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VG Augsburg, Gerichtsbescheid v. 26.04.2024 – Au 9 K 23.2013
Titel:

allgemeine Leistungsklage, Vollstreckung aus bestandskräftigem Verwaltungsakt, Beleihung, Keine Anwendung des VwZVG mangels Befugnis zur eigenständigen Vollstreckung, Verzugszinsen, Prozesszinsen

Normenketten:
PflBG § 26 Abs. 4
PflBG § 26 Abs. 6
BGB § 291
BGB § 288 Abs. 1 S. 2
BGB § 288 Abs. 5
Schlagworte:
allgemeine Leistungsklage, Vollstreckung aus bestandskräftigem Verwaltungsakt, Beleihung, Keine Anwendung des VwZVG mangels Befugnis zur eigenständigen Vollstreckung, Verzugszinsen, Prozesszinsen
Fundstelle:
BeckRS 2024, 10185

Tenor

I. Die Beklagte wird verpflichtet, 25.398,48 EUR zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 3.477,54 EUR zuzüglich Prozesszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 25.398,48 EUR seit dem 4. Dezember 2023 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.
III. Der Bescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Zahlungsansprüche nach dem Pflegeberufegesetz (PflBG) für die Finanzierungs- und Abrechnungsjahre 2020, 2021 und 2022 geltend.
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Die Klägerin nimmt staatliche Aufgaben nach dem Pflegeberufegesetz wahr und tritt im Außenverhältnis als zuständige Stelle zur Verwaltung des Ausgleichsfonds nach dem Pflegeberufegesetz auf. Sie wurde mit öffentlich-rechtlichem Vertrag vom 8. Oktober 2018 durch den Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, als zuständige Stelle im Sinne des § 26 Abs. 4 i.V.m. Abs. 6 Satz 3 PflBG beliehen. Ihre Aufgaben sind nach § 32 PflBG unter anderem die Ermittlung des erforderlichen Finanzierungsbedarfs für die Pflegeausbildung und die Erhebung der Umlagebeträge bei den Einrichtungen.
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Die Beklagte betrieb im streitgegenständlichen Finanzierungs- und Abrechnungszeitraum der Jahre 2020 bis 2022 in ... (...) eine Pflegeeinrichtung i.S.d. § 33 PflBG.
4
Mit Festsetzungs- und Zahlungsbescheid vom 11. Mai 2020 wurde für die von der Beklagten betriebene Einrichtung für das Finanzierungsjahr 2020 ein Einzahlungsbetrag i.H.v. 2.104,49 EUR festgesetzt. Mit Änderungsbescheid der Klägerin vom 19. Januar 2020 zum Festsetzungs- und Zahlungsbescheid 2021 vom 30. Oktober 2020 wurde ein weiterer Einzahlungsbetrag i.H.v. insgesamt 9.931,02 EUR festgesetzt. Mit weiterem Änderungsbescheid der Klägerin vom 26. September 2022 zum Festsetzungs- und Zahlungsbescheid 2022 vom 29. Oktober 2021 wurde ein Einzahlungsbetrag gegenüber der Beklagten i.H.v. insgesamt 13.191,60 EUR festgesetzt. Mit weiterem Bescheid der Klägerin über die Abrechnung der Umlagebeträge (Einzahlungen) für die Finanzierungsjahre 2020, 2021 und 2022 vom 8. November 2023 wurde ein Nachzahlungsbetrag i.H.v. insgesamt 171,31 EUR festgesetzt.
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Sämtliche von der Klägerin festgesetzten Einzahlungsbeträge wurden von Seiten der Beklagten nicht beglichen.
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Zuletzt wurde die Beklagte von der Klägerin mit Schreiben vom 14. Februar 2023 zur Zahlung gemahnt.
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Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2023 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt,
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1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 25.398,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in Höhe von insgesamt 3.477,54 EUR bis Rechtshängigkeit, sowie ab Rechtshängigkeit Zinsen aus 25.398,48 EUR in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen.
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2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Verzugspauschalen von insgesamt 1.160,00 EUR zu zahlen.
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Zur Begründung der Klage ist ausgeführt, dass die Klägerin gegenüber der Beklagten Festsetzungs- und Zahlungsbescheide für die Erhebung der Umlagebeträge nach § 33 PflBG erlassen habe. Diese Bescheide seien sämtlich bestandskräftig geworden. Nachdem die Klägerin lediglich ein beliehenes Unternehmen des Freistaats Bayern und keine Behörde i.S.d. Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG) sei, könne sie aus ihren Bescheiden nicht unmittelbar vollstrecken und sei auf die klageweise Durchsetzung ihrer Ansprüche angewiesen. Der Zahlungsanspruch der Klägerin ergebe sich aus den vorliegenden bestandskräftigen Bescheiden für die Finanzierungsjahre 2020, 2021 und 2022 sowie dem Abrechnungsbescheid vom 8. November 2023. Die Bescheide seien von der Beklagten nicht angefochten worden und daher bestandskräftig. Es bestünden offene Forderungen im Umfang von 25.398,48 EUR. Die Verzugszinsen würden insgesamt 3.408,65 EUR betragen. Die Beklagte sei von der Buchhaltung der Klägerin zuletzt am 14. Februar 2023 gemahnt worden. Hierauf sei von Seiten der Beklagten wiederum keine Reaktion bzw. Zahlung erfolgt. Die monatliche Verzugspauschale i.H.v. 40,00 EUR für insgesamt 29 Monate ergebe sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 288 Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
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Auf die weiteren Ausführungen im Klageschriftsatz vom 4. Dezember 2023 wird ergänzend verwiesen.
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Die Klage wurde der Beklagten mit Postzustellungsurkunde am 9. Dezember 2023 bekanntgegeben.
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Die Beklagte ist der Klage nicht entgegengetreten. Eine schriftliche Äußerung im Verfahren ist ebenfalls nicht erfolgt.
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Mit gerichtlichem Schreiben vom 20. März 2024 wurden die Beteiligten zum Erlass eines Gerichtsbescheids angehört. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 21. März 2024 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren durch Gerichtsbescheid zugestimmt. Eine Äußerung der Beklagten ist nicht erfolgt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Über die Klage konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
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Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus den bestandskräftig gewordenen Festsetzungsbescheiden für die Finanzierungsjahre 2020, 2021 und 2022 einen Zahlungsanspruch i.H.v. 25.398,48 EUR zuzüglich Verzugszinsen i.H.v. 3.477,54 EUR zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 25.398,48 EUR seit dem 4. Dezember 2023. Soweit ein darüberhinausgehender Zahlungsanspruch geltend gemacht wurde, war die Klage hingegen abzuweisen.
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1. Für die von der Klägerin erhobene Zahlungsklage ist nach § 40 Abs. 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handelt. Das Verwaltungsgericht Augsburg ist daher zur Entscheidung über den geltend gemachten Klageanspruch berufen.
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Nach § 26 PflBG werden die Kosten der Pflegeausbildung durch Ausgleichsfonds nach Maßgabe der in §§ 26 bis 36 PflBG getroffenen Regelungen finanziert. Mit öffentlich-rechtlichem Vertrag vom 8. Oktober 2018 wurde die Klägerin durch den Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, als zuständige Stelle im Sinne des § 26 Abs. 4 i.V.m. Abs. 6 Satz 3 PflBG beliehen. Die Beleihung der Klägerin beinhaltet die Befugnis, gegenüber den einzahlungspflichtigen Einrichtungen den von diesen zu leistenden Umlagebetrag mit Verwaltungsakt festzusetzen (§ 33 Abs. 4 Satz 2 PflBG). Ein Beliehener ist zwar statusmäßig ein Privatrechtssubjekt, handelt aber funktionell – soweit ihm wie hier Hoheitsrechte (Erlass eines Verwaltungsakts) übertragen wurden – als Behörde i.S.v. Art. 1 Abs. 4 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) mit allen behördlichen Handlungsoptionen (Schoch in Schoch/Schneider, VwVfG, 3. EL August 2022, § 1 Rn. 162ff.). Soweit die Übertragung der hoheitlichen Aufgabenerfüllung konkret reicht, handelt der Beliehene daher öffentlich-rechtlich.
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Die Einzahlungsverpflichtung, die auf § 26 Abs. 4, § 33 Abs. 4 PflBG i.V.m. der PflAFinV beruht, stellt eine öffentlich-rechtliche Forderung des Freistaats Bayern dar, für deren Durchsetzung grundsätzlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Die Tatsache, dass es sich bei der Klägerin um eine juristische Person des Privatrechts handelt, ändert daran nichts, da diese als Beliehene und somit als vom Freistaat Bayern beauftragte Behörde tätig wurde.
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Dass es bei dem vorliegenden Rechtsstreit nicht um die Rechtswidrigkeit der bestandskräftigen Festsetzungs- und Zahlungsbescheide, sondern allein um die Durchsetzung der durch diese festgesetzten öffentlich-rechtlichen Zahlungsansprüche geht, ändert nichts daran, dass auch hierfür der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Selbst wenn der Beliehene dazu ermächtigt wurde, die von ihm zu erhebenden öffentlich-rechtlichen Zahlungsansprüche mittels Verwaltungsakt geltend zu machen, muss er die Durchsetzung der Ansprüche mittels allgemeiner Leistungsklage verfolgen (vgl. Schönenbroicher in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 1 Rn. 72), für die nach § 40 Abs. 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.
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Da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinn von § 40 Abs. 1 VwGO handelt und die Beklagte bei Klageerhebung ihren Sitz in * (*) hatte, ist das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg das sachlich (§ 45 VwGO) und örtlich (§ 52 Nr. 3 Satz 5 i.V.m. Satz 2 VwGO) zuständige Gericht.
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2. Die Klage ist zulässig, insbesondere besitzt die Klägerin für die Klage ein Rechtsschutzbedürfnis, da ihr im Rahmen der Beleihung nicht die Berechtigung verliehen wurde, selbst als Vollstreckungsbehörde tätig werden zu können.
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Wird eine öffentlich-rechtliche Geldleistung durch Verwaltungsakt festgesetzt, bedarf es im Regelfall keines gerichtlichen Vollstreckungstitels, da der Verwaltungsakt – sofern er unanfechtbar ist, sein sofortiger Vollzug angeordnet wurde oder ein Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung hat – selbst ein Vollstreckungstitel ist, sodass die Verwaltung aus ihm selbst vollstrecken kann, ohne erst einen gerichtlichen Titel erstreiten zu müssen (von Alemann/Scheffczk, BeckOK, VwVfG, Stand: 1.1.2023, § 35 Rn. 60). Die Vollstreckung eines Zahlungstitels erfolgt in diesem Fall nach den Vorschriften der Art. 25 bis 27 VwZVG, indem das Finanzamt mit der Vollstreckung der Zahlungsansprüche beauftragt wird.
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Ist jedoch der eine öffentlich-rechtliche Geldleistung fordernde Verwaltungsakt durch ein beliehenes Privatrechtssubjekt erlassen worden, so bedarf es für die Vollstreckung des Verwaltungsaktes eines besonderen Legitimationsaktes. Denn im Verhältnis zu Dritten reicht die hoheitliche Befugnis des Beliehenen nur soweit, als ihm im Rahmen der Beleihung die Befugnis zu hoheitlichem Handeln übertragen wurde. Eine hinreichende rechtsstaatliche und demokratische Legitimation des Beliehenen setzt eine gesetzliche Grundlage voraus, die Umfang und Grenzen der Beleihung ausgestaltet. Soll dem Beliehenen auch die Befugnis übertragen werden, aus dem Verwaltungsakt selbst vollstrecken zu können, d.h. als Vollstreckungsbehörde tätig zu werden, bedarf es hierzu einer besonderen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage (Ibler in Dürig/Herzog/Scholz, Grundgesetzkommentar, Stand Jan. 2023, Art. 86 Rn. 75; Kastner in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 1 VwVfG Rn. 31; Schönenbroicher in Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2019, § 1 VwVfG Rn. 71).
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Der Klägerin wurde durch die Beleihung zwar als zuständige Stelle im Sinne des § 26 Abs. 4 i.V.m. Abs. 6 Satz 3 PflBG die Befugnis verliehen, die Einzahlungsverpflichtungen der Einrichtungen in den Pflegeausbildungsfond nach dem Pflegeberufegesetz mittels Verwaltungsakt festzusetzen, die Befugnis, diese Verpflichtung selbst zu vollstrecken, wurde ihr aber weder durch die Regelungen zur Beleihung im Pflegeberufegesetz übertragen, noch sehen die Vorschriften des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG) eine solche vor. Die Klägerin ist infolge der Beleihung zwar funktional als Behörde im Sinn von Art. 1 Abs. 4 BayVwVfG tätig, ihr obliegen jedoch nicht die Befugnisse als Vollstreckungsbehörde. Sie ist daher nicht befugt, an die Festsetzungs- und Zahlungsbescheide eine Vollstreckungsklausel anzubringen, sondern ihr steht nur die Möglichkeit offen, im Wege der allgemeinen Leistungsklage einen gerichtlichen Vollstreckungstitel zu erwirken.
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3. Die Klage ist in dem tenorierten Umfang begründet. Aufgrund der bestandskräftigen Festsetzungs- und Zahlungsbescheide vom 11. Mai 2020 für das Finanzierungsjahr 2020 i.H.v. insgesamt 2.104,49 EUR, dem Änderungsbescheid vom 19. Januar 2021 zum Festsetzungs- und Zahlungsbescheid 2021 vom 30. Oktober 2020 i.H.v. 9.931,02 EUR, dem Änderungsbescheid vom 26. September 2022 zum Festsetzungs- und Zahlungsbescheid 2022 vom 29. Oktober 2021 i.H.v. 13.191,60 EUR und dem Bescheid über die Abrechnung der Umlagebeträge (Einzahlungen) für die Finanzierungsjahre 2020 bis 2022 vom 8. November 2023 i.H.v. 171,31 EUR, hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch i.H.v. insgesamt 25.398,48 EUR, zuzüglich Zinsen nach § 33 Abs. 6 PflBG i.V.m. § 3 der Vereinbarung der Verfahrensregelung i.H.v. 3.477.54 EUR und Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 25.398,48 EUR seit dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage am 4. Dezember 2023.
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a) Die vorbezeichneten Festsetzungs- und Zahlungsbescheide für die Finanzierungsjahre 2020 bis 2022 wurden gegenüber der Beklagten wirksam bekanntgegeben und der jeweils geforderte Finanzierungsbeitrag festgesetzt.
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Da die Klägerin als Beliehene funktional als Behörde im Sinn von Art. 1 Abs. 4 BayVwVfG gilt, richtet sich die Bekanntgabe der Festsetzungs- und Zahlungsbescheide nach den Regelungen des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes. Die Bescheide wurden nach Auskunft der Klägerin an den jeweils ausgewiesenen Bescheidsdaten mit einfachem Brief zur Post gegeben. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Bescheide nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt erhalten hat. Da die Bescheide nicht im Wege des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes vollstreckt werden, ist die in Art. 23 VwZVG vorgesehene, förmliche Zustellung nicht erforderlich.
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b) Im Zeitpunkt der Klageerhebung waren sämtliche Bescheide nach Aktenlage bestandskräftig. Sämtliche streitgegenständlichen Bescheide wurden von Seiten der Beklagten nicht angegriffen.
31
c) Da die streitgegenständlichen Bescheide bestandskräftig sind, ist deren Rechtmäßigkeit im anhängigen Klageverfahren nicht mehr zu überprüfen. Ein Nichtigkeitsgrund i.S.v. Art. 44 BayVwVfG ist nicht ersichtlich bzw. von der Beklagten vorgetragen worden.
32
d) Der Zinsanspruch in Höhe von 3.477,54 EUR folgt aus § 33 Abs. 6 PflBG i.V.m § 3 der Vereinbarung der Verfahrensregelungen. Werden Zahlungen verspätet geleistet, erhebt die fondsführende Stelle ab dem ersten Tag des Zahlungsverzugs Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 33 Abs. 6 Satz 2 PflBG (§ 3 Abs. 1 der Vereinbarung). Bei Verwaltungsakten der fondsführenden Stelle, die zu einer Geldleistung verpflichten, ist bei der Erinnerung der Beitreibung eine Zahlungsfrist von zehn Tagen vorzusehen. Diese Anforderungen wurden durch die Klägerin eingehalten. Einwände gegen den Zinsanspruch wurden von der Beklagten nicht erhoben.
33
e) Die Klägerin hat darüber hinaus einen Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen ab dem Tag der Rechtshängigkeit des streitgegenständlichen Klageanspruchs beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg am 4. Dezember 2023.
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Das Bundesverwaltungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung als allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts herausgestellt, dass für öffentlich-rechtliche Geldforderungen Prozesszinsen unter sinngemäßer Anwendung des § 291 BGB zu entrichten sind, wenn das jeweils einschlägige Fachrecht keine gegenteilige Regelung trifft. Demgegenüber können Verzugs- und andere materiell-rechtliche Zinsen in den der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte unterfallenden Gebieten des öffentlichen Rechts grundsätzlich nur kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung gewährt werden (Wöckel, in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 91 Rn. 14; BVerwG, U.v. 17.2.1971 – 4 C 17.69 – BVerwGE 37, 239, 241; U.v. 22.2.2001 – 5 C 34.00 – juris Rn. 10; BVerwG, U.v. 23.3.2017 – 9 C 1.19 – juris Rn. 9). Sofern – wie vorliegend – der Umfang einer Geldschuld eindeutig bestimmt ist oder rechnerisch unzweifelhaft ermittelt werden kann, können somit nach dem im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbaren § 291 Satz 1 BGB i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB Prozess- oder sogenannte Rechtshängigkeitszinsen verlangt werden. Da es sich vorliegend jedoch nicht um ein Rechtsgeschäft i.S.d. § 288 Abs. 2 BGB handelt, ist der Anspruch auf Prozesszinsen gemäß der entsprechenden Anwendung des § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB auf den Betrag von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu beschränken. In Bezug auf die weitergehende Geltendmachung von Prozesszinsen war die Klage daher abzuweisen.
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f) Gleiches gilt in Bezug auf die von der Klägerin geltend gemachte Verzugspauschale in entsprechender Anwendung von § 288 Abs. 5 BGB. Die analoge Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Verzugsvorschrift auf die hier im Streit stehende öffentlich-rechtliche Geldforderung ist im Grundsatz allenfalls dann möglich, wenn das öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis dem zivilrechtlichen ähnlich ausgestaltet ist, insbesondere die Parteien einander gleichgeordnet sind (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.1989 -7 C 42.87 – juris Rn. 14; VG Bayreuth, U.v. 10.12.2019 – B 5 K 18.305 – juris Rn. 28). Da die Klägerin vorliegend aufgrund ihrer Eigenschaft als Beliehene hoheitlich gegenüber der Beklagten auftritt, scheidet eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 288 Abs. 5 BGB aufgrund vergleichbarer Interessenlage aus. Daher war der in Nr. 2 des Klageantrags verfolgte Zahlungsanspruch der Klägerin abzulehnen und die Klage insoweit abzuweisen.
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4. Die Kosten des Verfahrens waren nach § 154 Abs. 1 VwGO der Beklagten als der unterlegenen Partei aufzuerlegen. Angesichts des geringfügigen Unterliegens der Klägerin im Umfang der Prozesszinsen und in Bezug auf die begehrte Verzugspauschale hat das Gericht von der Regelung des § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO Gebrauch gemacht und die Kosten der Beklagten zur Gänze auferlegt.
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Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).