Titel:
Erfolgloser Antrag auf Aufhebung bzw. Änderung der ursprünglichen Entscheidung wegen unverändertem Fortbestand und weiterer Nutzung der Zufahrt zu einer Staatsstraße
Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1
VwGO § 80 Abs. 5, Abs. 7, § 91, § 123, § 146
BayStrWG Art. 19
Leitsätze:
1. Die baurechtliche Genehmigung führt überhaupt erst zur Abwägungserheblichkeit der bisherigen Zufahrtssituation, denn die Abwägungsrelevanz privater Belange, die auf eine ausgeübte Nutzung gestützt werden, hängt grundsätzlich davon ab, ob diese Nutzung genehmigt ist. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Aus dem baurechtlichen Bestandsschutz folgt nicht, dass der mit dem Vorhaben genehmigte Zufahrtsweg unveränderbar an die Staatsstraße angeschlossen bleiben müsste. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zur angemessenen Nutzung eines Gewerbegrundstücks gehört die Möglichkeit, mit Lkw heraufzufahren; ob Wende- oder Rangiermanöver ausführbar sind, ist nicht maßgeblich. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutz, Antrag auf Aufhebung bzw. Änderung der ursprünglichen Entscheidung, Antragsänderung im Beschwerdeverfahren, Zufahrt zu einer Staatsstraße, Gleichbehandlungsgrundsatz, Abwägungserheblichkeit, Zufahrtssituation, Staatsstraße, baurechtlicher Bestandsschutz, Zufahrtsweg, landwirtschaftlicher Betrieb, angemessene Nutzung eines Gewerbegrundstücks
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 08.11.2022 – M 28 S7 22.5201
Fundstelle:
BeckRS 2023, 999
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragsteller begehren im Rahmen eines Abänderungsverfahrens nach § 123 i.V.m. § 80 Abs. 7 VwGO die vorläufige Weiternutzung ihrer Grundstückszufahrt zu einer Staatsstraße, die durch eine Straßenbaumaßnahme geschlossen wurde.
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1. Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks FlNr. … Gemarkung B…. Sie führen dort einen landwirtschaftlichen Betrieb. Das Grundstück liegt ca. 1 km nördlich der geschlossenen Ortslage von B…. Entlang der nördlichen Grundstücksgrenze fließt die L…; parallel zur Westgrenze des Grundstücks verläuft die Staatstraße (St) 20... Im Nordwesten des Grundstücks bestand bisher eine asphaltierte Zufahrt zur St 20... Nördlich der Zufahrt führt eine Brücke über die L… („S…brücke“). Das Grundstück ist im Südosten (Kreisstraße T. ) mit Kfz anzufahren.
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2. Der Antragsgegner erneuert derzeit die „S…brücke“; die Planung erfolgt im nichtförmlichen Verfahren. Die vorhandene Zufahrt vom Grundstück der Antragsteller zur St 20.. wurde unterbrochen; für die Dauer der Bauarbeiten wurde eine provisorische Ersatzzufahrt aufgeschüttet. Diese ist während der Bauzeit so lange befahrbar, wie der Verkehr über eine Behelfsbrücke geleitet wird (voraussichtlich März 2024).
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Das Staatliche Bauamt W. hat den Antragstellern eine Ersatzzufahrt ca. 100 m südlich der bisherigen Zufahrt angeboten; die Antragsteller lehnten dies ab.
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3. Die Antragsteller haben erfolglos versucht, die Einstellung der Bauarbeiten in Bezug auf die Unterbrechung ihrer Zufahrt zur St 20.. im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu erreichen. Das Verwaltungsgericht München hat ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO abgelehnt (B.v. 13.7.2022, Az. M 2 E 21.5421). Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 29. September 2022 zurückgewiesen (Az. 8 CE 22.1865).
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4. Am 20. Oktober 2022 haben die Antragsteller beim Verwaltungsgericht München beantragt, den Antragsgegner unter Aufhebung des Beschlusses vom 13. Juli 2022 „analog § 80 Abs. 7 VwGO“ zu verpflichten, es zu unterlassen, ihre Zufahrt zur St 20.. zu behindern oder zu schließen. Sie haben sich auf Umstände berufen, die sie im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend hätten machen können.
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Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 8. November 2022 abgelehnt. Neue oder veränderte Umstände lägen nicht vor. Aus den von den Antragstellern vorgelegten Unterlagen ergäben sich keine neuen entscheidungserheblichen Erkenntnisse, dass diese einen Anspruch auf unveränderten Fortbestand und weitere Nutzung der bisherigen Zufahrt hätten oder dass deren Schließung abwägungsfehlerhaft wäre. Die Behauptung der Antragsteller, ihr Grundstück sei über die Zufahrt zur Kreisstraße T. nicht hinreichend erschlossen, sei nicht hinreichend substanziiert.
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5. Mit ihrer Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Abänderungsbegehren weiter.
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Die nunmehr vorgelegten Unterlagen belegten, dass die Zufahrtswege zur St 20.. auf ihrem Grundstück als Teil von Bauvorhaben mindestens dreimal baurechtlich genehmigt worden seien (1992, 2002 und 2015). Die gerichtlichen Vorentscheidungen hätten den baurechtlichen Bestandsschutz (Genehmigungsinhalt), anders als den straßenrechtlichen Bestandsschutz (Nebenbestimmung), nicht hinreichend gewürdigt. Baurechtlich genehmigt war eine „Zufahrt“, d.h. nicht nur die „sinnlose Fahrt“ innerhalb des Grundstücks. Ohne Aufhebung der Baugenehmigungen hätte das Straßenbauamt deren Tatbestandswirkung beachten müssen. Dagegen sei eine Zufahrt zur Kreisstraße T. nie genehmigt und deren Verkehrssicherheit nie geprüft worden. Die alleinige Nutzung der Zufahrt zur Kreisstraße gefährde den öffentlichen Verkehr; ohne Wendemöglichkeit auf dem Grundstück müssten Lkw rückwärts ein- oder ausfahren. Ob eine Sondernutzungserlaubnis für die Zufahrt zur Kreisstraße erteilt werden kann, sei nicht geprüft worden. Im Übrigen habe der Vorhabenträger unzutreffend angenommen, die Zufahrt zur St 20.. fiele auch bei Realisierung der Alternativtrasse weg.
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Ein Anordnungsgrund liege ungeachtet der provisorischen Ersatzzufahrt vor. Diese sei rechtlich nicht gesichert; ob sie auf einer verbindlichen Entscheidung des Antragstellers beruhe, sei unklar. Im Übrigen sei das Angebot des Antragsgegners, eine Ersatzzufahrt mit baulichem „Minimalaufwand“ herzustellen, völlig unbestimmt.
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Die Antragsteller haben hinsichtlich des Verfahrens beantragt, den Antragsgegner aufzufordern, sämtliche Akten des Staatlichen Bauamts W. und des Landratsamts B. T.-W. vorzulegen, die im Zusammenhang mit der Zufahrt zum Grundstück der Antragsteller stehen und ihnen Akteneinsicht zu gewähren.
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In der Sache beantragen sie,
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den Antragsgegner unter Aufhebung der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts München vom 13. Juli 2022 - M 2 E 21.5421 - und vom 8. November 2022 - M 28 S7 22.5201 - zu verpflichten, den Antragstellern für die Dauer des Hauptsacheverfahrens die Nutzung der im Lageplan vom 20. August 1992 (A 1) grün eingezeichneten Zufahrt von der St 20.. auf das Grundstück FlNr. … Gemarkung B… zu ermöglichen,
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den Antragsgegner unter Aufhebung der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts München vom 13. Juli 2022 - M 2 E 21.5421 - und vom 8. November 2022 - M 28 S7 22.5201 - zu verpflichten, den Antragstellern nach Wegfall der am 1. Dezember 2022 hergestellten provisorischen Ersatzzufahrt für die verbleibende Dauer des Hauptsacheverfahrens die Nutzung der im Lageplan vom 20. August 1992 (A 1) grün eingezeichneten Zufahrt von der St 20.. auf das Grundstück FlNr. … Gemarkung B… zu ermöglichen.
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6. Der Antragsgegner beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Er verteidigt die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
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A. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
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Die dargelegten Beschwerdegründe, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller, den Beschluss vom 13. Juli 2022 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, es zu unterlassen, ihre Zufahrt zur St 20.. zu behindern oder zu schließen, zu Recht abgelehnt. Auch die im Beschwerdeverfahren geänderten Anträge, den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen für die Dauer des Hauptsacheverfahrens die Nutzung ihrer Zufahrt (nach Wegfall der provisorischen Ersatzzufahrt) zu ermöglichen, bleiben erfolglos.
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I. Die Antragsänderung (§ 91 VwGO entsprechend) ist zulässig, auch wenn sie erst im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO erfolgt ist. Das ursprüngliche Begehren der Antragsteller, die Schließung ihrer Zufahrt zur St 20.. zu unterlassen, ist wegen des teilweisen Vollzugs der Straßen- und Brückenbaumaßnahme inzwischen überholt. Die Beschwerdeführer haben darauf reagiert und ihre Anträge umgestellt; sie beantragen nunmehr, den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen die Nutzung ihrer Zufahrt - jedenfalls nach Wegfall der provisorischen Ersatzzufahrt - bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu ermöglichen. Die Antragsänderung ist im vorliegenden Fall zulässig, auch wenn eine solche im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO regelmäßig ausscheidet (vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2016 - 11 CE 16.219 - juris Rn. 17; Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 94 m.w.N.). Sie trägt der baubedingten Schließung der bisherigen Zufahrt während des Abänderungsverfahrens nach § 123 i.V.m. § 80 Abs. 7 VwGO Rechnung und zielt auf deren (teilweise) Suspendierung. Sie ist sachdienlich i.S.d. § 91 Abs. 1 VwGO, weil die Anträge nicht über den vom Verwaltungsgericht entschiedenen Streitstoff hinausgehen und einer Klärung des sachlichen Streits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren dienen (vgl. auch OVG Hamburg, B.v. 2.8.2019 - 4 Bs 219/18 - AuAS 2019, 209 = juris Rn. 10; HessVGH, U.v. 7.3.2011 - 8 B 217/11 - NVwZ-RR 2011, 474 = juris Rn. 21).
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II. Der Anordnungsgrund ist durch die Antragsänderung nicht entfallen. Zwar können die Antragsteller die provisorische Ersatzzufahrt zur St 20.. voraussichtlich bis März 2024 nutzen. Allerdings ist nicht konkret absehbar, dass das Hauptsacheverfahren, das sich ggf. durch mehrere Gerichtsinstanzen ziehen kann, bis dahin abgeschlossen ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.8.2020 - 8 CE 20.1374 - NJW 2020, 3189 = juris Rn. 15).
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III. Nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung eines Beschlusses nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen. Die Regelung gilt für eine gerichtliche Entscheidung gemäß § 123 VwGO entsprechend (vgl. BayVGH, B.v. 15.4.2019 - 10 CE 19.650 - juris Rn. 17; Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand August 2022, § 123 VwGO Rn. 177; vgl. auch BVerfG, B.v. 23.10.2007 - 2 BvR 542/07 - NVwZ 2008, 417 = juris Rn. 16). Das Änderungsverfahren ist kein Rechtsmittelverfahren zur Kontrolle der formellen und materiellen Richtigkeit der vorangegangenen Entscheidung, sondern ein eigenständiges Verfahren, in dem geprüft wird, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die gerichtliche Entscheidung aufrechterhalten werden kann oder der Erlass einer einstweiligen Anordnung nunmehr geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 14.3.2019 - 6 VR 1.19 - Buchholz 310 § 80 VwGO Nr. 94 = juris Rn. 5; Külpmann in Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 1170).
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Die Antragsteller stützen ihr Abänderungsbegehren im Wesentlichen auf Unterlagen, die belegen sollen, dass ihr Zufahrtsweg zur St 20.. baurechtlich genehmigt und die ungenehmigte Zufahrt zur Kreisstraße T. nicht verkehrssicher sei. Abwägungsfehler sehen sie darin, dass eine Unterbrechung der Schutzplanke nicht - wie auf der anderen Straßenseite - zugelassen worden sei. Bei Realisierung der Alternativtrasse fiele ihre Zufahrt zur Staatstraße nicht weg, wie der Vorhabenträger irrig annehme.
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Damit wird kein Abänderungsgrund dargelegt. Auch die Antragsteller behaupten nicht, dass sich entscheidungserhebliche Umstände - insbesondere die maßgebliche Sach- oder Rechtslage - seit dem Abschluss des ursprünglichen Verfahrens (Beschluss des Senats vom 29.9.2022, Az. 8 CE 22.1865) verändert hätte. Soweit sie ihr Abänderungsbegehren auf Fakten stützen wollen, die sie im ursprünglichen Verfahren unverschuldet nicht geltend gemacht hätten, können sie nicht durchdringen; das diesbezügliche Beschwerdevorbringen wendet sich im Wesentlichen gegen die Richtigkeit der im Erstverfahren ergangenen gerichtlichen Entscheidungen (vgl. auch oben Rn. 23).
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1. Der Umstand, dass die Zufahrtswege auf dem Grundstück der Antragsteller baurechtlich genehmigt sind, ist nicht neu; die im ursprünglichen Verfahren ergangenen Entscheidungen legten dies zugrunde (vgl. VG München, B.v. 13.7.2022 - M 2 E 21.5421 - Rn. 25; BayVGH, B.v. 29.9.2022 - 8 CE 22.1865 - Rn. 20 ff.).
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Die Tatsache, dass der o.g. Senatsbeschluss eingehender erläutert, dass den Antragstellern die Zufahrt auf die Staatsstraße nicht straßenrechtlich erlaubt wurde (vgl. dort BA 23 ff.), bedeutet nicht, dass die Auswirkungen des Bestandsschutzes der baurechtlich genehmigten Zufahrtswege der Antragsteller außer Betracht geblieben wären. Die baurechtliche Genehmigung führt überhaupt erst zur Abwägungserheblichkeit der bisherigen Zufahrtssituation (vgl. BayVGH, U.v. 22.2.2022 - 8 A 20.40006 u.a. - juris Rn. 50). Denn die Abwägungsrelevanz privater Belange, die auf eine ausgeübte Nutzung gestützt werden, hängt grundsätzlich davon ab, ob diese Nutzung genehmigt ist (vgl. BVerwG, U.v. 6.4.2017 - 4 A 2.16 u.a. - DVBl 2017,1039 - juris Rn. 80). Im Erstverfahren sind das Verwaltungsgericht und der Senat von der Abwägungsrelevanz der bisherigen Zufahrtssituation zur St 20.. ausgegangen; ein Abwägungsfehler wurde aber nicht erkannt (vgl. Senatsbeschluss vom 29.9.2022 - 8 CE 22.1865 - Rn. 34 ff.).
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Im Übrigen bleibt es dabei, dass aus dem baurechtlichen Bestandsschutz nicht folgt, dass der mit dem Vorhaben genehmigte Zufahrtsweg (vgl. BayVGH, B.v. 31.8.2022 - 1 CE 22.1576 - KommJur 2022, 389 = juris Rn. 20) unveränderbar an die Staatsstraße angeschlossen bleiben müsste (vgl. BayVGH, U.v. 1.12.2009 - 8 B 09.1980 - BayVBl 2010, 539 = juris Rn. 31; VGH BW, U.v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 - juris Rn. 57).
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Bei den im Abänderungsverfahren vorgelegten Unterlagen und Pläne, die den baurechtlichen Bestandsschutz der Zufahrtswege auf dem Grundstück belegen, handelt es sich nach alldem um keine Umstände, die zu einer abweichenden Entscheidung zugunsten der Antragsteller führen können. Der von der Beschwerde beantragten Beiziehung sämtlicher Behördenakten, die „in Zusammenhang mit der Zufahrt zum Grundstück der Antragsteller stehen“, bedurfte es schon deshalb nicht.
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2. Soweit sich die Antragsteller in Bezug auf ihre Zufahrt zur Kreisstraße T. auf damit verbundene Verkehrsgefährdungen berufen, stützen sie sich auf Unterlagen, die ihnen bereits vor Abschluss des ursprünglichen (Beschwerde-)Verfahrens vorlagen (vgl. E-Mail-Schreiben der T. GmbH vom 7.7.2020, VG-Akte Az. M 2 E 21.5421 S. 8; Schreiben der H. GmbH & Co. KG vom 1.9.2022, Anlage A 10, VG-Akte S. 65).
31
Abgesehen davon gehört zur angemessenen Nutzung eines Gewerbegrundstücks die Möglichkeit, mit Lkw heraufzufahren; ob Wende- oder Rangiermanöver ausführbar sind, ist nicht maßgeblich (vgl. BVerwG, B.v. 14.1.2019 - 9 B 13.18 - juris Rn. 3; B.v. 9.1.2013 - 9 B 33.12 - Buchholz 406.11 § 127 BauGB Nr. 94 = juris Rn. 5). Das wirtschaftliche Interesse der Antragsteller an der Beibehaltung von zwei Zufahrten wurde vom Antragsgegner nicht ausgeblendet; eine Ersatzzufahrt zur St 20.. als „asphaltierte Anschlusstrompete“ an anderer Stelle wurde angeboten (vgl. Schreiben des Staatlichen Bauamts W. an den früheren Bevollmächtigten vom 14.12.2021). Im Übrigen ist es den Antragstellern zuzumuten, die Nutzung ihres Grundstücks ggf. umzuorganisieren (vgl. BayVGH, B.v. 23.6.2015 - 8 CE 15.1023 - BayVBl 2016, 100 = juris Rn. 11; B.v. 19.8.2009 - 8 ZB 09.1065 - BayVBl 2010, 84 = juris Rn. 11). Dass ihr landwirtschaftlicher Betrieb hierdurch in seiner Existenz bedroht wäre, ist nach Einschätzung des Verwaltungsgerichts weder hinreichend glaubhaft gemacht noch sonst ersichtlich (vgl. BA Rn. 27); die Beschwerde trägt hierzu keine neuen Umstände vor.
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2. Der Umstand, dass eine Unterbrechung der Schutzplanke im Bereich der bisherigen Zufahrt unter Abweichung der vom Antragsgegner angewandten Regelwerke möglich wäre, war Gegenstand des ursprünglichen verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass die Antragsteller eine solche Ausnahme von den Regelwerken nicht beanspruchen könnten (vgl. BA Rn. 43).
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Mit ihrem Änderungsbegehren machen die Antragsteller geltend, die Abwägungsfehlerhaftigkeit der Versagung einer Ausnahme nachträglich aus einer internen E-Mail-Korrespondenz des Staatlichen Bauamts W. vom 30. August 2022 (Anlage A 8) erkannt zu haben. Der Vorhabenträger habe auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Zufahrt für landwirtschaftliche Flächen zugelassen, obwohl diese die Verkehrssicherheit ebenso beeinträchtige, ohne dass deren Schließung eine betriebliche Existenz gefährde. Hinzu komme, dass der Antragsgegner nunmehr eingeräumt habe, die Schutzplanken seien bereits für die bestehende Brücke erforderlich gewesen (vgl. Schreiben des Staatlichen Bauamts W. vom 28.11.2022, Anlage A 15).
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Damit legen sie keinen Abänderungsgrund in Gestalt eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) dar. Das Gleichheitsgebot belässt dem Planungsträger einen erheblichen Spielraum. Sofern für eine Ungleichbehandlung vernünftige Gründe angeführt werden können, liegt Willkür und damit ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot nicht vor (vgl. BVerwG, U.v. 3.3.1999 - 11 A 9.97 - UPR 1999, 388 = juris Rn. 83; U.v. 9.7.2008 - 9 A 5.07 - NVwZ 2009, 50 = juris Rn. 23; vgl. auch BayVerfGH, E.v. 17.3.2011 - Vf. 17-VII-10 - BayVBl 2011, 433 = juris Rn. 53 f. zum Ermessen der normerlassenden Gemeinde).
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Eine Überschreitung der äußersten Grenzen dieses der Exekutive eingeräumten Ermessens ist hier weder dargelegt noch sonst erkennbar. Der Planungsträger hat die Ungleichbehandlung damit begründet, dass die Zufahrt auf der Westseite die alleinige Zufahrtmöglichkeit für die dortigen landwirtschaftlichen Flächen darstelle. Das Anwesen der Antragsteller verfüge über eine zweite Anbindung an das öffentliche Straßennetz (vgl. Staatliches Bauamt W., Schreiben vom 28.11.2022, Anlage A 15). Diese Erwägung erweist sich als rechtsfehlerfrei (vgl. Senatsbeschluss vom 29.9.2022 - 8 CE 22.1865 - Rn. 32; VG München, B.v. 13.7.2022 - M 2 E 21.5421 - Rn. 29). Im Übrigen hat das Staatliche Bauamt gravierende Unterschiede bei der Gefährdungsbeurteilung der beiden Zufahrten dargelegt. Die bisherige Zufahrt der Antragsteller liege direkt an der L… - einem für Unfälle ganz besonders gefährlichen Bereich; ihre Situierung an der Außenseite der Kurve mache ein Abkommen von der Straße - etwa bei Glatteis - erheblich wahrscheinlicher als an der Innenseite der Kurve (vgl. Stellungnahme an das Verwaltungsgericht vom 31.10.2022, VG-Akte S. 77 f.).
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3. Auch die Behauptung der Antragsteller, ihre Zufahrt zur St 20.. fiele bei Realisierung der Alternativtrasse (vgl. Lageplan Anlage A 19) nicht weg, führt nicht zur Aufhebung oder Änderung der im ursprünglichen Verfahren ergangenen Beschlüsse.
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Die Antragstellerseite legt hierzu keine neuen Umstände dar, sondern will die - in Beantwortung ihrer Anfrage (Schreiben an das Staatliche Bauamt vom 18.11.2022, Anlage A 14) erfolgte - Einlassung des Planungsträgers in Zweifel ziehen, wonach auch bei der Alternativtrasse Schutzplanken im Vor- und Nachlauf der Brücke erforderlich seien, sodass die gegenständliche Einfahrt ebenso wegfalle. Dies gelingt ihr nicht. Das Beschwerdevorbringen, Schutzplanken müssten „möglicherweise entlang der Alternativtrasse, nicht aber an der bisherigen, zum Grundstück der Antragsteller führenden Staatsstraße angebracht werden“, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Soweit die Beschwerde auf ihr erstinstanzliches Vorbringen Bezug nimmt, genügt sie dem Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht (vgl. OVG NW, B.v. 18.7.2022 - 19 B 535/22 - juris Rn. 1 f.; Kuhlmann in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 146 Rn. 24)
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Noch viel weniger legt die Beschwerde dar, dass sich die Alternativtrasse unter Berücksichtigung aller Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen (stRspr, vgl. nur vgl. BVerwG, U.v. 5.10.2021 - 7 A 13.20 - BVerwGE 173, 296 = juris Rn. 69 m.w.N.).
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B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 GKG unter Anwendung von Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind. Dass eine Entscheidung über den Hilfsantrag ergangen ist, führt nicht zu einer Erhöhung des Streitwerts, weil der Haupt- und Hilfsantrag denselben Streitgegenstand betreffen (§ 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG; vgl. auch BayVGH, B.v. 21.10.2011 - 8 C 11.1091 - BayVBl 2012, 672 = juris Rn. 11).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).