Inhalt

VG München, Urteil v. 23.04.2024 – M 31 K 22.5598
Titel:

Überbrückungshilfe IV nur bei Corona-bedingtem Umsatzeinbruch

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
Leitsätze:
1. Es hält sich innerhalb der Befugnis zu einer typisierenden Erfassung der maßgeblichen Zuwendungssachverhalte, wenn der Zuwendungsgeber für die Frage einer Corona-Bedingtheit eines Umsatzrückgangs maßgeblich auf Kriterien wie insbesondere die Geltung von Schließungsanordnungen, saisonale Schwankungen oder Schwierigkeiten in der Mitarbeiterrekrutierung abstellt. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. In diese Zuwendungspraxis fügt es sich widerspruchsfrei ein, wenn der Zuwendungsgeber eine allgemeine Kundenzurückhaltung, den Rückgang von Bestellungen oder den (vorübergehenden) Verzicht von Kunden auf Dienstleistungen als Auswirkung wirtschaftlicher Faktoren allgemeiner Art betrachtet, die keinen Corona-bedingten Umsatzrückgang begründet. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zuwendungsrecht, Überbrückungshilfe IV, Corona-bedingter Umsatzeinbruch, Überbrückungshilfe, Corona, Umsatzeinbruch, Verwaltungspraxis
Fundstelle:
BeckRS 2024, 10478

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin, die nach ihren Angaben im Förderverfahren in der Branche „Unternehmensberatung“ tätig ist, begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Zuwendung im Rahmen der Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 5 (Überbrückungshilfe IV).
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Unter dem … März 2022 beantragte die Klägerin zunächst die Gewährung einer Überbrückungshilfe IV in Höhe von 20.859,18 EUR für die Fördermonate Januar bis März 2022. Als Umsatz für die Fördermonate Januar bis März 2022 gab die Klägerin im Antrag jeweils 0 EUR und mithin einen Umsatzrückgang um 100% im Verhältnis zu den relevanten Vergleichsmonaten des Jahres 2019 an. Auf Grundlage dessen und der darüber hinaus angegebenen, zu fördernden Fixkosten für die drei Monate ergab sich im Online-Antragsportal ein Gesamtbetrag der Überbrückungshilfe IV von 20.859,18 EUR. Mit Bescheid vom … März 2022 wurde der Klägerin eine Abschlagszahlung für die Überbrückungshilfe IV in Höhe von 10.429,59 EUR gewährt. Mit Bescheid vom … Juni 2022 wurde der Klägerin vorläufig eine Überbrückungshilfe IV gemäß der Richtlinie Überbrückungshilfe IV dem Grunde nach für den beantragten Zeitraum gewährt und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid ergehe ausschließlich, um die mit Ablauf des befristeten Rahmens der Europäischen Kommission am … Juni 2022 endende Frist für die Gewährung von Überbrückungshilfe zu wahren. Die Festsetzung stehe unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung der Antragsberechtigung und Berechnung der Anspruchshöhe. Mit Bescheid vom … Oktober 2022 wurde der Klägerin eine Überbrückungshilfe IV in Höhe von 0,00 EUR gewährt.
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Mit Änderungsantrag vom ... November 2022 erweiterte die Klägerin den Antrag auf Überbrückungshilfe um die Fördermonate April bis Juni 2022, für die eine Förderung in Höhe von 15.904,00 EUR beantragt wurde, sodass sich letztlich eine Fördersumme von insgesamt 36.763,18 EUR ergab.
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Auf die Rückfrage der Beklagten im Rahmen des behördlichen Verfahrens u.a. zu der monatlichen Umsatzangabe von 0 EUR in den Fördermonaten Januar bis März 2022 erläuterte der prüfende Dritte unter dem … April 2022, dass die Klägerin für die Hauptkunden B. GmbH und R. SE tätig sei. Beide Großkunden hätten Coronabedingte Umsatzrückgänge durch massive Kostenreduktion bei ihren Dienstleistern aufgefangen. Auf erneute Nachfrage zu dem für diese Branche ungewöhnlichen Umsatzeinbruch wurde vom prüfenden Dritten unter dem … Mai 2022 ergänzend ausgeführt, dass die Fitness-Branche durch den Coronabedingten Lockdown besonders zu leiden habe. Die R. SE hat durch Coronabedingte Konsolidierungsmaßnahmen auf die Mitarbeit der Klägerin verzichtet und anstehende Leistungen zunächst durch eigenes Personal kompensiert. Diese Ausführungen wurden vom prüfenden Dritten auch im Rahmen des Verfahrens den Änderungsantrag betreffend auf Nachfrage unter dem … Dezember 2022 so wiederholt.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom … Februar 2023 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Überbrückungshilfe IV vom … November 2022 ab (Ziff. 1), hob den unter Vorbehalt der vollständigen Prüfung ergangenen Bescheid vom … Oktober 2022 auf (Ziff. 2), lehnte den Antrag vom … März 2022 ab (Ziff. 3), hob den unter Vorbehalt der vollständigen Prüfung ergangenen Bescheid vom … März 2022 auf (Ziff. 4), setzte den zu erstattenden Betrag auf 10.429,59 EUR fest (Ziff. 5) und ordnete unter Fristsetzung für die Rückzahlung die Verzinslichkeit des Erstattungsbetrags an (Ziff. 6). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass das Unternehmen in den Fördermonaten nicht von Schließungsanordnungen betroffen gewesen sei, so dass ein Coronabedingter Umsatzeinbruch nicht dargelegt worden sei.
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Die Klägerin erhob mit Schreiben vom … November 2022, bei Gericht eingegangen am … November 2022, Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag, die Restzahlung von 10.429,59 EUR aus dem Bewilligungsbescheid vom … März 2022 an den Kläger auszukehren und den Ablehnungsbescheid vom … Oktober 2022 aufzuheben.
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Mit Schreiben vom 14. März 2023, bei Gericht eingegangen am 15. März 2023, erweiterte die Klägerin ihre Klage und beantragt sinngemäß zuletzt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom … Februar 2023 zu verpflichten, der Klägerin eine Förderung in Höhe von insgesamt 36.763,18 EUR gemäß den Anträgen der Klägerin vom … März 2022 und vom … November 2022 zu gewähren.
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Zur Begründung verwies die Klägerin auf die Corona-Bedingtheit ihrer Umsatzeinbrüche durch ihre Nähe zur Fitnessstudiobranche. Die Beklagte habe die Stellungnahmen der Klägerin zur Corona-Bedingtheit im Förderverfahren nicht hinreichend gewürdigt.
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Die Beklagte beantragt Klageabweisung
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und legte die Behördenakten vor.
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Mit Beschluss vom 5. März 2024 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte sowie auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Sie ist unbegründet.
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1. Die Einbeziehung des Bescheids vom … Februar 2023 mit Schreiben der Klägerin vom … März 2023 stellt eine zulässige Klageänderung iSd. § 91 Abs. 1 VwGO dar. Nach dieser Vorschrift ist eine Klageänderung zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Einwilligung des Beklagten ist gem. § 91 Abs. 2 VwGO anzunehmen, wenn er sich ohne der Änderung zu widersprechen in einem Schriftsatz oder in der mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat. Die Beklagte hat sich vorliegend in der mündlichen Verhandlung zur geänderten Klage eingelassen, ohne der Klageänderung zu widersprechen.
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2. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung und Auszahlung der Überbrückungshilfe IV in Höhe von 36.763,18 EUR für die Monate Januar bis Juni 2022 (§ 113 Abs. 5 VwGO). Vielmehr erweist sich der abblende Bescheid vom … Februar 2023 als rechtmäßig. Auch hat die Klägerin keinen Anspruch auf Aufhebung der Rücknahme- und Rückforderungsanordnungen in Ziff. 2 und 4 bis 6 des streitbefangenen Bescheids vom … Februar 2023, da sich diese als rechtmäßig erweisen und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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2.1. Eine Rechtsnorm, die einen Anspruch der Klägerin auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, existiert nicht. Vielmehr erfolgt die Zuwendung auf der Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinie im billigen Ermessen der Behörde unter Beachtung des Haushaltsrechts (Art. 23, 44 BayHO). Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis.
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Der Norm- und der mit ihm insoweit gleichzusetzende Richtliniengeber (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17 – juris Rn. 18; U.v. 24.4.1987 – 7 C 24.85 – juris Rn. 12) ist zunächst bei der Entscheidung darüber, welcher Personenkreis durch freiwillige finanzielle Zuwendungen des Staates gefördert werden soll, weitgehend frei. Zwar darf der Staat seine Leistungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen. Subventionen müssen sich vielmehr gemeinwohlbezogen rechtfertigen lassen, sollen sie vor dem Gleichheitssatz Bestand haben. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen jedoch dem Norm- und Richtliniengeber in sehr weitem Umfang zu Gebote; solange die Regelung sich auf eine der Lebenserfahrung nicht geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebensverhältnisse stützt, insbesondere der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist, kann sie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden (stRspr; vgl. z.B. BVerfG, U.v. 20.4.2004 – 1 BvR 905/00, 1 BvR 1748/99 – juris Rn. 61; ebenso etwa Wollenschläger, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 3 Rn. 255).
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Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere einschlägige Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (aktuell z.B. BayVGH, B.v. 3.8.2022 – 22 ZB 22.1151 – juris Rn. 17; B.v. 31.3.2022 – 6 ZB 21.2933 – juris Rn. 7; B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 6; vgl. ferner BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24; B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26 m.w.N.; B.v. 9.3.2020 – 6 ZB 18.2102 – juris Rn. 9; VG München U.v. 15.11.2021 – M 31 K 21.2780 – juris Rn. 21; U.v. 5.7.2021 – M 31 K 21.1483 – juris Rn. 23).
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Nur entsprechend den vorgenannten Grundsätzen kann ein Anspruch auf Förderung im Einzelfall bestehen. Im Vorwort der hier einschlägigen Richtlinie des Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 5 (Überbrückungshilfe IV – BayMBl. 2022 Nr. 278 vom 6. Mai 2022) wird im Übrigen auch ausdrücklich klargestellt, dass die Überbrückungshilfe im Rahmen der vom Bund zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel als Billigkeitsleistung ohne Rechtsanspruch nach pflichtgemäßem Ermessen gewährt wird.
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2.2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die beantragte Zuwendung in Höhe von 36.763,18 EUR, da es an der Antragsberechtigung nach der Zuwendungspraxis der Beklagten auf Grundlage der einschlägigen Zuwendungsrichtlinie fehlt. Insbesondere ist ein – im Sinne der Zuwendungspraxis – Coronabedingter Umsatzrückgang für die relevanten Fördermonate im Zuwendungsantrag der Klägerin nicht dargelegt.
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2.2.1. Gemäß Nr. 2.1 Satz 1 Buchst. e der Zuwendungsrichtlinie, auf der die maßgebliche ständige Zuwendungspraxis der Beklagten beruht, sind Unternehmen für die Überbrückungshilfe IV antragsberechtigt, deren Umsatz in den jeweiligen Fördermonaten im Zeitraum Januar bis Juni 2022 Coronabedingt im Sinne der Sätze 2, 3 und 4 um mindestens 30% gegenüber dem jeweiligen Monat des Jahres 2019 zurückgegangen ist. Weiter ist in der Zuwendungsrichtlinie hierzu geregelt, dass der Nachweis des Antragstellers, individuell von einem Coronabedingten Umsatzeinbruch betroffen zu sein, zum Beispiel geführt werden kann, wenn der Antragsteller in einer Branche tätig ist, die von staatlichen Schließungsanordnungen betroffen ist. Nicht gefördert werden hingegen Umsatzausfälle, die zum Beispiel nur aufgrund regelmäßiger saisonaler oder anderer dem Geschäftsmodell inhärenter Schwankungen auftreten. Nicht als Coronabedingt gelten nach der Zuwendungsrichtlinie sodann beispielsweise Umsatzeinbrüche, die zurückzuführen sind auf wirtschaftliche Faktoren allgemeiner Art oder die sich erkennbar daraus ergeben, dass Umsätze bzw. Zahlungseingänge sich lediglich zeitlich verschieben, die sich aufgrund von Schwierigkeiten in der Mitarbeiterrekrutierung ergeben oder auf Betriebsferien zurückzuführen sind (Nr. 2.1 Sätze 3 bis 5 der Zuwendungsrichtlinie sowie auch Nr. 1.2 der FAQs).
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Auf dieser Grundlage geht die Beklagte in ihrer ständigen Zuwendungspraxis davon aus, dass für die Corona Bedingtheit maßgeblich auf die Betroffenheit von inländischen, insbesondere bayerischen Infektionsschutzmaßnahmen, wie etwa die Zugehörigkeit zu einer von Schließungsanordnungen betroffenen Branche im konkreten Förderzeitraum abzustellen ist. Den Angaben der Klägerin im behördlichen Verfahren entnimmt die Beklagte, dass sich die beiden Hauptkunden der Klägerin aus wirtschaftlichen Gründen entschieden haben ihrerseits vorerst auf die Inanspruchnahme der Dienstleistungen der Klägerin zu verzichten. Weder die Klägerin selbst noch die beiden Großkunden sind im ersten Halbjahr 2022 von staatlichen Schließungsanordnungen betroffen gewesen. Der Vortrag der Klägerin im Förderverfahren, dass die beiden wichtigsten Großkunden während der Coronapandemie erlittene Umsatzeinbrüche ihrerseits durch Verzicht auf die Dienstleistungen der Klägerin kompensierten, genügt vor dem geschilderten Hintergrund nicht, um einen Coronabedingten Umsatzeinbruch geltend zu machen. Es handelt sich hierbei vielmehr um Fernwirkungen der Coronapandemie, die nicht von der Überbrückungshilfe IV umfasst sind. Dies führte mangels eines im Sinne der Zuwendungspraxis fehlenden Coronabedingten Umsatzeinbruchs letztlich zur streitgegenständlichen Ablehnung der Zuwendungsanträge für die Monate Januar bis Juni 2022.
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2.2.2. Diese, auf der einschlägigen Zuwendungsrichtlinie beruhende und in den FAQs abgebildete Zuwendungspraxis der Beklagten und ihre Umsetzung im konkreten Einzelfall sind nicht zu beanstanden.
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Der Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit ihnen die mit der Funktion der Zuwendungsbehörde beliehene Beklagte (vgl. § 47b ZustV) sind nicht daran gehindert, im Sinne einer Eingrenzung des Kreises der Zuwendungsempfänger und Verteilung der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel den Kreis der Begünstigten im Wege einer dem Zweck der Förderung entsprechenden, sachgerechten Abgrenzung auf bestimmte Antragsberechtigte zu beschränken (VG München, U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26; U.v. 14.7.2021 – M 31 K 21.2307 – juris Rn. 23). Dies gilt gleichermaßen für die sachliche Eingrenzung einer Zuwendung und die Festlegung der relevanten Maßstäbe zur Bestimmung der Höhe einer Zuwendung. Denn nur der Zuwendungsgeber bzw. die Zuwendungsbehörde bestimmen im Rahmen des ihnen eingeräumten weiten Ermessens bei der Zuwendungsgewährung darüber, welche Ausgaben dem Fördergegenstand zugeordnet werden und wer konkret begünstigt werden soll. Außerdem obliegt ihm allein die Ausgestaltung des Förderverfahrens. Insoweit besitzen Zuwendungs- und Richtliniengeber und mit diesen die Beklagte die Interpretationshoheit über die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften (BayVGH, B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 19; B.v. 8.11.2021 – 6 ZB 21.1889 – juris Rn. 19; VG München, B.v. 31.10.2022 – M 31 E 22.5178 – juris Rn. 24; U.v. 15.11.2021 – M 31 K 21.2780 – juris Rn. 26; U.v. 15.9.2021 – M 31 K 21.110 – juris Rn. 26; VG Würzburg, U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.548, BeckRS 2022, 42039 Rn. 28; U.v. 29.11.2021 – W 8 K 21.982 – juris Rn. 25 f.; U.v. 14.6.2021 – W 8 K 20.2138 – juris Rn. 30).
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Es ist ohne weiteres vertretbar und naheliegend, wenn die Beklagte zur Abgrenzung des Kreises der Zuwendungsempfänger eine Antragsberechtigung für die Überbrückungshilfe IV voraussetzt und diese insbesondere davon abhängig macht, dass für den jeweils beantragten Förderungszeitraum ein Coronabedingter Umsatzrückgang in bestimmtem Umfang besteht. Das Kriterium der Corona-Bedingtheit dient hierbei in der Zuwendungspraxis nach dem Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zur Umsetzung und Sicherstellung der Zielsetzung der Überbrückungshilfe: Die Überbrückungshilfe IV ist nach der durch den Richtliniengeber erfolgten Zweckbestimmung als freiwillige Zahlung zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz zu gewähren, wenn Unternehmen, Soloselbständige und Angehörige der Freien Berufe Coronabedingt erhebliche Umsatzausfälle erleiden (Nr. 1 Satz 7 der Zuwendungsrichtlinie). In der richtliniengeleiteten Zuwendungspraxis sind – wie bereits ausgeführt – maßgebliche Anhaltspunkte für die Feststellung einer Corona-Bedingtheit des Umsatzrückgangs im konkreten Einzelfall einerseits etwa die Betroffenheit von Schließungsanordnungen, andererseits die Betrachtung der Entwicklung der Jahresumsätze im einschlägigen Zeitraum (Nr. 2.1 Sätze 2 und 3 der Zuwendungsrichtlinie).
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Dieses Vorgehen bzw. diese Zuwendungspraxis ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Indem für die Frage einer Corona-Bedingtheit eines Umsatzrückgangs maßgeblich auf Kriterien wie insbesondere die Geltung von Schließungsanordnungen, saisonale Schwankungen oder Schwierigkeiten in der Mitarbeiterrekrutierung abgestellt wird, bewegt sich die Beklagte als Zuwendungsgeberin innerhalb der ihr offenstehenden Befugnis zu einer typisierenden Erfassung der maßgeblichen Zuwendungssachverhalte. Denn dem Zuwendungs- und Richtliniengeber bzw. der Zuwendungsbehörde ist ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz ein bestimmtes Maß an Typisierung zuzugestehen. Der Gesetzgeber ist bei der Ordnung von Massenerscheinungen berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen Gleichheitsgebote zu verstoßen (vgl. zuletzt etwa BVerfG, B.v. 29.1.2019 – 2 BvC 62/14 – juris Rn. 47 m.w.N.; zum Ganzen auch Boysen, in: v. Münch/Kunig, GG, 7. Aufl. 2021, Art. 3 Rn. 98 f.). Gleiches gilt im Wesentlichen auch für die Bindung der Verwaltung im Bereich einer Zuwendungsgewährung (vgl. etwa VG München, U.v. 6.7.2021 – M 31 K 20.6548 – juris Rn. 38). Der Zuwendungsgeber ist daher nicht gehindert, den Förderungsgegenstand nach sachgerechten Kriterien auch typisierend einzugrenzen und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Dies umso mehr deswegen, weil ihm – wie bereits ausgeführt – sachbezogene Gesichtspunkte dabei in einem sehr weiten Umfang an die Hand gegeben sind (VG München, U.v. 17.10.2022 – M 31 K 21.4328 – juris Rn. 34; U.v. 11.5.2022 – M 31 K 21.4171 – juris Rn. 33). Die maßgebliche Anknüpfung eines Coronabedingten Umsatzrückgangs an unmittelbare staatliche Beschränkungen der wirtschaftlichen Betätigung in Abgrenzung zu mittelbaren Auswirkungen der Pandemiesituation, wie sie sich aus den o.g. Kriterien ergibt, begegnet vor diesem Hintergrund keinen Bedenken. Es handelt sich um einen ausreichenden sachlichen Grund, der eine willkürfreie Differenzierung ermöglicht, da mithin auf eine unterschiedliche Intensität der Betroffenheit durch Coronabedingte Einschränkungen abgestellt wird (vgl. zur parallelen Fragestellung im Rahmen der Antragsberechtigung zur November- bzw. Dezemberhilfe BayVGH, B.v. 14.10.2022 – 22 ZB 22.212 – juris Rn. 24; VG München, U.v. 28.10.2022 – M 31 K 21.5978 – juris Rn. 35; U.v. 21.9.2022 – M 31 K 21.5244 – juris Rn. 26; VG Würzburg, U.v. 15.11.2021 – W 8 K 21.1000 – juris Rn. 44).
27
In diese Zuwendungspraxis, bzw. die vorgenannten Abgrenzungskriterien fügt es sich widerspruchsfrei ein, wenn die Beklagte eine allgemeine Kundenzurückhaltung, den Rückgang von Bestellungen oder den (vorübergehenden) Verzicht von Kunden auf die Leistungen der Klägerin als Auswirkung wirtschaftlicher Faktoren allgemeiner Art betrachtet, die keinen Coronabedingten Umsatzrückgang begründet. Die Beklagte geht nach ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung hierbei davon aus, dass ein Rückgang der Nachfrage, der ohne Geltung von Schließungsanordnungen insbesondere auf die Vorsicht oder Zurückhaltung der Kunden zurückgeht, auch unter den Bedingungen der Corona-Pandemie ein allgemeines Geschäftsrisiko des jeweiligen Antragstellers darstellt. Sie ordnet derartige Umstände dem generellen unternehmerischen Risiko zu, das in ständiger Zuwendungspraxis nicht mit der Überbrückungshilfe IV ausgeglichen wird. Denn zum einen reicht nicht jeder Zusammenhang mit der Corona-Pandemie für eine Förderfähigkeit aus. Zum anderen dienten die Infektionsschutzmaßnahmen im ersten Quartal 2022 und erst recht im zweiten Quartal 2022 dazu, mehr Freiheiten zu gewähren und auch verbunden mit der Möglichkeit für Unternehmen, Umsatz zu generieren. Fernwirkungen oder Nachwirkungen („Nachwehen“) der Corona Pandemie sind folglich nicht ausreichend. Denn gerade nicht jegliche Auswirkungen der Corona Pandemie und auch von staatlichen Maßnahmen im Sinne einer „conditio sine qua non“ genügen nach der Verwaltungspraxis für eine Anspruchsberechtigung, selbst wenn – unterstellt – ohne die Corona Pandemie die Umsätze der Klägerin höher ausgefallen wären. Diese Zuordnung ist nachvollziehbar und von sachlichen Gründen getragen (vgl. OVG NRW, B.v. 29.12.2023 – 4 B 455/23 – juris Rn. 14; VG Würzburg, U.v. 1.12.2023 – W 8 K 23.611 – juris Rn 73; VG München, U.v. 7.2.2023 – M 31 K 22.535 – juris Rn. 22ff.).
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Auch die Umsetzung dieser Zuwendungspraxis im konkreten Einzelfall begegnet keinen Bedenken. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist hier nach der geübten und in der mündlichen Verhandlung durch die Beklagte auch dargelegten Verwaltungspraxis der Beklagten der Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde (vgl. BayVGH, B.v. 2.2.2022 – 6 C 21.2701 – juris Rn. 8 und 10; B.v. 25.1.2021 – 6 ZB 20.2162 – juris Rn. 17; vgl. auch SächsOVG, U.v. 16.2.2016 – 1 A 677.13 – juris Rn. 67), weil bzw. wenn und soweit die Zuwendungsvoraussetzungen allein aufgrund der bis zur behördlichen Entscheidung eingegangenen Unterlagen bewertet werden. Dem materiellen Recht folgend, das hier vor allem durch die Richtlinien und deren auch schriftsätzlich vorgetragener Anwendung durch die Beklagte in ständiger Praxis vorgegeben wird, ist daher auf den Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung abzustellen, so dass neuer Tatsachenvortrag oder die Vorlage neuer Unterlagen im Klageverfahren irrelevant sind (VG Würzburg, U.v. 14.11.2022 – W 8 K 22.95 – juris Rn. 39; U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.289 – juris Rn. 31; U.v. 26.7.2021 – W 8 K 20.2031 – juris Rn. 21; vgl. auch VG Düsseldorf, U.v. 15.12.2022 – 16 K 2067/22 – juris Rn. 36; VG Weimar, U.v. 17.9.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 26; VG München, U.v. 23.2.2022 – M 31 K 21.418 – juris Rn. 22; U.v. 27.8.2021 – M 31 K 21.2666 – juris Rn. 27; B.v. 25.6.2020 – M 31 K 20.2261 – juris Rn. 19).
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Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen (VG Halle, U.v. 25.4.2022 – 4 A 28/22 HAL – BeckRS 2022, 9223 Rn. 25; VG München, U.v. 20.9.2021 – M 31 K 21.2632 – BeckRS 2021, 29655 Rn. 24 u. 26 ff.; VG Würzburg, U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.289 – juris Rn. 31 f.; U.v. 26.7.2021 – W 8 K 20.2031 – juris Rn. 21; VG Weimar, U.v. 29.1.2021 – 8 K 795/20 We – juris Rn. 31; U.v. 17.9.2020 – 8 K 609/20 – juris Rn. 26). Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen oder erkennbar war, konnte und musste auch im Rahmen der konkreten Ermessensausübung nicht berücksichtigt werden, so dass ermessensrelevante Tatsachen, die erstmals im Klageverfahren vorgebracht werden, keine Berücksichtigung finden. Denn da die streitige Zuwendung eine freiwillige staatliche Leistung darstellt, ist ihre Gewährung von einer Mitwirkung des Antragstellers bzw. der Antragstellerin im Rahmen des Zuwendungsantrags, insbesondere von der Mitteilung und Substanziierung zutreffender, zur Identifikation und für die Förderfähigkeit notwendiger Angaben abhängig. Im Übrigen trifft jeden Antragsteller im Rahmen eines Zuwendungsverfahrens auch eine zur allgemeinen Mitwirkungspflicht (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG) hinzutretende (erhöhte) Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben (BayVGH, B.v. 20.7.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16; VG Würzburg, U.v. 25.7.2022 – W 8 K 22.289 – juris Rn. 31 f.; VG München, U.v. 28.10.2022 – M 31 K 21.5978 – juris Rn. 31).
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Die Beklagte geht somit zu Recht davon aus, dass auf Grundlage der klägerischen Angaben im Förderverfahren – im Antrag sowie auf Nachfrage durch die Beklagte – ein im Sinne der allein relevanten ständigen Zuwendungspraxis Coronabedingter Umsatzrückgang nicht geltend gemacht wurde.
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2.3. Aufgrund der wie ausgeführt fehlenden Darlegung eines Coronabedingten Umsatzrückgangs sind die Voraussetzungen für die Gewährung und Auszahlung der Überbrückungshilfe IV für die Monate Januar bis Juni 2022 bereits tatbestandlich nicht gegeben. Auf Fragen der Ermessensausübung und insbesondere der Begründung des ablehnenden Bescheids kommt es mithin nicht mehr an (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1981 – 8 B 14/81 – juris Rn. 6; U.v. 30.11.1966 – V C 215.65 – juris Rn. 19; VGH BW, U.v. 12.7.2011 – 6 S 2579/10 – juris Rn. 30; Lindner, in: BeckOK VwGO, 63. Ed. 1.10.2022, § 121 Rn. 42; vgl. auch VG München, U.v. 10.8.2022 – M 31 K 21.6490 – juris Rn. 33).
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3. Der angefochtene Bescheid vom … Februar 2023 ist auch insoweit rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), als die Beklagte darin die Aufhebung des Bescheids vom … Oktober 2022 (Ziff. 2) sowie die Aufhebung des Bescheids vom … März 2022 über eine Abschlagszahlung auf die Überbrückungshilfe (Ziff. 4) und die Erstattung der gewährten Abschlagszahlung i.H.v. 10.429,59 Euro (Ziff. 5) sowie deren Verzinsung (Ziff. 6) angeordnet hat.
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3.1. Es kann offenbleiben, ob als Rechtsgrundlage für die Rücknahme der mit Bescheid vom … März 2022 gewährten Abschlagszahlung Art. 48 BayVwVfG herangezogen werden kann, wofür einiges spricht und wovon die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids ausgeht. Denn es handelt sich vorliegend offensichtlich um die Konstellation einer lediglich vorläufigen bzw. vorbehaltlichen Bewilligung einer Abschlagszahlung (vgl. hierzu grundsätzlich BVerwG, U.v. 14.4.1983 – 3 C 8.82 – juris Rn. 33; ferner etwa VG München, U.v. 16.12.2021 – M 31 K 21.3624 – juris Rn. 58 m.w.N.). Gemäß Ziff. 2 des die Abschlagszahlung gewährenden Bescheids vom 25. März 2022 erging die Bewilligung ausdrücklich unter dem Vorbehalt der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid. Hierauf nimmt ferner der Tenor des streitgegenständlichen Bescheids vom … Februar 2023 ausdrücklich Bezug. Grundsätzlich ist nach den Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB zu erforschen, wie der Adressat einen Verwaltungsakt unter Berücksichtigung der ihm bekannten oder erkennbaren Umstände bei objektiver Auslegung verstehen musste. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers stellt sich der Bescheid über eine Abschlagszahlung als vorläufiger Zuwendungsbescheid dar (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.2017 – 10 C 1/16 – juris Rn. 14 f.; zu einer entsprechenden Konstellation VG München, U.v. 11.5.2022 – M 31 K 21.4171 – juris Rn. 42).
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In diesem Fall einer vorbehaltlichen Regelung bzw. eines Schlussbescheids ist eine Rücknahme nach Art. 48 BayVwVfG nicht erforderlich bzw. findet diese Vorschrift keine Anwendung. Vielmehr wird die vorläufige Gewährung der Abschlagszahlung durch den endgültigen, hier streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid ersetzt und erledigt. Der Bewilligungsbescheid ist lediglich die Grundlage für die vorläufig geleistete Abschlagszahlung; hierin erschöpft sich seine Rechtswirkung. Demgegenüber kommt dem angefochtenen Bescheid in dieser Hinsicht der Charakter eines Schlussbescheids mit dem Regelungsgehalt zu, die beantragte Überbrückungshilfe IV (endgültig) abzulehnen und die sich hieraus angesichts der erfolgten Abschlagszahlung ergebende Überzahlung nebst Zinsen zurückzufordern. Die Überbrückungshilfe IV wird von der Beklagten in einem mehrstufigen Verfahren mit einer zunächst lediglich vorläufigen Gewährung in Gestalt einer – bereits aufgrund ihrer Rechtsnatur stets vorläufigen – Abschlagszahlung oder jedenfalls unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der endgültigen Festsetzung in weiteren behördlichen Verfahrensschritten gewährt, sodass ein Vertrauensschutz des Empfängers hierauf schon dem Grunde nach nicht beruhen kann (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1983 – 3 C 8.82 – juris Rn. 34; U.v. 15.3.2017 – 10 C 1/16 – juris Rn. 16; ferner etwa VG München, U.v. 16.12.2021 – M 31 K 21.3624 – juris Rn. 58; VG Düsseldorf, U.v. 12.12.2014 – 13 K 430/13 – juris Rn. 42).
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Kommt ein Gericht zu dem Ergebnis, ein Bescheid sei zu Unrecht auf eine nicht tragfähige – oder wie hier: weniger nahe liegende – Rechtsgrundlage gestützt worden, ist es gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO auch verpflichtet zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Bescheid mit Blick auf sonstige Rechtsgrundlagen aufrechterhalten werden kann (vgl. rechtsgrundsätzlich BVerwG, B.v. 29.7.2019 – 2 B 19/18 – juris Rn. 24; U.v. 19.8.1988 – 8 C 29/87 – juris; U.v. 31.3.2010 – 8 C 12/09 – juris Rn. 16; ebenso BayVGH, U.v. 23.7.2020 – 14 B 18.1472 – juris Rn. 29; VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 56; U.v. 3.8.2017 – M 2 K 16.3853 – juris Rn. 18; Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, Rn. 7a zu § 47). Bei einer solchen Konstellation bedarf es keiner (richterlichen) Umdeutung, sodass die Aufrechterhaltung des Bescheides auch nicht davon abhängt, ob die Voraussetzungen für eine Umdeutung nach Art. 47 BayVwVfG erfüllt sind. So liegt der Fall hier. Der Regelungsgehalt des angegriffenen Bescheids bleibt unverändert, wenn die Aufhebung der gewährten Abschlagszahlung in zutreffender Weise als Schlussbescheid unter endgültiger Ablehnung der Überbrückungshilfe IV anstelle einer Rücknahme des Bescheids über eine Abschlagszahlung angesehen wird, zumal der Tenor des streitgegenständlichen (Aufhebungs-)Bescheids, wie ausgeführt, ohnehin auf den Vorbehalt der vollständigen Prüfung im gewährenden Bescheid Bezug nimmt.
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Erforderlich sind zudem auch keine anderen oder zusätzlichen als die im streitgegenständlichen Bescheid vorgenommen Ermessenserwägungen, zumal das Verständnis als lediglich die vorläufige Gewährung der Abschlagszahlung ersetzender Schlussbescheid zu deutlich weniger anspruchsvollen Voraussetzungen für die getroffene Regelung führt. Schließlich entspricht dies auch der Absicht der Beklagten; auch die Rechtsfolgen erweisen sich für den Kläger endlich nicht als ungünstiger (vgl. in ähnlicher Konstellation VG München, U.v. 12.5.2021 – M 31 K 15.2119 – juris Rn. 56).
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3.2. Die Verpflichtung zur Erstattung der nach endgültiger Ablehnung der Überbrückungshilfe IV durch den streitgegenständlichen Bescheid rechtsgrundlos erfolgten Abschlagszahlung i.H.v. 10.429,59 Euro folgt aus Art. 49a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG (analog). Der in Form einer vorläufigen Regelung ergangene Bescheid über eine Abschlagszahlung vom … März 2022 hat wie ausgeführt gemäß Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG seine Rechtswirkung dadurch verloren, dass er durch die streitgegenständliche endgültige Ablehnung ersetzt wurde. Wird ein Verwaltungsakt, der eine Zuwendung zunächst nur vorläufig bewilligt hat, rückwirkend durch einen anderen Verwaltungsakt ersetzt, der die Zuwendung in geringerer Höhe festsetzt, oder wie hier gänzlich ablehnt, so gelten nach herrschender Auffassung die Erstattungsvorschriften des Art. 49a Abs. 1 und 3 BayVwVfG entsprechend (BayVGH, U.v. 10.11.2021 – 4 B 20.1961 – juris Rn. 18, 28; unter Bezugnahme auf BVerwG, U.v. 11.5.2016 – 10 C 8/15 – juris Rn. 11; U.v. 19.11.2009 – 3 C 7/09 – juris Rn. 24).
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Gegen die ferner angeordnete Verzinsung bei Zahlungsverzug bestehen keine Bedenken, zumal mit dieser Regelung ohnehin von der auf Grundlage des Art. 49a Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG möglichen Verzinsung zum Teil abgesehen wurde.
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Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.