Titel:
Terminsgebühr für Besprechung mit "Dritten"?
Normenkette:
RVG VV Nr. 3104
Leitsatz:
Eine Besprechung mit "Dritten" löst jedenfalls dann keine Terminsgebühr aus, wenn nicht glaubhaft gemacht wird, dass die Besprechung der Erledigung des Beschwerdeverfahrens diente. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschwerde, Terminsgebühr, Verfahrensbeendigung, Besprechung, Kausalität, Erledigung
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 13.10.2021 – M 11 M 21.2105
Fundstellen:
BayVBl 2024, 758
LSK 2024, 12151
BeckRS 2024, 12151
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Beigeladene hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
1
Die Beigeladene ist Beschwerdeführerin und begehrt die Festsetzung einer Terminsgebühr für ein außergerichtlich geführtes Gespräch mit dem Bevollmächtigten der Antragsteller.
2
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 29. Oktober 2020 den Antrag der Antragsteller auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer gegen die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung erhobenen Klage abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 22. März 2021 (Az. 1 CS 20.2787) zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen wurden den Antragstellern auferlegt. Die Beigeladene beantragte für das Beschwerdeverfahren die Festsetzung einer 1,6 fachen Verfahrensgebühr, einer 1,2 fachen Terminsgebühr sowie einer Post- und Telekommunikationspauschale.
3
Der Urkundsbeamte des Verwaltungsgerichts setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7. April 2021 die von den Antragstellern im Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu tragenden notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen ohne Berücksichtigung der Terminsgebühr fest. Die hiergegen gerichtete Erinnerung hat das Verwaltungsgericht zurückgewiesen und der in der Folge erhobenen Beschwerde nicht abgeholfen. Eine Terminsgebühr sei nicht entstanden. Auf Initiative der nicht verfahrensbeteiligten Stadt S. habe ein Gespräch stattgefunden, an dem jedoch der Antragsgegner nicht teilgenommen habe. Zwar könne ein Rechtsstreit auch ohne ein Zutun des Antragsgegners erledigt werden; gleichwohl seien Absprachen mit Dritten nicht geeignet, die begehrte Terminsgebühr auszulösen. Die Terminsgebühr für außergerichtlich geführte Gespräche könne nicht völlig losgelöst betrachtet werden vom Bezugsfall eines gerichtlichen Termins.
4
Mit der Beschwerde macht die Beigeladene geltend, dass Gegenstand der Besprechung am 11. März 2021, an der auf Einladung der Stadt S. die Antragstellerin mit ihrem Prozessbevollmächtigten, zwei Vertreter der Stadt S. sowie zwei Vertreter der Beigeladenen mit ihrem Prozessbevollmächtigten teilgenommen haben, eine vergleichsweise Beendigung der anhängigen gerichtlichen Verfahren zwischen den Beteiligten gewesen seien. In dem Besprechungstermin habe die Beigeladene vorgeschlagen, verschiedene Änderungen an dem Bauvorhaben umzusetzen, die den Antragstellern entgegenkommen sollten. Zur Umsetzung der Änderungen wäre eine Tekturgenehmigung erforderlich gewesen, zu deren Beantragung sich die Beigeladene gegen Rücknahme der Klagen verpflichtet hätte. Die Vergleichsvorschläge der Beigeladenen seien vorab im Rahmen einer online-Besprechung mit Vertretern des Landratsamts abgestimmt worden, die die vorgesehenen Änderungen als genehmigungsfähig angesehen hätten.
5
Die Antragsteller traten der Beschwerde entgegen. Es sei in der Besprechung vom 11. März 2021 nicht um die Erledigung des Beschwerdeverfahrens gegangen, sondern um inhaltliche Fragen zum Bebauungsplan der Stadt S. Die Besprechung sei auch nicht auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens gerichtet gewesen, da kein Vertreter des Antragsgegners daran teilgenommen habe.
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Die zulässige Beschwerde, über die gemäß § 150 VwGO der Senat entscheidet (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2016 – 10 C 15.474 u.a. – NVwZ-RR 2017, 83), ist nicht begründet.
7
Im zu Grunde liegenden Beschwerdeverfahren ist auf Seiten der Beigeladenen keine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG entstanden.
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Ein Rechtsanwalt verdient die Terminsgebühr Nr. 3104 – unter anderem – gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 VV-RVG für die Mitwirkung an außergerichtlichen Besprechungen, die auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. An das Merkmal einer Besprechung stellt das Gesetz keine besonderen Anforderungen. Eine Besprechung setzt nur die Bereitschaft der Gegenseite voraus, überhaupt in Überlegungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens einzutreten (BVerwG, B.v. 3.9.2018 – 3 KSt 1.18 u.a. – juris Rn. 6 m.w.N.). Dass sie darüber hinaus kausal für die Erledigung des gerichtlichen Verfahrens geworden ist, ist nicht erforderlich. Denn nach dem Gesetzeszweck soll die Gebühr schon verdient sein, wenn der Rechtsanwalt an auf die Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts mitwirkt, insbesondere, wenn diese auf den Abschluss des Verfahrens durch eine gütliche Regelung zielen (BayVGH, B.v. 29.9.2022 – 6 C 22.1973 – BayVBl 2023, 136).
9
Es kann offenbleiben, ob eine Besprechung mit „Dritten“ überhaupt eine Terminsgebühr auszulösen vermag (vgl. hierzu BAG, B.v. 19.2.2013 – 10 AZB 2/13 – juris Rn. 12), denn die Beigeladene hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Besprechung der Erledigung des Beschwerdeverfahrens diente. Angesichts der Vielzahl der von der Antragstellerin anhängig gemachten Verfahren (Normenkontrollantrag gegen Bebauungsplan/Änderungsbebauungsplan, Normenkontrolleilantrag gegen Bebauungsplan/Änderungsbebauungsplan, Klageverfahren gegen Baugenehmigung, Eil-/Beschwerdeverfahren gegen Baugenehmigung) ist nicht dargetan, dass die Besprechung auf die Beilegung des Beschwerdeverfahrens abgezielt hat, zumal im Beschwerdeverfahren eine gerichtliche Entscheidung bereits unmittelbar bevorstand. Nach ihren Ausführungen hätte sich die Beigeladene gegen Rücknahme der Klagen zur Beantragung einer Tekturgenehmigung verpflichtet. Dazu, dass die Besprechung neben der Beilegung des Hauptsacheverfahrens auf die Beilegung des zum damaligen Zeitpunkt bereits entscheidungsreifen Beschwerdeverfahrens gerichtet war, fehlt es an einem hinreichend substantiierten Vortrag bzw. an einer Glaubhaftmachung.
10
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Einer Streitwertfestsetzung bedarf es angesichts der in Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) geregelten Festgebühr nicht.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).