durchgeführt wird, äußerte ebenfalls keine Bedenken gegen diese Maßnahme. Vor diesem Hintergrund kann nicht angenommen werden, dass Ziffer 4.2.5 („geschlossene Transportsysteme“) oder 6.1 („Warenfluss auf der reinen Seite der Küche“) der DIN 10536 oder andere lebensmittelrechtliche Vorschriften bzw. Regelwerke zur Wahrung der Hygiene die beschriebene kurze Öffnung der Transportbehälter zur Durchführung einer Temperaturkontrolle während der Fahrt mit der für einen Angebotsausschluss erforderlichen Klarheit und Eindeutigkeit untersagt.
75
(2) Auch zum Vorwurf einer mangelnden Einhaltung der Kühltemperatur während des Transports ist auf die Darlegungen der Beigeladenen und die vorgelegten Bestätigungen zu verweisen. Die Beigeladene hat im Zuge der Aufklärung durchgängig plausibel dargetan, dass sie die erforderliche Kühlung (Temperatur bis maximal +7 °C) mit Hilfe der spezifischen technischen Ausstattung ihrer Fahrzeuge sicherzustellen vermag. Sie hat dies zunächst im Schreiben vom 26. Juli 2022 erläutert (vgl. hierzu auch das Schreiben der I.-GmbH vom 19. Januar 2022 und die Bestätigung der A.-GmbH vom 26. Juli 2022). Dass eine ordnungsgemäße Kühlung ebenso bei dem zuletzt geschilderten Vorgehen gewährleistet ist, ist mit weiteren Schreiben belegt. So ist im Schreiben der I.-GmbH vom 27. Januar 2024 auf Seite 7 ausgeführt, dass durch das verbaute Kühlaggregat der gesamte Laderaum des Lkw konstant gekühlt werden könne. Weiterhin sind die Kerntemperaturen überprüft und eine Einhaltung der geforderten Kühlung festgestellt worden. Darüber hinaus liegt eine Bestätigung der A.-GmbH vom 11. Januar 2024 vor, wonach sie Fahrzeuge der Beigeladenen mit einer über die Fahrerkabine steuerbaren Kühltechnik ausgestattet hat, die eine konstante Kühlung des Laderaums bis zu einer Temperatur von – 20 °C ermöglicht.
76
Die Antragstellerin vermag keine stichhaltigen Gründe vorzutragen, weswegen dem Inhalt der Bescheinigungen zu misstrauen wäre. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin das Vorbringen der Beigeladenen bestreitet und anhand theoretischer Überlegungen Zweifel äußert, steht der Annahme des Antragsgegners, die von zahlreichen Unterlagen objektiv gestützten Erläuterungen der Beigeladenen im Zuge der Aufklärungen seien zutreffend, nicht entgegen. Es bedarf vor diesem Hintergrund weder einer Beweisaufnahme noch einer ergänzenden Aufklärung zu Details der technischen Ausstattung, insbesondere dazu, ob ein Deckenluftleitkanal vorhanden ist, wie ihn die Antragstellerin ausweislich ihres letzten Schriftsatzes für erforderlich hält. Ihre Behauptung, nur bei Existenz eines Leitkanals sei eine konstante Kühlung des Laderaums möglich, erfolgt ins Blaue und ist nicht geeignet, die bescheinigte Eignung und Funktionsfähigkeit der verwendeten Kühltechnik in Frage zu stellen. Konkrete Unzulänglichkeiten der technischen Ausstattung der Fahrzeuge ihrer Konkurrentin vermag sie nicht aufzuzeigen, damit besteht auch kein Anlass, noch weitere technische Einzelheiten zu ermitteln und/oder gegenüber der Antragstellerin offen zu legen.
77
Gleichermaßen spekulativ ist ihre Behauptung, die I.-GmbH habe im Januar 2024 nur deshalb die Einhaltung der Kühltemperaturen im Laderaum feststellen können, weil am fraglichen Tag die Außentemperatur unter 0 °C gelegen habe. Die Antragstellerin zeigt damit keine Aspekte auf, die den Verdacht rechtfertigen, die Kühlung im Lkw der Beigeladenen würde entgegen den vorgelegten Bestätigungen bei höheren Tagestemperaturen nicht oder nur unzureichend funktionieren. Es genügt nicht, dass die Antragstellerin ein anderes Szenario in den Raum stellt (hier: sommerliche Tagestemperaturen) und es für möglich hält, dass eine Überprüfung unter diesen Umständen ein anderes Ergebnis erbracht hätte. Insoweit verkennt die Antragstellerin, dass nicht erst dann von einer ausreichenden Aufklärung ausgegangen werden kann, wenn eine lückenlose Kette von Nachweisen zu allen nur denkbaren Sachverhaltsvarianten vorliegt.
78
Nichts anderes gilt für die Behauptung der Antragstellerin, es entweiche im Zuge der Regenerierung heißer Dampf aus den Geräten, eine konstante parallele Kühlung des Laderaums sei nicht möglich. Auch insoweit handelt es sich um reine Mutmaßungen, die nicht geeignet sind, die Aussagekraft der vorgelegten Bestätigungen zur konstanten Kühlung des Laderaums in Frage zu stellen. Hieran ändert der Verweis auf „Live-Tests“ der Antragstellerin nichts, da die Tests keine hinreichend zuverlässigen Rückschlüsse auf die Vorgänge im Fahrzeug der Beigeladenen erlauben. Die Beigeladene verwendet keine marktgängigen Geräte, die für Tests verfügbar wären. Sie nutzt zwar Geräte der Firma R. -KG, diese sind jedoch vom Hersteller an das beabsichtigte Konzept angepasst worden. Auch die Kühltechnik und die Stromversorgung sind von der A.-GmbH, einer Fachfirma, speziell für diesen Zweck im Auftrag der Beigeladenen in den Lkw eingebaut worden. Dass die beteiligten Fachunternehmen dabei nicht die besonderen Anforderungen des Konzepts (konstante Kühlung der Lebensmittel im Laderaum bei gleichzeitiger Regenerierung der Speisen) berücksichtigt haben, ist fernliegend. Zudem hat der Prüfer der I.-GmbH im Schreiben vom 27. Januar 2024 einen problemlosen Ablauf von Regenerierung und Kühlung ohne jegliche Unregelmäßigkeiten (wie etwa eine Dampfentwicklung) beschrieben. Soweit die Antragstellerin meint, dies sei nur dadurch zu erklären, dass die Speisen gar nicht regeneriert, sondern nur warmgehalten würden, zieht sie ihrer Interessenlage entsprechende Schlussfolgerungen, die nicht zu überzeugen vermögen. Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass sich die Lebensmittel bei Transportbeginn ausweislich der Bestätigungen in gekühltem Zustand befanden und während des Transports eine Regenerierung von Speisen stattgefunden hat, die bei den Anker-Zentren heiß übergeben worden sind. Bei den begleitenden Temperaturkontrollen sind durchgängig die für Kühlung und Regenerierung nach den DIN-Normen einzuhaltenden Temperaturen gemessen worden.
79
(3) Die Beigeladene hat weiterhin schlüssig dargetan, dass sie mit ihren Fahrzeugen die erforderliche Zahl von Portionen für den streitgegenständlichen Auftrag transportieren, kühlen und regenerieren kann, mithin ihr Lkw sowie die eingesetzten Gerätschaften über ausreichende Kapazitäten verfügen. Wiederum ist auf die genannten Unterlagen, insbesondere die Bescheinigungen der I.-GmbH und der A.GmbH zu verweisen. Zudem beliefert die Beigeladene bereits aktuell mehrere Einrichtungen in Bayern mit Cateringleistungen in großer Stückzahl und setzt dabei das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ ein. Soweit die Antragstellerin eigene Berechnungen anhand einer von ihr angenommenen Anzahl benötigter Geräte und Größe der GN-Bleche anstellt, ist auch diesbezüglich festzustellen, dass sie damit das Ergebnis der durchgeführten Aufklärung nicht in Frage zu stellen vermag, da sie über das Fassungsvermögen der Geräte nur spekulieren kann. Aus punktuellen, mit entsprechender Distanz erfolgten Beobachtungen der von ihr eingesetzten Detektive im Zusammenhang mit anderen Aufträgen können keine zuverlässigen Schlüsse zu der vorliegend vorgesehenen Ausstattung gezogen werden. Dass die Antragstellerin auf bloßen Vermutungen basierende Behauptungen in den Raum stellt, begründet auch keine Notwendigkeit, ihr gegenüber noch weitere technische Details der von der Beigeladenen verwendeten Gerätschaften offen zu legen und/oder weitere Aufklärung zu betreiben.
80
(4) Den Erwägungen der Antragstellerin, das Vorgehen der Beigeladenen verstoße gegen die in der DIN 10536 geregelten Vorgaben zur „chargenweisen Regenerierung“, zudem halte sie sich mit ihrem Konzept nicht an die maximalen Warmhaltezeiten, kann der Senat ebenfalls nicht folgen.
81
(a) In Ziffer 4.2.6 der DIN 10536 heißt es lediglich, das Regenerieren erfolge unmittelbar vor der Ausgabe, daher sei ein Regenerieren von größeren Mengen mit anschließender Heißhaltung zum Zwecke der Ausgabe über einen längeren Zeitraum „nicht erforderlich“. Weder kann hieraus abgeleitet werden, dass die DIN 10536 ein Warmhalten regenerierter Speisen generell verbietet, noch ist daraus eine konkrete Zeitspanne ableitbar, die maximal zwischen dem Ende der Regenerierung und dem Ende der Ausgabe des regenerierten Essens liegen darf. Die DIN 10536 enthält diesbezüglich keine konkreten Vorgaben, auch aus der Formulierung „unmittelbar vor der Ausgabe“ oder dem erläuternden Hinweis, ein Regenerieren von größeren Mengen (..) sei „nicht erforderlich“, lässt sich weder eine Höchstgrenze für die Zahl der Portionen ableiten, die vorab regeneriert werden dürfen, noch in welcher Zeitspanne diese ausgegeben werden dürfen. Zur Frage der maximalen Warmhaltezeit findet sich in der DIN 10536 nichts, lediglich Ziffer 4.3 der DIN 10508 (Heißhaltung) besagt, dass aus Qualitätsgründen eine Heißhaltung von drei Stunden „nicht überschritten werden soll“.
82
Nur aus Ziffer 3.5 des Leistungsverzeichnisses lässt sich hierzu eine Vorgabe ableiten; demnach beträgt die maximale Warmhaltezeit drei Stunden, beginnend mit der Beendigung des Garprozesses bis zur Ausgabe der Speise an den letzten Asylbewerber.
83
Dass die Beigeladene bei der Durchführung ihres Konzepts diesen Zeitrahmen einhalten kann und auch tatsächlich einhält, wird in der Bescheinigung der I.-GmbH vom 27. Januar 2024 bestätigt.
84
(b) Der Vorwurf der Antragstellerin, die Beigeladene regeneriere die Speisen „über mehrere Stunden vor der Ausgabe“ fertig und halte sie dann über den vorgegebenen Zeitraum von drei Stunden hinaus warm, findet demgegenüber weder in Erläuterungen der Beigeladenen zu ihrem Konzept noch in den vorgelegten behördlichen Schreiben oder den Stellungnahmen der I.-GmbH eine Stütze und ist damit als bloße Behauptung zu qualifizieren. Soweit die Antragstellerin geltend macht, es dürften regenerierte bzw. fertig gegarte Speisen nicht länger als 30 bis 60 Minuten warmgehalten werden, kann den Vergabeunterlagen eine solche Festlegung nicht entnommen werden. Dort ist, wie dargelegt, eine maximale Warmhaltezeit von drei Stunden vorgegeben, dieses Zeitfenster muss der Bieter einhalten, darf es aber auch ausschöpfen. Die unter Hinweis auf ministerielle Empfehlungen zur Kita- und Schulverpflegung oder zu Seniorenheimen erhobene Forderung der Antragstellerin nach Beachtung einer kürzeren Warmhaltezeit geht schon deshalb fehl, weil es sich bei der zu beliefernden Unterkunft nicht um eine solche Einrichtung handelt. Es lässt sich eine solche Verpflichtung auch nicht in die Vergabeunterlagen hineinlesen. Mit der ausdrücklichen Festlegung einer konkreten maximalen Warmhaltezeit in der Leistungsbeschreibung scheidet jeglicher Rückgriff auf andere Regelwerke, zumal für andere Arten von Einrichtungen, aus.
85
(c) Auch der Ansicht der Antragstellerin, bei einer Dauer der Ausgabe von zwei Stunden finde keine „unmittelbaren“ Ausgabe der zuvor regenerierten Speisen im Sinne der DIN 10536 mehr statt, kann sich der Senat nicht anschließen. Die DIN 10536 wird in den Vergabeunterlagen nicht konkret genannt, was bereits Zweifel aufwirft, ob eine Nichtbeachtung von darin enthaltenen Vorgaben einen Angebotsausschluss rechtfertigt, zumal wenn in der DIN unbestimmte Begriffe verwendet werden. Es kann dahinstehen, ob Ziffer 8 der Leistungsbeschreibung, wonach der Auftragnehmer die geschuldeten Cateringleistungen entsprechend den Qualitätsvorgaben und Qualitätsmaßstäben der für den Transport, die Zubereitung, die Lagerung und die Ausgabe von Lebensmitteln einschlägigen DIN-Vorschriften und vergleichbaren Vorgaben des Cateringgewerbes zu erbringen habe, im Sinne einer Einbeziehung der DIN 10536 zu verstehen ist. Soweit die Leistungsbeschreibung bzw. das Leistungsverzeichnis, wie vorliegend in Bezug auf die maximale Warmhaltezeit, eine eigene, eindeutige Festlegung enthält, ist die Regelung vorrangig und abschließend, selbst wenn auf allgemeinere Regelwerke in den Vergabeunterlagen ergänzend Bezug genommen wird.
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(d) Auch die weiteren Erwägungen der Antragstellerin, weswegen nach dem Konzept der Beigeladenen keine „chargenweise Regenerierung“ stattfinde, sind nicht stichhaltig.
87
Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang der Vortrag der Antragstellerin, der Garprozess „laufe am Parkplatz am Leistungsort weiter“, das nunmehrige Konzept sei deshalb als ein „aliud“ zum ursprünglichen Angebot anzusehen. Hieran ändert auch die Erklärung der Beigeladenen nichts, wonach der genaue Zeitpunkt der Beendigung des Garprozesses nicht mitgeteilt werden könne, da dieser abhängig sei von Verkehrsverhältnissen, Beladung und der Möglichkeit eines Zwischenstopps. Ein relevantes Abweichen zu früheren Angaben, wonach man den Garprozess „punktgenau“ in Bezug auf die Ankunft am Leistungsort steuere, lässt sich hieraus nicht ableiten. Sämtliche Erläuterungen der Beigeladenen besagen nichts anderes, als dass der Regeneriervorgang beim Transport möglichst „passend“ gestartet wird, so dass er aller Voraussicht nach ohne größere zeitliche Divergenzen („punktgenau“) bei der Ankunft am Zielort beendet ist. Die Zusage eines minuten- oder sekundengenauen Abschlusses des Regeneriervorgangs bei der Ankunft kann in keine der Erklärungen hineininterpretiert werden.
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Eine solche exakte zeitliche Abstimmung verlangen weder die Vergabeunterlagen noch sonstige Regelwerke. Weswegen es nicht zulässig sein soll, gegebenenfalls noch einen kurzen Stopp in der Nähe der zu beliefernden Dependance oder auf deren Parkplatz einzulegen, um das Ende des Garprozesses abzuwarten, falls man die Strecke schneller zurückgelegt hat als erwartet, erschließt sich nicht. Insbesondere kann ein kurzes Parken auf dem Gelände der Unterkunft vor Beginn der unmittelbaren Auslieferung der Speisen nicht als unzulässige „Nutzung“ der Ausstattung des Antragsgegners oder als Verstoß gegen Vorgaben der Ausschreibung angesehen werden, wie die Antragstellerin geltend macht. Die Vergabeunterlagen besagen nur, dass die Speisen „warm in den Räumlichkeiten am Leistungsort“ ankommen müssen. Das Essen muss somit bei Eintritt in das Gebäude warm sein, der Bieter kann Speisen also nicht nach dem Ausladen aus dem Lkw, etwa in der Küche des Anker-Zentrums, mit Gerätschaften des Antragsgegners erwärmen. Die Regelung in den Vergabeunterlagen zur „Warmanlieferung“ besagt dagegen nicht, dass die Beigeladene im Falle einer noch nicht vollständig beendeten Regenerierung auf der Straße außerhalb des Geländes der Unterkunft parken und abwarten müsste, bis der Prozess ganz abgeschlossen ist. Auch wenn sie den Lkw bis zum vollständigen Abschluss der Regenerierung auf dem Parkplatz des Anker-Zentrums abstellt, nutzt sie nicht unzulässig Strom, Geräte oder sonstige technische Hilfsmittel des Antragsgegners, was nach den Vergabeunterlagen nicht erlaubt wäre, sondern bewerkstelligt die Erwärmung der Speisen, wie vorgegeben, vollständig mit ihrer eigenen Ausstattung und liefert warmes Essen vor Ort aus. Ein Abweichen von den Vorgaben der Vergabeunterlagen lässt sich damit nicht begründen.
89
Auch im umgekehrten Fall – die Fahrt dauert etwas länger als erwartet, weswegen der Regenerierungsvorgang bereits kurz vor der Ankunft beim Anker-Zentrum abgeschlossen ist – verhält sich die Beigeladene vertragskonform, solange sie den maximalen Warmhaltezeitraum von drei Stunden nicht überschreitet. Dass dies mit ihrem Konzept möglich und beabsichtigt ist, ist dargetan und hinreichend belegt.
90
(e) Der Antragsgegner konnte aufgrund der Erläuterungen der Beigeladenen und der vorgelegten Unterlagen auch davon ausgehen, dass die Antragstellerin die Vorgaben nach Ziffer 3.5 des Leistungsverzeichnisses einhält, wonach während der Warmhaltezeit die Kerntemperatur der Speisen von 65 °C nicht unterschritten werden darf. Eine vergleichbare Regelung zur Einhaltung einer Produkttemperatur von mindestens 65 °C nach der Regeneration bis zur Speisenausgabe findet sich auch in Ziffer 4.2.7 der DIN 10536. Dass die Vorgaben dieser DIN mit dem Konzept der Beigeladenen eingehalten werden, bestätigt die I.-GmbH insbesondere in den Bescheinigungen vom 25. Mai 2023 und vom 27. Januar 2024, nachdem sie auch die konkreten Abläufe im Anschluss an die Ankunft der Lkw in den Unterkünften überprüft hatte.
91
(5) Ebenso wenig kann in Bezug auf sonstige, von der Antragstellerin im Verlauf des Nachprüfungsverfahrens vorgetragene Bedenken gegen die Vorgehensweise der Beigeladenen zur Durchführung der Regenerierung der Speisen während des Transports oder zur Übergabe der Speisen vor Ort ein Verstoß gegen Vorgaben der Vergabeunterlagen bzw. gegen „einschlägige DIN-Normen“ festgestellt werden. Auch insoweit bestehen keine Bedenken gegen die Beurteilung des Antragsgegners, die Beigeladene wolle und könne eine vertragskonforme Leistung erbringen.
92
So hat die Beigeladene im ersten Antwortschreiben geschildert, dass das Regenerieren während des Transports unmittelbar nach der Entnahme der gekühlten Produkte gestartet werde. Mittlerweile ist eine Umladung der GN-Bleche mit den Speisen auf dem Weg zum Anker-Zentrum nach dem zur Anwendung vorgesehenen Konzept der Beigeladenen nicht mehr nötig. Vorwürfe der Antragstellerin, wonach die Regenerierung nicht mit den nach der DIN 10536 erforderlichen Temperaturen erfolge, der Erwärmungsprozess nicht rasch genug durchlaufen werde und nicht gesichert sei, dass die Speisen gleichmäßig mit den für die jeweiligen Komponenten (Gemüse/Beilagen/Fleisch) passenden Temperaturen erhitzt würden, sind nicht begründet. Auf die vorgelegten Unterlagen, in denen eine Einhaltung der Vorgaben nach der DIN 10536 bestätigt wird, und insbesondere auf den Prüfbericht der I.-GmbH vom 27. Januar 2024 ist zu verweisen. Auch die Herstellerin hat in ihrer Bescheinigung vom 11. Januar 2024 ausdrücklich erklärt, bei der Entwicklung der von Beigeladenen eingesetzten Geräte sei „selbstverständlich“ darauf geachtet worden, dass „die lebensmittelrechtlichen Vorgaben, insbesondere die DIN 10536, eingehalten“ würden. Weiterer Belege oder Überprüfungen bedarf es nicht.
93
Auch der von der Antragstellerin geäußerte Verdacht, es werde den Speisen während der Regenerierung nicht hinreichend Flüssigkeit zugeführt, ist nicht begründet. Die I.GmbH hat ausdrücklich bestätigt, dass Wassertanks vorhanden sind und diese vor der Abfahrt überprüft sowie mit einer ausreichenden Wassermenge gefüllt werden.
94
Soweit die Antragstellerin unter Bezugnahme auf von ihr durchgeführte „Live-Tests“ behauptet, die Speisen müssten während der Regenerierung umgerührt werden, um eine ausreichende und gleichmäßige Erwärmung der Speisen zu gewährleisten, dringt sie nicht durch. Die I.-GmbH hat nach Begleitung des gesamten Ablaufs die Einhaltung der geforderten Kerntemperatur der Speisen bestätigt, ohne dass es eines Umrührens bedurft hätte.
95
Ebenso wenig kann der Antragstellerin darin gefolgt werden, dass die Darlegungen der Beigeladenen in Bezug auf das Umladen von GN-Blechen in vorgeheizte Geräte nach Ankunft nicht glaubhaft seien. Wie dem Schreiben der I.-GmbH vom 27. Januar 2024 zu entnehmen ist, findet das Umladen der GN-Bleche im Lkw statt. Der Vortrag der Antragstellerin, der von ihr beauftragte Detektiv habe bei anderen Aufträgen ein „direktes“ Ausladen von TP … nach der Ankunft beobachtet, rechtfertigt aus den unter Ziffer 1. c) dd) (14) dargelegten Gründen schon nicht die Annahme, die Speisen würden von vorneherein in zur Regenerierung nicht geeigneten TP transportiert. Rückschlüsse für den beabsichtigten Ablauf beim streitgegenständlichen Auftrag lassen sich damit ebenso wenig ziehen. Die Antragstellerin versucht auch in diesem Punkt vergeblich, Zweifel am Wahrheitsgehalt der Schilderung des Prüfers der I.GmbH zu wecken, der bestätigt hat, den Ablauf der Regenerierung der Speisen und das Umladen der Bleche im Rahmen seiner Teilnahme an der Fahrt vom 13. Januar 2024 beobachtet zu haben.
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gg) Die weiteren, von der Antragstellerin geltend gemachten Bedenken in Bezug auf die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften hinsichtlich des für den Einsatz vorgesehenen Lkw oder des Transportvorgangs rechtfertigen ebenfalls weder den Ausschluss des Angebots der Beigeladenen noch besteht Veranlassung für eine weitere Aufklärung. Es ist schon fraglich, ob Ziffer 14.2 der Leistungsbeschreibung, wonach der Auftragnehmer während der gesamten Vertragslaufzeit sicherzustellen hat, dass sich alle von ihm zur Durchführung seiner Leistungspflichten eingesetzten Sachmittel, insb. Geräte, Maschinen, Mittel, Fahrzeuge etc., in technisch und lebensmittelhygienerechtlich einwandfreien, verkehrssicheren, geprüften Zustand befinden bzw. den Anforderungen nach einschlägigen Regelwerken wie DIN-Normen, VDE-Vorschriften oder gleichwertig entsprechen, überhaupt hinreichend konkrete Vorgaben für einen Angebotsausschluss enthält. Letztlich kann dies aber dahinstehen. Denn auch insoweit sind die Angaben der Beigeladenen und die vorgelegten Bescheinigungen bzw. Bestätigungen ausreichend. Der Vortrag der Antragstellerin erschöpft sich demgegenüber in einer Auflistung aller nur denkbaren nationalen und europarechtlichen Normen verbunden mit der pauschalen Behauptung, es sei zu vermuten, dass diese beim Umbau bzw. Betrieb des Fahrzeugs nicht beachtet worden seien. Allein dies begründet keine konkreten Anhaltspunkte an Rechtsverstößen der Beigeladenen.
97
(1) Zum Vorwurf eines eigenmächtigen Umbaus des Lkw und der darin befindlichen Geräte hat die Beigeladene eine Bescheinigung der Firma R. -KG vom 12. Dezember (2023) sowie Bestätigungen der A.-GmbH vorgelegt. Es handelt sich demnach bei den Geräten um Sonderanfertigungen des Herstellers, auch die Anpassung der Kühlung und der Stromversorgung erfolgte von einer Fachfirma. Weiterhin ist der Antragstellerin bekannt, dass die Beigeladene Zulassungsbescheinigungen für ihre speziell ausgestatteten Fahrzeuge vorgelegt hat. Ihre Behauptung, die vorgenommenen Ein- bzw. Umbauten hätten zu einem Erlöschen der Betriebserlaubnis geführt, stellt sich vor diesem Hintergrund als bloße Mutmaßung dar, der nicht weiter nachzugehen ist. Gleiches gilt für ihre Annahme, die Regeneriergeräte dürften nicht ohne persönliche Aufsicht während des Transports genutzt werden, es sei der notwendige Abstand der Geräte zur Rückwand des Fahrzeugs nicht eingehalten, es fehle an einer Gefährdungsbeurteilung nach § 3 und § 10 Abs. 5 BetrSichV, die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, die RL 2014/30/EU zur elektromagnetischen Verträglichkeit und VDE-Normen seien nicht beachtet worden. Der Vortrag der Antragstellerin erschöpft sich in allgemeinen Erwägungen über zu beachtende Normen bei der Durchführung einer Sonderanfertigung und der Erwägung, es sei nicht geklärt, ob die Beigeladene dies beachtet habe.
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(2) Ebenso wenig ist den pauschalen Vorwürfen der Antragstellerin nachzugehen, im Zusammenhang mit dem Betrieb des Lkw würden Arbeitsschutzanforderungen (ArbSchG, ASiG, ArbStättV, BetrSichV, PSA-BV, DGUV-Vorschriften, Technische Regeln für Betriebssicherheit, etc.) nicht eingehalten.
99
(3) Die Darlegungen der Beigeladenen zu der technischen Ausstattung ihres Lkw lässt entgegen der Meinung der Antragstellerin nicht den Schluss zu, der Transporter sei wegen der eingebauten Regeneriergeräte als „Gefahrguttransport“ zu qualifizieren, der einer besonderen Genehmigung bedürfe. Gleiches gilt für den Vorwurf der Antragstellerin, mit dem Umbau des Lkw sei die Fahrzeugart bzw. der Fahrzeugaufbau derart geändert worden, dass eine EU-FahrzeugEinzelgenehmigung nötig wäre, die nicht vorliege. Schon vor dem Hintergrund der damit verbundenen Haftungs- und Versicherungsrisiken ist fernliegend, dass die beteiligten Fachfirmen und die Beigeladene Transporter mit technischen Geräten unter Missachtung zwingender straßenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften ausgestattet haben, ohne sicherzustellen, dass die Fahrzeuge im Straßenverkehr eingesetzt werden dürfen. Aus dem Vortrag der Beteiligten ergibt sich zudem, dass Fahrzeuge mit der fraglichen Kühlung und den Regeneriergeräten laufend zur Versorgung verschiedener Einrichtungen im Freistaat genutzt werden. Trotz der seit Jahren andauernden Bemühungen der Antragstellerin, mit Hilfe von Detektiven Verstöße der Beigeladenen gegen vertragliche oder gesetzliche Verpflichtungen in Erfahrung zu bringen, kann ihrem Vortrag nicht entnommen werden, dass Fahrzeuge der Beigeladenen von Sicherheitsbehörden wegen Mängeln oder fehlender Zulassung aus dem Verkehr gezogen worden wären.
100
(4) Bezüglich des weiteren Vorwurfs der Antragstellerin, die Regeneriergeräte seien während des Transports nicht hinreichend gemäß § 22 Abs. 1 StVO gesichert, ist auf die Stellungnahmen der I.-GmbH vom 25. Mai 2023 und 27. Januar 2024 zu verweisen, ausweislich derer eine solche Sicherung vorhanden ist und bei den Transporten auch genutzt wird. Ebenso wird in der Bescheinigung des Landratsamts Y vom 24. Juli 2023 bestätigt, dass die Öfen im Lkw nahe der Kühlkammer verstaut und gesichert werden. Allein der Verweis der Antragstellerin auf punktuelle Beobachtungen des von ihr beauftragten Detektivs vermag die Richtigkeit der Bestätigungen nicht in Frage zu stellen. Abgesehen davon trägt die Antragstellerin selbst vor, es seien neben Bremsvorrichtungen Gurte zur Sicherung der Ladung vorhanden. Selbst wenn der Detektiv der Antragstellerin beobachtet haben sollte, dass diese nicht benutzt worden sind, kann daraus weder geschlossen werden, dass die erforderlichen Mittel zur Ladungssicherung fehlten, noch dass sie vom Personal der Beigeladenen grundsätzlich nicht verwendet würden.
101
(5) Soweit die Antragstellerin geltend macht, der für den Transport umgebaute Lkw entspreche nicht den baulichen Anforderungen mehrerer DIN-Vorschriften, da er nicht über die erforderliche Abluftanlage verfüge, ist schon zweifelhaft, ob die von der Antragstellerin herangezogenen Normen überhaupt einschlägig sind. Jedenfalls aber kann nicht festgestellt werden, dass das Angebot der Beigeladenen von hinreichend klaren und zwingenden Vorgaben im Sinne des § 57 Abs. 1 VgV abweichen würde, wie dies zur Rechtfertigung eines Angebotsausschlusses nötig wäre.
102
Selbst wenn es sich bei dem Fahrzeug um eine mobile „Betriebsstätte“ i. S. v. Ziffer 3.2 der DIN 10506 handelt, besagt Ziffer 5.1.1 der DIN 10506:
„Die nachfolgenden Anforderungen richten sich an die Infrastruktur fester Betriebsstätten. Soweit technisch machbar können sie auch ganz oder teilweise auf ortsveränderliche Betriebsstätten (ggf. angepasst) übertragen werden.“
103
Schon hieraus ist ersichtlich, dass Ziffer 5.1.2.6 Satz 6 der DIN, wonach „Küchen mit einer mechanische Abluftanlage einschließlich einer zur kontrollierten Erfassung und zum Abtransport von Wrasen geeigneten Vorrichtung“ zu versehen sind, nicht unbedingt für ortsveränderliche Betriebsstätten gelten muss. Zudem kann auch nicht ohne weiteres angenommen werden, dass ein Lkw bereits deshalb rechtlich als „Küche“ zu qualifizieren ist, nur weil er mit technischen Geräten ausgestattet wurde, mit denen Speisen regeneriert werden können.
104
Dieselbe Problematik stellt sich bei der von der Antragstellerin herangezogenen DIN EN 16282-1/2017-12 (Einrichtungen in gewerblichen Küchen – Elemente zur Be- und Entlüftung). Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob die DIN überhaupt für ortsveränderliche Betriebsstätten gilt, nachdem sie ausweislich des Europäischen Vorworts vom Technischen Komitee „Lüftung von Gebäuden“ erarbeitet worden ist. Zudem heißt es in Ziffer 6.1, auf die sich die Antragstellerin bezieht, im letzten Satz: „Wenn die Abluft direkt mit dem Baukörper in Berührung kommt…“, was ebenfalls dafür spricht, dass die DIN nur Anforderungen für (gewerbliche) Küchen in Gebäuden regelt.
105
Der Antragsgegner kann sich zudem in dieser Frage auf die rechtliche Beurteilung mehrerer Fachbehörden stützen, auf die er sich grundsätzlich verlassen darf. So hat das Ordnungsamt der Stadt … auf ausdrückliche Nachfrage der Vergabestelle mit E-Mail vom 27. Oktober 2022 mitgeteilt, bei dem Lkw der Beigeladenen handele es sich nicht um eine „gewerbliche Küche“. Das Landratsamt Y vertritt im Schreiben vom 17. Oktober 2022 (im Parallelverfahren Verg 17/ 23 e bei der Vergabekammer vorgelegt) dieselbe Rechtsauffassung. Auch diese Behörde geht nicht von der Anwendbarkeit der DIN EN 16282-1/2017-12 aus.
106
Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der vorliegenden Unterlagen kann jedenfalls nicht mit der für einen Angebotsausschluss notwendigen Klarheit angenommen werden, dass es sich beim Fahrzeug der Beigeladenen um eine (gewerbliche) Küche handelt, die über besondere Zu- und Abluftanlagen verfügen müsste.
107
(6) Zu dem Einwand der Antragstellerin, der Lkw sei darüber hinaus als „mobile Verkaufsstätte“ im Sinne der DIN 10500 zu qualifizieren, die Wahrung der diesbezüglichen Vorschriften sei bislang nicht überprüft worden, teilt der Senat zum einen die rechtliche Beurteilung der Vergabekammer, wonach die DIN 10500 nur für „Verkaufsfahrzeuge“ bzw. „mobile Verkaufsstätten“ gilt (vgl. Ziffer 1 der DIN). Vorliegend werden die regenerierten Speisen nicht unmittelbar „vom Lkw“ aus zum Verzehr abgegeben oder verkauft, sondern nur an das Personal übergeben. Die Ausgabe findet erst im Gebäude des Anker-Zentrums statt. Zum anderen ist nicht ersichtlich, welchen Vorschriften der DIN 10500 das Fahrzeug nicht entsprechen sollte.
108
(7) Bezüglich der Rüge der Antragstellerin, der Lkw der Beigeladenen entspreche nicht der VO (EG) Nr. 852/2004, ist auf die Schreiben des Landratsamts Y vom 26. April 2022 und 24. Juli 2023 und des Landratsamts X vom 12. Januar 2023 und 20. Juli 2023 zu verweisen, wonach die Einhaltung des „einschlägigen EU-Rechts“ bzw. der VO (EG) Nr. 852/2004 überprüft worden ist und Verstöße nicht festgestellt worden sind. Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass für eine weitere Aufklärung, vielmehr kann von einer Einhaltung der einschlägigen Vorgaben ausgegangen werden.
109
hh) Der Antragstellerin gelingt es auch mit ihren sonstigen Erwägungen nicht, darzutun, dass die Beigeladene nicht bereit und in der Lage wäre, die Leistung unter Einhaltung der Vorgaben der Vergabeunterlagen zu erbringen.
110
(1) Die Behauptung der Antragstellerin, die Beigeladene stelle am Standort in … gar keine Warmspeisen her, damit missachte sie Ziffer 6.1 der Leistungsbeschreibung bzw. 14.2 des Leistungsverzeichnisses, ist haltlos. Auch soweit sie annimmt, am Standort … sei keine ausreichende Lüftungsanlage für die Herstellung von Speisen in der geforderten Größenordnung vorhanden, ist ihr Vortrag nicht geeignet, die Bescheinigungen, die die Beigeladene vorgelegt hat, zu entkräften.
111
Zu verweisen ist auf die Bescheinigungen das Landratsamt Y vom 19. Januar 2022 und 29. Januar 2024. Das Landratsamt hat in den Schreiben als zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde bestätigt, dass der Betrieb der Beigeladenen in … für die Herstellung von ca. 40.000 Speiseportionen pro Tag zugelassen ist und der regelmäßigen Kontrolle der Behörde unterliegt. Anhaltspunkte für Beanstandungen sind den Bescheinigungen nicht zu entnehmen. Ob die Beigeladene, wie von der Antragstellerin in den Raum gestellt, eine EU-Zulassung nach Art. 4 Abs. 1b) der VO (EG) Nr. 853/2004 benötigt, für die gemäß § 1 Nr. 2 der Verordnung des Ministeriums für Ernährung und ländlichen Raum über die Zuständigkeit für die Zulassung und Eintragung von Lebensmittelbetrieben das Regierungspräsidium zuständig wäre, kann dahinstehen. Denn es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Landratsamt Y die genannten Bestätigungen ohne hinreichende Grundlage ausgestellt hätte. Es erschließt sich auch nicht, wie die zweifelsfrei für die laufende Lebensmittelkontrolle zuständige Behörde eine ordnungsgemäße Einhaltung der einschlägigen Vorschriften prüfen und bestätigen könnte, ohne sich zu vergewissern, dass der Betrieb über die erforderliche Zulassung verfügt und wie viele Speiseportionen er herstellen darf. Soweit die Antragstellerin dem Landratsamt Y eine „Kompetenzüberschreitung“ vorwirft, verkennt sie, dass das Landratsamt nicht behauptet hat, es sei für die Erteilung einer EU-Zulassung nach Art. 4 Abs. 1b) der VO (EG) Nr. 853/2004 zuständig, sondern lediglich bescheinigt, dass die Beigeladene über eine Zulassung für die Herstellung von ca. 40.000 Speiseportionen pro Tag verfügt. Der Antragsgegner kann sich auf die vorgelegten Bestätigungen der Fachbehörde verlassen und diese als Beleg dafür heranziehen, dass die Beigeladene die erforderliche Zulassung hat, ohne dass er noch genauer aufklären müsste, welche behördlichen Zulassungen nötig sind und ob diese von der zuständigen Behörde erteilt wurden.
112
Soweit die Antragstellerin geltend macht, sie bzw. die von ihr beauftragten Detektive hätten von außen bei der (angeblichen) Produktionsstätte in … keinen Schornstein für die notwendige Zu- und Abluftanlage erkennen können und sich dabei auf von Drohnen gefertigte Fotos vom Dach und den Außenanlagen des Gebäudes stützt, ist auch dieser Vortrag nicht geeignet, die Darlegungen der Beigeladenen zur technischen Ausstattung ihrer Zentralküche in Frage zu stellen. Hierzu hat die Beigeladene eine der Antragstellerin in teilgeschwärzter Form übermittelte Bestätigung vom 17. Januar 2024 vorgelegt, wonach deren Großküche über eine hochwertige und effiziente Lüftungsanlage verfügt, die für die Betriebsgröße ausreichend dimensioniert ist und speziell die Anforderungen an die lufttechnische Versorgung von Großküchen erfüllt. Wie die Antragstellerin ohne genauere Kenntnis der Betriebstechnik im Hause der Beigeladenen zu der Ansicht kommt, deren Vortrag zur Existenz einer hochmodernen Abluftanlage in … sei „nachweislich falsch“, erschließt sich nicht.
113
(2) Wie bereits ausgeführt, zeigt die Antragstellerin keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür auf, dass die Beigeladene nicht über eine ausreichende Zahl von Geräten und Fahrzeugen verfügt. Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass sie fehlerhaft kalkuliert habe oder Kalkulationsvorgaben nicht beachtet hätte. Insbesondere bieten die geltend gemachten Pflichtwidrigkeiten bei der Durchführung anderer Aufträge keinen Anhalt dafür, die Beigeladene habe vorliegend nicht ordnungsgemäß kalkuliert. Auch mit der Behauptung einer „Kalkulationsrelevanz“ der zwischenzeitlichen Modifikationen des Konzepts vermag die Antragstellerin nicht darzutun, dass das Angebot der Beigeladenen auszuschließen wäre.
114
(3) Etwaige Verstöße, die die Antragstellerin der Beigeladenen bei der Durchführung anderer Aufträge zur Last legt, rechtfertigen nicht die Annahme, die Beigeladene sei nicht bereit und in der Lage, die streitgegenständlichen Vorgaben der Leistungsbeschreibung zu erfüllen. Dies gilt etwa für den Vorwurf, Personal der Beigeladenen sei nicht hinreichend in Hygienefragen geschult, es sei zu Überschreitungen von Warmhaltezeiten gekommen oder Essen sei gar nicht oder zu spät angeliefert worden. Die behaupteten Fehlleistungen sind im Rahmen eines fakultativen Ausschlusses nach § 124 GWB zu prüfen, für die Feststellung einer mangelnden Leistungsbereitschaft und eines darauf gestützten Ausschlusses des Angebots der Beigeladenen nach § 57 VgV sind sie nicht geeignet.
115
ii) Schließlich vermag die Antragstellerin nicht mit ihrer Forderung durchzudringen, der Antragsgegner sei wegen der Vorgaben der Leistungsbeschreibung, insbesondere der darin enthaltenen allgemeinen Regelungen zur Einhaltung von DINNormen, Gesetzen und sonstigen Regelwerken, verpflichtet, eine „lückenlose und umfassende eigene Nachprüfung des Konzepts der Beigeladenen“ dahingehend vorzunehmen, ob sämtliche Vorschriften und Verpflichtungen bei Durchführung des Konzepts eingehalten werden. Die von der Antragstellerin geforderte Prüfungstiefe geht weit über das hinaus, was von der Vergabestelle im Zusammenhang mit der Überprüfung des Leistungsversprechens eines Bieters zu verlangen ist. Wie dargelegt, kann der öffentliche Auftraggeber grundsätzlich darauf vertrauen, dass ein Bieter die Leistung ordnungsgemäß erbringen kann und will. Dies gilt auch für vorgelegte Bescheinigungen und Bestätigungen. Nur dann, wenn Zweifel aufgrund konkreter Anhaltspunkte gerechtfertigt sind, besteht Anlass zur weiteren Aufklärung. Zu erinnern ist weiterhin daran, dass der Auftraggeber im Falle der Aufklärung bei der Wahl seiner Mittel grundsätzlich frei ist. Er ist im Interesse einer zügigen Umsetzung der Beschaffungsabsicht und einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens und aus Gründen seiner begrenzten Ressourcen und administrativen Möglichkeiten nicht auf eine bestimmte Methode oder bestimmte Mittel der fachlichen Prüfung festgelegt. Das vom Auftraggeber gewählte Mittel zur Überprüfung muss jedoch geeignet und die Mittelauswahl frei von sachwidrigen Erwägungen getroffen worden sein.
116
Den dargelegten Anforderungen ist der Antragsgegner gerecht geworden. Er muss weder die von der Antragstellerin geforderten „Live-Tests“ durchführen noch sich sämtliche Abläufe unter Realbedingungen über mehrere Tage mit verschiedenen Speisenfolgen zeigen lassen, auch wenn das Konzept der Beigeladenen innovativ ist. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang nicht, was die Antragstellerin selbst für ausreichend oder überzeugend hält. Würde man die Anforderungen der Antragstellerin zugrunde legen, würde dies die dargelegten Grundsätze ins Gegenteil verkehren; nur der Bieter, dem der Nachweis gelänge, dass er sich unter jedem nur denkbaren Gesichtspunkt bei der Leistungserbringung vertrags- und gesetzeskonform verhalten werde, dürfte den Zuschlag erhalten.
117
Auch aus dem von der Antragstellerin zitierten Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urt. v. 4. Dezember 2003, Az. C-448/01), wonach der öffentliche Auftraggeber Angebote nur dann objektiv und transparent bewerten kann, wenn er in der Lage ist, anhand der von den Bietern gelieferten Angaben und Unterlagen effektiv zu überprüfen, ob ihre Angebote die Zuschlagskriterien auch erfüllen, folgt nichts anderes. Insbesondere ergibt sich aus der Entscheidung nicht, dass der Auftraggeber das Leistungsversprechen eines Bieters einer derart lückenlosen, praktisch kaum leistbaren Überprüfung unterziehen müsste, wie dies die Antragstellerin fordert.
118
Es liegen keine ausreichenden Gründe vor, die Tragfähigkeit der durchgeführten Aufklärung in Frage zu stellen. Die Forderung der Antragstellerin nach einer noch weitergehenden Prüfung des Konzepts der Beigeladenen stellt sich vielmehr als Versuch dar, den Zuschlag auf das beste Angebot weiter hinauszuzögern und möglichst viele technische Details des Konzepts der Beigeladenen in Erfahrung zu bringen.
119
jj) Der auf schriftliche Stellungnahmen des Labors K. vom 3. April 2024, des Privatsachverständigen Dipl.-Ing. T. vom 4. April 2024 und der Rechtsanwaltskanzlei Z. vom 4. April 2024 gestützte Vortrag der Antragstellerin im Schriftsatz vom 5. April 2024 gibt keine Veranlassung zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Ihrem Standpunkt, wonach den Stellungnahmen der I.-GmbH vom 25. März 2023 und 27. Januar 2024 kein Vertrauen entgegengebracht werden dürfe und der in den Schreiben geschilderte Ablauf entgegen den Bestätigungen nicht den Vorgaben der DIN 10536 entspreche, kann nicht gefolgt werden.
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(1) Auch unter Berücksichtigung der genannten Stellungnahmen hält der Senat an seiner Beurteilung fest, dass es sich bei dem in den Schreiben der I.-GmbH dargestellten Vorgehen der Beigeladenen um eine „chargenweise Regenerierung“ der Speisen handelt, die nicht im Widerspruch zu bindenden Vorgaben der Vergabeunterlagen steht. Wie einzelne Regelungen in der Leistungsbeschreibung bzw. dem Leistungsverzeichnis und/oder in Bezug genommene DIN-Normen auszulegen sind, ist eine Rechtsfrage, deren Beurteilung dem Gericht obliegt, und keine Sachverständigenfrage. Die Tatsache, dass die Antragstellerin auf Stellungnahmen einer Rechtsanwältin und in Lebensmittelfragen bewanderter Gutachter verweisen kann, die sich ihrer rechtlichen Interpretation zu DIN 10536 anschließen, verleiht ihren Erwägungen keine größere Überzeugungskraft, zumal in keiner Stellungnahme die in der Leistungsbeschreibung enthaltene Regelung zur maximalen Warmhaltezeit mit in den Blick genommen wird.
121
Soweit die Antragstellerin darauf beharrt, wegen der Formulierung „unmittelbar vor der Ausgabe“ in Ziffer 4.2.6 der DIN 10536 dürfe die Beigeladene die Portionen nicht auf einmal während des Transports regenerieren, da das Essen dann bis zu mehreren Stunden vor der Ausgabe fertig sei, ist auf die Ausführungen unter Ziffer 1. b) ff) (4) zu verweisen. Die Vergabeunterlagen enthalten entgegen den Behauptungen der Antragstellerin eindeutig kein Verbot für den Bieter, regeneriertes Essen länger als 30 bzw. 60 Minuten warmzuhalten. Es ist vielmehr in Ziffer 3.5 der Leistungsbeschreibung eine Warmhaltezeit von maximal drei Stunden festgeschrieben, die der Bieter ausschöpfen darf, egal ob es sich um regenerierte Essen oder um ein von einer Zentralküche angeliefertes warmes Essen handelt. Der unbestimmte Begriff „unmittelbar vor der Ausgabe“ in der DIN 10536 relativiert diese Vorgabe nicht und lässt sich aus der objektiven Sicht eines kundigen Bieters auch nicht dahingehend verstehen, dass nur ein mehr oder weniger kleiner Teil der für die (zweistündige) Ausgabe vorgesehenen Portionen während des Transports regeneriert werden dürfe. Auch die Formulierung in der DIN 10536, wonach eine Heißhaltung zum Zwecke der Ausgabe „über einen längeren Zeitraum nicht erforderlich“ ist, enthält weder Verbot einer Heißhaltung für regeneriertes Essen noch einen konkreten Zeitraum, der bei der Warmhaltung zwingend einzuhalten wäre.
122
(2) Soweit sich die Antragstellerin im Übrigen auf die Stellungnahme von Dipl.-Ing. T. vom 4. April 2024 stützt, erweist sich die Kritik an den Berichten der I.-GmbH als nicht begründet. Es wird daran festgehalten, dass es sich bei den Bestätigungen um geeignete Nachweise zur Vereinbarkeit des Konzepts mit den Vorgaben der Vergabeunterlagen handelt. Weiterer Aufklärungsbedarf besteht nicht.
123
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass den Schreiben der I.-GmbH entgegen der Annahme von Dipl.-Ing. T. und der Antragstellerin nicht entnommen werden kann, die Beigeladene würde tiefgefrorene Speisen während des Transports regenerieren. Soweit im Schreiben vom 25. Mai 2023 von der Einstellung eines Tiefkühlschranks mit – 30 °C die Rede ist, folgt hieraus nicht, dass aus dem Tiefkühlschrank Speisen entnommen worden sind. Vielmehr bezieht sich, wie die Antragstellerin weiß (vgl. ihren Schriftsatz vom 8. März 2024, S. 5 zweiter Absatz) die Passage im Schreiben vom 25. Mai 2023 auf die Kühlpellets, die im Tiefkühlschrank gelagert, aus diesem vor Fahrtbeginn entnommen und in die obersten Schienen der Geräte geschoben worden sind. Damit entbehren die Vorwürfe, die Beigeladene nutze Tiefkühlkost unzulässig für das Cook & Chill-Verfahren, Temperaturvorgaben könnten bei gefrorenem Essen nicht eingehalten werden und im hinteren Bereich des Lkw befinde sich ein „vermeintlicher Auftauraum“ ohne die erforderliche Zeit- und Temperatursteuerung und -kontrolle, der Grundlage.
124
Die Ausführungen von Dipl.-Ing. T., er halte die Beurteilung des Prüfers der I.-GmbH, wonach die Vorgaben der DIN 10536 und DIN 10508 eingehalten seien, „für zweifelhaft“, stellen weder den Inhalt noch die Aussagekraft der Bescheinigungen in Frage. Wie die Antragstellerin listet Dipl.-Ing. T. lediglich Möglichkeiten auf, wie z. B. vertiefte Untersuchungen oder Messungen, mit denen das Vorgehen der Beigeladenen und die Frage der Einhaltung der DIN-Normen noch genauer hätten überprüft werden können. Hierzu zählen etwa die Forderung nach Temperaturmessungen in mehreren Behältern je Tower oder an dem „thermisch ungünstigsten Punkt“ des Produkts sowie die Vornahme eigener Messungen zu Raum- und Produkttemperaturen anstatt der bloßen Beobachtung der Datenerfassung durch den Fahrer. Soweit Dipl.-Ing. T. – wie die Antragstellerin – bezweifelt, dass eine konstante Kühlung im Laderaum des Lkw trotz der vorhandenen Tower und deren Wärmeentwicklung gesichert sei und meint, es hätte in anderen Jahreszeiten Kontrollen stattfinden müssen, da möglicherweise die am Testtag herrschenden Temperaturen bei der Beurteilung eine Rolle gespielt hätten, wird auf die Ausführungen unter Ziffer 1. b) ff) (2) verwiesen.
125
Der Senat hält sämtliche Einwände aus den bereits dargelegten Erwägungen nicht für stichhaltig; er teilt weder die Auffassung, dass Bescheinigungen ohne die von der Antragstellerin bzw. dem Privatsachverständigen geforderten Prüfungstiefe keine Aussagekraft im Vergabeverfahren hätten, noch die Ansicht, der Antragsgegner könne erst die Übereinstimmung des Konzepts der Beigeladenen mit den Vergabeunterlagen bejahen, wenn er eine derart engmaschige Überprüfung vorgenommen hat. Ergänzend ist auch in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Frage der Anforderungen an die Prüfungstiefe im Vergabeverfahren eine Rechts- und keine Sachverständigenfrage ist.
126
Auch zu der vom Privatsachverständigen geäußerten Meinung, es handele sich bei dem Lkw um eine „mobile Küche“ ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen, ebenso in Bezug auf die daraus vom Privatsachverständigen gezogenen Schlussfolgerungen. Worauf der Privatsachverständige die Ansicht stützt, ein „Nebeneinander von Koch- und Kühl/Lagerzone bzw. Regenerier- und Kühlzone“ sei nicht zulässig, erschließt sich nicht, ebenso wenig seine Forderung nach einem Kleidungswechsel und „idealerweise“ einer Kochausbildung für den Fahrer, weil dieser Temperaturmessungen vornimmt.
127
Schließlich kritisiert der Privatsachverständige auf Seite 6 seiner Stellungnahme, dass die I.-GmbH ausweislich ihres Berichts vom 25. Mai 2023 eine konzeptionelle Prüfung des in Rede stehenden Konzepts vorgenommen habe. Wie der Privatsachverständige weiter ausführt, lagen ihm die konzeptionellen Darstellungen nicht vor, er hat insoweit auf Unterlagen im Rahmen der Aufklärung zurückgegriffen. Soweit der Privatsachverständige in diesem Zusammenhang den Standpunkt vertritt, „das darin enthaltene HACCP Konzept, Dok.-Nr. QS-iD-070 Revision 01 sei zur Beurteilung der lebensmittelhygienischen Abläufe nicht geeignet, die Ausführungen seien mangelhaft und entsprächen nicht den Vorgaben gemäß den aktuellen Rechtsvorschriften“, erschließt sich weder aus dem Gutachten noch aus dem Vortrag der Antragstellerin, auf welches konkrete Dokument sich diese Beurteilung bezieht, warum der Privatsachverständige zu dieser Einschätzung gelangt und welche Relevanz dies für die Beurteilung entscheidungserheblicher Fragen haben sollte. Nur ergänzend sei darauf verwiesen, dass die I.-GmbH in der Bescheinigung vom 25. Mai 2023 ausdrücklich aufführt, sie habe nach der konzeptionellen Prüfung auch die konkreten Abläufe am Produktionsstandort und während der Fahrt bis zur Abgabe der Speisen in der Unterkunft begutachtet.
128
c) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin hatte der Antragsgegner die Beigeladene nicht zwingend nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB, § 42 Abs. 1 VgV auszuschließen. Soweit überhaupt Verfehlungen der Beigeladenen nachweislich sind, ist die Einschätzung des Antragsgegners, es handle sich weder einzeln noch in der Summe um schwere Verfehlungen, die die Integrität des Unternehmens in Frage stellten und es könne eine positive Prognose für eine ordnungsgemäße Erfüllung der ausgeschriebenen Verträge getroffen werden, nicht zu beanstanden.
aa) „Schwere Verfehlungen“ im Sinne von § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB sind erhebliche Rechtsverstöße, die geeignet sind, die Zuverlässigkeit eines Bewerbers grundlegend in Frage zu stellen. Sie müssen nachweislich (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. November 2018, Verg 31/18, juris Rn. 80) und schuldhaft begangen worden sein und erhebliche Auswirkungen haben. Maßgeblich sind sowohl objektive Faktoren wie Anlass und Auswirkungen als auch der Verschuldensgrad (Summa in jurisPKVergaberecht, 6. Aufl. Stand: 13. Februar 2023, GWB § 124 Rn. 67), der eine gewisse Schwere erreichen muss (EuGH, Urt. v. 13. Dezember 2012, C-465/11 – Forposta, NZBau 2013, 116 Rn. 33; BayObLG, Beschluss vom 13. Juni 2022, Verg 6/22, juris Rn. 101). Daher liegt nicht in jeder nicht ordnungsgemäßen, ungenauen oder mangelhaften Erfüllung eines Vertrags eine schwere Verfehlung (J. Ley in Reidt/Stickler/Glahs, VergabeR, 4. Aufl. 2018, GWB § 124 Rn. 66). Eine schwere Verfehlung muss bei wertender Betrachtung vom Gewicht her den zwingenden Ausschlussgründen des § 123 GWB zumindest nahekommen. Der Begriff „Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit“ umfasst jedes fehlerhafte Verhalten, das Einfluss auf die berufliche Vertrauenswürdigkeit des betreffenden Unternehmens hat, und nicht nur Verstöße gegen berufsethische Regelungen im engen Sinne des Berufsstands, dem dieser Wirtschaftsteilnehmer angehört (EuGH, Urt. v. 18. Dezember 2014, C-470/13 – Generali-Providencia Biztosító, NZBau 2015, 569 Rn. 35 m. w. N.; BayObLG, Beschluss vom 13. Juni 2022, Verg 6/22, juris Rn. 101; Beschluss vom 9. April 2021, Verg 3/21 juris Rn. 40; Stolz in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 5. Aufl. 2024, GWB § 124 Rn. 20). Voraussetzung ist stets, dass die Verfehlung eine solche Intensität und Schwere aufweist, dass der öffentliche Auftraggeber berechtigterweise an der Integrität des Unternehmens zweifeln darf (J. Ley in Reidt/Stickler/Glahs, VergabeR, GWB § 124 Rn. 73). Bei der diesbezüglichen Prüfung handelt es sich um eine Bewertung mit prognostischem Charakter, bei der dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zusteht (BayObLG, Beschluss vom 13. Juni 2022, Verg 6/22, juris Rn. 101; OLG Frankfurt, Beschluss vom 3. Mai 2018, 11 Verg 5/18, juris Rn. 58; Summa in jurisPK-VergabeR, GWB § 124 Rn. 69). Darüber hinaus kommt dem öffentlichen Auftraggeber auf der Rechtsfolgenseite ein Ermessen zu, das nur einer eingeschränkten Prüfung durch die Nachprüfungsinstanzen unterliegt (BayObLG, Beschluss vom 13. Juni 2022, Verg 6/22, juris Rn. 101; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16. Dezember 2020, 15 Verg 4/20, juris Rn. 53; OLG Celle, Beschluss vom 13. Mai 2019, 13 Verg 2/19, juris Rn. 57; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. November 2018, Verg 31/18, juris Rn. 74).
129
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners und der Beigeladenen kann auch die Verletzung vertraglicher Verpflichtungen eine schwere Verfehlung darstellen, sofern diese eine solche Intensität und Schwere aufweist, dass der öffentliche Auftraggeber berechtigterweise an der Integrität des Unternehmens zweifeln darf (BayObLG, Beschluss vom 13. Juni 2022, Verg 6/22, juris Rn. 101; Friton in BeckOK Vergaberecht, 31. Ed. Stand 1. Mai 2023, § 124 Rn. 31; Hausmann/von Hoff in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB, 5. Aufl. 2020, § 124 Rn. 38; wohl auch OLG Celle, Beschluss vom 9. Januar 2017, 13 Verg 9/16, juris Rn. 22 und Summa, jurisPKVergaberecht, § 124 GWB Rn. 60; unklar Pauka/Krüger in Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2022, GWB § 124, der einerseits in Rn. 22 § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB als „lex specialis“, andererseits in Rn. 23 § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB als „Auffangtatbestand“ bezeichnet). Hierfür spricht bereits der Wortlaut des § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB. Vertragsverstöße lassen sich ohne Weiteres als „Verfehlung“ „im Rahmen der beruflichen Tätigkeit“ qualifizieren. Ferner geht die Gesetzesbegründung (BT-Drucks 18/6281, S. 105) explizit davon aus, dass eine schwere Verfehlung auch bei der Verletzung vertraglicher Verpflichtungen „z. B. auch bei der Verletzung von Ausführungsbedingungen in früheren Aufträgen“ in Betracht kommt, sofern die Verfehlung eine solche Intensität und Schwere aufweist, dass der öffentliche Auftraggeber berechtigterweise an der Integrität des Unternehmens zweifeln darf. Entgegen der Ansicht von Antragsgegner und Beigeladener sowie eines Teils der Literatur (Stolz in Ziekow/Völlink, § 124 GWB Rn. 19; Opitz in Burgi/Dreher/Opitz, Beck´scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, GWB, 4. Aufl. 2022, § 124 Rn. 23; J. Ley in Reidt/Stickler/Glahs, VergabeR, GWB § 124 Rn. 74) ergibt sich aus der Zusammenschau mit § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB nichts anderes. Schon der Systematik des Gesetzes lässt sich nicht entnehmen, dass § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB gegenüber § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB die speziellere Regelung wäre. Auch führt die Anwendung des § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB auf vertragliche Verstöße nicht zu Wertungswidersprüchen. Zwar ist zutreffend, dass § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB für den Ausschluss außer der vertraglichen Verfehlung voraussetzt, dass diese zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat. § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB setzt keine derartige Folge voraus. Anstelle dessen kommt ein Ausschluss aber, anders als im Rahmen des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB, nur in Betracht, wenn die Verfehlung von einer Intensität und Schwere ist, durch die die Integrität des Unternehmens in Frage gestellt wird. Dies zeigt, dass beide Tatbestände unterschiedliche Anwendungsvoraussetzungen und Zielrichtungen haben. Damit ist auch nicht zu befürchten, dass durch die Anwendung des § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB auf vertragliche Verfehlungen die Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB umgangen oder ausgehöhlt würden.
130
bb) Das Unternehmen muss die schwere berufliche Verfehlung „nachweislich“ begangen haben. Dabei soll es dem öffentlichen Auftraggeber überlassen bleiben festzustellen, dass ein schwerwiegendes berufliches Fehlverhalten vorliegt (vgl. Erwägungsgrund 101 zur Vergaberichtlinie 2014/24/EU; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Juni 2022, Verg 36/21, juris Rn. 62). Nicht zu fordern für den Nachweis ist eine rechtskräftige Feststellung der Pflichtverletzung oder eine Verurteilung. Der Nachweis kann auch durch schriftlich fixierte Zeugenaussagen, sonstige Aufzeichnungen, Belege, Schriftstücke oder andere objektivierte Anhaltspunkte für die fraglichen Verfehlungen geführt werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Juni 2022, Verg 36/21, juris Rn. 62; Beschluss vom 14. November 2018, Verg 31/18, juris Rn. 80; OLG Celle, Beschluss vom 9. Januar 2017, 13 Verg 9/16, juris Rn. 24; Friton in BeckOK Vergaberecht, GWB § 124 Rn. 39 f.; Stolz in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, GWB § 124 Rn. 23; Hausmann/von Hoff in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB, § 124 Rn. 40 i. V. m. Rn. 16; Kaufmann in Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 3. Aufl. 2019, GWB § 124 Rn. 30). Nicht einheitlich beurteilt wird in der Literatur und Rechtsprechung, ob für den Nachweis die volle Überzeugung im Sinne persönlicher Gewissheit von einem bestimmten Sachverhalt nötig ist (so OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Juni 2022, Verg 36/21, juris Rn. 62 unter Verweis auf § 286 ZPO; zustimmend Summa in jurisPKVergaberecht, § 124 GWB Rn. 74.1) oder ob das Beweismaß für die Nachweislichkeit zwischen der Glaubhaftmachung/überwiegenden Wahrscheinlichkeit und dem Vollbeweis nach § 286 ZPO liegt (so OLG Celle, Beschl. 9. Januar 2017, 13 Verg 9/16, juris Rn. 24; zustimmend Opitz in Burgi/Dreher/Optiz, Beck´scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, GWB, § 124 Rn. 46). Bloße Vermutungen oder Verdachtsmomente genügen jedenfalls nicht. Allein die Angabe von Zeugen, die ein unmittelbares oder mittelbares Eigeninteresse am Ausschluss eines Bieters haben, etwa weil sie oder deren Arbeitgeber mit dem Bieter in Konkurrenz stehen, sind deshalb nicht ausreichend, nötig sind vielmehr darüber hinausgehende objektive Belege (OLG München, Beschluss vom 21. Mai 2010, Verg 2/10, juris Rn. 166 zur Nachweislichkeit in § 7 Nr. 5 c VOL/A a. F.).
131
Ob im Zeitpunkt des Ausschlusses nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB nachweislich eine schuldhaft schwere berufliche Verfehlung vorlag, betrifft die Tatbestandsebene und ist durch die Nachprüfungsinstanzen voll überprüfbar. Insoweit steht dem Auftraggeber (anders als bei der Prüfung mit prognostischem Charakter, ob die festgestellte schwere Verfehlung die Integrität in Frage stellt und eine positive Vertragserfüllung zu erwarten ist) kein Beurteilungsspielraum zu (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Juni 2022, Verg 36/21, juris Rn. 64; Summa, a. a. O. Rn. 66). Dies bedeutet indessen nicht, dass der Prüfungsumfang von Vergabekammer und Vergabesenat über denjenigen des Auftraggebers hinausginge. Zu überprüfen ist, ob im Rahmen der auch dem Auftraggeber zumutbaren Aufklärung unter Berücksichtigung der oben aufgeführten objektiven Anhaltspunkte wie schriftlich fixierter Zeugenaussagen, sonstiger Aufzeichnungen, Belege, Schriftstücke oder ähnlichem von einer nachweisbar schweren Verfehlung auszugehen ist. Regelmäßig sind weder der Auftraggeber noch die Nachprüfungsinstanzen verpflichtet, zur Abklärung, ob eine schwere Verfehlung nachweisbar ist, umfassende Beweisaufnahmen durch Zeugenvernehmungen oder Erholung von Sachverständigengutachten durchzuführen. Eine derartig umfangreiche und zeitaufwändige Beweisaufnahme wäre mit dem berechtigten Interesse nicht nur des Auftraggebers, sondern auch der Allgemeinheit an der beschleunigten Deckung des Beschaffungsbedarfs unvereinbar (Opitz in Burgi/Dreher/Optiz, Beck´scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, GWB, § 124 Rn. 46). Sofern unter Berücksichtigung der dem Auftraggeber zumutbaren Aufklärungen Zweifel am Vorliegen einer schweren Verfehlung bleiben, kommt ein Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB nicht in Betracht, auch wenn die Möglichkeit besteht, dass sich die – von einem Mitbewerber behaupteten – vermeintlichen Verfehlungen durch umfangreiche Zeugenvernehmungen oder Sachverständigengutachten eventuell doch noch bestätigen könnten. In derartigen Fällen sind auch die Nachprüfungsinstanzen nicht zu derartigen Beweisaufnahmen verpflichtet. Ob und in welchem Umfang Auftraggeber und Nachprüfungsinstanzen zu (weiteren) Aufklärungen über vermeintliche Verfehlungen eines Bieters verpflichtet sind, ist letztlich im Einzelfall unter Berücksichtigung der objektiv vorliegenden Anhaltspunkte für eine Verfehlung und deren Schwere zu beurteilen (zur Zumutbarkeit als Grenze für die Aufklärungspflicht des öffentlichen Auftraggebers im Rahmen der Preisprüfung auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Juli 2018, Verg 19/18, juris Rn. 48).
132
cc) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist von folgenden nachweislichen, schuldhaften Verfehlungen der Beigeladenen auszugehen, was der Antragsgegner im Wesentlichen auch so erkannt hat:
133
(1) Im Interimsauftrag A, Los 1 setzte die Beigeladene im Zeitraum vom Januar 2022 bis 13. Oktober 2022 Personal ohne Hygieneschulung ein, obwohl diese nach § 4 LMHV (Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln vom 21. Juni 2016) i. V. m. VO (EG) Nr. 852/2004, Anhang II Kapitel XII Nr. 1 sowie nach der Leistungsbeschreibung unter Ziffer 13.2.1 erforderlich war. Diese Verfehlung hat der Antragsgegner festgestellt und wurde von der Beigeladenen letztlich nicht in Abrede gestellt. Dabei ist von einem jedenfalls fahrlässigen Handeln der Geschäftsführung auszugehen. Die Unternehmensleitung hat sicherzustellen, dass das von ihr zur Durchführung der Aufträge eingesetzte Personal über entsprechende Hygieneschulungen verfügt bzw. diese nachweist. Damit ist die Verfehlung nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2, § 123 Abs. 3 GWB dem Unternehmen, mithin der Beigeladenen zuzurechnen. Soweit die Beigeladene auf § 126 Nr. 2 GWB verweist, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der Zeitraum von drei Jahren „ab dem betreffenden Ereignis“ nach § 126 Nr. 2 GWB ist jedenfalls nicht vor dem Jahr 2025 abgelaufen, unabhängig davon, ab welchem konkreten Zeitpunkt die Frist zu laufen beginnt und auf welches Ereignis für das Fristende abzustellen ist (zu dem Problem noch ausführlich unten dd] [21]). Die Berücksichtigung dieser Verfehlung ist daher möglich und nötig, auch wenn bereits ein gewisser Teil der dreijährigen Frist abgelaufen ist.
134
(2) Die Beigeladene setzte im Interimsauftrag A, Los 1 im Zeitraum von Januar 2022 bis Oktober 2022 mehrfach Personal ein, das entgegen VO (EG) 852/2004, Art. 4 Abs. 2, Anhang II Kapitel VIII Ziffer 1 keine Haarnetze trug. Auch diesen Verstoß hat der Antragsgegner festgestellt und die Beigeladene nicht in Abrede gestellt. Der Verstoß ist gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2, § 123 Abs. 3 GWB dem Unternehmen zuzurechnen. Es handelt sich um mehrfache Verstöße über einen erheblichen Zeitraum, so dass die Geschäftsführung durch Anweisungen und Kontrollen die Einhaltung der Vorgaben hätte sicherstellen können und müssen. Bezüglich § 126 Nr. 2 GWB gelten die Ausführungen oben (1) entsprechend.
135
(3) Im selben Auftrag rauchte der Fahrer der Beigeladenen am 22. August 2023 und am 24. August 2023 auf der Ladefläche des Lkw während eines Stopps, was die Beigeladene eingeräumt hat. Der Fahrer habe nach eigenen Angaben geraucht, während er auf den Start des Towers gewartet habe. Die Beigeladene habe den Fahrer abgemahnt und angewiesen, künftig nur außerhalb des Lkw nach Schließen der Ladebordwand zu rauchen. Ob dieses zweimalige Fehlverhalten eines Fahrers überhaupt nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2, § 123 Abs. 3 GWB der Beigeladenen zuzurechnen ist, erscheint fraglich. Der Fahrer selbst erfüllt mangels Leitungsfunktion die Voraussetzungen des § 123 Abs. 3 GWB nicht. Ein eigenes (Organisations) Verschulden der Geschäftsführung ist jedenfalls nicht hinreichend ersichtlich.
136
Allerdings wird zum Teil in der Literatur vertreten, § 124 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2, § 123 Abs. 3 GWB finde keine Anwendung, soweit es sich um vertragliche Pflichtverletzungen handele, diese seien über § 278 BGB dem Unternehmen zuzurechnen (so Opitz in Burg/Dreher/Opitz, Beck´scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, GWB § 124 Rn. 41; für die Anwendung von § 124 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 GWB wohl Friton in BeckOK Vergaberecht, GWB § 124 Rn. 88 und Paula/Krüger, Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht, GWB § 124 Rn. 25). Hierfür spricht, dass zivilrechtlich ein Unternehmen als Vertragspartner für Pflichtverletzungen seiner Mitarbeiter in Ausführung des Auftrags gemäß § 278 BGB in jedem Fall haftet, unabhängig davon, ob die fraglichen Mitarbeiter sich in leitender Funktion befinden. Auch im Rahmen des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB, in dem es gerade um die mangelhafte Erfüllung vertraglicher Pflichten geht, findet § 123 Abs. 3 GWB keine Anwendung. Allerdings differenziert § 124 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 GWB nicht danach, ob eine vertragliche Pflichtverletzung oder eine sonstige Verfehlung vorliegt. Der Wortlaut der Norm könnte mithin dafür sprechen, dass auch vertragliche Pflichtverletzungen nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2, § 123 Abs. 3 GWB einen Ausschluss zu rechtfertigen vermögen. Indessen bedarf die Problematik vorliegend keiner Entscheidung. Selbst bei einer Zurechnung entsprechend § 278 BGB ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass die Beigeladene nicht ausgeschlossen wurde (dazu unten ee]).
137
(4) Im Interimsauftrag A, Los 2 wurde das Mittagessen im Dezember 2023 an einem Tag verspätet ausgegeben. Zum Vorwurf der Antragstellerin, die Beigeladene habe an zwei Tagen in der Kalenderwoche 49 des Jahres 2023 das Mittagessen verspätet ausgegeben, hat die Beigeladene ausgeführt, am ersten Tag der Auftragsausführung sei die Security vor Ort nicht ordnungsgemäß informiert gewesen und es habe mehrminütige Diskussionen gegeben, bis den Mitarbeitern der Beigeladenen Einlass gewährt worden sei. Diese Erläuterung, der auch der Antragsgegner gefolgt ist, erklärt und entschuldigt zwar die verspätete Ausgabe des Mittagessens an einem, aber nicht an beiden Tagen.
138
(5) Im Interimsauftrag A,Los 2 wurde in der Kalenderwoche 50 des Jahres 2023 entgegen den Vorgaben im Leistungsverzeichnis Ziffer 3.10 kein Fisch angeboten. Das entsprechende Versäumnis hat die Beigeladene eingeräumt und ist dieser als Organisationverschulden auch ohne Weiteres nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2, § 123 Abs. 3 GWB zuzurechnen.
139
(6) Im Auftrag Unterkunftsdependance B wurden im Zeitraum vom März 2022 bis Oktober 2022 in Einzelfällen – entgegen den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses – am Vortag zubereitete Schüler-Lunchpakete ausgegeben, Personal ohne Arbeitskleidung und Haarnetze eingesetzt, nicht zum Verzehr bestimmte Lebensmittel auf einem Gelände gelagert, auf dem sich Ratten befanden und entgegen den Vorgaben in den Vergabeunterlagen zum Frühstück und Abendessen nur eine Sorte Wurst, Käse und Brot angeboten statt zwei sowie zum Frühstück statt zwei nur eine Sorte Müsli.
140
Die Einwände der Beigeladenen hiergegen greifen nicht durch. In der Mail der Beigeladenen vom 13. Oktober 2022 an die Regierung von A wurde die Zubereitung von Lunchpaketen am Vortag, die verringerte Auswahl zu Frühstück und Abendessen sowie das fehlende Tragen von Arbeitskleidung und Haarnetzen eingeräumt. Der Vortrag der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren, sie sei nach den Vergabeunterlagen nur verpflichtet gewesen, Arbeitskleidung und Haarnetze zur Verfügung zu stellen, ob diese getragen würden, sei nicht ihre Verantwortung, ist unbehelflich. Das vor Ort unter anderem bei der Essensausgabe eingesetzte Personal war entsprechend der Vorgaben in Ziffer 13.2.2 der Leistungsbeschreibung solches der Beigeladenen. Aus Sicht eines verständigen, sachkundigen und mit derartigen Beschaffungsvorgängen vertrauten Bieters (zu diesem Maßstab für die Auslegung BayObLG, Beschluss vom 13. Juni 2022, Verg 6/22, juris Rn. 77 m. w. N.) war damit offensichtlich, dass er nicht nur die Arbeitskleidung zu liefern hatte, sondern selbstverständlich sein Personal diese auch anziehen sollte. Ohne Erfolg beruft sich die Beigeladene ferner darauf, die Existenz der Ratten auf dem Gelände sei ihr nicht anzulasten und die Lebensmittel seien nur kurzfristig zur Entsorgung draußen gelagert worden. Unabhängig davon, ob die Schädlingsbekämpfung im Freien ihr oder dem Antragsgegner oblag, hätte sie in jedem Fall von einer Lagerung von Lebensmitteln im Freien absehen müssen, selbst wenn diese zur Entsorgung bestimmt waren. Dass eine derartige Lagerung Ratten zumindest anziehen kann, ist ohne Weiteres bekannt. Soweit umgekehrt die Antragstellerin bestreitet, dass es sich um Lebensmittel handelte, die nicht zum Verzehr gedacht waren, ist das Gegenteil jedenfalls nicht nachweisbar. Hinreichend objektive Anhaltspunkte dafür, dass es sich um Lebensmittel handelte, die für die Essensausgabe bestimmt waren, liegen nicht vor.
141
Desgleichen nicht nachweislich ist die Behauptung der Antragstellerin, es seien im Einzelfall Lunchpakete mit verschimmelter Wurst ausgegeben worden. Dies wurde von der Beigeladenen schriftsätzlich ebenso wie von ihrer Geschäftsführerin in der EMail vom 13. Oktober 2022 in Abrede gestellt. Auch insoweit fehlt es bereits an ausreichenden objektiven Anhaltspunkten für die vermeintliche Verfehlung.
142
Fraglich erscheint ferner, ob die nachweislichen Verfehlungen der Beigeladenen als Unternehmen zuzurechnen sind, da sich die Beigeladene auf ein eigenmächtiges Vorgehen ihrer Mitarbeiter beruft. Wie ausgeführt (siehe oben [3]) ist jedenfalls bei Verstößen gegen Vertragspflichten umstritten, ob § 124 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2, § 123 Abs. 3 GWB Anwendung findet oder eine Zurechnung stets über § 278 BGB erfolgt.
143
Indessen bedarf die Problematik vorliegend keiner Entscheidung. Auch eine Zurechnung an die Beigeladene nach § 278 BGB ändert nichts daran, dass im Ergebnis der fehlende Ausschluss nicht zu beanstanden ist (dazu unten ee]).
144
(7) Im Auftrag Anker-Dependance C wurde nach den Feststellungen des Antragsgegners im Vergabevermerk vom 16. Februar 2024 an einem Tag das Mittagsessen kalt bzw. nicht fertiggekocht angeliefert, da dem Fahrer während der Fahrt ein Fehler unterlaufen war. Die Verfehlung wurde von der Unterkunftsleitung der Anker-Dependance unter Bezugnahme auf eine Mail der Beigeladenen mitgeteilt und wird von der Beigeladenen auch nicht in Abrede gestellt. Insoweit stellt sich ebenfalls die Frage, ob der Fehler der Beigeladenen zuzurechnen ist. Für ein Organisationsverschulden der Geschäftsführung nach § 124 Abs. 1 Nr. 3, § 123 Abs. 3 GWB fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten, so dass eine Zurechnung allenfalls unter entsprechender Anwendung von § 278 BGB in Betracht käme. Letztlich kann dies dahingestellt bleiben, da auch bei Zurechnung an die Beigeladene der Antragsgegner vertretbar vom Ausschluss abgesehen hat (siehe unten [ee]).
145
(8) Im Auftrag Unterkunfts-Dependance D gab die Beigeladene in einem Fall verschimmeltes Brot aus. Soweit die Antragstellerin behauptet, es sei häufig Brot mit Schimmel verteilt worden, fehlt es am Nachweis. Dass in einem Einzelfall in einem Lunchpaket verschimmeltes Brot gefunden wurde, hat der Antragsgegner, gestützt auf eine Auskunft der Regierung von D, in einem Schriftsatz vom 3. November 2022 bestätigt. Weitere derartige Vorfälle haben Antragsgegner und Beigeladene hingegen in Abrede gestellt. Ausreichende objektive Anhaltspunkte, die mit hinreichender Sicherheit auf weitere derartige Vorfälle schließen ließen, liegen nicht vor. Die Antragstellerin stützt ihre Behauptung lediglich auf die eidesstattliche Versicherung eines ehemaligen Mitarbeiters der Beigeladenen, die sie vollumfänglich mit einem Sperrvermerk versehen hat. Dabei handelt es sich um kein Beweismittel, mit dem auch nur mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, erst recht nicht zur vollen Überzeugung, die behaupteten häufigen Ausgaben verschimmelten Brots belegt werden könnten. Es erschließt sich schon nicht, weshalb aus Sicht der Antragstellerin die Aussage eines ehemaligen Mitarbeiters der Beigeladenen über den von der Beigeladenen praktizierten Vertragsvollzug ein Geschäftsgeheimnis der Antragstellerin sein sollte. Jedenfalls entwertet bereits diese Einstufung die Beweiskraft der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung völlig. Insbesondere kann sich die Beigeladene mangels Kenntnis des Namens des konkreten Mitarbeiters nicht dazu äußern, aus welchen Gründen das Anstellungsverhältnis endete und ob der Mitarbeiter etwa schon aus derartigen Gründen unglaubwürdig sein könnte. Weitere konkrete objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben des ehemaligen Mitarbeiters zutreffend wären, sind nicht ersichtlich. Vor allem lässt sich nicht aus der einmaligen Ausgabe verschimmelten Brots schließen, es müsse mehrere derartige Fälle gegeben haben.
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Eine Zurechnung der einmaligen Ausgabe verschimmelten Brots durch Mitarbeiter vor Ort an die Beigeladene nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2, § 123 Abs. 3 GWB erscheint kaum möglich. Denkbar wäre dies allenfalls bei der Annahme, vertragliche Pflichtverletzungen könnten über § 278 BGB dem Unternehmen zugerechnet werden. Letztlich kann dies aber dahingestellt bleiben. Auch bei Annahme einer Zurechnung ist der fehlende Ausschluss der Beigeladenen nicht zu beanstanden (siehe dazu unten ee]).
147
(9) Nach den Feststellungen des Antragsgegners setzte die Beigeladene im Auftrag Unterkunfts-Dependance D Mitarbeiter jedenfalls bis Oktober 2022 ohne die nach § 4 LMHV i. V. m. VO (EG) Nr. 852/2004, Anhang II Kapitel XII Nr. 1 erforderliche Hygieneschulung ein. Insoweit ist im Einklang mit dem Antragsgegner von einer Verfehlung der Beigeladenen auszugehen. Nicht überzeugend ist allerdings die Auffassung des Antragsgegners, die unstreitig vorliegende Belehrung der Mitarbeiter nach § 43 IfSG (Infektionsschutzgesetz) sei höherwertig, da sich die „Schulung“ nach § 43 IfSG an Köche, die nach § 4 LMVH hingegen nur an Personal richte. Ein Koch müsse den Umgang mit Speisen erst recht kennen; damit sei das Personal bereits adäquat geschult gewesen. Die berufliche Glaubwürdigkeit werde damit nicht in Frage gestellt, zumal auch die Antragstellerin die Schulungen nach § 4 LMHV versäume. Indessen übersieht der Antragsgegner, dass § 43 IfSG lediglich eine bloße Belehrung umfasst, während § 4 Abs. 1 LMHV eine Schulung nach Anhang II Kapitel XII Nummer Nr. 1 der VO (EG) Nr. 852/2004 fordert. Zudem ist die Zielrichtung der Vorschriften unterschiedlich: Während es bei § 43 IfSG um Hinderungsgründe für die Tätigkeit geht, soll § 4 Abs. 1 LMHV sicherstellen, dass nur Personen leicht verderbliche Lebensmittel herstellen, behandeln oder in den Verkehr bringen, die aufgrund einer Schulung über die entsprechenden Fachkenntnisse für die Tätigkeit verfügen. Ausweislich der Anlage 1 zu § 4 Abs. 1 LMHV geht es um Kenntnisse unter anderem über hygienische Anforderungen an die Herstellung und Verarbeitung der Lebensmittel, Lebensmittelrecht, Warenkontrolle, Haltbarkeitsprüfung und Kennzeichnung. Dass die Antragstellerin ebenfalls Mitarbeiter ohne eine solche Schulung eingesetzt hat, entschuldigt die Beigeladene nicht. Allerdings ist zugunsten der Beigeladenen zu berücksichtigen, dass Ziffer 2.2 des DienstleistungsRahmenvertrags ausdrücklich Anforderungen an das einzusetzende Personal aufführt und dabei zwar eine Hygienebelehrung nach § 43 Abs. 1 IfSG, nicht aber eine Schulung nach § 4 LMHV verlangt. Dies schließt zwar ein fahrlässiges Verhalten der Beigeladenen als Fachbetrieb im Bereich Catering nicht aus, zumal in Ziffer 2.1.2 pauschal auf die Einhaltung der Lebensmittelhygieneverordnung verwiesen wird, mildert aber dennoch die Schwere des Verstoßes. Die Verfehlung ist der Beigeladenen nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2, § 123 Abs. 3 GWB zuzurechnen. Die Verantwortung, für die notwendigen Schulungen der eingesetzten Mitarbeiter zu sorgen, trifft die Geschäftsführung.
148
(10) Nach den Feststellungen des Antragsgegners im Vergabevermerk vom 31. Januar 2024 setzte die Beigeladene am 25. Oktober 2023 und am 29. Oktober 2023 im Rahmen des Interimsauftrags Anker-Dependance E Bewohner zur Auftragserfüllung ein. Den Sachverhalt hat die Beigeladene unter Vorlage von Unterlagen dazu eingeräumt. Ausgehend hiervon geht der Antragsgegner von folgendem Sachverhalt aus: Am 25. Oktober 2023 erkrankte ein Mitarbeiter der Beigeladenen kurzfristig. Auf Bitten von zwei Mitarbeiterinnen der Beigeladenen vor Ort halfen zwei Bewohner der Anker-Dependance für ca. eine Stunde insbesondere beim Geschirrabräumen und der Müllentsorgung. Entgelt dafür wurde ihnen weder versprochen noch bezahlt. Der Einsatz der Bewohner war mit der Geschäftsführung der Beigeladenen nicht abgesprochen. Am 29. Oktober 2023 gab es mehrere Krankheitsfälle bei der Beigeladenen. Ein Mitarbeiter der Beigeladenen vor Ort nahm sodann Kontakt mit der Mitarbeiterin der Beigeladenen auf, die den Bereitschaftsdienst für das Wochenende innehatte. Der Mitarbeiter vor Ort fragte an, ob er zwei Personen zur Aushilfe finden solle für zwei Tage gegen „etwas Geld“. Die Mitarbeiterin im Bereitschaftsdienst stimmte dem zu. Daraufhin sprach der Mitarbeiter vor Ort zwei Bewohner der Anker-Dependance an, erklärte ihnen, die Tätigkeit sei erlaubt und versprach ihnen jeweils 50 bis 70 € pro Tag. Die angesprochenen Bewohner halfen sodann von 10:00 Uhr bis 20:00 Uhr bzw. von 11:30 Uhr bis 20:00 Uhr am 29. Oktober 2023 in der Kantine beim Brotverteilen, Abspülen und der Endreinigung vor Ort aus. Die versprochene Vergütung wurde ihnen allerdings nicht ausgezahlt. Die Mitarbeiterin im Bereitschaftsdienst erklärte später, sie habe gedacht, es gehe um Bekannte des anfragenden Mitarbeiters, nicht um Bewohner der Einrichtung. Der Einsatz der Bewohner war nicht mit der Geschäftsführung der Beigeladenen abgesprochen. Diese erteilte nach Bekanntwerden der Vorfälle der Mitarbeiterin im Bereitschaftsdienst eine Abmahnung, kündigte den Mitarbeitern vor Ort, die die Bewohner um Mithilfe gebeten hatten, fristlos und sandte am 30. Oktober 2023 den Bezirksleiter sowie einen weiteren Mitarbeiter einer anderen Einrichtung vorübergehend in die Anker-Dependance, um einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen. Zudem wurde die Überarbeitung des internen Organisationskonzepts, die Aufstockung des abrufbaren Personals, Schulungen und Sensibilisierung des Personals sowie die Ausweitung des internen Kontrollsystems angekündigt.
149
Die Antragstellerin bestreitet, dass es als Auslöser tatsächlich Krankheitsfälle gegeben habe, die Mitarbeiterin im Bereitschaftsdienst davon ausgegangen sei, es gehe nicht um Bewohner, sondern um Bekannte des Mitarbeiters vor Ort, und dass die von der Beigeladenen angeblich getroffenen Maßnahmen nachgewiesen seien. Insoweit konnte der Antragsgegner die Ausführungen der Beigeladenen in ihrem Schreiben vom 11. Dezember 2023 samt der ausweislich des Vergabevermerks vom 31. Januar 2024 mit übersandten Anlagen heranziehen. Insbesondere hat ausweislich des Vergabevermerks die stellvertretende Verwaltungsleiterin der Dependance E durch Gespräche mit den beiden Bewohnern bestätigt, dass sich die Vorfälle wie geschildert ereigneten. Objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene bezüglich des Anlasses, der Einschätzung der Mitarbeiterin im Bereitschaftsdienst und der tatsächlich getroffenen Maßnahmen unwahre Angaben gemacht hätte, liegen nicht vor.
150
Des Weiteren erklärt die Antragstellerin, es werde bestritten, dass die Geschäftsführung von den Vorfällen keine Kenntnis gehabt und den Einsatz von Bewohnern der Anker-Einrichtung für einen Tageslohn von 50 € bis 70 € nicht toleriert habe. Auch insoweit konnte sich der Antragsgegner auf die Angaben der Beigeladenen, die Vorfälle seien der Unternehmensleitung nicht bekannt gewesen und derartige Vorfälle würden in keiner Weise toleriert, verlassen. Objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene hierzu unzutreffende Angaben gemacht hätte, sind nicht erkennbar. Die Ansicht der Antragstellerin, es widerspreche „jeglichen Denkgesetzen“, dass die Geschäftsführung keine Kenntnis gehabt habe, da Krankmeldungen gegenüber dem Arbeitgeber erfolgen müssten, erschließt sich nicht. Dass die Krankmeldung eines einfachen Mitarbeiters vor Ort unmittelbar und sofort an die Geschäftsleitung geleitet wird, ist keinesfalls zwingend. Ebenso wenig überzeugt der Verweis der Antragstellerin darauf, dass Personalentscheidungen nur von der Geschäftsführung getroffen werden dürften. Dies schließt in keiner Weise aus, dass bei einem kurzfristig auftretenden Personalengpass vor Ort ein Mitarbeiter der Beigeladenen eigenmächtig und unbefugt versucht, den Engpass durch Einsatz von Bewohnern zu beheben. Die Schlussfolgerung der Antragstellerin, es gebe eine generelle Freigabe der Geschäftsführung, bei Engpässen auch Bewohner heranzuziehen und gegebenenfalls dafür zu vergüten, ist mangels konkreter objektiver Anhaltspunkte dafür eine bloße Unterstellung. Insbesondere wäre bei Vorliegen einer solchen Freigabe unverständlich, weshalb der Mitarbeiterin im Bereitschaftsdienst eine Abmahnung ausgesprochen wurde, wenn es sich um ein von der Geschäftsführung gebilligtes Vorgehen gehandelt hätte.
151
Unbehelflich ist das Bestreiten der Antragstellerin, dass es keine weiteren derartigen Vorfälle gab. Zwar verweist die Antragstellerin zutreffend darauf, dass laut Vergabevermerk vom 31. Januar 2024 die stellvertretende Verwaltungsleiterin der Dependance E angedeutet habe, sie hätte „von verschiedenen Quellen vor Ort Informationen“ erhalten, dass „seit etwa einer Woche unterschiedliche Asylbewerber in der Küche gearbeitet hätten“. Indessen ist der Antragsgegner dieser Aussage nachgegangen. Aufgrund der weiteren Überprüfungen stellte sich ausweislich des Vergabevermerks vom 31. Januar 2024 heraus, dass es über die genannten Vorfälle hinaus keine Anhaltspunkte für weitere derartige Vorfälle nicht nur in der AnkerDependance E, sondern auch in den sonstigen, von der Beigeladenen belieferten Unterkünften gab. Dabei hat sich der Antragsgegner nicht mit Erkundigungen bei der Regierung von A begnügt, sondern umfassend auch bei anderen Regierungen als Betreiber von Unterkünften nachgefragt.
152
Der Einsatz der Bewohner begründet eine Vielzahl objektiver Verstöße gegen vertragliche Verpflichtungen, wie die Antragstellerin vorträgt und wovon der Antragsgegner zutreffend ausgeht. Insbesondere wurde entgegen den Vorgaben in den Vergabeunterlagen, namentlich in Ziffer. 14.1 und 14.2 der Leistungsbeschreibung, Personal ohne Einweisung, Anmeldung, Sicherheitsüberprüfung und Hygieneschulung, ohne gültige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis eingesetzt und ohne vorherige Meldung beim Auftraggeber sowie ohne Vorlage der Nachweise und Unterlagen eingesetzt. Eine Zurechnung des Einsatzes der Bewohner über § 124 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2, § 123 Abs. 3 GWB an die Beigeladene erscheint hingegen kaum möglich. Weder die vor Ort handelnden Personen noch die Mitarbeiterin im Bereitschaftsdienst sind für die Leitung des Unternehmens verantwortlich, wovon der Antragsgegner nachvollziehbar ausgeht.
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Insbesondere hatte auch die Mitarbeiterin im Bereitschaftsdienst keine Befugnis, Personalentscheidungen zu treffen. Ein Organisationsverschulden der Geschäftsführung ist insoweit ebenfalls nicht nachweisbar, wie der Antragsgegner im Vergabevermerk vom 31. Januar 2024 zutreffend annimmt. Insoweit hat die Beigeladene dargelegt, welche Vorgaben der Geschäftsleitung es gab und wie bei Personalausfall die Mitarbeiterin im Bereitschaftsdienst hätte reagieren müssen, um weiteres Personal, das einspringen könnte, zu organisieren. Diese Vorgaben umfassten jedoch nicht den Einsatz von Bewohnern der Unterkunft oder Bekannten eines Mitarbeiters vor Ort. Soweit die Antragstellerin meint, die Geschäftsführung müsse für einen „ausreichenden Pool an Einsatzkräften“ sorgen, ist dies unbehelflich. Selbst wenn ein solcher zur Verfügung stand, änderte dies nichts an der eigenmächtigen Vorgehensweise der Mitarbeiter vor Ort bzw. der Mitarbeiterin im Bereitschaftsdienst. Unproblematisch ist die Zurechnung dieser Verstöße an die Beigeladene nur bei entsprechender Anwendung des § 278 BGB. Die Verfehlungen erfolgten durch ein fahrlässiges Verhalten von Mitarbeitern der Beigeladenen im Rahmen und zur Erfüllung von deren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Antragsgegner. Allerdings ist, wie ausführt (siehe oben [3]), fraglich, ob im Rahmen des § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB für Vertragsverstöße § 278 BGB oder § 124 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 GWB Anwendung findet. Letztlich kann aber dahingestellt bleiben, ob eine Zurechnung zumindest über § 278 BGB erfolgen kann. Selbst unter dieser Annahme ist die Entscheidung des Antragsgegners, die Beigeladene nicht auszuschließen, nicht zu beanstanden (siehe unten ee]).
154
Soweit die Antragstellerin meint, die Beigeladene habe auch gegen eine Vielzahl gesetzlicher Vorschriften verstoßen, insbesondere gegen Normen des Schwarzarbeitergesetzes, des Mindestlohngesetzes, des Arbeitszeitgesetzes, des Nachweisgesetzes sowie §§ 263, 266a StGB, ist der Antragsgegner dem zutreffend nicht gefolgt. Die Antragstellerin stützt ihre diesbezüglichen Ausführungen auf die Annahme, die Geschäftsführung der Beigeladenen habe vom Einsatz der Bewohner entweder im konkreten Fall Kenntnis gehabt und ihn gebilligt, oder jedenfalls eine generelle Freigabe zum Einsatz von Bewohnern erteilt. Dabei handelt es sich, wie oben ausgeführt, um eine Unterstellung, für die es an objektiven Anhaltspunkten fehlt. Dass das Verhalten der Mitarbeiterin im Bereitschaftsdienst – selbst wenn diese gegen die gesetzlichen Vorgaben verstoßen hätte – jedenfalls der Beigeladenen nicht über § 124 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2, § 123 Abs. 3 GWB zuzurechnen wäre, wurde bereits ausgeführt.
155
Soweit die Antragstellerin im Schriftsatz vom 5. April 2024 behauptet, die Vorfälle am 25. und 29. Oktober 2023 belegten, dass es bei der Beigeladenen kein Personaleinsatzkonzept oder eine klare Delegation an die Mitarbeiter gegeben habe, handelt es sich erneut um eine bloße Unterstellung, für die sich keine objektiven Anhaltspunkte finden. Nicht zuletzt wurde der Mitarbeiterin im Bereitschaftsdienst aufgrund des Vorfalls am 29. Oktober 2023 eine Abmahnung ausgesprochen. Dies ist jedenfalls ein erhebliches Indiz dafür, dass es gerade Vorgaben zu den einzuhaltenden Abläufen gegeben und die Mitarbeiterin dagegen eigenmächtig verstoßen hatte.
156
dd) Weitere schuldhafte und mehr als nur völlig unerhebliche Verfehlungen der Beigeladenen sind entweder nicht nachweisbar oder jedenfalls nach § 126 GWB nicht mehr zu berücksichtigen.
157
(1) Soweit die Antragstellerin vorträgt, die Beigeladene habe im Catering-Auftrag H während der gesamten Vertragslaufzeit von Juli 2017 bis Juni 2022 die Warmhaltezeit von drei Stunden nicht eingehalten, fehlt es bereits an einer nachweislichen, mehr als nur unerheblichen Verfehlung gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB.
158
Der Vorwurf der Antragstellerin, die Beigeladene habe gegen verbindliche Regelungen der QS DGE und der DIN 10536 verstoßen, weil der Transport und die Ausgabe des regenerierten Essens in einigen Dependancen mehr als zwei Stunden dauern könnten, ist nicht begründet. Weder in der QS DGE noch in der DIN 10536 finden sich konkrete, für den Bieter zwingende Vorgaben dazu, wie lange regeneriertes Essen warmgehalten bzw. ausgegeben werden darf. Insbesondere steht nirgends, dass ein Zeitraum von zwei bzw. drei Stunden nach dem Regenerieren keinesfalls überschritten werden dürfe. Vielmehr heißt es auf Seite 50 der QS DGE (5. Auflage 2020) lediglich, die Warmhaltezeit, also die Zeit zwischen Ende des Garprozesses und Abgabe der Speisen an den letzten Tischgast „sollte“ maximal drei Stunden betragen. Soweit die QS DGE (4. Auflage 2015) ausführte, die Warmhaltezeit „zubereiteter“ Speisen betrage maximal drei Stunden, bleibt unklar, ob dies auch für regenerierte Speisen gelten soll. In der DIN 10536 finden sich ebenfalls keine Aussagen zu einzuhaltenden Warmhaltezeiten nach der Regenerierung, sondern nur der Hinweis, dass „chargenweise nach Bedarf“ zu regenerieren sei. Abgesehen davon handelt es sich bei der DIN 10536 weder um eine rechtsverbindliche Norm, wie in der Einleitung (S. 5, dritter Absatz) ausdrücklich festgehalten ist, noch hat sie der Antragsgegner über eine hinreichend klare Bezugnahme in den Vergabeunterlagen zum Gegenstand vertraglicher Pflichten des Auftragnehmers gemacht. Anders als im Rahmen der streitgegenständlichen Ausschreibung wurde eine maximale Warmhaltezeit von drei Stunden in den Vergabeunterlagen auch nicht gesondert, unabhängig von dem Verweis auf die Einhaltung der DIN-Normen, als eigenständige vertragliche Pflicht vorgegeben. Insoweit ist jedenfalls eine mehr als nur unerhebliche Verfehlung nicht anzunehmen, nicht zuletzt im Hinblick auf die seit 2020 geltende abweichende Fassung der QS DGE. Soweit die Antragstellerin ausführt, es sei in dem Auftrag in jedem Fall Warmanlieferung geschuldet und ein Regenerieren ausgeschlossen gewesen, ist dies unzutreffend. Insoweit wird auf die Ausführungen im Beschluss des Senats vom 13. Juni 2022, Verg 6/22, juris Rn. 77 ff. verwiesen.
159
Ob die dreijährige Ausschlussfrist nach § 126 Nr. 2 GWB abgelaufen wäre, ist daher unerheblich. Auf die diesbezüglichen Ausführungen der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 5. April 2024 kommt es nicht an.
160
(2) Keine Verfehlung der Beigeladenen lässt sich aus dem Vorwurf der Antragstellerin ableiten, die Beigeladene habe im Rahmen des Interimsauftrags A, Los 1 bei den Anlieferungen am 9. Januar 2022, am 14. bis 17. März 2023 und am 21. bis 24. August 2023 die maximale dreistündige Warmhaltezeit überschritten. Bei einer reinen Fahrzeit von über drei Stunden sei teilweise die Beigeladene ganz ohne Stopp gefahren (am 9. Januar 2022) bzw. der Fahrer nicht auf der Ladefläche gewesen (am 23. August 2023), teilweise habe nach den Beobachtungen der Detektive die Beigeladene TP … der Firma R.-KG verwendet, in denen nur warmgehalten werden könne (am 9. Januar 2022 sowie 14. bis 17. März 2023) und teilweise (vom 21. bis 24. August 2023) sei der Lkw der Beigeladenen ca. 1,5 Stunden vor Beginn der zweistündigen Ausgabezeit am Standort eingetroffen. Im Übrigen sei es unglaubhaft, dass für die vom Fahrer zu verrichtenden Tätigkeiten teilweise Stopps von einer Stunde, zum Teil dagegen von nur rund 9 Minuten benötigt würden.
161
Dass im genannten Auftrag nach Ziffer 3.4.1 der Leistungsbeschreibung die Ausgabezeit für das Mittagessen zwei Stunden beträgt und nach Ziffer 3.5 der Leistungsbeschreibung die Warmhaltezeit maximal drei Stunden nach Ende des Garprozesses bis zur Ausgabe an den letzten Bewohner betragen darf, stellen weder Beigeladene noch Antragsgegner in Frage. Indessen verweist die Beigeladene darauf, dass aufgrund des von ihr entwickelten Konzepts maximal ein kurzer Stopp nötig, gegebenenfalls aber auch eine Fahrt ohne Stopp möglich sei. Außerdem sei die Ankunftszeit des Lkw ohne Bedeutung für die gesamte Warmhaltezeit. Die Laufzeit der Tower sei so programmiert, dass sie zu Ausgabebeginn beendet sei. Dies geschehe autark auf dem Fahrzeug. Hierzu würden weder die Infrastruktur des Auftraggebers benutzt noch Stromkosten verursacht. Am 23. August 2023 habe der Fahrer die Ladefläche über die – bei neuen Fahrzeugen eingebaute – Seitentüre ohne Öffnung der Ladeklappe betreten. Sollten die Detektive (im Januar bzw. März 2023)
162
Boxen der X-Serie von R. gesehen haben, könne dies sein. Allerdings wären dies Boxen der Serie XYY gewesen, die sehr ähnlich zu den … aussähen. Es handle sich um die Kühlboxen, in denen die Beigeladene die frischen Salate anliefere.
163
Ausgehend hiervon ist eine Verfehlung der Beigeladenen nicht nachweislich. Zum einen wurde – wie ausgeführt – bereits mehrfach das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ der Beigeladenen überprüft und bestätigt, dass die dreistündige Warmhaltezeit damit einhaltbar ist. Dass hierfür keine langen Stopps benötigt werden, wurde ebenfalls nachgewiesen. Ferner lässt sich auf dem von der Antragstellerin selbst vorgelegten Foto erkennen, dass der am 23. August 2023 von der Beigeladenen eingesetzte Lkw über eine Seitentür verfügt. Da somit weder die Länge der Stopps noch die konkreten Ankunftszeiten des Lastwagens Aussagekraft bezüglich der Durchführung des Konzepts „Fahrzeit gleich Garzeit“ bzw. der Einhaltung der Warmhaltezeiten haben, war insoweit eine Beweisaufnahme durch Anhörung der Detektive von vornherein unnötig. Auch die von der Antragstellerin begehrte Überprüfung der Ankunftszeiten der Lastwagen anhand der Fahrtenschreiber oder der protokollierten Eingangsdaten an der Pforte war nicht erforderlich.
164
Bezüglich der von den Detektiven angeblich beobachteten R. … erscheint die Erklärung der Beigeladenen ohne Weiteres nachvollziehbar. Insbesondere ist dem Protokoll der Detektive über die Beobachtungen im März 2023 nur zu entnehmen, es seien „Metall-Roll-Container mit Kabel (R. X-Serie)“ ausgeladen worden. Die Schlussfolgerung, es müsse sich um die Warmhalteboxen … gehandelt haben, hat offensichtlich die Antragstellerin gezogen. Entgegen der Behauptung der Antragstellerin im Schriftsatz vom 5. April 2024 lassen sich dem vorgelegten Protokoll der Detektive auch keine Angaben dazu entnehmen, welche Geräte die Detektive beim Einladen gesehen hätten. Eine weitere Beweisaufnahme durch Vernehmung des als Zeugen angebotenen Detektivs hierzu war weder vom Antragsgegner noch von der Vergabekammer oder dem Senat durchzuführen. Die Antragstellerin und die Beigeladene sind erbitterte Konkurrentinnen, die sich in einer nahezu unübersehbaren Vielzahl von Nachprüfungsverfahren gegenüberstehen. Bei dieser Ausgangslage ist die Beweiskraft von schriftlichen ebenso wie von mündlichen Angaben von Detektiven, die von der Antragstellerin gezielt beauftragt wurden, Fehlverhalten ihrer Konkurrentin aufzuspüren, als gering zu bewerten. Allein die Tatsache, dass einzelne Beobachtungen der Detektive (kein Umladen der GN-Bleche mehr während der Zwischenstopps) letztlich bestätigt wurden, rechtfertigt entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht die Annahme, sämtliche behaupteten Beobachtungen der Detektive träfen zu. Auch erscheint es äußerst fraglich, ob den mündlichen Aussagen der Detektive signifikant mehr Beweiskraft als ihren bereits schriftlich niedergelegten Beobachtungen zukommen könnte. Entsprechende Beobachtungen neutraler Zeugen oder weitere objektive Anhaltspunkte für die Behauptungen der Antragstellerin liegen nicht vor. Zudem wäre es mit dem berechtigten Interesse des Antragsgegners und der Allgemeinheit an einer beschleunigten Deckung des Beschaffungsbedarfs nicht mehr zu vereinbaren, wenn der Antragsgegner und die Nachprüfungsinstanzen jeder (neuen) Behauptung der Antragstellerin zu angeblichen, auch kleinsten beobachteten Verfehlungen der Beigeladenen bei einem der zahlreichen Aufträge durch eine umfassende und zeitaufwändige Vernehmung der als Zeugen angebotenen Detektive nachzugehen hätten. Damit könnte das Nachprüfungsverfahren letztlich so verzögert werden, dass bis zu dessen Beendigung der Auftragszeitraum bereits weitgehend abgelaufen wäre.
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Dies ist weder Sinn des Nachprüfungsverfahrens noch mit dem Beschleunigungsgrundsatz zu vereinbaren, zumal dem streitgegenständlichen Auftrag – die Versorgung von Asylbewerbern mit Speisen – eine besondere Eilbedürftigkeit und Bedeutung zukommt.
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(3) Zutreffend geht der Antragsgegner davon aus, die weiteren, auf die Angaben eines ehemaligen Mitarbeiters der Beigeladenen gestützten Vorwürfe betreffend den vorgenannten Interimsauftrag seien nicht erwiesen. Insoweit behauptet die Antragstellerin unter Berufung auf die Angaben in einem „Protokoll“ des ehemaligen Mitarbeiters der Beigeladenen vom 22. September 2022 insbesondere, im März 2022 hätten bei der Anlieferung keine Temperaturkontrollen stattgefunden, die Thermoboxen seien nach der Anlieferung an den Strom angesteckt worden, um die Speisen nachzuerwärmen und nicht verzehrte Speisen seien im selben Lkw, in dem die frischen angeliefert wurden, wieder abtransportiert worden. Die Beigeladene hat sämtliche Vorwürfe des ehemaligen Mitarbeiters bestritten. Als Nachweis etwaiger Verfehlungen ist das vorgelegte Protokoll ungeeignet. Generell erscheint die Beweiskraft der Aussagen ehemaliger Mitarbeiter der Beigeladenen fraglich, zumal wenn diese wie vorliegend nach eigenen Angaben lediglich eine zweitägige „Probearbeit“ absolviert haben. Ferner dürften die Ausführungen jedenfalls teilweise nicht auf eigenen Beobachtungen des Mitarbeiters beruhen. Insbesondere die Behauptung, die Beigeladene leiste durch „Warmanlieferung von S nach A (400 km)“ kann offensichtlich keine eigene Erkenntnis des ehemaligen Mitarbeiters sein. Welche der Vorwürfe eigene Beobachtungen des ehemaligen Mitarbeiters darstellen und aus welchen Erkenntnisquellen sich die übrigen Vorwürfe speisen, lässt sich dem Protokoll nicht entnehmen. Sonstige objektive Anhaltspunkte, die die Angaben im Protokoll stützen könnten, sind nicht ersichtlich.
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(4) Keine Verfehlung der Beigeladenen ergibt sich aus der Behauptung der Antragstellerin, im Interimsauftrag A, Los 1 seien die Speisen am 21. August 2023 und am 22. August 2023 nicht bei weniger als 7 °C in gesicherten Transportsystemen gekühlt transportiert worden. Die Antragstellerin behauptet dazu unter Verweis auf die von Detektiven erstellten Protokolle und Fotos sowie unter Angebot der Detektive als Zeugen, die fehlende Kühlung zeige sich schon daran, dass die Tür zur Kühlkammer nicht geöffnet gewesen und die GN-Bleche trotz der Außentemperaturen von 30 °C kein Schwitzwasser gezeigt hätten. Auch damit dringt die Antragstellerin nicht durch. Dass die Tür zur Kühlkammer für die Arbeiten auf der Ladefläche und das Starten der Regeneration geschlossen wurde (vgl. auch Bescheinigung der I.-GmbH vom 27. Januar 2024 S. 4), bedeutet nicht, dass die Tür zuvor nicht geöffnet gewesen wäre. Ferner hat die Beigeladene nachgewiesen, dass ein Kühlen des gesamten Laderaums durch Offenlassen der Kühlkammertür unabhängig von der Außentemperatur möglich ist. Im Übrigen erscheint angesichts der vorgelegten Fotos ausgesprochen fraglich, wie die Detektive auf die Entfernung hätten beobachten können, dass sich auf den GN-Blechen kein Schwitzwasser bildete. Den vorgelegten Fotos kann der Senat derartiges jedenfalls nicht entnehmen. Weitere objektive Anhaltspunkte, die die Behauptung der Antragstellerin stützen könnten, sind nicht ersichtlich. Bei dieser Ausgangslage kommt auch eine Vernehmung der Detektive als Zeugen aus den schon oben (2) angeführten Erwägungen nicht in Betracht.
168
(5) Eine Verfehlung der Beigeladenen nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB folgt nicht aus der Behauptung der Antragstellerin, im Rahmen des Interimsauftrags A, Los 1 habe der Fahrer am 21. und 22. August 2023 auf einem Parkplatz mit vielen Fliegen den Lkw abgestellt und sodann die GN-Bleche auf der Ladefläche geöffnet, ohne dass ein Fliegennetz angebracht gewesen sei. Insoweit behauptet auch die Beigeladene nicht, dass die Laderäume der Lkw mit Fliegennetzen versehen seien. Allerdings wurde dies in keiner der von der Beigeladenen vorgelegten Bescheinigungen beanstandet, obwohl unter anderem die I.-GmbH ausweislich ihrer Bestätigung vom 27. Januar 2024 die gesamten Vorgänge während der Stopps (einschließlich der Temperaturmessungen auf der Ladefläche) beobachtete. Das Landratsamt Y – Geschäftsbereich Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung – hat ausweislich der Stellungnahme vom 24. Juli 2023 das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ überprüft und dabei einen der Lkw der Beigeladenen besichtigt. Zur Erläuterung hat das Landratsamt ausgeführt, die amtliche Lebensmittelüberwachung ziele „auf die Sicherheit der Lebensmittel … sowie die Hygiene im Umgang mit Lebensmitteln ab“. Dennoch sahen weder die I.-GmbH noch das Landratsamt Y Veranlassung, das Fehlen von Fliegennetzen zu bemängeln bzw. das Anbringen entsprechender Netze zu fordern. Selbst wenn man davon ausgeht, dass auch für das kurzfristige Öffnen der GN-Bleche zur Temperaturmessung auf der Ladefläche Fliegennetze objektiv erforderlich wären, fehlt es im Hinblick auf die Bescheinigungen jedenfalls an einem mehr als nur geringfügigen Verschulden der Beigeladenen nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB.
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(6) Soweit die Antragstellerin behauptet, am 21. und 22. August 2023 habe der Fahrer im Rahmen des Interimsauftrags A, Los 1 im Rahmen des Stopps ein Infrarotthermometer verwendet und damit nur die Oberflächennicht aber die Kerntemperatur gemessen, fehlt es, wie der Antragsgegner zutreffend im Vergabevermerk vom 16. Februar 2024 annimmt, schon am Nachweis. Anhand der von der Antragstellerin vorgelegten Fotos lässt sich nicht feststellen, ob und gegebenenfalls welche Art von Thermometer der Fahrer in der Hand hält. Auch lässt sich aus dem Bild nicht ersehen, ob es ein Thermometer war, mit dem die Kern- oder nur die Oberflächentemperatur gemessen wurde, wie die Antragstellerin behauptet.
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Zudem lautet die offensichtlich von den beobachtenden Detektiven erstellte Bildunterschrift „Vermutlich Infrarot Thermometer“. Weitere objektive Anhaltspunkte für die Behauptung der Antragstellerin liegen nicht vor. Eine Beweisaufnahme durch Einvernahme der als Zeugen angebotenen Detektive war bei dieser Ausgangslage aus den schon oben (2) ausgeführten Erwägungen nicht erforderlich.
171
Unzutreffend ist ferner die Behauptung der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 5. April 2024, die Beigeladene habe nicht bestritten, dass nur die Oberflächen- und nicht die Kerntemperatur gemessen worden sei. Zum einen hat die Antragstellerin explizit – und im Hinblick auf das vorgelegte Foto samt Bildunterschrift äußerst fragwürdig – behauptet, der Fahrer habe „die Temperatur mittels Infrarotthermometer“ gemessen (Beschwerdebegründung, S. 35). Eine Behauptung, der Fahrer habe „nur die Oberflächentemperatur“ gemessen, findet sich nicht. Zum anderen hat die Beigeladene in ihrem Schreiben vom 11. September 2023 hinreichend deutlich gemacht, dass sie keinesfalls jede kleinste Behauptung der Antragstellerin, zu der sie sich nicht ausdrücklich äußert, deshalb unstreitig stellen möchte. Auf S. 7 des Schreibens vom 11. September 2023 betont die Beigeladene, aufgrund der „wirren, zusammenhangslosen Anschuldigungen“ sei sie auf die aus ihrer Sicht „wichtigsten Punkte“ eingegangen. Dies deckt sich im Übrigen auch mit den Feststelllungen des Antragsgegners im Vergabevermerk vom 16. Februar 2024, die vermeintlichen Beobachtungen seien von der Beigeladenen bestritten worden.
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(7) Desgleichen fehlt es für die Behauptung, im Rahmen desselben Auftrags habe am 24. August 2023 der Fahrer mit bloßer Hand ohne vorherige Desinfektion in die GNBleche gefasst, am Nachweis. Auch insoweit lässt sich die Behauptung anhand des vorgelegten dunklen und wenig scharfen Fotos nicht überprüfen. Sonstige objektive Anhaltspunkte für die Behauptung der Antragstellerin finden sich nicht. Mithin kommt auch eine Einvernahme der als Zeugen angebotenen Detektive aus den oben (2) angeführten Erwägungen nicht in Betracht.
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(8) Zutreffend geht der Vergabevermerk vom 16. Februar 2024 davon aus, es ließen sich keine Verfehlungen der Beigeladenen bezüglich des Interimsauftrags A, Los 2 feststellen, soweit die Antragstellerin vorträgt, es seien in der ersten Woche des Auftrags Tee und Kaffee ohne Geschmack und eisgekühltes Wasser ausgegeben sowie Leitungswasser für die Getränkezubereitung verwendet worden. Bezüglich des Tees und Kaffees „ohne Geschmack“ hat der Antragsgegner festgestellt, dass sich dies nach Angaben der Unterkunftsleitung nicht feststellen bzw. nachweisen lasse, vielmehr seien die Bewohner sehr zufrieden mit der Versorgung durch die Beigeladene. Objektive Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Behauptung der Antragstellerin liegen nicht vor. Eine Einvernahme der angebotenen Zeugin ist schon nicht veranlasst, da es sich um eine Mitarbeiterin der Antragstellerin handelt, die zudem nur als „Zeugin vom Hörensagen“ Angaben machen könne (so Schriftsatz der Antragstellerin vom 18. Januar 2024 S. 21). Ergänzend gelten die Erläuterungen oben (2) entsprechend.
174
Dass in den Vergabeunterlagen Vorgaben bezüglich der Temperatur des auszugebenden Wassers gemacht worden wären, ist nicht ersichtlich. Bezüglich der Verwendung des Leitungswassers hat zwar, wie die Antragstellerin im Schriftsatz vom 5. April 2024 zutreffend ausführt, die Beigeladene eingeräumt, dass sie während der Essensausgabe Wasserspender installiere, die mit Leitungswasser betrieben würden. Allerdings geht der Antragsgegner im Vergabevermerk vom 16. Februar 2024 nachvollziehbar davon aus, das Leistungsverzeichnis sei aufgrund der deckungsgleichen Verwendung der unterschiedlichen Begriffe „Trinkwasser“ und „stilles Mineralwasser“ nicht eindeutig, so dass es jedenfalls an einem Verschulden der Beigeladenen fehle. Im Übrigen hat die Beigeladene ihrem Aufklärungsschreiben vom 30. Januar 2024 eine Untersuchung der I.-GmbH beigefügt, die die Unbedenklichkeit der Verwendung des Leitungswassers bescheinigte.
175
(9) Soweit die Antragstellerin behauptet, die Beigeladene habe am 7. und 8. Dezember 2023 im Interimsauftrag A, Los 2 ein Mittagessen mit 700 kcal bzw. 800 kcal statt der nach Leistungsverzeichnis vorgeschriebenen mindestens 1.200 kcal ausgegeben, dringt sie damit nicht durch. Zum Beweis hat die Antragstellerin Fotos vorgelegt. Es erschließt sich bereits nicht, wie die Antragstellerin anhand der Fotos Gewicht und Kalorienzahl des Essens berechnen könnte. Dass dies einem „Diätassistenten“ „ohne Weiteres“ möglich sei, wie die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 5. April 2024 vorträgt, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Ferner hat die Beigeladene nicht nur den Vortrag der Antragstellerin bestritten, sondern unter Vorlage entsprechender Fotos ihrerseits dargelegt, auf den Fotos der Antragstellerin vom 7. Dezember 2023 fehle die Gemüsebeilage; außerdem hätten sich die Bewohner zwei Desserts nehmen dürfen. Die Fotos vom 8. Dezember 2023 bildeten weder die ebenfalls angebotenen Beilagen Gemüse und Salat noch das Dessert ab. Jeder Gast könne sich sein Mittagessen selbst zusammenstellen. Soweit die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 5. April 2024 dies als Widerspruch gegen jede Lebenserfahrung bezeichnet und behauptet, die Teller mit den Mahlzeiten würden vom Personal des Auftragnehmers „vorkonfektioniert“, ist das unbehelflich. Die Beigeladene hat Fotos von verschiedenen Beilagen übersendet, die pro Portion in gesonderten Schüsseln angerichtet waren und daher ganz offensichtlich individuell von den Bewohnern gewählt werden konnten. Des Weiteren hat die Beigeladene ihrerseits Kalorienberechnungen vorgelegt. Zutreffend geht der Antragsgegner daher im Vergabevermerk vom 16. Februar 2024 davon aus, die behaupteten Verfehlungen seien nicht nachweisbar.
176
(10) Das Gleiche gilt für den Vortrag der Antragstellerin, die Beigeladene habe im vorgenannten Auftrag am 8. Dezember 2023 das Abendessen schon mit dem Mittagessen ausgegeben, samt Frischkäse und „angelaufener“ Wurst, die bis zum Abend hätten gekühlt werden müssen. Auch insoweit ist die Behauptung der Antragstellerin nicht nachweisbar. Die Antragstellerin hat lediglich das Foto einer 50 g – Packung Wurst vorgelegt. Bezüglich dieser hat die Beigeladene bestritten, dass die Packung von ihr stamme. Sie gebe nur Aufschnitt aus 500 g bzw. 1000 g Packungen aus, die in GN-Behältern ausgelegt und zur Wahl angeboten würden. Sonstige objektive Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Behauptung der Antragstellerin liegen nicht vor. Eine weitere Aufklärung erscheint wenig vielversprechend und mit zumutbarem Aufwand auch nicht möglich.
177
(11) Für die Behauptung der Antragstellerin, die Beigeladene habe im vorgenannten Auftrag am 12. und 19. Dezember 2023 bei den vegetarischen Gerichten Fleisch bzw. Fisch nicht ersetzt, sondern ersatzlos gestrichen, fehlt es, wovon der Vergabevermerk vom 16. Februar 2016 zutreffend ausgeht, an einem Nachweis. Die Beigeladene hat hierzu auf Nachfrage des Antragsgegners unter Vorlage von Fotos ausgeführt, sie habe das Fleisch bzw. den Fisch nicht einfach gestrichen, sondern zusätzlich durch eine Gemüsemischung bzw. ein Sommergemüse ersetzt, was nach dem Leitungsverzeichnis zulässig sei. Eine weitere Aufklärung durch den Antragsgegner war insoweit nicht nötig.
178
(12) Keine Verfehlung lässt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin ableiten, im Auftrag Anker-Zentrum B sei die Beigeladene vom 14. bis zum 17. März 2023 sowie am 25. August 2023 jeweils ohne Stopp von … bis zur Dependance B gefahren, sei am 18. August und am 25. August 2023 rund 1,5 Stunden vor der Ausgabezeit dort angekommen und habe daher die Warmhaltezeit von maximal drei Stunden nicht eingehalten. Die Beigeladene hat hierzu in den Aufklärungsschreiben vom 27. April 2023 und vom 11. September 2023 erläutert, dass bezüglich der Belieferung der Dependance B aufgrund der geringen Belegungszahl während der Fahrt kein Stopp nötig sei. Im Aufklärungsschreiben vom 30. Januar 2024 hat die Beigeladene zudem ausgeführt, das Fahren ohne Stopp im Rahmen der Aufträge B/C im Jahr 2023 sei eine Reaktion auf die Beobachtungen durch die Detektive der Antragstellerin und die Sorge gewesen, dass die Antragstellerin erfahre, welche Geräte die Beigeladene einsetze. Dabei habe als einziges Problem die Gefahr bestanden, dass die vorprogrammierten Geräte nicht wie eingestellt starteten. Nach August 2023 habe die Beigeladene alle Geräte wieder umprogrammiert und den Stopp zum Start der Geräte wieder eingeführt. Außerdem hat die Beigeladene erläutert, dass die Ankunftszeit des Lkw generell keine Bedeutung für die gesamte Warmhaltezeit habe. Die Laufzeit der Tower lasse sich so programmieren, dass sie zu Ausgabebeginn beendet sei. Dieser Vorgang wird bestätigt durch die Bescheinigung der I.-GmbH vom 27. Januar 2024, dass auch bei Ankunft des Lkw um 10.50 Uhr in der Dependance B die dreistündige Warmhaltezeit (trotz Essensausgabe bis 14.00 Uhr) eingehalten wird. Im Übrigen hat die Beigeladene bezüglich der Vorwürfe im März 2023 bereits bestritten, dass überhaupt Detektive an den genannten Tagen vor der Dependance B positioniert gewesen seien. Denn die Beigeladene verwende keine „gelb/orangen Plastik-RollBoxen“, wie sie von den Detektiven nach ihren Angaben gesehen worden seien. Auch eine Weiterfahrt von der Dependance B nach E werde entgegen der Behauptung der Detektive nie vorgenommen.
179
Entgegen der Behauptung der Antragstellerin im Schriftsatz vom 5. April 2024 lässt sich dem Protokoll der Detektive über die Beobachtungen im März 2023 auch nicht entnehmen, dass lediglich zur Warmhaltung, nicht aber zum Regenerieren geeignete TP … in … eingeladen worden seien. Im vorgelegten Protokoll der Detektive finden sich nur Angaben zum Ausladen, nicht aber dazu, welche Geräte sie beim Einladen gesehen hätten.
180
Letztlich war, wovon der Antragsgegner zutreffend ausgeht, eine weitere Aufklärung nicht mehr sicher möglich und insbesondere eine etwaige Zeugenvernehmung aus den oben (2) dargelegten Gründen auch nicht veranlasst. Dass Fahrten ohne Stopp bzw. eine frühe Ankunftszeit des Lkw zur Nichteinhaltung der dreistündigen Warmhaltezeit geführt hätten, ist ebenfalls nicht nachgewiesen.
181
(13) Keine Verfehlung der Beigeladenen ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin, die Beigeladene habe im Auftrag Anker-Dependance C am 23. und 25. August 2023 die vorgegebene Warmhaltezeit von drei Stunden nicht eingehalten. Sie sei ohne Stopp von ihrem Standort zum Leistungsort gefahren und mehr als eine Stunde vor Beginn der Ausgabezeit dort angekommen. Eine Überschreitung der Warmhaltezeit von drei Stunden wurde von der Beigeladenen bestritten und lässt sich aus den Beobachtungen der Antragstellerin auch nicht ableiten. Insoweit kann auf die Ausführungen oben (12) verwiesen werden. Im Übrigen ergibt sich aus Ziffer 3.5 des Leistungsverzeichnisses, dass die Speisen „maximal drei Stunden heißgehalten werden“ „sollen“. Die Warmhaltezeit von drei Stunden ist bezüglich dieses Auftrags daher auch nicht zwingend vorgegeben.
182
(14) Desgleichen fehlt es am Nachweis einer Verfehlung, soweit die Antragstellerin behauptet, die Beigeladene habe am 26., 27. und 28. November 2023 jeweils bei der Ankunft in der Anker-Einrichtung B bzw. C nur TP … entladen, die zwar warmhalten, aber nicht regenerieren könnten. Daher sei unter Berücksichtigung der Fahrzeiten die maximal zulässige Warmhaltedauer in jedem Fall weit überschritten.
183
Insoweit geht der Vergabevermerk des Antragsgegners vom 16. Februar 2024 im Anschluss an das Aufklärungsschreiben der Beigeladenen vom 30. Januar 2024 davon aus, dass die warmen Speisen noch im Lkw aus den Towern in die TP … umgeladen und in diesen Boxen in die Küche bzw. zur Ausgabetheke transportiert würden. Ausgehend hiervon ist ohne Weiteres erklärbar, dass die Detektive nur die TP … beobachten konnten. Im Übrigen lässt sich auch der Bestätigung der I.-GmbH vom 27. Januar 2024 entnehmen, dass jedenfalls das Umladen der GN-Bleche im Lkw stattfindet. Eine Verfehlung der Beigeladenen kann daher, wovon der Antragsgegner zu Recht ausgeht, nicht nachgewiesen werden.
184
Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 5. April 2024 lässt sich allein aus der Tatsache, dass die Detektive angeblich ein „direktes“ oder „sofortiges“ Ausladen der R. … beobachtet haben wollen, nicht mit hinreichender Sicherheit ableiten, es habe an den fraglichen Tagen kein Umladen stattgefunden und es seien von vornherein nur R. … auf dem Transport verwendet worden. Die Beigeladene hat stets betont, sie regeneriere auf dem Lkw in den Towern und lade erst dann die GN-Bleche zur Warmhaltung in die TP … um. Dass den „Ermittlungsberichten“ der von der Antragstellerin beauftragten Detektive insoweit höhere Beweiskraft zukäme als dem Vortrag der Beigeladenen (und den von ihr vorgelegten Bestätigungen der I.-GmbH), ist nicht anzunehmen. Weitere objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Behauptung der Antragstellerin zutrifft, liegen nicht vor. Bei dieser Ausgangslage ist auch eine Vernehmung der Detektive aus den oben (2) angeführten Gründen nicht angezeigt.
185
(15) Im Auftrag Anker-Einrichtung B wurde an einem Tag das Mittagessen mit dem Abendessen getauscht, d. h. die Bewohner erhielten die warme Mahlzeit am Abend. Grund hierfür war nach den Feststellungen im Vergabevermerk vom 16. Februar 2024 ein großer Unfall auf der Autobahn, der eine Weiterfahrt des Lastwagens verhinderte. Insoweit ist die Einschätzung des Antragsgegners, es liege zwar eine objektive Vertragsverletzung vor, diese sei aber auf äußere, nicht im Einflussbereich der Beigeladenen liegende Umstände zurückzuführen, nicht zu beanstanden. Es fehlt daher bereits an einer schuldhaften Verfehlung der Beigeladenen.
186
(16) Nach den Feststellungen des Antragsgegners wurden zwar im Auftrag AnkerDependance C an einem Tag statt eines warmen Mittagessens Lunchpakete ausgegeben, da der Lkw der Beigeladenen aufgrund des Schneechaos nicht rechtzeitig ankam. Zudem hatte in der Bauernstreikwoche Anfang Januar 2024 der Lkw für die Anlieferung des Mittagessens extreme Verspätung und traf erst um ca. 13.30 Uhr ein. Insoweit geht der Antragsgegner im Vergabevermerk vom 16. Februar 2024 aber zutreffend davon aus, dass es sich in beiden Fällen zwar um objektive Vertragsverletzungen handelte, diese aber auf äußeren, von der Beigeladenen nicht beeinflussbaren Umständen beruhen. Somit liegt keine schuldhafte Verfehlung der Beigeladenen vor.
187
(17) Soweit die Antragstellerin behauptet, bezüglich des Interimsauftrags AnkerDependance E habe die Beigeladene am 14. und 16. März 2023 die Warmhaltezeiten von drei Stunden nicht eingehalten, da der Lkw nach der Belieferung der Unterkunft B, noch weiter nach E gefahren sei, ist eine Verfehlung der Beigeladenen nicht nachweisbar. Zum einen hat die Beigeladene bestritten, dass der vorgenannte Lkw nach E gefahren sei. Für die dortige Belieferung würden andere Fahrzeuge eingesetzt. Zum anderen sind im Rahmen des Konzepts „Fahrzeit gleich Garzeit“ die reinen Fahrzeiten durch die Möglichkeit der Regeneration auf dem Lkw ohnehin nicht maßgeblich, wie die Beigeladene durch Vorlage verschiedener Bescheinigungen (siehe oben b] ff] [4]) nachgewiesen hat. Im Übrigen ergibt sich aus dem von der Antragstellerin selbst vorgelegten Leistungsverzeichnis in Ziffer 3.5., dass die Speisen maximal drei Stunden heißgehalten werden „sollen“. Eine zwingend einzuhaltende Pflicht, die Warmhaltezeit von drei Stunden nicht zu überschreiten, besteht damit gerade nicht. Eine weitere Aufklärung war daher bereits aus den genannten Gründen nicht erforderlich. Insbesondere bedurfte es nicht der Vernehmung der als Zeugen angebotenen Detektive.
188
(18) Soweit die Antragstellerin vorträgt, im Interimsauftrag Anker-Dependance E sei am 15., 17. und 18. März 2023 kein Essen angeliefert worden, das Essen komme nach Angaben des Personals ab und zu aus München und werde vor Ort in Konvektomaten erhitzt, die Beigeladene habe zwischen dem 20. Dezember 2022 und März 2023 eigenmächtig „cook & freeze“ angewendet, fehlt es jedenfalls an einer schuldhaften Verfehlung der Beigeladenen, wovon der Antragsgegner zutreffend ausgeht.
189
Ausweislich Ziffer 3.5 des Leistungsverzeichnisses für diesen Interimsauftrag müssen Warmspeisen warm ankommen und sind im Anschluss warm auszugeben. Nach Auftragsbeginn am 1. November 2022 lieferte die Beigeladene nach eigenen Angaben mit dem Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“. Nach den übereinstimmenden Ausführungen von Antragsgegner und Beigeladener bat diese vor Weihnachten 2022 telefonisch beim Sachgebiet 14.2 der Vergabestelle um Erlaubnis, vor Ort zu regenerieren, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die Unterkunft sei sehr abgelegen und die Zufahrt in den Wintermonaten oft mit Staus oder infolge widriger Witterung erschwert bzw. versperrt. Im Folgenden habe die Beigeladene bis Ende März 2023 nicht mehr jeden Tag im Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ geliefert, sondern je nach Bedarf auch vor Ort Speisen im Konvektomaten regeneriert. Die Beigeladene trägt dazu vor, im Rahmen des Telefonats sei ihr die generelle Erlaubnis hierzu für die gesamte Winter-/ Skisaison erteilt worden. Die Antragstellerin verweist hingegen auf eine E-Mail des Sachgebiets 14.2 vom 19. Mai 2023, wonach der Beigeladenen in dem Telefonat nur der Dispens für einen Tag, nicht aber für die gesamte Wintersaison erteilt worden sei. Ein weiteres persönliches Gespräch hierzu habe mit dem Mitarbeiter der Beigeladenen entgegen dessen Behauptung nicht stattgefunden; dieser habe sich auch nicht an das Aussehen der Leiterin des Sachgebiets 14.2 erinnern können. Der Antragsgegner geht von jedenfalls keiner schuldhaften Verfehlung der Beigeladenen aus. Möglicherweise habe die Beigeladene den Inhalt des Telefonats so verstanden, dass ein generelles Zugeständnis für alle Wintermonate erteilt werde. Der genaue Inhalt des Telefonats sei nicht mehr rekonstruierbar. Diese Einschätzung des Antragsgegners ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Selbst wenn die Mitarbeiterin des Sachgebiets 14.2 nach ihrem Vortrag überzeugt ist, dass sie den Dispens nur für einen Tag erteilt hat, lässt sich nicht mit der nötigen Sicherheit ausschließen, dass es missverständliche Äußerungen gab und die Beigeladene dies anders verstanden hat. Jedenfalls lässt sich der genaue Wortlaut des Telefonats kaum noch hinreichend sicher aufklären. Ob es darüber hinaus ein persönliches Treffen zwischen einem Mitarbeiter der Beigeladenen und der Mitarbeiterin des Sachgebietes 14.2 gab, kann dahingestellt bleiben. Objektive Anhaltspunkte dafür, welchen genauen Wortlaut das fragliche Telefonat hatte, sind nicht ersichtlich. Eine Vernehmung der an dem Telefonat beteiligten Personen dürfte kaum zu weitergehenden Erkenntnissen führen und erscheint letztlich auch aus den oben (2) genannten Gründen nicht veranlasst.
190
Nicht nachvollziehbar ist die Behauptung der Antragstellerin im Schriftsatz vom 5. April 2024, am 14. und 16. März 2023 habe die Beigeladene am Standort in … für den Interimsauftrag E ausschließlich zum Warmhalten, nicht aber zum Regenerieren geeignete TP … eingeladen. In dem von ihr als Beweis vorgelegten Protokoll über die Beobachtungen der Detektive finden sich keinerlei Angaben, welche Geräte ein- oder in E ausgeladen wurden. Eine Einvernahme der angebotenen Zeugen kam daher mangels ausreichender objektiver Anhaltspunkte und aus den oben (2) genannten Gründen nicht in Betracht.
191
(19) Nicht nachweislich ist die Behauptung der Antragstellerin, die Beigeladene habe im Interimsauftrag Anker-Dependance E am 4. Januar 2024 die Warmhaltezeit überschritten, weil um 11 Uhr aus dem Lkw nur Warmhalteboxen … ausgeladen worden seien. Ferner hätten sich zwei Konvektomaten in der Küche befunden, von denen einer warm gewesen sei. Auch hätten sich tiefgekühlte GN-Bleche im Tiefkühlhaus vor Ort befunden. Dies zeige, dass die Beigeladene vor Ort regeneriere.
192
Die Beigeladene hat bestritten, dass am 4. Januar 2024 vor Ort regeneriert oder nur warmgehaltenes Essen angeliefert worden sei. Bereits auf dem Lkw würden die GNEinsätze aus den Towern in die Warmhalteboxen umgeladen, so dass naturgemäß beim Ausladen nur die Warmhalteboxen zu sehen seien. Im Übrigen hat nach den Feststellungen des Antragsgegners im Vergabevermerk vom 16. Februar 2024 die Unterkunftsleitung vor Ort bestätigt, dass am 4. Januar 2024 das Essen warm angeliefert worden sei und kein Regenerieren vor Ort stattgefunden habe. Im Übrigen ist bei einer Anlieferung des fertig regenerierten Essens um 11.00 Uhr und dem Ende der Essensausgabe um 14.00 Uhr laut Ziffer 3.4.1 des Leistungsverzeichnisses die dreistündige Warmhaltezeit eingehalten (die im vorliegenden Interimsauftrag ohnehin nur als Soll-Vorgabe besteht, siehe schon oben [17]). Eine Verfehlung der Beigeladenen ist danach nicht feststellbar. Soweit die Antragstellerin im Schriftsatz vom 5. April 2024 bestreitet, dass am 4. Januar 2024 GN-Bleche auf dem Lkw in die TP … umgeladen worden wären, weil die Detektive ein direktes Entladen beobachtet hätten, geltend die Ausführungen oben (14) entsprechend.
193
Eine Verfehlung lässt sich auch nicht aus den Konvektomaten vor Ort und den tiefgekühlten GN-Blechen ableiten. Nach den Ausführungen der Beigeladenen seien die tiefgekühlten GN-Bleche eine bereits in der Kalenderwoche 01 angelieferte Notfallreserve im Hinblick auf die für die Kalenderwoche 02 angekündigten Bauernstreiks gewesen. Ausweislich des Vergabevermerks vom 16. Februar 2024 hat das Sachgebiet 14.1 des Bedarfsträgers in einer E-Mail an die Beigeladene erklärt, dass im Fall der Unmöglichkeit der Anlieferung infolge des Streiks grundsätzlich mit einer Regeneration vor Ort bis zum 15. Januar 2024 Einverständnis bestehe. Die Unmöglichkeit der Anlieferung müsse für jeden Tag festgestellt werden. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Angaben der Beigeladenen, sie habe tiefgekühlte Speisekomponenten schon in der Kalenderwoche 01 vorsorglich vor Ort gelagert, ohne Weiteres nachvollziehbar. Jedenfalls lässt sich daraus nicht ableiten, die Beigeladene habe generell vor Ort regeneriert.
194
(20) Unklar ist die Behauptung der Antragstellerin im Schriftsatz vom 5. April 2024, es sei „unstreitig“, dass „die Beigeladene vor Ort spült (und dafür Bewohner eingesetzt hat), obwohl das Spülen am Leistungsort nicht zugelassen ist (Ziffer 4.1 des Leistungsverzeichnisses).“ Zum einen lässt sich aus den vagen Angaben der an einem Tag eingesetzten Bewohner, sie hätten „Geschirr gespült“ nicht ableiten, die Beigeladene spüle generell und unter Verstoß gegen die Vergabeunterlagen vor Ort. Einen derartigen Verstoß hat der Antragsgegner in seinem äußerst umfangreichen Vergabevermerk vom 31. Januar 2024 zu den Vorgängen am 29. Oktober 2023 auch nicht festgestellt. Zum anderen hat die Antragstellerin Ziffer 4.1 des Leistungsverzeichnisses zum Interimsauftrag Anker-Dependance E nicht vorgelegt.
195
Soweit die Antragstellerin im Schriftsatz vom 16. Februar 2024 (Seite 39) die Regelung in Ziffer 4.1 des Leistungsverzeichnisses zitiert hatte, betraf dies den „streitgegenständlichen“ Auftrag, also das Catering für die Anker-Einrichtung G.
196
(21) Ob im Auftrag Unterkunfts-Dependance D die Beigeladene bereits mit der Abgabe des Angebots eine nachweisliche Verfehlung begangen hatte, wie die Antragstellerin und die Vergabekammer annehmen, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Eine derartige Verfehlung wäre jedenfalls nach § 126 Nr. 2 GWB nicht mehr zu berücksichtigen.
197
Nach Ansicht der Antragstellerin und der Vergabekammer gab die Beigeladene ein Angebot für den Auftrag ab, obwohl sie gewusst habe, dass sie den Auftrag nicht unter Einhaltung der zwingenden Vorgaben der Vergabeunterlagen (Warmanlieferung, Warmhaltezeit maximal drei Stunden) würde ausführen können. Ob dies zutrifft oder ob die Beigeladene davon ausging, die Warmhaltezeit sei unverbindlich bzw. sie werde die Vorgaben dennoch, etwa unter Anmietung einer Küche in D oder mehrfache Fahrten, einhalten können, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls ist die dreijährige Höchstfrist für eine Berücksichtigung dieser Verfehlung nach § 126 Nr. 2 GWB abgelaufen.
198
Die dreijährige Frist beginnt nach dem Wortlaut des § 126 Nr. 2 GWB „ab dem betreffenden Ereignis“. Als solches ist für den inmitten stehenden Vorwurf die Angebotsabgabe vor Dezember 2020 und nicht etwa die spätere Änderung des schriftlichen Vertrags (mutmaßlich Ende 2021) maßgeblich. In einer E-Mail vom 5. April 2023 hat die Regierung von D als Vergabestelle mitgeteilt, ab Vertragsbeginn bis zum 22. Dezember 2020 sei in Absprache zwischen der Vergabestelle und der Beigeladenen von dieser die Quarantäneverpflegung bereitgestellt worden. Danach sei mündlich mit der Beigeladenen zur Sicherstellung der Verpflegung über die Feiertage und den Jahreswechsel die Bereitstellung der Verpflegung in der Option „cook & freeze“ vereinbart worden. Eine Umstellung auf die Option „cook & hold“ sei „im Anschluss beiderseits nicht mehr durchgeführt worden“. Die tatsächliche Durchführung des Auftrags nach dem 22. Dezember 2020 erfolgte daher in mündlicher Absprache mit der Vergabestelle; wann es zu einer Änderung auch des schriftlichen Vertrags kam, ist mithin nicht entscheidend. Eine etwaige Verfehlung kann mithin allenfalls in der Angebotsabgabe selbst liegen.
199
Vorliegend begann die Frist nach § 126 Nr. 2 GWB damit in jedem Fall bereits im Dezember 2020 zu laufen. Dahingestellt bleiben kann, ob bei einer Verfehlung nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB, die nicht durch eine behördliche Entscheidung festgestellt wurde, die Frist bereits in dem Zeitpunkt der (Beendigung der) Tat zu laufen beginnt (so z. B. Stein in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, § 126 Rn. 18 f.; Marcel Kaufmann in Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, GWB § 126 Rn. 15 f.; Stolz/Ziekow in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, GWB § 126 Rn. 9) oder ob darauf abzustellen ist, wann der Ausschlussgrund erstmalig hätte nachgewiesen werden können (so Opitz in Burgi/Dreher/Opitz, Beck´scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, GWB, § 126 Rn. 16; offengelassen von OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. Juni 2022, Verg 36/21, juris Rn. 114). Jedenfalls war für die Vergabestelle aufgrund der mündlichen Absprachen bereits im Dezember 2020 hinreichend klar, dass die Beigeladene den Auftrag nicht wie angeboten mit dem Konzept „cook & hold“ durchführen würde.
200
Welcher Zeitpunkt für den Fristablauf maßgeblich ist, lässt sich der gesetzlichen Regelung nicht entnehmen und wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Ein Teil der Literatur vertritt die Ansicht, maßgeblich für den Fristablauf sei die Angebotsabgabe.
201
Nur wenn zu diesem Zeitpunkt die Dreijahresfrist bereits abgelaufen sei, greife § 126 Nr. 2 GWB. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass ansonsten der Bieter es in der Hand habe, durch Rügen und die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens das Vergabeverfahren so lange zu verzögern, bis die fragliche Verfehlung nicht mehr berücksichtigt werden könne (so Stolz/Ziekow in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, GWB § 126 Rn. 10). Nach der wohl überwiegend in der Literatur vertretenen Ansicht kann eine Verfehlung hingegen auch dann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn die Frist erst nach Angebotsabgabe abläuft. Ein bereits erklärter Ausschluss werde mit Fristablauf unwirksam. Maßgeblich sei der Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung beziehungsweise, wenn der Ausschluss mit einem Nachprüfungsantrag angefochten wurde, der Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Vergabesenat (Summa in jurisPK-Vergaberecht, 6. Aufl., Stand: 15. September 2022, § 126 Rn. 6; Friton in BeckOK Vergaberecht, GWB § 126 Rn. 27b; Radu in Müller/Wrede, GWB, Vergaberecht, 2016, § 126 Rn. 31 i. V. m. Rn. 16; Kling in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 6. Aufl. 2021, GWB § 126 Rn. 24; Marcel Kaufmann in Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, GWB § 126 Rn. 30; Stein in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, § 126 Rn. 30). Obergerichtliche Rechtsprechung dazu findet sich, soweit ersichtlich, bislang nicht.
202
Der Senat schließt sich der wohl herrschenden Ansicht in der Literatur an. Hierfür spricht insbesondere der Gleichklang mit § 124 Abs. 1 GWB. Der öffentliche Auftraggeber kann ein Unternehmen bei Vorliegen eines fakultativen Ausschlussgrunds „zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens“ ausschließen. Damit können erst während des Vergabeverfahrens und nach Angebotsabgabe entstandene oder bekannt gewordene Ausschlussgründe zu Lasten des Bieters berücksichtigt werden. Dies spricht aber umgekehrt dafür, auch zugunsten des Bieters den Ablauf der Dreijahresfrist nach Angebotsabgabe noch zu berücksichtigen. Nicht zuletzt muss eine lange Dauer des Vergabe-/ Nachprüfungs- bzw. Beschwerdeverfahrens keineswegs immer auf dem Verhalten des fraglichen Bieters beruhen, sondern kann auch dem Verhalten eines Konkurrenten oder der Vergabestelle geschuldet sein. Damit ist vorliegend eine etwaige Verfehlung bei Angebotsabgabe nicht mehr zu berücksichtigen. Die Dreijahresfrist lief spätestens im Dezember 2023 ab.
203
(22) Die weiteren von der Antragstellerin behaupteten Verfehlungen im Rahmen des Auftrags Unterkunfts-Dependance D sind nicht nachgewiesen. Die Antragstellerin macht insoweit unter Vorlage der „eidesstattlichen Versicherung“ eines ehemaligen Mitarbeiters geltend, die Beigeladene habe ungekühlte Speisen ausgegeben, ausgepackte Komponenten (unter anderem rohes Fleisch) über Nacht bei Raumtemperatur aufgetaut, Mittagessen aus Warmanlieferungen vom Vortag ausgegeben, nur jeden zweiten oder dritten Tag das Mittagessen angeliefert, Speisen ungekühlt bzw. ungefroren gelagert sowie frische und nicht verzehrte Ware im selben Lkw transportiert. Die Beigeladene hat bestritten, dass sie Essen aus Warmanlieferungen vom Vortag ausgebe. Außerdem habe sie kein rohes Fleisch in den Unterkünften, sondern ausschließlich in der Zentralküche in … verarbeitet. Auch beim Regenerieren vor Ort würden stets vorgegarte Produkte verwendet, die in den aufgestellten Kühlschränken, Kühltruhen oder Kühlhäusern gelagert würden. Im Übrigen könne sie zu den Unterstellungen aus der eidesstattlichen Versicherung keine Angaben machen, da ihr diese nicht vorliege. Zutreffend geht der Antragsgegner davon aus, dass ein Nachweis der behaupteten Verfehlungen nicht zu führen ist. Zum einen verweist der Antragsgegner darauf, der Regierung von D seien – abgesehen von der Ausgabe verschimmelten Brots in einem Fall (siehe dazu oben cc] [8]) – keine weiteren Vertragsverletzungen bekannt. Zum anderen stützt die Antragstellerin ihre Behauptungen auf eine „eidesstattliche Versicherung“ eines ehemaligen Mitarbeiters der Beigeladenen, die die Antragstellerin insgesamt mit einem Sperrvermerk versehen hat. Damit ist es der Beigeladenen nicht möglich, sich zu den konkreten, über zweieinhalb Seiten ausgebreiteten Vorwürfen zu äußern. Zudem weiß die Beigeladene nicht, um welchen ehemaligen Mitarbeiter es sich handelt. Für die Glaubwürdigkeit dieser Person und die Glaubhaftigkeit seiner Angaben können aber Umstände wie etwa die Frage, warum das Arbeitsverhältnis zur Beigeladenen beendet wurde, von entscheidender Bedeutung sein. Letztlich kommt der „eidesstattlichen Versicherung“ daher keine Beweiskraft zu. Sonstige objektive Anhaltspunkte, dass die Behauptungen der Antragstellerin zuträfen, sind nicht ersichtlich.
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(23) Keine Verfehlung der Beigeladenen ist bezüglich des Auftrags Catering Ankunftszentrum F nachgewiesen, wovon der Antragsgegner zutreffend ausgeht. Die Antragstellerin hat insoweit behauptet, die Beigeladene habe nach Angaben eines Mitarbeiters der Antragstellerin am 16. und 17. August 2023 entgegen den Vorgaben im Leistungsverzeichnis die einzelnen Artikel der Lunchpakete lose in Kisten zur Selbstbedienung durch die Bewohner ausgegeben sowie Brot und Toast als offene Packung angeboten, aus der sich die Bewohner eigenständig hätten bedienen können. Die Beigeladene hat bestritten, Artikel offen angeliefert zu haben. Sie habe die Lunchpakete stets verpackt und geschlossen angeliefert und bis zum Lagerraum am Leistungsort gebracht und übergeben. Sollte es zu einer offenen Ausgabe von Brot gekommen sein, sei das die Entscheidung des Antragsgegners. Diese Angaben wurden ausweislich des Vergabevermerks vom 16. Februar 2024 von der Unterkunftsleitung bestätigt. Darüber hinaus sei am 16. August 2023 kein Mitarbeiter der Antragstellerin in den Räumen anwesend gewesen. Dass nur die Anlieferung der Lunchpakete, aber nicht deren Verteilung durch die Beigeladene geschuldet war, hat die Antragstellerin nicht in Abrede gestellt. Die Überlegungen der Antragstellerin, es verstoße „gegen Denkgesetze“, dass der Antragsgegner die gepackten und bezahlten Lunchpakete wieder auspacke, in Kisten sortiere und lose anbiete, sprechen allenfalls dafür, dass schon die ursprüngliche Behauptung der Antragstellerin, die Komponenten würden lose ausgegeben, nicht zutrifft. Ein Beweis dafür, dass die Beigeladene die Lunchpakete nicht geschlossen angeliefert habe, lässt sich daraus nicht ableiten. Die Einschätzung im Vergabevermerk, eine Vertragsverletzung sei insoweit nicht nachgewiesen, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allein den vermeintlichen Angaben eines Mitarbeiters der Antragstellerin kommt insoweit keine ausreichende Beweiskraft zu, zumal dieser auch nach den Ausführungen der Antragstellerin jedenfalls nicht die Anlieferung der Lunchpakete beobachtet hatte. Weitere objektive Anhaltspunkte, dafür, dass die Behauptungen zutreffen könnten, liegen nicht vor.
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Soweit die Antragstellerin ausführt, die Beigeladene habe an den genannten Tagen „besondere Artikel“ durch die Mitarbeiter der Security vor Ort ausgeben lassen, Eistee dargeboten, keine orientalische Mittelmeerspezialität und keine Süßwaren (Kekse, Müsli-, Schokoriegel) angeboten, lässt sich daraus ebenfalls keine Verfehlung ableiten. Insoweit hat die Beigeladene im Rahmen der Aufklärung durch den Antragsgegner ausgeführt, der Zuschlag sei ihr am 31. Juli 2023 erteilt worden, Leistungsbeginn sei am darauffolgenden Tag gewesen. Aufgrund des fehlenden Vorlaufs seien in Absprache mit der Unterkunftsleitung für die ersten Belieferungen anstelle einiger Produkte Ersatzprodukte geliefert worden. Die Einschätzung des Antragsgegners im Vergabevermerk vom 16. Februar 2024, aufgrund der Abstimmung mit der Unterkunftsleitung lasse sich eine Verfehlung im Sinne des § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB nicht feststellen, begegnet keinen Bedenken.
206
(24) Eine nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB zu berücksichtigende Verfehlung lässt sich nicht aus dem Vortrag der Antragstellerin bezüglich der Befragung des A. ableiten. Insoweit behauptet die Antragstellerin, ein von der Beigeladenen beauftragter Detektiv habe ihrem ehemaligen Mitarbeiter A. 2000,00 € angeboten, wenn er Fragen zum Betrieb der Antragstellerin beantworte. Dabei habe es sich um Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin gehandelt. Die Beigeladene hat zwar nicht die Befragung durch den Detektiv in Abrede gestellt. Sie hat aber bestritten, dass sie den Detektiv beauftragt habe, unter Missachtung von Geschäftsgeheimnissen der Antragstellerin Informationen zu erlangen. Ferner habe der Detektiv eigenmächtig eine Vergütung für die Beantwortung der Fragen angeboten.
207
Die Einschätzung des Antragsgegners im Vergabevermerk vom 16. Februar 2024, eine nachweislich schwere Verfehlung scheide aus, unter anderem sei schon die Zurechnung des Verhaltens an die Beigeladene nicht nachgewiesen, ist nicht zu beanstanden. Eine Zurechnung des Verhaltens des Detektivs an die Beigeladene nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2, § 123 Abs. 3 GWB käme nur in Betracht, wenn eine für die Leitung der Beigeladenen verantwortliche Person den Detektiv beauftragt oder ihm zumindest gestattet hätte, eine Bezahlung für die Beantwortung der Fragen anzubieten. Dies hat die Beigeladene bestritten. Ein Nachweis hierfür lässt sich, wovon der Antragsgegner zutreffend ausgeht, nicht führen. Selbst wenn der Detektiv Fragen genau zu den Punkten stellte, die der Beigeladenen im Rahmen einer Akteneinsicht nicht zugänglich gemacht wurden, rechtfertigt dies nicht zwingend den Schluss, die Beigeladene habe den Detektiv beauftragt oder ihm gestattet, einem ehemaligen Mitarbeiter Geld für die Beantwortung der Fragen anzubieten.
208
Die bloße Befragung des Herrn A. durch den Detektiv kann angesichts der Gesamtumstände aber nicht als Verfehlung nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB genügen, auch wenn es sich um Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin handelte. Die Antragstellerin und die Beigeladene sind erbitterte Konkurrentinnen am Markt, die in einer Vielzahl von Nachprüfungsverfahren um die Erteilung öffentlicher Aufträge streiten. Dabei versucht auch die Antragstellerin, möglichst viel über die Methoden und Abläufe der Beigeladenen zu erfahren. Auch die Antragstellerin hat Detektive beauftragt. Diese haben heimlich Fotos von den Lastwagen der Beigeladenen samt den auf der Ladefläche befindlichen Geräten gefertigt. Diese Fotos hat die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren als Beweise vorgelegt. Zudem hat die Antragstellerin Aussagen ehemaliger Mitarbeiter der Beigeladenen zitiert und als Anlagen beigefügt. Auf welche Weise sie an diese schriftlichen Erklärungen gekommen ist, legt sie nicht offen. Schließlich rief ausweislich der von der Antragstellerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherung ihres ehemaligen Mitarbeiters A. dieser, nachdem er von dem Detektiv angesprochen worden war, bei der Antragstellerin an und hielt Rücksprache mit Herrn L. Anschließend sei Herr A. zu dem Parkplatz des Krankenhauses gefahren, habe sich zunächst die Fragen angehört und dann auch versucht, auf diese zu antworten. Völlig unklar bleibt indessen, weshalb Herr A. einerseits mit der Antragstellerin Rücksprache hielt, im Anschluss dann aber die Fragen des Detektivs beantwortete. Dass zum Zeitpunkt des Telefonats die konkreten Fragen des Detektivs noch unklar waren, ist irrelevant. Aufgrund der Gesamtumstände war auch aus Sicht von Herrn L. äußerst naheliegend, dass ein von der Beigeladenen beauftragter Detektiv dem ehemaligen Mitarbeiter der Antragstellerin nicht 2.000 € für eine Auskunft über allgemein bekannte und zugängliche Tatsachen anbieten würde. Dennoch tragen weder die Antragstellerin noch der ehemalige Mitarbeiter A. in seiner eidesstattlichen Erklärung vor, was Herr L. dem ehemaligen Mitarbeiter A. am Telefonat mitteilte. Insbesondere behauptet die Antragstellerin selbst nicht, Herr L. habe versucht, das Gespräch zwischen Herrn A. und dem Detektiv zu verhindern, oder habe Herrn A. auch nur gebeten, die Fragen nicht zu beantworten oder zuerst noch eine Rücksprache mit dem Geschäftsführer der Antragstellerin zu halten. Mithin erscheint naheliegend, dass Herr A. das Gespräch mit dem Detektiv nicht gegen den Willen der Antragstellerin führte. Ob es sich um eine „Gestattung“ nach § 3 Abs. 2 GeschGehG handelte (was die Antragstellerin im Schriftsatz vom 5. April 2024 in Abrede stellt), ist für die Bewertung im Rahmen des § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB nicht ausschlaggebend.
209
Letztlich vermag der Senat ebenso wie der Antragsgegner daher eine nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB zu berücksichtigende Verfehlung nicht zu erkennen, zumal unstreitig sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene sich danach im Verfahren vor dem Landgericht Ellwangen geeinigt haben, von einer Befragung aktueller oder ehemaliger Mitarbeiter künftig abzusehen. Ob die Beigeladene die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2 GeschGehG erfüllt hat, kann dahingestellt bleiben.
210
ee) Die Beurteilung des Antragsgegners, die nachweislichen Verfehlungen der Beigeladenen erreichten weder allein noch in der Summe eine Intensität und Schwere, die die Integrität der Beigeladenen in Frage stellten, und es sei eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung in Zukunft zu erwarten, ist jedenfalls nicht zu beanstanden. Insoweit handelt es sich, wie ausgeführt (siehe oben aa]) um eine Bewertung mit prognostischem Charakter, bei der dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zukommt.
211
(1) Soweit es um den Einsatz von Bewohnern der Anker-Dependance E an zwei Tagen geht, ist die Einschätzung des Antragsgegners im Vergabevermerk vom 31. Januar 2024, der Verstoß genüge nach Schwere und Intensität nicht, die Integrität des Unternehmens in Frage zu stellen und stehe auch einer positiven Prognose nicht entgegen, nicht zu beanstanden. Zwar stellt der Einsatz der Bewohner – bei Zurechnung an die Beigeladene entsprechend § 278 BGB (vgl. oben cc) [10]) – eine vertragliche Verfehlung von erheblichem Gewicht dar. Dies zeigt nicht zuletzt die Vielzahl von vertraglichen Pflichten, gegen die verstoßen wurde. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass Anlass hierfür der Versuch war, kurzfristig auftretende Personalengpässe vor Ort zu überbrücken, um die Versorgung der Bewohner der Unterkunft sicherzustellen. Vergleichbare weitere Vorfälle nicht nur in E, sondern auch in anderen von der Beigeladenen belieferten Unterkünften waren für den Antragsgegner nicht feststellbar. Zudem handelten die Mitarbeiter vor Ort und auch die Mitarbeiterin im Bereitschaftsdienst eigenmächtig und entgegen den Vorgaben der Geschäftsleitung. Ferner reagierte die Beigeladene umgehend, indem sie den Mitarbeitern vor Ort kündigte und die Mitarbeiterin im Bereitschaftsdienst abmahnte. Auch entsandte die Beigeladene bereits am nächsten Tag den Bezirksleiter sowie einen weiteren Mitarbeiter vorübergehend und kündigte eine Personalaufstockung sowie organisatorische Maßnahmen, Schulungen und eine Sensibilisierung des Personals an. Soweit die Antragstellerin meint, der Einsatz von Bewohnern der Unterkunft habe zu erheblichen Risiken für die Gesundheit der Bewohner geführt, die zudem in einem Abhängigkeitsverhältnis stünden, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Am 25. Oktober 2023 wurden die Bewohner ohnehin nur für das Abräumen von Geschirr eingesetzt. Dass es allein infolge des Einsatzes von zwei Bewohnern am 29. Oktober 2023 in der Kantine (beim Brotverteilen, Spülen und der Endreinigung) zu einer Gesundheitsgefährdung für die restlichen Bewohner gekommen wäre, erscheint fernliegend. Konkrete gesundheitliche Beeinträchtigungen der Bewohner sind nach den Feststellungen des Antragsgegners ohnehin in keinem der von der Beigeladenen erfüllten Catering-Aufträgen aufgetreten. Ob tatsächlich eine ausreichende Selbstreinigung der Beigeladenen nach § 125 GWB vorlag, bedarf daher keiner Entscheidung.
212
(2) Die Einschätzung des Antragsgegners, die oben (1) dargestellte Verfehlung genüge auch in der Zusammenschau mit den weiteren nachweislichen Verfehlungen nach Art und Schwere nicht, die Integrität der Beigeladenen in Frage zu stellen und stünden einer positiven Prognose nicht entgegen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
213
(a) Dabei hat der Antragsgegner keine wesentlichen Punkte verkannt, die zu berücksichtigen wären. Auszugehen ist von den oben cc) dargestellten nachweislichen Verfehlungen, die im Wesentlichen auch der Antragsgegner zugrundelegt. Dass der Einsatz der Mitarbeiter im Rahmen des Interimsauftrags Anker-Dependance Dohne Schulung nach § 4 LMHV über einen erheblichen Zeitraum eine Verfehlung der Beigeladenen darstellte (siehe oben cc) [9]), verkennt der Antragsgegner im Grundsatz ebenfalls nicht. Soweit er davon ausgeht, die Belehrung nach § 43 IfSG sei der Schulung nach § 4 LMHV mindestens gleichwertig, ist das zwar unzutreffend. Allerdings legt die Ausgestaltung der Vergabeunterlagen, wie ausgeführt, diesen Schluss ebenfalls nahe. Dadurch entfällt zwar das Verschulden der Beigeladenen (als Fachbetrieb) nicht, erscheint aber dennoch weniger gravierend.
214
Der Antragsgegner führt im letzten Vergabevermerk vom 16. Februar 2024 aus, die nachweislichen Vertragsverletzungen rechtfertigten weder einzeln noch in der Gesamtschau die Annahme, es lägen schwere Verfehlungen vor, die ein ähnliches Gewicht wie ein zwingender Ausschlussgrund entfalteten und die Integrität des Unternehmens in Frage zu stellen vermöchten. Es handle sich um alltägliche und bei dem im Raum stehenden Leistungsumfang kaum mit angemessenem Aufwand vermeidbare geringe Verstöße, die zwar beanstandet werden könnten und müssten, jedoch keine weiteren Auswirkungen auf die Beurteilung der generellen Zuverlässigkeit und Integrität in Vergabeverfahren haben könnten. Negative Auswirkungen und insbesondere eine Gesundheitsgefährdung sei zu keinem Zeitpunkt festgestellt worden. Die Institutionen des Bedarfsträgers hätten der Beigeladenen jeweils einen ordnungsgemäßen Vollzug bescheinigt. Kleinere Verfehlungen seien auf Beanstandung hin jeweils abgestellt worden. Im Rahmen der nötigen Prognoseentscheidung sei davon auszugehen, dass die Beigeladene gesetzestreu, vertragskonform, ordnungsgemäß und sorgfältig leisten werde. Für diese positive Prognose spreche, dass es in keinem der Aufträge zu gesundheitlichen Problemen bei den Bewohnern gekommen sei und die Interimsaufträge zur vollen Zufriedenheit erfüllt würden, wie der Bedarfsträger gemeldet habe. Ferner sei das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ mehrfach vom Bedarfsträger und externen Fachstellen geprüft worden. Danach sei kein Verstoß gegen die Warmhaltezeiten oder sonstige lebensmittelrechtliche oder hygienerechtliche Vorgaben zu befürchten. Zudem habe die Beigeladene einwandfreie Referenzen; das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ sei explizit von einer allgemein anerkannten Zertifizierungsstelle geprüft und zertifiziert worden.
215
Weder die Einschätzung zur Schwere der Verfehlungen noch die Ausführungen zur positiven Prognose sind unter Berücksichtigung, dass es sich um eine Bewertung mit prognostischem Charakter geht, bei der dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zusteht, zu beanstanden.
216
Dabei verkennt der Senat nicht, dass es sich um eine Vielzahl von Verstößen in unterschiedlichen Aufträgen und zum Teil (Einsatz von Personal ohne Hygieneschulung) auch über einen längeren Zeitraum handelt. Von einigem Gewicht sind insbesondere der Einsatz der Bewohner der Anker-Dependance E sowie der – bußgeldbewehrte – Einsatz von Mitarbeitern ohne Hygieneschulung im Interimsauftrag A, Los 1. Allerdings berücksichtigt der Antragsgegner zu Recht den Umfang der Aufträge. Es handelt sich um eine große Anzahl von Aufträgen, die von der Beigeladenen zum Teil über mehrere Jahre ausgeführt wurden. Dabei waren täglich Hunderte Portionen pro Mahlzeit zu liefern und verschiedenste überaus detaillierte Anforderungen an die Speisen zu berücksichtigen. Dies bedingte des Weiteren den Einsatz einer ganz erheblichen Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern jeweils vor Ort. Angesichts dessen erscheinen vereinzelte jedenfalls kleinere Verstöße im Vertragsvollzug mit angemessenem Aufwand nicht völlig vermeidbar. Nicht jede ungenaue oder mangelhafte Vertragserfüllung begründet aber schon eine schwere Verfehlung und stellt die Zuverlässigkeit grundlegend in Frage. Zudem wurde der wesentliche Vertragszweck, die tägliche Versorgung, der Bewohner mit einer ordnungsgemäßen und hygienisch einwandfreien Versorgung erreicht, wie sich aus den Bestätigungen der Bedarfsträger ebenso wie den vorgelegten Bescheinigungen der I.-GmbH und des Landratsamts Y ergibt. So hat unter anderem die I.-GmbH in der Bescheinigung vom 27. Januar 2024 (Seite 7) ausgeführt, die Überprüfung habe auch die Probenentnahme der Speisen nach dem Ende des Regenerationsprozesses vom Lkw jeder Unterkunft, die Probenentnahme der Speisen am Ende der Warmhaltedauer sowie die mikrobiologische Untersuchung von Rückstellproben, welche vor Ort entnommen wurden, beinhaltet. Ferner waren mehr als nur unerhebliche Verzögerungen oder Ausfälle, wie der Antragsgegner zutreffend berücksichtigt, bei keinem der Aufträge zu verzeichnen. Noch weniger waren Erkrankungen oder auch nur Gesundheitsgefährdungen der Bewohner festzustellen.
217
Schließlich müssten die Verstöße nach Schwere und Intensität geeignet sein, gerade die Integrität der Beigeladenen in Frage zu stellen. Dies hat der Antragsgegner nachvollziehbar und vertretbar verneint. Kleine, alltägliche Verstöße, wozu die Mehrzahl der nachweislichen Verfehlungen gehört, sind dazu angesichts der Vielzahl und des Umfangs der durchgeführten Aufträge weder allein noch in der Summe geeignet. Zudem handelt es sich bei der überwiegenden Zahl der Vertragsverletzungen und insbesondere dem gewichtigsten der Vorwürfe, dem Einsatz von Bewohnern in der Anker-Dependance in E an zwei Tagen, nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Antragsgegners um ein eigenmächtiges Vorgehen der Mitarbeiter vor Ort. Eine Zurechnung an die Beigeladene kommt allenfalls entsprechend § 278 BGB in Betracht. Die Geschäftsführung der Beigeladenen hat jeweils nach Bekanntwerden der Vorfälle unverzüglich reagiert und personelle Konsequenzen gezogen. Die fraglichen Mitarbeiter erhielten entweder eine fristlose Kündigung oder – in einem Fall – eine Abmahnung (siehe oben cc] [10]).
218
Zusätzliche organisatorische Vorkehrungen wurden getroffen und weitere in Aussicht gestellt. Auch bezüglich der nachweislichen Verfehlungen im Auftrag Unterkunftsdependance B (siehe oben cc] [6]) hat der Antragsgegner zu Recht berücksichtigt, dass die Beigeladene den vier vor Ort tätigen und für die Verfehlungen im Zeitraum zwischen März 2022 und Oktober 2022 verantwortlichen Mitarbeitern fristlos gekündigt hat (siehe Vergabevermerk vom 17. November 2022, auf den im Vergabevermerk vom 16. Februar 2024 Bezug genommen wird). Die angesichts des großen Umfangs der Aufträge eher kleine Zahl der Verfehlungen und deren überwiegend eher geringes Gewicht lässt auch noch nicht den Schluss auf ein systematisches Vorgehen der Beigeladenen oder ein dauerhaftes Überwachungsversagen zu. Insbesondere bezüglich des gewichtigsten Verstoßes, dem Einsatz von Bewohnern der Anker-Dependance in E, berücksichtigt der Antragsgegner zutreffend, dass vergleichbare Vorfälle weder im Rahmen dieses Auftrags noch an anderen Standorten feststellbar waren. Lediglich der Einsatz von Mitarbeitern ohne Hygieneschulungen über einen längeren Zeitraum im Interimsauftrag A, Los 1 stellt ein Organisationsverschulden der Beigeladenen von einigem Gewicht dar. Auch dies wurde aber von der Beigeladenen unverzüglich nach Bekanntwerden der Verfehlungen abgestellt.
219
Die Annahme des Antragsgegners, es sei ein gesetzestreuer, vertragskonformer und ordnungsgemäßer Vollzug des Auftrags durch die Beigeladene zu erwarten, erscheint im Rahmen des dem Antragsgegner zustehenden Beurteilungsspielraums vertretbar. Bezüglich der angeführten Verfehlungen wurden diese von der Beigeladenen stets unverzüglich behoben. Mangels Anhaltspunkten für ein systematisches Vorgehen oder ein dauerhaftes Überwachungsverschulden ist eine Wiederholung derartiger Vorfälle nicht zu erwarten, insbesondere soweit es um die schwerwiegenderen Verfehlungen (Beschäftigung von Bewohnern der Unterkünfte, Einsatz von Mitarbeitern ohne Hygieneschulung) geht. Kleinere Pflichtverletzungen im Vertragsvollzug bedingen vorliegend angesichts des Umfangs und der Zahl der durchgeführten Aufträge noch keine zwingend negative Prognose. Schließlich hat der Antragsgegner zutreffend die vorgelegten Bestätigungen und Zertifizierungen für das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ berücksichtigt. Dass mit diesem Konzept eine unter hygienischen und lebensmittelrechtlichen Aspekten ordnungsgemäße und im Einklang mit den Vorgaben der Vergabeunterlagen stehende Vertragserfüllung möglich ist und auch bereits praktiziert wurde, ergibt sich aus den vorgelegten Bestätigungen insbesondere der I.-GmbH und des Landratsamts Y (vgl. schon oben b]).
220
(b) Die Einwendungen der Antragstellerin hiergegen greifen nicht durch.
221
Soweit sie ausführt, es müsse bei der Schwere der Verfehlung berücksichtigt werden, dass die Bewohner Vollverpflegung erhielten, keine Ausweichmöglichkeiten hätten, auch Risikogruppen wie Kinder und Schwangere zu verpflegen seien und sich eine Mangelernährung erst zeitversetzt bemerkbar mache, ändert dies nichts. Dass grundsätzlich mit dem Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ die Vorgaben der hiesigen Leistungsbeschreibung einschließlich der maximalen Warmhaltezeit von drei Stunden erfüllbar sind, wurde bereits ausgeführt. Anhaltspunkte für konkrete Gesundheitsbeeinträchtigungen oder eine Unterversorgung der Bewohner mit Nährstoffen und Vitaminen in anderen Aufträgen liegen nicht vor und werden von der Antragstellerin auch nicht konkret dargetan. Das bloße Bestreiten der Antragstellerin diesbezüglich ist unbehelflich. Ihre Annahme, durch Überschreitung der Warmhaltezeiten würden die Speisen „totgekocht“ und es bestehe die Gefahr einer bakteriellen Belastung beruht auf der unzutreffenden Annahme, die Beigeladene könne oder wolle ihr Konzept nicht umsetzen und transportiere generell nur warmgehaltene Speisen unter Verstoß gegen vertraglich vorgegebene Warmhaltezeiten.
222
Soweit die Antragstellerin einen besonderen schweren Verstoß in der Ausgabe verschimmelten Brots sieht, da dieses nicht zum Verzehr geeignet sei, übergeht sie, dass nur ein einziger Fall – eine Scheibe in einem Lunchpaket – überhaupt nachweisbar ist. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin kann daraus auch nicht gefolgert werden, die ganze Charge sei verschimmelt gewesen.
223
Dass die Zubereitung von Lunchpaketen am Vortag die Gefahr einer Lebensmittelvergiftung bergen könnte, da Brot oder Belag durch Zeitablauf verdorben sein könnten, ist letztlich eine bloße Vermutung der Antragstellerin ohne tatsächliche Anhaltspunkte im konkreten Fall.
224
Der gleichzeitige Transport frischer und nicht verzehrter Lebensmittel im selben Lastwagen sowie eine ungekühlte Lagerung von Speisen ist schon nicht nachgewiesen.
225
Soweit die Antragstellerin besonders schwere Verfehlungen im Einsatz von Personal ohne Schulung nach § 4 LMHV und ohne Tragen eines Haarnetzes sieht, da die Gefahr der unsachgemäßen Behandlung und Kontamination von Speisen bestehe, dringt sie damit ebenfalls nicht durch. Zwar handelt es sich insoweit um mehr als nur Bagatellverstöße, zumal es sich jeweils um längere Zeiträume handelte. Indessen verweist der Antragsgegner zutreffend darauf, dass diese Fälle von der Beigeladenen abgestellt wurden und sich die von der Antragstellerin beschriebenen Gefahren auch nicht realisiert haben. Dass Speisen allein deshalb nicht mehr zum Verzehr geeignet waren, weil die Mitarbeiter über keine Schulung nach § 4 LMHV verfügten, vermag der Senat nicht zu erkennen.
226
Dass der Transport kühlpflichtiger Speisen unter Nichteinhaltung von Kühlketten dazu führt, dass die Lebensmittel verderben können und nicht mehr zum Verzehr geeignet sind, ist zwar zutreffend. Indessen fehlt jeder Beleg, dass die Beigeladene in anderen Aufträgen die Kühlketten nicht eingehalten hätte.
227
Die Ausführungen der Antragstellerin zur Gefahr der Vermehrung von Mikroorganismen bei fehlender oder unzureichender Temperaturkontrollen während der Fahrt sind unbehelflich. Weder die Behauptung, ein Fahrer der Beigeladenen habe die Temperatur nur mit einem Infrarotthermometer gemessen noch die Behauptung, er habe zur Temperaturmessung mit der Hand in die GN-Bleche gefasst, sind nachgewiesen.
228
Dass die Beigeladene noch zum Verzehr bestimmte Lebensmittel im Freien gelagert und dadurch einer Kontaminationsgefahr ausgesetzt hätte, ist nicht nachgewiesen.
229
Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass aufgrund der Größe der Einrichtungen jeweils eine Vielzahl von Personen von etwaigen Verstößen betroffen wäre, ist dies zwar zutreffend. Dies ändert aber nichts daran, dass Verfehlungen, die zu konkreten Gesundheitsgefährdungen geführt hätten, nicht ersichtlich sind.
230
Etwaige Verstöße bezüglich des Auftrags Unterkunfts-Dependance D sind, wie ausgeführt, nach § 126 GWB nicht mehr zu berücksichtigen. Dies betrifft nicht nur die Frage, ob schwere Verfehlungen vorliegen. Etwaige Verstöße können auch im Rahmen der Prognose, ob künftig ein beanstandungsfreier und ordnungsgemäßer Vollzug zu erwarten ist, nicht mehr zulasten der Beigeladenen herangezogen werden.
231
Soweit die Antragstellerin im Schriftsatz vom 5. April 2024 meint, die Beigeladene habe sich zulasten des Antragsgegners in den Aufträgen Anker-Dependance D, Catering-Auftrag H und in dem Interimsauftrag E erhebliche finanzielle Vorteile verschafft, weil sie nicht die vertraglich gebotene Leistung erbracht habe, dringt sie damit nicht durch. Etwaige Verstöße bezüglich des Auftrags D, können, wie ausgeführt (siehe oben dd] [21]) nach § 126 Nr. 2 GWB nicht mehr berücksichtigt werden. Bezüglich der weiteren Aufträge ist entweder bereits eine Verfehlung nicht nachweislich (Auftrag der Regierung von H, siehe oben dd] [1]) oder es fehlt jedenfalls am Nachweis einer schuldhaften Verfehlung (siehe oben dd] [18]).
232
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin bieten die zu berücksichtigenden Verfehlungen auch keine Anhaltspunkte für ein konzeptbedingtes und systematisches
233
Vorgehen. Insbesondere verkennt die Antragstellerin, dass ihre Behauptung, das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ sei an verschiedenen Tagen in diversen Aufträgen vertragswidrig nicht umgesetzt und insbesondere die Warmhaltezeit nicht eingehalten worden, entweder nicht nachweisbar ist oder es jedenfalls an einem nachweisbaren Verschulden der Beigeladenen fehlt (vgl. insbesondere oben dd] [1], [2], [3], [12], [14], [17] und [18]). Die von der Antragstellerin behauptete Ausgabe einer verringerten Speisenauswahl beruht nur in einem Fall (siehe oben cc] [6]) auf einer schuldhaften Verfehlung der Beigeladenen. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene die Leistungen gezielt kürze oder Leistungsanforderungen wie die Warmhaltezeiten ignoriere, damit sich ihre (zu) niedrige Kalkulation rechne, liegen nicht vor.
234
Soweit die Antragstellerin im Schriftsatz vom 5. April 2024 meint, es würden in immer kürzeren Abständen immer gravierende Verstöße festgestellt, geht sie bereits von einer falschen Prämisse aus. Die Antragstellerin unterstellt, jeder von ihr behauptete Vertrags- oder Gesetzesverstoß der Beigeladenen, der auf vermeintlichen Beobachtungen der Detektive oder ehemaliger Mitarbeiter der Beigeladenen beruhe, sei bereits deshalb nachgewiesen. Dies ist aber, wie mehrfach ausgeführt, gerade nicht der Fall. Nicht tragfähig ist der Schluss der Antragstellerin, weil es an einigen Tagen und in einigen Aufträgen nachgewiesene Verfehlungen gab, müsse es „nach der Lebenserfahrung“ an allen anderen Tagen auch derartige Verfehlungen gegeben haben.
235
(3) Insgesamt erscheint daher die Einschätzung des Antragsgegners, die nachgewiesenen Verfehlungen genügten nach Schwere und Intensität nicht, die Integrität der Beigeladenen in Frage zu stellen, und es könne eine positive Prognose für eine ordnungsgemäße und vertragskonforme Durchführung des Auftrags gestellt werden, als nachvollziehbar und vertretbar. Damit fehlt es bereits am Vorliegen eines Ausschlusstatbestands nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB. Auf die vom Antragsgegner lediglich hilfsweise durchgeführten Ermessenserwägungen und Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit eines Ausschlusses sowie die diesbezüglichen Einwendungen der Antragstellerin (auch im Schriftsatz vom 5. April 2024) kommt es daher nicht an. Desgleichen kann dahingestellt bleiben, ob der Rechtsgedanke des § 123 Abs. 5 Satz 1 GWB im Rahmen der Ermessensentscheidung herangezogen werden kann.
236
Nur ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen: Soweit die Antragstellerin im Schriftsatz vom 5. April 2024 vorträgt, aufgrund der langen Laufzeit der streitgegenständlichen Aufträge werde der Beigeladenen bei Nichtausschluss „eine nicht vertragsgemäße Leistungserbringung und die Einsparung immenser Beträge“ ermöglicht, setzt die Antragstellerin erneut jede ihrer Anschuldigungen gegen die Beigeladene als nachgewiesen voraus. Dass der Senat dem nicht folgt, wurde bereits in der mündlichen Verhandlung und oben dd) ausführlich erläutert. Das gleiche gilt für die Behauptung, der Beschluss des Vergabesenats werde künftig auch vom Antragsgegner als „Freibrief“ herangezogen, „bei Verstößen dieses Ausmaßes“ keinen Ausschluss vorzunehmen. Dass in künftigen Nachprüfungsverfahren nachweislich schwere Verfehlungen der Beigeladenen zu einem Ausschluss führen können, ist selbstverständlich. Allerdings ist nicht alles, was die Antragstellerin für eine „nachweislich schwere Verfehlung“ hält, auch tatsächlich nachgewiesen oder als schwere Verfehlung zu werten.
237
d) Die Beigeladene ist nicht nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 GWB, § 42 Abs. 1 VgV auszuschließen.
238
Nach Ansicht der Antragstellerin ist die Beigeladene im Hinblick auf den Einsatz von Bewohnern in der Anker-Dependance E an zwei Tagen (siehe oben cc) (10) ] nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 GWB, § 42 Abs. 1 VgV auszuschließen, da die Beigeladene gegen sozial- und arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen habe. Dem ist indes nicht zu folgen. Ein Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 GWB setzt einen Verstoß des Bieterunternehmens selbst voraus, das im Rahmen eines öffentlichen Auftrags durch seine Organe handelte (OLG Celle, Beschluss vom 13. Mai 2019, 13 Verg 2/19, NVwZ 2019, 1460, [juris Rn. 41]; Pauka/Krüger in Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht, GWB § 124 Rn. 13; Stolz in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, GWB § 124 Rn. 6). Bisweilen wird außerdem gefordert, dass damit die Integrität des Unternehmens in Frage gestellt wurde (so Pauka/Krüger a. a. O. Rn. 12; Stolz a. a. O. Rn. 10). Ob darüber hinaus ein Ausschluss entsprechend § 123 Abs. 3 GWB auch dann in Betracht kommt, wenn eine für die Leitung des Unternehmens verantwortliche Person selbst wegen entsprechender Verstöße verurteilt wurde (offengelassen von
OLG Celle, a. a. O.; für die Anwendung Friton in BeckOK Vergaberecht, GWB § 124 Rn. 90; dagegen Summa in jurisPK-Vergaberecht, GWB § 124 Rn. 13; Opitz in Burgi/Dreher/Opitz, Beck´scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, GWB § 124 Rn. 24) kann vorliegend dahingestellt bleiben. Jedenfalls vereinzelte Verstöße von Mitarbeitern, die weder Organstellung haben noch sonst die Voraussetzungen des § 123 Abs. 3 GWB erfüllen, vermögen einen Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 GWB nicht zu rechtfertigen (wohl herrschende Ansicht, vgl. Opitz a. a. O. Rn. 24; Pauka/Krüger a. a. O. Rn. 12; Stolz a. a. O. Rn. 10; Summa a. a. O. Rn. 13). Ein solcher Fall liegt hier aber vor. Wie bereits ausgeführt, erfolgte der Einsatz der Bewohner der Anker-Dependance eigenmächtig durch Mitarbeiter der Beigeladenen. Für die Behauptung der Antragstellerin, die Geschäftsführung der Beigeladenen habe die Beschäftigung der Bewohner gebilligt oder im Vorfeld ein generelles Einverständnis dazu erteilt, fehlen jegliche Anhaltspunkte (siehe oben c] cc] [10]).
239
e) Die Beigeladene ist nicht nach § 124 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. b) GWB auszuschließen. Insoweit meint die Antragstellerin, die Beigeladene habe durch die Befragung ihres ehemaligen Mitarbeiters A. jedenfalls versucht, von diesem gegen Bezahlung Geschäftsgeheimnisse zu erlangen, die sie im vorliegenden und künftigen Vergabeverfahren zu ihrem Vorteil nutzen könne. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin fehlt es bereits am Nachweis, dass die Beigeladene den Detektiv beauftragt hätte, Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin gegen Bezahlung zu erfragen. Ein auf die bloße Befragung des ehemaligen Mitarbeiters A. gestützter Ausschluss der Beigeladenen wäre unter Berücksichtigung der Gesamtumstände zumindest unverhältnismäßig. Die Antragstellerin und die Beigeladene sind erbitterte Konkurrentinnen, die in einer Vielzahl von Nachprüfungsverfahren um die Erteilung öffentlicher Aufträge streiten. Beide versuchen, sich durch Einsatz von Detektiven Kenntnisse über die Durchführung der Aufträge durch die Konkurrentin zu verschaffen. Zudem hielt der ehemalige Mitarbeiter der Beigeladenen A. sogar Rücksprache mit der Antragstellerin, bevor er weiter mit dem Detektiv sprach und letztlich dessen Fragen beantwortete. Dass die Antragstellerin versucht hätte, das Gespräch zu verhindern oder ihren ehemaligen Mitarbeiter zumindest gebeten hätte, keine Auskünfte zu erteilen, trägt sie selbst nicht vor. Schließlich hat die Antragstellerin ebenfalls Detektive beauftragt, die heimlich Fotos unter anderem von den auf dem Lastwagen der Antragstellerin befindlichen Geräten und den Verrichtungen des Fahrers auf der Ladefläche fertigten. Auf diese Erkenntnisse stützt sich die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren. Auch hat die Antragstellerin sich – auf welche Weise auch immer – selbst Erklärungen ehemaliger Mitarbeiter der Beigeladenen verschafft, die sie zum Beweis vermeintlicher Vertragsverletzungen vorlegt.
240
f) Ob die Antragstellerin nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB, § 42 Abs. 1 VgV auszuschließen wäre, bedürfte der konkreten Prüfung, muss vorliegend aber nicht entschieden werden. Da der Zuschlag auf das erstrangige Angebot der Beigeladenen erteilt werden kann, kommt es auf das Vorliegen von Ausschlussgründen bezüglich der Antragstellerin und ihres zweitplatzierten Angebots nicht mehr an. Aus diesem Grund bedurfte es auch keiner weiteren Gewährung von Akteneinsicht an die Beigeladene nach § 175 Abs. 2, § 165 Abs. 1 GWB. Das Akteneinsichtsgesuch umfasst, wie die Beigeladene in ihrem Schriftsatz vom 18. Oktober 2023 (Seite 5) klargestellt hat, nur die Stellungnahmen der Antragstellerin und des Antragsgegners zu den von der Beigeladenen behaupteten Pflichtverletzungen der Antragstellerin in anderen öffentlichen Aufträgen. Diese sind, wie ausgeführt, nicht mehr entscheidungserheblich.
241
2. Die Gewährung einer weitergehenden Akteneinsicht an die Antragstellerin nach § 175 Abs. 2, § 165 Abs. 1 GWB war ebenfalls nicht veranlasst. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 20. Februar 2024 Akteneinsicht beantragt in die Bestätigung der I.GmbH vom 27. Januar 2024, das Schreiben der Firma R. -KG vom 12. Dezember (2023), die Bestätigung des Landratsamts Y vom 29. Januar 2024 sowie den ergänzenden Vergabevermerk vom 16. Februar 2024. Diese Unterlagen hat die Antragstellerin zwischenzeitlich in teilgeschwärzter Form erhalten. Soweit die Antragstellerin im Schriftsatz vom 8. März 2024 noch weitergehende Akteneinsicht auch in die geschwärzten Passagen begehrt, war diesem Antrag nicht stattzugeben.
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Der Senat hat seine Entscheidung maßgeblich nur auf die Teile der genannten Unterlagen gestützt, die auch gegenüber der Antragstellerin offengelegt wurden. Ein Akteneinsichtsrecht besteht aber von vornherein nur bezüglich der entscheidungserheblichen Aktenbestandteile (ausführlich Kus in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, § 165 Rn. 29 ff.). Damit kann auch dahingestellt bleiben, ob die Schwärzungen von Antragsgegner und Beigeladener zurecht in dem fraglichen Umfang vorgenommen wurden. Nur ergänzend sei darauf verwiesen, dass insbesondere der ergänzende Vergabevermerk vom 16. Februar 2024 ohnehin nur in sehr geringem Umfang Schwärzungen enthält. Unverständlich ist im Übrigen der Einwand der Antragstellerin, es sei nicht akzeptabel, wenn Informationen geschwärzt würden, die ihr bereits bekannt seien. Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Akteneinsicht in Passagen, die der Antragstellerin bereits bekannt sind, besteht nicht.
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3. Über die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners, der sich die Beigeladene angeschlossen hat, ist nicht zu entscheiden.
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a) Der Antragsgegner hat im Rahmen seiner Beschwerdeerwiderung „hilfsweise“ Anschlussbeschwerde erhoben, ohne auszuführen, unter welche Bedingung die Anschlussbeschwerde gestellt werden sollte. Auch die Beigeladene, die sich der Anschlussbeschwerde mit Schriftsatz vom 16. Februar 2024 angeschlossen hat, trägt dazu nichts vor. Allerdings sind auch prozessuale Erklärungen der Auslegung zugänglich. Dabei ist im Zweifel dasjenige gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Beschluss vom 27. September 2023, VIII ZB 90/22, juris Rn. 16 m. w. N.). Vorliegend begehrt der Antragsgegner mit seiner Anschlussbeschwerde, dass der Senat Ausführungen der Vergabekammer zur Angebotsabgabe der Beigeladenen im Auftrag Anker-Dependance D abändert bzw. klarstellt. Die Vergabekammer hat in ihrem Beschluss (Seite 35) ausgeführt, bezüglich des Auftrags UnterkunftsDependance D habe der Beigeladenen bei Angebotsabgabe klar sein müssen, dass sie die vorgegebene maximale Warmhaltezeit von drei Stunden nicht würde einhalten und damit den Vertrag nicht entsprechend den Vorgaben der Regierung von D würde ausführen können. Sie habe damit einen Auftrag erlangt, den sie bei vergaberechtskonformem Vorgehen nicht hätte bekommen dürfen. Dies führe aber im Rahmen der Ermessensausübung durch die Vergabestelle nicht zu einem zwingenden Ausschluss der Beigeladenen nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB. Der Antragsgegner begehrt nach seinen schriftsätzlichen Erläuterungen eine Abänderung bzw. Klarstellung dieser Ausführungen, da diese unzutreffend seien und sich die Antragstellerin in einem Zivilprozess gegen die Beigeladene vor dem Landgericht München I wegen betrügerischen Erschleichens öffentlicher Aufträge gerade auf diese Passage stütze. Zudem sei dem Antragsgegner dort der Streit verkündet worden. Daraus lässt sich folgern, dass die Anschlussbeschwerde unter der Bedingung stehen sollte, dass der Senat die tatsächlichen Feststellungen der Vergabekammer nicht ohnehin (etwa bei Stattgabe der Beschwerde) aufhebt oder abändert. Der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners hat dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20. März 2024 dahin konkretisiert, die Anschlussbeschwerde sei für den Fall gestellt, dass der Senat die Bewertung der Vergabekammer zur Ermessensausübung nicht teile. Es solle verhindert werden, dass der Senat sich in diesem Fall mangels Beschwerde des Antragsgegners an die tatsächlichen Feststellungen der Vergabekammer gebunden sehe und einen zwingenden Ausschluss der Beigeladenen nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB bejahe.
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Ausgehend davon ist über die Anschlussbeschwerde nicht zu entscheiden. Der Senat muss nicht klären, ob die Vorwürfe gegen die Beigeladene zutreffen oder ob diese davon ausging, die Warmhaltezeit sei unverbindlich bzw. die Beigeladene werde die Vorgaben dennoch, etwa unter Anmietung einer Küche in D oder durch mehrfache Fahrten, einhalten können. Denn jedenfalls ist die Höchstfrist für eine Berücksichtigung der Verfehlung von drei Jahren nach § 126 Nr. 2 GWB abgelaufen (siehe oben 2] c] dd] [21]). Ein Ausschluss der Beigeladenen nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB aus diesem Grund scheidet daher ohnehin aus.
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b) Nur ergänzend sei darauf verwiesen, dass die Anschlussbeschwerde auch unzulässig wäre. Zwar bedarf es für die Zulässigkeit einer Anschlussbeschwerde keiner Beschwer des Beschwerdeführers; dennoch kann die Anschlussbeschwerde unzulässig sein, wenn kein Rechtsschutzbedürfnis für das Begehren erkennbar ist (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. November 2016, 15 Verg 5/16, juris Rn. 141; Vavra/Willner, in Burgi/Dreher/Opitz, Beck´scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, GWB, § 171 Rn. 28). So liegt der Fall hier. Ausgehend von den Erläuterungen des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung fehlt der Anschlussbeschwerde das Rechtsschutzbedürfnis, da der Senat bereits im Rahmen der Entscheidung über die Beschwerde anders als die Vergabekammer offengelassen hat, ob die Beigeladene ein Angebot im Wissen, dass sie nicht vertragsgemäß würde leisten können, abgegeben hat. Damit fehlt es aber auch an Feststellungen, die im Rahmen des Zivilprozesses überhaupt Bindungswirkung nach § 179 Abs. 1 GWB entfalten könnten. Denn die Bindungswirkung nach § 179 Abs. 1 GWB umfasst die in der Entscheidung getroffenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen nur insoweit, als es sich um tragende Entscheidungsgründe handelt (OLG Celle, Beschluss vom 17. Juni 2021, 13 Verg 2/21, juris Rn. 35; OLG Koblenz, Beschluss vom 17. Januar 2007, 1 Verg 1/07, juris Rn. 18 f; Antweiler in Burgi/Dreher/Opitz, Beck´scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, GWB, § 179 Rn. 13; Hänisch in Röwekamp/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, § 179 Rn. 5; Dieck-Bogatzke in Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, GWB § 179 Rn. 2; Wirner in BeckOK Vergaberecht, 31. Ed. Stand 1. Februar 2023, GWB § 179 Rn. 62). Dies war bereits bei den fraglichen Ausführungen der Vergabekammer nicht der Fall; erst recht fehlt es an (tragenden) Feststellungen des Senats zu einem betrügerischen Erschleichen des Auftrags.
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4. Die mündliche Verhandlung ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin im Schriftsatz vom 5. April 2024 nicht entsprechend § 156 ZPO wiederzueröffnen. Weder liegt ein zwingender Wiedereröffnungsgrund nach § 156 Abs. 2 ZPO vor, noch erscheint aus sonstigen Gründen eine Wiedereröffnung nach § 156 Abs. 1 ZPO angezeigt. Soweit die Antragstellerin meint, die Beigeladene habe sich nicht zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen erklärt, insbesondere nicht zur Kühlung des Laderaums über den Deckenluftleitkanal, die Zulassungen und Prüfungen bezüglich der „Tower“, zur Einhaltung von § 22 StVZO zu Ladungssicherung und zur Gefahrguttransportgenehmigung, verkennt sie den Prüfungsmaßstab für die Vergabestelle und den Senat. Soweit nach Ansicht des Senats Stellungnahmen und Prüfungen der Beigeladenen bzw. des Antragsgegners tatsächlich erforderlich sind, liegen diese vor. Im Übrigen ist es gerade nicht Aufgabe des Nachprüfungsverfahrens, der Antragstellerin bis ins letzte Detail Kenntnis vom Konzept der Beigeladenen und dessen Durchführung zu verschaffen.
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Der Senat folgt auch nicht der Ansicht der Antragstellerin, die mündliche Verhandlung sei wiederzueröffnen, da die Entscheidung des Senats „immense Bedeutung für die gesamte Branche der Gemeinschaftsverpflegung in Kitas, Schulen, Krankenhäuser, Seniorenheime und sonstigen Einrichtungen in Deutschland und dem jeweiligen Arbeitsmarkt“ habe. Zum einen handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung. Der Senat befindet nicht über die generelle Zulässigkeit von Catering-Konzepten für die Verpflegung in Kitas, Schulen, Krankenhäusern, Seniorenheimen oder sonstigen Einrichtungen. Zum anderen setzt die Antragstellerin mit ihrer Anschuldigung, das Konzept „Fahrzeit gleich Garzeit“ entspreche weder den einschlägigen DIN-Normen noch den lebensmittelhygienerechtlichen Anforderungen, ihre Einschätzung an die Stelle der Bewertung durch die Vergabestelle.
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5. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ergibt sich aus § 175 Abs. 2, § 71 GWB. Die Antragstellerin hat die Kosten ihres unbegründeten Rechtsmittels sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners und der Beigeladenen zu tragen. Die Beigeladene hat sich am Beschwerdeverfahren schriftsätzlich und durch Antragstellung beteiligt.
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Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Antrags nach § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB sowie die hierfür anfallenden, zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners und der Beigeladenen zu tragen. Gemäß § 175 Abs. 2, § 71 Satz 1 GWB entspricht es der Billigkeit, ihr auch diese Kosten bzw. Aufwendungen aufzuerlegen, obwohl der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung Erfolg hatte. Regelmäßig folgt die Kostenentscheidung für das Verfahren nach § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB derjenigen für das Hauptsacheverfahren (BayObLG, Beschluss vom 6. Dezember 2023, Verg 7/23 e, juris Rn. 88 m. w. N.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 30. März 2021, 11 Verg 18/20, juris [Ziffer 2. des Tenors]; OLG Rostock, Beschluss vom 2. Oktober 2019, 17 Verg 3/19, NZBau 2020, 113 Rn. 59 [juris Rn. 84]; kritisch: Gröning in Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2022, GWB § 178 Rn. 56 ff.; Krohn in Burgi/Dreher/Opitz, Beck'scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, GWB, § 182 Rn. 112). In der vorliegenden Sache sind keine Gründe ersichtlich, die es unbillig erscheinen ließen, die Kostenverteilung des Eilverfahrens an derjenigen des Hauptsacheverfahrens auszurichten (vgl. zu speziellen Verfahrenskonstellationen: OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28. März 2018, Verg 38/17, juris Rn. 71; OLG Celle, Beschluss vom 10. Juni 2010, 13
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Verg 18/09, juris Rn. 43; auch KG, Beschluss vom 13. Januar 2020, Verg 9/19, IBRRS 2020, 1327 [unter Gliederungspunkt II.]; Krohn in Burgi/Dreher/Opitz, Beck'scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, GWB, § 182 Rn. 114 m. w. N.)
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Die Kostenentscheidung der Vergabekammer lässt (Ermessens-) Fehler nicht erkennen, § 182 Abs. 3 Satz 5, Abs. 4 GWB.
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6. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren ist nach § 50 Abs. 2 GKG auf bis zu 230.000,00 € festzusetzen. Der Senat geht dabei vom Angebot der Antragstellerin aus und berücksichtigt die feste Laufzeit von zwei Jahren in vollem Umfang. Bezüglich der Verlängerungsmöglichkeit um maximal zwei weitere Jahre nimmt der Senat einen Abschlag von 50% vor (vgl. BGH, Beschluss vom 18. März 2014, X ZB 12/13 – Bioabfallvergärungsanlage, NZBau 2014, 452 Rn. 10 ff.; BayObLG, Beschluss vom 5. August 2022, Verg 7/22, juris Rn. 11; OLG München, Beschluss vom 21. Oktober 2019, Verg 13/19, NZBau 2020, 263 Rn. 69 ff.).