Inhalt

AG Ebersberg, Beschluss v. 04.04.2024 – 055 F 394/23
Titel:

Abrechnung eines berufsmäßigen Pflegers

Normenkette:
BGB § 1808 Abs. 3, § 1813 Abs. 1, § 1877 Abs. 3
Leitsätze:
1. Die Abrechnung eines berufsmäßigen Pflegers erfolgt grundsätzlich nach den Stundensätzen des § 3 Abs. 1 VBVG. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Abrechnung eines als Ergänzungspfleger tätigen Rechtsanwalts nach den Grundsätzen des RVG ist möglich, wenn die Bewältigung der übertragenen Aufgaben besondere rechtliche Fähigkeiten erfordert und deshalb eine anwaltsspezifische Tätigkeit darstellt. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vergütung, Ergänzungspfleger, Abrechnung, Stundensatz, berufsmäßig, notarielle Grundstücksübertragung, Rechtsanwaltsvergütungsordnung
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Hinweisbeschluss vom 13.05.2024 – 16 WF 467/24 e
Fundstelle:
BeckRS 2024, 11680

Tenor

1. Der Ergänzungspflegerin ... wird für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 16.05.2023 bis 18.01.2024 gegen die gesetzliche Vertreterin ... eine Vergütung aus dem Vermögen des Pfleglings in Höhe von 5.716,33 EUR bewilligt und festgesetzt.
Der Betrag ist mit 5%-Punkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB hieraus ab dem 07.03.2024 zu verzinsen.
2. Der Ergänzungspflegerin ... wird für ihre Tätigkeit in der Zeit vom 16.05.2023 bis 18.01.2024 gegen den gesetzlichen Vertreter ... eine Vergütung aus dem Vermögen des Pfleglings in Höhe von 2.334,84 EUR bewilligt und festgesetzt.
Der Betrag ist mit 5%-Punkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB hieraus ab dem 07.03.2024 zu verzinsen.

Gründe

1
Mit Antrag vom 07.03.2024 hat die Ergänzungspflegerin ... die Festsetzung einer Vergütung für ihre Tätigkeit nach den Vorschriften des RVG geltend gemacht, §§ 1813 Abs. 1, 1808 Abs. 3 BGB, § 3 VBVG i.V.m. RVG.
2
Die gesetzlichen Vertreter wurden zum Vergütungsantrag gehört.
3
Die Abrechnung eines berufsmäßigen Pflegers erfolgt grundsätzlich nach den Stundensätzen des § 3 Abs. 1 VBVG. Eine Abrechnung eines als Ergänzungspfleger tätigen Rechtsanwalts, nach den Grundsätzen des RVG ist gem. § 4 Abs. 2 VBVG, § 1877 Abs. III BGB dann möglich, wenn die Bewältigung der übertragenen Aufgaben besondere rechtliche Fähigkeiten erfordert und deshalb eine anwaltsspezifische Tätigkeit darstellt. Es wird darauf abgestellt, ob ein berufsmäßiger Pfleger, der nach VBVG die höchste Qualifikation aufweist, deshalb einen Rechtsanwalt beiziehen würde. Im vorliegenden Fall waren mehrere notarielle Grundstücksüberlassungsverträge rechtlich auf Vorteilhaftigkeit für das minderjährige Kind zu prüfen. Es wurden durch die Ergänzungspflegerin auch umfangreiche Änderungen umgesetzt, um dieses Ziel zu erreichen. Für diese Tätigkeiten wäre von einem berufsmäßigen Pfleger ohne Ausbildung zum Volljuristen berechtigterweise Rechtsrat eingeholt und ein Rechtsanwalt beigezogen worden.
4
Die Abrechnung nach den Grundsätzen des RVG ist insoweit angemessen und gerechtfertigt.
5
Der der Abrechnung zugrunde gelegte Streitwert wurde durch Beschluss vom 14.11.2023 auf 1.000.000 € festgesetzt. Auf diesen wird Bezug genommen. Insoweit in der Stellungnahme zum Vergütungsantrag vom 12.03.2024 mitgeteilt wird, dass der Wert der steuerlichen Bereicherung lediglich bei 400.000 € liegt wird darauf hingewiesen, dass dieser Wert nicht mit dem im Verfahren zu berücksichtigenden Verkehrswert der Immobilien übereinstimmen muss. Dieser wird regelmäßig höher ausfallen, da dort keine Abzüge wie z.B. Nießbräuche statthaft sind.
6
Die Abrechnung nach dem festgesetzten Streitwert ist demnach nicht zu beanstanden.
7
Dem Einwand, dass das Kind mittellos sei, kann nicht gefolgt werden, da ja gerade durch Abschluss der Verträge beträchtliches Grundeigentum erworben wurde.
8
Die Kosten der Ergänzungspflegschaft sind Teil der Verfahrenskosten. Nach § 24 Nr. 2 FamGKG schuldet diese Kosten, wer sie durch eine vor Gericht abgegebene oder dem Gericht mitgeteilte Erklärung übernommen hat. Für den Fall einer wirksamen Kostenübernahme bestehen keine Bedenken, die Kosten gegen den Übernahmeschuldner direkt festzusetzen. Eine Übernahmeerklärung liegt auch vor, wenn der Veräußerer eines Grundstücks in der notariellen Urkunde die Kosten der Beurkundung und des Vollzugs übernimmt und für die Durchführung des Grundstücksgeschäfts die Bestellung eines Ergänzungspflegers notwendig war. Dann trägt derjenige, der die Kosten übernommen hat, auch die Auslagen für den Ergänzungspfleger. Vorliegend hat sich ... in der Urkunde des Notars ... vom 10.07.2023 UVZ-Nr. ... sowie ... in der Urkunde des Notars ... vom 10.07.2023 UVZ-Nr. ... ausdrücklich zur Übernahme der Kosten der Ergänzungspflegschaft verpflichtet.
9
Für die Aufteilung der Kostentragungspflicht ist maßgeblich in welchem Umfang der Grundbesitz von den Beteiligten übergeben worden ist. Hierzu ist der Wert der Immobilien maßgeblich.
10
Der Wert der notariellen Urkunde UVZ-Nr. ..., beträgt 936.740,00 €. Der Wert der Immobilie, der Urkunde UVZ-Nr. ..., beträgt 376.513,50 €. Insgesamt wurden an das minderjährige Kind ... Immobilien im Wert von 1.313.253,00 € überlassen.
11
Dies entspricht einem Anteil von Na zu 71% und Herr Nt zu 29%. Die Kosten waren dementsprechend aufzuteilen.