Inhalt

VGH München, Beschluss v. 19.03.2024 – 10 CE 24.374
Titel:

Erfolglose Beschwerde nach erfolglosen Verfahren gem. § 123 Abs. 1 VwGO, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, den Beschwerdeführer in die Türkei abzuschieben

Normenketten:
VwGO § 123 Abs. 1, § 146
AsylG § 80
Leitsatz:
Eine Beschwerde nach § 146 Abs. 1 VwGO in Eilverfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO, die darauf gerichtet sind, eine Abschiebung in Vollzug einer auf Grundlage von § 34 und § 34a AsylG erlassenen Abschiebungsandrohung bzw. Abschiebungsanordnung vorläufig auszusetzen bzw. zu unterlassen, ist trotz der Änderung von § 80 AsylG mit Wirkung zum 27. Februar 2024 durch das Gesetz zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz) vom 21. Februar 2024 (BGBl. I 2024 Nr. 54) weiterhin statthaft. Ein solcher Rechtsmittelausschluss ergibt sich nicht mit der verfassungsrechtlich erforderlichen Klarheit aus dem Gesetz. (Rn. 5)
Schlagworte:
Abschiebungsschutz, Statthaftigkeit der Beschwerde
Vorinstanz:
VG Augsburg, Beschluss vom 01.03.2024 – Au 6 E 25.514
Fundstellen:
InfAuslR 2024, 323
NVwZ 2024, 1102
LSK 2024, 10859
BeckRS 2024, 10859

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.

Gründe

1
Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO, dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu untersagen, ihn in die Türkei abzuschieben, weiter.
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1. Die Beschwerde ist statthaft.
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Der Senat geht bis auf weiteres davon aus, dass eine Beschwerde nach § 146 Abs. 1 VwGO in Eilverfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO, die – wie hier – ausdrücklich oder der Sache nach darauf gerichtet sind, eine Abschiebung in Vollzug einer auf Grundlage von § 34 oder § 34a AsylG erlassenen Abschiebungsandrohung bzw. Abschiebungsanordnung vorläufig auszusetzen bzw. zu unterlassen, trotz der Änderung von § 80 AsylG mit Wirkung zum 27. Februar 2024 durch das Gesetz zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz) vom 21. Februar 2024 (BGBl. I 2024 Nr. 54) weiterhin statthaft ist.
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a) Nach der Neufassung von § 80 AsylG ist die Beschwerde nunmehr auch bei Entscheidungen „über Maßnahmen zum Vollzug der Abschiebungsandrohung (§ 34) oder der Abschiebungsanordnung (§ 34a) nach dem Aufenthaltsgesetz“ ausgeschlossen. Ausweislich der Begründung des Ausschusses für Inneres und Heimat (die Regelung war im ursprünglichen Gesetzentwurf nicht enthalten) soll die Änderung bewirken, dass bei Rechtsstreitigkeiten nach erfolglosem Asylverfahren, in denen die asylrechtliche Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnungen durch die zuständigen Behörden nach dem Aufenthaltsgesetz vollzogen werden und in denen der Streitgegenstand als asylrechtlich anzusehen ist, die Beschwerde vorbehaltlich der Anfechtung der Nichtzulassung der Revision ausgeschlossen ist (BT-Drs. 20/10090, S. 21).
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Wie weit dieser Beschwerdeausschluss reicht, ist unklar. Insoweit wird vertreten, der Beschwerdeausschluss erfasse auch Fälle, in denen mit einem Antrag nach § 123 VwGO die Verpflichtung der Ausländerbehörde verlangt wird, die Durchsetzung der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nach § 34 oder § 34a AsylG erlassenen Abschiebungsandrohung bzw. -anordnung durch aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu unterlassen (so wohl auch Dienelt, Erweiterung des Beschwerdeausschlusses nach § 80 AsylG, abrufbar unter https://www.migrationsrecht.net/nachrichten-auslaenderrecht-politik-gesetzgebung/erweiterung-des-beschwerdeausschlusses-nach-80-asylg.html; VGH BW, B.v. 27.2.2024 – 11 S 276/24 – juris; bereits vor der Gesetzesänderung HessVGH, B.v. 4.9.2023 – 3 D 1144/23 – juris; a.A. insofern BayVGH, B.v. 4.1.2016 – 10 C 15.2105 – juris Rn. 17). Dem folgt der Senat bis auf Weiteres nicht.
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b) Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Rechtsmittelklarheit verlangt hinreichend bestimmte und normenklare Regelungen im Bereich des Rechtsmittelrechts. Dem Rechtsuchenden muss der Weg zu einer Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen durch die gesetzliche Ausgestaltung des Verfahrens hinreichend klar vorgezeichnet werden. Er muss insbesondere erkennen können, welches Rechtsmittel in Betracht kommt und unter welchen rechtlichen Voraussetzungen es zulässig ist (vgl. BVerfG, B.v. 9.8.1978 – 2 BvR 831/76 – BVerfGE 49, 148 – juris Rn. 37; B.v. 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 – BVerfGE 107, 395 – juris Rn. 69 m.w.N.). Die Rechtsmittelgerichte haben dies auch bei der Auslegung und Anwendung des Prozessrechts zu beachten (vgl. BVerfGE 49, 148 <164>; BVerfG, B.v. 27.10.2015 – 2 BvR 3071/14 – juris Rn. 12). Bei Rechtsmitteln zur Verhinderung einer Abschiebung ist dabei zu berücksichtigen, dass es sich bei der Abschiebung um eine besonders grundrechtsintensive Maßnahme handelt und das Eilverfahren gerade in zeitkritischen Fällen praktisch die Funktion der Hauptsachentscheidung übernimmt. Insofern sind an einen Rechtsmittelausschluss besonders hohe Bestimmtheits- und Klarheitsanforderungen zu stellen.
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c) Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs vermag der Senat – zumal im Eilverfahren – nicht zu erkennen, dass der Beschwerdeausschluss nach § 80 AsylG n.F. über Eilanträge nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen Maßnahmen der Ausländerbehörde zur Durchsetzung der Abschiebungsandrohung auch Eilverfahren nach § 123 VwGO bezüglich eines Anordnungsanspruchs auf vorläufige Unterlassung einer Abschiebung oder die Erteilung einer vorübergehenden Duldung erfasst. Ein so weiterreichender Rechtsmittelausschluss lässt sich der Neuregelung nicht mit der verfassungsrechtlich gebotenen Klarheit entnehmen.
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Der Wortlaut der Regelung, der nur Entscheidungen über „Maßnahmen“ zur Durchsetzung der Abschiebungsandrohung nennt, spricht gegen eine Erstreckung des Beschwerdeausschlusses auf Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO, in denen der Antragsteller das einstweilige Unterlassen aufenthaltsbeendender Maßnahmen oder als Bescheinigung der vorübergehenden Aussetzung der Abschiebung (vgl. § 60a AufenthG) eine Duldung erstreiten will. Schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist ein Unterlassen oder eine Aussetzung einer Maßnahme letztlich das Gegenteil einer Maßnahme. Behördliche Maßnahmen und behördliche Unterlassungen (insbesondere in Form der vorübergehenden Aussetzung der Abschiebung) sind auch nach der Grundkonzeption der VwGO verschiedene Kategorien (vgl. § 42 Abs. 1 Alt. 1. und § 80 Abs. 5 VwGO einerseits und § 42 Abs. 1 Alt. 2 und § 123 Abs. 1 VwGO andererseits). Dem kann – entgegen der Auffassung des Antragsgegners, der insofern auf § 102 Abs. 1 AufenthG verweist – nicht entgegengehalten werden, das Aufenthaltsgesetz unterscheide nicht nach Maßnahmen und Unterlassungen. Vielmehr knüpft das Aufenthaltsgesetz etwa mit der Regelung des § 84 Abs. 1 AufenthG an die herkömmlichen Einteilungen des allgemeinen Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrechts an.
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Die systematische Auslegung schafft ebenfalls keine hinreichende Klarheit. Möglicherweise steht die Neuregelung im Zusammenhang damit, dass mit dem Rückführungsverbesserungsgesetz das Bundesamt aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet wird, bestimmte inlandsbezogene Abschiebungshindernisse zu prüfen und gegebenenfalls eine Abschiebungsandrohung nicht zu erlassen (§ 34 Abs. 1 Nr. 4 AsylG n.F.). Es kann damit nun zu Fällen kommen, in denen auch bei abgelehnten Asylbewerbern die erste Abschiebungsandrohung (bei einer nachträglichen Änderung der Sachlage) durch die Ausländerbehörde erlassen wird. Die Änderung von § 80 AsylG schafft insofern aber keine Angleichung an den bislang geltenden Normalfall einer Abschiebungsandrohung durch das Bundesamt, weil der Beschwerdeausschluss ausdrücklich nur für Maßnahmen zur „Durchsetzung“ der Abschiebungsandrohung bzw. -anordnung nach § 34 und § 34a AsylG gilt, nicht aber für die Abschiebungsandrohung nach § 59 Abs. 1 AufenthG selbst. Unklar ist in diesem Zusammenhang auch, warum der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang auch die Regelung in § 76 AsylG, die für Rechtsstreitigkeiten „nach diesem Gesetz“ besondere Regelungen zur Zuständigkeit von Kammer und Einzelrichter getroffen hat, nicht entsprechend geändert hat. Das hat zur Folge, dass in Verfahren über den Bescheid des BAMF, der in der Regel die Abschiebungsandrohung enthält, entweder regelmäßig oder gar zwingend ein Einzelrichter (§ 76 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 AsylG) entscheidet, während bei Entscheidungen über deren Vollzug weiterhin die Kammer (§ 5 VwGO) zuständig sein wird. Ein kohärentes System des Gesetzgebers, das Grundlage für eine systematische Auslegung sein könnte, ist daher nicht erkennbar.
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Die Entstehungsgeschichte der Norm gibt ebenfalls keine hinreichenden Erkenntnisse über die Reichweite des Beschwerdeausschlusses. Da die Regelung in der ursprünglichen Entwurfsfassung (BT-Drs. 20/9463, 20/9642) nicht enthalten war und nur einen Tag nach der Beschlussempfehlung des Innenausschusses am 18. Januar 2024 vom Bundestag in 2. und 3. Lesung beschlossen wurde, kann lediglich die Ausschussbegründung zur Auslegung herangezogen werden. Diese ist indes ihrerseits unklar. Wenn der Ausschuss meint, die Vollziehung der Abschiebungsandrohung bzw. -anordndung nach § 34 oder § 34a AsylG stelle einen asylrechtlichen Streitgegenstand dar (BT-Drs. 20/10090, S. 21), verkennt er, dass es bei der Vollziehung der Abschiebungsandrohung vielfach um Tat- und Rechtsfragen geht, die – jedenfalls bis zur Neufassung von § 34 Abs. 1 Nr. 4 AsylG – genuin gerade nicht asylrechtlicher Natur sind bzw. waren. So stellen sich beim Vollzug der Abschiebung häufig Fragen des Schutzes von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG), der Reisefähigkeit sowie der Integration und damit verbundener aufenthaltsrechtlicher Ansprüche auf eine Duldung oder eine Aufenthaltserlaubnis, die vom BAMF (nach alter Rechtslage) nicht bzw. (nach neuer Rechtslage) jedenfalls nicht allesamt geprüft wurden bzw. werden. Ob eine (familienunabhängige) Integration und ein damit verbundener, im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO sicherbarer, aufenthaltsrechtlicher Anspruch auf eine Duldung oder eine Aufenthaltserlaubnis besteht, wird auch nach der Neufassung des § 34 Abs. 1 Nr. 4 AsylG nur und ausschließlich durch die Ausländerbehörde geprüft. Dass der Gesetzgeber den Streit um die Zuordnung der Unterlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen zum Asylrecht (in diesem Sinne HessVGH, B.v. 4.9.2023 – 3 D 1144/23 – juris, der trotz BVerwG, U.v. 25.9.1997 – 1 C 6/97 – juris-Leitsatz, schon nach alter Rechtslage von einem Beschwerdeausschluss ausging; zweifelnd daher BVerfG, B.v. 30.11.2023 – 2 BvR 1478/23 – juris Rn. 9) nunmehr im Sinne einer Zuordnung zum Asylrecht klären wollte (in diesem Sinne wohl Dienelt, Erweiterung des Beschwerdeausschlusses nach § 80 AsylG, a.a.O.), ist vor diesem Hintergrund denkbar, aber nicht zwingend. Die Klarstellung könnte nämlich auch dahingehend erfolgt sein, dass – im Gegensatz zur Unterlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen – nur „echte“ Maßnahmen zur Durchsetzung der Abschiebungsandrohung, wie z.B. eine Passverfügung gegen einen abgelehnten Asylbewerber (vgl. – auch zur Frage, ob eine solche auf § 15 AsylG oder auf §§ 48 Abs. 3 Satz 1, 82 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zu stützen ist und den Konsequenzen für das jeweilige Rechtsmittel VGH BW, B.v. 23.11.2022 – 12 S 3213/21 – juris Rn. 11 f.), dem Beschwerdeausschluss unterfallen sollen. Hierfür spräche auch, dass der Gesetzgeber mit dem Rückführungsverbesserungsgesetz den Kreis der zulässigen Maßnahmen der Ausländerbehörden zur Durchsetzung der Ausreisepflicht erweitert und hinsichtlich zweier klassischer Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreisepflicht (Anordnung einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1c AufenthG und Anordnung einer Wohnsitzauflage nach § 61 Abs. 1d AufenthG) den Entfall der aufschiebenden Wirkung der Klage angeordnet hat (§ 84 Abs. 1 Nr. 1b und Nr. 1c AufenthG n.F.). In dieses Regelungskonzept würde sich eine enge Auslegung des Maßnahmenbegriffs in § 80 AsylG n.F. einpassen.
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Auch der objektive Zweck der Regelung (jenseits der genannten, im Gesetzgebungsverfahren erkennbar gewordenen Motive des Ausschusses für Inneres und Heimat) ist unklar. Eine nennenswerte Beschleunigung von Abschiebungen ist in den fraglichen Konstellationen, in denen die Abschiebung oft mehr oder weniger unmittelbar bevorsteht, anders als in den bislang von § 80 AsylG erfassten Fällen, bei denen es erst um den Eintritt der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht ging, jedenfalls fraglich. Anders als Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsandrohung des BAMF nach § 34 AsylG, hatten Eilverfahren nach § 123 VwGO gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen der Ausländerbehörde keine aufschiebende Wirkung. Lediglich in den Fällen, in denen die Oberverwaltungsgerichte oder Verwaltungsgerichtshöfe die Ausländerbehörde verpflichteten, die Abschiebung vorläufig zu unterlassen oder die Antragsteller vorläufig weiter zu dulden, dürfte es aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes zu nennenswerten Verzögerungen der Abschiebung gekommen sein. Dass der Gesetzgeber auf diese wenigen, aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit erforderlichen Verzögerungen abzielte, kann nicht ohne weiteres unterstellt werden.
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Bietet die Auslegung nach Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und objektivem Zweck keine hinreichend klaren Anhaltspunkte dafür, dass § 80 AsylG auch in Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO auf Unterlassung der Abschiebung oder vorläufige Erteilung einer Duldung greift, geht der Senat, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Gewährleistung effektiven Rechtschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG; vgl. BVerfG, B.v. 30.11.2023 – 2 BvR 1478/23 – juris Rn. 10), bis zu einer entsprechenden Klarstellung durch den Gesetzgeber weiterhin von der Statthaftigkeit der Beschwerde aus.
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2. Die Beschwerde bleibt jedoch ohne Erfolg. Die dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen weder die Aufhebung noch eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
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§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO verlangt, dass die Beschwerdebegründung die Gründe, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, darlegen und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen muss. Der Beschwerdeführer muss innerhalb der Monatsfrist konkret begründen, warum die Entscheidung des Verwaltungsgerichts änderungsbedürftig bzw. unrichtig sein soll. Das Darlegungsgebot soll zu einer sorgfältigen Prüfung vor Einlegung des Rechtsmittels anhalten und dem Oberverwaltungsgericht eine Überprüfung des erstinstanzlichen Beschlusses ermöglichen. Der Beschwerdeführer muss darlegen, welche tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts er in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht für falsch oder unvollständig hält; er hat substantiiert auszuführen, weshalb die Überlegungen des Verwaltungsgerichts falsch sind, welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben und was richtigerweise zu gelten hat. Er muss das Entscheidungsergebnis, die entscheidungstragenden Rechtssätze oder die für die Entscheidung erheblichen Tatsachenfeststellungen mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 19.5.2023 – 10 CS 23.783 – juris Rn. 2; B.v. 1.6.2022 – 10 CE 21.2270 – juris Rn. 3). Dem wird das Beschwerdevorbringen nicht gerecht.
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Soweit der Antragsteller vorträgt, das Verwaltungsgericht habe übersehen, dass eine Trennung von seiner Ehefrau wegen der mit der Abschiebung verbundenen Einreise- und Aufenthaltssperre von nicht nur vorübergehender Dauer sei, trifft dies nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr ausgeführt, dass dieser Vortrag aus zwei Gründen außer Betracht bleiben müsse. Erstens solle einem Ausländer seine Verweigerung einer freiwilligen Rückkehr in seinen Herkunftsstaat und einer Zusammenarbeit im Rahmen eines Abschiebungsverfahrens rechtlich nicht ermöglichen, sich den Rechtswirkungen eines Einreiseverbots ganz oder teilweise zu entziehen. Zweitens könne der Antragsteller, wie vom Antragsgegner mehrfach betont, im Rahmen des Visumverfahrens über die dann zuständige Zuzugsbehörde eine Verkürzung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 4 i.V.m. § 75 Nr. 12 AufenthG erreichen, für welche nicht mehr das Bundesamt, sondern die Ausländerbehörde zuständig sei. Mit dieser zutreffenden Begründung setzt sich das Beschwerdevorbringen nicht auseinander.
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Vor diesem Hintergrund führt auch das „Angebot“ einer freiwilligen Ausreise des Antragstellers nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Abschiebung. Der Antragsteller ist seit bestandskräftig negativem Abschluss seines Asylverfahrens am 23. August 2022 vollziehbar ausreisepflichtig und seit dem 17. Mai 2023 verheiratet. Ihm wäre ausreichend Zeit geblieben, freiwillig auszureisen und ein Visumverfahren durchzuführen. Bis zu seinem „Angebot“ in den Schreiben an die Ausländerbehörde am 1. März 2024 und am 13. März 2024, freiwillig auszureisen, hatte er jedoch offenbar keinerlei Vorbereitungen in diese Richtung getroffen. Die Ausländerbehörde war insofern nicht mehr verpflichtet, mit der Abschiebung weiter zuzuwarten.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).