Titel:
Entfernung einer der Reichsbürgerbewegung anhängenden Lehrkraft aus dem Beamtenverhältnis
Normenketten:
BayDG Art. 11, Art. 14 Abs. 2 S. 1, S. 2
BayEUG Art. 1, Art. 2, Art. 76 S. 1
BeamtStG § 33 Abs. 1 S. 1, S. 3, § 34 Abs. 1 S. 3, § 47 Abs. 1
GG Art. 18, Art. 21
Leitsätze:
1. Ein Beamter, der fällige Steuer- und Abgabenschulden gegenüber seinem Dienstherrn nicht begleicht und es insoweit auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ankommen lässt, verstößt gegen dieaußerdienstliche Pflicht zu geordneter Wirtschaftsführung und damit gegen ihre Pflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten. (Rn. 70) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Grundlagen des Beamtenverhältnisses lassen es nicht zu, Personen mit der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt zu betrauen, die die freiheitlich-demokratische Verfassungsordnung ablehnen oder offensichtlich in Frage stellen. (Rn. 73) (redaktioneller Leitsatz)
3. Lehrer können ihren Erziehungsauftrag glaubwürdig und überzeugend nur erfüllen, wenn sie auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen und hieran keinerlei Zweifel aufkommen lassen. (Rn. 74) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
(Landes)Disziplinarrecht, Disziplinarklage, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, „Reichsbürgerbewegung“, Betätigung gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, Vertrauensstellung als Lehrkraft, Beamter, Lehrkraft, Vertrauensstellung, Verfassungstreue, freiheitlich-demokratische Grundordnung, Wohlverhaltenspflicht, Reichsbürger, Dienstvergehen, Disziplinarverfahren, Disziplinarmaßnahme, Vertrauensverlust, Höchstmaßnahme
Fundstelle:
BeckRS 2024, 10475
Tenor
I. Gegen die Beklagte wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
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Gegenstand des Verfahrens ist eine Disziplinarklage des Klägers auf Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis wegen des schwerpunktmäßigen Vorwurfs von Verstößen gegen die beamtenrechtliche Pflicht zur Verfassungstreue im Zusammenhang mit der sog. Reichsbürgerbewegung.
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1. Die am … 1980 geborene Beklagte ist als Lehrerin seit dem 11. März 2009 Beamtin auf Lebenszeit beim Freistaat Bayern, nach erfolgreichem Abschluss des Studiums für das Lehramt an Grundschulen und der Ersten Staatsprüfung im Herbst 2003 sowie der Zweiten Staatsprüfung im Jahr 2006 nach Ableistung des Vorbereitungsdienstes.
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Nachdem die Beklagte zuletzt im Schuljahr 2012/2013 als Mobile Reserve eingesetzt war, befindet sie sich seitdem angesichts der Geburten ihrer Kinder am ... September 2013 bzw. ... Juli 2017 in Elternzeit sowie in familienpolitischer Beurlaubung. Sie ist derzeit noch bis 31. Juli 2024 familienpolitisch beurlaubt.
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Die Beklagte ist disziplinarisch und strafrechtlich nicht vorbelastet. Beurteilt wurde sie in der periodischen Beurteilung zuletzt vom 10. Januar 2011 mit einer Leistung, die den Anforderungen insgesamt entspricht (EN).
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Hinsichtlich der Einzelheiten ihres persönlichen und beruflichen Werdegangs, ihrer Beurlaubungen sowie Beurteilungen wird auf die Ausführungen in der Disziplinarklage sowie die beigezogene Personalakte Bezug genommen. Zudem liegt ein von der Disziplinarbehörde eingeholtes Persönlichkeitsbild vom 5. September 2022 vor, auf das verweisen wird.
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2. Nach Information durch die Regierung von Oberbayern mit Schreiben vom 16. August 2022 leitete die Landesanwaltschaft Bayern als Disziplinarbehörde am 23. August 2022 ein Disziplinarverfahren gemäß Art. 19 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG) gegen die Beklagte ein, gab dies gemäß Art. 22 BayDG der Beklagten bekannt und räumte ihr eine Frist zur Stellungnahme ein. Im Laufe des Disziplinarverfahrens gab die Beklagte mehrere Stellungnahmen ab, die bei der Landesanwaltschaft am 23. Dezember 2022, am 15. März 2023 und 17. April 2023 eingingen. Zu einem Termin zur persönlichen Anhörung am 19. April 2023 erschien die Beklagte nicht. Nach Ausdehnungen des Disziplinarverfahrens am 23. November 2022 und 16. Februar 2023 dehnte die Landesanwaltschaft Bayern das Verfahren im Rahmen der abschließenden Anhörung nach Art. 32 BayDG unter dem 14. Juni 2023 nochmals aus und gab der Beklagten Gelegenheit zur Stellungnahme, die hiervon mit Schreiben vom 28. Juli 2023 Gebrauch machte.
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3. Am 1. August 2023 hat der Kläger sodann durch die Landesanwaltschaft Bayern gegen die Beklagte Disziplinarklage erhoben, auf die gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Bezug genommen wird.
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Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 23. April 2024, bezüglich deren Einzelheiten auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen wird, beantragt,
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die Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
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Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt. Sie hat sich im Klageverfahren erst in der mündlichen Verhandlung am 23. April 2024 geäußert und dort eine schriftliche Äußerung übergegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung sowie den vorgelegten Schriftsatz Bezug genommen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Akten der Disziplinarbehörde – LAB 1 DV 22.071 – mit Beiakten einschließlich der Personalakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Auf die Disziplinarklage des Klägers hin wird gegen die Beklagte auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß Art. 11 BayDG erkannt.
13
Formelle Mängel des Disziplinarverfahrens sind weder i.S.v. Art. 53 Abs. 1 BayDG geltend gemacht noch von Amts wegen ersichtlich. Insbesondere ist der Beklagten jeweils Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt worden.
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Der Beklagten wird in der Disziplinarklage Folgendes zur Last gelegt:
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„1. Der am … 2013 geborene Sohn der Beklagten, X. B., besuchte im Schuljahr 2021/2022 die Klasse 3b der Grund- und Mittelschule … Aufgrund der Corona-Pandemie nahm der Sohn X. im Schuljahr 2021 zunächst nicht am Präsenzunterrichtteil. Mit Schreiben vom 11.10.2021 informierte die Schulleitung die Beklagte darüber, dass nach § 13 Abs. 2 der 14. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (14. BaylfSMV) vom 01.09.2021 (BayMBI. Nr. 615 S. 1) Schülern die Teilnahme am Präsenzunterricht, sofern sie nicht geimpft oder genesen sind, nur dann erlaubt ist, wenn sie regelmäßig ein negatives Testergebnis vorweisen können („Testobliegenheit“). Darüber hinaus wurde auf einen Beschluss des Bayerischen Ministerrats in seiner Sitzung vom 04.10.2021 verwiesen, in dem festgehalten wurde, dass Schüler aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten Schulpflicht dazu verpflichtet sind, den Präsenzunterricht zu besuchen, auch wenn sie hierzu einen Testnachweis erbringen müssen. Die Beklagte wurde darauf hingewiesen, dass dadurch künftig ein Anspruch auf Distanzunterricht bzw. Distanzlernen entfalle und die gesetzliche Schulpflicht nicht mehr durch die Teilnahme am Distanzunterricht bzw. Distanzlernen erfüllt werden könne. Darüber hinaus wurde die Beklagte auf die mögliche Ahndung von Schulpflichtverletzungen bzw. der Pflicht der Erziehungsberechtigten, auf einen regelmäßigen Schulbesuch hinzuwirken aufmerksam gemacht. Der Sohn X. erfüllte seine Schulpflicht in Präsenz in der Folge zunächst weiterhin nicht.
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1.1. Das Landratsamt R. / Kreisjugendamt leitete deshalb gegen die Beklagte ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen eines Verstoßes gegen Art. 76 Satz 1 i.V.m. Art. 119 Abs. 1 Nr. 2 BayEUG ein und übersandte mit Anhörungsschreiben vom 19.01.2022 einen Anhörungsbogen. Zur Last gelegt wurde der Beklagten, dass sie ihrer Pflicht darauf hinzuwirken, dass ihr Sohn X. regelmäßig den Präsenzunterricht besucht, an folgenden Tagen nicht erfüllt habe:
08.11.,09.11., 10.11., 11.11, 12.11., 15.11., 16.11., 18.11., 19.11, 22.11., 23.11.,
24.11., 25.11., 26.11., 29.11., 30.11., 01.12., 02.12., 03.12., 06.12., 07.12., 08.12.,
09.12., 10.12., 13.12, 14.12., 15.12., 16.12., 17.12., 20.12., 21.12., 22.12. und
23.12.2021 sowie 10.01., 11.01,, 12.01., 13.01., 14.01. und 17.01.2022.
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Nach einem am 24.02.2022 erfolgten Telefonat zwischen der Leiterin des Kreisjugendamtes und der Beklagten und ihrem Ehemann, welches auf Initiative der Eltern von X. zustande kam und in dessen Verlauf die Beklagte und ihr Ehemann die Gründe für die Schulpflichtverletzung sowie die familiäre, soziale und schulische Situation darlegten, erließ das Landratsamt R. / Kreisjugendamt am 09.05.2022 einen Bußgeldbescheid gegen die Beklagte. Ihr wird darin zur Last gelegt, als Erziehungsberechtigte ihres am … 2013 geborenen Sohnes X. im Zeitraum vom 08.11.2021 bis 17.01.2022 an insgesamt 39 Schultagen nicht ausreichend dafür Sorge getragen zu haben, dass ihr schulpflichtiger Sohn regelmäßig am Unterricht und an den sonstigen verbindlichen schulischen Veranstaltungen teilnimmt. Gegen die Beklagte wurde eine Geldbuße in Höhe von 1.000,00 EUR zuzüglich Gebühren und Auslagen festgesetzt, was zu einem zu zahlenden Gesamtbetrag in Höhe von 1.052,76 EUR führte, der in einer Kostenrechnung (Nr. 250- …) vom 09.05.2022 mit Fälligkeit 13.06.2022 in Rechnung gestellt wurde. Der Bußgeldbescheid wurde der Beklagten laut Zustellungsurkunde am 10.05.2022 zugestellt. Eine fristgerechte Zahlung ist nicht erfolgt, so dass die Beklagte durch das Landratsamt R. am 27.06.2022 nochmals zur Zahlung des Betrages in Höhe von 1.073,76 EUR (inkl. Säumniszuschlag) aufgefordert wurde.
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1.2. Da der Sohn X. seiner Schulpflicht auch im Zeitraum nach dem 17.01 .2022 nicht nachkam hörte das Landratsamt R. die Beklagte mit Schreiben vom 26.04.2022 zu einer für sofort vollziehbar erklärten und zwangsgeldbewehrten Anordnung zur Sicherstellung des regelmäßigen Schulbesuchs an, leitete erneut gegen die Beklagte ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen eines Verstoßes gegen Art. 76 Satz 1 i.V.m. Art. 119 Abs. 1 Nr. 2 BayEUG ein und übersandte mit Anhörungsschreiben vom 09.05.2022 einen Anhörungsbogen. Zur Last gelegt wurde der Beklagten, dass sie ihrer Pflicht darauf hinzuwirken, dass ihr Sohn X. regelmäßig den Präsenzunterricht besucht, an folgenden Tagen nicht erfüllt habe:
18.01,19.01, 20.01., 21.01, 24.01, 25.01, 26.01, 27.01., 28.01, 31.01, 01.02,
02.02., 03.02., 04.02., 07.02., 08.02., 09.02., 10.02., 11.02., 14.02., 15.02, 16.02.,
17.02, 18.02,, 21.02, 22.02, 23.02, 24.02, 25.02, 07.03, 08.03, 09.03, 10.03,
11.03., 14.03., 15.03., 16.03., 17.03., 18.03., 21.03., 22.03., 23.03., 24.03., 25.03.,
28.03., 29.03., 30.03., 31.03, 01.04., 04.04, 05.04., 06.04., 07.04., 08.04, 25.04.,
26.04., 27.04., 28.04., 29.04, 02.05., 03.05. und 04.05.2022.
19
Das Landratsamt R. / Kreisjugendamt erließ am 20.06.2022 einen Bußgeldbescheid gegen die Beklagte. Ihr wird darin zur Last gelegt, als Erziehungsberechtigte ihres am 02.09.2013 geborenen Sohnes X. im Zeitraum vom 08.11.2021 bis 17.01.2022 an insgesamt 39 Schultagen nicht ausreichend dafür Sorge getragen zu haben, dass ihr schulpflichtiger Sohn regelmäßig am Unterricht und an den sonstigen verbindlichen schulischen Veranstaltungen teilnimmt. Gegen die Beklagte wurde erneut eine Geldbuße in Höhe von 1.000,00 EUR zuzüglich Gebühren und Auslagen festgesetzt, was zu einem zu zahlenden Gesamtbetrag in Höhe von 1.052,76 EUR führte, der in einer Kostenrechnung (Nr. 250- …) vom 20.06.2022 mit Fälligkeit 25.07.2022 in Rechnung gestellt wurde. Der Bußgeldbescheid wurde der Beklagten laut Zustellungsurkunde am 21.06.2022 zugestellt. Eine fristgerechte Zahlung ist nicht erfolgt, so dass die Beklagte durch das Landratsamt R. am 29.08.2022 nochmals zur Zahlung des Betrages in Höhe von 1.084,29 EUR (inkl. Säumniszuschläge und Mahngebühren) aufgefordert wurde.
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1.3. Die Beklagte hat unter dem 20.05.2022 zusammen mit ihrem Ehemann R. B. ein Schreiben an das Landratsamt R. mit dem Betreff „Zurückweisung“ und dem Aktenzeichen „X. – 3b – GSR“ unter Bezugnahme auf die beiden Schreiben des Landratsamts R. vom 26.04.2022 und vom 09.05.2022 gerichtet und dabei die Absenderangabe „M. und R. a. d. H. B.“ verwendet. Das Schreiben wurde von der Beklagten und ihrem Ehemann handschriftlich wie folgt unterschrieben: „M. und R. aus dem Hause B.“. Das Schreiben trägt einen Zustellvermerk „Einwurf mit Zeugen in den Briefkasten vom Haupteingang Landratsamt“. In dem Schreiben hat die Beklagte Postzustellungsurkunden als Entwürfe bezeichnet und diese wegen „fehlender Unterschriften der zuständigen Amts-Personen zurückgewiesen“. Das Landratsamt R. wird als „privatrechtliches Unternehmen“ bezeichnet und aufgefordert, „die zuständigen Amts-Personen“ mit Vor- und Familiennamen sowie ladungsfähiger Anschrift zu benennen sowie eine „Kopie des Personalausweises oder alternativ eine notarielle Beglaubigung“ beizulegen. Darüber hinaus wird gegenüber dem Landratsamt R. für den Fall einer Weiterverfolgung der Angelegenheit in Aussicht gestellt, dass „jede einzelne Person in Ihrem Unternehmen von uns privathaftend zur Rechenschaft gezogen“ wird.
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1.4. Die Beklagte hat darüber hinaus unter dem 03.07.2022 an die Leiterin des Kreisjugendamts am Landratsamt R., Frau S., die die Bußgeldbescheide unterzeichnet hat, zwei im Wesentlichen gleichlautende Schreiben gerichtet, in denen u.a. Folgendes ausgeführt wurde:
22
Die Beklagte hat sich in den Schreiben als Person bezeichnet, die „in Ihrem Hause offensichtlich als Zustelladresse der faktischen Geschäftsleitung des Unternehmens [Frau M. B.] geführt wird“ und zum Ausdruck gebracht, sie setze sich „ungeachtet ihrer Weisungsgebundenheit gegenüber der faktischen Geschäftsleitung bezüglich der Sachlage mit Ihnen und Ihrem Hause in Verbindung“.
23
Gegenüber den Kostenrechnungen hat die Beklagte eingewandt, diese könnten mangels Lieferschein bzw. Leistungsnachweis nicht überprüft werden. Ein verantwortlicher Sachbearbeiter sei „anhand der vorliegenden Nummer [232- …] als sog. Ansprechpartner leider nicht ermittelbar“. Es gebe keinen Vertrag, „aufgrund dessen ein angeblicher Schuldner zeichnungsberechtigt“ sei. Der „Hersteller und Bereitsteller der juristischen Person“ habe „es versäumt, diese Person über seine Kompetenzen per Arbeitsvertrag (Vorschriften) aufzuklären“, die „konkludenten Verträge, die evtl. angeführt werden,“ seien „nie als solche betitelt worden. Es handle sich um Täuschung im Rechtsverkehr, „so dass der Herausgeber und Bereitsteller des „Fahrzeuges“ juristische Person im Beweisnotstand“ sei. Insoweit liege eine Sorgfaltspflichtverletzung vor. Für einen „aus der fälschlichen Nutzung einer Person“ entstandenen Schaden hafte „der Hersteller bzw. Bereitsteller der Sache, über die der Schaden entstanden ist bzw. seine Versicherung“. „Wesentliche Bestandteile, die für eine ordentliche Geschäftsführung mit übermittelt werden müssten, um eine ordnungsgemäße Buchführung beiderseits sicher zu stellen“, würden auf der Kostenrechnung fehlen. Bei dieser handle es sich um ein „rechnungsähnliches Dokument“. Die „vom Emittenten abweichende Kontoverbindung“ sei geeignet, „durchaus den Anschein von Geldwäsche nach der 2., 3.und 4. Geldwäscheverordnung der EUROPÄISCHEN UNION“ zu erwecken. Es werde deshalb gebeten, „den wirtschaftlich Berechtigten dieses rechnungsähnlichen Dokuments“ anzugeben. Es werde gebeten „um Klärung des von Ihnen initiierten Vorganges in Bezug auf Beweismittelvorlage zur Herstellung von Transparenz in der Verwaltung/(Bezug: EU-GR-Charta Artikel 41). § 44 VwVfG Nichtigkeit des Verwaltungsaktes Abs. 2 S. 1 und S. 2 sowie S. 6 sowie Beweismittelvorlage zur Herstellung von Vertragssicherheit und zur Klärung der Haftungsfrage und infolge dessen einen rechtsverbindlichen Hinweis durch die Geschäftsleitung“.
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Unter Bezugnahme auf die „UN-Resolution 217A Artikel 11 vom 10. Dezember 1948„hat die Beklagte ausgeführt, es sei „Geschädigter einer Verfassungsstraftat nach § 81, 92 StGB“, „wer sich als MENSCH, als „geistig sittliches Wesen“, erkennt und die Verkörperung der PERSON als Täuschung, Betrug entlarvt hat, die Identifikation mit der PERSON zurückweist und in Abwesenheit der Person weiter zwangsbehandelt wird“.
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Die Beklagte hat dem Kreisjugendamt eine Frist von sieben Tagen gesetzt, „um das aktuell noch mängelbehaftete Dokument in eine rechtsverbindliche Forderung umzugestalten“. Das „mängelbehaftete Dokument“ werde 10 Tage nach Eingang des Schreibens der Beklagten als Irrtum eingestuft und ignoriert.
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1.5. Mit Schreiben des Landratsamts R. vom 29.08.2022 wurde die Beklagte hinsichtlich der ausstehenden Zahlung der Geldbuße vom 20.06.2022 gemahnt und erneut zur Zahlung der – inklusive Säumniszuschlägen und Mahngebühren – insgesamt aufgelaufenen 1.084,29 EUR aufgefordert. Hierauf richtete die Beklagte unter dem 05.09.2022 erneut ein gleichlautendes Schreiben (vgl. unter Ziffer 1.4.) an das Landratsamt R. z.Hd. „Z. in Ihrer Eigenschaft als Sachbearbeiterin der Geschäftsstelle R.“.
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2. Im Zusammenhang mit der Ausdehnung des Disziplinarverfahrens durch Verfügung vom 23.11.2022, welche von Oberlandesanwalt Dr. S. unterzeichnet wurde, erhielt die Beklagte erneut Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit am 23.12.2022 eingegangenem Schreiben vom 20.12.2022 übermittelte die Beklagte hierzu – von ihr ausdrücklich so bezeichnete – „allenfalls sachdienliche Hinweise“, die sie „in keinster Form“ als „eine Einlassung“ verstanden wissen wollte. Das Schreiben der Beklagten vom 20.12.2022 ist gerichtet an „Dr. S. in Ihrer Eigenschaft als Oberlandesanwalt der LAB Disziplinarbehörde“, setzt im Betreff das Aktenzeichen der Disziplinarbehörde in eckige Klammern und beginnt mit der Anrede „Sehr geehrte faktische Oberlandesanwalt, sehr geehrter angeblicher Vertragspartner“. Zu Beginn ihres Schreibens teilt die Beklagte mit, sie gehe davon aus, dass Dr. S. den „Beamteneid“ geleistet habe, „der damit Bindewirkung bezüglich unseres Rechtsgeschäfts entfaltet“. In ihren weiteren Ausführungen widerspricht die Beklagte „Ihrer nichtigen Zustellung gem. Art. 103 (1) GG“, weil eine Zustellungsabsicht nicht erkennbar sei, und weist alle Vorwürfe zurück. Die Beklagte verlangt im Weiteren „zum Nachweis Ihrer Versicherung als Richter (…) eine beglaubigte Kopie Ihres Amtseides und zwei Ausfertigungen des „…“ (Öffentliche Risiko-Versicherung) mit der Unterschrift des Zeichners, seiner Adresse und der Nummer der Police, zu der Sie gesetzlich verpflichtet sind“. Im Folgenden weist die Beklagte auf Art. 4 § 2 des Zweiten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums der Justiz vom 23.11.2007 (BGBI. I S. 2614) und die dort geregelte Aufhebung bundesrechtlicher Vorschriften über die Bereinigung von Besatzungsrecht hin und behauptet, dadurch sei der rechtliche Zustand von 1945 wiederhergestellt. Unter Verweis auf Art. 133 GG bezeichnet die Beklagte die Bundesrepublik Deutschland als „lediglich ein Verwaltungskonstrukt“. Im weiteren Verlauf ihrer Ausführungen kommt die Beklagte zu dem Ergebnis und der Behauptung, aufgrund einer Entscheidung der Alliierten „gemäß Militärgesetz Nr. 52 VII Abs. 9 (e)“ sei „das Deutsche Reich zurückgesetzt (…) auf 31.12.1937“. „Die Streichung des Artikels 23 GG des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (Präambel) für die BRD (Gesamtverwaltung) durch Admiral J. am 17.07.1990 in Paris“ sei „für die BRD-Verwaltung in Kraft getreten und die Besatzung Namens Bundesrepublik Deutschland erloschen“. Darüber hinaus postuliert die Beklagte, „der Bund Deutsches [Kaiser-] Reich“ sei „rechtsfähig, aber auf Grund der Fremdverwaltung durch die „neue“ Bundesrepublik Deutschland (BRD + DDR als vereintes Wirtschaftsgebiet, seit 3. Oktober 1990 als GERMANY in der UN unter der Nummer ... – Nicht-Regierungsorganisation NGO gelistet) als Verwalter für die drei Besatzungsmächte (Frankreich, GB, USA) sowie Polen und Russland handlungsunfähig“. Die Bundesrepublik Deutschland wird von der Beklagten als „private Finanzverwalter GmbH“ bezeichnet. Nach den Ausführungen der Beklagten darf in der Bundesrepublik Deutschland niemand ohne Vorliegen einer zuvor einzuholenden schriftlichen Genehmigung der amerikanischen Militärregierung als Richter, Staatsanwalt, Notar oder Rechtsanwalt tätig werden.
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3. Unter dem 19.10.2022 sandte die Beklagte ein am 24.10.2022 dort in Einlauf gelangtes Schreiben an das Finanzamt R. – Außenstelle Wasserburg zum Betreff „Probleme bei der Verbuchung einer „Forderung“ Ihres Hauses (…)". Darin richtet sie sich laut Anrede an die „faktische Geschäftsführung“ und den „angeblichen Vertragspartner“ und nimmt Bezug auf zwei Schreiben des Finanzamtes R. vom 13.09.2022 und vom 12.10.2022. Einleitend heißt es dort: „Der weisungsgebundene und somit nicht persönlich haftende Geschäftsführer wendet sich an Sie und Ihr Haus bezüglich einer umgehenden Kontaktaufnahme mit der faktischen Geschäftsführung, dessen Vertretung Ihr Haus offensichtlich ist“. Das restliche Schreiben stimmt inhaltlich in weiten Teilen mit dem Schreiben vom 20.12.2022 an die Disziplinarbehörde (vgl. oben Ziff. 2) überein. Insbesondere finden sich die meisten der oben unter Ziff. 2 herausgestellten Äußerungen der Beklagten in ihrem Schreiben vom 19.10.2022 an das Finanzamt R. nahezu wortgleich wieder. Daher wird insoweit Bezug genommen. Die Beklagte teilt dem Finanzamt R. abschließend mit, sie gehe davon aus, dass es sich bei den dortigen Schreiben um ein Versehen handele, welches das Finanzamt R. binnen 14 Tagen klarstellen solle.
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4. Für die Beklagte liegt ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Finanzamtes R. vom 09.01.2023 vor. Die Höhe der Forderung beträgt ohne Kosten und Zinsen 1.977,54 EUR.
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5. Durch Verfügung der Disziplinarbehörde vom 16.02.2023 wurde das Disziplinarverfahren auf sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 20.12.2022 ergebende Vorwürfe ausgedehnt. Im Zusammenhang mit der Ausdehnung des Disziplinarverfahrens durch Verfügung vom 16.02.2023, welche von Oberlandesanwalt K. unterzeichnet wurde, erhielt die Beklagte erneut Gelegenheit zur Stellungnahme. Mit am 15.03.2023 eingegangenem Schreiben vom 08.03.2023 übermittelte die Beklagte hierzu -von ihr ausdrücklich so bezeichnete- „allenfalls sachdienliche Hinweise“, die sie „in keinster Form“ als „eine Einlassung“ verstanden wissen wollte. Das Schreiben der Beklagten vom 08.03.2023 ist gerichtet an „K. in Ihrer Eigenschaft als Oberlandesanwalt der LAB Disziplinarbehörde“, setzt im Betreff das Aktenzeichen der Disziplinarbehörde in eckige Klammern und beginnt mit der Anrede „Sehr geehrter angeblicher Vertragspartner“. Nachdem die Beklagte umfangreiche Ausführungen zur Gleichheit vor dem Gesetz und zum Gleichheitssatz gemacht hat, lenkt sie ihre Ausführungen auf die Privatautonomie und deren Ausprägung in der Vertragsfreiheit. Die weiteren Ausführungen der Beklagten lassen erkennen, dass sie das vorliegende Disziplinarverfahren und die ihr zum Vorwurf gemachten Dienstpflichtverletzungen unter dem Blickwinkel der Vertragsfreiheit als Vertragsangebot seitens der Disziplinarbehörde betrachtet, welches sie nicht bereit ist anzunehmen. Sodann hebt die Beklagte auf den Unterschied der natürlichen zur juristischen Person ab und führt insbesondere aus:
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„Als Name wird jede individualisierende Kennzeichnung einer Person angesehen. Geschützt werden nicht nur der bürgerliche Name des Menschen, sondern auch die Namen juristischer Personen sowie alle sonstigen individualisierenden Kennzeichen. Der Name der natürlichen Person besteht aus dem Vor- und Familiennamen und ist im Personenstandsregister eingetragen. Die vom Staat herausgegebene juristische Person ist Träger eines Vornamens, eines Namens (den Familiennamen enthaltend) und einer Seriennummer (…). Die Seriennummer gehört zu den „Angaben über den Ausweisinhaber' bzw. zu den „Angaben über die Person des Passinhabers“ und ist Bestandteil und Identitätsmerkmal der damit bezeichneten Person. Die natürliche Person ist nicht Träger eines Namens mit einer Seriennummer. Namen in Verbindung mit einer Seriennummer sind eine Nomenklatur des Handelsrechts: der Name ist der Gattungsname und die Seriennummer der Individualname. Es handelt sich dabei um eine geschäftliche Person, und der Name ist die Geschäftsbezeichnung (§ 5 Abs. 2 MarkenG). Der Mensch kann für diese Person, die nicht seine eigene ist, die organschaftliche Vertretung übernehmen und für diese handelnd tätig werden, er muss aber nicht.“
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6. Mit am 23.03.2023 durch Zustellung bekanntgegebenem Schreiben vom 21.03.2023 teilte die Disziplinarbehörde der Beklagten mit, dass Termin zur persönlichen Anhörung auf 19.04.2023 festgesetzt und ihr persönliches Erscheinen angeordnet wurde. Das Schreiben war von der Mitarbeiterin der Disziplinargeschäftsstelle, Frau R., unterschrieben. Mit am 17.04.2023 eingegangenem Schreiben vom 14.04.2023 übermittelte die Beklagte hierzu – von ihr ausdrücklich so bezeichnete – „allenfalls sachdienliche Hinweise“, die sie „in keinster Form“ als „eine Einlassung“ verstanden wissen wollte. Das Schreiben der Beklagten vom 14.04.2023 ist gerichtet an „R. in Ihrer Eigenschaft als Beschäftigte der LAB Disziplinarbehörde“ und spricht Frau R. in der Anrede auch so an. Das Schreiben trägt die Überschrift „Bedingte Akzeptanz“ und den Betreff „Bedingte Akzeptanz als Befreiung vom Verbot der Selbstkontrahierung zu verstehen und heilt das sittenwidrige Insichgeschäft [vgl. § 131 BGB, Straftat nach § 266 (1) StGB]. Die Akzeptanz erfolgt ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für künftige, ähnlich gelagerte Fälle. Nicht erscheinen zur Verhandlung der Personen-Geschäftsnummer:[LAB 1 DV 22.071]“.
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Im Weiteren weist die Beklagte das Schreiben der Disziplinarbehörde vom 21.03.2023 „aufgrund des Defektes der mangelnden Unterschrift“ als nichtig und „nicht annahmefähig“ zurück. Den weiteren Ausführungen der Beklagten ist zu entnehmen, dass es sich bei der Landesanwaltschaft Bayern – Disziplinarbehörde – „nach der Streichung des [§ 15 Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG)] ihrer Auffassung nach „nur um ein Gericht im Sinne des [§ 16GVG] und somit um ein unstatthaftes Ausnahmegericht handeln könne. Die „Offerte/Forderung/Vertragsangebot/Tratte/Ladung der LAB Disziplinarbehörde mit dem oben genannten Zeichen/Konto2 weise diverse Formfehler auf und werde daher „als versuchter Betrug, Nötigung und Verfolgung Unschuldiger gewertet, so dass diesem Verfahren nicht zugestimmt wird und als unbegründet und nichtig ohne Entehrung auf der öffentlichen Seite zurückgewiesen und nicht angenommen wird“. „Der Versuch, den Menschen gegen seinen Willen einer relativen Rechtsnorm unterwerfen zu wollen“ sei „verfassungswidrig und gleichzusetzen mit dem Versuch, den Menschen zu versklaven“. Darüber hinaus wird der Disziplinarbehörde Täuschung und Urkundenfälschung vorgeworfen.
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Die Beklagte führt des Weiteren aus, vor dem Hintergrund der Würde des Menschen sei die Person als Rechtssubjekt kein Mensch im Sinne des Gesetzes, weil ihre Würde aus relativen Rechtsnormen hervorgehe, die veränderbar seien, wodurch die Würde der Person folglich antastbar und mit dem Grundsatz der Unantastbarkeit der Würde des Menschen unvereinbar sei. Mit der Eintragung in das Geburtenregister ordne die staatliche Gewalt dem Menschen eine juristische Person mit öffentlich-rechtlichem Namen zu. Dieser juristischen Person werde die Rechtsfähigkeit durch die staatliche Gewalt übertragen. Dem Menschen werde durch die staatliche Gewalt zugestanden, sie als Person in Anspruch zu nehmen und dadurch Träger von Rechten und Pflichten sein zu können. Der Mensch sei hingegen seinem naturgegebenen Wesen nach kein Rechtssubjekt und könne nicht ohne sein Zutun Träger der Rechte und Pflichten der Person werden. Es bedürfe dazu der Willenserklärung des Menschen, relative Rechte für sich in Anspruch nehmen zu wollen. Die Beklagte schlussfolgert daraus, dass sich die Amtsgewalt nur auf Personen erstrecken kann und sie dabei zur Achtung und zum Schutz der Würde des Menschen verpflichtet ist, was beinhalte, der Bitte des Menschen zu entsprechen.
35
Vor diesem Hintergrund stellt die Beklagte für sich klar, dass „von dem Menschen, der mit dem Namen der Person Frau B. bezeichnet ist, ausdrücklich keine Rechte in Anspruch genommen [werde], die sich nicht vereinbaren mit der Würde und Privatautonomie des Menschen. Er unterlässt es, die Person als Rechtssubjekt in Anspruch zu nehmen, ebenso unterlässt er es, ein jegliches, übertragbares Recht für sich zu beanspruchen. Er ist daher rechtlich nicht als Person zu betrachten, sondern als Mensch und damit als Träger der unantastbaren Würde“. Die Beklagte leitet daraus für sich ab, als Mensch „unantastbar von Rechtssubjekten in jeder Art und Hinsieht und den für diese geltenden Normen zu sein“. Die Beklagte stellt weiterhin heraus, dass der „BUND und damit die BUNDESREGIERUNG“ eine „Treuhand“ sei, „die im Auftrag der Fremdherrschaft (Alliierte Siegermächte) die Einrichtungen von Deutschland und seine Bewohner verwalten“. Das Disziplinarverfahren gegen sie als Person betrachtet die Beklagte als ein zweiseitiges Rechtsgeschäft, bei dem nur eine Person auftrete, „denn der Urheber der PERSON/Treuhand „Frau B.“ ist der BUND/Verwaltung und der Offerent/Forderer ist eine alphanumerische Ableitung des BUNDES, das LAB Disziplinarbehörde“. Folglich liege ein unzulässiges Insichgeschäft vor. Sollte die Disziplinarbehörde „weiterhin der Auffassung sein, dass der Mensch, welcher bezeichnet ist mit dem Personennamen Frau B., der Bestimmung der Behörde unterworfen sei“, möge sie dies begründen. Dies wäre nur dann anzunehmen, wenn es hierzu eine entsprechende rechtliche Grundlage gäbe, die Beklagte aus freiem Willen als Mensch die ihr als juristische Person staatlicherseits zugeordneten Rechte und Pflichten in Anspruch nehmen würde, die staatliche Gewalt Urheber des Menschen wäre oder der Mensch selbst Urheber seiner juristischen Person wäre. Die Beklagte schließt mit der Bitte um einen rechtsmittelfähigen Bescheid, „falls rechtlicher Anlass dazu besteht, dem Menschen das naturgegebene Recht seiner unantastbaren Würde zu entziehen, ihn der Bestimmung der Behörde in irgendeiner Form zu unterwerfen, und ihn damit Rechtsmitteln zu unterwerfen“.
36
(Auszug aus der Disziplinarklage)
37
Der der Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt steht zur Überzeugung des Gerichts fest. Er ergibt sich wie von der Disziplinarbehörde dargestellt aus den vorlegten Akten.
38
Wie der Vertreter des Klägers in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, liegt jedoch ein offensichtlicher Übertragungsfehler vor, als unter 1.2. an 39 statt richtigerweise 62 Tagen ein Schulpflichtverstoß benannt wird.
39
In ihren Schreiben gegenüber der Disziplinarbehörde ist die Beklagte den Vorwürfen in tatsächlicher Hinsicht nicht entgegengetreten. Auch in ihrem in der mündlichen Verhandlung übergebenen Schreiben sowie den mündlichen Ausführungen hat die Beklagte nichts vorgebracht, das geeignet wäre, den zur Last gelegten Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht zu erschüttern. Zwar hat die Beklagte mehrfach Beweise eingefordert und sieht keinen tatsächlich gestützten Vorwurf. Dieser Einschätzung folgt das Gericht jedoch nicht. Die Äußerungen, aus denen der Kläger die disziplinarischen Vorwürfe erhebt, sind durch die Beklagte angesichts der aktenkundigen Schreiben hinreichend belegt. Soweit die Beklagte betont, als Mensch und nicht als Person aufzutreten, vermag dies bei der disziplinarischen Einwertung nicht zu verfangen. Klägervertreter sowie das Gericht haben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung wiederholt herausgestellt, was der Beklagten tatsächlich zur Last gelegt wird.
40
IV. Die Beklagte hat durch ihr Verhalten ein einheitliches Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen.
41
1. Sie verstieß durch Ihre Äußerungen insbesondere innerdienstlich gegen ihre Pflicht zur Verfassungstreue bzw. politischen Treuepflicht nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG. Diese verlangt, dass Beamtinnen und Beamte sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.
42
In seiner Entscheidung vom 28. Juli 2021 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zur beamtenrechtlichen Kernpflicht der Verfassungstreue ausgeführt:
43
„Der Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung wird in Art. 18 und Art. 21 GG erwähnt und durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts inhaltlich ausgefüllt. Darunter wird eine Ordnung verstanden, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition (BVerfG, U.v. 23.10.1952 – 1 BvB 1/51 – juris Ls. 2; BVerfG, U.v. 17.1.2017 – 2 BvB 1/13 – juris Ls. 3 und Rn. 535 ff.; v. Roetteken in: v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, 21. Update Juli 2021, 2. Freiheitliche demokratische Grundordnung, § 7 VII.2. Rn. 117; Metzler-Müller in PdK Bund C-17, 8. Fassung 2020, § 33 BeamtStG 4.1). Die dem Beamten obliegende Verfassungstreuepflicht stellt eine beamtenrechtliche Kernpflicht dar und erfasst deshalb das gesamte Verhalten des Beamten innerhalb und außerhalb seines Dienstes (Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand: August 2020, MatR/II Rn. 106 m.w.N.). § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG bestimmt, dass der Beamte sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für ihre Erhaltung eintreten muss. Damit einher geht nicht nur das Verbot einer gegen die Verfassung gerichteten Verhaltensweise, sondern eine Pflicht zum aktiven Handeln. Bekenntnis bedeutet in diesem Zusammenhang eine nach außen erkennbare gefestigte Einstellung, die ein Eintreten für die Erhaltung der demokratischen Grundordnung ermöglicht. Es muss zumindest erwartet werden, dass sich ein Beamter eindeutig von allen Bestrebungen distanziert, die den Staat und seine freiheitlich-demokratische Grundordnung angreift und diffamiert (BVerwG, U.v. 17.11.2017 – 2 C 25.17 – juris Rn. 14 bis 17; BayVGH, U.v. 16.1.2019 – 16a D 15.2672 – juris 25; Zängl, a.a.O. MatR/II Rn. 102 m.w.N.). Allerdings können Disziplinarmaßnahmen in einem bestehenden Beamtenverhältnis nur dann ergriffen werden, wenn ein konkretes Dienstvergehen vorliegt. Hierfür reicht allein die „mangelnde Gewähr“ für ein jederzeitiges Eintreten des Beamten für die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht aus; erforderlich ist der Nachweis einer Verletzung dieser Dienstpflicht (BVerwG, U.v. 17.11.2017 a.a.O. Rn. 20 f.). Das bloße Haben einer Überzeugung oder die bloße Mitteilung, man habe eine solche, ist für die Annahme einer Verletzung der Treuepflicht grundsätzlich nicht ausreichend; vielmehr bedarf es einer Äußerung der verfassungsfeindlichen Gesinnung durch eine verfassungsfeindliche Handlung (Zängl, a.a.O. MatR/II Rn. 108). Ein Dienstvergehen besteht erst, wenn der Beamte aus seiner politischen Überzeugung Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, für die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit seinen Mitarbeitern oder für politische Aktivitäten im Sinne seiner politischen Überzeugung zieht (BVerfG, B.v. 22.5.1975 – 2 BvL 13/73 – juris Rn. 45; B.v. 6.5.2008 – 2 BvR 337/08 – juris Rn. 31; BVerwG, U.v. 17.11.2017 – a.a.O. Rn. 21), die entsprechende politische Überzeugung also bewusst und erkennbar nach außen betätigt.“
44
(BayVGH, U.v. 28.7.2021 – 16a D 19.989 – beck-online Rn. 58).
45
Dem wird ein Beamter nicht gerecht, wenn er als Anhänger der sog. Reichsbürgerbewegung die Geltung des Grundgesetzes und die verfassungsmäßige Struktur der Bundesrepublik Deutschland in Frage stellt (vgl. nur VG Regensburg, U.v. 26.11.2018 – RN 10 B DK 17.1988 – n.v. S. 17; VG Trier, U.v. 14.8.2018 – 3 K 2486/18.TR – juris Rn. 53 ff.; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 15.3.2018 – 10 L 9/17 – juris Rn. 56 ff.;
VG München, U.v. 8.2.2018 – M 19L DK 17.5914 – n.v.). Nichts Anderes gilt, wenn ein Beamter als Einzelner und ohne Anhänger dieser Bewegung zu sein, durch reichsbürgertypische Äußerungen die Geltung des Grundgesetzes und die verfassungsmäßige Struktur der Bundesrepublik Deutschland in Frage stellt und ein entsprechendes Verhalten nach außen bewusst an den Tag legt.
46
Der Kläger hat in der Disziplinarklage in zutreffender Weise dargelegt, dass sich die Beklagte durch das ihr zur Last gelegte Verhalten gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung betätigt hat. Das Gericht macht sich insoweit die nachstehend zitierten Ausführungen aus der Disziplinarklage zu eigen und sieht von weiteren eigenen Ausführungen hierzu ab:
47
„Mit den ihr in Abschnitt III. vorgeworfenen Aussagen und Ausführungen hat sich die Beklagte die Ideologie der „Reichsbürgerbewegung“ inhaltlich zu eigen gemacht und unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, dass sie die Grundlagen der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere deren Existenz als souveräner Staat, nicht anerkennt. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu jüngst unter Bezugnahme auf den Verfassungsschutzbericht 2020 des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (S. 115) ausgeführt, ungeachtet der Unterschiede der sehr heterogenen Gruppierung im Detail sei ein gemeinsames Charakteristikum dieses Personenkreises, dass er das Bestehen der Bundesrepublik Deutschland leugnet. Unter dem Begriff „Reichsbürger“ werden demnach Gruppierungen und Einzelpersonen zusammengefasst, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen – unter anderem unter Berufung auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht – die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen, den demokratisch gewählten Repräsentanten die Legitimation absprechen oder sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend definieren und gegenüber denen deshalb die begründete Besorgnis besteht, dass sie Verstöße gegen die Rechtsordnung begehen. Ihr verbindendes Element ist die fundamentale Ablehnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland (BVerwG, U.v. 02.12.2021 -2 A 7.21 -juris Rn. 33). Der Verfassungsschutzbericht des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration für das Jahr 2022 geht von einer entsprechenden Beschreibung aus (S. 235). Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz betrachtet die Reichsbürgerund Selbstverwalterszene in Bayern als sicherheitsgefährdende Bestrebung (Verfassungsschutzbericht Bayern 2022 S. 236). Eine Identifizierung der Beklagten mit der Bundesrepublik ohne innere Distanz, wie es die Treuepflicht erfordert, ist bei der Beklagten nicht (mehr) zu erkennen.
48
Die Beklagte hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass sie die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland und deren staatliche Souveränität in Abrede stellt, indem sie
49
- eine staatliche Behörde wie das Landratsamt R. als „privatrechtliches Unternehmen“ bezeichnet (Schreiben vom 21.03.2023, Vorwurf unter III.6),
50
- die staatliche Disziplinarbehörde als „unstatthaftes Ausnahmegericht“ bezeichnet (Schreiben vom 20.12.2022, Vorwurf unter III.2
51
- die Bundesrepublik Deutschland als „Verwaltungskonstrukt“ bzw. „private Finanzverwalter GmbH“ bezeichnet (Schreiben vom 20.12.2022, Vorwurf unter III.2),
52
- die Bundesrepublik Deutschland als am 17.07.1990 erloschen erachtet (Schreiben vom 20.12.2022, Vorwurf unter III.2),
53
- die wiedervereinigte Bundesrepublik Deutschland als Verwalter für die drei Besatzungsmächte (Frankreich, Großbritannien und Vereinigte Staaten von Amerika) sowie für Polen und Russland betrachtet und als Fremdverwaltung des Bundes „Deutsches [Kaiser-]Reich bezeichnet, was dazu führe, dass der „Bund Deutsches [Kaiser-]Reich“ zwar als rechtsfähig, aber als handlungsunfähig anzusehen sei (Schreiben vom 20.12.2022, Vorwurf unter III.2),
54
- den „BUND und damit die „BUNDESREGIERUNG“ als „Treuhand“ betrachtet, „die im Auftrag der Fremdherrschaft (Alliierte Siegermächte) die Einrichtungen von Deutschland und seine Bewohner verwalten“ (Schreiben vom 21.03.2023, Vorwurf unter 111.6).
55
Die Beklagte hat sich dadurch insbesondere auch in der Ausprägung der sog. „Selbstverwalter“ als Angehörige der „Reichsbürgerbewegung“ zu erkennen gegeben, dass sie
56
- im Schreiben vom 20.05.2022 die Absenderkonvention „aus dem Hause“ verwendet hat (Vorwurf unter III.1.3),
57
- sich als außerhalb der geltenden Rechtsordnung betrachtet, indem sie eine staatlicherseits geschaffene juristische Person M. B. vorschiebt, deren Vertretung sie als Mensch aber nicht zu übernehmen bereit ist, woraus sie wiederum ableitet, dass sie sich gegenüber staatlichen Behörden auf gleichgeordneter Vertragsebene befinde (Vorwurf unter 111.1.4, 1.5, 3, 5 und 6).
58
Darüber hinaus enthalten die Schreiben der Beklagten eine Reihe von Kennzeichen, die auf eine eindeutige Zugehörigkeit zur „Reichsbürgerbewegung“ schließen lassen, wie etwa
59
- die Ansprache der Adressaten mit „NN in Ihrer Eigenschaft bzw. Funktion als“, 60
60
- das Setzen rechteckiger Klammern, um dadurch die Nichtanerkennung der eingeklammerten Aussagen (z. Bsp. Aktenzeichen, gesetzliche Vorschriften und dgl.) auszudrücken,
61
- die Zurückweisung amtlicher Schreiben unter Reklamation einer fehlerhaften oder nichtigen Unterschrift,
62
- das Fordern der Legitimation der für staatliche Stellen handelnden Bediensteten,
63
- das darauf bestehen, dass bestimmte dienstliche Verrichtungen nur von Amtsträgern vorgenommen werden dürften,
64
- das Setzen von knapp bemessenen Fristen gegenüber staatlichen Stellen mit dem Zusatz, dass das Verstreichen der Frist zur Akzeptanz der eigenen Auffassung führen soll.
65
Zudem hat die Beklagte die gegen sie verhängten Geldbußen und auch ihre gegenüber dem Dienstherrn bestehenden Steuerschulden nicht beglichen. Das stellt ein für Angehörige der „Reichsbürgerbewegung und Selbstverwalter“ typisches Verhalten dar.
66
Die Beklagte hat sich damit in zahlreichen Schreiben als Vertreterin der „Reichsbürgerbewegung und Selbstverwalter“ zu erkennen gegeben. Sie wurde durch das PP Oberbayern Süd – E3 – am 17.06.2022 bereits auf der Grundlage ihres Schreibens vom 20.05.2022 als Zugehörige zur Ideologie der sog. „Reichsbürger“, Staatsleugner und Selbstverwalter formell eingestuft.“
67
(Auszug aus der Disziplinarklage)
68
Trotz mehrfacher Hinweise in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte keinen Gebrauch davon gemacht, diesen Vorhaltungen der Disziplinarbehörde entgegenzutreten statt pauschal das Fehlen von Beweisen und Tatsachen herauszustellen und mit den umfangreichen schriftsätzlichen Ausführungen, übergeben in der mündlichen Verhandlung, sowie mündlichen Äußerungen ihre der sog. Reichsbürgerbewegung entsprechende – verfassungsfeindliche – Grundhaltung sogar noch zu untermauern. So lehnte die Beklagte in der mündlichen Verhandlung unter anderem die Geltung des Ordnungswidrigkeitengesetzes ab und sprach dem Landratsamt die Zulässigkeit zur Verhängung diesbezüglich ab. Durch ihre Distanzierung von der „Person“ und Herausstellung, sie handele als „Mensch“, verbunden mit dem schriftsätzlich erhobenen Vorwurf der Sklaverei und strafbaren Handelns ihr gegenüber, gemeint wohl durch den Dienstherrn bzw. das Gericht, bringt die Beklagte deutlich zum Ausdruck, dass und inwieweit sie den Argumentationslinien der Reichsbürgerbewegung und Selbstverwaltern folgt und damit der beamtenrechtlichen Treuepflicht zur freiheitlich demokratischen Grundordnung zuwiderhandelt. Eine Aussage zur Bundesrepublik Deutschland auf Frage des Gerichts verweigerte sie hingegen. Schlussendlich hat sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung auf ein ihr zustehendes Widerstandsrecht berufen. Von ihrem Remonstrationsrecht als Beamtin ist das beklagtenseitige Verhalten entgegen ihrer Behauptung dabei nicht gedeckt.
69
2. Darüber hinaus hat die Beklagte durch ihre reichsbürgertypischen Äußerungen außerdienstlich gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten (§ 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) sowie im Hinblick auf die in Abschnitt III. Ziffer 1 .1 und 1.2 vorgeworfenen Unterlassungen gegen die Pflicht zur Beachtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG i.V.m. Art. 76 Satz 1 BayEUG) verstoßen.
70
3. Darüber hinaus hat die Beklagte durch die nicht rechtzeitige Begleichung ihrer Steuerschulden ebenfalls außerdienstlich gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten (§ 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) verstoßen. Die Qualität eines Dienstvergehens erhält ein Verhalten in diesem Zusammenhang insbesondere dann, wenn der Beamte seine Schulden nicht mit der ihm möglichen, gebotenen und zumutbaren Sorgfalt tilgt und dadurch die Gefahr gerichtlicher Maßnahmen gegen sich heraufbeschwört (BVerwG, U.v. 28.6.1995 – 1 D 66/94 -juris Rn. 9 m.w.N.; Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 34 BeamtStG Rn. 229). Eine deutlich erkennbare Gleichgültigkeit eines Beamten gegenüber berechtigten Gläubigerinteressen ist in besonderem Maße geeignet, das notwendige Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität des Beamten zu schädigen (vgl. BVerwG, a.a.0, Rn. 15). Vorliegend hat die Beklagte in dem unter Abschnitt III. Ziffer 4 vorgeworfenen Umfang ihre Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt. Dadurch, dass die Beklagte fällige Steuer- und Abgabenschulden gegenüber ihrem eigenen Dienstherrn zunächst nicht beglichen hat und es insoweit auf die Möglichkeit von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen hat angekommen lassen, hat sie gegen ihre außerdienstliche Pflicht zu geordneter Wirtschaftsführung und damit gegen ihre Pflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten (§ 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) verstoßen.
71
Die Beklagte handelte jeweils vorsätzlich. Rechtfertigungsgründe bzw. schuldausschließende Gründe sind nicht ersichtlich. Zutreffend hat der Klägervertreter darauf hingewiesen, dass die Äußerungen der Beklagten im Disziplinarverfahren nicht mehr als zulässiges Verteidigungsverhalten, sondern vielmehr weiteres dienstpflichtwidriges Verhalten zu werten und entsprechend der Vorwurf auszudehnen war. Schließlich hat die Beklagte insoweit nicht nur ihr zunächst in der Einleitungsverfügung zur Last gelegtes Verhalten zu rechtfertigen versucht, sondern weitere und teilweise erstmalige erhebliche Vorwürfe der Disziplinarbehörde gegenüber erhoben.
72
V. Das einheitlich zu betrachtende Dienstvergehen wiegt derart schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BayDG, dass ein endgültiger und vollständiger Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit in die Beklagte eingetreten ist. Unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, ihrem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten der Beklagten als Gesichtspunkte der Maßnahmebemessung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ist daher die Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis i.S.v. Art. 11 BayDG geboten.
73
1. Dem liegt zugrunde, dass es die Grundlagen des Beamtenverhältnisses nicht zulassen, Personen mit der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt zu betrauen, die die freiheitlich-demokratische Verfassungsordnung ablehnen oder offensichtlich in Frage stellen (BVerwG, U.v. 17.11.2017 – 2 C 25.17 – juris Rn. 91). Die verfassungsrechtliche Konstituierung einer wehrhaften Demokratie schließt es aus, dass der Staat, dessen verfassungsmäßiges Funktionieren auch von der freien inneren Bindung seiner Amtsträger an die geltende Verfassung abhängt, zur Ausübung staatlicher Gewalt Amtsträger im Dienst belässt, die die freiheitliche demokratische Grundordnung in grundsätzlicher Weise ablehnen oder jedenfalls offenkundig in Frage stellen (vgl. BVerfG, B.v. 6.5.2008 – 2 BvR 337.08 – juris Rn. 18 und 22). Diese Kernaufgabe kann nicht erfüllen, wer die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und damit auch seinen eigenen Beamtenstatus leugnet oder in Frage stellt (vgl. VG Trier, U.v. 14.8.2018 – 3 K 2486/18.TR – juris Rn. 102 f.). So hat es das Bundesverwaltungsgericht bereits als schwerwiegenden Fall der Verletzung der Verfassungstreuepflicht mit der Folge der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erachtet, dass in einem Antrag auf Ausstellung des Staatsangehörigkeitsausweises die Angabe „Königreich Bayern“ gemacht und sich auf die Rechtslage des „Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1913“ berufen wurde (BVerwG, U.v. 2.12.2021 – 2 A 7.21 – juris). Das Bundesverwaltungsgericht hat insoweit deutlich gemacht, dass die Verfassungstreue ein unverzichtbares Eignungsmerkmal für Beamte darstellt. Personen, die sich nicht zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und nicht für deren Erhaltung eintreten, kann von den Bürgern nicht das für die Wahrnehmung des öffentlichen Amtes berufserforderliche Vertrauen entgegengebracht werden (BVerwG, U.v. 2.12.2021 – 2 A 7.21 – juris Rn. 51 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – BVerwGE 152, 228 Rn. 11 ff. und vom 17.11.2017 – 2 C 25.17 – BVerwGE 160, 370 Rn. 18 m.w.N.).
74
Dabei begegnen Dienstherr, Kollegen, Bürger und insbesondere die Eltern einer Lehrkraft, die der „Reichsbürgerszene“ oder auch nur ihrem Gedankengut nahesteht und dies auch nach außen hin kundtut, mit großem Unverständnis und bringen ihr nicht mehr das erforderliche Vertrauen entgegen, was letztlich zu einem erheblichen Ansehensschaden der Lehrerschaft führt. Die Beklagte hat als Lehrerin eine besondere Verantwortung für die ihr anvertrauten Kinder. Eine Lehrkraft muss dabei die verfassungsrechtlichen Grundwerte glaubhaft vermitteln (Art. 59 Abs. 2 Satz 3 BayEUG n.F. / Satz 2 a.F.). Sie hat mit der Vorbildfunktion des eigenen Verhaltens den in Art. 131 der Bayerischen Verfassung und in Art. 1 und 2 BayEUG festgelegten Bildungs- und Erziehungsauftrag zu erfüllen und zu vermitteln, vgl. § 2 Abs. 1 und 2 Satz 1 Dienstordnung für Lehrkräfte. Lehrer sollen die geistigen, seelischen und körperlichen Fähigkeiten der heranwachsenden jugendlichen Menschen fördern und ihre Persönlichkeit weiterentwickeln. Diesen Erziehungsauftrag können sie glaubwürdig und überzeugend jedoch nur erfüllen, wenn sie auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen und hieran keinerlei Zweifel aufkommen lassen. Dies ist auch Gegenstand des – schulgesetzlich besonders geschützten – Vertrauens der Eltern, welches bei Zweifeln an der Verfassungstreue eines Lehrers in erheblicher Weise das Ausmaß des Vertrauensverlustes mitbestimmt.
75
Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Urteil vom 20. Juli 2022 unter Heranziehung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs vom 26. September 1995 (7/1994/454/535 „Vogt“ – NJW 1996, 375) ausgeführt hat, aus dem konkret-funktionellen Amt als Lehrerin ergebe sich ein minderer Gefährdungsgrad für die freiheitliche demokratische Grundordnung (BayVGH, U.v. 20.7.2022 – 16a D 20.1464 – beck-online Rn 32-35), mit der Folge im dort vorliegenden Einzelfall der Zurückstufung als angemessene Reaktion statt der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, hat er in seiner jüngsten Entscheidung vom 20. März 2024 – 16a D 23.143 – klargestellt, dass es sich dabei um „lediglich einen Aspekt“ im Rahmen der Bemessung der Disziplinarmaßnahme handle.
76
Unter Berücksichtigung dessen ergibt sich vorliegend die Höchstmaßnahme als angezeigte Maßnahme. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte aus ihrer reichsbürgertypischen Grundhaltung heraus nicht nur deutlich ablehnend gegenüber Behörden aufgetreten ist und sich aus rechtlicher Verantwortung bei Gesetzesverstößen und Begleichung von Schulden zu entziehen versucht, sondern gerade auch pflichtwidrig im Kontext schulischer Verpflichtungen in Erscheinung trat und sich über einen längeren Zeitraum ordnungswidrig verhielt. Durch die von der Beklagten getätigten Äußerungen verbleibt keinerlei Restvertrauen, dass sie als Lehrerin ihrer Aufgabe und ihrer Verantwortung vor dem Hintergrund der freiheitlich demokratischen Grundordnung gerecht werden kann und wird. Wer sich von seiner „Person“ und seinem Rechtssubjekt dergestalt freimachen will, wie es die Beklagte in ihrer Stellungnahme gegenüber dem Gericht in der mündlichen Verhandlung getan hat, kann und darf keine Aufgaben in Bezug auf den Lehr- und Erziehungsauftrag der Schülerinnen und Schüler übernehmen.
77
2. Der erheblichen Schwere des Dienstvergehens stehen keine Milderungsgründe von derartigem Gewicht gegenüber, dass nicht von einem vollständigen Vertrauensverlust ausgegangen und von der Höchstmaßnahme abgesehen werden könnte.
78
Über die bislang in der Rechtsprechung anerkannten typisierten Milderungsgründe hinaus bedarf es auch hier einer Würdigung der jeweiligen be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls und würde eine allein typisierende Betrachtungsweise zu kurz greifen. Vielmehr dürfen entlastende Gesichtspunkte nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil sie für das Vorliegen eines „anerkannten“ Milderungsgrundes ohne Bedeutung sind oder nicht ausreichen, um dessen Voraussetzungen – im Zusammenwirken mit anderen Umständen – zu erfüllen (BVerwG, B.v. 20.12.2013 – 2 B 35.13 – beck-online Ls.1 sowie Rn. 21). Das Bundesverwaltungsgericht führt insoweit aus, die Verwaltungsgerichte müssten bei der Gesamtwürdigung dafür offen sein, dass mildernden Umständen im Einzelfall auch dann ein beachtliches Gewicht für die Maßnahmebemessung zukommen kann, wenn sie zur Erfüllung eines so genannten anerkannten („klassischen“) Milderungsgrundes nicht ausreichen. Auch solche Umstände dürfen nicht als nebensächlich oder geringfügig zurückgestellt werden, ohne dass sie in Bezug zur Schwere des Dienstvergehens gesetzt werden. Sie dürfen nicht in einer nicht nachvollziehbaren Weise „abgetan“ werden. Nach der Rechtsprechung des 2. Wehrdienstsenats des Bundesverwaltungsgerichts müssen die Milderungsgründe jedoch umso gewichtiger sein, je schwerer ein Dienstvergehen wiegt (vgl. BVerwG, U.v. 5.7.2018 – 2 WD 10.18 – beck-online Rn. 44 m.w.N.).
79
a) Zwar ist die Beklagte strafrechtlich und disziplinarisch nicht vorbelastet. Dass ein Beamter bislang straf- und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, stellt aber eine Selbstverständlichkeit und ein sozial zu erwartendes Verhalten dar und kann sich damit nicht entlastend zu seinen Gunsten auswirken (BayVGH, U.v. 12.2.2020 – 16a D 18.1038 – juris Rn. 46).
80
b) Wie die Disziplinarbehörde dargestellt hat, ist das eingeholte Persönlichkeitsbild vom 5. September 2022 wenig aussagekräftig, da es auf einen zehn Jahre zurückliegenden Zeitraum abstellt, ein aktuelleres Persönlichkeitsbild angesichts der Elternzeiten und familienpolitischen Beurlaubungen jedoch nicht zu erlangen ist. Im Übrigen wäre auch eine langjährige pflichtgemäße Dienstausübung – selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen – für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, derartige Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BVerwG, B.v. 12.2.2019 – 2 B 6.19 – beck-online Rn. 4; BayVGH, U.v. 18.3.2015 – 16a D 09. 3029 – juris Rn. 96). Die Beklage kann diesbezüglich noch nicht auf eine wirklich langjährige Dienstzeit oder herausragende Beurteilungen zurückblicken.
81
c) Angesichts der Stellungnahmen der Beklagten im Disziplinarverfahren, die – wie dargestellt – die reichsbürgertypische und verfassungsfeindliche Haltung verdeutlichen und die fehlende Verfassungstreue der Beklagten untermauern, sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass zugunsten der Beklagten eine persönlichkeitsfremde Augenblickstat anzunehmen. Vielmehr zu bemerken, dass die Beklagte ihre reichsbürgertypischen verfassungsfeindlichen Äußerungen gerade während des laufenden Disziplinarverfahrens ausgeweitet und intensiviert hat, sogar gerade ihrem Dienstherrn gegenüber, zuletzt in der mündlichen Verhandlung.
82
Damit stehen der erheblichen Schwere des Dienstvergehens keine Milderungsgründe von Gewicht gegenüber.
83
VI. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als Höchstmaßnahme ist im Übrigen auch verhältnismäßig. Ein Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht einer Lehrkraft hat erhebliches Gewicht und stellt ein Versagen im Kernpflichtbereich dar. In der vorliegenden Weise hat sich die Beklagte derart schwerwiegend pflichtwidrig verhalten, dass eine mildere Maßnahme als die Höchstmaßnahme nicht mehr in Betracht kommt. Schließlich hat die Beklagte ihre reichsbürgerlichen Gedanken und damit verbundenen Forderungen sehr deutlich gegenüber ihrem Dienstherrn gegenüber zum Ausdruck gebracht. Hinzu kommt, dass die Beklagte auch gegen schulrechtliche Vorschriften verstoßen hat. Bei Betrachtung der Umstände des Einzelfalls ist gerade nicht anzunehmen, dass die Beklagte ihre verfassungsfeindliche Haltung nicht auch in die Schule tragen wird. Dass sie mit Ausnahme des ihr zur Last gelegten Verhaltens darüber hinaus weder strafrechtlich noch disziplinarisch in Erscheinung getreten ist, fällt insoweit nicht beachtlich ins Gewicht.
84
Ergänzend wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Klageschrift verwiesen und von einer wiederholenden Darstellung abgesehen.
85
Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.