Titel:
Unwirksamkeit einer Einbeziehungssatzung wegen Überschreitens des zulässigen Regelungsrahmens (Parallelentscheidung zu VGH München BeckRS 2024, 12197)
Normenketten:
VwGO § 47 Abs. 2 S. 1
BauGB § 7 Abs. 1, § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 3, Abs. 5 S. 2
WHG § 52 Abs. 1 S. 2, Abs. 2
BayVwVfG Art. 44 Abs. 1
Leitsätze:
1. Da die Prägung von Grundstücksflächen durch eine umgebende Bebauung das Charakteristikum der zu einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil gehörenden Flächen darstellt, macht § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BauGB die Einbeziehung von Außenbereichsflächen davon abhängig, dass die im Zusammenhang bebauten Ortsteile auch diese im Außenbereich gelegenen Flächen sachlich und räumlich prägen und deshalb auch insoweit eine planersetzende Maßstabsfunktion entfalten können. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Entspricht der Regelungsumfang der Festsetzungen einer Einbeziehungssatzung einem (einfachen oder qualifizierten) Bebauungsplan, wird der Regelungsrahmen des § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BauGB überschritten. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Einbeziehungsatzung, Antragsbefugnis, Regelungsdichte der Festsetzungen in einer Einbeziehungssatzung, Normenkontrolle, Einbeziehungssatzung, Trinkwasserversorgung, Abwägung, Regelungsrahmen, Prägung von Grundstücksflächen, planersetzende Maßstabsfunktion, Umgebungsbebauung, offensichtlicher Fehler, Amtsermittlungsgrundsatz, Allgemeinverfügung
Fundstelle:
BeckRS 2024, 12152
Tenor
I. Die Einbeziehungssatzung „S. … …“ in W. zur Errichtung eines Doppelhauses auf dem Grundstück FlNr. …T, Gemarkung W., bekanntgemacht am 8. Juni 2021, ist unwirksam.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Antragstellerin wendet sich gegen die Einbeziehungssatzung „S. … …“ in W. zur Errichtung eines Doppelhauses auf dem Grundstück FlNr. …T, Gemarkung W., die die Antragsgegnerin am 29. April 2021 beschlossen und am 8. Juni 2021 bekanntgemacht hat.
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Durch die Satzung wird eine Teilfläche von ca. 2.280 m² des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung W., in den Bebauungszusammenhang des Ortsteils W. einbezogen. Im nördlichen Teil sieht die Satzung einen Bauraum für ein Doppelhaus, für Garagen und Carports sowie für einen weiteren Stellplatz unter Darstellung der Grundstückseinfahrt vor. Weiter enthält die Satzung Festsetzungen zur Grundfläche, zur Anzahl der Vollgeschosse, zur Dachform, zur Dachneigung, zur Firstrichtung, zur Wandhöhe, zur Höhe der Oberkante des fertigen Fußbodens über Straßenniveau sowie zu den zu erhaltenden und neu zu pflanzenden Obstbäumen. Im südlichen Teil der einbezogenen Fläche ist eine private Grünfläche/Streuobstwiese sowie daran anschließend eine Ausgleichsfläche festgesetzt.
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Das Satzungsgebiet lag ursprünglich in der „weiteren Schutzzone A (W III A)“ der Verordnung des Landratsamts R. über das Wasserschutzgebiet vom 14. Dezember 2015 für die öffentliche Wasserversorgung der Städte K., B.. und R. (WSG-VO), die der Verwaltungsgerichtshof mit rechtskräftigem Urteil vom 12. März 2020 aufgehoben hat (Az. 8 N 16.2555, 8 N 16.2556). Nach § 3 Abs. 1 Nr. 5.2 WSG-VO war die Ausweisung neuer Baugebiete in dieser Schutzzone verboten; die Errichtung baulicher Anlagen war nach § 3 Abs. 1 Nr. 5.1 WSG-VO nur unter näher genannten Voraussetzungen zulässig. Das Landratsamt hat am 27. November 2020 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung eine Allgemeinverfügung zum vorläufigen Schutz des Einzugsgebiets für die öffentliche Wasserversorgung der Städte K., B.. und R. in der W. Au auf dem Gebiet der Städte K., B.. und des Marktes B. erlassen. Nach Nr. 1.1.5.2 der Verfügung sind in der weiteren Schutzzone A (III A), in der auch das Satzungsgebiet liegt, neue Baugebiete und wirkungsgleiche Bauvorhaben verboten; die Errichtung oder Erweiterung baulicher Anlagen ist dort unter näher genannten Voraussetzungen zulässig (Nr. 1.1.5.1). Die Allgemeinverfügung wurde mit Allgemeinverfügung vom 6. November 2023, bekanntgemacht im Amtsblatt des Landkreises R. am 24. November 2023, unter Anordnung der sofortigen Vollziehung um ein Jahr verlängert.
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Die Antragstellerin, die neben der Stadt R. noch weitere Gemeinden mit Trinkwasser aus im Schutzbereich gelegenen Brunnen versorgt, erhob im Aufstellungsverfahren Einwände gegen die Einbeziehungssatzung. Der Grundwasserleiter im M.tal, der von den Brunnen in der W. Au genutzt werde, sei auf Grund der guten Durchlässigkeit der Schotter und des hohen Niederschlags im Einzugsgebiet der Brunnen sehr ergiebig und bilde das Fundament für die Wasserversorgung in den Städten R., B.. und K. Aufgrund der guten Durchlässigkeit der grundwasserführenden Schotter und der geringen Grundwasserüberdeckung sei der Grundwasserleiter sehr empfindlich, die Schutzfunktion der Grundwasserüberdeckung sei sehr gering. Um die Schutzwirkung des Trinkwasserschutzgebiets nicht zu schwächen, sei die Ausweisung neuer Baugebiete in der Schutzzone IIIA verboten. Gefährdungen seien durch die Bautätigkeit selbst, insbesondere durch eine Verringerung der schützenden Deckschichten, sowie im Rahmen der erfolgten Bebauung zu befürchten. In der Schutzzone IIIA bestehe bereits eine bestandsgeschützte Bebauung, von der Gefährdungsmomente ausgingen. Durch die Ausweisung eines neuen Baugebiets in der Schutzzone werde jedoch die Summenwirkung der Risiken weiter erhöht und damit die Schutzwirkung des Trinkwasserschutzgebiets geschwächt.
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Am 29. Juni 2021 stellte die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag und beantragt,
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Die Einbeziehungssatzung der Stadt B.. vom 29. April 2021 „S. … …“ in W., bekanntgemacht am 8. Juni 2021 an den Amtstafeln der Stadt B.., ist unwirksam
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Das Wasserschutzgebiet bzw. die vorläufige Sicherung des Einzugsbereichs der Wasserversorgung sei zu ihren Gunsten festgesetzt worden. Die Antragsgegnerin sei abwägungsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Einbeziehungssatzung kein neues Baugebiet darstelle. Die Einbeziehungssatzung verstoße gegen Nr. 1.1.5.2 der Allgemeinverfügung, wonach „neue Baugebiete“ sowie „wirkungsgleiche Bauvorhaben“ verboten seien. Die Einbeziehungssatzung sei als „neues Baugebiet“ im Sinn des Verbotstatbestands zu verstehen. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut, der Systematik und dem Zweck der Norm.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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Mangels Antragsberechtigung sei der Normenkontrollantrag unzulässig. Die Antragstellerin hätte hierzu keine substantiierten Tatsachen vorgetragen, die eine Verletzung in eigenen Rechten zumindest möglich erscheinen ließen. Der Antrag sei auch unbegründet. Das Normenkontrollgericht habe sich nicht ungefragt auf Fehlersuche zu begeben. Die Einbeziehungssatzung verstoße nicht gegen das Verbot der Ausweisung neuer Baugebiete nach § 3 Abs. 1 Nr. 5.2 WSG-VO bzw. der entsprechenden Regelung in Nr. 1.1.5.2 der Allgemeinverfügung. Das Landratsamt habe hierzu ausgeführt, dass eine Befreiung nicht erforderlich sei. Weder nach deren Wortlaut noch nach Sinn und Zweck sei die Einbeziehungssatzung ein „Baugebiet“ im Sinn der Verbotstatbestände. Es bestünden auch rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Allgemeinverfügung, da sie nicht berücksichtigt habe, dass die Fläche im Flächennutzungsplan als Mischgebiet dargestellt sei. Zudem spreche Überwiegendes dafür, dass die Allgemeinverfügung wegen eines Formverstoßes nichtig sei, da sie sich der Sache nach als Rechtsverordnung darstelle, ohne dass das dafür vorgesehene Verfahren durchgeführt worden sei. Abwägungsmängel mache die Antragstellerin nicht geltend und lägen auch nicht vor. Die Antragsgegnerin habe im Rahmen ihrer abschließenden Abwägung dem Belang des Grundwasserschutzes in ausreichender Weise Rechnung getragen.
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Der Senat hat mit Beschluss vom 5. August 2021 die Einbeziehungssatzung bis zur Entscheidung über die Hauptsache außer Vollzug gesetzt (1 NE 21.1791). Die Einbeziehungssatzung sei voraussichtlich unwirksam, da sie nicht den Regelungsrahmen des § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 2 BauGB wahre.
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Für den Verlauf der mündlichen Verhandlung am 16. April 2024 wird auf das Protokoll verwiesen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Normaufstellungsakte sowie auf die Gerichtsakten in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und des Hauptsacheverfahrens Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Der zulässige Normenkontrollantrag hat Erfolg. Die Einbeziehungssatzung ist unwirksam.
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1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist die Antragstellerin antragsbefugt.
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Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Ein Antragsteller, der von der angegriffenen Rechtsvorschrift nicht unmittelbar betroffen ist, kann im Normenkontrollverfahren seine Antragsbefugnis darauf stützen, dass seine abwägungserheblichen Belange möglicherweise fehlerhaft abgewogen wurden. Antragsbefugt ist hiernach, wer sich auf einen abwägungserheblichen eigenen Belang berufen kann; denn wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, B.v. 30.4.2004 – 4 CN 1.03 – NVwZ 2004, 1120). Es müssen hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen werden, die eine Verletzung in subjektiven Rechten zumindest als möglich erscheinen lassen (vgl. BVerwG, B.v. 1.7.2020 – 4 BN 49.19 – juris Rn. 7). Die Antragsbefugnis ist jedoch dann nicht gegeben, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 24.9.1998 – 4 CN 2.98 – BVerwGE 107, 215). Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn das Interesse des Betroffenen geringwertig, nicht schutzwürdig, für die Gemeinde nicht erkennbar oder sonst makelbehaftet ist (vgl. BVerwG, B.v. 2.3.2015 – 4 BN 30.14 – BauR 2015, 967). Dieser Maßstab gilt für einen Normenkontrollantrag gegen eine Satzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB entsprechend (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2023 – 15 N 22.2521 – juris Rn. 21; vgl. zum Abwägungsgebot bei Einbeziehungssatzungen: BayVGH, U.v. 8.6.2010 – 15 N 08.3172 – juris Rn. 32).
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Hieran gemessen kann sich die Antragstellerin auf eine Verletzung ihres Anspruchs auf fehlerfreie Abwägung berufen. Es kann offenbleiben, ob die Allgemeinverfügung zum vorläufigen Schutz des Einzugsgebiets für die öffentliche Wasserversorgung per se drittschützende Wirkung gegenüber dem Träger der Wasserversorgung entfaltet (den Drittschutz einer Wasserschutzgebietsverordnung verneinend im Anwendungsbereich des § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG: BayVGH, B.v. 3.2.2023 – 8 CS 22.2481 – juris Rn. 27; BayVGH, U.v. 20.5.2021 – 8 B 19.1590 – juris Rn. 31). Denn die Antragstellerin verfügt nach den Ausführungen des Bevollmächtigten der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung über wasserrechtliche Bewilligungen zum Betrieb der Trinkwasserbrunnen. Sie hat daher als unmittelbar betroffener legitimer Grundwassernutzer eine abwägungsrelevante Rechtsposition inne und kann sich insbesondere auf das sich aus § 47 Abs. 1 Nr. 1 WHG ergebende wasserrechtliche Verschlechterungsverbot berufen (vgl. BVerwG, U.v. 30.11.2020 – 9 A 5.10 – BVerwGE 170, 378). Mit den im Aufstellungsverfahren mit gemeinsamer Stellungnahme der Stadtwerke B.., der Stadt K. und der Stadtwerke R. erhobenen Einwendungen vom 28. Februar 2019, auf die sich der Bevollmächtigte der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung zur Begründung ihrerAntragsbefugnis bezogen hat, werden hinreichend substantiiert die von ihr befürchteten Gefährdungen des Trinkwasservorkommens infolge der Einbeziehungssatzung aufgrund der Verringerung der schützenden Deckschicht sowohl durch die Bautätigkeit selbst als auch durch die spätere Nutzung dargelegt.
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2. Der Normenkontrollantrag ist begründet. Die Einbeziehungssatzung ist unwirksam, da sie nicht den Regelungsrahmen des § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 2 BauGB wahrt.
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Nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB kann die Gemeinde durch eine sog. Einbeziehungssatzung einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn diese Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind. In der Satzung können einzelne Festsetzungen nach § 9 Abs. 1, Abs. 1a, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 BauGB getroffen werden (§ 34 Abs. 5 Sätze 2 und 4 BauGB). Dabei ist die Prägung von Grundstücksflächen durch eine umgebende Bebauung gerade das Charakteristikum der zu einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil gehörenden Flächen. Aus diesem Grund macht § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB die Einbeziehung von Außenbereichsflächen davon abhängig, dass die im Zusammenhang bebauten Ortsteile auch diese im Außenbereich gelegenen Flächen sachlich und räumlich prägen und deshalb auch insoweit eine Plan ersetzende Maßstabsfunktion entfalten können (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2009 – 4 BN 31.09 – BauR 2010, 444). Aus dieser Zweckbestimmung und der Beschränkung in § 34 Abs. 5 Satz 2 BauGB, wonach lediglich einzelne Festsetzungen getroffen werden können, die sonst einem Bebauungsplan vorbehalten sind, folgt aber zugleich, dass Art und Maß der baulichen Nutzung sowie die überbaubaren Grundstücksflächen und die Bauweise im Wesentlichen durch den vorhandenen Baubestand bestimmt werden müssen und die Festsetzungen nach § 9 BauGB allenfalls klarstellend und ergänzend hinzutreten können. Ihrer Funktion entsprechend haben sich ihre Festsetzungen auf die spezifische Zielsetzung, den Innenbereich um einzelne Außenbereichsflächen zu ergänzen, zu beschränken (vgl. BVerwG, B.v. 13.3.2003 – 4 BN 20.03 – juris Rn. 3). Entspricht daher der Regelungsumfang der Festsetzungen einer Einbeziehungssatzung einem (einfachen oder qualifizierten) Bebauungsplan, wird der Regelungsrahmen des § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB überschritten (vgl. BayVGH, U.v. 13.9.2016 – 1 N 15.4 – BayVBl 2017, 309).
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Gemessen an diesen Maßstäben gehen die Festsetzungen in der angegriffenen Einbeziehungssatzung über den zulässigen Regelungsrahmen hinaus. Die detaillierten Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung (zulässige Grundfläche des Hauptbaukörpers, Anzahl der Vollgeschosse, Wandhöhe) sowie der überbaubaren Grundstücksflächen (Baugrenzen für Wohnhaus sowie für Garagen und Carports, Stellplatz) entsprechen, unabhängig von einer fehlenden Regelung nach § 19 Abs. 4 BauNVO, in der anzustellenden Gesamtschau der Regelungsdichte eines einfachen Bebauungsplans. Die Einbeziehungssatzung enthält zudem jedenfalls im Hinblick auf die zulässige Grundfläche des Hauptbaukörpers sowie die überbaubare Grundstücksfläche Vorgaben, denen angesichts der nördlich gelegenen Bebauung eine einschränkende und nicht nur eine klarstellende Wirkung zugesprochen werden kann. Damit ist der Maßstab für das in der Einbeziehungssatzung vorgegebene Maß der baulichen Nutzung erkennbar nicht die prägende Umgebungsbebauung. Entgegen der beschränkten Festsetzungsmöglichkeit einer Einbeziehungssatzung will die Antragsgegnerin hier die städtebauliche Entwicklung im Plangebiet selbst umfassend steuern und ihre eigenen bzw. die planerischen Vorstellungen der Eigentümer im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung sowie der überbaubaren Grundstücksflächen verwirklichen. Damit verlässt sie den Regelungsbereich einer Einbeziehungssatzung.
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Zwar soll sich das Normenkontrollgericht – worauf der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin zu Recht hinweist – bei der Überprüfung von Satzungen nicht „gleichsam ungefragt“ auf Fehlersuche begeben (vgl. BVerwG, B.v. 28.5.2020 – 5 BN 2.19 – juris Rn. 37; U.v. 17.4.2002 – 9 CN 1.01 – BVerwGE 116, 88). Der Mangel der Einbeziehungssatzung ist jedoch so offensichtlich, dass er trotz fehlender Rüge der Antragstellerin bei einer sachgerechten Handhabung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) nicht außer Acht gelassen werden kann.
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Es kann daher offenbleiben, ob die Einbeziehungssatzung zudem auch wegen eines Verstoßes gegen die Allgemeinverfügung zur vorläufigen Sicherung des Einzugsgebiets für die öffentliche Wasserversorgung unwirksam ist. Gegen die Wirksamkeit der vollziehbaren Allgemeinverfügung bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Im Hinblick auf den vorgetragenen Verstoß der Allgemeinverfügung gegen § 7 Abs. 1 BauGB ist nicht dargetan und auch nicht ersichtlich, dass dies zu einer Nichtigkeit der Allgemeinverfügung nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG führen würde. Soweit die Antragsgegnerin einwendet, dass die Allgemeinverfügung der Sache nach eine Rechtsverordnung sei, die ohne das hierfür erforderliche Verfahren erlassen worden sei, zeigt sie vor dem Hintergrund der Regelung in § 52 Abs. 2 WHG keine Gründe auf, die den Schluss auf eine Nichtigkeit nach Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG zuließen.
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Bei Annahme der Wirksamkeit der Allgemeinverfügung spricht nach Auffassung des Senats einiges dafür, dass die Einbeziehungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB gegen das in Nr. 1.1.5.2 der Allgemeinverfügung enthaltene Verbot der Baugebietsausweisung bzw. wirkungsgleicher Bauvorhaben verstoßen könnte. Dieser Regelung liegt erkennbar die Intention zu Grunde, den Einzugsbereich der Trinkwasserbrunnen zur öffentlichen Trinkwasserversorgung vor Gefährdungen durch weitere Bauten und hieran anknüpfenden Nutzungen, die auf der Grundlage neu geschaffenen Baurechts entstehen könnten, zu schützen. Hiervon ausgehend liegt es nahe, das Verbot in Nr. 1.1.5.1 der Allgemeinverfügung dahingehend auszulegen, dass sämtliche planerische Entscheidungen, die erstmalig zur Schaffung neuen Baurechts führen, unter den Begriff „neue Baugebiete“ fallen und nicht nur Planungen, mit denen erstmals eine zusammenhängende Bebauung ermöglicht werden soll bzw. eine Bebauung, die einem Baugebiet im Sinn von § 1 Abs. 2 BauNVO entspricht. Diese Frage bedarf jedoch vorliegend keiner abschließenden Beurteilung.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
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Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO hat die Antragsgegnerin die Entscheidung in Nr. I der Urteilsformel nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils in derselben Weise zu veröffentlichen wie die Einbeziehungssatzung (§ 10 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 34 Abs. 6 Satz 2 BauGB).