Titel:
Klageerhebung erfordert die Angabe der eigenen Anschrift
Normenkette:
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 1
Leitsatz:
Ohne Nennung der eigenen Anschrift liegt regelmäßig keine ordnungsgemäße Antragstellung bzw. Klageerhebung vor. Die Angabe eines Postfachs genügt nicht. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Klageschrift, Klageerhebung, Parteibezeichnung, Anschrift, Postfach
Fundstelle:
BeckRS 2024, 10987
Tenor
1. Der Eingabe vom 26. April 2024 wird keine Folge geleistet.
2. Der Antragsteller wird darauf hingewiesen, dass weitere Eingaben in dieser Angelegenheit sachlich geprüft, aber nicht mehr verbeschieden werden, sofern sich kein Anlass für eine weitere Entscheidung bietet.
Gründe
1
Mit Schreiben vom 26. April 2024 an das Bayerische Oberste Landesgericht, das einleitend mit „BESCHWERDE gemäß Art. 13 EMRK und § 159 Abs. 2 GVG“ überschrieben ist, fordert der Antragsteller, der unter der Bezeichnung „* EUROTRIBUNAL * Europäischer Schiedsgerichtshof – Internationaler Ständiger Schiedsgerichtshof (beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof)“ auftritt, „zu leisten dem EUROTRIBUNAL die Rechtshilfe und festzustellen die Verpflichtung des Gerichtsvollziehers durchzuführen das Verfahren“.
2
Als „juristische Anschrift“ gibt der Antragsteller diejenige des Europarats in „Strasbourg“ an, als Postanschrift „postlagernd“ bei einer Filiale der X-Bank in 76133 Karlsruhe („Carlsruhe“). Als für das sogenannte Eurotribunal verantwortlich zeichnende Person benennt das Schreiben einen Herrn „A.“. Das als Unterschrift unter das Schreiben gesetzte Kürzel lässt keinen Bezug zu einem solchen Namen erkennen.
3
Der Antragsteller macht – soweit sein Vorbringen verständlich ist – geltend, dass „EUROTRIBUNAL“ als unabhängiges ständiges Schiedsgericht im Bereich des internationalen Privatrechts handele und als Vollstreckungsgläubiger beim Amtsgericht München am 23. Juni 2023 die Vornahme von Vollstreckungsmaßnahmen gegen die in Irland ansässige Twitter International Unlimited Company beantragt habe. Das Amtsgericht München habe „als Gerichtsvollzieher“ die Durchführung des Rechtshilfeverfahrens „gemäß § 1050 ZPO in Verbindung mit Artikel 8 des Übereinkommens über den Zivilprozess“ betreffend den Vollstreckungsauftrag abgelehnt.
4
Dies sei gesetzwidrig und missachte die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 12. Mai 2021, Az. 101 AR 61/21. Ein Gerichtsvollzieher sei nicht berechtigt, die Vollstreckungsfähigkeit eines ausländischen Titels zu prüfen; eine Entscheidung der vorgesetzten Dienstbehörde sei nicht eingeholt worden. Die Entscheidungen des „EMRG“, an dessen Stelle „Eurotribunal als Schiedsgericht“ trete, seien gemäß Art. 46 Abs. 1 EMRK unmittelbar vollstreckbar. Deshalb sei das Amtsgericht München verpflichtet, das Verfahren fortzusetzen und die begehrte Rechtshilfe zu leisten. Antragsberechtigt sei auch „Eurotribunal als Schiedsgericht“. Die Ablehnung könne mit der Beschwerde anfochten werden, auch wenn der Gerichtsvollzieher das Rechtshilfeersuchen abgelehnt habe.
5
Der Eingabe ist ein Antwortschreiben einer Anwaltskanzlei vom 9. April 2024 beigefügt, mit dem die Übernahme eines angetragenen Mandats abgelehnt wurde. Aus diesem Schreiben geht hervor, dass „Eurotribunal“ bzw. die dahinter stehende Person darum gebeten hatte, „zu beachten die Mittellosigkeit des Antragstellers“.
6
Die Eingabe vom 26. April 2024 hat keinen Erfolg.
7
Es liegt bereits deshalb kein zulässiger Antrag an das Bayerische Oberste Landesgericht vor, weil es der Antragsteller versäumt, eine zustellungsgeeignete (Wohn-) Anschrift anzugeben.
8
In allen Verfahrensordnungen besteht die zwingende Verpflichtung der Antragsteller bzw. Kläger, dem Gericht die eigene zustellfähige Adresse bekannt zu geben, wenn die Angabe ohne weiteres möglich ist. Ohne Nennung der eigenen Anschrift liegt regelmäßig keine ordnungsgemäße Antragstellung bzw. Klageerhebung vor; die Angabe eines Postfachs genügt nicht (vgl. BGH, Urt. v. 7. Juli 2023, V ZR 210/22, NJW-RR 2023, 1291 Rn. 5 f. m. w. N.; Urt. v. 9. Dezember 1987, IVb ZR 4/87, BGHZ 102, 332 [juris Rn. 7 ff.]; BVerwG, Urt. v. 15. August 2019, 1 A 2/19, juris Rn. 14; Urt. v. 13. April 1999, 1 C 24/97, NJW 1999, 2608 [juris Rn. 28 ff.]; BFH, Beschluss vom 29. Januar 2018, X B 122/17, juris Rn. 23; Beschluss vom 30. Juni 2015, X B 28/15, juris Rn. 11 m. w. N.; BSG, Beschluss vom 26. September 2023, B 5 R 21/23 BH, juris Rn. 6; Beschluss vom 18. November 2003, B 1 KR 1/02 S, juris Rn. 3 ff.).
9
Dies ist dem Antragsteller bereits aus dem ihn betreffenden Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 9. September 2021 (20 VA 16/21, veröffentlicht in juris) bekannt. Dennoch nimmt er nicht von dem Versuch Abstand, ein weiteres gerichtliches Verfahren aus dem Verborgenen heraus zu führen und die Beitreibung etwa anfallender Gerichtskosten auf diese Weise zumindest zu erschweren. Nachteile wären auch für eine mittellose Partei mit einer (erfolgosen) Beitreibung von Gerichtskosten verbunden. Angesichts dieser Sachlage bestand keine Veranlassung, vor einer Entscheidung Gelegenheit zur Ergänzung zu geben.
10
Selbst bei – unterstellter – Zulässigkeit wäre der Antrag nicht erfolgreich, sondern als unbegründet abzuweisen gewesen. Das Gesuch findet im Verfahrensrecht keine Stütze. Insbesondere verkennt der Gesuchsteller grundlegend den Aussagegehalt der Entscheidung des Senats vom 12. Mai 2021 zum Aktenzeichen 101 AR 61/21. Angesichts der Sinnlosigkeit seines Vorbringens scheidet eine Behandlung als förmlicher Rechtsbehelf aus. Auch eine formlose Abgabe der „Beschwerde“ an das Oberlandesgericht als Antrag nach § 159 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GVG kommt nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2020, I ZB 45/19, SchiedsVZ 2021, 43 Rn. 16 ff.).
11
Der Gesuchsteller wird darauf hingewiesen, dass offensichtlich aussichtslose Anträge oder Eingaben vergleichbarer Art künftig nicht mehr förmlich beschieden werden. Die Rechtsschutzgarantie aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG umfasst nicht den Anspruch, eine förmliche Entscheidung auch auf Eingaben zu erhalten, die missbräuchlich, offensichtlich wiederholend oder sinnlos vorgebracht werden. Dies gilt auch dann, wenn die Anträge zwar formal auf neue Entscheidungen gerichtet sind, letztlich aber demselben Muster folgen und dazu dienen, eine andere Entscheidung in der Sache zu erwirken, über die gerichtlich bereits entschieden worden war (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. April 2021, 1 BvR 2552/18, juris Rn. 8 f.; auch BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2023, 2 ARs 166/21 u. a., juris Rn. 10; Beschluss vom 28. Februar 2023, 2 ARs 65/22, juris Rn. 19). Der Senat wird deshalb künftig zwar nicht von der Prüfung, aber von einer förmlichen Bescheidung weiterer vergleichbarer Eingaben absehen.