Inhalt

VG Augsburg, Urteil v. 11.04.2024 – Au 2 K 22.420
Titel:

Keine Einstellung als Anwärter in die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes mangels charakterlicher Eignung

Normenketten:
ResG § 5
SG § 13 Abs. 1, § 37 Abs. 1 Nr. 3
BZRG § 33, § 34 Abs. 1 Nr. 1b, § 41 Abs. 1 Nr. 2, § 43, § 51 Abs. 1, § 53 Abs. 2
Leitsätze:
1. Die charakterliche Eignung eines Bewerbers ist gegeben, wenn aufgrund seiner Lebenshaltung im Allgemeinen und seiner Einstellung zum Soldatenberuf im Besonderen davon auszugehen ist, dass er den Anforderungen und Pflichten, die ihm als Soldat im Umgang mit Vorgesetzten, Kameraden und Untergebenen sowie gegenüber dem Dienstherrn obliegen, gerecht zu werden vermag. Das Merkmal der charakterlichen Eignung weist einen inhaltlichen Bezug nicht nur zu einer spezifischen, sondern zu einer Vielzahl soldatischer Pflichten auf. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Regelmäßig stellt das Verschweigen von rechtskräftigen Verurteilungen in der Absicht, sich die Berufung in das Dienstverhältnis zu erschleichen, einen Eignungsmangel dar; denn die Pflicht, in dienstlichen Angelegenheiten die Wahrheit zu sagen (§ 13 Abs. 1 SG), gehört zu den wesentlichen Dienstpflichten eines Soldaten. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Selbst falls eine Verurteilung nicht mehr in das Führungszeugnis aufzunehmen ist, hat das Bundesministerium der Verteidigung gem. § 41 Abs. 1 Nr. 2 BZRG als oberste Bundesbehörde ein unbeschränktes Auskunftsrecht. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
4. Hat der sich um ein öffentliches Amt bewerbende Kläger über einen längeren Zeitraum mit erheblicher krimineller Energie Straftaten zu Lasten des Eigentums einer öffentlichen Einrichtung und in Vertiefung des begangenen Unrechts weitere (Betrugs-)Straftaten begangen, welche tatbestandlich die Verletzung der Wahrheitspflicht voraussetzen, lässt dies die Prognose gerechtfertigt erscheinen, dass er nicht der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit und Zuverlässigkeit gerecht werden wird. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Soldatenrecht, Bewerbung für die Einstellung als Anwärter in die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes im Wehrdienst, charakterliche Eignung, Nichtangabe einer strafrechtlichen Verurteilung, Bundeszentralregister, unbeschränktes Auskunftsrecht des Bundesministeriums der ..., Verwendung der Auskunft durch das Bundesamt für das ..., Bewerbung, Einstellung, Anwärter, Laufbahn, Offiziere, Reserve, Truppendienst, Wehrdienst, charakterliche Mängel, Nichtangabe, Verschweigen, strafrechtlichen Verurteilung, unbeschränktes Auskunftsrecht, Bundesministerium, Bundesamt, Rechtsschutzbedürftnis, Bewerbungsverfahrensanspruch, strafrechtliche Verurteilung, Diebstahl, Betrug, Urteil, Ablehnung, Beurteilungsspielraum, Wahrheitspflicht, Tilgung, Führungszeugnis
Fundstellen:
FDArbR 2024, 010649
BeckRS 2024, 10649

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.  

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Neuverbescheidung seiner Bewerbung für die Einstellung als Anwärter in die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes im Wehrdienst; hilfsweise begehrt er die Feststellung, dass die Ablehnung seiner Einstellung rechtswidrig war und die Beklagte verpflichtet gewesen ist, über die Bewerbung neu zu entscheiden.
2
Mit seit 12. Februar 2016 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) vom 4. Februar 2016 war der am ... 1983 geborene Kläger des Diebstahls in sieben sachlich zusammentreffenden Fällen sowie des Betrugs in elf sachlich zusammentreffenden Fällen schuldig befunden und deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten und 3 Wochen verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach den Feststellungen des Strafgerichts hatte der Kläger an mindestens sieben nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkten im Jahr 2015 insgesamt 161 Bücher im Gesamtwert von 9.419,82 EUR aus der Bibliothek der Hochschule ... entwendet, um diese für sich zu behalten bzw. weiterzuveräußern. In den Zeiträumen 21. April 2015 bis 6. Juni 2015 bzw. 17. Juni 2015 bis 30. Juni 2015 hatte der Kläger insgesamt 94 bzw. acht der entwendeten Bücher über eine Internetplattform verkauft und dabei vorgetäuscht, die Verkaufsberechtigung inne zu haben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Strafurteil vom 4. Februar 2016 Bezug genommen.
3
Mit am 24. Februar 2021 unterzeichnetem Bewerbungsbogen bewarb sich der Kläger beim ... für das ... um die Einstellung als Anwärter in die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes im Wehrdienst nach § 43 Abs. 2 der Soldatenlaufbahnverordnung (SLV) a.F. In dem Bewerbungsbogen kreuzte der Kläger im Abschnitt „B – Angaben zu abgeschlossenen und/oder schwebenden Straf- oder Disziplinarverfahren“, welcher u.a. den Hinweis enthielt, dass das Bundesministerium der ... nach einer erfolgreichen Teilnahme am Auswahlverfahren das Recht auf unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister habe (§ 41 Abs. 1 Nr. 2 BZRG), bei der Frage, ob er in einem Strafverfahren rechtskräftig verurteilt oder mit einer anderen Maßnahme (z.B. Strafbefehl) belegt worden sei, „Nein“ an; dahinter fügte er das Wort „getilgt“ an.
4
Der Kläger unterzeichnete ferner am 8. Juni 2021 unter einem Hinweis, dass eine unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister eingeholt werde, eine Erklärung, in der er u.a. bestätigte, nicht durch ein deutsches Strafgericht rechtskräftig verurteilt oder mit einem Strafbefehl belegt worden zu sein.
5
Mit E-Mail vom 28. Juni 2021 teilte das Bundesministerium der ... dem Bundesamt für das ... mit, dass der Kläger eine Eintragung im Bundeszentralregister aufweise; eine nähere Prüfung sei erforderlich. Mit Schreiben vom 10. September 2021 teilte das Bundesministerium der ... dem Bundesamt für das ... mit, dass gegen die Einstellung des Klägers Bedenken bestünden. Die Straftat sei von erheblicher Schwere und lasse eine zielgerichtete kriminelle Energie erkennen, die auch trotz Zeitablaufs und in Verbindung mit der Nichtangabe im Bewerbungsbogen Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers, insbesondere für die Laufbahn der Offiziere, begründeten. Dem war eine Stellungnahme des Klägers vom 8. Juli 2021 beigefügt. In einer internen E-Mail vom 15. September 2021 schloss sich das Bundesamt für das ... den Bedenken des Bundesministeriums an.
6
Mit Bescheid vom 15. November 2021 teilte das Bundesamt für das ... dem Kläger mit, dass aufgrund des Eintrags im Bundeszentralregister und den dadurch bestehenden Bedenken des Bundesministeriums dem Einstellungsantrag des Klägers nicht entsprochen werden könne; eine Betrachtung für das Auswahljahr 2022 könne aufgrund dessen ebenso nicht aufrechterhalten werden.
7
Den mit Schreiben vom 23. November 2021 eingelegten und begründeten Widerspruch des Klägers wies das Bundesamt für das ... mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2022 zurück. Dem Kläger fehle auf Grund der von ihm begangenen Straftat von erheblicher Schwere und des Umstands, dass er trotz eindeutiger Belehrung im Bewerbungsbogen die Straftat nicht angegeben habe, die gem. § 5 Abs. 1 des Reservistengesetzes (ResG) i.V.m. § 37 Abs. 1 Nr. 3 SG erforderliche charakterliche Eignung.
8
Der Kläger erhob am 22. Februar 2022 Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg. Er begründet diese im Wesentlichen wie folgt (insbesondere Schriftsätze vom 15.11.2022, vom 20.1.2013, vom 5.4.2023, vom 4.5.2023): Die Klage sei als Verbescheidungsklage zulässig; es gehe dem Kläger nicht allein um eine Einstellung im Jahr 2021. Lediglich hilfsweise werde Feststellungsklage erhoben. Dem Kläger sei zu Unrecht die charakterliche Eignung abgesprochen worden. Die strafrechtliche Verurteilung habe bereits länger zurückgelegen; neue Einträge seien nicht hinzugekommen. Der Kläger sei davon ausgegangen, dass der Hinweis auf eine Tilgung der Straftat genüge, weil sie im Führungszeugnis nicht mehr aufgezeigt werde. Täuschungsabsicht habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Der Kläger wisse, dass die ... als Bundesbehörde die Zustimmung zur Einsicht in das Bundeszentralregister wünsche. Diese Einwilligung habe er auch erteilt. Es habe also keinen Sinn ergeben, bezüglich der strafrechtlichen Verurteilung etwas zurückzuhalten. Eine falsche Aussage wäre ein klares „Nein“ gewesen oder ein fehlender Hinweis auf die Problematik in der Vergangenheit. Die Bedenken gegen den Kläger habe ein Soldat im Bundesamt für das ... formuliert, der ihn persönlich zu keinem Zeitpunkt kennengelernt habe. Zuvor hätten zwei Prüfoffiziere dem Kläger die charakterliche Eignung zuerkannt. Der Kläger habe im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren mehrfach darauf hingewiesen, dass er sich mit seinen Straftaten tiefgreifend auseinandergesetzt habe; er wolle die Werte der ... so zum Ausdruck zu bringen, wie es die Dienstvorschriften und der Verhaltenskodex der ... vorgäben. Er habe mitgeteilt, militärisch als auch zivil als Vorbild fungieren zu wollen, das durch einwandfreies und diszipliniertes Verhalten überzeuge. Seine bisherige Arbeitsstelle habe er nur gekündigt, weil ihm die ... die hier gegenständliche Stelle verbindlich zugesagt habe. Der Kläger habe erfolgreich das Auswahlverfahren zur Direkteinstellung in den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst in der ... absolviert. Hier sei ihm die Absicht einer zeitnahen Einstellung mitgeteilt worden. Für eine charakterliche Eignung spreche, dass dem Kläger mehrfach signalisiert worden sei, dass seine Person bei der ... benötigt und gewünscht werde. Ein aktuelles Führungszeugnis des Klägers weise keine Eintragungen auf.
9
Der Kläger beantragt,
10
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15.11.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2022 zu verpflichten, über die Bewerbung des Klägers vom 24.2.2021 für die Einstellung als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes im Wehrdienst unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden;
11
hilfsweise, festzustellen, dass der Bescheid vom 15.11.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.1.2022 rechtswidrig war und die Beklagte verpflichtet war, über die Bewerbung des Klägers vom 24.2.2021 für die Einstellung als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes im Wehrdienst unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
12
Die Beklagte beantragt
13
die Klage abzuweisen.
14
Im Wesentlichen bringt sie vor: Die Klage sei im Hauptantrag unzulässig. Alle im Jahre 2021 für den Kläger in Betracht kommenden Dienstposten seien besetzt. Die Klage sei auch unbegründet. Dem Kläger fehle angesichts seiner Verurteilung und deren Nichtangabe im Bewerbungsverfahren die charakterliche Eignung (§ 5 Abs. 1 ResG i.V.m. § 37 Abs. 1 Nr. 3 SG). Insbesondere habe er gegen die Wahrheitspflicht nach § 13 SG verstoßen. Der Kläger habe sich gem. § 53 Abs. 2 BZRG nicht auf sein Verschwiegenheitsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 SG berufen dürfen, da das Bundesministerium als oberste Bundesbehörde ein Recht auf uneingeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister habe und der Kläger darüber ausreichend belehrt worden sei.
15
Mit Beschluss vom 7. Februar 2024 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, insbesondere den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, sowie auf die beigezogene Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

17
Die Klage bleibt ohne Erfolg. Sie ist im Hauptantrag (dazu 1.) zulässig, aber unbegründet. Im Hilfsantrag (dazu 2.) ist sie unzulässig.
18
1. Die Klage ist im Hauptantrag zulässig (1.1.), jedoch nicht begründet (1.2).
19
1.1 Der Klage auf Neuverbescheidung der Bewerbung des Klägers vom 24. Februar 2021 für die Einstellung als Anwärter in die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes im Wehrdienst fehlt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht das Rechtsschutzbedürfnis; sein Begehren auf erneute Verbescheidung seiner Bewerbung hat sich nicht durch Zeitablauf erledigt. Der Kläger ist nicht auf eine erneute Bewerbung zu verweisen (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2015 – 6 ZB 14.2289 – juris Rn. 6). Es ist hier nicht erkennbar, dass die Stellen, auf die sich die Bewerbung des Klägers bezieht, (nur) zu regelmäßig wiederkehrenden Zeitpunkten ausgeschrieben und besetzt werden, so dass durch das Verstreichen eines Einstellungszeitpunktes bzw. -zeitraums der Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers untergegangen sein könnte (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2023 – 6 ZB 23.1478 – juris Rn. 9 m.w.N.). Der von der Beklagten zur Verfügung gestellte Bewerbungsbogen lässt zwar die Angabe „gewünschter“ Dienstantrittstermine zu; er lässt aber nicht erkennen, dass sich die Bewerbung nur auf einen bestimmten Zeitpunkt oder -raum bezieht. Hiergegen spricht auch, dass die Bewerbung des Klägers, nachdem ihm mitgeteilt worden war, aufgrund seines Eintrags im Bundeszentralregister sei noch eine weitere Prüfung erforderlich, so dass der Einstellungstermin 1. Juli 2021 nicht realisiert werden könne, ohne weiteres (zunächst) für das Jahr 2022 aufrecht erhalten bleiben konnte (Behördenakte Bl. 70). Auch der Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2022 führt nicht etwa aus, dass der Widerspruch des Klägers gegen die Ablehnung seiner Bewerbung schon deshalb erfolglos bleiben musste, weil ein Zeitpunkt oder -raum, auf den sich die Bewerbung bezogen habe, verstrichen war.
20
1.2 Die Klage ist indes nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neuverbescheidung seiner Bewerbung für die Einstellung als Anwärter in die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes im Wehrdienst; nur diese Bewerbung ist vorliegend ausweislich des Klageantrags sowie der angefochtenen Bescheide streitgegenständlich. Die Beklagte hat die Einstellung des Klägers ohne Rechtsfehler abgelehnt. Der Bescheid vom 15. November 2021 in Gestaltung des Widerspruchsbescheids vom 26. Januar 2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
21
Die Beklagte hat zu Recht angenommen, dass der Kläger die zur Erfüllung seiner Aufgaben als Soldat (Laufbahn der Offiziere der Reserve) erforderliche charakterliche Eignung nicht besitzt (§ 5 Abs. 1 ResG i.V.m. § 37 Abs. 1 Nr. 3 SG). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist insoweit derjenige der letzten Behördenentscheidung, hier also des Erlasses des Widerspruchsbescheids (vgl. Sohm in Eichen/Metzger/ders., Soldatengesetz, 4. Aufl. 2021, § 37 Rn. 47).
22
Die charakterliche Eignung eines Bewerbers ist gegeben, wenn aufgrund seiner Lebenshaltung im Allgemeinen und seiner Einstellung zum Soldatenberuf im Besonderen davon auszugehen ist, dass er den Anforderungen und Pflichten, die ihm als Soldat im Umgang mit Vorgesetzten, Kameraden und Untergebenen sowie gegenüber dem Dienstherrn obliegen, gerecht zu werden vermag. Das Merkmal der charakterlichen Eignung weist einen inhaltlichen Bezug nicht nur zu einer spezifischen, sondern zu einer Vielzahl soldatischer Pflichten auf. Hier kommen insbesondere die Pflichten gem. §§ 7 und 10 bis 15 SG in Betracht (vgl. Sohm in Eichen/Metzger/ders., Soldatengesetz, § 37 Rn. 33). Dabei ist die Feststellung, ob ein Soldat charakterlich geeignet ist oder nicht, ein dem Dienstherrn vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Die Berufungsdienststelle hat insoweit einen Beurteilungsspielraum, der vom Gericht nur darauf überprüft werden kann, ob die Entscheidung in ihren tatsächlichen Grundlagen und rechtlichen Maßstäben fehlerfrei ist (BayVGH, B.v. 24.2.2015 – 6 ZB 14.2289 – juris Rn. 8; VG Würzburg, B.v. 11.9.2014 – W 1 K 13.885 – juris Rn. 23).
23
Hieran gemessen hat die Beklagte zu Recht beim Kläger eine mangelnde charakterliche Eignung angenommen, weil er in Bezug auf seine strafrechtliche Verurteilung der Wahrheitspflicht (§ 13 Abs. 1 SG) nicht nachgekommen ist (1.2.1); ferner wegen der strafrechtlichen Verurteilung als solcher (1.2.2).
24
1.2.1 Regelmäßig – und so auch hier – stellt das Verschweigen von rechtskräftigen Verurteilungen in der Absicht, sich die Berufung in das Dienstverhältnis zu erschleichen, einen Eignungsmangel dar; denn die Pflicht, in dienstlichen Angelegenheiten die Wahrheit zu sagen (§ 13 Abs. 1 SG), gehört zu den wesentlichen Dienstpflichten eines Soldaten (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2015 – 6 ZB 14.2289 – juris Rn. 8). Der Wahrheitspflicht kommt im militärischen Bereich besondere Bedeutung zu. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Wahrheitspflicht unter allen Pflichtenregelungen des öffentlichen Dienstrechts allein im Soldatengesetz ausdrücklich normiert ist. Es ist im Übrigen evident, dass eine Armee bei der Durchführung ihres Auftrags sowohl im Frieden als auch im Einsatz oder im ... auf wahrheitsgemäße Meldungen und Angaben nicht verzichten kann. Jede Verletzung der Wahrheitspflicht und die daraus folgende Beschädigung seiner persönlichen Integrität haben damit erhebliche Bedeutung für die militärische Verwendungsfähigkeit eines Soldaten (vgl. BVerwG, B.v. 30.3.2017 – 1 WB 23.16 – juris Rn. 32, stRspr).
25
Der Kläger ist der Wahrheitspflicht nach § 13 Abs. 1 SG nicht nachgekommen. Er war rechtskräftig (Urteil des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) vom 4.2.2016) wegen Diebstahls und Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 11 Monaten und 3 Wochen verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden war. Gleichwohl hat der Kläger im Bewerbungsbogen vom 24. Februar 2021 auf die Frage, ob er bereits in einem Strafverfahren rechtskräftig verurteilt worden war, „Nein“ angekreuzt. Zwar hat er daneben das Wort „getilgt“ eingefügt. Aber abgesehen davon, dass eine solche einschränkende bzw. relativierende Angabe in dem Bewerbungsbogen nicht vorgesehen war, traf auch dies – sollte sich der Kläger damit (wie nahe liegt) – auf die Eintragung im Bundeszentralregister bezogen haben, nicht zu. Denn angesichts des Strafmaßes ist eine Tilgung der strafrechtlichen Verurteilung (§ 45 Abs. 1 BZRG) erst nach zehn Jahren (§ 46 Abs. 1 Nr. 2 Buchst b BZRG), gerechnet ab dem Tag des Urteils (4.2.2016; vgl. § 47 Abs. 1, § 36 Satz 1 BZRG), vorzunehmen.
26
Sollte der Kläger der Auffassung gewesen sein, er habe den Zusatz „getilgt“ deshalb anführen dürfen, weil die Frist zur Nicht(mehr) aufnahme der Verurteilung in das Führungszeugnis (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BZRG) bereits abgelaufen war, ergäbe sich hieraus nicht zu seinen Gunsten. An der (objektiven) Unwahrheit seiner Angabe würde dies nichts ändern; die unrichtige – und wie erwähnt im Bewerbungsbogen auch gar nicht erbetene – Inbezugnahme von Begrifflichkeiten aus dem BZRG geht zu seinen Lasten. Insbesondere aber war in dem Bewerbungsbogen im Abschnitt B in Bezug (u.a.) auf die Laufbahn der Offiziere eindeutig erläutert worden, dass jegliche strafrechtliche Verurteilung anzugeben war, auch eine solche, die nicht ins Führungszeugnis aufzunehmen war; ebenso eindeutig war in dem Bewerbungsbogen erläutert worden, dass beim Verschweigen von Verurteilungen von einer Nichteignung ausgegangen würde. Insofern hätte für den Kläger offenkundig sein müssen, dass seine strafrechtliche Verurteilung anzugeben war, unabhängig davon, ob sie noch im Führungszeugnis aufschien. Sollte der Kläger die eindeutigen Hinweise im Bewerbungsbogen nicht gelesen oder nicht erfasst haben, könnte dies ebenfalls nicht zu einer günstigeren Beurteilung seiner Eignung führen.
27
Über die unrichtigen Angaben in Bewerbungsbogen hinaus hat der Kläger in einer Erklärung betreffend die Anforderung einer unbeschränkten Auskunft aus dem Bundeszentralregister (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 2, § 53 Abs. 2 BZRG) am 8. Juni 2021 die Angabe unterzeichnet, dass er nicht durch ein deutsches Strafgericht rechtskräftig verurteilt worden sei (Behördenakt Bl. 13). Insofern hat der Kläger seine unrichtige Angabe wiederholt.
28
Des Weiteren hat der Kläger in seiner Stellungnahme gegenüber der Beklagten vom 8. Juli 2021 (Behördenakt Bl. 80 ff.) den zu seiner Verurteilung führenden Sachverhalt anders dargestellt als er in den Feststellungen des Strafgerichts enthalten ist. In seiner Stellungnahme ist mehrfach davon die Rede, ihm seien die fraglichen Bücher aus der Hochschulbibliothek von Dritten angeboten worden (Behördenakt Bl. 81), während im Strafurteil festgestellt wurde, der Kläger habe die Bücher selbst entwendet. Da der Kläger im Strafverfahren ein Geständnis abgelegt hatte (Strafurteil S. 20), ist davon auszugehen, dass den strafgerichtlichen Feststellungen Angaben des Klägers zugrundelagen. Zwar ist in der Stellungnahme gegenüber der Beklagten davon die Rede, dass es im Strafverfahren auf die Frage „Diebstahl oder Hehlerei“ für seinen Rechtsanwalt nicht angekommen sei. Eine Festlegung des Klägers, welcher Tathergang der Wahrheit entsprach, ist jedoch nicht erfolgt, so dass auch insoweit nicht von einer Einhaltung der Wahrheitspflicht nach § 13 Abs. 1 SG ausgegangen werden kann. Ergänzend ist zu bemerken, dass die Pflicht nach § 13 Abs. 1 SG keine Einschränkung dahin enthält, „unangenehme“, weil für den Soldaten nachteilige Angaben nicht machen zu müssen.
29
Es bestehen auch keine Zweifel daran, dass der Kläger die unrichtigen Angaben gemacht hat, um sich im Sinne der eingangs genannten Rechtsprechung die Berufung in ein Dienstverhältnis zu erschleichen.
30
Ein Verwertungsverbot hinsichtlich der strafrechtlichen Verurteilung gem. § 51 Abs. 1 BZRG besteht nicht; ebenso wenig durfte sich der Kläger gem. § 53 Abs. 1 BZRG als unbestraft bezeichnen und brauchte den der Verurteilung zugrundeliegenden Sachverhalt nicht zu offenbaren. Zwar war die Verurteilung, wie ausgeführt, nicht mehr in das Führungszeugnis aufzunehmen (§ 53 Abs. 1 Nr. 1 BZRG). Jedoch kann der Kläger hieraus keine Rechte herleiten, weil das Bundesministerium der ... gem. § 41 Abs. 1 Nr. 2 BZRG als oberste Bundesbehörde ein unbeschränktes Auskunftsrecht hat und der Kläger hierüber belehrt wurde, § 53 Abs. 2 BZRG (zur Belehrung des Klägers vgl. Abschnitt B des Bewerbungsbogens sowie Behördenakt Bl. 13). Die Frist für eine Tilgung des Verurteilungseintrags (§ 53 Abs. 1 Nr. 2 BZRG) war noch nicht abgelaufen.
31
Der Anwendung des § 53 Abs. 2 BZRG steht hier nicht entgegen, dass die Entscheidung über die Bewerbung des Klägers nicht durch das Bundesministerium der, sondern durch das Bundesamt für das ... getroffen wurde. Es liegt keine (bloße) Mitteilung einer Eintragung, die nicht (mehr) in das Führungszeugnis aufzunehmen war, durch eine oberste Bundesbehörde an eine nachgeordnete bzw. ihrer Aufsicht unterstehende Behörde vor (§ 43 BZRG). Vielmehr hat das Bundesministerium der ... die (unbeschränkte) Auskunft aus dem Bundeszentralregister angesichts der Bewerbung des Klägers um eine Einstellung in die Laufbahn der Offiziere der Reserve angefordert, um die Eignung des Klägers beurteilen zu können (vgl. Schreiben vom 10.9.2021, Behördenakt Bl. 78); zu diesem Zweck durfte das Bundesministerium der ... die Auskunft verwerten (vgl. § 41 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 BZRG). Nicht ersichtlich ist, weshalb das Ministerium die von ihm zulässigerweise im Bewerbungsprozess erlangten Informationen und seine Einschätzung nicht dem Bundesamt für das ... übermitteln hätte dürfen, welches über die Einstellung des Klägers zu entscheiden hatte; insofern würde in der vorliegenden Konstellation nicht die gesetzgeberische Grundentscheidung in § 41 Abs. 1 BZRG, den Vollzugsbehörden kein Auskunftsrecht zu gewähren, faktisch gegenstandslos (vgl. zu einem solchen Fall VG Augsburg, U.v. 26.10.2017 – Au 2 K 17.600 – juris Rn. 45 m.V.a. BayVGH, U.v. 28.2.2006 – 7 B 05.2202 – juris Rn. 35). Vielmehr liefe die gesetzgeberische Grundentscheidung, den obersten Bundesbehörden gem. § 41 Abs. 1 Nr. 2 BZRG ein umfassendes Auskunftsrecht und gem. § 41 Abs. 3 BZRG eine zweckentsprechende Verwertung zu gewähren, leer, wenn diese – trotz der allumfassenden Verantwortung für ihren Geschäftsbereich – zwar Auskünfte über Bewerber aus dem Bundeszentralregister einholen dürften, es ihnen aber verwehrt bliebe, diese und ihre Beurteilung dann der Personalbehörde mitzuteilen.
32
Im Übrigen lägen vorliegend die Voraussetzungen für eine Mitteilung an eine nachgeordnete Behörde nach § 43 BZRG vor, weil sonst jedenfalls die Erfüllung öffentlicher Aufgaben erheblich gefährdet oder erschwert worden wäre. Im Gegensatz zu einem anderen von der Kammer entschiedenen Fall (vgl. U.v. 26.10.2017 – Au 2 K 17.600 – juris Rn. 3: Geldstrafe von 20 Tagessätzen wegen unerlaubten Führens einer verbotenen Waffe; vgl. andererseits jedoch VG München, U.v. 13.11.2012 – M 21 K 10.3378 – juris Rn. 2: Geldstrafe in Höhe von 20 Tagessätzen wegen Betäubungsmitteldelikten) liegen hier mit erheblicher krimineller Energie begangene Straftaten vor, die mit einem entsprechenden Strafmaß belegt wurden. Der Kläger hat zudem eine Straftat gegen das Eigentum einer öffentlichen Einrichtung (Hochschule) begangen. Diese Straftat bezog sich nach den Feststellungen des Strafgerichts auf eine erhebliche Zahl an Büchern aus der Hochschulbibliothek (161) und mit einem Wert im hohen vierstelligen Bereich (über 9.400 EUR). Durch Verkauf von nicht ihm, sondern einer öffentlichen Einrichtung gehörenden Büchern hat der Kläger das begangene Unrecht noch vertieft und gleichzeitig weitere Straftaten (Betrug) begangen, zumal solche, denen eine Täuschung und damit ebenfalls wahrheitswidrige Angaben zugrunde liegen. Von einem Augenblicks- oder nur kurzfristigen Versagen des Klägers kann angesichts des längeren Begehungszeitraums im Jahr 2015, der zahlreichen tatgegenständlichen Bücher sowie des zielgerichteten Vorgehens des Klägers (ausweislich des Strafurteils Vorermittlung des potenziellen Werts der Bücher; Entfernung des Sicherungschips) nicht die Rede sein. Auch war der Kläger im Zeitpunkt der Begehung der Taten (2015) schon über 21 Jahre alt, so dass er nicht mehr nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde (§ 1 Abs. 2 JGG). Zwar hat das Strafgericht bei der Strafzumessung (§ 46 Abs. 1, Abs. 2 StGB) auch zugunsten des Klägers sprechende Umstände festgestellt. Dies ändert jedoch nichts an der vorgenannten Qualifizierung der Straftaten des Klägers, welche gerade für die von ihm erstrebte Einstellung in ein öffentliches Amt, zumal aus der Laufbahn der Offiziere der Reserve, und für die Erfüllung soldatischer Pflichten von Relevanz sind. Zudem ist trotz der vom Strafgericht erkannten Milderungsgründe die Strafe für einen geständigen Ersttäter bemerkenswert hoch ausgefallen und offenbar nur deshalb (knappstmöglich) unter einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten geblieben, weil das Strafgericht dem Kläger eine Laufbahn bei der ... nicht verbauen wollte. Indessen kommt es hier nicht auf die Voraussetzungen des Berufungshindernisses nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 SG an (dieser verlangt ein Verbrechen), sondern auf die Nichterfüllung der Wahrheitspflicht durch den Kläger. Das Verschweigen dieser schwerwiegenden Verurteilung durch den Kläger rechtfertigte damit die Annahme, dass der Kläger auch im Falle seiner Einstellung der Wahrheitspflicht nicht nachkommen würde, mit – angesichts der vorstehend beschriebenen Bedeutung der Wahrheitspflicht – erheblichen Auswirkungen auf die Durchführung des Auftrags der Armee (sowohl im Frieden als auch im Einsatz oder im ...), so dass ohne die Weitergabe der Information über die strafrechtliche Verurteilung des Klägers durch das Bundesministerium der ... zumindest i.S.d. § 43 BZRG die Erfüllung öffentlicher Aufgaben erheblich gefährdet oder erschwert worden wäre.
33
1.2.2 Überdies hat die Beklagte zu Recht aus der strafrechtlichen Verurteilung des Klägers als solche auf seine mangelnde charakterliche Eignung i.S.d. § 37 Abs. 1 Nr. 3 SG geschlossen. Zwar erfüllt die strafrechtliche Verurteilung des Klägers die Voraussetzungen eines Berufungshindernisses nach § 38 Abs. 1 Nr. 1 SG nicht. Gesetzeswortlaut und -systematik lassen jedoch nicht erkennen, dass eine strafrechtliche Verurteilung nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 Nr. 1 SG einstellungsrelevant wäre. § 38 Abs. 1 Nr. 1 SG normiert zwar einen Automatismus, dass eine Einstellung nicht erfolgen darf; eine Sperrung des § 37 Abs. 1 Nr. 3 SG in Bezug auf (sonstige) Straftaten lässt sich der Norm jedoch nicht entnehmen (vgl. Sohm in Eichen/Metzger/ders., Soldatengesetz, § 38 Rn. 1), zumal die charakterliche Eignung i.S.d. § 37 Abs. 1 Nr. 3 SG ein Unterfall der allgemeinen Anforderung der persönlichen Eignung ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.7.2016 – 2 B 17.16 – juris Rn. 26).
34
Vorliegend hat der sich um ein öffentliches Amt bewerbende Kläger, wie ausgeführt, über einen längeren Zeitraum mit erheblicher krimineller Energie Straftaten zu Lasten des Eigentums einer öffentlichen Einrichtung begangen und in Vertiefung des begangenen Unrechts weitere (Betrugs-)Straftaten begangen, welche tatbestandlich die Verletzung der Wahrheitspflicht voraussetzen. Diese lassen die Prognose gerechtfertigt erscheinen, dass der Kläger nicht der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit und Zuverlässigkeit gerecht werden wird (vgl. BVerwG, U.v. 20.7.2016 – 2 B 17.16 – juris Rn. 26 sowie § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 2, § 12, § 13 Abs. 1 SG).
35
Die strafrechtliche Verurteilung war auch nach Maßgabe des BZRG zu Lasten des Klägers verwertbar. Auf die obigen Ausführungen (1.2.1) wird mit der Maßgabe Bezug genommen, dass i.S.d. § 43 BZRG die Erfüllung öffentlicher Aufgaben auch insoweit erheblich gefährdet oder erschwert worden wäre, wäre die strafrechtliche Verurteilung des Klägers als solches nicht berücksichtigt worden, weil diese einen erheblichen Eignungsmangel begründet.
36
1.3 Angesichts des Vorstehenden vermögen die Ausführungen des Klägers vor Erlass des Ausgangssowie des Widerspruchsbescheids sowie im gerichtlichen Verfahren, dass er – zumal angesichts der Wohlverhaltensphase in den letzten Jahren – im Falle einer Einstellung sämtliche Pflichten eines Soldaten stets erfüllen werde, nichts daran zu ändern, dass die Beurteilung der Beklagten, der Kläger verfüge nicht über die charakterliche Eignung, nicht rechtsfehlerhaft ist. Vielmehr vermochte der Kläger zu keinem Zeitpunkt zufriedenstellend zu erklären, weshalb er im Bewerbungsverfahren, als es konkret darauf ankam, die Wahrheitspflicht zu erfüllen, unrichtige Angaben gemacht hat, zumal er, wie ausgeführt, die unrichtigen Angaben in einer weiteren Erklärung wiederholt und in seinen schriftlichen Erläuterungen von der strafrechtlichen Verurteilung abweichendes angegeben hat. Dem zur Wahrheit verpflichteten Kläger kann daher auch nicht zu Gute kommen, dass er die Zustimmung zur vollständigen Einsicht in das Bundeszentralregister erteilt hatte, so dass die Wahrheit über seine Verurteilung ohnehin zu Tage getreten wäre; die Auffassung, gegen die Wahrheitspflicht nicht verstoßen zu haben, weil sich die Wahrheit auch auf anderem Wege ergeben hätte, vermag eine Geeignetheit des Klägers ersichtlich nicht zu begründen. Auch angesichts der schwerwiegenden Straftaten gegen das Eigentum einer öffentlichen Einrichtung und unter Verletzung der Wahrheitspflicht (Betrug), ist es nicht zu beanstanden, dass der Kläger trotz seiner Beteuerungen betreffend eine künftige Pflichterfüllung von der Beklagten nicht für charakterlich geeignet gehalten wurde.
37
Ebenso wenig stellt die Beurteilung der Beklagten in Frage, dass der Kläger im Laufe des Bewerbungsverfahrens zunächst für geeignet gehalten wurde. Diese Beurteilung (insbesondere vom 28.5.2021, vgl. Behördenakte Bl. 106) berücksichtigte die von ihm nicht angegebene strafrechtliche Verurteilung – welche erst Ende Juni 2021 durch die Auskunft aus dem Bundeszentralregister bekannt wurde (vgl. Behördenakt Bl. 58) – noch nicht. Für die Beurteilung, ob sich aus der unterlassenen Angabe der strafrechtlichen Verurteilung sowie aus dieser selbst ein Eignungsmangel ergab, bedurfte es auch keines persönlichen Kennenlernens des Klägers. Wie ausgeführt, war zudem aus dem Bewerbungsbogen ersichtlich, dass das Verschweigen einer strafrechtliche Verurteilung als Eignungsmangel gewertet würde.
38
1.4 Für die Frage, ob der Kläger die erforderliche charakterliche Eignung besitzt, ist nicht maßgeblich, inwieweit der für ihn vorgesehene Dienstposten anderweitig besetzt werden konnte oder inwieweit sonst Personalbedarf bei der ... besteht; streitgegenständlich ist nur die Bewerbung des Klägers vom 24. Februar 2021 für die Einstellung als Anwärter in die Laufbahn der Offiziere der Reserve des Truppendienstes im Wehrdienst. Ebenso wenig kommt es im vorliegenden Rechtsstreit auf die zwischen Kläger und Beklagten schriftsätzlich geführte Diskussion an, ob der Kläger sein früheres Arbeitsverhältnis beenden musste.
39
2. Die Klage ist im Hilfsantrag, bei dem es sich um einen Fortsetzungsfeststellungsantrag analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO handelt, bereits unzulässig. Erledigung des Klagebegehrens, insbesondere wegen Zeitablaufs, ist nicht eingetreten (vgl. 1.1). Würde der Hilfsantrag als Feststellungsklage (§ 43 VwGO) ausgelegt, wäre diese Klage aufgrund ihrer Subsidiarität (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) unzulässig; der Kläger kann sein Begehren, wie unter 1.1 ausgeführt, zulässigerweise mit einer Gestaltungs- bzw. Leistungsklage verfolgen.
40
3. Die Klage war damit mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.