Titel:
Erteilung der deutschen Fahrerlaubnis im Wege der Umschreibung nach Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens
Normenketten:
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 11 Abs. 3 Nr. 5, Abs. 8 S. 1, § 31, § 46 Abs. 1 S. 1
Leitsatz:
Zwar vermittelt § 31 FeV Inhabern einer Fahrerlaubnis der in § 31 Anl. 11 FeV aufgeführten Staaten einen Anspruch auf (Neu-)Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis unter erleichterten Bedingungen, wobei die drittstaatliche Fahrerlaubnis fortbesteht. Dies bedeutet indes nicht, dass die Erteilung der deutschen Fahrerlaubnis trotz bestehender Bedenken gegen die Eignung erfolgen müsste. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Sofortverfahren, Entziehung der Fahrerlaubnis, Umschreibung kosovarische in deutsche Fahrerlaubnis, Eignungszweifel, Fahreignungs-Bewertungssystem, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Fahrerlaubnis, ausländische Fahrerlaubnis, Fahreignung, Rücknahme
Fundstelle:
BeckRS 2024, 1146
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Nummern 1 und 2 des Bescheides des Landratsamtes B... vom 27. November 2023 (Az.: …) wird wiederhergestellt.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die vom Antragsgegner ausgesprochene Entziehung der Fahrerlaubnis und Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins.
2
1. Der Antragsteller ist kosovarischer Staatsangehöriger und seit dem 30. November 2017 dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland wohnhaft. Er ist im Besitz einer kosovarischen Fahrerlaubnis der Klasse B, gültig bis 1. November 2031. Auf seinen Antrag hin wurde dem Antragsteller am 26. Juli 2023 eine deutsche Fahrerlaubnis der Klassen B, AM und L erteilt und am 8. August 2023 der entsprechende Führerschein ausgehändigt.
3
Der Antragsteller wurde zwischen Dezember 2018 und Dezember 2022 insgesamt sechs Mal rechtskräftig wegen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafrechtlich belangt. Die Taten hatten jeweils die Eintragung von zwei Punkten im Fahreignungsregister zur Folge. Am 9. April 2021 missachtete der Antragsteller das Rotzeichen einer Lichtzeichenanlage, was die Eintragung von ebenfalls zwei Punkten im Fahreignungsregister zur Folge hatte.
4
Mit Schreiben vom 19. Juli 2023, zugestellt am 21. Juli 2023, forderte das Landratsamt B. den Antragsteller zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens bis 20. Oktober 2023 auf, welches zu folgender Frage Stellung nehmen sollte:
„Ist trotz der aktenkundigen Straftat(en) im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr zu erwarten, dass [der Antragsteller] künftig nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen verstoßen wird ?“
5
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssten die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Aufgrund der aktenkundigen Straftaten bestünden begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV könne bei einer erheblichen Straftat oder Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen, eine medizinisch-psychologische Untersuchung angeordnet werden. Auch unter Berücksichtigung der nicht unbeträchtlichen Belastungen für den Betroffenen sei die Anordnung im vorliegenden Fall gerechtfertigt, da sehr hohe Zweifel an der Fahreignung bestünden. Das private Interesse an der Erteilung der Fahrerlaubnis ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen müsse zurückstehen. Der Antragsteller sei bewusst und wiederholt ohne gültige Fahrerlaubnis gefahren, was Ausdruck einer grundlegend defizitären Einstellung gegenüber den im Straßenverkehr einzuhaltenden Geboten und Verboten seine könne. Es stehe kein weniger einschneidendes Mittel zur Aufklärung zur Verfügung. Vielmehr sei die Anordnung im Vergleich zu anderen Maßnahmen, wie beispielsweise der Versagung der Fahrerlaubnis, das am wenigsten einschneidende Mittel. Im Falle der Nichtvorlage des Gutachtens bzw. Weigerung, sich untersuchen zu lassen, könne die Fahrerlaubnisbehörde nach § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung schließen. Des Weiteren müsse auch nach Vorlage des Gutachtens ggf. mit weiteren Maßnahmen, wie z.B. der Versagung des Antrages / Fahrerlaubnis, je nach Untersuchungsergebnis, gerechnet werden.
6
Mit Schreiben vom 24. Juli 2023, beim Landratsamt eingegangen am 27. Juli 2023, erklärte der Antragsteller seine Bereitschaft zur Durchführung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung beim TÜV ... e.V. S. Am 26. Juli 2023 wurde dem Antragsteller die deutsche Fahrerlaubnis erteilt und der entsprechende Führerschein wurde ihm am 8. August 2023 ausgehändigt.
7
Mit Schreiben vom 28. Juli 2023 übermittelte das Landratsamt die Fahrerlaubnisakte des Antragstellers an den TÜV … und teilte mit, dass bei ihm als Bewerber eine Begutachtung der Fahreignung erforderlich sei.
8
Mit Schreiben vom 16. Oktober 2023 teilte der TÜV … der Fahrerlaubnisbehörde mit, dass die zur Verfügung gestellten elektronischen Aktenunterlagen gelöscht worden seien.
9
Mit Schreiben vom 26. Oktober 2023 wurde der Antragsteller zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis aufgrund der Nichtvorlage des Gutachtens über die medizinisch-psychologische Untersuchung angehört.
10
Mit Schreiben vom 24. November 2023 ließ der Antragsteller hierzu Stellung nehmen und im Wesentlichen ausführen: Es werde darum gebeten, von einer erneuten medizinisch-psychologischen Untersuchung abzusehen und den Bescheid zu widerrufen. Die Teilnahme an der Begutachtung sei nicht verweigert worden, vielmehr sei dem Antragsteller telefonisch von der Begutachtungsstelle mitgeteilt worden, es bestehe kein Grund für eine „MPU“. Im Übrigen sei diese auch nicht geboten, da der Antragsteller Inhaber einer kosovarischen Fahrerlaubnis gewesen sei und keine Hinweise auf eine eingeschränkte Fahrtauglichkeit bestünden bzw. bestanden hätten. Mit Ausnahme eines Rotlichtverstoßes lägen keinerlei Verkehrsverstöße wie beispielsweise zu schnelles Fahren, Straßenverkehrsgefährdungen oder ähnliches vor. Der Antragsteller sei nur aufgrund des fehlenden deutschen Führerscheins strafrechtlich in Erscheinung getreten. Es bestehe aufgrund des mittlerweile erhaltenen deutschen Führerscheins keine Gefahr erneuter Verstöße, zumal der Antragsteller unter laufender Bewährung stehe.
11
Mit Bescheid vom 27. November 2023 – der Bevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 28. November 2023 – entzog das Landratsamt B. dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L (Nr. 1 des Bescheides) und forderte ihn auf, den Führerschein mit der Nummer … unverzüglich beim Landratsamt abzugeben (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheides wurde angeordnet (Nr. 3) und für den Fall, dass die in Nr. 2 des Bescheides festgelegte Pflicht nicht bis spätestens 8. Dezember 2023 erfüllt wird, ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht (Nr. 4). Dem Antragsteller wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt (Nr. 5) und für den Bescheid eine Gebühr in Höhe von 150,00 EUR sowie Auslagen in Höhe von 3,45 EUR festgesetzt (Nr. 6).
12
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Erweise sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so habe ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV) zu entziehen. Dies gelte insbesondere, wenn erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen werde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen sei. Würden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründeten, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet sei, fänden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung. Aufgrund der erfolgten Verurteilungen des Antragstellers bestünden erhebliche Zweifel an der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen, weshalb dieser unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 11 Abs. 8 FeV zur Klärung aufgefordert worden sei, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen. Dies sei durch den Antragsteller nicht erfolgt. Mit dem TÜV … sei telefonisch Rücksprache gehalten worden. Danach sei der Antragsteller von der Begutachtungsstelle angeschrieben worden, ob er einen Dolmetscher benötige, woraufhin er sich nicht zurückgemeldet habe. Eine telefonische Kontaktaufnahme durch den Antragsteller sei nach dortiger Aussage, an der keine Zweifel bestünden, nicht erfolgt. Die Durchführung der Begutachtung zu organisieren, obliege dem Antragsteller. Er habe auch nicht davon ausgehen dürfen, dass sich die Anordnung durch die Aushändigung des deutschen Führerscheins erledigt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei die eventuelle Nichteignung noch durch die angeordnete Begutachtung zu prüfen gewesen, weshalb es keine rechtliche Möglichkeit gegeben habe, die Aushändigung zu verweigern. Die Anordnung sei auch auf Grundlage von § 11 Abs. 3 Nr. 5 FeV zu Recht erfolgt. Da das Gutachten nicht beigebracht worden sei, dürfe auf die Nichteignung geschlossen werden (§ 11 Abs. 8 FeV). Die Nr. 2 des Bescheides ergebe sich aus § 47 Abs. 1 FeV. Es solle verhindert werden, dass der Besitzer eines Führerscheins den Anschein einer tatsächlich nicht bestehenden Fahrerlaubnis erwecke.
13
Die sofortige Vollziehung sei anzuordnen, um sicherzustellen, dass der Antragsteller ab Zustellung des Bescheides kein Kraftfahrzeug mehr führe. Das öffentliche Interesse an der Sicherheit im Straßenverkehr fordere den sofortigen Vollzug des Bescheides. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass von nicht geeigneten Verkehrsteilnehmern erhebliche Gefahren ausgingen, weshalb eine Interessenabwägung angesichts der in Rede stehenden Rechtsgüter Leben, körperliche Unversehrtheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer zu Lasten des Antragstellers ausfalle. Seine persönlichen und beruflichen Belange hätten insoweit zurückzutreten.
14
Am 8. Dezember 2023 gab der Antragsteller seinen Führerschein bei der Fahrerlaubnisbehörde ab.
15
Am 20. Dezember 2023 ließ der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid erheben.
16
2. Am 21. Dezember 2023 ließ der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg beantragen,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 20. Dezember 2023 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 27. November 2023, Geschäftszeichen: … …, anzuordnen.
17
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Der Bescheid des Antragsgegners sei rechtswidrig und aufzuheben. Das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei vorrangig vor dem Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung. Es bestehe die Gefahr, dass der Antragsteller seinen Arbeitsplatz verliere. Dieses Interesse sei vorrangig zum Interesse an der Entziehung der Fahrerlaubnis und Einziehung des Führerscheins, zumal der Antragsteller offensichtlich sehr umsichtig und sicher Auto fahre. Der Antragsteller habe zu keinem Zeitpunkt die Teilnahme an einer „MPU“ verweigert. Im Übrigen sei die Anordnung in keiner Weise verhältnismäßig. Seitens des Antragsgegners sei nicht hinreichend geprüft worden, ob Anzeichen für eine fehlende Fahreignung vorhanden seien. Der Antragsgegner habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass der einzige (wenn auch wiederholte) Verkehrsverstoß des Antragstellers darin gelegen habe, dass er anstelle eines deutschen Führerscheins noch mit seinem kosovarischen gefahren sei. Zu Straßenverkehrsverstößen oder -gefährdungen sei es nicht gekommen. Zweifel an der Fahreignung bestünden nicht.
18
Mit weiterem Schriftsatz vom 12. Januar 2024 ließ der Antragsteller sein Vorbringen vertiefen und ergänzend vorbringen: Der Antragsgegner habe aufgrund des zeitlichen Ablaufs durch die Erteilung der deutschen Fahrerlaubnis einen Vertrauenstatbestand geschaffen, dass sich die Begutachtung für den Antragsteller erledigt habe. Eine Begutachtung sei aber auch gar nicht erforderlich gewesen, da keinerlei Beeinträchtigungen der Fahrfähigkeit des Antragstellers vorlägen.
19
Das Landratsamt B. beantragt für den Antragsgegner:
Der Antrag wird abgelehnt.
20
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Der Antrag sei unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid rechtmäßig sei und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletze, weshalb das öffentliche Interesse an dessen Vollzug das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiege. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG sei die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweise. Würden Tatsachen bekannt, die Bedenken hinsichtlich der Eignung begründen, fänden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung. Nach § 11 Abs. 8 FeV dürfe die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung schließen, wenn die Untersuchung verweigert werde oder das geforderte Gutachten nicht fristgerecht beigebracht werde. Dieser Schluss sei gerechtfertigt, wenn – wie hier – die Anordnung der Beibringung des Gutachtens anlassbezogen und verhältnismäßig gewesen sei. Die Anordnung beruhe auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV und sei anlassbezogen und angemessen. Es lägen wiederholte Straftaten vor, welche im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stünden sowie rechtskräftig und verwertbar im Fahreignungsregister eingetragen seien. Es erschließe sich nicht, weshalb der Antragsteller durch die Aushändigung der deutschen Fahrerlaubnis davon hätte ausgehen dürfen, die Begutachtungsanordnung habe sich erledigt. Es sei ausführlich und verständlich beschrieben worden, weshalb Zweifel an der Fahreignung bestünden. Dass sich diese Zweifel nicht durch die Erteilung der Fahrerlaubnis erübrigten, sei bei lebensnaher Betrachtung schlüssig und nachvollziehbar. Die Fahrerlaubnisbehörde habe aufgrund der zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststehenden Nichteignung die Herausgabe des Führerscheins nicht verweigern dürfen.
21
3. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
22
Bei verständiger Würdigung (§ 122 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 88 VwGO) ist der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 27. November 2023 anzuordnen, dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Nrn. 1 und 2 des Bescheides des Landratsamtes B... vom 27. November 2023 begehrt.
23
Der so verstandene Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO ist statthaft, da die aufschiebende Wirkung des am 20. Dezember 2023 eingelegten Widerspruchs vorliegend gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO entfällt, weil der Antragsgegner insoweit die sofortige Vollziehung angeordnet hat (Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides).
24
Der Antrag ist im Übrigen zulässig und begründet.
25
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht prüft, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen trifft es eine eigene Abwägungsentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung der Antragstellerin auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vollkommen offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
26
Gemessen hieran hat der Antrag auf Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Nrn. 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheides vom 27. November 2023 Erfolg, da diese sich bei summarischer Prüfung als rechtswidrig erweisen und den Antragsteller in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog) und der erhobene Widerspruch damit voraussichtlich erfolgreich sein wird.
27
Der Antragsgegner konnte vorliegend nicht nach § 11 Abs. 8 FeV aufgrund der Nichtvorlage des mit Schreiben vom 19. Juli 2023 geforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens auf die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen des Antragstellers schließen. Infolgedessen erweist sich auch die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins als rechtswidrig.
28
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere auch, soweit er sich auf die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins in Nr. 2 des Bescheides bezieht. Zwar wurde dieser am 8. Dezember 2023 bei der Fahrerlaubnisbehörde abgegeben. Jedoch hat sich die Nr. 2 des Bescheides trotz der Erfüllung der angeordneten Verpflichtung nicht erledigt, da von ihr weiterhin Rechtswirkungen ausgehen, als dass sie den Rechtsgrund für das vorläufige Behaltendürfen des Dokumentes darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2014 – 11 CS 13.2281 – juris Rn. 22; VG München, B.v. 9.10.2023 – M 19 S 23.2625 – juris Rn. 28). Der Antrag weist damit auch insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis auf.
29
2. Die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 3 des Bescheides vom 27. November 2023 liegen vor.
30
Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Dabei sind an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Erforderlich ist gleichwohl eine auf den konkreten Einzelfall abstellende, nicht lediglich formelhafte Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 28. Aufl. 2022, § 80 Rn. 85 m.w.N.).
31
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist im vorliegenden Fall im ausreichenden Maße schriftlich begründet worden. Maßgebend ist, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Begründung in hinreichen der Weise zum Ausdruck gebracht hat, dass sie die Anordnung des Sofortvollzugs wegen der besonderen Situation im Einzelfall für unverzichtbar hält. Ausreichend ist jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalles eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen und ob die für die sofortige Vollziehung angeführten Gründe erschöpfend und zutreffend dargelegt sind. Je nach Fallgestaltung können die Gründe für die sofortige Vollziehung auch ganz oder teilweise mit den Gründen für den Erlass des Verwaltungsaktes identisch sein und sich hierdurch das Begründungserfordernis reduzieren. Die Antragsgegnerin hat in der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides dargelegt, warum der Antragsteller als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen wird und das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung mit von der Teilnahme ungeeigneter Verkehrsteilnehmer am Straßenverkehr ausgehenden Gefahren begründet.
32
Damit wird den lediglich formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt. Der Umstand, dass im streitgegenständlichen Bescheid angesprochene Gesichtspunkte auch in einer Vielzahl anderer Verfahren zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit verwendet werden können, führt nicht zu einem Verstoß gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO (st.Rspr.; vgl. z.B. BayVGH, B.v. 4.7.2019 – 11 CS 19.1041 – Rn. 16, juris, m.w.N.).
33
3. Eine summarische Prüfung, wie sie im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO geboten, aber auch ausreichend ist, ergibt, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen die Nrn. 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheides voraussichtlich Erfolg haben wird.
34
Diese erweisen sich bei summarischer Prüfung als rechtswidrig und verletzen den Antragsteller in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog).
35
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides ist § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV). Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen, finden gemäß § 46 Abs. 3 FeV die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung. Die Fahrerlaubnisbehörde hat damit die Möglichkeit, zur Aufklärung der Fahreignung eines Fahrerlaubnisinhabers die Beibringung eines ärztlichen oder medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen (§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV). Der Schluss auf die Nichteignung nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV ist aber nur zulässig, wenn der Betroffene bei der Anordnung auf diese Rechtsfolge gemäß § 11 Abs. 8 Satz 2 FeV hingewiesen worden und die Anordnung, ein Gutachten beizubringen, auch sonst rechtmäßig ist. Die Gutachtensanordnung muss unter Berücksichtigung der Vorgaben von § 11 Abs. 6 FeV insbesondere anlassbezogen, verhältnismäßig und hinreichend bestimmt sein (st.Rspr; vgl. etwa: BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 -juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 9.3.2021 – 11 CS 20.2793 – juris Rn. 11). Steht die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen fest, hat die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens zu unterbleiben (§ 11 Abs. 7 FeV; BayVGH, B.v. 12.4.2021 – 11 ZB 21.163 – juris Rn. 15).
36
Gemessen hieran konnte der Antragsgegner aufgrund der Nichtbeibringung des mit Anordnung vom 19. Juli 2023 geforderten medizinisch-psychologischen Gutachtens nicht nach § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen und die Fahrerlaubnis entziehen.
37
Zum Zeitpunkt der Zustellung der Gutachtensanordnung war der Antragsteller nicht im Besitz einer deutschen Fahrerlaubnis. Vielmehr erging die Anordnung im Zusammenhang des von ihm gestellten Antrags auf „Umschreibung“ seiner kosovarischen in die deutsche Fahrerlaubnis nach § 31 FeV. Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf Grundlage von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 FeV zum insoweit maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt der Beibringungsaufforderung (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – juris Rn. 14) rechtmäßig ergehen konnte, denn jedenfalls konnte der Antragsgegner bei Erlass des streitgegenständlichen Bescheides nicht mehr im Sinne von § 11 Abs. 8 FeV auf die Nichtbeibringung berufen und die zwischenzeitlich erteilte deutsche Fahrerlaubnis entziehen. Die Fahrerlaubnisbehörde hat in Kenntnis der aus ihrer Sicht bestehenden Eignungszweifel und der aufgrund dieser angeordneten Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens dem Antragsteller am 26. Juli 2023 die Fahrerlaubnis erteilt und insoweit bei diesem einen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass sich die Gutachtensanordnung vom 19. Juli 2023 erledigt hat. Insbesondere war für den Antragsteller nicht erkennbar, dass der Antragsgegner aus der Nichtbeibringung des geforderten Gutachtens auch nach der Erteilung der deutschen Fahrerlaubnis noch für ihn negative Schlüsse ziehen wird, zumal die Gutachtensanordnung sich in ihrem Wortlaut selbst eindeutig auf die Erteilung der Fahrerlaubnis bezieht und nicht an einen Inhaber der Fahrerlaubnis gerichtet ist. Insbesondere ist in dieser die Rede davon, dass Bewerber um eine Fahrerlaubnis die hierfür notwendigen Anforderungen erfüllen müssen (Bl. 163 der Behördenakte), dass die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens im Vergleich zur Versagung der Fahrerlaubnis ein milderes Mittel darstellt (Bl. 165), und dass auch nach Beibringung des Gutachtens ggf. weitere Maßnahmen, wie die Versagung des Antrags erfolgen könnten (Bl. 166). Die Nichtbeibringung des zur Vorbereitung einer Entscheidung über die „Umschreibung“ der kosovarischen in die deutsche Fahrerlaubnis angeordneten medizinisch-psychologischen Gutachtens kann dem Antragsteller vor diesem Hintergrund, ungeachtet der Frage, inwieweit er hinreichende Anstrengungen unternommen hat, diese durchführen zu lassen, nicht angelastet werden.
38
Es trifft insbesondere nicht zu, dass – wie der Antragsgegner meint – die Fahrerlaubnisbehörde keine rechtliche Möglichkeit gehabt hat, eine „Umschreibung“ der kosovarischen Fahrerlaubnis in die deutsche abzulehnen.
39
§ 31 FeV vermittelt Inhabern einer Fahrerlaubnis der in Anlage 11 zu § 31 FeV aufgeführten Staaten (hier: Kosovo) einen Anspruch auf (Neu-)Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis unter erleichterten Bedingungen, wobei die drittstaatliche Fahrerlaubnis fortbesteht (Neu in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl. Stand: 23. Oktober 2023, § 31 FeV Rn. 28). Insbesondere sind die in § 31 Abs. Satz 1 Nr. 1 bis 5 FeV genannten Vorschriften nicht anzuwenden und die Kraftfahreignung nicht nachzuweisen. Letzteres bedeutet indes nicht, dass die Erteilung der deutschen Fahrerlaubnis trotz bestehender Bedenken gegen die Eignung erfolgen müsste, da insbesondere § 11 Abs. 2 bis 8 FeV unter den nicht anzuwendenden Vorschriften nicht aufgeführt sind und damit anwendbar bleiben (vgl. schon: BVerwG, B.v. 19.3.1996 – 11 B 9/96 – juris Rn. 5 zu den Vorgängervorschriften) und auch die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis auf Grundlage einer Fahrerlaubnis aus einem anderen Staat gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG zwingend die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen voraussetzt (VGH BW, B.v. 9.12.2003 – 10 S 1908/03 – juris Rn. 4; Neu in Freymann/Wellner, juris PK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., Stand: 23. Oktober 2023, § 31 FeV Rn. 20). Im Umkehrschluss hat die Fahrerlaubnisbehörde bei feststehender oder festgestellter Nichteignung die „Umschreibung“ der ausländischen in die deutsche Fahrerlaubnis nach Maßgabe von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG abzulehnen.
40
Für die vom Antragsgegner angenommene Verpflichtung, aufgrund des noch fehlenden Ergebnisses der medizinisch-psychologischen Untersuchung die deutsche Fahrerlaubnis zunächst erteilen zu müssen, um sie dann nach Nichtvorlage des Gutachtens wieder zu entziehen, gibt es nach obigen Ausführungen und der generellen Systematik des Fahrerlaubnisrechts keinerlei Anhaltspunkte. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Antragsgegner nicht die zunächst bis 20. Oktober 2023 gesetzte Frist zur Beibringung des Gutachtens abgewartet und sodann seine Entscheidung über die Erteilung der deutschen Fahrerlaubnis getroffen hat.
41
Das widersprüchliche Vorgehen, dem Antragsteller trotz der aufgrund von Eignungszweifeln angeordneten Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens die deutsche Fahrerlaubnis zu erteilen, geht zu Lasten des Antragsgegners.
42
Die Entziehung der Fahrerlaubnis kann auch nicht unter anderen Gesichtspunkten aufrechterhalten werden (vgl. hierzu etwa: BVerwG, B.v. 29.7.2019 – 2 B 19/18 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v 2.5.2023 – 11 CS 23.78 – juris Rn. 23).
43
Trotz der Eintragung von insgesamt 14 Punkten im Fahreignungsregister (Bl. 169 der Behördenakte), die wegen § 4 Abs. 3 Satz 4 Nr. 5 StVG nicht aufgrund der Erteilung der deutschen Fahrerlaubnis erloschen sind, kann die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG, wonach die Fahrerlaubnis beim Erreichen von acht oder mehr Punkten zu entziehen ist, gestützt werden, da gegenüber dem Antragsteller – soweit aus der Behördenakte ersichtlich – die vorherigen Stufen des Fahreignungsbewertungssystems (Ermahnung und Verwarnung) noch nicht ergriffen wurden (§ 4 Abs. 6 Satz 1 StVG). Insoweit wird, ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankäme, darauf hingewiesen, dass sich mit der erfolgten Ermahnung der Punktestand auf fünf Punkte verringert (§ 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 1 StVG) und ein Abweichen vom Fahreignungs-Bewertungssystem nach § 4 Abs. 1 Satz 3 StVG nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt, wenn besondere Gründe dafür vorliegen, dass der Betroffene auch schon bevor acht Punkte erreicht werden und ohne die Möglichkeit, von den nach dem System vorgesehenen Angeboten und Hilfestellungen Gebrauch zu machen, sowie ohne vorangegangene Warnung als fahrungeeignet angesehen werden kann (VGH BW, B.v. 20.11.2014 – 10 S 1883/14 – juris Rn. 5 f. m.w.N.). Ob dies beim Antragsteller der Fall ist, erscheint aufgrund der Tatsache, dass sich seine Punkte nahezu ausschließlich aufgrund des Fahrens ohne Fahrerlaubnis und nicht aufgrund straßenverkehrsgefährdender Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten ergeben haben, zumindest zweifelhaft, braucht hier aber nicht weiter ausgeführt werden.
44
Auch wenn im vorliegenden Fall einiges dafür spricht, dass die Erteilung der deutschen Fahrerlaubnis an den Antragsteller von Anfang an rechtswidrig war, kommt ein Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften über die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte nach Art. 48 BayVwVfG nicht in Betracht, da diese von § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG als bundesrechtliche Spezialnorm verdrängt werden (BayVGH, B.v. 19.10.2018 – 11 ZB 18.461 – juris Rn. 22). Vorliegend dürfte die Erteilung der deutschen Fahrerlaubnis an den Antragsteller deshalb rechtswidrig gewesen sein, weil er zum Zeitpunkt der Erteilung im Fahreignungsregister einen Punktestand von insgesamt 14 Punkten aufwies, welche zu diesem Zeitpunkt auch noch verwertbar waren und deshalb seine Ungeeignetheit nach der Wertung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG feststand (§ 11 Abs. 7 FeV). Zwar ist das Fahreignungs-Bewertungssystem ausweislich des eindeutigen Wortlauts von § 4 StVG nur auf Inhaber der Fahrerlaubnis anwendbar. Gleichwohl können die Wertungen des Punktesystems auch im Rahmen der Erteilung der Fahrerlaubnis in den Blick genommen werden (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2018 – 11 CE 18.1268 – juris Rn. 13). Dies ist vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen, dass bei jeder Erteilung der Fahrerlaubnis die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vorliegen muss und dem gesetzgeberischen Ziel, den Straßenverkehr von ungeeigneten Fahrern freizuhalten, konsequent und sachgerecht. Der Antragsteller kann im Verfahren der „Umschreibung“ seiner kosovarischen Fahrerlaubnis in eine deutsche nicht bessergestellt werden als ein Inhaber der deutschen Fahrerlaubnis, der eine entsprechende Punktzahl im Fahreignungsregister angesammelt hat. Hierauf kann sich der Antragsgegner nach obigen Ausführungen jedoch nicht berufen. Der Antragsteller ist mittlerweile Inhaber der deutschen Fahrerlaubnis und als solcher zu allen anderen Fahrerlaubnisinhabern gleich zu behandeln.
45
Infolge der voraussichtlichen Rechtswidrigkeit der Fahrerlaubnisentziehung in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides erweist sich auch die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins in Nr. 2 des Bescheides als rechtswidrig.
46
Nach alledem wird der Widerspruch des Antragstellers voraussichtlich erfolgreich sein und die aufschiebende Wirkung war wiederherzustellen.
47
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
48
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Maßgeblich ist hier die Fahrerlaubnis der Klasse B, welche die anderen Fahrerlaubnisklassen mitumfasst. Für diese ist nach Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs der Auffangstreitwert anzusetzen, der nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs im vorliegenden Verfahren zu halbieren und damit auf 2.500,00 EUR festzusetzen war.